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[Barkeeper-Reihe 03] Barkeeper in Not

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Kapitel 07 - Fließender Strom

Kapitel 07 - Fließender Strom
 

~Anton~

"Kannst du so liegen?"

"Ja."

"Ist es auch bequem?"

"Furchtbar bequem." Ich fange an zu schmunzeln. Marcells Fürsorge erheitert mich. Im Krankenhaus ist er keine Sekunde von meiner Seite gewichen, hat alles ganz genau beobachtet und sich jedes Wort eingeprägt, das der Arzt zu uns gesagt hat. Mein Knöchel ist geprellt. Nicht arg schlimm, aber ich habe einen verflucht engen Verband drum gewickelt bekommen, den ich aber in drei Stunden wieder abmachen soll. Vor allem aber soll ich den geprellten Knöchel kühlen. Marcell hat dafür extra Kühlpacks aus seinem Eisschrank geholt, die er mir nun um den Fuß herumdrapiert. Sehr hübsch! Und farblich passen sie perfekt zu meinem blauen Verband. Außerdem habe ich eine Salbe und ein Schmerzmittel bekommen. "Sag mal Marcell, kannst du Auto fahren?"

"Ja."

"Super! Dann kannst du mich nachher in den Club fahren!"

Marcell guckt mich an, als hätte ich sie nicht mehr alle. "Du willst Arbeiten?!", fragt er mich entsetzt. "Der Arzt hat gesagt, dass du zwei Tage erstmal gar nichts machen sollst!"

Ich verdrehe die Augen. "Im Club sitze ich doch eh nur auf meinem Bürostuhl."

"Du sollst deinen Fuß still und hoch halten."

"Ich stell einen Stuhl hin und lege ihn da drauf", sage ich achselzuckend.

"Zwei Tage! Danach reden wir über das Thema Arbeit vielleicht mal weiter." Marcells Tonfall duldet keinen Widerspruch. Kann der streng sein! Doch so schnell gebe ich nicht auf.

"Ich kann den Club nicht allein lassen. Das ist unmöglich!"

Marcell, der sich nun neben mir aufs Bett setzt, denkt nach. Dabei kaut er auf seiner Unterlippe rum, was einfach zum anbeißen aussieht. "Kannst du nicht jemanden fragen, ob er das für dich übernehmen kann?"

"Ich wüsste nicht wen."

"Die Buchhaltung kannst du ja nachholen." Ich stöhne genervt aus. Buchhaltung nachholen! Als ob ich nicht schon genug zum Nachholen habe. "Oder ich mach sie."

"Du?!"

"Glaub es, oder glaub es nicht, aber ich kann Zahlen in einen Computer eintippen."

"Darum geht es doch gar nicht. Die Abrechnung muss gemacht werden! Bestellungen, Preisverhandlungen, die Meldungen der Arbeitnehmer … Da müsste ich dich erst einarbeiten."

Hilflos atmet Marcell tief ein und wieder aus. "Fakt ist auf jeden Fall, dass du jetzt krank bist und dich schonen musst. Da führt kein Weg dran vorbei. Überlege doch noch mal, ob du da wirklich niemanden kennst der sich damit auskennt. Ich kümmere mich in der Zwischenzeit um den Einkauf, damit du mir nicht noch verhungerst." Geschlagen nicke ich, verschränke aber die Arme miteinander. Im Grunde müsste mir nur jemand die Abrechnung vorbeibringen und das Geld zum Bankschließfach bringen. Den Rest kann ich auch noch in drei Tagen erledigen oder an meinem Laptop, auch wenn sich die Arbeit bis dahin sicher auf meinem Schreibtisch stapelt. Und außerdem ... So sehr ich auch meine Arbeit liebe und auch ganz gern mal Überstunden mache, seit zwei Wochen tue ich das alles gar nicht mehr sooo gerne. An was, oder sollte ich besser sagen: An wen das nur liegt?
 

Nach langem hin und her überlegen habe ich schlussendlich Theo angerufen. Er will gleich vorbeikommen, dann besprechen wir alles Wichtige. Theo ist der Einzige, dem ich die Aufgaben im Club anvertrauen kann und der sich zudem mit den Abläufen im Arbeitsalltag dort auskennt. Ich bin eben ein Kontrollfreak und alles was meinen Club angeht mache ich lieber selbst, damit ich auch weiß, dass es ordentlich gemacht ist. Wenn ich könnte, würde ich wahrscheinlich alles alleine machen. Was natürlich nicht geht.

Der Aufzug gibt ein monotones PLING von sich. Das kann nur Marcell sein! "Der Verband muss ab!", tönt es auch schon zu mir ins Schlafzimmer herüber und schon steht er im Türrahmen und strahlt mich an. Mein Herz schlägt sofort schneller, was meinen Knöchel unangenehm pulsieren lässt.

"Endlich! Der schnürt mir allmählich die Blutzufuhr ab", brumme ich und ruckle mich in eine sitzende Position.

Marcell setzt sich wieder auf mein Bett und betastet ganz vorsichtig meinen Fuß. Niedlich. "Dann zeigt mal her eure Füßchen." Schicht für Schicht wickelt Marcell mir den Verband vom Fuß und ich atme erleichtert aus, als er endlich ab ist. "Ganz blau", sagt er und streicht vorsichtig mit einem Finger drüber. Ich bekomme auf der Stelle eine Gänsehaut. "Ich mach dir die Salbe mal drauf." Ist es nicht goldig, wie er sich um mich kümmert? Und es fühlt sich auch verdammt gut an, wie er mir die Salbe auf die Haut schmiert. Dabei geht er so sachte vor, dass sich die Gänsehaut noch einmal verstärkt. Doch der Spaß hält nicht lange an. Das nächste Mal verstauche ich mir eine größere Stelle. 'Oder eine andere ...'

"Ich muss heute ja erst später in den Club. Solange bleibe ich bei dir und falls was sein sollte, wenn ich im Velvet bin, dann ruf mich an, ja?"

"Du musst nicht meine Krankenschwester spielen."

"Mach ich aber!", pflaumt er mich an und grinst dabei frech.

"Gut. Wenn du hier bleiben willst, dann komm her." Ich klopfe auf die freie Bettseite neben mir und halte die Luft an. Wird er es tun?

"Ich soll mich neben dich legen?"

"Anders geht's nicht. Ich darf ja nicht aus dem Bett." Nach einem kurzen Zögern, wobei man ihm genau ansieht, dass er mit sich kämpft ob er es tun soll oder nicht, entscheidet er sich für das Richtige. Er steht auf, geht um mein Bett herum und krabbelt neben mich. Ich habs doch gesagt! Wie ich einen Kerl in mein Bett bekomme, weiß ich. "Wollen wir etwas fern sehen?"

"Können wir." Tja. In meinem Bett habe ich ihn zwar, aber wie mache ich jetzt weiter?
 

~Marcell~

Gott, wie schnell mein Herz schlägt! Jetzt, wo ich neben ihn liege, muss ich an meine kleine Spannerei von vor zwei Wochen denken. Wie Anton hier gelegen hat. Nackt und zum anbeten. Und im Moment trägt er auch nur eine Boxershort, da es mit dem Fuß einfach bequemer für ihn ist. Ich darf gar nicht darüber nachdenken! Gezwungen starre ich auf den Bildschirm vor uns an der Wand, bekomme aber gar nichts von der Handlung darin mit. Antons unmittelbare Nähe lässt meine Härchen aufrecht stehen und meine Haut kribbeln. Als stünde er unter Strom und ich merke die von ihm ausgehende Spannung, spüre die geladenen Teilchen, die zwischen uns umherschwirren. Seine Hand liegt direkt neben mir. Mit ihr hält er die Fernbedienung und zappt immer mal wieder auf ein anderes Programm. "Es läuft nichts Ordentliches", brummt er und wedelt mit der Fernbedienung vor meinem Gesicht herum. "Such du was aus."

Ich denke nicht groß nach, greife mir das Ding und berühre so einen seiner Finger. Ganz zufällig natürlich, aber die zuvor gespürte Spannung zwischen uns springt rüber zu mir und ich ziehe erschrocken meine Hand zurück. Die Fernbedienung fällt auf die Bettdecke "Oh! ... Sorry", hauche ich leise.

"Nix passiert ..." Wir sehen uns an. Nicht einfach mal so zwischendurch. Es ist dieses nervenaufreibende Anstarren, wobei man sich nicht sicher ist, ob der andere es auch spürt, dass gerade etwas zwischen uns entsteht und die ersten Funken sich beginnen zu formen. So wie damals im Fahrstuhl, nur noch viel intensiver.

Soll ich es wagen? Soll ich mich einfach zu ihm rüberlehnen und ... Zu spät! Ich keuche auf und kann es kaum fassen, aber Anton hat seine Hand auf meine Wange gelegt und kommt immer näher. Der Funke ist eindeutig übergesprungen! Ich schließe die Augen und hebe mein Kinn an, um ihm zu signalisieren, dass ich es auch will. Unbedingt! Und als sich unsre Lippen endlich berühren, bringen die heißen Funken meinen Körper zum glühen und zum kribbeln. Ich kann es nicht glauben, dass das 'nur ein erster, scheuer Kuss' sein soll. Das ist mehr! Viel mehr! Das ist alles!

Dabei tun wir noch gar nichts, außer unsre Lippen aufeinander zu legen und in spannender Erwartung abzuwarten, was der andere als nächstes tun wird. Und dann ist es wieder Anton, der zuerst handelt, seine Lippen leicht öffnet, sie gegen meine bewegt und mich dazu animiert ihn zurück zu küssen. Ich könnte auf der Stelle sterben! Glücklich sterben und in diesem Kuss zerfließen!
 

Der Kuss dauert nicht lange, zwar kommt es mir so vor, aber ich weiß, dass das nur ein erstes, vorsichtiges Antasten war. Ein Test, ob es sich lohnt weitere Küsse miteinander auszutauschen. Und das tut es! Hierfür lohnt sich alles!

Ich öffne meine Augen wieder und schaue in Antons schokobraune Gegenstücke. Sie leuchten und sind geweitet. Ein mehr als gutes Zeichen! Anton öffnet seinen Mund, sagt was, aber ich kann nicht hören was. So laut rauscht das Blut in meinen Ohren. Ebenso wie mein Herzschlag, der laut gegen meine Brust donnert. Ich lächle einfach und setzte zu einem zweiten Kuss an, doch Antons Hand legt sich auf meine Brust und lässt mich innehalten. "... klingelt."

"Was?"

"Es hat geklingelt. Könntest du ...?" Jetzt höre ich es auch. Warum gerade jetzt?!

"Bin schon unterwegs", sage ich mit rauer, etwas enttäuschter Stimme und stehe auf. Vorm Aufzug drücke ich auf die Sprechanlage. Nur um sicher zu gehen räuspere ich mich einige Male. "Hallo?"

"Theo." Theo? Warum ist ... Ach! Ich erinnere mich wieder! Er wollte vorbeikommen wegen dem Bürokram im Velvet.

"Komm hoch." Ich schalte den achten Stock frei und lehne mich gegen die Wand neben dem Aufzug. Ist das eben im Bett wirklich passiert? Haben Anton und ich uns wirklich geküsst? Ich lecke mir über die Lippen. Ja. Haben wir. Oh Gott! Wir haben uns geküsst! Und es war der beste Kuss meines Lebens!
 

~Anton~

"Klopf, klopf." Theo steht vor mir und schaut auf mich runter. "Wie ist den das passiert?" Leicht amüsiert mustert er meinen blauen Knöchel.

"Bin aus dem Bett gefallen ... Ist Marcell noch da?"

"Nein. Der ist mit dem Aufzug wieder runtergefahren." Panik steigt in mir hoch. Wieso ist er gegangen?!

"Ich muss zu ihm!" Ich rapple mich auf, doch Theo drückt mich runter. Dieser vermaledeite Kraftprotz! "Theo!"

"Du bleibst liegen. Marcell hat mir aufgetragen, dass du dich nicht rühren darfst."

"Hat er was gesagt, warum er gegangen ist?"

"Sicher will er uns nicht stören." Hoffentlich ist es nur das! Was, wenn ihm der Kuss nicht gefallen hat? "Sag mal Anton. Muss ich da was wissen?"

Ich blicke zu Theo, der sich vor mein Bett hockt. Was solls? Ihm kann ich es erzählen. "Wir haben uns eben geküsst."

"Echt? War es deswegen hier?"

"Nein, quatsch!" Ich rutsche in eine sitzende Lage, ganz vorsichtig natürlich und schalte den Fernseher aus, der noch immer läuft. "Er wohnt unten in der freien Mietwohnung." Theo hebt eine Augenbraue. Schweigsam wie immer, der Gute. "Du willst alles von Anfang hören?" Er nickt. "Dann setzt sich lieber neben mich. Könnte etwas dauern das Ganze." Und dann fange ich an. Erzähle ihm alles bis zu der Sekunde, in der er hier aufgetaucht ist und unsre Zweisamkeit unterbrochen hat. Nichts lasse ich dabei aus. Auch nicht die peinlichen Details wie die Sauerei in meinem Gästebett und meiner Angst vor Ärzten. Es sprudelt einfach aus mir und es tut gut, es endlich jemanden zu erzählen.

Theo, der im Schneidersitz am Fußende meines Bettes sitzt, hat sich dies alles still angehört und schweigt noch immer, obwohl ich schon vor Minuten aufgehört habe zu reden. Er denkt nach. Das kenne ich von ihm schon zu Genüge. "War der Kuss so gut?", fragt er schließlich und verzieht keine Miene dabei.

"Mehr als das", gebe ich zu. "Es war, als wäre die Welt um uns herum stehen geblieben. Das habe ich noch nie erlebt. ... Ich weiß nicht, ob du das verstehen kannst."

Theo schmunzelt und klopft mir aufs Schienbein. "So ungefähr kann ich das nachfühlen."

"Ach ja. Dein Matthias." Eben fällt es mir wieder ein. Theo hat ja auch jemanden gefunden.

"Genau. Mein Matthias." Theo sieht wirklich viel entspannter aus als sonst. Und verdammt glücklich.

"Muss schön sein, jemanden an seiner Seite zu haben."

"Das Schönste überhaupt", sagt er und bekommt richtig leuchtende Augen. Seufzend fahre ich mir mit der Hand durch die Haare. "Du überlegst, ob du es wagen sollst. Hab ich recht?" Seit wann ist Theo ein so guter Gedankenleser geworden?

"Woher wusstest du, dass Matthias derjenige welcher ist? Warst du dir von Anfang an sicher?", stelle ich ihm eine Gegenfrage.

"Eigentlich ja. Du kennst mich Anton. Meine Liebe musste man sich bis jetzt immer erkämpfen. Doch bei Matthias war das ganz anders. Wir lernten uns kennen, redeten noch nicht mal viel miteinander und schon küssten wir uns."

"So glatt lief das mit euch?" Beneidenswert!

"Nun ja. Nicht ganz. Meine Eifersucht stand mir öfter im Weg, aber ich denke, wir haben das bis jetzt hinbekommen und werden auch weiterhin schaffen. Spätestens wenn Matthi endlich zu mir zieht."

"Uff! Echt? Ihr wollt den nächsten Schritt wagen?"

"Ja." Mein Bauch kribbelt, als ich Theos Lächeln sehe. Ich will das auch. Ich wusste es zwar vorher nicht, aber ja. Ich will auch so dümmlich grinsen, Herzchen in den Augen haben und mein Leben mit jemanden teilen. Nein! Nicht mit irgendjemanden! Mit Marcell. "Okay! Jetzt sag mir, was ich im Club alles erledigen werden soll, während du außer Gefecht gesetzt bist!" Theo strafft sich und kramt einen kleinen Block hervor.

"Du bist ja gut vorbereitet."

"Sonst vergesse ich noch die Hälfte", sagt er leise und kritzelt wahllos auf dem Block rum.

"Es wird nur zwei Tage dauern. Dann bin ich wieder einsatzbereit."

"Denkst du! Ein geprellter Fuß ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen! Merk dir das!"

"Ja ja." Genervt verdrehe ich die Augen. Sollen sie doch alle reden. Ich mache eh das, was mir passt.

"Wenn du in zwei Tagen wieder im Velvet auftauchst, prügle ich dich eigenhändig nach Hause!"

"Grobian!" Theo schmunzelt und ich fange an ihm alles Wichtige zu erklären.

Als ich damit fertig bin, kratzt er sich ungläubig am Kopf. "Das machst du alles? Jeden Tag?"

"Ja." Nun sieht er mal, was man als Selbstständiger alles zu erledigen hat, damit der Laden läuft.

"Bekomme ich eine Gehaltserhöhung?"

Lachend stimme ich zu. "Du wirst sowieso Überstunden machen müssen, wenn es ganz dicke kommt."

"Ganz dicke?!"

"Na, wenn die Lieferanten wieder Stress machen, oder deine Kollegen kommen und Sonderwünsche bezüglich der Arbeitsaufteilung haben. Telefonate mit den Wochenendliveacts und deren Gagenhöhe ..."

"Moment mal! Diese Gagengespräche ... Soll ich die wirklich machen? Vertraust du mir so sehr?"

"Bespreche sie vorher mit mir. Mein Handy liegt immer griffbereit und wegrennen kann ich auch nicht." Das beruhigt Theo. "Keine Sorge. Ich bin mir sicher, wenn es einer schafft meinen Club zu schmeißen, dann du."

"Dein Vertrauen in mich hätte ich auch gern."

"Mach dir keinen Kopf. Falls was ist, ruf mich an. Ich komme vorbei und ..."

"Forget it! Du kümmerst dich jetzt erstmal um dich! Wie lange hast du das schon nicht mehr gemacht?"

Ich zucke mit den Achseln. "Ohne Arbeit gehe ich eben ein", erkläre ich, da Theos linke Augenbraue nach oben wandert.

"Weißt du was? Sieh das mit deinem Fuß als Zeichen, dass du die Arbeit mal hintenan stellen solltest. Du hast außerdem viel wichtigeres zu erledigen wie es scheint." Theo zwinkert mir zu, was bei einem Mann von seinem Kaliber nur lächerlich aussieht. Sorry Theo, aber das ist es nun mal.

"Ja, gut. Ich liege brav in meinem Bett und glotze fern."

"Und sagst Marcell, dass er dich gesundpflegen soll." Hm ... Das könnte mir sogar mehr gefallen, als in meinem Büro zu hocken und meinem süßen Barkeeper beim Arbeiten zuzusehen.
 

***
 

~Marcell~

"Du hast alles?"

"Ja."

"Mein Handy habe ich einstecken. Nur für den Notfall."

"Ich weiß." Anton grinst mich breit an und zieht sich die Decke höher. "Also sprechen wir später darüber, was hier vorhin passiert ist?" Uh! Ich hatte gehofft, diesem Thema erstmal aus dem Weg gehen zu können.

"Gibt es denn darüber was zu besprechen?", frage ich und bin froh, dass ich schon im Türrahmen stehe und nicht direkt vor seinem Bett.

"Ich weiß nicht. Eigentlich ist alles klar, oder?" Ich nicke. "Ich wollte auch nur wissen, ob das eine einmalige Sache war, oder ob ..."

"Nein! Ich meine ... Es war schön!" Was stottere ich mir denn da zurecht? "Der Kuss war wirklich schön", sage ich noch mal und schaue in Antons Augen.

"Ja. Das war er." Kurz verschleiern sich seine Augen, dann atmet er tief ein und deutet auf seinen Fuß. "Kannst du mir noch mal die Salbe drauf machen? Dann brauch ich mich nachher nicht mehr zu verrenken."

"Natürlich!" Ich stoße mich vom Türrahmen ab und trete an den Nachttisch, auf dem die Salbe liegt. Sein Fuß ist schnell eingerieben und ich lege die Salbe wieder zurück, will mich gerade von Anton verabschieden, als er mich am Arm packt. "Anton!" Erschrocken bleibe ich stehen und sehe zu, wie er sich nach mir ausstreckt, meinen Arm gleichzeitig mit sanfter Gewalt nach unten zieht. Nach der ersten Schrecksekunde muss er das aber gar nicht mehr, denn ich beuge mich ihm ganz von selbst entgegen. Unsre Lippen treffen sich und wie beim ersten Mal explodieren in mir sämtliche Atome und ich scheine nur noch zu existieren, weil Anton mich berührt.

Benommen komme ich wieder zu mir, mein Gesicht noch immer ganz dicht vor Antons. Ich habe gar nicht mitbekommen, dass ich zu ihm ins Bett gestiegen bin! Seine Arme liegen auf meinem Rücken, wobei eine seiner Hände meinen Nacken krault. Halb auf der Matratze, halb auf ihm sortiere ich meine durcheinandergeratenen Gedanken. "Ich muss los", flüstere ich und rutsche vom Bett.

"Kommst du danach zu mir?"

"Wenn du willst."

"Unbedingt!" Mit wird ganz heiß bei seinen Worten. Wenn ich jetzt nicht gehe, dann muss ich mich bei meinem Boss leider krankmelden. Damit meine ich diesmal nicht Anton. Theo übernimmt ja jetzt all seine Aufgaben. "Bis nachher."

"Ich warte auf dich." Eilig haste ich zum Aufzug, drücke wie ein Bekloppter auf die Taste und bete, dass er da ist, bevor ich es mir doch noch anders überlege. 'Ich warte auf dich.' Mir rinnen heiße Schauer über die Haut.
 

Mit den Nerven völlig am Ende, steige ich aus Antons Wagen. Ich bin lange kein Auto mehr gefahren und jetzt weiß ich auch wieder wieso. Der Stadtverkehr ist mörderisch! Piepsend verriegele ich die Luxuskarre und laufe zum Hintereingang des Clubs. In der Umkleide ziehe ich mir schnell das T-Shirt über und binde mir im Gehen die Schürze um. Ich bin fast zehn Minuten zu spät!

"Wo bleibst du denn?!" Laurin guckt mich böse an.

"Tut mir leid. Ich hatte einen kleinen Notfall."

"Was Ernstes?" Besorgt mustert mich Laurin, doch ich beruhige ihn.

"Nein. Es gab nur noch was zu regeln."

"Dann ist gut. ... So! Ab jetzt an die Front!"

"Verstanden Herr Obergeneral!" Ich stehe stramm und Laurin schüttelt den Kopf, bevor er mich grinsend hinter die Bar jagt. Dann mal ran an den Speck! Ich will ja nicht, dass Antons Club den Bach runter geht solange er Zuhause liegt und seinen Fuß schonen muss.
 

***
 

~Marcell~

Sorgfältig hänge ich meine Schürze in den Spind und ziehe das Shirt aus, welches gleich in die Wäschetonne neben dem Regal mit den frischen Shirts für Morgen steht, hinein wandert. Jetzt noch mal schnell auf die Toilette und dann nichts wie nach Hause! Ich freue mich schon so auf Anton! Vielleicht können wir ja dort weitermachen, wo wir aufgehört haben?

Der Flur ist leer und ich betrete den Waschraum. Ich schließe mich in eine der Kabinen ein, da ich ungern an die Pissoirs stelle. Ist so eine Macke von mir. Und meine Entscheidung scheint richtig gewesen zu sein, denn kaum bin ich fertig, und möchte gerade die Spülung drücken, kommen zwei meiner Kollegen rein. "Theo! Bitte! Sein Wagen ist doch hier! Warum ist er nicht hier?! Wo ist er?" Das ist doch die Stimme dieses Tänzers! Sebastian!

Ich halte inne und lausche neugierig weiter. "Er ist krank. Habe ich dir doch schon gesagt."

"Und wie kommt sein Auto hier her?"

"Keine Ahnung." Es plätschert leise. Ist dieser Sebastian Theo etwa bis ans Becken gefolgt?! Wie unangenehm!

"Theo!"

"Zisch schon ab Kleiner. Oder ich feuer dich." Ui!

"Das kannst du gar nicht."

"Sei dir da mal nicht so sicher." Vielleicht sollte ich Theo von meinem Verdacht berichten, was mit meinem Fahrrad passiert ist? Lieber nicht. Nicht, dass meine Befürchtungen doch noch wahr werden und Sebastian irgendwelchen Schwachsinn über Anton und mich ausplaudert.

"Das würde der Boss niemals zulassen. Ich bin sein Liebling." Theo lacht sarkastisch, sagt noch was, doch das höre ich nicht mehr.

Ich sinke auf den Toilettendeckel nieder und muss einige Male schlucken. Dieser miese, kleine Twink! Denkt der immer noch, Anton würde ihm Sonderleistungen zusprechen? "Hau schon ab Sebbi. Ich kann dir auch nichts Genaues über den Boss sagen." Das Theo lügt nehme ich ihm noch nicht mal übel. Diesem Twink würde ich auch nichts verraten.

Die Spülung geht, dann Wasserrauschen. Die Tür schlägt zu und ich lausche. Alles still. Vorsichtig öffne ich die Kabinentür und schaue mich um. Ich bin wieder allein. Ich würde doch mal zu gern wissen, was da zwischen Anton und diesem Tänzer lief, dass er so davon überzeugt ist, Antons Liebling zu sein.

Erfahren werde ich es wahrscheinlich nie, denn ich werde Anton ganz sicher nicht darüber ausfragen. Und Sebastian erst recht nicht!
 

Endlich wieder aus diesem höllischen Auto entstiegen, schwanke ich auf die Eingangstür zu. Selbst hinter dem Steuer zu sitzen ist einfach nichts für mich! Morgen besorge ich mir auf alle Fälle neue Fahrradreifen. Das hält auch hoffentlich eine bestimmte neugierige Tänzernase aus Sachen raus, die sie nichts angehen.

Ich fahre gleich hoch in den Achten, steige leise aus dem Fahrstuhl und werde sofort von Alfredo belagert. Da hat jemand hunger. Ich füttere ihn schnell, damit er mit seinem Gejaunse nicht noch Anton weckt und gehe dann nachschauen, ob bei meinem Boss alles okay ist. Vorsichtig stecke ich meinen Kopf durch die Schlafzimmertür. Anton schläft. Tür wieder leise zu und dann düse ich wieder runter in meine Wohnung. Dort springe ich schnell unter die Dusche, ziehe mich an, packe noch etwas zu Essen für Morgen früh ein und fahre wieder hoch in Antons Wohnung. Es ist wirklich besser, wenn ich die nächsten Nächte hier bleibe. Nur für alle Fälle. Nicht, dass ich denken würde, Anton bräuchte jetzt allumfassende Betreuung und Pflege, aber ich traue ihm durchaus zu, dass er nicht auf den Ratschlag des Arztes hört und unerlaubte Arbeiten erledigt. Falls er das vorhat, werde ich das hoffentlich unterbinden können. Und außerdem ... Ich würde es gar nicht alleine unten in der Wohnung aushalten nach unserem Kuss. Ich muss nur daran denken und schon setzt das heiße Kribbeln ein, das in meinem Schoss beginnt und sich über meine Wirbelsäule hinauf in meinen gesamten Körper ausbreitet. Mich hats erwischt! Und zwar volle Breitseite!

So schnell ich kann verlasse ich meine Wohnung, springe in den Aufzug und fahre wieder hoch. Das Essen in den Kühlschrank gepackt, schaue ich noch mal nach meinem Patienten und seufze leise, weil ich am liebsten zu ihm ins Bett krabbeln möchte, es aber besser sein lasse. Wir haben uns erst zwei Mal geküsst! Da kann ich nicht einfach zu ihm unter die Decke krabbeln! Schweren Herzens schließe ich die Tür wieder und gehe ins Gästezimmer. Dann mal fix die Augen zu und schlafen, damit ganz schnell der nächste Morgen beginnt und ich sehen werde, was der morgige Tag so bringen wird.
 

***
 

~Anton~

Kaffee. Frische Brötchen. Kann ich da sogar Marmelade erschnüffeln? Erdbeere, wenn mich nicht alles täuscht und ... Mrrr! Katzenfutter! "Alfredo! Runter da! Husch!" Marcell verscheucht meinen aufdringlichen Kater. Ich unterdrücke nur schwer ein Grinsen und bin froh, dass mein Gesicht fast gänzlich im Kissen verborgen ist. So kann ich mich noch schlafend stellen und aus ganz, ganz schmalen Schlitzen Marcell dabei beobachten, wie er meinen grauen Kater aus dem Schlafzimmer jagt. "Sei mal froh, dass du ihn nicht wach gemacht hast!", zischt er leise und bedenkt meinen Kater mit einem strafenden Blick, der sich davon aber wenig beeindrucken lässt. Nun sitzt er vor der offenen Schlafzimmertür und putzt sich das Fell.

"Der hat mich nicht geweckt. Das war eher der leckere Duft nach Frühstück und Kaffee."

"Oh!" Marcell dreht sich zu mir. "Morgen. Wie geht es deinem Fuß?"

"Weiß nicht." Ich bin noch nicht mal richtig wach und er will wissen, wie es meinem Fuß geht? "Ich glaube, er pocht etwas."

"Lass mal sehen!" Ungnädig wird mir die Bettdecke entrissen und kalte Luft strömt an meine Beine.

"Bist du morgens immer so rabiat?", will ich wissen und ziehe wenigstens meinen gesunden Fuß wieder unter die warme Decke.

"Nein, ich ... Tut mir leid. Du willst sicher noch ein wenig schlafen." Decke zu und Marcell huscht schon wieder in Richtung Zimmertür.

"Marcell?"

"Ja?"

"Hau jetzt bitte nicht ab." Ich drehe mich auf den Rücken und rutsche in eine bequemere Position. "Wie war es gestern im Club? Lief alles wie gewohnt?"

"Willst du das jetzt besprechen, bevor du was im Magen hast?"

"So schlimm lief es?" Oh je! Ich habs gewusst! Ohne mich geht alles drunter und drüber!

"Das meine ich nicht damit. Ich mache dir nur schnell ein Tablett mit was zu Beißen fertig, dann reden wir." Mein knurrender Magen scheint auch der Ansicht zu sein, dass Essen jetzt viel wichtiger ist als mein Lebenswerk, weshalb ich zustimme und abwartend in meinem Bett ausharre. Dabei fällt mir auf: Ich muss mal! Marcell ist noch in der Küche beschäftigt, also nichts wie auf die Toilette.

Leider erwischt er mich, als ich wieder in mein Bett schleichen will. "Was wird das? Du sollst liegen bleiben!"

"Ich musste mal. Oder willst du das für mich in die Hand nehmen?", klaube ich ihm den Wind aus den Segeln.

"Äh ... Nee!" Jetzt wird er rot. Niedlich!

Ungeachtet des vollen Tabletts, das er vor sich trägt, greife ich in seinen Nacken und ziehe ihn zu mir ran. Geschirr klappert und sein abgehackter Atem streift mein Gesicht, bevor ich ihm einen ganz kleinen Kuss raube und mich dann auf dem Bett niederlasse. "Wie lief es gestern? Erzähl schon."

"Also ... ähm ..."

"Gib das Tablett her und setzt dich", unterbreche ich Marcells Gestottere. "So. Wie wars gestern Abend?"

Marcell hat es sich neben mir gemütlich gemacht und zum Glück wieder etwas gefangen, als er beginnt mir alles zu erzählen. "Es lief wie immer. Zwar wurde gefragt, wo du warst, aber Theo erklärte allen, dass du krankt bist und er die nächsten Tage alles regelt. Bei Fragen sollen wir uns an ihn wenden und so weiter und sofort."

"Das hört sich doch gut an." Zufrieden genehmige ich mir ein Marmeladenbrötchen. "Und war sonst noch was?"

"Nein. ... Na ja. Bis auf Sebastian." Oh nein! Was ist den mit ihm schon wieder? "Er hat gesehen, dass dein Auto hinterm Club steht und hat Theo gelöchert, wo du bist. Er hat einfach nicht geglaubt, dass du nicht da bist." Genervt stöhne ich auf und trinke einen Schluck Kaffee. "Am besten, ich fahre wieder mit dem Rad hin."

"Ja. Ist sicher besser so", sage ich nachdenklich. Es passt mir ganz und gar nicht, dass Marcell alleine, mitten in der Nacht, mit seinem Rad durch die Straßen fährt. Oh je! Jetzt werde ich auch noch zur Glucke! Was ein Kuss doch alles verändern kann. Oder besser gesagt: Drei Küsse. Hmm ... Ich glaube, die nächsten Tage werden noch arg interessant werden! Das fühle ich ganz deutlich, als ich Marcell neben mir anschaue, wie er mich scheu anlächelt und ich das Selbe in seinen Gesichtszügen sehe, das auch ich fühle. Sehnsucht nach dem nächsten, unglaublich schönen Kuss.
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  jaceupinspace
2014-09-28T03:04:46+00:00 28.09.2014 05:04
wunderbar diese Reihe :) auch wenn hier ein Twink als Störenfried herhalten muss (und mich das nur stört weil ich wahrscheinlich einer bin). Ich freu mich sehr auf das nächste Kapitel und kann mich meinen Vorredner*innen nur anschließen was das Lob angeht.
Antwort von:  Fara_ThoRn
30.09.2014 06:59
Danke ^^
Hoffentlich bist du nicht wirklich 'so ein Twink'. Sebbi wird nämlich noch viel, viel schlimmer. >___<
Von:  BloodyAugust
2014-09-27T22:17:37+00:00 28.09.2014 00:17
Ich muss gestehen das du mir den Tag gerettet hast, es ist wirklich selten eine gute FF auf Mexx zu finden. Hier tümmelt sich viel Müll schon rein aus grammatischer Sicht, von Ausdruck will ich gar nicht mal reden, geschweige denn was die Ausarbeitung der Story und der Charas angeht.

Ich bin heiß auf das nächste Kapitel und frage mich auch, wieso Basti denkt das er so ein geiler Fang für den Chef wäre.
Von:  selena
2014-09-27T13:07:57+00:00 27.09.2014 15:07
ahhhhhhhhhhh wie zucker is das denn? *auch sowas haben will*
kommt her jungs. ich will das live und in farbe haben!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Von:  emina
2014-09-27T11:14:52+00:00 27.09.2014 13:14
Ahhh wie süß <3<3
Marcell ist eine tolle Krankenschwester ^___^ ich hoffe er wird sich noch besser um Anton kümmern ^___~
Von:  Morphia
2014-09-27T09:40:43+00:00 27.09.2014 11:40
OMG! Ist das süß. ♡
Die zwei sind total verliebte Turteltäubchen. ♡


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