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Yajuu 2

-beyond redemption-
von

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Unglücksrabe

Da ich nicht wusste ob diese Frau mich auch wieder erkannte, tat ich so, als würde ich sie nicht erkennen.

Sie setzte sich auf einen der Barhocker und stützte den Kopf in ihre linke Hand. Im Dämmerlicht der Kneipe konnte ich sie nun etwas genauer begutachten. Auch die Männer schienen sie zu beäugen, was wohl daran lag, dass sie wirklich eine Schönheit war.
 

Ihr Gesicht schien desinteressiert zu schauen, aber in Wahrheit war sie sehr aufmerksam. Sie trug schwarze Klamotten, welche hauteng anlagen. Mich wunderte, dass sie dazu eine Krawatte trug, aber jeder hat ja bekanntlich seinen eigenen Stil. Ihre Haare waren von einem tiefen schwarz, was jedoch leicht bläulich schimmerte. Sie waren kurz geschnitten, vorne jedoch länger gehalten als hinten und wellten sich. So nahmen die längeren Haare eine schöne Welle an, während die hinteren strubbelig umher wirbelten. Außer den beiden langen Strähnen waren die Haare nach hinten gekämmt. Doch das eigentlich faszinierende an ihr, waren die Augen. Neben den unheimlich langen Wimpern fiel deren Farbe besonders stark auf. In erster Linie waren sie giftgrün, aber nach außen hin hatten sie eher ein dunkles blaugrün als Farbe. Außerdem schien aus ihrem inneren ein hellgrüner Schimmer zu kommen. Er wirkte sehr kalt und machte den Eindruck, als wäre er dort nicht immer gewesen.

Ansonsten trug sie mehrere Piercings z.B. an den Augenbrauen und mir fiel auf, dass ihre Ohren relativ spitz zuliefen, was ich aber schon öfter gesehen hatte.
 

Plötzlich fiel mir auf, dass sie zu mir schaute. Da erkannte ich, dass ich sie zwar die ganze Zeit beobachtet, aber sie nicht bedient hatte. Das war mir ziemlich peinlich.

„Oh entschuldigen sie vielmals.“, sagte ich eilig und verbeugte mich. Dabei hätte ich beinahe meinen Kopf auf die Tischplatte gehauen. Als ich wieder aufschaute, lächelte sie mir freundlich zu.

„Kein Problem. Ich habe es nicht eilig.“, entgegnete sie.

Vor Scham noch immer leicht gerötet, fragte ich sie: „Ähm… was kann ich ihnen bringen?“

Kurz blickte sie sich um, dann antwortete sie: „Gib mir einfach den Whisky dort drüben, dass sollte genügen.“ Ich drehte mich zu der Flasche um. Es war sehr guter Whisky und dementsprechend auch sehr teuer. Ich wollte sie gerade vorwarnen, da sagte sie: „Keine Sorge, ich kann auch dafür bezahlen.“

In Gedanken schollt ich mich dafür, dass ich so abgelenkt war. Ich griff nach der Flasche und holte ein dazu passendes Glas und stellte sie zu der Frau. Diese bedankte sich höflich und schenkte sich gleich ein Glas ein.

„Nicht schlecht.“, stellte sie fest, als sie probiert hatte.

Da sie keine weiteren Anliegen hatte, befasste ich mich wieder mit den anderen Gästen, die sich wieder ihren Dingen zugewandt hatten. Ab und zu spähte zwar einer zu der Frau herüber, aber viel mehr Aufsehen erregte dies auch nicht.
 

Es waren einige Stunden vergangen. Meine Schicht würde zwar noch eine Weile dauern, aber sie neigte sich langsam dem Ende. Es war leerer geworden und einige der Gäste waren auf ihren Tischen eingeschlafen. Das war nichts Neues. Ich mochte diese Zeit, denn da war die Atmosphäre am Entspanntesten.

Die Frau saß auch immer noch da. Erstaunt stellte ich fest, dass die Whiskyflasche fast leer war. Doch sie machte nicht den Eindruck, als wäre sie betrunken oder ähnliches. Verdattert blickte ich in ihre Richtung.

Ein leises Lächeln trat auf ihre Lippen. „Sag, behandelst du alle neuen Kunden so?“ Unsere Blicke trafen sich und ich wurde wieder rot. Da war etwas an dieser Frau, etwas animalisches, was mich faszinierte und gleichzeitig einschüchterte, weshalb ich mir vorkam wie ein Kaninchen vor dem Fuchs.

„Entschuldigen sie vielmals! Es ist nur so… es kommen meist dieselben Gäste hierher und eigentlich nie Frauen… daher bin ich etwas erstaunt.“ Das war nicht mal gelogen.

„Verstehe. Nun es war eine spontane Entscheidung hierher zu kommen. Ich wusste nicht, dass dies eher eine Stammkneipe ist.“ Nun fühlte ich mich, als hätte ich sie beleidigt. Ich war doch so blöd…
 

„Dürfte ich deinen Namen erfahren?“; fragte sie plötzlich und riss mich damit aus meiner Schimpftirade gegen mich selbst.

„Äh… Lua.“, stotterte ich.

„Ein schöner Name entgegnete sie, was mich noch nervöser werden ließ.

„D… Danke. Ah, dürfte ich auch ihren Namen erfahren?“, gab ich kleinlaut zurück.

„Ich heiße Kyria. Nett dich kennen zu lernen.“, antwortete sie ruhig. Wie nur musste ich gerade auf sie wirken? Ich wünschte, ich wäre auch ein wenig erwachsener in diesem Moment.

Endlich hatte ich mich wieder gefangen und war in der Lage ein Gespräch zu führen.
 

„Bist du neu in der Stadt, Kyria?“, fragte ich sie.

„Ja, ich bin heute erst angekommen. Daher kenne ich mich noch nicht aus.“

„Nicht viele Leute kommen hierher zu Besuch.“, stellte ich fest, „Verrätst du mir, was dich hierher führt?“

Einen Moment schien sie zu überlegen. „Ich bin geschäftlich hier, kann man sagen.“ Ich nahm dies als Zeichen nicht weiter nach zu fragen und wechselte schnell das Thema.

„Ich muss sagen, ich bin beeindruckt. Ich meine, noch nie hat jemand solch einen hochprozentigen Whisky in einem Ritt geschafft… wie können sie hier noch so nüchtern sitzen, geschweige denn sich mit mir unterhalten?“

Kyria lachte kurz auf. „Nun, es scheint als hätte Alkohol kaum eine Wirkung auf mich. Daran kann ich auch nichts ändern, selbst wenn ich es ab und zu versuche.“ Damit leerte sie das letzte Glas und kicherte in sich hinein.
 

Eine Weile führten wir unser Gespräch noch fort. Es waren triviale Themen, aber sie ließen die Zeit herum gehen und ich war ihr dankbar für ihre Gesellschaft. Irgendwann jedoch war es auch für sie Zeit zu gehen.

Kyria kramte das passende Geld, inklusive Trinkgeld hervor und legte es vor mich auf den Tresen. Dann schnappte sie sich ihren Mantel und den Hut. Meine Augen weiteten sich, als ich die hohe Summe an Trinkgeld vor mir sah und wollte ihr gerade sagen, dass ich das nicht annehmen konnte, doch sie unterbrach mich.

„Keine Sorgen, es stimmt so. Ich werde mich nun verabschieden. Es war ein netter Abend, dafür bedanke ich mich.“, sagte sie zu mir. Ich fand es schade, dass sie nun ging, aber es war auch schon spät. Also verabschiedete ich mich ebenfalls.

Ein kalter Wind blies in die Bar, als sie die Tür öffnete und in die vergehende Nacht verschwand.
 


 

Endlich war meine Schicht vorüber. Ich ärgerte mich ein wenig, dass ich Kyria nicht gefragt hatte, ob sie die Person gewesen war, die mir auf der Brücke das Leben gerettet hatte. Allerdings fragte ich mich, ob sie es nicht angesprochen hätte, wenn sie mich erkannt hätte. Noch immer ging mir die Frage durch den Kopf, wie sie überhaupt gekämpft hatte, denn auch in der Bar hatte sie keinerlei Waffen bei sich gehabt.
 

Es war bewölkt. Daher schien es nicht heller zu werden, auch wenn es doch kurz vor Sonnenaufgang sein musste. Das Wetter war noch mieser geworden. Es stürmte und die Luft kühlte immer mehr ab. Auch der Nieselregen wurde stärker.

Müde und mit schmerzenden Gliedern schleppte ich mich nach Hause. Ich sah nur noch verschwommen, doch zum Glück kannte ich den Weg auswendig. Ich hustete vor mich hin. Auch in der Bar hatte ich des Öfteren husten müssen, während des Gesprächs mit Kyria. Einmal hatte sie mich gefragt, ob alles in Ordnung sei, doch ich hatte gleich gesagt, dass es nur eine leichte Erkältung wäre. Natürlich war das gelogen. Sie schien mir jedoch geglaubt zu haben.
 

Als ich keine Luft mehr bekam, ruhte ich mich kurz auf einem großen Stein aus, der am Wegesrand lag. Obwohl ich fror, benötigte ich diese Pause. Ich atmete die kalte Luft ein und blickte verträumt zu den Wolken. Träume hatte ich viele, doch erfüllen, würden sie sich nicht. In solchen Momenten begann ich oft über das Leben zu philosophieren. Auch fragte ich mich, wie viel Zeit mir wohl noch blieb. Ich war zu dem Entschluss gekommen, dass es sich nur noch um einige wenige Wochen handeln konnte, wenn denn überhaupt so viel.

Plötzlich hörte ich Schritte, welche mich aus meinem Halbschlaf heraus rissen, in den ich gefallen war, ohne es zu merken. Als ich aufblickte, stand vor mir ein Mädchen, vielleicht ein oder zwei Jahre jünger als ich. Sie trug nur ein recht zerfetztes Nachthemd. Erstaunt riss ich die Augen auf.
 

„Bitte…“, flüsterte sie plötzlich. Ich sprang auf und ging zu ihr.

„Was ist mit dir geschehen?“, fragte ich.

„Hilf mir…“, flüsterte sie erneut. Es klang verzweifelt, aber auch so seltsam fremd. Ein wenig machte mir das Mädchen Angst. Doch sie brauchte offensichtlich Hilfe, also nahm ich mich ihrer an. Auch wenn ich selbst fror, zog ich meinen Mantel aus und gab ihn ihr. Dann nahm ich sie vorsichtig am Arm.

„Komm mit mir. Ich bringe dich erst einmal zu einem warmen Ort.“, redete ich ihr zu.

„Ganz ruhig, es wird alles gut.“

Ohne zu mucken, ließ sie sich von mir führen. Sie murmelte ab und zu etwas vor sich hin, was ich jedoch nicht verstand. Ich glaubte, dass sie unter Schock stand. Wir kamen nur langsam voran, also nahm ich die Abkürzung durch den Park. Als wir am Brunnen vorbei kamen, stoppte das Mädchen auf einmal und hielt mich am Arm fest. Verwirrt drehte ich mich zu ihr um und fragte, was los sei.
 

Ihre Augen waren trüb und obwohl sie in meine Richtung sah, schien sie eher durch mich hindurch zu blicken. „Hilf mir…“, flüsterte sie wieder.

„Aber ich…“, begann ich zu antworten, als sie mir das Wort abschnitt.

„Ich habe solchen Hunger… hilf mir ihn zu stillen.“

Das war der Moment in dem sich ihre Gestalt verzerrte und sich aufbäumte. Das Kleid zerriss nun endgültig und gab die Sicht auf ein immer abstruser werdendes Monster frei. Mit einem riesigen Maul und weit aufgerissenen Augen, starrte sie mich an. Ich war einige Schritte nach hinten zurück gewichen, aber ich wusste, dass ich nicht entkommen würde. Ob mich das Unglück verfolgte?

Plötzlich riss mich etwas von den Beinen. Unsanft knallte ich auf den kalten Boden. Als ich wieder aufschaute, erkannte ich einen von mehreren langen Schweifen, die wild umher wirbelten. Ein solcher musste mich eben erwischt haben.

Nun kam die Bestie langsam näher. Mein Körper war starr vor Angst und ich blickte sie nur an. Ein weiterer Schweif erwischte mich und schleuderte mich weiter nach hinten. Sie spielte mit mir. Unter Schmerzen richtete ich mich langsam auf, als mich ein Hustenanfall wieder in die Knie zwang. Ausgerechnet jetzt konnte ich das nicht gebrauchen. Ich blickte auf meine Handflächen und sah einige rote Tropfen schimmern. Daraufhin ballte ich die Hände zur Faust.
 

Wieder wurde ich getroffen und dieses Mal landete ich direkt beim Brunnen. Als ich mich mühsam aufrichtete, sah ich mein Spiegelbild im Wasser glänzen. Erschrocken riss ich die Augen auf. Meine langen Haare hatten jeglichen Glanz verloren. Durch eine angeborene Pigmentschwäche hatten sie ein extrem helles Blau, doch über die Jahre hatte ich diese Farbe mögen gelernt. Doch das eigentlich erschreckende waren meine Augen. Normalerweise waren sie von einem schleierhaften grau mit einem Tick Türkis, doch nun leuchtete mein rechtes Auge in einem dunklen Magenta, während das linke gold begann und zur Pupille hin silbern wurde. Außerdem waren die Pupillen katzenartig.
 

Reflexartig rieb ich mir die Augen und als ich wieder in das Wasser blickte, stellte ich erleichtert fest, dass sie wieder normal grau waren. Vielleicht hatte ich es mir ja nur eingebildet. Zumindest hoffte ich das. Da bemerkte ich ein weiteres Spiegelbild im Wasser und ich geriet in Panik. Wenn nicht gleich ein Wunder geschah, dann musste ich mir keine Sorgen mehr über meinen Zustand machen. Erneut riss es mich von den Beinen. Nun war das Gesicht der Bestie nur noch wenige Zentimeter von meinem entfernt. Ich sah die Gier in ihren Augen. Selbst wenn ich es gewollt hätte, ich konnte nicht einmal mehr schreien vor Angst. Der heiße Atem der Bestie schlug mir ins Gesicht und ich verzog angewidert das Gesicht. Es roch furchtbar nach Blut.
 

Da zog mich etwas unsanft nach hinten weg. Mehrere Meter später bemerkte ich, dass drei Personen angekommen waren. Zwei davon standen nun direkt vor mir und hatten eine Verteidigungshaltung angenommen. Vor der Bestie stand nun eine andere Frau. Im Wind flatterte ihr weißblondes Haar. Sie trug einen recht engen Anzug, der aber für das Kämpfen gemacht schien.
 

„Geht es ihnen gut?“, fragte mich ein junger Mann, der nun vor mir stand. Er trug Kleidung ähnlicher Aufmachung. Auf seiner Stirn war ein merkwürdiges Zeichen aufgemalt. Ich spähte zu der anderen Frau die ebenfalls in meiner Nähe stand und auch sie trug dasselbe Zeichen.

Mir fiel ein, dass ich davon schon vor einiger Zeit gehört hatte. Viele Jahre vor meiner Geburt soll es die so genannten Hunter gegeben haben, eine Gruppe die sich der Jagd von Yajuu, Exile und Mitgliedern der schwarzen Liste verschrieben hatte. Nach den ominösen Ereignissen damals war die Huntervereinigung zwar aufgelöst wurden, aber es hatte sich schnell eine neue, kleinere Gruppierung ehemaliger Hunter gebildet, die das Werk fortführten. Die Anführerin dieser Gruppe sollte eine Halbvampirin gewesen sein, welche auch heute noch lebte. Ich war mir ziemlich sicher, dass diese dort vorn gerade der Bestie gegenüber stand.
 

Mit einem kurzen Nicken machte ich den anderen beiden klar, dass es mir gut ging.

„Keine Angst, Sayo wird sich um die Bestie kümmern.“, sagte der Herr nun zu mir. Im selben Moment sah ich, dass der Yajuu einen Angriff startete. Blitzschnell wich diese Sayo dem Angriff aus und tauchte vor dessen Schnauze wieder auf. Mit einem reinen Faustschlag beförderte sie den Yajuu einige Meter weiter auf den Boden. Ich konnte nicht glauben was ich sah.

Stark blutend, richtete sich die Bestie wieder auf und knurrte noch wütender als zuvor. Sayo ließ ihr jedoch keinen weiteren Versuch für einen Angriff. Sie hatte einen Stab hervorgeholt, der nun ausfuhr und sehr spitz geschliffen zu sein schien. Sayo schlug dem Yajuu von unten gegen das Kinn und das sorgte dafür, dass die Bestie von ihren Vorderpfoten geholt wurde. Sayo nutzte diesen Moment und bohrte den Stab in dessen Brust. Ein schrecklicher Aufschrei entrann der Kehle der Bestie, dann fiel sie leblos zur Seite um. Ich sah, wie das Blut sich auf dem Boden ausbreitete und als ich das sah, da fühlte ich etwas Merkwürdiges tief in mir sich regen…



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