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Tray Johnson

Der Baum der Ewigkeit
von

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Kapitel 3

Hochfels
 

Dieser Ort erhob sich über alles andere. Er lag auf dem höchsten Gipfel und schien in den Berg selbst gemeißelt zu sein. Seine Türme und Zinne ragten aus dem Berg und trotzen den scharfen Winds des Gipfels. Doch innerhalb der Mauern Hochfels war das Klima eher milde. Ein roter Ahorn bildete das Zentrum der Festung und seine dicken Äste ragten weit über den weiß gepflasterten Platz. Menschen in weiten kutten huschten über den Platz. Sie schienen den Baum kaum wahrzunehmen im Gegensatz zu einem bärtigen Mann. Er wirkte sehr groß und breitschultrig und seine schwarze Kutte war reich verziert mit goldenen und Silbernen Ornamenten. Seine schwarze Mähne war von grauen Strähnen durchzogen, ebenso wie sein buschiger Vollbart und seine buschigen Augenbrauen. Er blickte zu dem Ahorn hinauf und runzelte die Stirn.

„Meister Rowen!“ japste ein junger Bursche und schlug vor dem bärtigen Mann die Hacken zusammen. Er kreuzte die Arme und verneigte sich leicht.

Rowen warf ihm einen kurzen Blick zu und widmete sich dann wieder des Studiums des Baumes. „Hast du dir diesen Baum einmal angesehen, Junge?“ knurrte er und der Junge nickte eifrig.

„Ja natürlich der Baum-„

„Wie viele Blätter hat er?“ Fuhr ihm Rowen dazwischen und dem Jungen verschlug es die Sprache, „Du sagtest du hättest ihn dir angesehen und doch kannst du mir nicht sagen wie viele Blätter er hat.“

In der Festung hinter ihnen wurden die Flügel Tore weit aufgestoßen und eine kleine bunte Truppe an Magiern stürmte auf den Platz hinaus. Eine von Ihnen war in strahlendes Weiß gekleidet, ihre Haut schimmerte leicht und ihre roten Augen fassten Rowen ins Visier. Sie hatte langes weißes Haar und schien auch aus ihrem inneren her leicht zu leuchten.

„Meister Rowen.“ Hauchte sie und ihre Stimme erfasste jeden Anwesenden auf dem Platz. Das lag daran wer sie war, was sie war. Sie war das Licht. Eine Magierin die als kleines Kind ihren Stab erhielt als sie mit gleißendem Licht ihr Dorf zerstörte. Sie war die Magierin des Lichts und gebiete jenes selbst.

Rowen ließ ab vom Baum und wandte sich der Magierin zu. Sie hatten die Aufmerksamkeit aller Magier die eben noch geschäftig über den Platz gehuscht waren.

„Lady…“ sagte Rowen und verbeugte sich leicht, „Es ist mir eine Ehre, eine der sechs zu sehen.“

„Wie kommt es das Ihr hier seid, in Hochfels?“ wisperte sie mit ihrer hellen Stimme und verschränkte die Arme.

„Wie kommt es, das Ihr so aufgelöst seid? Vermutlich derselbe Grund, weshalb ich hier bin, meint Ihr nicht auch? Bewegt uns denn nicht dasselbe?“

Ihr Gesicht verzog sich zu einer überraschten Miene, ihre verschränkten Arme lösten sich.

„Dieser Baum stammt aus der Zeit der Prophezeiung heißt es.“ Sagte Rowen laut und schritt vor dem gewaltigen Stamm auf und ab, „Einer Prophezeiung die selbst unsere Kinder kennen.“

„Aber das ist nicht möglich, das muss ein Irrtum gewesen sein!“ schimpfte sie aufgebracht und ballte und die Hände zu Fäusten.

„Einen solchen Irrtum hat es noch nie gegeben, Verehrteste. Wer seid Ihr ihm den Zugang zu Hochfels zu verwehren, ihr solltet handeln und zwar schnell.“
 

Sharow und Xin schienen sich gut zu verstehen, zumindest war das sein Eindruck. Sie wirkten wie alte Freunde als sie begonnen darüber zu fachsimpeln wer Tray wirklich war.

Tray drehte den warmen Stab in seinen Händen. Er wüsste es auch gern, wer er war, wie er in diese Welt gekommen war und was nun auf ihn zu kommen würde. All diese Dinge, Magie, Magier, Hochfels, waren neu für ihn. Doch so fremd es war, es fühlte sich richtig an. Tray seufzte und Basilis hob seinen Kopf und musterte ihn mit seinen glühenden Augen. Sofern man das Mustern nennen konnte, denn jeder Blick dieses Wesens schien dem Gegenüber den sofortigen Tod bringen zu wollen.

Das System dieser Welt schien sehr komplex zu sein und Tray war sich nicht sicher ob er alles verstanden hatte. Er zog einen Stapel Zettel zu sich heran, mit deren Hilfe es ihm erklärt worden war.
 

Anscheinend war diese Welt nach dem großen Krieg zersplittert in viele kleinere Fürstentümer und Königreiche. Die entsprechenden Herrscher stellten den Weltzirkel. Dort erneuerten sie jährlich den Friedensvertrag untereinander und beratschlagten über neue Gesetze und der Verabschiedung alter Gesetze. Doch die endgültige Entscheidung darüber, ob der Gesetzesentwurf in Kraft trat oder nicht und die militärische Macht, lagen beim magischen Rat. Dieser Rat bildete sich aus den sechs Elemtarmagiern, den A-Rängen und einigen wenigen B-Rängen, deren Zahl wankte, je nachdem wieviele Magier diesen Ranges es gab.

„Es kommt jemand!“ knurrte plötzlich Basilis und Tray spürte das Vibrieren des dunklen Holzes. Xin und Sharow tuschelten immer noch miteinander, sie schienen es nicht bemerkt zu haben. Doch auch Tray spürte das sich die Luft im Raum veränderte.

Da erschien auch schon eine weiße Säule mitten im Raum, sie war von nebliger Form. Weißer Rauch, der von innen heraus glühte. Tray kniff die Augen zusammen als sich eine donnernde weibliche Stimme erhob. Die Stimme schien aus dem Rauch zu kommen.

„Tray Johnson, Dunkler Magier. Der magische Rat lädt euch ein, Hochfels zu besuchen und dem Rat bei zu treten. Bitte kommt dieser Einladung umgehend nach!“

Dann löste sich der Rauch auf und verschwand ebenso schnell wie er erschienen war.
 

Wer den arkanen Künsten nachgeht, dem sei es als Pflicht erlegen, einmal Hochfels zu sehen!

Sharow hatte dies mit einem Schmunzeln zitiert und dabei auf irgendeinen in dieser Welt bekannten Magier verwiesen. Doch Tray war überhaupt nicht nach Lachen zu Mute. Er sollte Teil einer politischen Instanz werden und das von einer Welt die er nicht kannte. Nach allem was er bisher über diese Welt und ihre Bewohner gehört hatte, fühlte er sich nicht ausersehen eine solche Position zu bekleiden. Während Sharow ihm erklärte wie er nach Hochfels reisen musste, schweiften Trays Gedanken ab. Vielleicht erkannten die anderen Magier ja, das er nicht wie sie war und so eine hohe Position gar nicht einnehmen sollte? Ja, bestimmt stellte er sich dumm genug an, das sie ihn direkt wieder rauswarfen!

„Tray!“

Der unsichere Magier stutzte und blickte in die hellgrauen Augen von Sharow. Er sah ihn ernst an. „Hast du verstanden?“

Tray schüttelte ehrlich den Kopf. „Ich war in Gedanken woanders!“ gab er kleinlaut zu und bemerkte das seine Stimme leicht zitterte. Was hatte er nur auf einmal. Vor ein paar Stunden noch war alles irgendwie ein großes Abenteuer und jetzt schnürte ihm angst die Kehle zu? Nun gut er würde auf die mächtigsten dieser Welt treffen, dennoch….

„Du brauchst dich nicht zu fürchten, Tray. Sie werden dich schon vertraut machen mit allem was du wissen musst. Aber sie werden dir stets nur ihre Sicht der dinge nahebringen. Vergiss nicht auch über die Klippen zu schauen, sie werden dir sagen das dort kein Abgrund ist, aber du solltest stets bemüht sein, dich davon selbst zu überzeugen.“

„Und noch etwas.“ Xin taxierte ihn mit ernstem Blick und legte eine dramatische Pause ein, ehe sie weitersprach, „Falls der andere dunkle Magier auftaucht, lass dich nicht verunsichern. Du bist ein Magier des höchsten Ranges, daran besteht kein Zweifel!“

„Der wird nicht auftauchen, Xin, das ist nicht möglich.“ Murmelte Sharow kopfschüttelnd und gab Tray einen Klaps auf die Schulter, „Ich bin mir sicher, dass du das schon schaffen wirst!“
 

Tray nutzte die Portsysteme um nach Hochfels zu gelangen. In jeder größeren Stadt, so hatte Xin erklärt, gab es Orte an denen eine Tür mitten auf der Fläche stand. Diese Türen dienten dazu, schnell von A nach B zu reisen. Man musste sich nur vor die Tür stellen, an den Ort denken zu dem man reisen wollte und die Tür öffnen, dann trat man einfach hindurch und war da. Allerdings funktionierte dies nur von Tür zu Tür, Orte die nicht mit einer solchen Porttür (wie Tray sie nannte, da er so etwas nur aus Computerspeielen kannte) konnten nicht auf diese Art bereist werden.

Xin und Sharow begleiteten Tray zu einer solchen Tür und wünschten ihm viel Erfolg.

Tray’s Mund war trocken und so nickte er nur anstatt ihnen zu antworten und dachte an das Wort und seine gedankliche Vorstellung von Hochfels. Dann streckte er die Hand nach der Klinke der gusseisernen Tür aus und öffnete sie. Dahinter ging der Platz keineswegs weiter. Stattdessen war im Türrahmen ein gepflasterter Weg gesäumt von schillernden Blumen zu sehen. Er atmete tief ein und umklammerte mit einer Hand seinen Stab. Dann trat er durch die Tür und hinter ihm fiel diese ins Schloss.

Der Anblick der sich ihm bot, war mit nichts zu beschreiben was er je zuvor gesehen hätte. Selbst seine Vorstellung dieses Ortes war geradezu lächerlich im Vergleich zur Wirklichkeit. Er stand auf einem breiten gepflasterten Pfad, mitten auf einem riesigen Berg. Und obwohl sie sehr hoch waren, so hoch das Tray über die Wolken blicken konnte und die Täler von jenen gänzlich verdeckt waren, lag Frühling in der Luft. Der Weg war gesäumt von Büschen die in voller Blüte standen und ein schwerer Blütenduft vernebelte seine Sinne. Hinter ihm stand eine weiße, goldverzierte Tür und vor ihm erhob sich eine riesige weiße Mauer mit gewaltigen Zinnen. Hochfels saß auf der Spitze des höchsten Berges weit und breit, wie es schien, da Tray keinen anderen so hohen Berg ausmachen konnte obwohl die Sicht weitestgehend klar und weit war (bis auf die wolkenverhangenen Täler). Menschen in weiten Gewändern und glänzenden Rüstungen liefen an ihm vorbei und schienen keine Notiz von ihm zu nehmen. Auf seine eigene fantastische Art, war Hochfels wirklich ein Ort an dem wichtige Menschen ein und aus zu gingen schienen.

Tray schluckte und ging auf ein weit geöffnetes Tor zu. Dort standen zwar Wachen in weißer Rüstung doch all die Menschen gingen ein und aus, ohne das die Wache auf sie reagierte oder die Menschen auch nur Notiz von ihnen nahmen. Als er durch das Tor schritt blickte er hinauf und sah zur eigentlichen Festung Hochfels hinauf. Sie war eine strahlend weiße Burg, gewaltig mit Türmen und Zinnen und allem was eine romantische Vorstellung einer Burg so ausmachte, soweit er es zumindest erkennen konnte. Denn ein riesiger krummer Ahorn mit rotem Laub überdachte den Vorplatz von Hochfels. Seine Blätter rauschten still in einem Wind der gar nicht wehte. Tray war wie gefangen von diesem Baum. Er schien magisch zu sein, er musste es geradezu, denn sein Säuseln bezauberte ihn.

„Wie viele Blätter hat der Baum?“ Raunte es auf einmal neben Tray und Tray erschrack so heftig das ihm sein Stab beinah aus der Hand geglitten wäre. Neben ihm stand ein großer breitschultriger Mann mit schwarzer Mähne und Rauschebart, durchzogen von grauen Strähnen. Seine Kutte war übersät mit prächtigen goldenen und silbernen Ornamenten.

„Ich schätze einige Tausend.“ Sagte Tray und blickte wieder zu dem Baum hinauf.

„Vielleicht sogar einige hunderttausend?“ schlug der Mann vor und Tray zuckte mit den Schultern.

„Ich wünschte ich könnte sie zählen.“ Sagte Tray und lachte, „Aber das würde wohl dauern.“

Der Mann neben ihm lachte auch auf und schlug ihm auf die Schulter. Sein Schlag war so kräftig das Tray ins Straucheln kam. „Willkommen auf Hochfels, Johnson!“ donnerte er und zwinkerte ihm zu. Dieser Satz versetzte den kompletten Platz in eine Starre. Alle die den Mann gehört hatten blieben stehen und blickten sich neugierig zum Baum um. Tray wurde auf einmal übel.

„Der bisherige dunkle Magier ist auch angereist, er wollte es sich nicht nehmen lassen den ‚Trittbrettfahrer‘ kennen zu lernen.“ sagte der Mann und bugsierte den bleichen Tray über den Platz in Richtung der Festung. Die Menschen wichen vor ihnen ehrfürchtig zurück. Tray bezweifelte das dieses Verhalten mit ihm zu tun hatte, es lag wohl eher an dem großen Mann, denn viele renkten sich die Hälse aus um einen besseren Blick auf Tray werfen zu können, wichen aber vor dem großen Mann zurück. „Doch wir beide wissen das dem nicht so sein kann, nicht wahr?“

„Ich weiß nicht, Sir.“ Stammelte Tray der das Gefühl nicht los wurde in der Patsche zu sitzen.
 

Der Mann führte ihn durch die prunkvollen Flügeltüren der Festung und einen weißen langen Gang entlang. Am Ende des Ganges warteten zwei verschlossene Türen und davor standen wieder Wachen, die aber dieses Mal salutierten und die Türen für sie öffneten. Dahinter befand sich eine Art runde Halle, angefüllt mit vielen aufgeregt miteinander plappernden Stimmen. Im Zentrum der kreisrunden Halle stand ein Podest hinter dem ein zauseliger weißhaariger Mann seine runde Brille auf die Hakennase schob und fahrig durch seine Unterlagen wühlte. Er wirkte etwas untersetzt und stand noch dazu auf einem Stuhl um an das Podest heran zu reichen. Es vergingen einige Augenblicke ehe er die Neuankömmlinge bemerkte.

Doch die aufgeregt plappernden Stimmen wandelten sich allmählich in ein neugieriges Wispern, was selbst dem kurzen Mann nicht entging, sodass er ungeduldig aufblickte. Als er Tray und den großen Mann bemerkte, weiteten sich seine Augen vor Überraschung.

„Oooooh!“ rief er freudig aus und das Wispern im Raum erstarb.

Tray atmete tief ein und aus und ging entschlossen auf den kurzen Mann ein paar Schritte zu. Der Stab in seiner Hand pulsierte warm.

Der graue Mann hinter dem Podest musterte den Stab und Trays Gestalt, dann klatschte er freudig in die Hände.

„Ladys and Gentlemen!“ rief er laut und seine Stimme hallte in der gesamten Halle wider, „Darf ich vorstellen, Tray Johnson. Der dunkle Magier!“

Spannung lag plötzlich in der Luft, keiner sagte einen Ton, bis sich eine vermummte Gestalt auf dem ersten Rang hinter dem Podest regte. Die Gestalt war Tray bisher nicht aufgefallen, doch jetzt wo sie sich regte, fragte er sich, wie er sie hätte übersehen können. Alle in diesem Raum, auf den Rängen Sitzenden, waren in hellen, bunten Farben gekleidet, trugen prächtige Frisuren und schillerndes Make Up. Doch diese Gestalt war bis zu den Augen in dunklen Fetzen gekleidet und vermummt. Sie trug Halbhandschuhe und einen schweren Umhang, die eine maskuline Gestalt umrahmten. Die Gestalt erhob sich und sprang leichtfüßig über die Brüstung. Sie landete klirrend, sodass Tray unter seinem Mantel schwere Waffen vermutete. Die Augen unter dem Umhang glühten etwas und waren vom schillernden Blau.

„Dies, mein Junge…“ murmelte der große Mann, welcher Tray herein gebracht hatte, „Ist der dunkle Magier Jason Garrisson.“

Der Mann namens Garrisson nickte und schob seine Kapuze vom Kopf und zerrte seinen Schal vom Gesicht. Tray keuchte auf. Das konnte nicht sein. Ebenso brach im Saal lautes Verwundern und Japsen aus, als sie die beiden dunklen Magier vor sich sahen.

Jason Garrisson hatte langes schwarzes Haar und einen stoppeligen ungepflegten Bart. Seine Gesichtszüge waren schmal und seine Augen hatten einen sehr stechenden Blick und eine Narbe verlief von einem Augen zu einem Ohr.. Doch mehr noch, sah er aus wie Tray, nur eben viel älter. Die Ähnlichkeit war geradezu atemberaubend.

„Nun…“ begann der zauselige kleine Mann und blickte von einem zum anderen, „Einer von euch muss der Lügner sein. Garrisson, ihr treibt euch um mit finsteren Dingen. Vielleicht habt ihr euren Stab schon vor langer Zeit verloren?“

Garrisson legte den Kopf schief und grinste. Er streckte den rechten Arm leicht zur Seite und da erschien auch schon ein sehr langer Stab mit vielen Verästelungen. Der Stab sah eher aus wie ein kleiner Baum.

Die Blicke der Magier wanderten nun aufgeregt tuschelnd von Trays Stab zu Garrissons und es schien als konnte keiner glauben was sie da sahen.

Tray hatte das Gefühl das er sich behaupten musste vor seinem älteren Doppelgänger und er dachte an Basilis. Dieser erschien auch sofort in einer Säule aus schwarzem Rauch an seiner Seite.

„Bis vor einigen Stunden wusste ich nicht einmal wer ich bin.“ Sagte Tray laut und alle Magier verstummten, „Dann ging alles sehr schnell. Warum sollte ich lügen, die Einladung hierherzukommen…. Die ging nicht von mir aus.“

Keiner sagte etwas. Der grauhaarige kleine Mann runzelte die Stirn. Anscheinend hatte ihn Trays Unhöflichkeit überrumpelt. Auch Garrisson schwieg nach wie vor, obwohl Trays Begleiter, der Höllenhund Basilis, jegliche Zweifel aus dem Weg geräumt haben müsste.

Doch dann wurde es kühl im Raum. Tray fühlte sich beklommen und allein. Er umklammerte seinen Stab fester und mühte sich einen klaren Verstand zu behalten und da sah er es. Um Garrisson herum breitete sich ein Schatten aus, ein Schatten welcher wuchs und-

„Genug!“ brüllte der untersetzte Mann und die Schatten verschwanden, „Zweifellos seid ihr beide dunkle Magier des gleichen Ranges.“

Empörte Stimmen erhoben sich im gesamten Saal. „Unmöglich!“ „Das ist wider der Natur!“ „Ihr irrt euch!“

Doch Tray nahm die Stimmen kaum wahr. Garrisson ließ seinen Stab verschwinden und beäugte Tray sehr genau, von Kopf bis Fuß. Der Schatten den er gesehen hatte, war das Garrissons Begleiter? Es hatte sich fürchterlich angefühlt!

„Meister Rowen sprach doch oft davon….“ Murmelte Garrisson und seine Stimme war dunkel und irgendwie ölig. Sie schlich sich in den eigenen Verstand ein und umnebelte diesen. „… von dieser Prophezeiung….“

„Des Schatten Sohn, Gesegnete Macht, Von Göttern gebracht, Seines Körpers obschon, Das eines sterblichen, Mit reinem Herzen….. Ja das habe ich oft erzählt….“ Knurrte der große Mann, der Tray in den Saal gebracht hatte. Garrisson grinste nun ihn an und löste endlich seine Augen von Trays Gestalt. Der große Mann hieß also Rowen, gut zu wissen, dachte Tray.

„Genau…“ Garrisson erhob nun seine Stimme damit auch die letzten im Saal ihn verstanden, „Des Schatten Sohn, mein Sohn!“

Wieder brach Unruhe aus und Tray dachte er hätte sich verhört, worauf wollte der Typ hinaus?

„Vor vielen Jahren verließ ich die andere Seite und meine Geliebte dort. Sie verschwieg mir ihren Sohn, sorgte sogar dafür, das seine Fähigkeiten verschlossen blieben damit keiner von uns, weder ich noch Ihr, ihn je finden könnten. Doch dieser Bann brach, als er diese Welt betrat.“ Erklärte er und lächelte nun Tray an, welcher das Gefühl hatte ihm würde der Boden unter den Füßen wegbrechen. Er ging einen Schritt zurück und stieß gegen Rowen, welcher ihn scharf musterte. Die Ähnlichkeit war nicht zu leugnen, doch mehr noch. In den Erinnerungen die Tray wieder erlangt hatte, gab es eine liebevolle Mutter aber niemanden sonst. Das Gefühl, sogar die Angst darum zu erfahren wer sein Vater war, hatte ihm sogar Zeit seines Lebens den Mund versiegelt. So absurd Garrissons Theorie zunächst klang, so fügte sie sich ein, in eine Reihe seltsamer Ereignisse die in den Gang gesetzt wurden, seit Tray auf einer Wiese das Bewusstsein wieder erlangt hatte.

Stille hatte sich über alle gelegt, Spannung lag in der Luft. Alle Augen ruhten auf Tray und auf ein Wort von ihm, eines der Bestätigung oder des Leugnens.

Tray wusste nicht was er sagen sollte. Basilis neben ihm musterte ihn und er schien in diesem Augenblick der Einzige zu sein, der vielleicht eine Antwort wusste. Gedanklich stellte er die Frage doch Basilis Antwort war ernüchternd: Darüber weiß ich nichts.

Sein Vater? Welche Beweise hatte der Typ schon außer der äußerlichen Ähnlichkeit? Genau! Beweise!

„Beweist es!“ murrte Tray und der Fremde namens Garrisson lächelte nun breit.

„Der Name deiner Mutter ist Marianne Johnson. Sie liebt den Geruch des Regens.“
 

Keiner vermochte es zu beschreiben was Tray in diesem Augenblick dachte. Die Worte Garrissons waren ihm genug Beweis, das dessen Behauptung der Wahrheit entsprach. Doch Trays Gesicht zeigte keine Regung, keines der Freude oder der Wut, es blieb ausdruckslos, als ob er erstarrt wäre. Der Fremde, sein Vater? Er kannte ihn nicht, er kannte nicht einmal die Welt aus der der Fremde namens ‚Vater‘ stammte. Was sollte er fühlen? Was sollte er sagen? Tray wusste es nicht.
 

Unsicher, aufgewühlt und überfordert schüttelte Tray den Kopf und wandte sich ab. Zuerst diese Welt die so fremd und doch irgendwie richtig war. Die verlorenen Erinnerungen die nach und nach wieder kehrten, die Geheimnisse um ihn selbst und sein Vater. Sein Vater! Rowen erhob die Stimme doch Tray hörte ihn nicht. Dies alles schien eine große Bedeutung für die Menschen in dieser Welt zu haben und Tray warf einen flüchtigen Blick auf de entsetzten und angespannten Gesichter all der Magier in den Reihen. Sie sprachen von Prophezeiungen und unmöglichen dingen, obwohl sie selbst etwas waren, was im Grunde nicht möglich war.

„Die Prophezeiung…“ murmelte Tray vor sich hin und bemerkte das der zauselige Mann, Rowen und Garrisson ihn scharf beobachteten, die Magier auf den Rängen riefen durcheinander, aufgebracht von dem was sich vor ihren Augen abspielte. „…was soll das sein?“

„Sie handelt davon das ein zweiter schwarzer Magier zur selben Zeit des ersten regiert. Dieser zweite, ein Auserwählter der Götter, die dieser Welt den Rücken kehrten, führt einen Krieg, gen den ersten Magier.“ Erklärte Garrisson und sein Grinsen wurde breiter, höhnischer.

Der schwarze Magier ist ja bekannt für seine dunklen Machenschaften….

Tray entsann sich, was Xin angedeutet hatte. Offenbar war Garrisson auch hier im Magischen Rat nicht gerade gern gesehen. Er hatte irgendwas getan, etwas Böses vielleicht oder etwas was gegen die Grundsätze dieser Welt verstieß und nun sollte er, Tray, das wieder richten. Doch war er nicht mehr als ein Rookie, ein Anfänger, ein Unwissender. Vor einigen Stunden noch wunderte er über die seltsamsten Dinge, die hier Alltag waren. Wenn es Garrisson beliebte, dann beseitigte er seinen Sohn mit dem kleinen Finger.

Und der dunkle Blitz? Raunte eine Stimme in seinem Kopf. Es war die von Basilis. War dies das Ergebnis eines Rookies?

Der Blitz. Tray sah seinen Stab an. Seit dessen Erscheinen gingen ihm viele seltsame Dinge durch den Kopf die weder seltsam noch unmöglich erschienen, durch diesen stab. Vielleicht war er der Schlüssel zu allem. Zu den offenen Fragen die seine wirkliche Herkunft betrafen und den Fähigkeiten, die er womöglich besaß.

Während Tray in seinen Gedanken versunken war hatte Rowen erneut die Stimme erhoben.
 

Rowen hatte schon lange auf diesen Tag gewartet. Sie hatten ihn alt und wirr geschimpft, nannten ihn Träumer und einen Narren an alte Kindermärchen zu glauben. Sie nannten ihn Meister und das war gewiss nicht seine Wahl für einen Titel und doch, flößte er Ehrfurcht ein. Wo Meister Rowen erschien, da wichen sie vor ihm zurück, verneigten sich, erwiesen ihm Ehre. Denn Rowen war da, als die Wanderung begann, er war da als die Götter gingen und er war einer der Ersten die Hochfels erklommen und es zum Sitz des Magischen Rates erklärten. Nach all der Zeit gehörte er nicht nur zu den Ältesten der Welt, er war ein Mysterium der Spiegelwelt geworden. Keiner wusste was er war oder wer er war, nicht einmal Rowen selbst wusste darauf eine gescheite Antwort. Doch was er sah, verlieh ihm ein Auge für diese Welt, über sie zu wachen, das hielt er für seine Aufgabe.

Der Junge, wie er vor dem Baum stand und als einziger unter all den Magiern, diesen Baum betrachtete… Rowen wusste, das Großes in ihm ruhte, dessen er sich selber vermutlich nicht einmal bewusst war.

„Ruhe!“ donnerte Rowen und alle Magier verstummten, „Garrisson wurde schon vor langer Zeit vom Magischen Rat ausgeschlossen aufgrund der vielen Verbrechen, die er gegen das Geeinte Reich begangen hat. Der Platz des dunklen Magiers steht seit Jahren leer und keinem von euch war dies recht, obgleich ihr Garrisson nicht zurückhaben wolltet.“

Garrisson schnaubte verächtlich, widersprach jedoch nicht.

„Soll denn nun der junge Johnson die Lücke füllen!“

Wispern erhob sich und Tray erwachte aus seiner Starre.
 

Teil eines politischen Gremiums einer Welt die er nicht kannte? Waren hier alle durch gedreht? Doch in jenem Augenblick nickte der zauselige untersetzte Mann und rief laut aus.

„Meister Rowen schlägt den jungen Tray Johnson vor, den Platz des dunklen Magiers im Magischen Rat ein zu nehmen. Wer dafür ist, erhebt sich bitte!“

Tray blickte gebannt die Ränge hinauf und traute seinen Augen kaum. Ein Magier nach dem anderen stand auf und blickte entschlossen zu ihm hinab. Nur sehr wenige blieben sitzen, so wenige das er sie an einer Hand abzählen konnte. Es war absolut unglaublich und beängstigend zugleich. Denn der entschlossene Wille, Jason Garrisson endgültig aus dem Magischen Rat zu verbannen, indem man seinen Platz einfach besetzte, wog mehr als das Misstrauen um Tray. Welche Verbrechen Garrisson auch begangen haben mochte, sie mussten grauenhafter Natur gewesen sein.

„So sei es! Tray Johnson wird vereidigt und nimmt den leeren Platz des dunklen Magiers ein!“ Der zauselige Mann nahm einen



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