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Tray Johnson

Der Baum der Ewigkeit
von

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Kapitel 4

Zauberschüler
 

Rosen zart, die Dornen scharf

Blumenmädchen, wenn ich bitten darf

Lavendelduft so betörend

Kamille so verstörend
 

Xin sprang durch ihre kleine Wohnung und warf allerlei Dinge in einen Koffer. Tray saß auf ihrer Couch und starrte ins Leere. Die Ereignisse in Hochfels hatten ihn mitgenommen und das einzige was er noch zustande brachte, war Sharow und Xin von allem zu erzählen. Danach war er auf die Couch gefallen und erstarrt.

Die Beiden hatten sich dann rege miteinander unterhalten doch alles was Tray noch mitbekam war, wie Xin vergnügt Lieder sang und die Koffer packte. Was die Beiden abgesprochen hatten, wusste er nicht, denn lediglich die Gedanken an seinen Vater spukten ihm im Kopf herum.

„….Tray?“

Tray zuckte zusammen als Sharow eine Hand mitfühlend auf seine Schulter legte. Er sah ihn groß an und hielt ihm eine kleine Tonflasche vor die Nase. Ein süßlicher Duft entwich der Flasche und Tray nahm sie mit fragendem Blick entgegen.

„Das ist feinster Met, probiere einen Schluck!“ Sharow setzte sich neben ihm auf die Couch und obwohl Tray keinen Alkohol mochte, trank er einen kräftigen Schluck. Der Geschmack des Honigweins war überwältigend. Es fühlte sich warm und etwas dickflüssig an aber es schmeckte, wie Blumen rochen.

„Du weißt nichts über Garrisson und ich kann mir vorstellen, dass du gerade etwas neben dir stehst.“ Begann Sharow und überschlug die Beine, „Denn Garrisson ist der finsterste Magier unserer Zeit. Vor über 20 Jahren tauchte er nach langer Abwesenheit wieder im Magischen Rat auf und verkündete, das er die Herrschaft dessen beenden würde.“

Tray musterte Sharow, dessen Augen in die Ferne schweiften.

„Und dann?“

„Er tötete die damalige Magierin des Lichtes und nagelte ihren leblosen Körper an den Ahorn auf dem Platz vor der Festung Hochfels. Es war ein Exempel. Danach ließ er sich im Rat nicht mehr blicken, aber man hörte von ihm. Er überschattete die Wälder im Norden mit Dunkelheit und überfiel kleinere Dörfer mit seltsamen Kreaturen. Ich vermute, das die Wälder sein Zuhause sind, doch niemand der noch bei Sinnen ist, würde da einen Fuß reinsetzen. Es schien jedoch, dass er stets an Macht gewann und das scheint der Grund zu sein, warum du auf der Bildfläche erschienen bist. Du bist hier um das Gleichgewicht wieder her zu stellen.“

„Optimist!“ knurrte Tray und trank noch einen Schluck von dem Met.

„Du unterschätzt dich. Wenn Meister Rowen dich für einen guten Kerl hält, dann wird es wohl auch so sein!“

Sharows Optimismus war nicht gerade ansteckend. Doch Tray wollte ihm nicht widersprechen, denn seine Bemühungen ihn aufzumuntern, waren sicherlich nett gemeint. Und überhaupt, war er sehr dankbar, dass sowohl Xin als auch Sharow an seiner Seite waren und sich so für ihn aufopferten. Immerhin gab Xin ihr Luxusappartement auf.
 

Schon bald ließ Xin ihre gepackten Koffer mit einem Zauber verschwinden (was Tray sehr erleichterte denn er hatte keine Lust das alles zu schleppen) und sie verließen eiligst die Stadt. Von den Verfolgern die noch vor ein paar Stunden Jagd auf sie gemacht hatten, war nichts mehr zu sehen. Direkt hinter der Stadt schlug Sharow den Weg ins Unterholz ein und begründete es damit, das sie eventuelle Verfolger so besser abhängen könnten. Xin erklärte, das sie noch eine weitere Hütte in einem weit entfernteren Wald habe.

„Eine richtige Blockhütte. Das wird dir gefallen!“ sagte sie augenzwinkernd.

„Und dann? Lebe ich da mit euch?“ fragte Tray vorsichtig, denn ihm war nicht klar, was die Beiden miteinander diskutiert hatten, als er den Schock noch verdauen musste, der nach wie vor schwer auf ihn lastete. Doch der Met vernebelte seine Gedanken ganz leicht und so konnte er die unglaubliche Neuigkeit aus Hochfels erstmal verdrängen. Basilis hatte ihre Gruppe verlassen. Der Höllenhund konnte auftauchen und verschwinden wie es ihm beliebte und schien nicht auf die Porttüren angewiesen. Er verschwand kurz bevor sie aus Xins Wohnung aufbrachen mit den Worten, das seine Erscheinung zu viel Aufmerksamkeit auf sich zöge. Sharow hatte ihm beigepflichtet und so löste sich der schwarze Hund in dunklen Rauchschwaden auf und ließ Tray zurück. Basilis mochte eine gruselige Erscheinung sein, doch seine Anwesenheit versicherte ihm, das er diese ganze Hochfels-Geschichte nicht geträumt hatte.

„Nun es gibt einiges das du über diese Welt lernen solltest, wenn du jetzt Teil des Rates bist.“ Sagte Sharow. Tray nickte, da war ja was. Der Rat. Ein wichtiges Gremium einer Welt die er erst ein paar Stunden kannte.

Schon bald lag Ammar weit hinter ihnen und das Land wurde rauer, die Wälder dichter und unwegsamer. Sie krabbelten über umgestürzte Bäume und große Steine und legten nicht eine Pause ein. Sharow bewegte sich sehr leichtfüßig, doch Xin und Tray hatten immer mehr Mühe mit ihm mit zu halten. Sie waren müde und erschöpft und besonders Xin wurde immer mürrischer, da sie glaubte, das Sharow sich verlaufen habe.

„Ich kann mich nicht entsinnen, dass die Hütte in dieser Richtung lag!“ fauchte sie giftig.

„Dann hast du ein schlechtes Gedächtnis!“ rief Sharow jedoch nur, der einige Meter vor ihnen auf einen Baumstumpf sprang und sich kurz orientierte. Tray warf einen Blick auf die dichten Baumkronen. Das Tageslicht was zwischen ihnen durch schimmerte schien schwächer zu werden.

Sie liefen noch eine weitere Stunde, doch zu ihrer Erleichterung lichtete sich der Wald etwas und ein kleiner Bach entsprang nahe einer großen Lichtung. Auch Xins Miene hellte sich auf. „Wir sind fast da.“ Wisperte sie begeistert und schien zu hoffen das Sharow sie nicht hörte.

„Ich sagte ja, ich führe uns hin!“ sagte Sharow und zwinkerte ihnen zu.

Und tatsächlich lag hinter der Lichtung ein kleiner festgetrampelter Pfad und zwischen einigen riesigen Bäumen stand eine dunkle Blockhütte. Sie war recht groß und besaß sogar eine Veranda. Hinter der Hütte lag ein kleiner abgezäunter Bereich. Der Bach plätscherte in unmittelbarer Nähe zur Hütte. Xin stapfte voran zur Hütte und legte ihre Hand auf die Tür. Es klickte und Tray schwor, dass er einen bläulichen Schimmer um das ganze Haus für einen Moment aufblitzen sah.

„Immer herein!“ sagte sie wieder gut gelaunt und trat selber ein. Sharow und Tray folgten ihr über die Schwelle des Hauses und Tray blinzelte zunächst, denn in der Hütte war es sehr dunkel. Es roch nach Staub und Holz. Xin stieß die Fenster überall auf und Sharow erkundete die Hütte sofort. Auch Tray blickte sich um. Es gab einen Kochbereich mit einem Kamin und einem Tresen, welcher den Raum teilte. Tray ging um den Tresen herum und fand dort allerlei Töpfe und Einmachgläser hinter verborgen.

„Wir werden es uns noch gemütlich machen müssen, aber hier findet uns wenigstens keiner.“ Sagte Xin und sie räumte einige Stühle von einem sehr ausladenden Tisch. „Dunkel ist es auch aber ruhig.“

Die Blockhütte besaß ein weiteres Stockwerk in welchem sich mehrere Zimmer befanden. Xin gab Tray die Freiheit sich eines davon auszusuchen, während sie nach Sharow suchte, da sie ihn zum Holz holen schicken wollte.

Im hinteren Bereich vor der Treppe stieß er auf ihre Koffer, die dort sauber gestapelt standen. Magie war wirklich erstaunlich.
 

Sie erkannten, das die Welt verloren, dem Wandel erlegen. So auch sie, dem Wandel ergeben.

Drum kamen sie überein, die Mächte der Schöpfung und erschufen ein Abbild dessen, was sie aufgaben.

Die Zeit war die erste. Sie einte ihre Geschwister.

Die Schatten brachen sich mit dem Licht und in dem Dunkel erhob sich

Ein Spiegelbild der verlorenen Heimat.
 

-Von güldenen Zeitaltern –
 

Tray lebte sich schnell ein. Die Blockhütte wurde zu einem gemütlichen Heim und er lernte allerhand neues. So lehrte ihn Xin einfache Hexereien die ihnen den Alltag im Wald erleichterten. Er konnte nun kleine Flammen entfachen um das Feuer im Kamin zu entzünden. Ebenso lernte er kleine Lichtkugeln von kurzer Dauer erscheinen zu lassen, die dunkele Räume in hellem bläulichen Licht erstrahlen ließen. Doch Xin war weitaus geschickter. Sie konnte Lichtkugeln mit warmen Licht erschaffen und diese in kleine Gläser sperren und die gesamte Blockhütte leuchtete in zauberhaft gemütlichem Licht. Ihre Lichtkugeln brannten die ganze Nacht hindurch.

Tray begriff immer noch nicht wie Magie wirklich funktionierte. Sobald er seinen Stab hielt, konnte er zwar seine eigenen Fähigkeiten spüren und es schien auch, als flüstere ihm der Stab permanent zu, was er alles tun konnte. Manchmal war sein Kopf voller Wörter und Bilder die nicht die seinen waren, die er aber hätte herbei rufen können wenn er es denn wollte. Als er Xin dies mitteilte und seine Bedenken, ob der Gefahr dahinter, verbot sie ihm seinen Stab zu nutzen. Sie glaubte daran, das er auch ohne den Stab einfache, kleine Zauber wirken könne und sie behielt recht.

Neben diesen magischen Lektionen, legte sie ihm viele Arbeiten auf, die mit der Hütte und ihrem Leben dort zusammen hängen zu schienen. Er musste Holz hacken, Wasser holen und den Garten hinter dem Haus wieder beleben. Sharow hingegen verschwand oft für mehrere Tage und kehrte meist nur für eine Nacht oder ein paar Stunden zurück. Er sprach nicht darüber was er in diesen Zeiten tat und Tray fragte ihn auch nicht. Er hatte das Gefühl das es wohl ein Geheimnis war, denn Sharow hätte sonst offen darüber geredet und vermutlich wollte Tray auch nicht mehr wissen als gut für ihn war. Allerdings hatte Sharow ihm versprochen ihm mehr über diese Welt und wie sie funktionierte zu erzählen, doch bisher hatte er nichts dergleichen getan. Er erkundigte sich zumeist, was Tray schon gelernt hatte, nickte es ab und klopfte ihm auf die Schulter.

Von Hochfels hatte er seit seinem ersten Besuch nichts mehr gehört. Xin verschwand oft in ein Dorf um verschiedenes zu besorgen und um Neuigkeiten aus der Welt zu erfahren. Tray verbot sie, in dieses Dorf zu gehen. Sie glaubte, das die Verfolger aus Ammar seinen Kopf wollten und bis er das Wesen der Magie verstand, sei es zu gefährlich ihn auf die Menschen los zu lassen.

Sie mochte Recht haben, doch Tray hatte diesen Wald langsam über. Er harkte den Boden des Gartens und seine Hände waren ganz schwarz vom Dreck der Erde. Seine Leinenhose hatte er bis zu den Knien hochgekrempelt und das grüne Hemd halb geöffnet. Er kam sich wie ein Idiot vor. In diesem dämmrigen Licht des Waldes gedeiht doch nichts, dachte er sich, was sollte hier schon angepflanzt werden? Doch Tray harkte weiter. Xin konnte bissig werden, wenn man nicht auf sie hörte. Er hatte sich vor ein paar Wochen die Arbeit mit dem Laub einfach machen wollen. Seine eigentliche Aufgabe war es, den großen Haufen zu einem Kompost zu bringen, der einige Meter von der Hütte entfernt von ihr vor einiger Zeit angelegt worden war. Doch Tray hatte an dem Tag schon einen alten Baumstumpf entwurzeln müssen und er war erschöpft. Darum wollte er den Blätterhaufen einfach abbrennen lassen. Doch die Flamme die er dafür herbeizauberte war sehr groß, zu groß und ohne Xins Eingreifen, wäre die Blockhütte abgefackelt. Ihr darauffolgendes Gebrüll hatte den gesamten Wald erschüttert.

Tray seufzte, als er fertig geharkt hatte. Xin war gerade wieder im Dorf und auch Sharow hatte sich seit längerem wieder mal nicht blicken lassen. Er war völlig allein und das passte ihm auch nicht. In dieser Welt zu landen war schon ein großes Abenteuer gewesen und nun verplemperte er seine Zeit mit Gartenarbeiten, brav und artig versteckt im Wald, wo er niemanden schaden konnte.

Tray ließ sich auf die Stufen der Hintertür fallen und betrachtete misepetrig sein Werk. All dies Schuften und ackern ließ ihm keinen einzigen Moment um einfach nur nach zu denken. Über seinen Vater oder über Dinge an die er sich schon wieder erinnert hatte. Er fragte sich langsam ob das vielleicht auch Absicht von Xin war. Vielleicht wollte sie irgendwas von ihm, seine Fähigkeiten oder sowas.

„Basilis?“ sagte er laut und sofort erschien eine schwarze Rauchsäule vor ihm. Diese verdichtete sich und rot glühende Augen funkelten darin.

„Ihr habt gerufen?“ knurrte Basilis dunkel und Tray spürte wieder diese Gewissheit das nichts von dem was in Hochfels geschah, ein Traum war.

„Ja ich… ich frage mich warum…. Ach vergiss es.“ Murmelte Tray. Er irrte sich bestimmt, Xin hatte ihm vieles beigebracht, sie hatte bestimmt keine bösen Absichten.

„Darauf könnte ich euch ohnehin nicht antworten. Es sei denn ihr wollt das ich euch anlüge.“

Sarkasmus? Wollte ihn der Höllenhund etwa ärgern????

„Na vielen Dank.“ Murrte Tray. Seit langem hatte er eine Ruhepause. Ob es daran lag das die anfänglich schwere Arbeit ihm nun viel leichter viel, oder das Xin im Dorf aufgehalten worden war. Jedenfalls fand er nun seit Wochen die ersten Minuten um nach zu denken. Irgendwie war er froh das Basilis bei ihm war.

„Ich glaube nicht das ich das alles verstehe.“ Meinte Tray gedankenverloren und rieb sich die Stirn. „Magischer Rat, dunkler Magier. Ich mein, was für ne Rolle habe ich in dieser Geschichte?“

Basilis setzte sich neben ihn und schnupperte in die Luft. Er blinzelte als ein paar Flecken Sonnenlicht durch das dichte Laubwerk fielen.

„Es ist nicht üblich das Begleiter auf freundschaftlicher Ebene mit ihrem Magier zu tun haben.“ Kommentierte Basilis trocken.

„Ach was ist dann üblich? Was genau ist deine Aufgabe?“ fragte Tray schnippisch. Wen sonst hatte er noch? Xin die ihm nur Anweisungen gab und ab und an mal ein Sharow der sich lieber ausschwieg, als Klartext zu reden? Plötzlich fühlte sich Tray ziemlich einsam. Er wusste nicht mit wem er über diese Garrisson-Vater-Geschichte reden sollte, oder welche Ängste ihn manchmal plagten. Einzig Basilis wusste davon, da er seine Gedanken hören konnte.

Der Höllenhund stieß einen Seufzer aus. „Bisher hatte ich keine Gelegenheit darüber zu reden.“ Murrte er dunkel, „Ich glaube die Hexe kann mich nicht besonders leiden. Sie hält euch sehr auf Trab.“

Tray nickte, „Spuck’s schon aus!“

„Die Begleiter stehen nur den Sechs, den höchsten Magiern zur Seite, den-„

„A-Rängen, ja das habe ich schon geschnallt.“

„Genau. Unsere Zeit an der Seite der Magier verbringen wir als ihre Begleiter. Wir führen Befehle oder Gefälligkeiten aus und unsere Fähigkeiten steigern sich enorm durch so ein Verhältnis. Doch unsere Bestimmung liegt nicht darin, Diener eines Magiers zu sein. Wir lauern nur. Sollte der Magier irgendwann die Kontrolle über seine Magie verlieren und zu einer fürchterlichen Gefahr für diese Welt werden, dann töten wir diesen.“

„Mooooment!“ Tray sprang auf und entfernte sich ein paar Schritte von Basilis. Er hob die Hände und sah den schwarzen Hund fassungslos an. „Ihr tötet?“ wiederholte er fassungslos.

Basilis nickte, „Deswegen gehen die meisten Magier keine besonders freundschaftliche Beziehung mit ihren Begleitern ein. Vermutlich haben sie Angst.“

„Und du?“ fragte Tray und ging vor dem schwarzen Hund in die Hocke, „Erschreckt dich das gar nicht?“

„Sollte es?“

Tray schüttelte den Kopf. „Gibt es noch was das ich wissen sollte?“

„Nun… die Begleiter passen meist zum Element des Magiers. Garrisson soll einen Dämon an seiner Seite haben doch mehr als den Schatten von diesem hat noch nie jemand gesehen. Nicht mal ich weiß mehr darüber.“

Der Schatten… Tray entsann sich der Dunkelheit und der Verzweiflung die von Garrisson ausging als diese dunklen Schatten erschienen waren.

„Uff.“ Tray ließ sich wieder auf die Stufen fallen und streckte die Füße aus. Sein Henker und Begleiter, das war Basilis. Das Ganze erschien ihm ziemlich krank. „Aber wer gibt euch den Auftrag Begleiter zu werden?“

Basilis blinzelte überrascht, „Wie habt Ihr erfahren, das Ihr Magier seid?“

„Der Stab erschien vor mir und Xin und Sharow sagten ich sei Magier.“

„Dann hat es euch niemand sonst gesagt?“

„Wer denn?“

Basilis wirkte verwundert, er legte den Kopf schräg und sagte: „Eine donnernde Stimme sagte mir, das ich von nun an der Begleiter von Tray Johnson sei. Das seine Stimme nun meine Stimme sei und ich ihm folgen werde, bis in den Tod hinein oder in den seinen.“

Wind kam auf und rauschte in den dichten Baumkronen. Die fleckigen Sonnenstrahlen tanzten auf der Blockhütte und dem frisch auf geharkten Boden. Es roch nach feuchter Erde und Holz und Vogelgezwitscher erfüllte die Luft.

„Eine Stimme, was?“

„Bei euch nicht?“

Tray schüttelte den Kopf, „Das klingt verrückt.“

„Es klingt verrückt, das Ihr den Worten anderer glaubt, wenn diese euch sagen was Ihr womöglich seid.“

„Dann sind wir beide verrückt.“ Sagte Tray grinsend.

Basilis legte sich auf den Boden und schnaufte kurz auf. „Keine Stimme…“ murmelte er.

Es klapperte im Haus und Tray sprang sofort auf. Er hörte wie die Tür ins Schloss fiel und eine männliche Stimme rief laut: „Jemand da?“

Sharow ließ sich mal wieder blicken. „Weißt du was, Basilis?“ fragte Tray leise. Der Höllenhund hob den Kopf und sah Tray mit großen Augen an. Sah man mal von den glühenden Augen und der monströsen Erscheinung des Wesens ab, dann hatte Basilis sehr viel von einem Hund. „Wir sollten mal Sharow ausquetschen, ob der uns ein bisschen mehr erzählen kann!“

„Hallo?“ tönte es aus dem Inneren und Tray öffnete die Hintertür.

„Hier draußen!“ rief er hinein und lief ein paar Schritte in den Garten zurück. Sharow stapfte aus der Hütte heraus und warf einen überraschten Blick zu Basilis und dann zu Tray, welcher mit dem Rücken zu ihm stand.

„Was machst du hier draußen?“ fragte der Weißhaarige und lehnte sich an den Türrahmen. Tray wandte sich um und deutete auf das Beet, auf dem vermutlich eh nichts wachsen würde.

„Ach so… Und Xin?“

„Unterwegs.“ Antwortete Tray knapp und klopfte sich den Dreck von den Händen, „Und du?“

„Euch besuchen!“ antworte Sharow grinsend und ging wieder in die Hütte. Es klapperte und vermutlich suchte er in der Küche nach irgendwas Verwertbarem. Doch es gab einen Grund warum Xin ins Dorf gegangen war. Tray seufzte und er hörte Basilis Stimme in seinem Kopf: ‚Tolle Fragen!‘

Der Zauberschüler funkelte den Höllenhund an. So ein Verhör musste wohl überlegt sein. Schließlich hatte Sharow etwas Seltsames an sich. Er folgte dem Klappern und fand Sharow im Küchenbereich wühlen.

„Es ist nichts mehr da, aber wenn du etwas wartest…. Xin müsste bald wieder da sein.“ Sagte Tray und setzte sich auf einen hölzernen Barhocker. Sharows Kopf tauchte unter dem Tresen auf.

„Absolut nichts?“ fragte er ungläubig. Für gewöhnlich hatte sich Sharow Met und Bier und anderes Zeug in der Blockhütte gebunkert, doch wenn er zu Besuch kam, dann überstieg sein Konsum die Masse der gelagerten Mittel. Komischerweise hatte Tray Sharow noch nie etwas essen sehen.

„So ein Mist!“ brummelte Sharow und zog eine Schachtel Zigaretten aus der Innenseite seines ledernen Mantels.

„Sharow…“ begann Tray unsicher und ihm war nicht wohl dabei, den Großen zu verhören. Doch gerade als er das Thema auf irgendwas Belangloses wechseln wollte, hörte er Basilis Stimme in seinem Kopf: ‚Im Zweifelsfall könntet Ihr in den Wald flüchten.‘

Sharow sah ihn groß an und wartete auf den Rest des Satzes, als Tray seufzte.

„Ich will die Wahrheit wissen!“

„Die Wahrheit?“ fragte Sharow und hob die Augenbrauen. Er schob die Zigarette zwischen die Lippen und bedeutete ihm ein kleines Feuer zu entfachen. Tray schnipste mit den Fingern und eine kleine Flamme tänzelte plötzlich auf seiner Handfläche. Sharow beugte sich vor und zündete den Glimmstengel an. Tray schloss die Hand zur Faust und eine kleine Rauchwolke entwich dieser. Anfangs hatte er sich dabei sehr oft verbrannt. Doch inzwischen stellte dieser kleine Trick, keine Schwierigkeit mehr dar.

„Ich bin eigentlich schwarzhaarig?“ fragte Sharow und Tray biss die Zähne zusammen.

„Nein… Ich meine was anderes. Also… ich weiß auch nicht wie ich das am Besten erkläre…“

„Schon gut.“ Sharow winkte ab und ging um den Tresen herum um auf der Veranda zu rauchen, da Xin den Rauchgeruch in der Hütte nicht mochte. Tray folgte ihm ungeduldig.

„Also?“ hakte er vorsichtig nach und Sharow runzelte die Stirn.

„Gib mir ein Stichwort.“ Schlug er vor.

„Garrisson.“

Sharow bliess den Rauch langsam aus und beobachtete wie sich der Qualm verschlang und allmählich auflöste.

„Er wurde Magier als er so alt war wie du. Vielleicht war er auch jünger. Ein ungestümer Typ, denn er lud sich selbst nach Hochfels ein. Sein Wesen, also das was bei dir Basilis ist, hüllte ganz Hochfels in zermürbende Dunkelheit ein. Sein Auftritt war so atemberaubend das man bis heute noch darüber spricht.“

„Aber was ist mit seiner Geschichte das er mein…“ Tray brach ab. In den vergangenen Wochen waren Stücke seiner Erinnerung allmählich zurückgekehrt. Er hatte zusammen mit seiner Mutter gelebt und sie hatte ihm von klein an verboten, Fragen über seinen Vater zu stellen weil er eine schreckliche Person sei, doch er, Tray, sei die Wiedergutmachung seiner Verbrechen. Und irgendwann würde er es verstehen.

„Tja… Ich habe versucht mehr darüber zu erfahren. Fakt ist, das Garrisson lange Zeit verschwunden war und kurz nach deiner Geburt (vermutlich) wieder auftauchte und die Magierin des Lichts tötete. Damals überrollte seine Wut und sein Groll den gesamten magischen Rat. Ich habe versucht mehr darüber zu erfahren und auch darüber, das ein Bann auf dich gelegt worden sei. Mir ist bekannt, das jemand, der keine Magie mehr wirken möchte, seine Fähigkeiten versiegeln lassen kann. Dieses Siegel muss alle paar Jahre erneuert werden, ansonsten wird es… brüchig.“ Sharow zog an der Zigarette und setzte sich auf die Holzbank, welche sie vor zwei Wochen von drinnen auf die Veranda verfrachtet hatten. Er klopfte an seine linke Seite und Tray setzte sich neben ihm. „Brüchig heißt, das derjenige ab und an Magie wirkt, allerdings unkontrolliert. Ihm oder Ihr passieren seltsame Missgeschicke, wenn man so will. Du erzähltest mir vor einer Woche das du dich entsinnen kannst, solche Unfälle des Öfteren erlebt zu haben. Um einen Magier deines Ranges zu bannen, benötigt es viel Geschick und wahrscheinlich müsste der Bann jedes Jahr erneuert werden. Doch das ist wohl nicht geschehen. Wie dem auch sei, vermute ich, das nach deiner Geburt ein sehr mächtiger Bann dieser Art auf dich gelegt wurde, der mit der Zeit eben… brüchig wurde. Mir fällt nichts besseres ein, denn sie verlieren nicht an Kraft sondern gehen kaputt, bekommen irgendwie Macken, verstehst du?“

Tray erinnerte sich an viele Missgeschicke, an explodierte Mikrowellen und Wasserrohre. Er nickte.

„Und dann bist du, und der Grund ist dir ja noch nicht eingefallen, hierhergekommen. Auf dem Weg in die Spiegelwelt ist dein Bann explodiert und hat sich selbst zerstört. Das ist das Problem mit deinem Kopf, denn diese Siegel sind an deinem Gehirn geknüpft. Daher die Amnesie. Wenn deine Mutter dich versiegelte, dann hätte sie doch den Bann jedes Jahr erneuert, vermute ich. Da sie anscheinend das Ziel hatte dich fernzuhalten von Garrisson und der Spiegelwelt. Darum gehe ich davon aus, das dich jemand anderes versiegelt hat. Über Garrisson mehr herauszufinden ist unmöglich. Er lebt im Exil, wenn man so will. Man weiß absolut gar nichts über ihn. Er kommt und geht und wenn er kommt dann bringt er Zerstörung und Chaos mit sich.“

Sharows Schilderungen fügten sich ein, wie ein Puzzleteil zwischen unverbundenen Puzzleteilen. Allmählich war ein Bild zu erkennen. Tray lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. Der Schlüssel zu allem lag wohl in seinen Erinnerungen. Wenn er diese wieder hatte und zwar vollständig, dann wusste er auch wo sich seine Mutter gerade befand und vielleicht konnten sie dann rüber reisen um sie direkt zu fragen.

„Ich weiß das du an uns zweifelst.“ Sagte Sharow plötzlich in die Stille hinein und Tray warf ihm einen nervösen Seitenblick zu. Doch der Weißhaarige blickte verträumt in den Wald hinein als lausche er dem Vogelgezwitscher. „Als du Xins Anweisungen nicht mehr hinterfragtest und als du auch mich nicht mehr direkt ansahst, wenn ich dich was fragte, wurde mir klar, das es nur eine Frage der Zeit wäre, bis du entweder abhaust oder uns anschnauzt. Ich sagte ihr, das du bestimmt gereizt wärst und das sie dich nicht so beladen soll mit Aufgaben. Aber sie ist entschlossen dich vieles zu lehren.“ Sharow zog an dem Glimmstengel und Tray schwieg. Was sollte er darauf antworten? Das es ihm bisher noch nicht in den Sinn gekommen war, einfach zu gehen? Er kam sich wieder mal völlig bescheuert vor. Schon das er damals mit Sharow mit gelaufen war, zeigte wie unvorsichtig, ja geradezu dämlich er war!

„So seltsam es auch klingt, du musst uns vertrauen.“

„Wenn ihr wenigstens mit mir reden würdet!“ platzte es aus Tray heraus, „Ich weiß absolut gar nichts über euch, nicht mal warum ihr mich überhaupt unterstützen wollt!“

„Nun aber, als ob du gefragt hättest!“ tönte es plötzlich. Xin stolperte den Trampelpfad entlang, beladen mit zwei großen Papiertüten. Sie hatte die Wangen leicht aufgeblasen, als schmolle sie. „Ich weiß einfach nur nicht wie ich mit dir umgehen soll, du Vollidiot!“ fauchte sie und die Tüten schwankten gefährlich. Sie wirkte wirklich erhitzt und aufgebracht, doch so beladen, war sie kaum ernst zu nehmen. Ein Lächeln huschte über Trays Gesicht und er sprang auf um ihr wenigstens eine Tüte ab zu nehmen. Xin strahlte dankbar. „Aber scheinbar bist du ein netter Typ!“

„Und du dickköpfig!“ entgegnete Tray grinsend und schleppte die Tüte in die Hütte.
 

„Also schön.“ Sagte Xin seufzend und stellte ein Tablett mit einer Karaffe und drei Gläsern auf dem Holztisch ab. Sie hatte mit einem Fingerschnipsen die magischen Lichter in der Hütte entzündet. Obwohl es noch nicht sonderlich spät war, schien das Licht in der Hütte recht dämmrig und trüb. Der dichte Wald tat sein übriges dazu.

Sharow blickte missmutig auf den gelblichen Saft in der Karaffe und erhob sich schließlich um in den Tüten nach vernünftigerem zu suchen.

„Dann reden wir.“ Sie nahm die Karaffe und goß den Inhalt in ein Glas nach dem anderen bis auf- Sie stockte denn Sharow war wieder zurückgekehrt und hatte seine Hand auf das Glas gelegt. Er ließ die Bierflasche ploppen und füllte sein Glas mit dem schäumenden Getränk auf. Grinsend prostete er der kopfschüttelnden Hexe zu.

„Gut, dann beginnen wir mit dem hier.“ Sagte Tray vorsichtig und deutete mit seinen Armen auf die gesamte Hütte, „Was bezweckst du mit meiner Zeit hier?“

„Das du das Wesentliche erkennst.“ Antwortete sie und lehnte sich etwas zurück. „Ich habe dir untersagt die auf deinen Stab zu verlassen, weil ich möchte das du Kontrolle lernst. Du sollst die Fähigkeit erwerben, deine Magie in einem gewissen Masse zu beherrschen oder zumindest, das du in Zukunft, in der Lage sein wirst deine Grenzen zu erkennen. Weißt du warum Basilis da ist?“ sie deutete mit einem Kopfnicken auf den Höllenhund, der sich zu Trays Füßen zusammengerollt hatte und friedlich schlief.

„Jap, seit heute.“ Brummte Tray und nippte an dem süß duftenden Saft. Es schmeckte wunderbar!

„Gut, dann erklärt sich dein Leben hier von selbst.“ Meinte sie schnippisch, „Ich möchte nicht, das Basilis seiner Aufgabe gerecht werden muss.“

„Meinst du, das das nur wegen mir passieren kann?“ rutschte es Tray über die Lippen. Xin runzelte die Stirn und er bereute seine Worte in jenem Moment. Es war nur ein Gedanke gewesen und unbewusst hatte er diesen ausgesprochen. Mit der folge, das ihn Sharow scharf musterte und Xin ihn argwöhnisch fragte: „Worauf willst du hinaus?“

„Ach nichts, nichts!“ wehrte er schnell ab.

„Ich glaubte einen Augenblick lang, das du schlecht von uns denkst. Das du glaubtest, wir würden dich für besonders gefährdet halten. Ich Narr…“ murmelte Sharow sarkastisch und Tray warf ihm einen bösen Blick zu.

Für einen Augenblick schwiegen alle drei. Einzig das tiefe Atmen des schlafenden Hundes durchbrach diese Stille.

„Alle, diesen Ranges, befinden sich in der besonderen Gefahr die Kontrolle zu verlieren.“ Erklärte Xin schließlich und schwang gedankenverloren ihr Glas. Ein kleiner Rest des Saftes befand sich darin und funkelte golden im Licht der magischen Kugeln, die das Haus erhellten. „Was deine Person angeht… Weiß ich, das du ein besonders starken Charakter hast. Nachdem, was du in Hochfels erfahren musstest. An deinem Willen zu zweifeln, würde mir nicht einfallen.“

Tray blickte auf, in ihre braunen Augen. Sie lächelte und beugte sich etwas über den Tisch. „Es tut mir leid, das ich so kurz angebunden war, in der letzten Zeit, aber du hast mich mit deiner Souveränität sehr beeindruckt.“ Sie ergriff seine Hand und drückte sie leicht. „Künftig sollten wir mehr miteinander reden! Versprochen!“

Sharow räusperte sich leicht und Xin ließ Trays Hand sofort los. Dieser blickte einen Augenblick lang verblüfft darauf. Er spürte immer noch ihren sanften Druck. So hatte er die Hexe gar nicht eingeschätzt.

„Ich war sehr viel unterwegs und habe versucht, mehr über deinen Vater zu erfahren.“ Begann Sharow. Er strich mit einer Hand über sein Gesicht. Plötzlich wirkte er sehr müde und erschöpft. „Dafür muss man dunkle Pfade beschreiten. Es gibt nur wenige die ihn kennen oder kennen zu glauben und noch weniger die bereit sind, darüber zu reden. Garrisson ist wie ein Schatten, welcher durch das Leben anderer huscht und nicht mehr hinterlässt, als die Erinnerung an einen schlimmen Alptraum. Seine Absichten sind mir schleierhaft, seine Wege ergeben keinen Sinn.“

Sharow hob den Kopf und sah Tray mit einem festen Blick an. „Was also sollte ich dir berichten? Das ich nicht mehr weiß als das er ein grausamer Typ ist? Das es mir leid tut, aber es besser für dich wäre, wenn du ihn einfach wieder vergisst? Du bist sehr tough, ich hielt es nicht für gerechtfertigt, dir so wenig zu bieten.“

„Wenig zu bieten?“ Tray sprang auf und breitete die Arme aus, „Wenig? Nach allem was ihr für mich getan habt?“

Xin zuckte mit den Schultern und Sharow lächelte matt. „Du meinst dich einsperren?“

„Nein, mich von Anfang unterstützen. Das meine ich. Sind hier alle so aufopfernd?“ Tray ließ sich kopfschüttelnd wieder auf seinen Stuhl fallen. Basilis zu seinen Füßen knurrte kurz auf und streckte die Pfoten aus. Je länger der Höllenhund an seiner Seite blieb umso stärker erweckte er den Eindruck eines Hundes und nicht eines potenziellen Henkers.

„Bei Weitem nicht.“ Erwiderte Xin. Sie strich mit einer Hand durch ihre Lockenmähne und wägte ihre Worte ab, „Es ist nur… Naja, ich weiß wie es ist alleine da zu stehen, wenn… wenn man Schwierigkeiten hat und Sharow… Ich denke er ist einfach an allem interessiert, was nach Abenteuer duftet.“

„Könnte man so sagen“ knurrte der Weißhaarige und trank aus seiner Flasche.

„Vielleicht treffe wir uns in der Mitte!“ schlug Tray vor, „Ich mache diese Überleben-in-der-Hütte-Kacke mit und ihr redet mehr mit mir, erzählt mir mehr über… naja da draußen. Oder ihr zeigt es mir, wie ihr wollt, aber so wie bisher…. Deal?“ Er streckte Xin seine Hand entgegen.

„Diese Bedingungen erscheinen mir akzeptabel.“ Sagte sie lächelnd und schlug in die dargebotene Hand ein.



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