Zum Inhalt der Seite

A Song of Ice and Fire: A Smile of Shadows

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Robb


 

True friends stab you in the front.

(Oscar Wilde)

~*~

ROBB

 

Sie hatten ihn im Sattel festbinden müssen, damit es ihm gelang, sich einigermaßen auf dem Rücken des Pferdes zu halten; der Strick schnitt in seine Oberschenkel und in seine Handgelenke, doch er spürte es kaum. Cleganes Gesicht war wie versteinert, als sie die Zwillinge hinter sich ließen; wenn ihm aufgefallen war, dass Arya nicht bei ihnen war, dann ließ er es sich nicht anmerken. Vermutlich kümmerte es ihn nicht besonders, das würde wohl erst seine Sorge werden, wenn Joffrey sich fragte, warum ihm eins der Stark-Mädchen abhanden gekommen war. Hoffentlich brannte er die Zwillinge bis auf die Grundmauern nieder.

Lady Catelyn schien seine Gedanken in der Hinsicht zu teilen. Ihr Gesicht war so blass, wie Robb sie selten gesehen hatte, und der Ausdruck in ihren Augen hätte ihm vermutlich Angst eingejagt, wenn es ihn interessiert hätte.

Er starrte auf seine blutigen Handgelenke hinab, und auf die Mähne seines Pferdes, während ihm die Herbstsonne den Nacken verbrannte und er irgendwo in seinem Hinterkopf feststellte, dass er vermutlich Schmerzen hätte haben sollen, doch da war nichts, als sei er bereits tot, erstickt an der Leere in seiner Brust und in seinen Knochen und in seinen Adern, während jeder um ihn herum ihn noch atmen sah.

Als sie rasteten, hatte er nicht den leisesten Schimmer, wie lange sie unterwegs gewesen waren. Es musste Mittag sein, denn die Sonne stand hoch am Himmel. Seine Mutter schwang sich trotz gefesselten Händen aus dem Sattel, als habe sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht als von fünf oder sechs bewaffneten Soldaten umgeben zu ihrer Exekution zu reiten; die Sonne ließ kleine Funken in ihren Haaren tanzen wie Flammen, als sie durch das kniehohe Gras zu ihm hinüberstapfte und mit bloßen Händen an den Stricken an seinem Bein zerrte. Clegane trat neben sie und sie warf ihm einen flammenden Blick zu, als sie das Messer in seiner Hand sah, doch er schob sie überraschend sachte beiseite und half Robb aus dem Sattel.

Für Sekundenbruchteile verschwamm die Welt vor seinen Augen, und er musste sich am Sattel festhalten, damit seine Knie nicht nachgaben.

„Was zu trinken, Euer Gnaden?“ In Cleganes Stimme schwang nicht der geringste Spott mit, als er ihm einen groben Tonbecher hinhielt; irgendwo in ihm regte sich ein Funke Widerstand.

„Nein“, antwortete er, seine Stimme ein heiseres Zischen, „Ich brauche Eure Hilfe nicht.“

Clegane zuckte die Schultern und trank selbst. Der Geruch von billigem Alkohol stieg Robb in die Nase, als er sich Catelyn zuwandte, deren Miene nach wie vor eisern war, und die ebenfalls ablehnte, bevor der Hund seinen Weinschlauch an die anderen Soldaten weitergab.

Jemand stieß ihm die Faust zwischen die Schulterblätter; er landete mit dem Gesicht voraus im Gras und schaffte es gerade noch, sich mit den Händen abzufangen, mit einem leisen Stöhnen rang er nach Atem. Catelyn griff nach seinem Arm und half ihm dabei ohne ein weiteres Wort dabei, sich aufrecht hinzusetzen.

Es war das erste Mal, dass er sie seit der Unterredung mit Roose Bolton zu Gesicht bekam; vielleicht wirkte sie ein wenig dünner, er hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, ihr Gesicht und ihre Kleider waren schmutzig, doch trotz allem war sie überraschend gut frisiert und ihre Haltung war nach wie vor die einer Lady, so wenig sie auch momentan wie eine wirken mochte.

„Du musst gehen“, sagte er leise und sah sie fest an.

Catelyn gab einen verhaltenen Laut von sich. „Nein“, antwortete sie und tupfte ihm sachte die Stirn ab, „Aber du musst essen und trinken.“

Seine Hand schoss vor und er war selbst ein wenig überrascht, wie viel Kraft er aufbrachte, um ihr Handgelenk zu umklammern.

„Du – musst gehen“, wiederholte er leise, aber scharf, „Sie werden dich nicht verfolgen, ich bin der, den Joffrey will, du-“

„Nein“, wiederholte sie ruhig und schlang den Arm um seine Schultern, um ihm einen Kuss auf die Haare zu geben, wie sie es nicht mehr getan hatte, seit er elf gewesen war, „Aber du wirst essen und trinken und am Leben bleiben, und wenn es das letzte ist, was ich tue.“

Die Soldaten hatten sich über die kleine Lichtung ein wenig ausgebreitet; drei saßen mit Clegane zusammen auf ein paar Baumstümpfen und Steinen und hatten offensichtlich eine Art Trinkspiel begonnen während ein weiterer am Rand der Lichtung nach Feuerholz suchte.

Catelyn hatte damit begonnen, seine Handgelenke zu bandagieren, soweit ihr das möglich war; es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass sie wohl vor allem irgendwie nach einer Beschäftigung suchte.

„Auf König Joffrey!“, schallte es herüber und aus dem Augenwinkel sah er, wie die nächste Runde ausgegeben wurde. Die Becher klirrten leise.

„Wie geht es dir?“, fragte Catelyn leise. Ihre Finger fühlten sich seltsam kühl an; immer noch schlich sich ab und an das Fieber zurück in seine Knochen.

Er zog einen Mundwinkel hoch. „Bestens“, antwortete er. Sein Kopf sank gegen Catelyns Schulter, er blinzelte müde und seine Lider fühlten sich furchtbar schwer an…

…trockene Blätter unter seinen Füßen, vertrauter Geruch, kühler Wind…

„Auf den Erben von Winterfell!“

Jemand schien ihm einen Eimer eiskaltes Wasser übergegossen zu haben; er konnte spüren, wie er zu zittern begann und grub Finger ins Gras, um jede Regung zu unterdrücken. Unter seinen Händen spürte er feuchten Tau.

Auf den Erben von Winterfell.

Ihm war schlecht. Catelyns Hände auf seinen Schultern wurden kaum merklich fester, doch sonst zeigte sich keine Reaktion bei ihr.

Einer der Soldaten warf über die Schulter einen Blick zu ihnen, offenbar, um festzustellen, ob sie auch artig alles mitbekamen; allerdings hatte er offensichtlich Probleme dabei, sie genau zu sehen – was immer sie tranken, es schien gut zu wirken.

Catelyn fuhr ihm flüchtig mit den Fingerspitzen durchs Haar, doch sie sagte nach wie vor kein Wort.

Die Pferde hatten die Soldaten mehr oder minder fest an ein paar Ästen angebunden, damit sie grasen konnten, doch das taten sie nicht; sie wirkten angespannt, eines tänzelte nervös auf der Stelle und warf den Kopf zurück. Die Reaktion war Robb so vertraut, dass er sie erst bemerkte, als Catelyn ihm gegen den Oberarm stieß; mit Mühe wandte er den Blick von den Soldaten ab (und von der Fantasie, wie er demjenigen, der als letztes gesprochen hatte, den Schädel an dem Felsen einschlug, auf dem er saß). Der Soldat, der am Rande der Lichtung Feuerholz gesammelt hatte, war verschwunden…

Im selben Augenblick schoss mit einem infernalischen Geräusch ein Wirbel aus grauem Fell aus dem Gebüsch und hatte seine Zähne in die Kehle des Mannes, der ihm am nächsten stand, geschlagen, bevor die Soldaten auch nur dazu kamen, nach ihren Waffen zu greifen. Ein weiterer fiel mit zwei Pfeilen in der Brust, als Clegane gerade in einer fließenden Bewegung nach seinem Schwert griff und dem Mann, der neben ihm gesessen hatte, die Hand abschlug, mit der er nach seiner Armbrust hatte greifen wollen. Der Mann kreischte auf und im selben Moment stieß der Hund ihm seinen Dolch in den Hals, bevor er ihn direkt wieder herauszog und Catelyn zuwarf, die ihn mit halb offenem Mund anstarrte.

Grauwind schien ebenfalls ein wenig verdutzt, stellte dann jedoch fest, dass Clegane offenbar keine Bedrohung darstellte; stattdessen huschte er zu Robb hinüber, und drückte die feuchte Schnauze gegen die Wange seines Herrn.

Das alles hatte weniger als fünf Minuten gedauert, und Robb spürte sein Herz bis zum Hals klopfen, als er einem Reflex folgend die Arme um Grauwind schlang, um das Gesicht in seinem Fell zu vergraben. Die Zunge des Wolfes streifte seine Wange und sein Ohr, er winselte leise und schmiegte sich an ihn, als wolle er sich dafür entschuldigen, sich so lange Zeit gelassen zu haben; Catelyn hatte Mühe, ihn lange genug von Robb zu lösen, um dessen Handfesseln durchtrennen zu können.

Wo warst du?

Grauwind blickte ihn aus treuen, gelben Augen heraus an, sein Schwanz zuckte sachte hin und her, bevor er den Kopf wieder an Robbs schmiegte. Sein Fell war zerzaust und filzig, er hatte abgenommen, als hätte er wochenlang kaum gefressen, an seiner Schnauze klebte getrocknetes Blut, das offensichtlich schon etwas älter war. Kurz zuckte ein Bild durch Robbs Kopf – schwarze und rote Uniformen mit dem Wappen der Boltons, das verzerrte Gesicht eines jungen Mannes, dessen Ähnlichkeit unverkennbar – vielleicht spürte er einen Stich grimmiger Genugtuung und schlang die Arme noch etwas fester um Grauwind, ungeachtet der Tatsache, dass seine Verletzungen bereits wieder schmerzhaft pochten. Ja, sieht aus wie ein Jagdunfall.

Aus dem Augenwinkel erhaschte er eine Bewegung – Clegane war dabei, die Leichen der getöteten Soldaten zu plündern – und sein Blick fiel auf die Gestalt hinter Grauwind, die zwischen den Bäumen stand, still wie ein Schatten, den Bogen noch in der Hand, und im ersten Augenblick hätte er ihn fast nicht erkannt. Das Grinsen, das er zehn Jahre lang gekannt hatte, war aus Theons Gesicht verschwunden; seine Augen wirkten seltsam stumpf, aber vielleicht kam Robb das auch bloß so vor. Er umklammerte seinen Bogen so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten, wie den sprichwörtlichen Strohhalm, in seinem Gesicht lagen tiefe Schatten und seine Hände waren mit silbrig-weißem Narbengeflecht überzogen, doch er erwiderte Robbs Blick überraschend fest.

Catelyn richtete sich auf, das Messer noch in der Hand.

„Du hast mehr Nerven als ich dir zugetraut hätte, Greyjoy“, sagte Robb leise.

In seinem Kopf strömte alles und nichts durcheinander – er hat Bran und Rickon umgebracht, er hat Winterfell eingenommen, warum ist er hier – und vielleicht zum ersten Mal in den letzten zwei Jahren hatte er nicht den leisesten Schimmer, was er tun sollte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2014-05-09T08:52:21+00:00 09.05.2014 10:52
Hey,

ich muss sagen, ich liebe diese Geschichte, allein deswegen weil du einige Charaktere überleben lässt und ihnen dafür eine andere spannende Geschichte gibst. Das Theon jetzt wieder auf Robb stößt, freut mich ungemein, ich habe mich die ganze Zeit im Buch gefragt, wie das wohl aussehen würde, immerhin hat Theon seinen besten Freund verraten.
Wobei ich erst dachte, dass es Arya wäre, die ihnen gefolgt ist - das wäre auch cool gewesen, so richtig schön badass, vor allem hätte ich dann das Verhalten des Hundes verstanden, das ist mir in diesem Kapitel ein wenig unklar.
Auf jeden Fall eine spannende Geschichte und ich freue mich darauf sie weiterzulesen. :)

Alles Liebe,
Mita
Antwort von:  BluejayPrime
09.05.2014 12:07
Heyho, freut mich dass es dir gefällt! :D
Keine Sorge, Sandors Verhalten wird noch ein bisschen näher beleuchtet, Robb und Cat sind ja genauso verwirrt (das ist das Problem, wenn man nur eine POV hat; daran musste ich mich schreibtechnisch auch erst gewöhnen). ^^ Die sind ja davon ausgegangen, er würde sie tatsächlich nach King's Landing bringen wollen.
Das nächste Kapitel ist auch schon in der Freischalte êe


Zurück