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Alaska

von

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Lass mir dir einen Rat geben

„Gut, die Kette haben wir jetzt.“ Janes Vater hämmerte die Verankerung der Kette ein letztes Mal in die Wand des Hauses.

Kaskae saß in gebührendem Abstand, nämlich so weit wie nur irgend möglich, von ihm entfernt, dicht an den Zaun gepresst und beobachtete jede Bewegung, die Janes Vater machte, genauestens.

„Sehr schön“ Er stand auf und klopfte such den Schnee von der Hose „Kaskae, komm.“

Sie blieb sitzen.

„Kaskae!“, rief er nochmals, doch noch immer blieb sie genau da wo sie war.

„Jetzt reicht’s mir aber! Bei meiner Tochter kommst du doch auch immer“ Mit großen Schritten lief er auf die Hündin zu und packte sie eher unsanft und merklich genervt am Halsband um sie mit sich zum anderen Ende der Kette zu zerren.

Natürlich wollte sie nicht und natürlich wollte sie einen Moment lang flüchten und natürlich hätte sie in dem Moment wo sie zur kette gezerrt wurde lieber geknurrt, doch sie beherrschte sich.

Noch.

„Nun komm schon her, dir wird das nichts ausmachen…“ Janes Vater griff nach der Kette und riss sie so schnell hoch, dass die einzelnen Kettenglieder aneinander kamen und ein rasselndes Geräusch ergaben, eben dieses typische Geräusch was entsteht, wenn eine Kette rasselt.

Und sie war so unglaublich nah an ihrem Gesicht. Im selben Augenblick spürte Kaskae auch wieder die Lücke in ihrer rechten, unteren Zahnreihe und augenblicklich, ob sie das nun wollte oder nicht, schoss alles hoch, all die Schmerzen, die Demütigung, diese Genugtuung in den Augen der Männer, wenn sie immer mehr ein Stück von Kaskaes Willen brechen konnten, all ihre Fehlversuche irgendwie weg zu kommen. Sie war sich sicher, ein Jahr mehr hätte sie dort nicht überlebt.

Und nun kam es schon wieder hoch.

Sie hasste Ketten. Und das zeigte sie auch, sie knurrte und fletschte die Zähne, denn jetzt war sie ein großer Hund, kein dummer Junghund mehr.

Und für die nächsten Augenblicke war sie nicht die Kaskae, die Janes Vater seiner Tochter damals gekauft hatte, für einige Augenblicke war sie ein unglaublich wütender, frustrierter und misshandelter Hund, der der sie damals war, der der sich nun endlich wehren konnte.

Für ein paar Augenblicke war sie der verstörte Hund, der sie nie seien wollte, sie war ein unberechenbares Monster, welches seine aufkommende Ängste und seine gesamte Panik, die Erinnerung an damals, damit vertreiben wollte, indem sie zurückschlug.

Und das tat sie.

In dieser Ektase aus purer Wut und Hass tat sie etwas, von dem sie nie, wirklich niemals, gedacht hätte es zu tun.

Sie biss zu.

Und nach diesem Biss war es auch schon vorbei mit ihrer Unberechenbarkeit, nach dieser Entladung an Frustration und dem plötzlichen Schrei, war sie wieder der beherrschte und erzogene Hund, der sie sonst immer war.

Und sie verstand ihren Fehler nicht. Ja, sie schmeckte ein wenig Blut in ihrem Maul, doch als sie nach einigen Sekunden erst realisierte wessen Blut es war, glaubte ihr das Herz stehen zu bleiben.

Sie hatte Janes Vater gebissen!

Nein, bitte, das durfte doch nicht wahr sein, sie… Hatte sie?

Über sich selbst erschrocken starrte Kaskae zu Janes Vater, der seine Hand unter schmerzverzerrtem Gesicht gegen seinen Mantel presste und lauter Dinge brüllte, von denen Kaskae wusste, dass sie was ganz böses waren.

Und was sollte sie jetzt tun?

Würde er sie schlagen? Er hatte sie bisher noch keines Blickes gewürdigt, aber was wenn seine Schmerzen abklingen würden? Kaskae wusste doch was für lahme Reflexe Menschen hatten, was wenn…

Sie bekam Angst und stand einfach nur mit eingezogenem Schwanz da, doch als Janes Vater nun immer noch nicht wütend auf sie einschlug, machte sie einen Vorsichtigen Schritt vor, wollte ihm sofort das Blut von der Hand lecken, ihm klar machen dass ihr das Leid tat, dass sie Reue verspürte, doch er wich ihr augenblicklich aus.

Kaskae glaubte einen Stich in ihrem Herzen zu spüren, denn der Gedanke dass er Angst vor ihr hatte, oder noch schlimmer, sie hasste, tat unglaublich weh.

Sie schluckte trocken und schritt nochmals auf Janes Vater zu, ihr gesamter Körper zeigte Unterwerfung, doch er schien das einfach nicht zu verstehen. Aber in so was waren Menschen sowieso schlecht.

Jedoch kam nun Janes Mutter, dicht gefolgt von Miss Morris, aus dem Haus gestürzt. Geschockt sahen die beiden Frauen auf Janes Vater, welcher noch immer unter Schmerzen die wildesten Dinge rief.

„Oh Gott“ Panisch rannte Janes Mutter auf ihn zu, die Haare offen, ungeschminkt, ganz anders als Kaskae sie sonst kannte „Richard, was ist geschehen?!“, wollte sie wissen und nahm sofort seine Hand in ihre.

„Der Hund hat mich gebissen.“ Das war das erste, nicht völlig obszöne, das Janes Vater nun zustande bekam.

„WAS“ Miss Morris wich sofort von Kaskae, die sich in ihrer Verzweiflung hilfesuchend an sie gepresst hatte, weg „Sie war das?!“ Dass die Frau Fassungslos war, war noch untertrieben, sie war regelrecht verängstigt!

Und Kaskae wäre ihr, ihnen allen, in diesem Moment am allerliebsten um den Hals gefallen, hätte ihnen gesagt dass es ihr so unglaublich leid tat, aber sie durfte ja nicht… Wenn sie das wagen würde, würde man das doch nur als weiteren Angriffsversuch einordnen und dann würde man sie erschießen. Alle Hunde die Aggressionen zeigen werden doch erschossen… Zumindest hatte Kaskae das mal gehört.

„Kaskae, na warte“ Selten hatte die Hündin Janes Mutter derart wütend erlebt „Du kommst jetzt in den Schuppen und da bleibst du so lange bis Jane zu Hause ist! Und Futter gibt es auch keines“ Immer schneller und unsanfter wurde Jane in die Garage, beziehungsweise den Schuppen gezerrt und als sie in dem dunklen Raum angekommen war und voller Reue zurück sah, war alles was sie von Janes Mutter erntete, waren die nicht gerade aufmunternden Worte: „Seit du hier bist machst du nichts als Ärger, wir hätten Jane tatsächlich einfach einen kleinen Spitz kaufen sollen, als sie einen Hund wollte, der würde sogar noch süß aussehen wenn er sich aufregt!“

Und dann wurde die Tür zugeknallt und Kaskae verblieb allein in dem stockdusteren Schuppen.
 

Als Jane an diesem Abend wieder zu Hause ankam, war von Kaskae keine Spur. Erst als sie die Türe öffnete, stand heute ausnahmsweise nicht nur Miss Morris da, sondern auch ihr Vater saß, am Ende des Flurs, im Wohnzimmer, in seinem Lieblingssessel vor dem Kamin und sah mit seinem gefährlich-nachdenklichen Blick in die Flammen. Doch als er das Geräusch der Haustür hörte, wand auch er sich dem ab.

„Jane… wie schon, du bist daheim.“, begrüßte er sie.

Jane war merklich verwirrt über die Tatsache dass ihr Vater vor acht Uhr abends da war, doch es war ihr recht, ihre Eltern waren doch sowieso kaum daheim.

Nun kam auch Miss Morris aus dem Nebenraum und setzte sich auf das Sofa.

„Guten Abend… Ähm, wo ist Mum?“

„Sie ist die Lebendfallen abklappern, ob wir irgendein Tier gefangen haben.“, erklärte ihr Vater ihr.

Jane, die noch immer merklich unsicher war, verweilte im Flur.

„Warum begleitest du sie nicht?“

Ihr Vater hob seine rechte Hand, um die ein dicker Verband gewickelt war, was sofort Sorge in Jane ausrief.

„Oh nein! Daddy, was ist denn da passiert?“, rief sie aus und rannte besorgt auf ihn zu, jedoch nur, um von ihm auf das Sofa neben Miss Morris gebeten zu werden.

„Jane, ich will dass du gewarnt bist. Was ich dir jetzt sage, das tue ich nicht um dich zu ärgern oder dir Angst zu machen, aber ich will dass du das willst, denn sollte sich das wiederholen, vor allem bei dir, dann sehe ich rot. Dann müssen wir uns was ausdenken, klar?“

Jane, die gerade ihre Schulsachen auf den Sofatisch gelegt hatte, spürte wie sie innerlich immer mehr unter den Worten ihres Vaters zusammenschrumpf, denn was er da erzählte machte ihr irgendwie Angst. Es beunruhigte sie was er da redete und um was auch immer es sich handelte, es schien wirklich extrem ernst zu sein, sonst würde er nicht versuchen es ihr so einzutrichtern.

„W-was war denn?“, fragte sie, nicht ohne einen Hauch Angst in der Stimme.

„Kaskae hat mich heute gebissen, als ich ihr die Kette ans Halsband schnallen wollte. Gebissen Jane, nicht gezwickt. Ich habe eine Fleischwunde, musste auf beiden Seiten meiner Hand genäht werden und kann froh sein wenn nichts gebrochen ist.“

Fassungslosigkeit spiegelte sich in Janes Gesicht wieder, gefolgt von Ungläubigkeit und der Drang ihrem Vater zu widersprechen kam in ihr auf, doch sofort wurde sie von Miss Morris gestoppt.

„Jane, ich konnte es auch nicht glauben, aber es stimmt. Sie hatte noch Blut ums Maul und der Gebissabdruck stimmt auch, zumindest was den fehlenden Backenzahn angeht.“, erklärte sie.

„Aber, aber…“ Hilflos sah Jane zwischen ihrem Vater und Miss Morris umher „Aber das… wieso, ich… Dad, sie würde das doch niemals tun, sie… Du musst sie provoziert haben, vielleicht…“ Jane wusste sich einfach nicht zu helfen und hätte am allerliebsten losgeheult.

„Nein Kleines. Ich wollte ihr die Kette anlegen, nichts sonst. Ich hab sie weder angesehen, noch bin ich ihr auf eine Pfote getreten, sie hat einfach kurz die Zähne gefletscht und im nächsten Atemzug hatte sie meine Hand im Maul.“, erklärte ihr Vater in aller Ruhe.

Jane glaubte ihrem Vater ja, aber was sie nun überkam war Panik.

„Wo ist sie?!“, fragte sie und jetzt war es ihr egal ob sie weinte oder nicht.

Warum weinte sie denn plötzlich so heftig?

„Im Schuppen.“, antwortete ihr Vater.

„Danke, ich… ich… also…“ Jane war zu sehr durch den Wind als dass sie was Intelligentes hätte sagen können.

„Ich möchte dass du  sie heute an di eKette legst, vielleicht reagiert sie bei dir besser“, meinte Janes Vater „Und Jane… Bitte. Ich will einfach dass du weißt dass du jetzt was tun musst bevor es zu spät wird. Seit sie hier ist, macht sie verdammt viel Ärger. Und wenn sie dich je beißt, dann hoffe ich dass du weißt wo dieser Hund landen wird.“

Verzweiflung stieg in Jane auf, doch nun mischte sie sich mit Wut.

„Sie beißt mich nicht! Du hast sie bestimmt provoziert! Sie kommt nicht ins Tierheim, sie ist mein Hund, du hättest auch einfach warten können bis ich da bin, dann hätte sie dich gar nicht erst gebissen!“, schrie sie außer sich und riss im Vorbeigehen die Hundeleine von der Garderobe. Ihren Mantel trug sie schon, also sparte das schon mal Zeit.

Jane stürzte heulend aus dem Haus und rannte ohne Umwege in den Schuppen, welchen sie mit so viel Schwung aufriss, dass sie glaubte den Griff aus der Tür zu reisen.

„Hey, Kaskae, Süße, komm mal her, komm her meine Kleine!“

Jane ging in die Knie und als sie diesen gut gelaunten, völlig überglücklichen Malamute in die Arme nahm und an sich drückte, war es als ob eine gewisse Last von ihr fiele.

Kaskae schien so froh darüber sie zu sehen, sie hatte sie selten so aufgeregt gesehen. Sie sprang sogar so sehr an ihr hoch, dass sie damit endete, dass sie die Pfoten um Janes Hals schlang, so als ob sie sie tatsächlich umarmen würde.

„Ja, ich hab dich doch auch vermisst, hm?“

Als Kaskae Jane über das Gesicht leckte, erhob diese sich jedoch und sah, noch immer verheult, zu ihr herab.

„Was tust du denn? Warum hast du denn Daddy gebissen? Weißt du wie viel Angst mir das macht? Kleines, du kommst vielleicht weg, zu anderen Leuten, wenn du das wiederholst.“

„WAS?!“

Kaskae fühlte sich bei diesen Worten wie vor den Kopf gestoßen.

SIE sollte WEG?! Wegen einem Fehler?! Hieß das etwa…

Sie schluckte.

Sie durfte nie wieder ausrasten… Aber sie würde das nicht schaffen.

Sie kannte doch ihre Panikattacken, die sie bei gewissen Gegenständen bekam, sie, sie… Kaskae würde das einfach nicht schaffen. Nie. Es war da, die Panik war da und wenn sie da war, kontrollierten die niedersten Instinkte sie.

Aber jetzt war noch alles gut.

Jetzt war Jane da, an die Kaskae sich grade wie eine Katze rieb und einfach nur froh war dass sie da war.

„Na komm, wir gehen jetzt spazieren, ja? Und wenn der Metzger noch offen hat, kauf ich dir was leckeres, versprochen.“

Ah, DAS klang doch schon viel besser.

Ja, das klang nach der Jane, die Kaskae über alles liebte.
 

Während Jane leise ein Lied, welches grade oft im Radio zu hören war, vor sich her summte, war Kaskae mit ihren Gedanken immer noch bei dem Vorfall heute Morgen und bekam es immer mehr mit der Angst vor den Konsequenzen zu tun.

Warum verstand sie denn nur niemand?

Manchmal wünschte sie sich einfach all ihre ausgeprägten Reflexe und Sinne, ihren Schwanz, ihr Fell, ihr gesamtes Ich, gegen einen Menschenkörper austauschen zu können. Einfach um ihnen zu sagen woher ihre Ängste kamen, warum sie gerade jetzt wieder aufkamen, warum sie wegrannte. Anders würden die es doch nie verstehen, Menschen waren einfach zu sehr auf ihre Fähigkeit Sprachen zu haben besessen. Hunde hatten es da leichter, die sprachen alle das gleiche.

Kaskae seufzte und sah zu Jane hoch. Sie hatte die Schlaufe der Leine um ihr Handgelenk gewickelt und ihre Hände in ihre Manteltaschen gesteckt.

Kaskae seufzte und sah wieder weg, doch plötzlich erregte ein Geruch ihre Aufmerksamkeit, der es wert war, inne zu halten. Irgendwas war da… Und Kaskae musste es nur finden…

„Hey… Komm.“ Jane zog an der Leine, doch als sie das konstante Starren ihrer Hündin bemerkte, wurde sie irgendwie besorgt.

Jane sah angestrengt in die Dunkelheit, in die Richtung in die ihre Hündin sah und was sie dort dann, nach einigen Augenblicken entdeckte, ließ ihr das Herz in die Hose rutschen. Hatte sie heute nicht schon genug gelitten?

„Oh Gott, Eisbären… Nun komm schon, Kaskae, komm jetzt, bei Fuß!“ Merklich unsanfter zerrte sie nun an ihrer Hündin herum und schaffte es nun tatsächlich mit ihr den Weg nach Nome fortzusetzen.

Die Eisbären schienen noch jung zu sein und wahrscheinlich spielten sie auch tatsächlich nur, doch mit Wildtieren war einfach nicht zu spaßen, egal wie groß sie waren.

Im Laufschritt erreichten die beiden Nome, dessen Lichter darauf hinwiesen dass einige Läden noch offen hatten.

Sobald Jane den Ortseingang erreichte entspannte sie sich merklich und lief ganz direkt auf den Metzger zu.

„So, du wartest hier, ich kauf dir was Leckeres…“

Kaskae verdrehte die Augen, als Jane den Laden betrat. „Warum erzählt sie mir so was? Bin ich echt so dämlich?“

Warum machte sie schon wieder Witze? Ging’s Kaskae noch gut? Verdammt nochmal, sie hatte sich heute in eine echt beschissene Situation gebracht!

Niedergeschlagen legte sie sich hin und begann, weshalb auch immer, ihre Pfote in den Schnee zu drücken, den Abdruck anzusehen, zu seufzen und dann wieder und wieder einen Abdruck ihrer Pfote zu machen, weshalb auch immer.

Doch als sie plötzlich Schritte hörte, drehte sie den Kopf, denn sie hätte nicht gedacht dass um diese Zeit noch jemand der halbwegs normal im Kopf war, Jane gehörte also nicht dazu, noch raus gehen würde, denn… Na ja, es war kalt.

„Jenna?“, begrüßte sie die Hündin, die neben Rosie und ihrem Vater herlief. Ohne Leine. Die Glückliche.

„Hey, Kaskae! Wie geht’s dir denn mit deiner neuen Kette?“, fragte sie sofort, mit dieser aufrichtigen Besorgnis, so das Kaskae es ihr nicht mal übel nahm.

„Oh… setz dich, da kann ich dir heute was dazu erzählen…“

Und während die Hündinnen sich draußen unterhielten, machte Jane im Geschäft eine folgenschwere Entscheidung.
 

„Danke, behalt den Rest.“ Der Mann vor ihr bezahlte gerade, als Rosie und ihr Vater hereinspaziert kamen.

„Oh, hallo Jane!“, begrüßte Rosie sie.

„Hey Rosie“ Jane lächelte sie an „Hast du Jenna auch dabei.“

Das kleine Mädchen kicherte und verdrehte die Augen. „Ja, aber natürlich draußen, Dummerchen.“

„Rosie! Entschuldige dich sofort!“, verlangte ihr Vater streng.

„Ach nein, ist schon in Ordnung, ich hab schon schlimmeres gehört… Ich glaub sogar Kaskae musste sich in ihrem Leben weniger anhören als ich.“, meinte sie spaßend, spürte jedoch wie sich innerlich gerade etwas bei ihr verkrampfte.

„Ein Karibufilet bitte.“, gab sie ihre Bestellung nun auf.

„Oh, das hier ist ganz frisch, der Jäger hat sie mir heute Mittag geliefert. Welchen Anlass gibt es denn?“

„Haha, nein, das ist für meinen Hund, sie hatte heute einen schweren Tag, das hier ist so was wie ihr persönliches Antidepressivum.“, erklärte Jane spaßend, obwohl sie auch alles für einen Schokoriegel getan hätte.

Doch ihre letzten Worte hatten die Aufmerksamkeit des vorherigen Kunden, der gerade die Tür raus gehen wollte, geweckt.

„Warte, der Hund da draußen gehört dir?“

Nun mischte sich auch Rosies Vater ein. „Ja, sie sind doch vor einem Monat etwa zugezogen.“

„Ach ja, ich hab die Hündin hier manchmal durch die Gegen stromern sehen, sehr schönes Tier.“

Jane wusste nicht ob sie weinen oder lachen sollte.

Wie OFT war Kaskae denn bitte ausgebüxt?!

„Äh… wirklich?“ Sie schluckte beschämt.

„Ja, sie hat mir und meinem Steele einmal sogar einen Privatbesuch abgestattet“ Nun wand er sich an Rosies Vater „Du hast den Hund doch sogar damals persönlich wieder zurück gebracht, weißt du noch, als wir renoviert haben? Ist nicht lang her!“

Rosies Vater lachte auf. „Oh ja, das war was“ Er meinte dann an Jane gewandt „Eurer Haushälterin war das ja alles schrecklich peinlich, das fand ich doch ein wenig übertrieben.“

Jane wäre am liebsten vor Scham und Demütigung gestorben. Es wurden hier Dinge aufgerissen, über die sie nie mehr reden wollte. Aber gut, sie brauchte eine Antwort.

„Na ja, eigentlich darf sie das gar nicht, dieses Abhauen ist nicht grade gut für sie… Na ja, wenn der Zaun sie nicht aufhalten kann, die Kette wird es können.“, meinte sie, als sie ihr Filet bezahlte.

Die beiden Männer sahen sie an als ob sie gerade einen schlechten Witz gemacht hätte, Rosie interessierte das alles grade relativ wenig.

„Mädchen, lass mir dir einen Rat geben“, meinte Steeles Besitzer „Dein Hund braucht nur Beschäftigung. Eine Kette wird ihr Verhalten nur unterdrücken, zu Tode langweilen wird sie sich trotzdem.“

Hilflos sah Jane zu ihm und spielte mit ihrer Tüte herum.

„Und was soll ich denn tun? Ich kann mich leider nicht den ganzen Tag um sie kümmern, auch wenn ich es wöllte, Schule geht vor.“, erklärte sie leicht verzweifelt.

„Warum bringst du ihr nicht einfach Schlittenfahren bei?“, rief Rosie nun völlig begeistert aus. Selbst ein fünfjähriger Naseweis schien jetzt bessere Anweisungen für Jane und ihren Hund zu haben, als Jane selbst.

„Oh danke Rosie, aber Kaskae ist nicht so der Schlittentyp…“, erklärte Jane ihr.

„Nicht der Typ?“ Steeles Besitzer und Rosies Vater, ja, selbst der Metzger, lachten amüsiert, als Jane das gesagt hatte.

„Nun ja, ich kenn mich ja ein wenig mit der Rasse aus, ich habe einen recht erfolgreichen und ich kann nur widersprechen, diese Hunde schreien nur so danach, etwas zu ziehen. Weißt du, du hast einen sehr starken, ausdauernden Hund, der etwas tun muss. Wenn du nur eine Stunde am Tag mit ihr Schlittenfahren gehen würdest, wäre sie abends so kaputt, die rennt nirgendswo mehr hin. Spazieren gehen allein reicht nämlich nicht.“

„Ja, ein Freund von mir hat eine Tochter, die hat einen Afghanen, seit dem der sich frei durch den Ort bewegen darf und genug Bewegung hat, macht der zu Hause auch keine Tischbeine mehr kaputt.“, erzählte der Metzger nun auch.

„Äh…“ Jane wusste langsam nicht mehr was sie tun sollte, sie fühlte sich als würde sie hier untergehen.

Sie bekam Ratschläge von einem Metzger, zwei Herren, die sie vielleicht drei Mal im Leben flüchtig auf der Straße gesehen hatte und einer Fünfjährigen, die wohl mehr über Hunde wusste als Jane selbst.

Wenn es denn nun einen Gott gab, ganz sicher, er hasste sie.

„Äh… Hören sie, ich denke darüber nach, irgendwas werd ich ja tun müssen, nicht?“, fragte Jane hilflos und wollte nur noch aus der Situation raus kommen.
 

„Du hast ihn also einfach so gebissen?!“ Jenna war, ohne Frage, entsetzt über Kaskaes Tat.

„Glaub mir, ich weiß nicht was da in mir vorging, es war absolut erschreckend…“, gestand Kaskae kleinlaut.

„Das darfst du aber auf keinen Fall noch mal tun, die Konsequenzen sind unüberschaubar. Denk dran, du bist immer noch nur ein Hund, ein Mensch könnte alles mit dir tun, wenn’s drum geht.“, warnte Jenna.

„Ja, ich weiß, ich geb auch mein bestes nicht-“

Doch weiter kam Kaskae nicht, da Jane aus der Metzgerei kam und eilig ihren Hund abband.

„So, wir müssen jetzt ganz schnell nach Hause, ich wurde soeben von allen Seiten gequatscht… Oh, hi Jenna.“

Jane tätschelte dem roten Husky kurz den Kopf, dann machte sie sich wieder auf den Heimweg.

Und sie dachte nach. Viel.

Denn irgendwie  war es wahr, auch wenn die Männer ihr gesagtes fast schon humorös herübergebracht hatten, sie hatten Recht.

Sie immer wieder an Kaskae herunter, einfach nur so.

Jane mochte vorhin vielleicht abweisend gewirkt haben, doch sie dachte wirklich über den Vorschlag nach, ob sie wollte oder nicht.

Er steckte einfach schon zu tief in ihren Gedanken.

Kaskae selbst schien jedoch von den tiefen Gedankengängen ihres Frauchens nichts mitzubekommen, sie freute sich einfach auf ihr Filet... Zumindest im Moment.



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