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A Song of Ice and Fire: A Smile of Shadows

von

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Joylin


 

“Parents can only give good advice or put them on the right paths, but the final forming of a person's character lies in their own hands.”

(Anne Frank)

 

~*~

 

JOYLIN 

Er war in Casterlystein aufgewachsen und hatte die Stadt nicht besonders oft verlassen, bis sein Vater gestorben war; danach hatte er zugegebenermaßen nicht allzu viel Gelegenheit gehabt, das kleine Anwesen seiner Familie zu verlassen – mit einer verwitweten Mutter und drei kleinen Schwestern mit jeweils knapp vier Jahren Abstand hatte er alle Hände voll zu tun gehabt – und dementsprechend war er noch nie zuvor in Königsmund gewesen. Es dauerte daher eine Weile, bis er den Weg zum Turm der Hand gefunden hatte, nicht zuletzt, weil ihm immer noch Ser Jaimes eigenartige Reaktion im Kopf herumspukte.

Das letzte Mal, dass er mit den Söhnen von Tywin Lannister zu tun gehabt hatte, war kurz nach dem Tod seines Vaters gewesen, vor vielleicht fünf Jahren. Er war dreizehn gewesen und damit noch nicht volljährig, doch sein Vater hatte ebenfalls keine lebenden Brüder mehr gehabt und seine Mutter hatte sich an Ser Jaime gewandt, den sie – soweit Joylin das wusste – schon vor Jahren zufällig kennen gelernt hatte; dessen Bruder wiederum hatte vorgeschlagen, doch einfach seine Mutter – ob erbberechtigt oder nicht – zu seinem Vormund zu machen wie das schließlich in den größeren Häusern schon seit längerem Gang und Gebe war, wenn es keinen männlichen volljährigen Erben gab, und Ser Jaime war zu ihnen gekommen, um die Sache unter Dach und Fach zu bringen, ungeachtet der Tatsache, dass seine Verpflichtungen durch die Königsgarde ihn eigentlich an Königsmund banden…

„Was macht er hier?“

Joylin erstarrte, die Hand noch am Türklopfer von Lord Tywins Arbeitszimmer. Die Wachen links und rechts – gewandet in das Weiß der Königsgarde – taten so, als sei er gar nicht da. Langsam ließ er den Türklopfer los und machte einen Schritt zurück.

Was macht der Bengel in Königsmund?!“ Ser Jaimes Stimme war ein gepresstes Zischen voller unterdrückter Wut. „Er hat gesagt, du hast ihn herbestellt, du konntest mich nicht zufällig zumindest vorwarnen?“

„Ich bin dir wohl keine Rechenschaft über meine Entscheidungen schuldig.“

Lord Tywin klang wesentlich gelassener als sein Ältester, im Geiste konnte Joylin die kühlen, grünen Augen des älteren Mannes vor sich sehen, immer wachsam. Der Herr von Casterlystein hatte sich um den größten Teil seiner Ausbildung gekümmert, seit er ein kleines Kind gewesen war, hatte ihm persönlich lesen und schreiben beigebracht, als sich gezeigt hatte, dass er damit Schwierigkeiten gehabt hatte, hatte ihn die Namen und Wappen der Häuser von Westeros lernen lassen und ihre Allianzen und Ränkespiele, hatte ihm schließlich Pferd und Rüstung und seinen Ritterschlag bezahlt; Joylin fuhr sich ein wenig nervös mit der Zungenspitze über die Lippen und fragte sich innerlich, was er Ser Jaime wohl getan haben mochte, und was er verpasst hatte.

„Im übrigen“, fuhr Lord Tywin fort, „darf ich dich daran erinnern, dass du mir keine Wahl gelassen hast.“

„Keine Wahl-“ Ser Jaime brach ab, und als er weitersprach klang seine Stimme seltsam belegt. „Du meinst das ernst?“

Lord Tywin antwortete nicht, eine Feder kratzte leise auf Pergament, und abgesehen davon hätte man sowohl in Lord Tywins Arbeitszimmer als auch draußen auf dem Gang eine Stecknadel fallen hören können.

„Was glaubst du wohl“, sagte Tywin schließlich leise, aber mit einer Stimme kalt wie Eis, „warum ich ihn sonst herbestellen würde?“

Durch den schmalen Spalt, den die Tür offen stand, konnte Joylin sehen, wie Ser Jaime seinen Vater mit einer Mischung aus den letzten Resten Respekt vor seinem Vater und mühsam gezügelter Wut musterte, die Finger seiner verbliebenen Hand fest um den Griff seines Schwertes an seiner linken Seite geschlossen, als erwäge er, den Herrn von Casterlystein an Ort und Stelle niederzustrecken.

„Und wenn mir zufällig irgendwas rausrutscht?“, sagte er dann heiser, „So – beim nächsten Abendessen?“

„Nur zu“, antwortete Lord Tywin, ohne aufzusehen, „Seine Gnaden wird sicher erfreut sein, das zu hören, von deiner Schwester ganz zu schweigen. Wir könnten deinen Kopf und den des Jungen auf nebeneinanderliegende Spieße stecken, wenn dir das recht ist?“

Jaime öffnete den Mund und schloss ihn wieder, das Gesicht fast so weiß während sein Umhang; Joylin spürte, wie ihm das Herz bis zum Hals klopfte.

Er machte einen Schritt zurück und stieß mit dem Rücken gegen die Wand, als Ser Jaime sich auf dem Absatz umwandte und das Zimmer verließ; ihre Blicke trafen sich im Vorbeigehen und Joylin konnte spüren, wie ihm das Blut in die Wangen schoss, als ihm klar wurde, dass es wohl nicht gerade von guten Manieren zeugte, anderer Leute Gespräche zu lauschen. Vielleicht zitterten ihm auch kaum merklich die Knie, als er an die Tür klopfte und Lord Tywin ihn hereinrief.

Das Gesicht des älteren Mannes war nach wie vor angespannt, sein Blick huschte nur flüchtig hoch zu Joylin. Einen Augenblick lang schien es fast, als hätte er dessen Anwesenheit vergessen, unterschrieb mit völliger Ruhe weiter die Urkunden vor sich auf dem Tisch – von seiner Position aus erkannte Joylin Ernennungen für die Königsgarde; anscheinend mussten ein oder zwei Schwerter neu besetzt werden – sodass Joylin letzten Endes fast überrascht war, als er ihn ansprach.

„Du hast dir Zeit gelassen.“

Joylin öffnete den Mund und schloss ihn wieder, konnte sich der Schuldgefühle nicht erwehren, die in ihm aufstiegen.

„Verzeihung, milord, ich hatte eigentlich – ich meine, ich wollte nicht…“

Lord Tywin machte eine knappe Handbewegung; rasch schloss er den Mund wieder.

„Wie war deine Reise?“

„Gut“, antwortete er ein wenig verdutzt, „Ich meine – das halbe Land ist im Krieg, aber vergleichsweise – gefahrlos.“

Lord Tywin drehte die Feder zwischen den Fingern und sein Blick schien Joylin von Kopf bis Fuß zu durchleuchten.

„Ich habe gehört, du hast dir bereits einen Eindruck von Seinen Gnaden verschafft.“

Etwas prickelte unheilvoll in Joylins Nacken; war er in Schwierigkeiten?

„Ehm… ich hab nur – Seine Gnaden hat mit Ser Loras im Hof trainiert und…“

„Du wirst dich von Joffrey fernhalten.“

Der nächste Themenwechsel erwischte Joylin erneut auf dem falschen Fuß; irritiert sah er Lord Tywin an, während in seinem Hinterkopf seine Worte zu Ser Jaime nachhalten. „Wenn Ihr das sagt?“, antwortete er fragend.

In Tywins Gesicht regte sich kein Muskel. „Du wirst dich von Joffrey fernhalten, so weit es geht, und du wirst jede Anweisung, die er dir gibt, zuerst mit mir absprechen, hast du verstanden?“

„Selbstverständlich“, antwortete Joylin und kam sich dabei vor wie ein Schuljunge, der irgendeinem besonders schwierigen Test unterzogen wurde, ohne dass man ihn vorher darüber unterrichtet hatte.

„Heute Abend“, fuhr Tywin fort und musterte ihn über die Feder in seiner Hand hinweg, „wirst du allerdings mit mir und unserem König essen, du wirst nur reden, wenn du gefragt wirst, du wirst höflich und zuvorkommend sein, egal was er oder meine Tochter dir zu sagen haben, und ihm in allem zustimmen, hast du verstanden?“

Joylin runzelte kaum merklich die Stirn. „Milord“, sagte er zögerlich – aber Lord Tywin hatte ihn ja schon früher gelegentlich auf die Probe gestellt – „versteht mich nicht falsch, aber als ich zum Ritter geschlagen wurde, habe ich geschworen, die Wahrheit-“

„Du wirst ihm in allem zustimmen“, wiederholte Lord Tywin in einem Tonfall, der keinen Widerspruch zuließ, „und wenn er sich darüber auslässt, welchen Spaß es macht, Waisenkinder mit seiner Armbrust zu jagen, hast du verstanden?“

Joylin öffnete den Mund und schloss ihn wieder angesichts von Lord Tywins Miene.

„Und du wirst weder dieses Gespräch noch mein Gespräch mit Ser Jaime gegenüber irgendjemandem erwähnen“, fügte Tywin beiläufig an und wandte sich dann wieder seinen Urkunden zu.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2014-05-28T21:49:42+00:00 28.05.2014 23:49
Hey,

dieses Kapitel verwirrt mich. Was ist Jamies Problem und weiß Tywin von Cersei und Jamie? Weil das klingt so an und wenn er es weiß, warum tut er dann nichts dagegen? Wieso hat Joylinn keinen blassen Schimmer, warum Jamie und nicht mag und warum ist er in Königsmund? Was ist seine Rolle? Fragen über Fragen...
Ich mag das Ende, weil es Tywins Überlegenheit so schön zeigt, wobei ich mich frage, warum er ihn überhaupt hat lauschen lassen. Ansonsten ein Kapitel, das viele Fragen hinterlässt... Und obwohl es aus Joylins Perspektive ist, kann ich ihn immer noch nicht fassen, aber das wird wohl noch kommen.:)

Alles Liebe,
Mita
Antwort von:  BluejayPrime
28.05.2014 23:52
Keine Sorge, die Fragen sind beabsichtigt und die Verwirrung auch ;D
Was Tywin betrifft, da bin ich mir eigentlich zu 99,9 % sicher, dass er von der ganzen Sache weiß - ich kann mir schwer vorstellen, dass sowas ja immerhin jahrelang unter seinem Dach stattfindet, aber er nichts davon mitbekommen soll :3 Alles andere wird sich hoffentlich im Laufe der Story aufklären, keine Sorge ;D

LG
Jay


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