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Wen ich wirklich liebe

SasoDei, DeiKuro, SasoSaku
von

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„Sasori!? Oi, Sasori!? Schläfst du?“

Während Sasori in einer versteckten Ecke der Umkleidekabine seinen Skizzenblock in der Hand hielt und schweigend auf das weiße Papier starrte, wetterte von irgendwoher die Stimme seiner Großmutter.

„Sieh zu, dass du auf deinen Posten kommst! Die Gäste beschweren sich schon, weil sie warten müssen!“, schrie die alte Frau, sodass ihm keine andere Wahl blieb. Obwohl seine Schicht noch lange nicht begonnen hatte, räumte er seine Tasche in sein Spind, ehe er die Kleidung wechselte. Seine privaten Sachen wurden säuberlich auf einen Kleiderbügel und anschließend zu seiner Tasche gehangen, ehe er einen letzten Blick in den Spiegel warf, um die Arbeitskleidung zu richten. Er hasste es. Mehr als alles andere. Die Arbeit hier, die Gäste, dieser Aufzug und vor allem seine Großmutter, die ihn nach dem Tod seiner Eltern bei sich aufgenommen hatte. Dies war auch der einzige Grund wieso er hier war. Es war letztlich seine Pflicht. Leider, denn es war auch der Grund, wieso er regelmäßig während der Schulzeit auf die Aktivitäten des Kunstclubs verzichten musste. Wenn er könnte, würde er gehen. Doch weil ihm dies verwehrt blieb, musste er jeden Tag dieses Kostüm anziehen, womit er sich zur Puppe einer anderen Person machte, um sowohl mit einem Notizblock, als auch mit einem Tablett durch das Cafè seiner Großmutter umher zu wandern, Bestellungen auf zu nehmen, die nervigen Maids zu ertragen. Aber er machte sich noch nicht einmal die Mühe so zu tun, als würde er freundlich und höflich sein. Er blickte die Gäste nur mit seinen kühlen graubraunen Augen an, redete nicht viel und erledigte lediglich die ihm zugewiesene Arbeit so konsequent wie möglich, was in den Ferien umso lästiger war, weil er von Morgens bis Abends arbeiten musste. Doch morgen war es vorbei. Morgen begann ein neues Schuljahr mit mehr Clubaktivitäten und hoffentlich weniger Arbeit.
 

Vom gestrigen Arbeitstag ermüdet saß Sasori an seinem Schultisch, wobei er gelangweilt in dem neuen Geschichtsbuch umher blätterte. Um ihn herum waberte das Stimmengewirr von seinen Mitschülern, von denen er sich allerdings lieber distanziert hielt. Er konnte diese verwöhnten Gören nicht ausstehen, geschweige denn deren nervige Urlaubsgeschichten, die jedoch sofort verstummten, als sich die Tür des Klassenzimmers öffnete. Zeitgleich spürte Sasori ein sanftes Vibrieren in seiner Hosentasche, aber er ließ sein Handy dort, wo es war. Es würde sowieso nur seine Großmutter sein, weshalb er lieber ausdruckslos nach vorne zur Tafel blickte, wo neben ihrem Klassenlehrer ein neuer Mitschüler stand. Dieser hatte lange, blonde Haare, eine seltsame Frisur und das wohl dämlichste Grinsen im Gesicht, was Sasori jemals gesehen hatte. Ätzend. Ein weiterer Idiot hatte sich dieser Klasse angeschlossen und während alle anderen Schüler vor Aufregung über den Neuen zu platzen schienen, widmete er sich wieder ungerührt seinem Buch zu. Langsam zählte er in seinem Kopf die Sekunden. Der Stuhl vor ihm wurde von der Stelle gerückt. Die Tasche unachtsam fallen gelassen und letztlich dauerte es keine Minute bis sich der Neue umdrehte, der vor ihm Platz genommen hatte.

„Sieht so aus, als wären wir Sitznachbarn, un!“, stellte dieser fest, „Ich bin Deidara, un! Und du bist?“

Sasori blickte auf, woraufhin er feststellte, dass das Grinsen des Neuen aus nächster Nähe betrachtet umso dämlicher war.

„Jemand, der dir einen guten Rat gibt. Dreh' dich um und sei still, oder du landest vor der Tür.“, bemerkte er kühl und blickte zurück in das Buch. Deidaras Arm blieb allerdings noch länger auf seiner Tischplatte liegen. Er wurde von ihm angestarrt, das spürte er, doch es störte ihn nicht, denn früher oder später würde sich das Gör umdrehen und ihn genauso in Ruhe lassen, wie alle anderen Schüler hier. Einige Momente später lag der Arm aber immer noch dort, während die Kreide des Lehrers monotone Schreibgeräusche erzeugte. Was war das für ein Gör? Verstand der Typ keine Abweisung? Sasori blinzelte nach oben und erhaschte einen Blick in einen äußerst verspanntes Gesicht. Scheinbar konnte der Blonde nicht gut mit Ablehnung umgehen.

„Deidara!“ Genau in diesem Augenblick hatte sich der Klassenlehrer der Klasse zugewandt und schmiss mit der Kreide nach dem unachtsamen neuen Schüler. „Pass gefälligst auf, oder willst du an deinem ersten Tag nach draußen?“

Die Menge tobte. Deidara zuckte zusammen und Sasori hob sein Kinn leicht empor, um das Gör mit einem wissenden Blick zu tadeln. Er hatte es ihm ja gesagt.

Deidaras Mund verzog sich, aber er kam der Anweisung sichtlich widerwillig nach und ließ von dem fremden Tisch ab, um sich nach vorne zu drehen, wodurch der Geschichtsunterricht weiter gehen konnte.

Zu Beginn der Mittagspause sah Sasori den Arm des Neuen erneut auf seinem Pult liegen, doch bevor dieser ihn ansprechen konnte, hatten sich bereits zwei Mitschülerinnen an seinem Tisch gestellt.

„Ne~ Dei-kun, willst du mit uns essen?“, fragte die eine, während die andere kicherte. Beide deuteten an das andere Ende des Klassenzimmers, wo ein drittes Mädchen mit hochroten Wangen saß und Sasori schaute ihnen beruhigt hinterher, als Deidara tatsächlich aufstand, um sich labernd und dumm grinsend zu den Mädchen zu gesellen. Hauptsache, er hatte seine Ruhe.
 

„Oh~ das sieht wirklich gut aus! Hast du das selber gemacht?“ Das rotblonde Mädchen neben ihm staunte nicht schlecht, als Deidara seine Bentoubox öffnete, doch er winkte sofort ab.

„Nein nein. Das war meine Freundin, un!“, erklärte er lächelnd.

„F-freundin!?“, riefen seine Mitschülerinnen im Chor, sodass Deidara zu lachen begann. Das Mädchen mit dem roten Wangen wurde gleich umso röter und die anderen beiden wechselten vielsagende Blicke.

„Geht... sie auf unsere Schule?“, begann die Fragerei schließlich augenblicklich, weshalb sich Deidara auf die eigene Zunge biss. Oje, da hatte er wohl mit dem falschen Thema angefangen. Es war ja auch zu offensichtlich gewesen, nur hatte er sich trotzdem dazu verleiten lassen. Sein erster Versuch mit einem neuen Mitschüler Kontakt zu knüpfen war immerhin maßgebend fehlgeschlagen und es konnte nie falsch sein, sich mit ein paar Mädchen gut zu verstehen, aber vielleicht sollte er das Thema Freundin doch lieber unbeantwortet lassen.

„Wieso? Wäre das ein Problem? Dürfte ich dann nicht mit euch essen?“, stellte er stattdessen die Gegenfrage, ehe er einen Blick hinter sich warf. Dort saß dieser seltsame Rotschopf immer noch an seinem Platz, kritzelte auf einem Block herum und spielte zeitgleich mit seinem Handy. Dieser Kerl war seltsam. Aber er war auch das passende Gesprächsthema, um von seiner Freundin abzulenken.

„Ne~“, begann er deshalb, „Wer ist denn das da drüben, un?“

Die neugierigen Blicke der Mädchen veränderten sich zu überraschten Gesichtern. Wieder wurde sich auf vielsagende Art und Weise schweigend beraten und schließlich begann die Erdbeerblonde zu lächeln.

„Den? Du meinst Sasori? Kümmer dich nicht um ihn. Es ist besser, wenn man ihn in Ruhe lässt.“

Deidara verstand diese Antwort nicht. „So? Ist er so seltsam?“, wollte er deshalb weiterhin wissen.

„Allerdings.“

„Hm~“

„Iss lieber jeden Mittag mit uns! Und erzähl' uns mehr über deine Freundin!“ Das Gekicher begann von Neuen.
 

Am Ende des Schultages verließ Deidara mit geschulterte Tasche das Schulgebäude. Dieser Sasori war also so seltsam, dass er sich lieber von ihm fernhalten sollte? Das war das Erste, was er an diesem Tag erfahren hatte und er musste zugeben, dass dessen Verhalten mehr als merkwürdig gewesen war. Bisher war ihm noch niemand mit einer solch abweisenden Art begegnet.

„Dei-kun~ Bis Morgen!“ Die Stimme eines der Mädchen von heute Mittag drang zu ihm herüber, er hob seine Hand zum Abschied und kaum hatte er das Schultor passiert, spürte er ein leichtes Knuffen in seiner Magengegend. Sofort ließ er seine Hand wieder sinken.

„Dei-kun? Die geben dir schon nach dem ersten Tag Spitznamen?“ Skeptisch wurde er von seiner Freundin gemustert und er verzog seinen Mund zu einem Grinsen.

„Ach... komm schon, un...“, stammelte er, wobei er Kurotsuchis Schuluniform musterte. Die Schleife ihrer Bluse war etwas gelockert, ihre Strümpfe waren ungleich hoch und ihr Jackett hatte sie um ihre Hüften geschlungen.

„Es ist nur ein Spitzname...“, raunte er ihr entgegen und sie begann ebenfalls zu grinsen. Dafür liebte er sie. Deshalb war es auch egal, dass ihre Haare kürzer als die der anderen Mädchen waren, ihr Körper dünner und größer und ihre Art viel jungenhafter. Mit ihr zusammen zu sein, war mehr als nur eine Beziehung, denn Kurotsuchi war nicht nur seine Freundin, sondern auch wie sein bester Kumpel.

„Dann will ich dir auch einen Spitznamen geben!“, beschloss sie auf einmal, griff nach seiner Hand und zog ihn näher an sich, sodass ihm ihr frisches Parfum entgegen drang. Jetzt war Deidara wirklich gespannt. Er machte große Augen und wartete.

„Nii-san~“, hauchte sie, bevor ihre Unterlippe zu zittern begann. Sie kämpfte gegen einen Lachanfall, während er selbst nur mit den Augen rollen konnte.

„Du spinnst doch, un.“, schmollte Deidara ganz offensichtlich. Kurotsuchi war Freundin und Kumpel, weshalb die Rolle der Schwester deutlich zu viel wäre.

„Ja~ Deswegen lad' ich dich jetzt auch zum Essen ein!“

„Hm?“ Augenblicklich war ihr Scherz vergessen.

„Wie kommt es denn dazu, un?“

„Du erinnerst dich nicht? Heute ist unser Jahrestag!“
 

Mit einem schuldbewussten Gesicht saß Deidara Kurotsuchi in dem Cafè gegenüber. Wie konnte er diesen wichtigen Tag auch nur vergessen haben? Aber viel schlimmer war noch, wie er sich von seiner Freundin einladen lassen konnte? Er war der Mann in ihrer Beziehung, also musste er sie ausführen! Und vor allem musste er sich bei ihr entschuldigen, denn er fühlte wegen seiner Vergesslichkeit sehr schlecht.

„Hey...“, begann er, während sich ihnen bereits der Kellner näherte.

„Ihre Bestellung?“

Deidara brach ab und horchte auf. Diese Stimme klang bekannt, weshalb er verwundert zur Seite schaute, wo eine bekannte Person stand. Es war tatsächlich der seltsame Rotschopf aus seiner Klasse; doch obwohl Sasori ein perfektes Kellnerkostüm trug, blickte er immer noch so kühl wie zuvor schon im Klassenzimmer. Dieser Gesichtsausdruck war wirklich zum Kotzen!

„Sasori-san~ Du arbeitest hier?“, versuchte er dennoch ein Gespräch zu beginnen.

„Ihre Bestellung?“, blockte dieser jedoch nur unbekümmert ab, verzog dabei keine Miene, sondern schaute auf seinen Notizblock.

„Oh, ihr kennt euch?“, warf Kurotsuchi derweil ein. Ihre Stimme zitterte leicht. Bisher hatte sie den ganzen Weg über hierhin geschwiegen, weshalb Deidara wusste, dass sie sauer war. Sehr sauer und ihr plötzliches Interesse war eigenartig.

„Die Bestellung?“

Mit einem schwachen Schulterzucken blickte Deidara zu seiner Freundin. Sasori war wirklich seltsam. Da hatten seine Mitschülerinnen Recht gehabt.

Nachdem sie ihre Bestellung aufgegeben hatten, wollte er dort weitermachen, wo er aufgehört hatte, aber Kurotsuchi kam ihm zuvor. Lächelnd beugte sie sich nach vorne, stützte ihre Ellenbogen auf dem Cafètisch ab und lehnte ihr Kinn gegen die zusammengefalteten Hände. Von einem Moment zum nächsten schien es, als wäre ihre schlechte Laune verflogen.

„Dieses Cafè ist wirklich süß, nicht wahr? Ich weiß, dir liegen solche Themen nicht so sehr, aber meine beste Freundin hat es mir empfohlen. Es ist ihr Stammcafè!“

Es war wirklich verwundernd, dass sie tatsächlich nicht mehr sauer auf ihn war. Immerhin hatte er ihren Jahrestag vergessen und normalerweise konnte sie sehr gut und sehr lange schmollen. Sie hatten sich angeschwiegen und nun begann sie zu reden, als wäre nichts geschehen. Es war eine Eigenschaft, die wirklich nur ein Mädchen haben konnte, sodass Deidara bei diesem Gedanken lächeln musste, während er den schwachen Kerzenschein in ihren dunklen Augen beobachtete.

„Denk nicht, dass ich es dir so einfach verzeihe!“, wurde ihm dabei allerdings entgegengebrummte und er spürte, wie sich ihre Schuhspitze unter dem Tisch gegen sein Schienenbein bohrte.

„Un... Kurotsuchi~...“ Aber sie schüttelte nur ihren Kopf.

„Nein.“ Eine Pause entstand. Dann lächelte sie allerdings auch. „Aber ich weiß was, wie du es wieder gut machen kannst!“

Überrascht zog Deidara seine Augenbrauen hoch. Ihn überkam ein ungutes Gefühl, denn das Lächeln seiner Freundin wurde zu einem berechnenden Grinsen. Heimlich deutete sie auf Sasori, der währenddessen an einem anderen Tisch stand, um seiner Arbeit nachzugehen und ihnen somit seinen Rücken zugedreht hatte.

„Wegen diesem Typen ist das hier das Stammcafè meiner besten Freundin!“, erklärte sie leise, „Die Süßspeisen sind einmalig und auch, wenn es viel zu teuer ist, sitzt sie hier fast jeden Nachmittag nach ihrem Tanzkurs und schmachtet diesen Kerl da an!“

„Ja? Und, un?“

„Ach... tu nicht so!“ Kurotsuchi griff quer über den Tisch, um Deidaras Handgelenk zu ergreifen. Ihre Haut war warm und weich und mit diesem Ausdruck in ihrem Gesicht, konnte er ihr den kommenden Wunsch unmöglich abschlagen, zumal er ihr es auch schuldig war.

„Sie steht total auf ihn! Es wäre so cool von dir, wenn du etwas arrangieren könntest!“

Deidara seufzte innerlich, während er durch die Gänge der Schule schlenderte. Die Geschehnisse vom Vortag geisterten ihm immer noch durch den Kopf und es war ihm völlig unverständlich, wie er Kurotsuchis Bitte nachkommen sollte. Er kannte weder ihre beste Freundin, noch machte es den Anschein, als würde er jemals mit diesem Sasori gut auskommen können. Natürlich würde sein Vorhaben viel einfacher werden, wenn er sich mit dem Rotschopf irgendwie anfreunden konnte. Andererseits konnte er es auch einfach bleiben lassen, indem er so tat, als hätte sich nichts ergeben, aber Kurotsuchis leuchtender Blick wollte nicht aus seinem Gedächtnis. Vermutlich musste sie ihrer besten Freundin sehr viel schuldig sein, dass sie nun diesen Plan ausgeheckt hatte. Demnach gab es keine andere Wahl. Er musste es tun, wenn er seine Freundin glücklich machen und seine eigene Schuld bereinigen wollte.

Erneut seufzend blieb er stehen und zog sich an einem Getränkeautomaten eine Dose voll süßer Limonade, die er offendrückte.

„...Sasori...“

Gerade als er die Dose an seine Lippen gesetzt hatte, drang von irgendwoher der Name des Rotschopfes an sein Ohr, weshalb er sich überrascht nach der Stimme umdrehte. In einiger Entfernung standen zwei Schüler, die sich unterhielten und um ihren Gespräch besser folgen zu können, näherte er sich ihnen unauffällig.

„Er war gestern schon wieder nicht da.“, hörte er den einen sagen.

„Ob er überhaupt noch einmal kommt?“

„Na, wer weiß. Der hält sich ja eh für was besseres.“

„Ja, stimmt. Und was machen wir mit seinen Sachen? Die nehmen so viel Platz ein...“

„Soll ihn doch nicht stören, wenn wir sie entsor-“

Bevor der Schüler aussprechen konnte, hatte sich Deidara schon in das Gespräch eingemischt.

„Sasori-san ist in meiner Klasse, un! Ich könnte... ihm seine Sachen in der Klasse geben!“, bot er sich an. Immerhin war es die ideale Gelegenheit, nur anstatt eines Einverständnisses, wurde er etwas irritiert angeschaut.

„Du bist sein Klassenkamerad? Du weißt nicht, worum es geht, oder?“

Lächelnd schüttelte Deidara seinen Kopf und erntete damit zwei verständnislose Blicke.

„Hör mal, der Typ bunkert seine ganzen 'Meisterwerke' bei uns um Clubraum, lässt sich aber nie dort blicken. Entweder soll er die selbst abholen, oder wir schmeißen das ganze Zeug auf den Sperrmüll. Den Kram braucht doch eh keiner...“

„Clubraum? Meisterwerke, un?“

„Sasori ist im Kunstclub. Der hat sie nicht mehr alle, hält sich für einen großen Künstler... Du kannst ihm ja sagen, dass wir ihm bis morgen Zeit geben, alles aus unserem Clubraum zu entfernen.“

Mit diesen Worten drehten sich die beiden um und gingen, während Deidara alleine zurückblieb. Diese Ansage war sehr deutlich gewesen. Sasori schien wirklich nicht sehr beliebt zu sein, was er den anderen Schülern bei dessen Verhalten nicht verübeln konnte. Wenn er sich allen derartig kühl gegenüber verhielt, war es nur natürlich. Kurz blickte Deidara auf die Getränkedose, bevor er sie mit einem Zug leerte und in einen Mülleimer stopfte. Zumindest hatte er nun ein Gesprächsthema gefunden.
 

Mit gesenkten Kopf saß Sasori im Klassenzimmer und bearbeitete bereits die Mathematikhausaufgaben für den nächsten Tag. Nicht, dass es ihm so viel Spaß bereitete, er war einfach dazu gezwungen, weil er den Rest des Nachmittages wieder arbeiten musste, weshalb er seine Zeit in der Schule so gut wie möglich nutzte.

„Sasori-san!“ Er war so vertieft in die Aufgaben gewesen, dass sein Stift irritiert stoppte, als er die Stimme hörte, die ihn ansprach, aber er schenkte dem Störenfried keine Beachtung, was Deidara allerdings nicht abschreckte. Dessen Hände tauchten auf einmal in seinem Blickfeld auf, indem sich der Blonde vor ihm auf der Tischplatte abstützte. „Sasori-san, un!“, wiederholte er sich dabei, sodass Sasori zumindest flüchtig nach oben schaute.

„Was denn? Siehst du nicht, dass ich beschäftigt bin?“

Nachdem sie kurze Blicke getauscht hatten, widmete sich Sasori wieder seinem Mathematikheft und schrieb weiter, wodurch er seine unliebsame Gesellschaft vergraulen wollte, aber Deidara blieb immer noch an seinem Tisch stehen.

„Das sehe ich, un. Kannst du mir nicht trotzdem kurz zuhören?“ Der Stift stoppte erneut.

„Ich wüsste nicht, wieso ich dir zuhören sollte.“ Dieses Mal würdigte ihn sein Gegenüber keines Blickes, weshalb Deidara angespannt seine Lippen aufeinanderpresste. Dieses Verhalten war wirklich anstrengend.

„Ich habe gehört du bist im Kunstclub...“, zwang er sich ruhig zu bleiben, wurde dabei allerdings immer noch belächelt.

„Und? Sag mir nicht, dass DU dich auch für Kunst interessierst.“

„Un? Was wäre schlimm daran?“, rutschte es Deidara auf diese Feststellung versehentlich heraus, woraufhin er einen abschätzenden Blick bekam.

„Was weiß ein Gör, wie du, schon von Kunst?“

Schluckend starrte der Blonde nach unten. Was hatte er dem anderen getan, dass dieser so mit ihm redete? Er verstand es nicht. Innerlich brodelnd versuchte er dennoch darüber hinwegzusehen. Kurotsuchi zu Liebe.

„...ich habe gehört, dass sie deine 'Meisterwerke' entsorgen wollen. Du hast bis morgen Zeit, un.“, presste er es sich so ruhig hervor, wie es ihm möglich war und zu seiner großen Verwunderung sah er dabei, wie sich der Griff verfestigte, mit dem Sasori seinen Stift hielt. Ein seltsam dünnes Lächeln zeichnete sich anschließend auf den Lippen seines Gegenübers ab, sodass es fast schon unheimlich war.

„So? Das haben sie gesagt?“ Aus irgendeinen Grund klang Sasori nicht überrascht, aber man konnte die Eiseskälte in seiner Stimme deutlich heraushören.

„Un.“, bestätigte Deidara langsam, nicht verstehend, was als nächtes passieren sollte, „Ich... könnte dir vielleicht helfen, deine Sachen aus dem Raum zu räumen...“ Sicherlich würde er sich niemals freiwillig für so eine Aufgabe bereitstellen, aber irgendwie musste er Zugang zu dem anderen bekommen.

„Du könntest vielleicht...?“, wiederholte dieser derweil leise, wobei er seine Sachen zusammenräumte.

„Un. Wenn du mich bittest...“ Denn zumindest das erwartete Deidara.

„Wieso? Es ist beschlossene Sache. Du hilfst mir.“ Sasori erhob sich von seinem Platz und schulterte seine Schultasche. „Los, komm.“

Obwohl Deidara die Fassungslosigkeit in sein Gesicht geschrieben stand, folgte er dem Rotschopf widerstandslos. Schweigend verließen sie das Klassenzimmer, wofür ihnen mehrere fragende Blicke hinterhergeworfen wurden und während Deidara kurz nach hinten schaute, kümmerte sich Sasori nicht darum. Es war ihm nicht Recht gewesen, dass er jemand anderen um seine Hilfe bitten sollte, weshalb er es festgelegt hatte, dass der Blonde ihm helfen sollte. Es war sowieso die einzige Möglichkeit, mit der er seine Kunstwerke vor den nervenden Mitgliedern des Kunstclubs retten konnte und er ärgerte sich ungemein, über diese Gören. Im Grunde hatte er es schon immer gewusst. Die anderen waren nun einmal alle unwissend und hatten keinen Sinn für wahre Kunst, weshalb er es auch bezweifelte, dass ausgerechnet sein neuer Mitschüler nur das kleinste Bisschen Kunstverständniss besaß.

Am Raum des Kunstclubs angekommen, öffnete Sasori kommentarlos die Tür, woraufhin sie von einem brilletragenden Mädchen düster angefunkelt wurden. Sie saß vor einer Leinwand und malte ein Stilleben, an dem der Rotschopf unbeeinruckt vorbeilief. Deidara hielt jedoch inne, um das Gemälde genauer zu betrachten, woraufhin er sofort angebrummt wurde.

„Was tust du? Trödel nicht, sondern komm!“

Bei dem Befehlston, mit dem Sasori sprach, konnte er nu mit den Zähnen knirschen und doch senkte er devot seinen Kopf, bevor er zu ihm aufholte.
 

Am Ende des Tages hatten sie den restlichen Unterricht geschwänzt, denn sowohl Sasoris, als auch Deidaras Spind waren mit einem Teil der Kisten aus dem Clubraum gefüllt, während sie mit dem anderen Teil mit der U-Bahn zu dem Cafè gefahren waren.

Im ersten Stock des Gebäudes befand sich der Wohnbereich, vor dem Deidara allerdings stehen gelassen wurde.

„Du kannst gehen.“

Nachdem Sasori seine Kisten im Wohnungsflur abgestellt hatte, nahm er dem Größeren die Kisten ab, woraufhin er kurz davor war, seinem Helfer die Tür vor dessen Nase zuzuschlagen und nur im letzten Moment konnte Deidara seinen Fuß zwischen die Tür und deren Rahmen halten.

„Du... könntest dich ja wenigstens bedanken, un!“, bemerkte er leise, wurde dafür aber nur schweigend angeschaut. „Was ist daran so schwierig, hm? Immerhin habe ich dir geholfen!“

Im Grunde war er nicht dazu verpflichtet gewesen. Er hätte noch nicht einmal davon erzählen müssen, dass die anderen Clubmitglieder geplant hatten, Sasoris Sachen zu entsorgen und auch, wenn er es für Kurotsuchi getan hatte, so war es seiner Meinung nach keine Selbstverständlichkeit gewesen.

„So? Muss ich dir dafür jetzt dankbar sein, dass du etwas für mich getan hast?“

Deidara sah, wie sich Sasori seine Frage selber beantwortete, indem er kurz mit den Schultern zuckte, bevor er stärker gegen die Tür drückte, um den störenden Fuß aus dem Weg zu zwingen. Doch der Blonde ließ nicht locker. Im Gegenteil. Diese Art machte ihn wirklich wütend, sodass er sich jetzt nicht länger zurückhalten konnte. Hastig griff er zur Tür, um in die entgegengesetzte Richtung zu drücken und Sasori daran zu hindern, ihn auszuschließen.

„Solltest du, un! Was ist überhaupt dein Problem? Kein Wunder, dass niemand mit dir zutun haben möchte, wenn du zu allen so bist!“ Deidara war sich nicht sicher, ob der Druck für einen kurzen Moment weniger wurde, oder ob er es sich nur einbildete. Letztlich wurde er allerdings trotzdem ausgesperrt, weil die Wohnungstür andernfalls seinen Fuß zerquetscht hätte.
 

Kaum hatte es Sasori geschafft die Tür zu verschließen, sicherte er sie von innen ab. Der neue Mitschüler war schlimmer als alles, was er sich jemals hätte vorstellen können. Nervig; auch wenn er erleichtert war, dass er seine Meisterwerke hatte retten können. Es war einfach nur nervig.

Langsam atmete er durch, wobei er immer noch auf die Wohnungstür starrte, gegen die Deidara zu klopfen begonnen hatte. Aber er ignorierte es. Er musste nur so lange warten, bis dieser aufgab. Bis dieser einfach nichts mehr mit ihm zutun haben wollte und ging, was nach einiger Zeit zum Glück auch endlich geschah.
 

„Deine Freundin sollte ihn aufgeben, un.“

Deidara legte seine Hand auf die von Kurotsuchi, die mit einem gefüllten Brötchen neben ihm auf der Parkbank saß. Sie blinzelte fragend.

„Die anderen haben Recht, der Typ...“, er brach ab und beobachtete stattdessen, wie seine Freundin einen Bissen von ihrem Essen nahm.

„Der Typ?“, nuschelte sie schließlich mit vollem Mund, sodass er weiterreden musste.

„...ist nicht ganz normal, un.“

Ohne weiter nachzufragen begann Kurotsuchi zu grinsen. Sie machte eine seitliche Bewegung, woraufhin ihre Schulter gegen Deidaras stupste und kicherte dabei.

„Wer ist schon ganz normal...?“, tadelte sie leise, „Vielleicht hat er ja einen guten Grund, wieso er so ist?“ Sie biss erneut von dem Brötchen, wobei sie mit großen Augen zu ihrem Freund blickte. Deidara staunte. Vielleicht hätte er auch auf diese Idee kommen können.

„Und? Selbst wenn... Wenn deine Freundin auf ihn steht, soll sie ihn selbst ansprechen, un. Außerdem macht er nicht den Eindruck, als würde er Hilfe wollen!“

„Er macht auch nicht den Eindruck, als würde man leicht mit ihm reden können.“

„Stimmt, un.“

„Aber er hat mit dir geredet!“

Deidara verzog seinen Mund. Es hatte keinen Sinn Kurotsuchi zu widersprechen, aber wenn er dieser, ihm mitterweile noch viel dämlicher erscheinenden, Bitte nachkommen sollte, so wollte er zumindest den Grund dafür erfahren.

„Wieso willst du sie eigentlich verkuppeln?“

„Weil sie meine beste Freundin ist.“ Weil diese Antwort so schnell kam, witterte er bereits, dass etwas nicht daran stimmen konnte. Immerhin konnte das nicht alles sein. Es war zu absurd.

„Und?“, bohrte Deidara daher weiter nach.

„...und weil ich nicht möchte, dass sie sich weiterhin so vernachlässigt fühlt, weil ich mehr Zeit mit dir, als mit ihr verbringe.“, gestand Kurotsuchi mit einiger Verspätung, worüber Deidara nur staunen konnte. Kamen diese Worte wirklich von seiner Freundin? Doch andererseits war diese Antwort zumindest ehrlich gewesen. Zeitgleich schoss ihm allerdings noch etwas anderes durch den Kopf.

„Muss ich dir dafür jetzt dankbar sein, dass du etwas für mich getan hast?“, hörte er Sasoris Stimme in seinen Gedanken fragen. Erst in diesem Moment verstand er es. Deidara verstand, dass er ihm nicht nur geholfen hatte. Er hatte es schließlich auch für sich selbst getan, weil er Kurotsuchi einen Gefallen tun wollte und weil sie wiederrum etwas für ihre beste Freundin tun wollte. Aus dieser Perspektive betrachtet kam sich der Blonde auf einmal etwas egoistisch vor, während seine Gedanken Sasoris Worte weiterspannen.

„Du... willst ihr also helfen, damit du dich nicht so schlecht fühlst?“, fasste er seine Mutmaßung schließlich langsam zusammen und kaum waren seine Worte ausgesprochen, zog Kurotsuchi ihre Hand unter seiner eigenen weg.

„Das hört sich ziemlich gemein an, wenn du das so sagst!“, schmollte sie leise.

Er musste ihr zustimmen. Es war tatsächlich gemein und vielleicht würde er sich deshalb bei Sasori entschuldigen, um ihn die Wahrheit zu sagen. Dann würde er von seiner Verhererin erfahren und Deidara war seine Aufgabe los.
 

Am nächsten Tag in der Mittagspause zögerte er deshalb keine Sekunde. Kaum hatte die Schulglocke zur Pause geklingelt, drehte er sich nach hinten um, wo Sasori wieder einmal in einem Buch blätterte und einen gelangweilten Eindruck machte.

„Sasori-san.“, flötete der Blonde gezwungen, wobei er sich ebenfalls zwang den Groll vom Vortag zu verdrängen, „Es ist Mittagspause. Wollen wir zusammen essen?“ Er bekam keine Reaktion und wurde stattdessen ignoriert.

„Sasori-san~ wir können ja auch woanders essen, wenn du nicht hier essen möchtest.“, schlug er angespannt vor, erhielt daraufhin aber immer noch keine Antwort.

„Saso-“

„Kannst du nicht still sein?“

Sichtlich genervt klappte sein Gegenüber das Schulbuch zusammen, bevor er es an die äußere Kante seines Tisches schob.

„Ich esse nichts, also frag jemand anderes!“

Irritiert schaute ihn Deidara an.

„Du isst nichts, un? ...wenn du dein Essen vergessen hast, dann kannst du etwas von meinem haben!“

Nicht, dass er gerne mit einem Kerl wie Sasori teilen wollte, nur irgendwie musste er ja ein Gespräch beginnen, was einem immer unmöglicheren Unterfangen glich. Kurz überlegte Deidara.

„Wegen deinen Sachen aus dem Clubraum...“, begann er schließlich, wobei sein Gegenüber sofort hochblickte. Obwohl er ihn sehr gefasst anschaute, tippte der Blonde dennoch, dass er nun die volle Aufmerksamkeit hatte. „Ich frage mich, wie lange du sie in meinem Spind bunkern willst, un. Außerdem bin ich ja schon ein bisschen neugierig...“

„...fass sie nicht an.“

„Un?“

„Ich sagte, dass du meine Sachen nicht anfassen sollst.“

„Jaja, un. Denkst du, ich könnte sie kaputt machen?“

„Richtig. Jemand, wie du sollte seine Finger von wahrer Kunst lassen!“

Sasoris Augen verengten sich ein Stück weit, während Deidara darüber nur staunen konnte. Es ärgerte ihn nach wie vor, dass jemand so mit ihm redete, zumal er mittlerweile einen Punkt erreichen würde, an dem er sich nicht länger zurückhalten konnte. Schon gestern hatte er seine Gedanken ausgesprochen. Sie waren sein voller Ernst gewesen und obwohl er sich nun eigentlich dafür entschuldigen wollte, wich er von seinem Vorhaben ab.

„Ob du's glaubst oder nicht, aber ich habe sehr wohl Ahnung von Kunst!“, bemerkte Deidara ernst, doch Sasori reagierte nicht. Ohne weiter über seinen Tun nachzudenken griff der Blonde daher nach dem Skizzenblock, der aus der Schultasche des anderen hervorlugte und schlug ihn auf.

„Hey!“ Zeitgleich war der Rotschopf aufgestanden. Er streckte seine Hand nach seinem Eigentum aus, aber weil der Größere schneller war, konnte er ihm den Block nicht mehr abnehmen. Stattdessen musste er nun beobachten, wie sein neuer Mitschüler langsam durch seine Skizzen blätterte, sodass ihm nicht anderes übrig blieb, als sich schweigend zurück auf seinen Stuhl zu setzen.

„Nicht schlecht, un.“

„Was? Natürlich ist es das nicht. Es sind meine Skizzen, sie sind hervorragend.“, knirschte Sasori angespannt und funkelte Deidara an, der seinen Block mit einem seltsamen Lächeln auf den Lippen zurück in seine Tasche steckte.

„Un~ Deine Farbgebung ist dafür aber schlecht.“

„Was?“

„Die Coloration der letzten Skizze... deine Farbgebung ist so monoton und langweilig, dass man dabei einschlafen könnte.“

Zuerst wusste Sasori überhaupt nichts darauf zu erwidern. Er wunderte sich nur, wie dieses Gör es wagen konnte, so über seine Bilder zu sprechen; wie er sich überhaupt ein Urteil erlauben konnte. Es war mehr als nur lachhaft und es bewies, dass der Blonde tatsächlich keine Ahnung von Kunst hatte.

„Hm.“, entkam es ihm mit einem überlegenen Gesichtsausdruck, „Du weißt wirklich gar nichts!“

„Denkst du? Wir können ja mal ein Museum für moderne Kunst besuchen, dann beweise ich dir, wie man heutzutage mit Farben umgeht, un.“

Sasori spürte, wie es in seiner Magengegend zu kribbeln begann und es war kein gutes Zeichen, denn es bedeutete, dass er mittlerweile wirklich wütenf wurde. Tief Luftholend starrte er zu seinem Gegenüber, der ihn mit abwartend anschaute.

„Moderne Kunst? Kunst bedeutet Ewigkeit, ewige Schönheit. Wieso sollte ich mir dann so neumoderne Dinge anschauen? Das hat nichts mit Kunst zu tun!“

„Un? Verstehe... deshalb ist dein Farbstil so veraltet und langweilig. Wie alt bist du? Kunst muss mitreißend und explosiv sein!“

In seinem Schoß ballten sich Sasoris Hände zu Fäusten. Der neue Mitschüler kotzte ihn wirklich an und es war das allererste Mal, dass es jemand schaffte ihn wirklich so stark zu provozieren.

„Explosiv?“, wiederholte er leise.

„Lass uns nach der Schule in's Museum. Ich beweise es dir, un!“

Deidara blickte schweigend auf seine eigenen Hände, mit denen er ein Yakisobabrötchen hielt. Er hockte auf den Stufen, die zum Eingang des Kunstmuseums führten und neben ihm saß Sasori, der eine Nachricht in sein Handy eintippte. Nach Schulschluss war er von dem Rotschopf tatsächlich begleitet worden, sodass sie die letzten zwei Stunden gemeinsam im Museum verbracht hatten und obwohl Deidara noch nicht einmal sagen konnte, wie er auf diese Idee gekommen war, so musste er sich eingestehen, dass sie gar nicht einmal so schlecht gewesen war. Immerhin hatten sie während ihres Museumsbesuches miteinander geredet, viel geredet und diskutiert. Es hatte sich herausgestellt, dass Kunst wirklich ein Thema war, über das er mit dem anderen reden konnte, auch wenn sie zwei vollkommen verschiedene Ansichten hatten. Zumindest was das anging, war Sasori sehr umgänglich, weshalb Deidara bei diesem Gedanken schwach schmunzeln musste, denn der Rotschopf war doch nicht ganz so ätzend, wie er zuvor angenommen hatte und vielleicht hatte auch Kurotsuchis Freundin eine Chance ihm näher zu kommen. Gönnen würde er es ihm zumindest, immerhin war es nicht schlecht eine Freundin zu haben und weil Sasori eh niemanden zu haben schien, würde dies wirklich gut passen.

Gerade in dem Moment, als er seinem Sitznachbarn etwas von dem Brötchen anbieten wollte, stand dieser allerdings auf.

„Un? Wohin willst du?“

„Geht dich nichts an.“

Bei dieser Antwort runzelte Deidara seine Stirn. Kaum war ihre Diskussion über Kunst beendet, war Sasori wieder genauso abweisend wie zuvor.

„Arbeiten, un?“, mutmaßte er trotzdem, bekam aber keine Antwort, sondern wurde einfach alleine sitzen gelassen, weshalb er schnell aufsprang und einige Treppenstufen gleichzeitig nahm, um hinter seinen Begleiter her zu rennen. Immerhin hatte er etwas Wichtiges vergessen. Sie waren so sehr in ihrem Gespräch über Kunst vertieft, dass er den eigentlichen Grund, wieso er mit Sasori hatte reden wollen, vollkommen unbeachtet gelassen hatte und jetzt mit ihm darüber sprechen wollte.

„A-ah, warte doch mal!“, rief er diesem deshalb hinterher, ehe er seine Hand ausstreckte und den anderen am Unterarm zu fassen bekam.

„Was denn? Musst du mich schon wieder nerven? Ich bin mit dir im Museum gewesen, also kannst du jetzt jawohl endlich Ruhe geben.“ Auch wenn Sasoris Stimme ruhig und leise war, klangen seine Worte irgendwie hart, woraufhin sich Deidaras Griff automatisch lockerte.

„U-un... ich wollte nur...“

„Dafür habe ich jetzt keine Zeit. Meine Schicht fängt gleich an und ich kann meine Arbeitskollegen nicht warten lassen.“

Kaum hatte Sasori die Chance ging er weiter, während der Blonde hinter ihm zurückblieb, was auch besser so war. Immerhin war es eine Sache über Kunst zu reden und selbst diese Diskussion war anstrengend gewesen, auch wenn er es irgendwie genossen hatte. Der Rotschopf musste es sich eingestehen, dass sein Mitschüler sehr wohl wusste, wovon er redete, doch nur weil er dessen Sinn für Kunst nun akzeptierte, bedeutete es noch lange nicht, dass er ihn aus diesem Grund auch als Person respektierte. Kunst war und blieb für Sasori ewige Schönheit, ebenso wie Deidara ein nervendes Gör blieb.

Seufzend nahm er die Treppe zur U-Bahnstation. Eigentlich hätte er diese zwei Stunden mit anderen Dingen verbringen können, aber er war trotzdem hierhergekommen. Es war unüblich für ihn, jedoch bereute er es nicht, denn es hatte sich trotzalledem gut angefühlt.
 

Nu am nächsten Morgen wurden Sasori die Folgen seiner Entscheidung bewusst.

„Sasori no Danna~“

Als er die überschwängliche Stimme von Deidara hörte, senkte er seinen Kopf gleich noch tiefer und begann die Formeln im Mathematikbuch anzustarren, als würde dies den Blonden aufhalten können, sich mit ihm zu beschäftigen.

„Danna!“

„...Danna?“ Über diesen Spitznamen verwundert, schaute er kurz nach oben, wo ihm Deidara entgegen grinste.

„Un, wieso nicht? Du weißt sehr viel über Kunst, man kann von dir sicher viel lernen, auch wenn ich denke, dass du die falschen Ansichten hast!“

Weil Deidara nun verstanden hatte, dass dies wirklich das Thema war, mit dem er Sasori erreichen konnte, wollte er es weiterhin nutzen, um ihm ein bisschen näher zu kommen.

„Aha?“

„Lass uns heute zusammen zu Mittag essen, un! Wir könnten nach oben auf das Dach gehen und...“

„Ich sagte doch, dass ich nichts esse.“

„Hast du dein Essen schon wieder vergessen? Du.. kannst etwas von meinem haben...“

Mit einem irritierten Lächeln deutete Deidara auf seine Schultasche. Im Gegensatz zum Vortag war er heute wirklich gewillt sein Essen zu teilen, undzwar nicht nur, um mit Sasori über Kurotsuchis beste Freundin zu reden, sondern auch um vielleicht noch ein bisschen mehr über Kunst zu diskutieren. Es war seltsam, aber es gefiel ihm immerhin. Kaum wollte er seine Bitte aus diesem Grund noch einmal wiederholen, öffnete sich die Klassentür, woraufhin der Unterricht begann und er sich nach vorne drehen musste.

„Überleg' es dir!“, flüsterte er nur noch schnell nach hinten, bevor er sein Heft aufschlug und während die Klassenliste nach und nach durchgegangen wurde, konnte Sasori seinen Blick nicht von dem blonden Hinterkopf abwenden. Das Gör ließ auch heute nicht locker, allerdings erschien ihm die Vorstellung ein bisschen Zeit mit diesem Typen zu verbringen gar nicht mehr so unerträglich wie vor wenigen Tagen noch. Immerhin war es das erste Mal, dass er sich mit jemanden über seine große Vorliebe unterhalten konnte.
 

„Bist du sicher, dass du nichts essen willst, un?“

Während Deidara die ersten Bissen seines Bentous verschlang, saß ihm Sasori ernst dreinblickend gegenüber. Er hielt lediglich eine Wasserflasche in den Händen, von der er ab und an nippte.

„Sicher.“, antwortete er ihm dabei und weil die Stimmung zwischen ihnen gerade so gut war, beschloss Deidara nun endlich das auszusprechen, weswegen er mit dem anderen eigentlich hatte reden wollen.

„Uun~ Danna, es tut mir Leid wegen neulich. Vielleicht hätte ich diese Dinge nicht sagen sollen, ohne zu wissen, wieso du die anderen meidest.“, presste er es sich hervor, wobei er einen weiteren Bissen in seinen Mund verschwinden ließ. Zu seiner Überraschung schüttelte Sasori daraufhin allerdings nur mit dem Kopf.

„Sie sind halt ein Haufen von Gören.“, erwiderte er dabei.

„Du weißt... es ist nicht sehr nett sowas zu sagen... un.“

„Es interessiert mich nicht, ob es nett ist oder nicht. Es ist einfach so, wie es ist. Das ist alles.“

Deidara konnte diese Einstellung einfach nicht verstehen. Musste Sasori nicht einsam sein, wenn er jeden Mitschüler mied? Für einige Zeit blickte er deshalb nachdenklich in seine Bentoubox, während er sich innerlich bereits die nächsten Worte zurechtlegte. Er war schließlich wegen Kurotsuchis bester Freundin hier.

„...was wäre, wenn dich ein Gör mögen würde?“, wollte er deshalb sehr vage wissen und bemerkte dabei verwundert, wie Sasori Anstalten machte, um sich von ihm zu entfernen, woraufhin ihm erst jetzt bewusst wurde, was er soeben von sich gegeben hatte.

„A-ah, warte... was wäre, wenn es ein Mädchen geben würde, dass dich interessant findet?“, verbesserte sich Deidara schnell, was Sasori jedoch nicht aufhalten konnte. Seufzend stand dieser auf.

„Daran hab ich kein Interesse. Gören bleiben Gören.“, erklärte er kühl.
 

„Das hat er gesagt?“

Deidara beobachtete, wie sich Kurotsuchi auf ihrem Bett zur Seite rollte. Sie hob ihre Arme über den Kopf, reckte sich gähnend und blieb schließlich regungslos liegen.

„Un. Deine Freundin sollte es vergessen. Oder sie soll ihn selbst endlich ansprechen.“ Während es sich seine Freundin auf der Matratze gemütlich gemacht hatte, saß Deidara auf dem Boden vor dem Bett. Schon zum wiederholten Male redeten sie über Sasori und das Vorhaben, welches sich Kurotsuchi in den Kopf gesetzt hatte, aber wie jedes Mal schien Deidara dabei nicht weiter zu kommen.

„Das ist wirklich schade!“ Kurotsuchi seufzte. „Ich wollte sie zumindest mit seiner Handynummer überraschen!“

„Überraschen?“ Kurz glaubte Deidara sich verhört zu haben. „Du hast ihr also gar nichts von deinem Plan erzählt?“

Kurotsuchi lächelte, wobei sie sich umdrehte, sodass sie sich nun direkt in die Augen schauen konnten. Sie streckte ihre Hand nach ihm aus, schob seinen blonden Pony zur Seite und lächelte sogleich noch breiter.

„Vielleicht... hast du ja Recht...“
 

Geschickt hob Sasori das Tablett an, auf dem er zuvor einen Latte Macchiato gestellt hatte und ging damit an den Tisch, von dem er die Bestellung erhalten hatte. Er stellte das hohe Glas schweigend vor dem Mädchen ab, bevor er seinen Notizblock hervorzog.

„Wir schließen gleich. Ich muss jetzt kassieren und werde keine weiteren Bestellungen mehr aufnehmen können.“, erklärte er ruhig, woraufhin er den obersten Zettel abriss, um ihn vor dem Mädchen zu legen, damit es bezahlen konnte. Doch anstatt auf die Rechnung zu schauen, blickte es mit zusammengepressten Lippen nach oben, weshalb Sasori den Zettel wieder zu sich zurückzog.

„Gibt es ein Problem mit der Rechnung?“, wollte er wissen, während er die Preise schnell überflog, doch die Summe stimmte. Hier gab es keinen Fehler. Deshalb schaute er nun auf den soeben servierten Latte Macchiato, aber auch das Getränk sah gut aus.

„...ich...“, hörte er die Stimme des Mädchens, woraufhin Sasori seinen Blick von dem Glas abwandte, „Ich komme sehr oft hierher und ich frage mich, ob du eine Freundin hast.“

Für einen Moment reagierte er nicht auf diese Aussage. Stattdessen stand er einfach nur schweigend an dem Tisch, wobei er auf den zartrosa-farbenen Haarschopf des Mädchens herabblickte. War das diese Göre, die Deidara gestern noch erwähnt hatte?

„Für etwas derartiges habe ich keine Zeit.“ sagte er schließlich kühl, ehe er sich wegdrehte, um zurück zu seiner Arbeit zu gehen. Zeitgleich hörte er das Geklirre einiger Geldmünzen auf dem Tisch und bemerkte, wie das Mädchen aufsprang und das Cafè hastig verließ. Den Latte Macchiato hatte es unberührt stehen lassen, weshalb sich Sasori seufzend wieder zurück zu dem Tisch begab, damit er ihn sowohl abräumen, als auch säubern konnte und unter dem Geld, welches ihm hier hingelegt wurde, fand er dabei noch einen kleinen handbeschriebenen Zettel. Darauf stand die Handnummer, zusammen mit dem Namen dieses Mädchens.

„Sakura Haruno.“, las der Rotschopf die schnörkeligen Schriftzeichen in Gedanken, wobei er dünn lächeln musste. Sie mochte nur eine Göre sein, aber es war amüsant, dass sich in den letzten Tagen etwas in seinem Leben zu verändern schien. Nicht, dass er sich für so etwas interessierte, doch es war nun einmal eine gewisse Abwechselung.
 

Deidara hatte sich dem Bett genähert, er kniete immer noch davor, beugte sich dabei allerdings weiter nah vorne, sodass seinem Gesicht dem seiner Freundin sehr nahe kam. Ihre Hand war immer noch in seinen Haaren vergraben und gerade, als er die letzte Distanz zwischen ihren Lippen überwinden wollte, öffnete sich ohne Vorwarnung die Zimmertür.

„Kuro-“ Eine wohlbekannte Stimme drang in sein Ohr und sofort schoss es ihm eiskalt den Rücken hinauf. „Was? Du? Was machst du denn hier?“

Schnell entfernte sich Deidara wieder von Kurotsuchi drehte sich um und war gerade dabei aufzustehen, aber zu diesem Zeitpunkt hatte sich der verhasste Vater seiner Freundin bereits vor ihm aufgebaut. Unsanft wurde nach seinem Kragen gegriffen.

„Was machst du hier? Seid ihr... immer noch zusammen?“ Kitsuchi schaute mit einem sichtlich finsteren Gesicht an Deidara vorbei und fixierte seine Tochter, die nur entschuldigend die Hände hob. Sie lächelte unbekümmert, obwohl Deidara selbst überhaupt nicht danach zumute war, denn spaßig war diese Situation wirklich nicht. Angespannt atmend griff er nach der fremden Hand, die ihn gepackt hielt.

„Und? Hast du immer noch ein Problem damit, un?“, brummte er seinem Gegenüber entgegen und lockerte dessen Griff. Schon von Anfang an war er von ihm gehasst worden, denn laut Kitsuchi hatte er einen zu schlechten Einfluss auf seine Tochter. Er würde sie vom Lernen abhalten, würde ihr mit seiner manchmal etwas seltsamen Art verrückte Dinge in den Kopf pflanzen und vor allem wollte er nicht die Dinge akzeptieren, die zwischen ihnen stattfanden. Er war ein Vater, der seine Tochter nicht an einen anderen Mann verlieren wollte und nur weil er die meiste Zeit im Ausland verbrachte, war eine Beziehung zwischen ihnen überhaupt möglich.

„Du hast mir doch gesagt, zwischen euch sei Schluss!“, zischte Kitsuchi derweil zu seiner Tochter, die immer noch vor sich hinlächelte, wobei sich Deidaras Herz kurz zusammenzog. Augenblicklich verstand er, wieso es so ruhig geworden war. Nicht nur, weil der Vater seiner Freundin nicht mehr zu Hause gewesen war, sondern einfach, weil Kurotsuchi ihn belogen haben musste, weshalb er nun ebenfalls düster zu ihr hinüber starrte.

„A-ah... also...“, stammelte sie, wobei sie wie in Zeitlupe vom Bett aufstand.

„Das war deine Idee, oder?“ Kitsuchi drehte seinen Blick währenddessen wieder zurück zu Deidara, „Du hast sie dazu gedrängt mich anzulügen! Das ist mal wieder typisch! Du verdirbst meine Tochter, also bleib ihr gefälligst fern!“

Mit einem harten Stoß wurde Deidara nach hinten Richtung Zimmertür gedrängt. Er hatte gegen diesen Mann keine Chance, immerhin war er ihm sowohl was die Körpergröße, als auch was die Kraft anging, weit überlegen. Seine einzige Chance war es, dass Kurotsuchi zu ihm stand, doch diese stand nur regungslos am Bett, hielt ihren Kopf gesenkt und fummelte an dem unteren Ende ihres Rockes herum, wobei sie nachzudenken schien.

„...es ist nicht Deidaras Idee gewesen.“, murmelte sie dabei schließlich angespannt, sodass Kitsuchis Stimme lauter wurde.

„Nicht? Es war deine eigene?“ Noch finsterer als zuvor blickte ihr Vater zu Deidara und ging auf ihn zu, um grob nach dessen Schulter zu packen.

„Hey!“, wollte der Blonde protestieren.

„Ich verstehe, du hast sie also wirklich schon völlig verdorben! Mach, dass du hier wegkommst!“

„Aber!“, schaltete sich Kurotsuchi dabei ein, wurde nun allerdings ebenfalls angeschrien.

„Du wirst ihn nicht wieder sehen! Ich verbiete es dir!“

„Was?“, entkam es den beiden daraufhin gleichzeitig, nur wurde Deidara derweil bereits aus dem Zimmer geschoben. Sich gegen die Kraft des viel größeren Mannes vergeblich wehrend erreichte er schließlich die Wohnungstür, durch die er kurz danach bereits nach draußen gestoßen wurde und dort unsanft auf dem Boden landete.
 

Als die Schulglocke zur Mittagspause hin klingelte, hob Sasori vorsichtig seinen Kopf. Er schaute nach vorne, wo Deidara saß, nur im Gegensatz zu den bisherigen Tagen schien dieser ihn heute in Ruhe zu lassen. Deshalb konnte er sich in aller Ruhe einer neuen Skizze widmen. Für einige Minuten glitt sein Bleistift schnell über das Papier seines Zeichenblockes, bis er dann allerdings von einem dumpfen Geräusch gestört wurde. Erneut blinzelte Sasori nach vorne und sah, wie Deidaras Kopf auf die Tischplatte des Pultes gekippt war.

„Un...“, hörte er ihn außerdem leise vor sich hinwimmern. Dieses Verhalten war ihm neu. Er mochte ihn zwar noch nicht sehr lange kennen, doch er konnte trotzdem erkennen, dass etwas nicht stimmte und obwohl es ihm eigentlich egal sein konnte, beobachtete er den Blonden eine Zeit lang, ehe er sich wieder seinem Skizzenblock widmete. Im gleichen Moment schob sich der Stuhl vor ihm mit einem unangenehmen Geräusch über den Boden und Deidaras Haarschopf tauchte nun auf seiner Tischplatte auf.

„Lass uns in die Cafèteria gehen, un.“ Das Gebrumme klang so niedergeschlagen, dass Sasori den abweisenden Kommentar für wenige Sekunden zurückhielt, womit er seinem Gegenüber zu viel Zeit ließ. Voller Energie sprang dieser plötzlich auf.

„Ich habe Hunger, lass uns essen gehen!“

Sasori blickte allerdings nur schweigend nach oben.

„Bist du eigentlich bescheuert?“, rutschte es ihm schließlich über die Lippen, womit er den Gedanken aussprach, den er schon von der ersten Begegnung mit Deidara hatte. „Ich habe kein Interesse mit dir meine Zeit zu verschwenden!“ Seufzend setzte er seinen Stift zurück auf das Papier, hielt dann allerdings auf einmal inne und hob erneut seinen Blick.

„Woher wusstest du eigentlich von diesem Mädchen?“

Obwohl Sasori Stimme wie immer sehr leise klang, konnte Deidara ihn genau verstehen, aber er verstand nicht, wieso sie auf einmal jetzt über dieses Thema reden sollten. Ein bitterliches Lächeln schlich sich auf die Lippen des Blonden, während er nur mit den Schultern zuckte. Eigentlich müsste er sich über das Verhalten des anderen aufregen und ärgern, doch aus irgendeinem Grund fehlte ihm dafür heute die Kraft. Auch wenn es dumm war, die Gesellschaft von Sasori zu suchen, blieb er an dessen Schulpult stehen. Dessen ruhige und kühle Art war ironischerweise sehr tröstend, während er sich in der Nähe der Mädchen aus seiner Klasse nicht gut fühlte, denn nach der Situation mit Kurotsuchi und ihrem Vater war er nicht zum Flirten aufgelegt.

„Ich habe Hunger... können wir darüber nicht in der Cafèteria reden?“
 

Deidara wusste selber nicht, wie er es geschafft hatte, Sasori dazu zu überreden ihn zum Essen zu begleiten. Scheinbar war der Kleinere neugierig, was so gar nicht zu diesem passte. Schon wieder schweigend saß dieser ihm nun gegenüber, während er ihn dabei beobachtete, wie er sich eine Portion Yaki Udon nach der nächsten in den Mund schaufelte. Es verging eine halbe Ewigkeit und gerade, als Deidara seine Schüssel gelehrt hatte, bemerkte er, wie Sasoris Mundwinkel kurz zuckte. Wollte dieser etwas sagen? Doch er schwieg immer noch, wobei sich seine Haltung versteifte, sodass Deidara es verstand. Der Rotschopf wollte nicht reden, er hatte einfach keine Lust noch länger zu warten, was er mit diesen kleinen Gesten offenkundig zeigte.

„Also hast du doch Interesse an Mädchen? Wenn du möchtest, kann...“ Deidara brach ab. Es machte momentan keinen Sinn Kurotsuchis beste Freundin mit seinem Klassenkameraden zu verkuppeln. Denn zuerst musste er sich um seine eigenen Beziehungsprobleme kümmern.

„Ich habe kein Interesse an dieses Gör, aber gestern ist es mir wohl begegnet. Ich frage mich nur, woher du dieses Mädchen kennst.“

„Hm? Achso, wenn es das Mädchen ist, was ich denke, dann ist es die beste Freundin von meiner Freundin. Ich wollte, dir schon vorher sagen, dass sie auf dich steht, un.“, wie nebensächlich zuckte Deidara abermals mit seinen Schultern, woraufhin Sasori ohne zu Zögern aufstand und kommentarlos ging.

„U-un?“ Irritiert schaute der Blonde ihm nach. Hatte er etwas falsches gesagt? Es war nur die Wahrheit gewesen. Die Wahrheit, die er ihm schon vorher hatte sagen wollen.

Sasori ließ sich langsam auf dem Stuhl im Aufenthaltsraum sinken, welcher hinter der Küche des Cafès seiner Großmutter lag und nahm einen tiefen Schluck aus der großen Kaffeetasse, die hier stand. Obwohl Wochenende war, musste er wieder einmal arbeiten. Schon seit heute Morgen stand er mit seinem Kostüm und dem Notizblock im Cafè, weshalb es erleichternd war, nun endlich eine kurze Pause einlegen zu können. Immerhin war er müde. Er hatte die halbe Nacht über wach in seinem Bett gelegen und die dunkle Zimmerdecke angestarrt, während er immer und immer wieder die gleichen Gedanken durchgegangen war. Er war am Vortag nicht ohne Grund vor der Göre davongelaufen, zumal er sich jetzt über sich selbst ärgerte. Vielleicht sollte es ihn eigentlich kalt lassen, aber dafür hatten sich Deidaras Worte schon zu tief in seinen Kopf eingebrannt. Sasori konnte den Tag nicht vergessen, an dem er den anderen ausgesperrt hatte, an dem Deidara gegen die Wohnungstür geschlagen hatte und an dem er sich auf eine schreckliche Art und Weise ertappt gefühlt hatte. Spätestens nach diesem Vorfall hätte er ihn wirklich ignorieren sollen, so wie er es mit allen seinen Mitschülern tat, doch seitdem sie dieses Museum besucht hatten, war dies nun unmöglich geworden. Deidara mochte nur eine von diesen Gören sein, aber weil er eine Göre war, mit der Sasori reden konnte, hatte er wirklich gedacht, dass der Blonde anders wäre. Vielleicht war es sehr weit hergeholt, aber das, was er gestern in der Cafèteria der Schule erfahren hatte, ließ ihn vorsichtig werden. Sasori war misstrauisch. Er wusste nicht, was er davon halten sollte und wenn er an das allerschlechteste dachte, was in einem anderen Menschen stecken konnte, so vermutete er, dass Deidara nur Zeit verbracht hatte, weil es um dieses seltsame Mädchen ging. Natürlich war das nur das, was ihm sein Kopf sagte. Es gab weder Beweise noch etwas anderes, doch Sasori wollte nichts riskieren. Er verschloss lieber wieder das, was Deidara aufgerissen hatte. Sein Herz hatte sich in den vergangenen Tagen tatsächlich ein Stück weit geöffnet, denn obwohl er kaum redete, noch andere Zeichen von sich gab, er konnte dieses komische Gefühl spüren. Die Erleichterung, dass sich sein Leben veränderte. Aber er wollte nicht verletzt werden, weder von einem Mädchen, noch von irgendwem anderes.

„Sasori-san...“

Die Stimme seiner Arbeitskollegin riss Sasori zurück in die Realität. Das Mädchen stand mit einem zögerlichen Gesichtsausdruck im Türrahmen.

„Ich habe Pause.“, erklärte er ihr trocken.

„Ja, ich weiß, aber da ist ein Gast, der nach dir verlangt hat.“ Verunsichert lächelnd deutete seine Kollegin in Richtung des vorderen Teil des Cafès, woraufhin Sasori nickend aufstand. Es war nicht das erste Mal, dass er einfach zu viel arbeitete, immerhin gab es für ihn keinen Arbeitsvertrag; er war einfach nur der Enkel der Inhaberin dieses Cafès und deshalb tat er das, was er tun musste.

Schweigend folgte er seiner Arbeitskollegin, wobei er bereits über das nachdachte, was er gleich sagen wollte. Er hatte bereits eine dunkle Vermutung und er verstand nicht, wieso diese Sakura nicht aufgab, denn schon gestern Abend hatte sie bereits wieder hier gesessen und ihn beobachtet. Doch als er an den Tisch herantrat, saß dort nicht dieses Mädchen. Stattdessen steckte ein blonder Haarschopf in der Getränkekarte und blätterte in dieser umher.

„Ihre Bestellung?“, fragte Sasori gepaart mit einem schwachen Seufzen, sodass Deidara den Blick hob, um ihn mit großen Augen anzuschauen.

„Un? Ich will nichts bestellen, das ist so teuer, das kann ich mir alles nicht leisten!“, antwortete er.

„Dann kannst du ja wieder gehen.“ Sasoris Notizblock fand seinen Weg zurück in die Hosentasche seines Kostüms, woraufhin Deidara schnell den Kopf zu schütteln begann.

„Ich bin den ganzen Weg hierhergekommen, um mit dir zu reden, un!“

„Ach wirklich?“ Im Grunde konnte Sasori seinen Ohren nicht trauen. Er glaubte dem anderen nicht.

„Ja und eigentlich habe ich mir überlegt, dass du mir ja was ausgeben könntest, un! Immerhin ist mein Spind immer noch voll von deinen seltsamen Kunstwerken...“

Staunend schaute Sasori nach unten, wo er von Deidara mit einem ernsten Blick angestarrt wurde. Diese Göre war wirklich mehr als nur selten-dämlich.

„Seh' ich so aus, als würde ich umsonst ausschenken. Mach, dass du gehst!“

Innerlich ebenfalls mit dem Kopf schüttelnd, war Sasori kurz davor wieder zu gehen, wurde davon allerdings abgehalten, weil eine kalte und etwas zittrige Hand nach seinem eigenen Handgelenk griff.

„Ach, komm schon... nur ein Getränk und ich muss wirklich mit dir reden, un!“

Für einen Moment rührte sich Sasori daraufhin nicht, atmete tief durch und blinzelte schließlich abweisend nach hinten, wo Deidara etwas verzweifelt dreinblickend stand.

„Was ist hier los? Gibt es ein Problem? Sasori, was denkst du dir eigentlich dabei, was du hier tust?! Verweigerst du deine Arbeit?“

Ohne jede Vorwarnung drang die Stimme seiner Großmutter von irgendwoher und noch bevor er reagieren konnte, stand die alte Frau neben ihm, um ihm eine zusammengerollte Zeitung über den Kopf zu schlagen. Danach wandte sie sich zu Deidara, vor dem sie sich sehr tief verbeugte.

„Es tut mir schrecklichst Leid! Mein Enkel weiß manchmal einfach nicht, was er tut!“

„U-un, nein, das ist es nicht. Eigentlich...“, begann der Blonde daraufhin zu stammeln, verstummte aber sofort, als Sasoris Großmutter weitersprach.

„Als Entschädigung soll er Ihnen einen Kaffee bringen. Sie brauchen dafür nicht zu bezahlen!“

Sofort schlich sich ein dünnes Grinsen auf Deidaras Lippen und Sasori blieb nichts anderes übrig, als dieser Anweisung nachzukommen, indem er dem Gör einige Minuten später eine Tasse Kaffee servierte.

„Und wenn du ausgetrunken hast, kannst du ja gehen.“, murmelte der Rotschopf leise vor sich hin, während er die Tasse von dem Tablett nahm, um sie langsam vor seinem Mitschüler abzustellen.

„Un, nein. Wenn du keine Zeit zum Reden hast, warte ich eben bis du Feierabend hast!“

Irritiert zog Sasori seine Augenbrauen hoch, denn er wusste nicht, welchen Teil Deidara von seiner Abweisung nicht verstanden hatte, aber wie es schien war es dem Blonden tatsächlich ernst. Er wollte hier bleiben und bis zum Schichtende warten, um mit ihm zu reden, was vollkommen im Widerspruch zu dem stand, was seit gestern Mittag in Sasoris Kopf herumgeisterte.

„Meinetwegen.“, sagte er dennoch kühl, bevor er sich umdrehte, um die letzten Minuten seiner Pause im abgelegenen Aufenthaltsraum zu verbringen, ehe er weiterarbeiten musste.
 

Währenddessen saß Deidara mit dem geschenkten Kaffee am Cafètisch und starrte dabei auf sein Handy. Es war für ihn kein Problem zu warten, denn für heute hatte er nichts mehr vor. Eigentlich hatte er sich mit Kurotsuchi treffen wollen, aber seitdem er von ihrem Vater in ihrem Zimmer erwischt worden war, konnte er sie nicht mehr erreichen und eigentlich kannte er bereits den Grund dafür. Deidara konnte darauf wetten, dass Kitsuchi seiner Tochter das Handy abgenommen, dass sie daraufhin protestiert hatte und dass sie daraufhin ein Ausgangsverbot bekommen haben musste. Immerhin wäre es nicht das erste Mal, wobei der Blonde dieses Mal nicht wusste, wie sich dieses Beziehungsproblem lösen ließ. Kitsuchi würde die nächsten Wochen erst einmal nicht mehr beruflich ins Ausland gehen, weshalb er somit die volle Kontrolle über Kurotsuchi hatte.

„Un...“ Seufzend stützte Deidara seinen Kopf in eine Hand und schaute sich abwesend im Cafè um. Er war nicht nur zufällig hier. Zwar hatte er keine Ahnung, wieso Sasori ihn am Vortag stehen gelassen hatte, doch hielt ihn das nicht davon ab die Gesellschaft des Kleineren zu suchen und dieses Mal tat er es nicht, weil es um irgendein Mädchen ging.
 

Sasori verschloss sein Spind und schlüpfte danach schnell in seine Sweatshirtjacke. Er mochte es nicht, jemanden warten zu lassen, was auch für ein Gör wie Deidara galt und auch obwohl es sich dieser selbst so ausgesucht hatte.

Aber vielleicht lag es auch daran, dass er bereits die Vermutung hatte, dass der Blonde nicht mehr an diesem Tisch sitzen würde, zumal er auch heute länger hatte arbeiten müssen. Doch kaum war er aus dem privaten Bereich des Cafès nach vorne getreten, wurde er etwas Besserem belehrt, denn der Blonde wartete tatsächlich noch.

„Also?“, fragte Sasori, als er auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches Platz genommen hatte. Deidara sah immer noch genauso niedergeschlagen aus, wie er ihn in Erinnerung hatte, aber im Gegensatz zum Vortag, zwang sich dieser nun zu einem schiefen Grinsen.

„Wieso hat das solange gedauert? Jetzt können wir nicht mehr los, un.“

„Los? Wohin? Wolltest du nicht über irgendetwas reden?“

„Hm, ja, aber...“, Deidaras Grinsen wurde breiter und für einen kurzen Moment strahlten seine Augen, während er einen Flyer quer über den Tisch schob. Es war Werbung für eine künstlerische Sonderausstellung, die über das Wochenende in der Nachbarstadt stattfand.

Eine ganze Zeit lang ruhte Sasoris Blick auf diesem Flyer und er konnte tatsächlich nicht glauben, dass Deidara dorthin wollte. Mit ihm. Immerhin war es lächerlich. Wieso sollte er auch mit irgendjemanden gemeinsam etwas am Wochenende unternehmen?

„Un? Ich hätte gedacht, es würde dir gefallen...“

Vorsichtig schaute Sasori auf. Natürlich gefiel es ihm, nur sprach er es nicht aus.

„Vielleicht ein anderes Mal. Irgendwann...“, gab er allerdings trotzdem nach und sah dabei, wie sein Gegenüber lächelte.

„Un. Und was machen wir dann jetzt?“

„Jetzt?“, wiederholte der Rotschopf langsam. Erst in diesem Moment begriff er, wie ernst es dem anderen war.

„Un. Habt ihr hier eigentlich... ein bisschen Alkohol?“

„Habe ich dir nicht gesagt, dass ich keine Freigetränke serviere? Außerdem habe ich Feierabend.“

„Das ist keine Antwort auf meine Frage, un.“

Sasori verdrehte innerlich die Augen. Deidara schien wirklich sehr verzweifelt zu sein, wenn er am frühen Abend schon Alkohol trinken wollte, aber er würde es ihm nicht verbieten.

„Wir haben nur Sahneliköre für einige Kaffeegetränke. Das ist nichts, was du trinken solltest, außer du kannst es dir mit deinem Geld leisten.“, wies er ihn dennoch an, woraufhin Deidara auf einmal aufstand.

„Okay, dann lass uns zum nächsten Conbini!“
 

Einige Zeit später saßen sie draußen unter einer abseits gelegenen Brücke in Sasoris Wohnviertel. Zwischen ihnen stand eine Flasche billigster Sake und die andere hielt Deidara zufrieden lächelnd in den Händen. Sasori selbst konnte allerdings nicht glauben, wie es so weit hatte kommen können, wieso er den anderen überhaupt begleitet hatte, geschweige denn wie dieser es geschafft hatte, den Alkohol zu kaufen. Scheinbar hatte sein Mitschüler darin schon seine Erfahrung, sodass Sasori nur seufzen konnte, während er beobachtete, wie Deidara die erste Flasche öffnete.

„Also dann~“

Ohne zu Zögern setzte er sie sich an die Lippen und trank einige Schlücke, bis er sie atemlos absetzte.

„Wolltest du nicht nur mit mir reden? Wozu braucht man da den Alkohol?“, wollte Sasori schließlich trotzdem wissen. Für ihn war die ganze Situation seltsam, weil er nicht glauben konnte, dass Deidara ohne jeden Grund hier bei ihm war.

„Schon, aber nur reden ist doch langweilig und mit Alkohol redet es sich besser findest, du nicht?“

Darauf gab der Rotschopf keine Antwort. Stattdessen schaute er seinen Sitznachbarn nur schweigend an, der bereits die nächsten Schlücke Sake nahm.

„Un~ Wieso frag' ich überhaupt, du redest ja sowieso so gut wie gar nicht!“ Abwesend in den Hals der Flasche schielend murmelte Deidara nur leise vor sich hin, ehe er aber auf einmal wieder etwas lauter sprach.

„Trinkst du gar nicht?“

„Wieso sollte ich auch?“

Sasori drehte seinen Kopf leicht zur Seite, wobei er den gluckernden Geräuschen des Sakes in der Flasche zuhörte. Es war fast schon ein bisschen schockierend, wie schnell der Blonde den Alkohol trank und als dieser die Flasche wieder abgesetzt hatte, spürte Sasori, wie er kurz davor war neben sich zu greifen. Im letzten Moment konnte er noch gegen diesen Drang ankämpfen, die angebrochene Sakeflasche an sich zu nehmen. Er würde keinen Schluck davon trinken.

Einige Momente des Schweigens vergingen bis Deidara schließlich wieder das Wort ergriff.

„Ich habe momentan ein paar Probleme mit meiner Beziehung. Es ist wirklich zum kotzen, der Vater meiner Freundin geht mir auf die Nerven, un.“, kam es wie aus heiterem Himmel aus ihm herausgesprudelt, sodass Sasori verwirrt zu ihm blickte.

„Trotzdem ist eine Freundin eine sehr gute Sache...“ Der Rotschopf sah, wie sich ein breites Grinsen in Deidaras Gesicht abzeichnete. „Und ich wette, dir würde eine Freundin auch gut tun.“

Mit diesen Worten war die erste Sakeflasche bereits geleert worden, ehe sie achtlos zur Seite geschoben wurde und leise klirrend von ihnen davonrollte, wobei Sasori ihr nachdenklich hinterherblickte.

„Du wolltest mich mit diesem Gör verkuppeln?“

Deidara zuckte als Antwort nur kurz mit den Schultern.

„Du hast mich deswegen die ganze Zeit über genervt?“

Und schon wurde die zweite Flasche geöffnet.

„Das kannst du sehen, wie du willst, un. Auf jeden Fall bin ich nicht nur aus Langeweile mit dir ins Museum gegangen. Wer verbringt schon gerne seine Zeit mit unausstehlichen Personen, un.“, nuschelte er gegen die Flaschenöffnung, während er neben sich blinzelte. Es war unübersehbar, wie Sasoris Augen sich veränderten, auch wenn es wieder nur eine sehr schwache Regung war, Deidara konnte sie erkennen und bevor sein Mitschüler wieder davonlief, rutschte er näher zu ihm herüber bis er etwas unkontrolliert gegen ihn stieß.

„Danna, deine Art ist echt ätzend und ich frage mich, ob es dich wirklich nicht stört, alleine zu sein, un~“

Kaum waren diese Worte ausgesprochen, war Sasori tatsächlich wieder kurz davor aufzustehen, um zu gehen. Immerhin sah er keinen Sinn weiterhin bei diesem Gör zu bleiben, was sich langsam aber sicher immer weiter betrank und sich die Frechheit erlaubte, ihn zu beleidigen. Schon jetzt lag ein rosiger Schleier auf Deidaras Wangen, doch Sasori konnte sich nicht rühren, da er plötzlich mit einem seltsamen Blick von seinem Sitznachbarn angeschaut wurde.

„Es stört dich, nicht wahr? Und es kotzt dich an, dass du niemanden findest, dem du vertrauen kannst, oder?“

Daraufhin wusste der Rotschopf nichts zu erwidern. Er wusste noch nicht einmal, was er darüber denken sollte, denn diese Worte aus Deidaras Mund zu hören, obwohl sie sich noch nicht einmal richtig kannten, war verstörend. Es fühlte sich so an, als würde dieses Gör tatsächlich durch seine äußere Schale schauen können und er selbst hatte natürlich nur das schlechteste über Deidara gedacht, weshalb er sich noch nicht einmal richtig über das Gesagt ärgern konnte. Immerhin war es die Wahrheit.

Nach einer weiteren halben Ewigkeit, in der sie sich angeschwiegen hatten, rollte nun auch die zweite Flasche leer über den Boden, während es bereits zu dämmern begann. Es war erst jetzt richtig Abend geworden und Deidaras Kopf war federleicht. Er lächelte, denn es war genau das, was er nach dem Problem mit Kitsuchi gebraucht hatte. Dazu kam außerdem, dass Sasori immer noch neben ihm saß.

„Un~ musst du morgen... auch arbeiten? Dann solltest du vielleicht... nach Hause...“ Während Deidara sprach schob er sich an der kalten Brückenwand hoch, geriet dabei allerdings ins Taumeln und kippte nach Vorne und nur weil Sasori ihn festhielt, ging er daraufhin nicht zu Boden. Stattdessen lachte er betrunken.

„Wie nett du s-sein kannst...“

„DU solltest wohl eher nach Hause.“, hörte er die ruhige Stimme des Rotschopfes irgendwo nah bei sich, woraufhin er den Kopf schüttelte.

„...das ist... viel zu weit, un! Das geht... nicht, un!“

„Zu weit?“

Sasori traute seinen Ohren nicht. Dieser Idiot betrank sich mit voller Absicht, obwohl er wusste, dass er es nicht so leicht zurück hatte. Darüber konnte er seinerseits ebenfalls nur mit dem Kopf schütteln.

„Aber ich kann doch sicherlich... bei dir übernachten, un?“

Sasori blickte still in das Dunkle seines Zimmers hinein. Er lag am äußersten Rand seines Bettes und berührte mit seinem Rücken direkt die Zimmerwand. Schon wieder konnte er nicht schlafen, weil zu viele Gedanken in seinem Kopf herumwirbelten, während er hin und wieder ein leises Rascheln aus der Dunkelheit vor sich hören konnte. Es war mühsam gewesen, den betrunkenen Deidara hierher zu bringen, denn letztlich hatte er ihn nicht unter dieser Brücke sitzen lassen können. Er war immerhin kein Unmensch, auch wenn das Gör für diese kopflose Aktion eine gewisse Strafe verdient hatte. Trotzdem ließ er ihn hier in seinem Zimmer auf dem Boden übernachten, wobei er so viel Abstand vor ihm gesucht hatte, wie es ihm möglich gewesen war.

„Un.“

Auf einmal hörte er einen leisen jammernden Laut, jedoch hatte er kein Mitleid mit dem Blonden. Er hatte es verdient, dass sich nun alles um ihn herum drehte und dass ihm wohl übel war, was Sasori bei den zwei Flaschen Sake, die Deidara getrunken hatte, wirklich nicht wunderte. Außerdem geschah es diesem Gör nur recht, nachdem was es zu ihm gesagt hatte. Sein Körper spannte sich unweigerlich an, als er an diese schmerzenden Worte zurückdachte.

„Uun.“

Bei einem weiteren Jammern wurde Sasori allerdings etwas unruhig und rutschte langsam zur Bettkante, von wo er prüfend nach unten blinzelte. Das Mondlicht schien durch einen dünnen Spalt der Gardinen und erhellte dadurch Deidaras verzerrtes Gesicht.

„...wenn du auf den Boden kotzt, bringe ich dich um!“, wisperte er ihm eisig entgegen. Es war ihm toternst, er würde seine wohlbehütete Fassung verlieren, nachdem was in den vergangenen Stunden passiert war und er würde Deidara quer durch die Wohnung prügeln. Über diesen Gedankengang überrascht, zuckte Sasori kurz zusammen, denn das hitzig Gefühl in seiner Magengegend war ihm neu. Normalerweise verschwendete er keine unnötigen Gefühle an eine andere Person, aber der Blonde hatte es geschafft ihn soweit zu bringen, dass er ernsthaft an ihn dachte, was schon schlimm genug war, wobei es noch schlimmer war, wie er sich jetzt in diesem Moment fühlte. Mit zusammengekniffenen Augenbrauen starrte er nach unten. Er bereute es, dass er nicht schon vorher einen Eimer in sein Zimmer gestellt hatte, aber dies wollte er nun nachholen, weshalb er langsam seine Beine aus dem Bett schob, um aufzustehen, doch kaum hatte er sich aufgerichtet, spürte er etwas an seinem Knöchel. Ohne sich auch nur dagegen wehren zu können, riss es Sasori förmlich den Boden unter den Füßen weg und er stürzte, woraufhin er direkt auf Deidara landete.

„Aahrg... uunn...“, entkam es diesem gequält und auch Sasori musste kurz durchatmen, weil sich irgendein spitzer Knochen in seine Magengrube drückte.

„Wirklich... wie bescheuert bist du eigentlich...?“, fragte er atemlos. Er war kurz davor wieder aufzustehen, doch im allerletzten Moment schlang sich plötzlich ein fremdes Paar Arme um seinen Nacken. „Wa-“

Sofort erstarrte der Rotschopf, wegen dieser ungewohnten Nähe, wobei er seine Augen trotz Dunkelheit weit aufriss. Seine Wange wurde irgendwo gegen Deidaras Brustkorb gedrückt, zumindest konnte er dessen Herzschlag hören und als wäre nichts gewesen, folgte nach dem leisen Jammern ein fast schon schnarchendes Geräusch, sodass Sasori nur mit den Zähnen knirschen konnte. Das Gör hatte ihn an sich gepresst, hielt ihn wie einen Teddybär und war in seinem betrunkenen Zustand einfach wieder eingeschlafen? Damit war seine Grenze erreicht. Unsanft befreite er sich aus der beengenden Umarmung, die ihm einfach viel zu viel Nähe war. Doch kaum war er wieder frei, griff Deidara erneut nach ihm. Dieses Mal krallten sich dessen Finger in sein Oberteil, um ihn zurück nach unten zu ziehen.

„Kuro... tsuchi...“, raunte er ihm dabei entgegen, woraufhin Sasori erneut erstarrte. Ihre Gesichter waren sich von einem Moment zum nächsten viel zu nah gekommen. Ihre Nasenspitzen berührten sich fast und er konnte den alkoholisierten Atem des anderen riechen, doch obwohl es so widerlich war, begann es in seinem Bauch abermals zu kribbeln. Keinen Augenblick später entfernte sich Deidara allerdings wieder von ihm, als wäre nichts geschehen und als hätte er einfach vergessen, was er hatte tun wollen. Es war der Augenblick, in dem Sasori aufstehen könnte, aber anstatt dem nachzugehen, blieb er in seiner Position, um auf das Gesicht des Blonden herabzusehen. Er verstand nicht, wieso er auf einmal so neugierig war, aber weil er unbedingt eine Antwort brauchte, näherte er sich wieder seinem Mitschüler und legte seine Lippen nur ganz flüchtig auf die von Deidara. Es waren nur wenige Sekunden, in denen eigentlich nichts geschah. Zumindest bis er spürte, wie sich das andere Lippenpaar gegen seine Eigenen bewegte. Schnell löste er sich wieder und stand auf. Er hatte ihn doch nicht wirklich küssen wollen? Nein, Deidara war betrunken, zumal er ihn selbst ja auch nicht richtig geküsst hatte. Stattdessen hatte er nur etwas ausprobieren wollen.
 

Am nächsten Morgen hatte Sasori bereits wieder sehr früh mit der Arbeit im Cafè begonnen. Besonders am Wochenende war zu dieser Zeit sehr viel los, denn das westliche Frühstücksangebot hatte sich in der Umgebung herumgesprochen, sodass der Rotschopf keine Zeit mit Deidara verschwenden konnte, der immer noch, ein Stockwerk höher, in seinem Zimmer lag. Doch gegen den späten Vormittag hin tauchte dessen Gesicht auf einmal im Privatbereich des Cafès auf, während Sasori soeben ein Tablett mit mehreren Heißgetränken trug.

„Danna, un...“, jammerte er, wobei er seinen Kopf rieb und die blonden Haare dadurch noch weiter zerzauste, worauf sich Sasori nun allerdings nicht konzentrieren konnte.

„Geh mir aus dem Weg.“, wies er seinen Gast kalt an, drängte sich an diesem vorbei, woraufhin er an den Tischen verschwand, um die Bestellungen zu servieren. Als er wieder zurückkehrte, stand allerdings seine Großmutter bei Deidara und funkelte ihren Enkel finster an.

„Steh da nicht untätig herum, servier' deinem Freund ein Frühstück!“

Zuerst glaubte Sasori sich verhört zu haben. Er wusste nicht, ob sich seine Großmutter jemals um ein Thema wie seine 'Freunde' gekümmert hatte, zumal er dieses Gör auch nicht unbedingt als solchen bezeichnen wollen würde, aber weil er keinen Ärger wollte, musste er nachgeben, weshalb er Deidara einen Kaffee brachte, der mittlerweile müde dreinblickend im Aufenthaltsraum saß. Mehr würde er wohl eh nicht hinunter bekommen und selbst das schwarze Getränk schien schon zu viel für ihn zu sein. Träge griff er nach der heißen Tasse.

„Un. Ich habe solche Kopfschmerzen! Wie bin ich überhaupt hierhin gekommen?“, jammerte er dabei leise vor sich hin, wobei Sasori nur unbeeindruckt mit den Schultern zucken konnte.

„Ja und? Selber Schuld, wenn du so viel Alkohol trinkst.“, erwiderte er schlicht und sah, wie Deidara ihm widersprechen wollte, indem er mit dem Kopf schüttelte. Es war erleichternd zu sehen, dass er sich scheinbar nicht richtig erinnern konnte.

„Un. Ich hatte einen echt seltsamen Traum...“

Gerade als der Rotschopf gehen wollte, hörte er dann allerdings diese Worte, die ein riesiges Unbehagen in seinem Körper auslösten. Für einen Augenblick blieb er stehen, um hinter sich zu schauen, wo er sah, wie Deidaras Kopf in dessen Händen abgestützt lag. Seine Augen waren verschlossen und seine langen Haare hingen wild nach unten. Er sah einfach zu fertig aus, als dass er sich tatsächlich an etwas erinnern könnte.

„Ach wirklich?“, fragte er dennoch angespannt nach, woraufhin er sehen konnte, wie der andere nickte. Trotzdem war es unmöglich, dass das Gör etwas mitbekommen hatte, immerhin hatte er einen Mädchennamen genuschelt. Wenn überhaupt musste er ihn für seine Freundin gehalten haben, eine andere Erklärung gab es nicht. Sasoris Griff, mit dem er das Tablett festhielt verfestigte sich. Gespannt blickte er zu Deidara, der auf einmal dümmlich grinsend abwinkte.

„Na... vergiss es. Es würde dich... eh nicht interessieren, un.“
 

Als der Rotschopf ihn wieder alleine ließ, schaute ihm Deidara eine Zeit lang hinterher, ehe er schließlich müde aufseufzte. Er fühlte sich seltsam, was allerdings nicht vom Alkohol kam. Mit der eine Hand noch die Kaffeetasse festhaltend griff er mit den Fingern der anderen Hand nach seinen Lippen und überlegte. Es war kein Traum gewesen. Sicherlich hatte er an Kurotsuchi gedacht, doch auch wenn er sich in einem Delirium befunden hatte, so hatte er bemerkt, dass es einfach nicht seine Freundin gewesen war. Immerhin kannte er ihr Parfum und dieser Geruch von gestern war ganz anders gewesen. Einen Moment lang überlegte er noch, ehe er verstohlen auf die dunkle Sweatshirtjacke blickte, die Sasori über die Rückenlehne von einem der Stühle gehangen hatte. Er wusste selbst, wie lächerlich dieser Gedanke war, aber nun wollte er dennoch Gewissheit, weshalb er sich vorsichtig dieses Kleidungsstück nahm, um es danach an seine Nase zu führen. Deidara roch zögerlich an der Jacke des Rotschopfes. Natürlich hätte er das auch in dessen Zimmer überprüfen können, aber sich in dessen Bett zu legen und an der Bettwäsche zu riechen, war noch seltsamer als das, was er nun tat. Er roch erneut, dieses Mal etwas stärker, woraufhin der Geruch von Waschpulver in seiner Nase kitzelte. Doch dabei mischte sich noch ein anderer Duft, ganz leicht, als wäre er gar nicht da, aber Deidara erkannte ihn sofort wieder, weshalb er die Jacke erschrocken zurück über die Stuhllehne warf. Es war das, was er gestern Nacht gerochen hatte. Ganz gleich ob Parfum oder Duschgel; es gehörte definitiv zu Sasori und er selbst war so ein Vollidiot, denn er hatte den Kuss auch noch erwidert, weil er so abwesend gewesen war.

Mit einem beklemmenden Gesichtsausdruck starrte er nun in die Kaffeetasse. Er konnte noch nicht einmal erahnen, was er sich dabei gedacht hatte, geschweige denn, wie Sasori überhaupt auf diese Idee gekommen war. Immerhin passte es nicht zusammen. Mit welchem Grund sollte sich dieser Eisklotz auf einmal jemanden öffnen, besonders, wo Deidara selbst doch jemand war, der ihn angeblich nervte. Die einzige Möglichkeit, die der Blonde schließlich fand, war der Gedanke, dass Sasori die Aufmerksamkeit genoss, die er ihm mit seinem anhänglichen Verhalten gab und das war etwas, was er auch von diesem Mädchen bekommen konnte. Zufrieden lächelte Deidara vor sich hin. Er würde schon dafür sorgen, dass der Rotschopf die Aufmerksamkeit seiner Verehrerin akzeptierte.

Nachdem Deidara den Kaffee nach einer Ewigkeit geleert und seine Haare einigermaßen gerichtet hatte, schlurfte er nach vorne in das Cafè, wo es mittlerweile recht leer geworden war. Zwei Maids standen an der Kasse, unterhielten sich leise, während die eine eine Tischdekoration richtete und die andere, Kaffeebohnen in eine große Glaskaraffe füllte. Sasori stand an einem Tisch, über den er mit einem feuchten Lappen wischte. Er schien konzentriert und obwohl sich Deidara leise von hinten anschlich, drehte er sich auf einmal nach ihm um.

„Gehst du jetzt?“, wollte er von ihm wissen, sodass der Blonde nickte.

„Un... außer du möchtest, dass ich noch warte, bis dieses Mädchen wieder hier auftaucht... ich könnte...“

„Nein.“

„Hu? Aber...“

„Nein!“, wiederholte sich Sasori eisig, dass es Deidara zu frösteln begann. Wieso sträubte sich der Kleinere nur so? Mochte er vielleicht wirklich grundsätzlich keine Mädchen? Hatte er ihn deshalb geküsst? Weil es nicht nur um das Problem mit dem Vertrauen ging? Denn dass er gar kein Interesse in anderen Menschen hatte, glaubte er ihm nicht. Er spürte, wie seine Mundhöhle trocken wurde. Wenn seine Vermutung stimmte, dann war das schrecklich, denn es war eine Sache, wenn er von seinem Mitschüler als kleines Gör beleidigt wurde. Damit konnte er leben, auch wenn es ihn verärgerte. Dass dieser ihn aber als weitaus mehr als nur ein Gör sah, war deswegen etwas ganz anderes. Das wollte Deidara nicht. Langsam holte er tief Luft.

„Danna, jetzt stell' dich nicht so an! Wenn ihr erst einmal in einem Bett liegt und euch küsst, wirst du garantiert nicht genug von ihr bekommen können, un! Wieso versuchst du es nicht einfach? Gib ihr eine Chance und sei etwas nett zu ihr!“, bemerkte er sehr leise und konnte zu seinem Erstaunen sehen, wie sich die Hand um den Putzlappen verkrampfte. Sasori stand kurz davor ihm dieses Ding um die Ohren zu schmeißen, sodass er schnell nach hinten weg wich. „N-na... wie dem auch sein, un. Wir sehen uns morgen!“
 

Kaum war die Tür hinter Deidara zugefallen, entspannte sich Sasori wieder etwas. Trotzdem starrte er wie abwesend vor sich auf die Tischplatte, während er versuchte zu verstehen, was es zu bedeuten hatte, dass er dieser Sakura einfach eine Chance geben sollte. Wie konnte sich das blonde Gör nur so sicher sein, dass dieses Mädchen anders als andere war? Wie konnte Deidara überhaupt behaupten, dass eine Beziehung etwas Gutes war, wenn er sich selbst doch auch aus Kummer betrank? Es war ihm nicht verständlich, aber für ihn selbst gab es schon etwas, weshalb er sich mit Sakura treffen wollte.

Aus diesem Grund zog er sein Handy in der Mittagspause hervor. Er hatte ihre Nummer noch und ohne Umschweife tippte er eine simple Nachricht ab.

'Lass uns heute Abend nach Ladenschluss reden.', schrieb er ihr, wobei er auf seinen Namen verzichtete. Wohl möglich konnte sie es sich sogar nicht nur denken, bestimmt wäre sie heute Nachmittag sowieso hierhin gekommen.
 

Es war 5 Uhr Nachmittags, als sich die Tür des Cafès öffnete und Sakura eintrat. Sasori erkannte sie sogleich an ihren Haaren, doch heute sah sie irgendwie anders aus. Er stoppte in seiner Bewegung, um genauer in ihre Richtung zu blicken, wobei sich ihre Blicke trafen. Das Make-up in ihrem Gesicht, ihre Kleidung. Sie hatte sich hergerichtet, was der Rotschopf etwas erstaunlich fand. Nachdem er mit dem Kassieren eines anderen Gastes fertig war, trat er zu ihr an den Tisch.

„Das Gleiche wie immer.“, hörte er sie sagen, doch dieses Mal schaute sie ihn nicht an, sondern blickte nur lächelnd vor sich auf die Tischplatte, während sie ihre Hände im Schoß gefaltet hielt und offensichtlich nervös an einem silbernen Ring herumspielte. Aus diesem Grund erwiderte Sasori nichts, sondern brachte ihr nur kurze Zeit später einen Latte Macchiato.

Bereits eine Stunde später war es im Cafè so leer geworden, dass sie mit den Aufräum- und Putzarbeiten beginnen konnten, doch gerade, als er sich daran machen wollte, über die Tische zu putzen, stand auf einmal eine seiner älteren Arbeitskolleginnen hinter ihm. Sie nahm ihm sowohl den Lappen, als auch den Eimer ab.

„Ich mach das heute! Du solltest zu deiner Freundin gehen!“, wies sie ihn an, woraufhin Sasori erst gar nicht reagieren konnte. Dieses Gör war nicht seine Freundin, bloß sagte er es nicht offen heraus, sondern nickte nur schwach, ehe er zu Sakura ging, die bereits ihre Geldbörse zückte, als sie ihn sah.

„Schon okay. Ich übernehme die Rechnung.“, sagte er zögerlich, sodass sie lächelte.

„Danke.“

Er beobachtete, wie sie ihre Handtasche wieder verschloss, bevor sie fast schon schüchtern zu ihm blickte.

„Worüber wolltest du reden?“

Für einen Sekundenbruchteil schien das Geklapper hinter der Theke leiser zu werden, sodass Sasori begriff, dass sie belauscht wurden. Es war selbst ihm unangenehm, weshalb er einen Schritt zurücktrat und in Richtung des Aufenthaltsraumes deutete.

„Lass uns dafür woanders hingehen.“, erklärte er tonlos, um sich vor seinen Arbeitskollegen zu verstecken.

Aber auch in dem anderen Raum war die Situation nicht besser. Sakuras Schuhe gaben klackernde Laute von sich, als sie durch das Zimmer schritt. Sie drehte ihm den Rücken zu, wirkte etwas verloren, während Sasori ihr gefolgt war und nun direkt hinter ihr stand.

„Worüber... wolltest du mit mir reden?“, wiederholte sie sich, wobei sie allerdings den direkten Blickkontakt mied, aber jetzt streckte er einfach eine Hand nach ihr aus. Ohne zu Zögern legte er diese auf ihre Schulter, damit er sie herumdrehen konnte und obwohl wie ihn überrascht anschaute, blickte er ihr nicht in die Augen. Entschlossen fixierte er stattdessen ihre Lippen. Eigentlich wollte er nämlich gar nicht mit ihr reden, denn er wollte etwas anderes. Bestimmend zog er sie näher und drückte seine Lippen gegen ihre.

Sasori erschauderte. Das Gefühl auf seinen Lippen hatte nichts mit dem zu tun, welches er letzte Nacht verspürt hatte. Nicht nur, dass der Geschmack von Alkohol auf Sakuras Lippen fehlte, sie waren dazu noch viel weicher als die von Deidara und klebten von dem rosigen Lipgloss. Lange hielt dieser Kuss allerdings nicht, denn nachdem der erste Schock verschwunden war, riss sich seine Verehrerin von ihm los und keine Sekunde später, fuhr ein brennender Schmerz über Sasoris Wange und ein schallendes Geräusch erklang. Sakura hatte ihm mit der flachen Hand eine Ohrfeige verpasst, wobei sie ihn nun nun mit einer Mischung aus Entsetzen und Enttäuschung anfunkelte.

„S-spinnst du?“ Ihre Stimme zitterte.

„Bist du deshalb nicht hergekommen?“ Gezwungen ruhig rieb sich Sasori die schmerzende Stelle. Natürlich war er sauer; einerseits weil sich dieses Gör etwas derartiges erlaubt hatte und andererseits weil er kurz davor gewesen war Deidaras Worten einen kleinen Glauben zu schenken. Jemanden eine Chance zu geben, den er nicht kannte. Jemanden, den er mit voller Absicht provoziert hatte. Vermutlich hatte er diese Ohrfeige verdient und er wartete nun darauf, dass Sakura an ihm vorbei stürmte, um wegzurennen, weil sie sich so in ihn getäuscht hatte. Aber so war es, wenn man andere beurteilte, ohne sie wirklich zu kennen. Allerdings bewegte sich das Mädchen kein Stück, sondern setzte plötzlich nur eine wütende Grimasse auf.

„Spinnst du?“, wiederholte es sich, „Ich bin hier, weil du mit mir reden wolltest! Ich dachte, du würdest mich kennenlernen wollen...“ Je weiter Sakura sprach, desto leiser und kraftloser wurden ihre Worte und Sasori wartete förmlich darauf, dass sie ihm verkündete, wie sehr sie sich geirrt hatte, doch nichts geschah.

„Eh... Entschuldigung.“, sagte sie stattdessen, wobei sie plötzlich lächelte, wenn auch etwas beschämt, „Du hast mich erschreckt... S-soetwas macht man nicht!“

Sasoris sehnsüchtiges Gefühl alleine gelassen zu werden schwand. Dafür wunderte er sich nun, denn er verstand nicht, was soeben vor sich ging. Immer noch lächelnd trat Sakura auf ihn zu. Sie streckte ihre Hand nach ihm aus und berührte sein Handgelenk, sodass er vor ihr zurückwich. Doch sie griff auch mit der anderen Hand nach ihm, die sie auf die zuvor geschlagene Wange legte.

„Wieso wolltest du denn nun mit mir reden?“ Diese Hartnäckigkeit kannte er bisher nur von Deidara, der zwar nervig, aber bei weitem nicht so aufdringlich war. Auch wenn er spürte, dass Sakuras Finger vor Aufregung zitterten. Sie war nervös.

„Es gab keinen besonderen Grund. Ich wollte dich nur sehen, um herauszufinden, wie ernst es dir wirklich ist.“, antwortete er ihr ehrlich. Gerade als er ihre Hand von sich schieben wollte, zog sie sich allerdings schon wieder zurück.

„Wie ernst... uhm, achso. Nunja... vermutlich mag das jetzt dumm klingen, aber es war so ein bisschen, wie Liebe auf dem ersten Blick. Ich habe dich gesehen und...“

„Meinst du nicht, dass das sehr oberflächlich ist?“

Sasori trat einen weiteren Schritt zurück und Sakura riss ihre Augen auf. Ihre Wangen färbten sich rot.

„J-ja, irgendwie schon, aber es war ja nicht nur dein Aussehen. Es war... uhm, ich kann es nicht beschreiben.“ Letztendlich zuckte sie nur mit den Schultern, wobei sie an den Saum ihres Faltenrockes griff. „Ich schätze, es lag daran, weil mir aufgefallen ist, dass du anders bist.“

Anders. Sasoris Mundwinkel zuckten und seine Lippen formten ein fast schon zynisches Lächeln. Er war nicht nur anders als andere, er machte auch keinen Hehl daraus, auch wenn ihn Deidaras Worte immer noch in den Ohren lagen. Vertrauen? Es fühlte sich nicht so an, als würde er diesem Mädchen vertrauen können und das einzige, was sein Interesse weckte, war die Tatsache, dass sie hier war. Deshalb könnte Sakura auch jede andere Person sein, es war ihm vollkommen gleich, aber er gab ihr dennoch eine Chance.

„Ich hole dich morgen von der Schule ab.“, sagte er aus diesem Grund sehr ruhig. Er kannte ihre Schuluniform, er kannte diese Mädchenschule, zumal er auch noch jemanden kannte, der einen guten Grund hatte diese Schule aufzusuchen.

Sakuras Augen blitzten auf. Sie lächelte und verabschiedete sich mit einem Nicken, woraufhin Sasori nichts erwiderte. Er fasste sich mit seinen Fingern nur an die eigenen Lippen, kaum dass sie den Aufenthaltsraum verlassen hatte, um sich das klebende Zeug abzuwischen.
 

„Meine Freundin?“ Deidara zog überrascht die Augenbrauen hoch, als er hörte, worüber Sasori mit ihm reden wollte. „Hm, nein ich kann sie immer noch nicht erreichen, un.“ Seufzend stützte er seinen Kopf auf, während er sich verkehrt herum auf seinen Stuhl gesetzt hatte, um seinen rothaarigen Klassenkameraden zu beobachten.

„Wieso holst du sie nicht von der Schule ab?“, schlug dieser überraschenderweise vor, woraufhin Deidara aber nur tief seufzen konnte.

„Wenn es so einfach wäre, ihr alter Herr holt sie ab, un. Ich hab es Freitag schon versucht. Mann, was kotzt mich das an!“ Brummelnd starrte er kurz aus dem Fenster. Er spürte, dass Sasori ihn anschaute und es war ihm mehr als nur unangenehm, denn er verstand nicht, worauf dieser hinaus wollte. Dann zog der Kleinere auf einmal sein Handy hervor.

„Sie könnte ihrem Vater erzählen, dass sie heute etwas mit einer Freundin unternimmt. Sakura, richtig?“, hörte er ihn sagen, sodass sein Kopf regelrecht herumflog.

„Un?“ Für einen Moment musste Deidara überlegen, doch er begriff schnell. „...du hast diesem Mädchen doch eine Chance gegeben?“ Allerdings wusste er nicht, ob er sich darüber nun wundern sollte. Sasori, der plötzlich Kontakt suchte? Hatte er mit seiner Vermutung tatsächlich so richtig gelegen, dass der Rotschopf so einsam war und einfach nur auf den passenden Moment gewartet hatte, dass sich sein Leben veränderte?

„Es ist nur eine Chance. Das bedeutet nicht, dass sie auf einmal kein kleines Gör mehr ist. Sieh meinen Vorschlag als richtiges Dankeschön, dass du mir mit meinen Kunstwerken geholfen hast. Damit hast du nun das, was du damals unbedingt wolltest, oder?“

Obwohl Sasoris Stimme so gleichgültig wie immer klang, löste sie ein heißes Gefühl in Deidaras Körper aus. Er freute sich. Er freute sich wahnsinnig darüber und erst jetzt merkte er, was es für Vorteile gab, da Kurotsuchi diese beste Freundin, Sakura, hatte. Es war nicht nur für seine Beziehung gut, sondern es würde auch noch Sasori guttun. Da war er sich sicher.
 

Am Ende des Schultages verließen sie gemeinsam und unter einigen argwöhnischen Blicken das Schulgelände. Obwohl der Weg dieser privaten Mädchenschule nicht sehr weit war, kam es Deidara wie eine Ewigkeit vor und das Stillschweigen, das zwischen ihm und Sasori währenddessen herrschte, war ihm ein bisschen unangenehm. Aus irgendeinem Grund fühlte es sich so an, als hätte er diese seltsame Nettigkeit seines Mitschülers nicht verdient; immerhin hatte er ihm nur beim Tragen einiger Bilder und Skulpturen geholfen, wobei Sasori ihm nun bei der Beziehung mit Kurotsuchi half. Es waren zwei vollkommen unterschiedliche Dinge.

Als sie an dem Eingang eines kleinen Parks angekommen waren, blieb Deidara kurz stehen. Er blickte auf den schmalen Rücken des anderen und überlegte dabei. Im gleichen Moment kam ihnen eine Windbrise entgegen, die den leichten Duft aus Sasoris Haaren und seiner Schuluniform zu ihm herübertrug. Sofort zog sich der Magen des Blonden zusammen. In der ganzen Euphorie hatte er diesen einen Moment fast vollkommen vergessen, weshalb er sich nun fast schon schmerzend genau daran zurückerinnerte.

„Hm? Was ist? Hast du es doch nicht so eilig deine Freundin zu sehen?“ Erst die Stimme des Kleineren riss Deidara zurück in die Realität, sodass er bemerkte, dass er immer noch regungslos am Parkeingang stand und schnell einige Schritte zulegte, um zu Sasori aufzuholen.

„Nein. Ich habe mich nur gefragt, wie es kommt, dass du dem Mädchen doch eine Chance gibst? Ist sie doch keine von diesen kleinen Gören, wie du dachtest?“, log er auf diese Frage hin, wobei er ein Grinsen aufsetzte. Aber Sasori schaute ihn nur ausdruckslos von der Seite an.

„Wer weiß.“, antwortete er sehr vage, womit Deidara nicht zufrieden war. Schließlich hatten sie nun endlich ein äußerst interessantes Gesprächsthema.

„Hm, oder gefällt sie dir einfach? Findest du sie hübsch?“ Auch wenn er sich sicher sein konnte, dass Sasori wohl eher nicht auf solche Äußerlichkeiten achten würde, kam diese Frage einfach so aus ihm herausgesprudelt.

„Keine Ahnung.“, wich ihm dieser abermals aus.

„Ach komm schon, un. Du wirst doch auf irgendetwas stehen. Nur weil sie deine erste Freundin ist...“ Sofort verstummte Deidara, als er den eisigen Blick seines Begleiters sah. Er war damit wohl viel zu weit gegangen und biss sich deshalb auf die Unterlippe.

„Lippen.“

„U-un?“ Irritiert löste er den Biss, als er sah, wie Sasori recht offensichtlich auf seine Lippen schaute.

„Ich mag es, wenn jemand feingeschwungene und schöne Lippen hat.“, offenbarte sich der Rotschopf wider Erwartens, weshalb sich Deidara etwas verunsichert fühlte. In jeder anderen Situation hätte er darüber wohl gelacht, nur wenn er an diese Nacht zurückdachte, wurde ihm ein bisschen anders. Hatte er ihn deswegen geküsst? Hatte er sich aus diesem Grund zu ihm hingezogen gefühlt, oder wieso? Er schluckte. Besonders als er merkte, wie er in die Versuchung kam seine eigene Lippen mit den Fingern berühren zu wollen.

„Und was ist mit dir? Ist deine Freundin deine Erste?“, konterte Sasori mit einer Gegenfrage, die sich mit seinem kühlen Tonfall allerdings alles andere als ernst gemeint anhörte, doch Deidara ging trotzdem darauf ein.

„Un. Die Erste, mit der ich solange zusammen bin. Vorher... hatte ich nur... naja, du weißt schon!“ Er grinste verschmitzt, wobei er sich seinen Hinterkopf rieb.

„Ich kann es mir vorstellen.“ Sasori zuckte mit einer Augenbraue. Es war offensichtlich, was dieser nun dachte und der Blonde bemerkte auch erst jetzt, wo es zu spät war, was er soeben gesagt hatte. Er zeigte sich gerade nicht unbedingt von seiner besten Seite, jedoch hatte er sich verbotenerweise Alkohol gekauft, sich damit betrunken und schließlich selbst zu seinen Mitschüler nach Hause eingeladen. Er hatte eine ganze Reihe an Dingen gemacht, die Sasori mit seiner verqueren, moralischen Einstellung sicherlich verachten müsste. Seinen Bezeichnung als Göre konnte er damit immerhin nicht so einfach loswerden, woraufhin er in ein etwas verärgertes Schweigen verfiel.
 

Sasori atmete unbemerkt tief durch, als sie das Schultor der Privatschule erreicht hatten. Kichernd kamen ihnen bereits einige Mädchen entgegen, von denen sie mit neugierigen Blicken gemustert wurden. Jungs waren hier wohl etwas wie eine Seltenheit und einige der Blicke wurden regelrecht von Neid zerfressen, da Sakuras Stimme zu ihnen herüberschallte.

„Sasori-san!“, rief sie und kam zu ihnen gelaufen. An ihrer Hand hielt sie dabei die viel größere Kurotsuchi, die entgegen von Sasoris Vermutung, aber eher bedrückt, anstatt glücklich wirkte. Still beobachtete er sie deshalb. Er hatte sie schon vor einiger Zeit im Cafè gesehen, nur hatte er ihr zu diesem Zeitpunkt keine Beachtung geschenkt, weshalb er sie sich nun genauer anschaute. Im direkten Vergleich zu Sakura wirkte sie wirklich jungenhaft und wenn man noch Deidara mit dessen langen blonden Haaren daneben betrachtete, stach es regelrecht hervor. Sasori schmunzelte innerlich, denn es war offensichtlich, was seinem Mitschüler wohl gefallen musste.

„Sakura. Lass uns einen Moment woanders hingehen.“, sagte er schließlich leise, wobei er nach ihrer anderen Hand griff und sich sofort ein sanfter rosafarbener Schleier auf ihre Wangen legte. Sie nickte, ehe sie ihm gehorsam folgte.

„Ich freue mich, dass du hier bist!“, strahlte sie dabei, aber Sasori selbst lächelte nur sehr dünn. „U-und... ich wusste gar nicht, dass du ein Freund von Deidara bist...“

„Ein Freund?“ Der Rotschopf verzog seinen Mund. Vermutlich war Freundschaft das falsche Wort, aber er erwiderte darauf nichts weiter.

„Kennst du die beiden schon länger?“, wollte er stattdessen wissen.

„Kurotsuchi kenne ich schon sehr lange und ihren Freund. Hm, bisher hat sie mir nur Bilder von ihm gezeigt und ein paar Geschichten über ihn erzählt, aber ich habe ihn noch nie direkt kennengelernt.“

„Achso?“

„Hm. Naja, es ist ja ihr Freund...“

Nachdem sie um eine Ecke verschwunden waren, blieb Sasori stehen und ließ die Hand des Mädchens wieder los, dessen Blick auf einmal etwas traurig wirkte.

„Du scheinst nicht sehr zufrieden mit der Beziehung zwischen den beiden zu sein?“, mutmaßte er direkt. Deidara war nicht der Einzige, der die Gestiken und Mimiken anderer zu deuten wusste. Sasori konnte es ebenfalls, weshalb er bisher immer gedacht hatte, sein Innerstes gut verstecken zu können, aber er war etwas besserem belehrt worden, weshalb er nun hier stand.

„Ach... also... Deidara scheint mir etwas verrückt zu sein. Die beiden schwänzen recht oft die Schule. Er ist deshalb wohl auch schon häufiger geflogen, musste oft die Schule wechseln und Kurotsuchi verbringt wirklich sehr viel Zeit mit ihm, seitdem sie zusammen sind. Früher haben wir zusammen Tanzkurse besucht, aber das vergangene Jahr war ich dort immer alleine und... ach, was rede ich?“

Sasori beobachtete, wie das Mädchen beschämt zu lachen begann. Aber er verstand. Der plötzliche Schulwechsel des Blonden und auch der Versuch, Sakura und ihn zu verkuppeln. Schließlich war es mehr als offensichtlich, dass diese unter der Einsamkeit litt, in der sie gestoßen worden war und das war ein Gefühl, welches er selbst ebenfalls nur zu gut kannte. Langsam streckte er erneut seine Hand nach ihr aus, berührte aber ihre Schulter, ehe sich seine Finger auf den Weg zu ihrem Nacken aufmachten. Verwundert schaute sie ihn dabei an, aber dieses Mal schien er sie nicht zu überfallen, als er sich ihr näherte und seine Lippen auf ihre legte.
 

Schluckend fiel Deidaras Blick auf Kurotsuchi, die die ganze Zeit über nur angespannt auf ihre eigenen Füße starrte, seitdem Sasori und Sakura sie alleine gelassen hatten.

„'tschuldigung.“, nuschelte sie schließlich, „Mein Vater...“

„Ich weiß, un. Dein Vater, der alte Sack...“ Deidara verdrehte seine Augen, woraufhin er einen funkelnden Blick seiner Freundin erntete.

„Ich weiß ja, dass er vielleicht etwas zu hart durchgreift, aber er macht sich doch nur Sorgen...“, versuchte sie ihn tatsächlich zu verteidigen, was er kaum glauben konnte.

„Un? Das ist noch lange kein Grund, dass er all diese Dinge mit dir abzieht! Der will uns auseinanderbringen...“

Kurotsuchi schaute zurück gen Boden, wobei sie schmerzlich lächelte. Sie schien ihm damit zuzustimmen, weshalb Deidara zufrieden aufschnaubte.

„...wieso hast du ihn auch angelogen, bevor er auf seine Dienstreise gegangen ist...“, entkam es ihm dennoch, leider etwas zu anklagend, weil er sofort mitansehen musste, wie sich das Gesicht seiner Liebsten verzog.

„Was hätte ich denn tun sollen? Vermutlich hätte er mir dann meinen großen Bruder als Aufpasser auf den Hals gehetzt!“

Tatsächlich war dieser Gedanke nicht abwegig und Deidara wusste das, sodass er tief aufseufzte. Letztendlich blieben ihnen nicht viele Möglichkeiten. Entweder Kurotsuchi widersetzte sich den Anweisungen ihres Vater, wodurch sie Gefahr lief, dass dieser nur noch viel mehr von ihrem Leben kontrollierte, oder aber sie spielten ihm eine Lüge vor, indem sie Sakura als Ausrede benutzten, was dem Blonden als die etwas sichere Entscheidung vorkam.

„Hör mal...“, setzten die beiden allerdings auf einmal gleichzeitig an, woraufhin sie wieder verstummten.

„Un?“ Erneut schluckend ließ er seiner Freundin den Vortritt, in der Hoffnung, sie würde eine bessere Idee haben, aber das, was er dann hörte, gefiel ihm überhaupt nicht.

„Wir sollten uns vielleicht erst einmal nicht mehr sehen.“

Deidara wollte seinen Ohren nicht trauen. Aber Kurotsuchi hatte es tatsächlich ausgesprochen. Sie wollte eine Pause. Von ihrer Beziehung. Von ihm? Bevor er wusste, was er tat, packte er nach ihren Schultern und hielt sie fest.

„Was soll das heißen? Wovon redest du?“, fuhr er sie unbeabsichtigt laut an. Erst als er ihr schmerzverzerrtes Gesicht sah, merkte er, wie grob sein Griff war, sodass er sie schnell wieder losließ.

„Ich rede davon, dass ich denke, es wäre besser, wenn wir uns eine Zeit lang nicht mehr sehen. Solange bis sich mein Vater wieder beruhigt hat.“

Natürlich hörte sich diese Erklärung ganz anders an. Es bedeutete nicht, dass Kurotsuchi die Trennung wollte, das wusste Deidara und doch konnte er es einfach nicht akzeptieren. Er wollte seine Freundin nicht missen, schon gar nicht, weil diese sich ihrem Vater unterordnete, was er nicht verstehen konnte, denn das war nicht die Kurotsuchi die er kennen und lieben gelernt hatte. Diese hätte sich ihrem Vater widersetzt; hätte geschimpft, um bei Deidara bleiben zu können.

„Der wird sich doch eh nicht beruhigen, un! Dein alter Herr hasst mich, weil ich angeblich nicht genug für dich bin und da ändert sich auch nichts dran!“, brummte er mit zu Fäusten geballten Händen.

„Deidara bitte, ich brauche nur ein bisschen Zeit, um in Ruhe mit ihm zu reden... Und... ich bin froh, dass du heute zumindest hier bist, dass ich es dir direkt sagen kann...“ Er spürte, wie sich ihre Hände auf seine Fäuste legten. Sie wollte ihn beruhigen, aber dafür war es längst zu spät. Er kochte innerlich, unsicher worüber er sich mehr ärgern sollte, über Kitsuchi oder über seine Freundin.

„...was hättest du denn gemacht, wenn ich nicht zu dir gekommen wäre? Hättest du dich überhaupt bei mir gemeldet? Oder hättest du die Zeit einfach totgesessen, un?“ Angespannt löste er sich aus ihrem Griff. Er hatte genug, denn der Gesichtsausdruck, mit dem sie ihn anschaute, sprach Bände. Sie hätte die Zeit wirklich nur verstreichen lassen wollen?

„Un... wenn das so ist...“, brummte Deidara leise für sich, wobei er sich wegdrehte.

„Deidara?“ Die späte Reue seiner Freundin würde daran auch nichts ändern können. Vielleicht mochte es ihr Leid tun, aber er war zu wütend, um sie jetzt einfach in den Arm zu nehmen und so zu tun, als würde es ihn nicht belasten. Deshalb war es wohl wirklich besser, wenn er nun ging, bevor er noch etwas sehr dummes sagte.

„Deidara?“

„Also dann... wir sehen uns, un.“ damit verabschiedete er sich von Kurotsuchi und stapfte angespannt in die Richtung, in die Sakura und Sasori vorher verschwunden waren. Von wegen eine Freundin war toll! Eine Beziehung war kompliziert, selbst mit einem Mädchen, das normalerweise viel unbekümmerter und spontaner war. Anstatt entspannend und spaßig, war es kompliziert und anstrengend. Verärgert ging er um die nächste Ecke, woraufhin er sofort wieder stoppte, denn jetzt waren es nicht seine Ohren. Jetzt waren es seine Augen, denen er nicht traute.

Sakura stand mit ihrem Rücken an der Mauer des Schulgeländes gelehnt, ihre Schultasche lag zu ihren Füßen, während sich ihre Hände an den vorderen Teil von Sasoris Uniform krallten. Dieser stützte sich ebenfalls an der Mauer ab. Ihre Lippen lagen aufeinander und Deidara konnte unschwer erkennen, dass dieser Kuss mehr als nur eine kleine Chance war, die der Rotschopf seiner Verehrerin geben wollte, denn es war diese Art von Kuss, die auch er einem Mädchen gab, wenn er es haben wollte.

Noch schlechter gelaunt als zuvor schon, setzte Deidara seinen Weg fort. Wie es schien hätte er gar nicht erst Amor spielen brauchen, er hätte sich die dämlichen Beleidigungen von Sasori gar nicht erst antun brauchen, denn so wie es schien hätte dieses kleine Gör, Sakura, es auch so irgendwie geschafft. Als der Blonde merkte, dass er bereits wie sein Mitschüler dachte, blieb er stehen und raufte sich die Haare. Es war doch zum kotzen. Nicht, weil er es dem anderen nicht gönnte, sondern weil seine Situation einfach nur verrückt war.
 

Als er am nächsten Morgen das Klassenzimmer betrat, saß Sasori bereits an seinem Platz und machte den gleichen eiskalten Eindruck, wie jeden Morgen, indem er in einem Buch herumblätterte. Doch dieses Mal sprach Deidara ihn nicht an. Ohne einen Ton zu verlieren, setzte er sich nur auf seinen eigenen Stuhl. Er saß die erste Stunde Mathematik stillschweigend ab, doch auf die danach folgende Geschichtsstunde hatte er keine Lust, weshalb er sich einfach auf das Schuldach verzog, wo er bereits sein Mittagessen verschlang, ehe er sich mit einem vollen Magen auf den Boden legte, um sich die Sonne in sein Gesicht scheinen zu lassen. Verdammte Kurotsuchi. Es mochte vielleicht nur ein dummes Sprichwort sein, aber diejenigen, die man am meisten liebte, waren die, die einen am heftigsten verletzen konnten und er kam über den gestrigen Tag einfach nicht hinweg. Sich an den Tag zurück erinnernd, an dem er sie kennengelernt hatte, begann Deidara allerdings allmählich einzuschlafen. Doch dann, nach einiger Zeit, schob sich ein Schatten über sein Gesicht, sodass er verschlafen die Augen aufschlug und müde seinem rothaarigen Mitschüler entgegen blinzelte, der sich über ihn beugte.

„Denkst du vom Schwänzen wird es besser?“

Brummend schlug sich Deidara eine Hand über sein Gesicht.

„Was sollte denn besser werden?“ Eigentlich wollte er nicht darüber reden. Eigentlich. Aber er verspürte schon wieder dieses tröstende Gefühl, aus dem ruhigen Klang von Sasoris Stimme, weshalb sich ein bitterliches Lächeln auf seine Lippen schlich.

„Der Streit mit deiner Freundin?“

„Woher weißt du denn von dem Streit?“

„Bist du ein Vollidiot? Du hast so laut herumgeschrien, das konnte man nicht überhören. Außerdem seid ihr beide auf einmal verschwunden gewesen.“, stellte Sasori immer noch sehr ruhig fest, sodass sich tatsächlich so etwas wie ein entspanntes Gefühl bei Deidara einstellte. Trotzdem wollte der Schmerz in seiner Brust nicht gehen.

„Ne, Danna~ kann das kleine Gör, denn gut küssen?“, wechselte er aus voller Verzweiflung heraus das Thema, um nicht noch vor dem anderen in Tränen auszubrechen.

„Du hast uns beobachtet?“

„Wer am helligten Tag mitten auf der Straße herumknutscht, den kann man nicht übersehen, un!“ Deidara rang sich zu einem Grinsen durch, „Und du hast meine Frage nicht beantwortet!“

Langsam zog er die Hand von seinem Gesicht wieder zurück und blinzelte nach oben, von wo ihm Sasori unbeeindruckt anschaute.

„Keine Ahnung. Im Gegensatz zu dir habe ich noch nicht so viele Mädchen geküsst.“, antwortete dieser ihm tatsächlich ehrlich, sodass der Blonde dem Blick seines Gegenübers auswich.

„Dann wird es ab jetzt aber Zeit, un!“, murmelte er dabei.

„Mal sehen. Solange sie keinen Lipgloss tragen. Das Zeug ist ätzend.“

„Hu? Danna, du weißt, dass du keine anderen Mädchen küssen solltest, wenn du in einer Beziehung bist?“ Über die Antwort des Kleineren überrascht, richtete sich Deidara auf, doch kaum saß er aufrecht, wurde ihm gegen die Stirn geschnippst.

„Au.“

„Vollidiot. Denkst du, dass ich so etwas tun würde? Außerdem bin ich in keiner Beziehung.“, versuchte ihm Sasori allen Ernstes zu erklären, was er jedoch nicht glauben konnte. Immerhin hatte er nicht nur diesen Kuss gesehen, er wusste doch auch, wie sich der Rotschopf fühlte. Würde jemand, der Angst davor hatte verletzt zu werden jemand anderen verletzen? Es war irgendwie traurig, wenn er daran dachte, dass er in den vergangenen Tagen, seitdem er auf dieser Schule war, wohl möglich mehr Zeit mit Sasori verbracht hatte, als irgendwer sonst.

„Un, wenn du Mädchen falsche Hoffnungen machst, verletzt du sie. Ist dir das bewusst?“, fragte er dennoch nach, wurde daraufhin allerdings nur finster angestarrt. Natürlich wusste Sasori das, es war dumm gewesen, auch nur daran zu denken, was Deidara nun mit einem beschämten Lachen zeigte und auf einmal sah er, wie auch sein Gegenüber zu lächeln begann. Ehrlich und sanft. Ganz anders, als er es sich jemals bei ihm vorgestellt hätte. Wie gebannt blickte der Blonde ihn aus diesem Grund an, wobei er erschauderte, weil er diese Geste einfach nicht zu deuten wusste.

„Un?“

„Hm? Es ist nichts. Es ist nur gut, dass du endlich wieder gelacht hast.“, bemerkte Sasori leise, wobei er wieder aufstehen wollte, als hätte er irgendeine Art von Aufgabe erledigt und um dies zu verhindern, griff Deidara hastig nach ihm; bekam letztlich aber nur die Krawatte der Uniform zu fassen.

„Warte! Ihr beide seid wirklich nicht zusammen?“, wollte er erneut wissen, weil er es einfach nicht glauben konnte. Dieser Kuss. Dieses Bild hatte sich zu sehr in seinen Hinterkopf eingebrannt.

„Ja. Ich gebe ihr eine Chance und sie weiß das.“, bekam er erklärt, woraufhin sich Deidaras Finger an der Krawatte kraftlos lösten. Er wusste nicht wieso, aber er war erleichtert. Sehr sogar.
 

Es vergingen Wochen, in denen sich Kurotsuchi immer noch nicht bei ihm gemeldet hatte. Mittlerweile fragte sich Deidara deshalb wirklich, ob ihr überhaupt noch etwas an ihm lag und schwieriger wurde es sogar noch, weil Sasori auch beschäftigt zu sein schien. Ab und an hatte er seinen Mitschüler auf der Arbeit im Cafè besucht, nur Sakura war auch jedes Mal dort gewesen, weshalb er es irgendwann einfach aufgegeben hatte und nach einiger Zeit hatte er sich auch nur noch selten in der Schule blicken lassen. Er fühlte sich hintergangen. Von Kurotsuchi und auch von Sasori.

Von wegen Sasori gab Sakura nur eine Chance. Von wegen er würde niemanden einfach nur so küssen. Kaum kam ihm dieser Gedanke zuckte Deidara zusammen. Er legte seine Finger gegen seine Lippen, während er nur ganz seicht auf der Schaukel des Spielplatz, auf dem er sinnlos den Abend verbrachte, hin und her schwenkte. Wieder einmal hatte er seinen Kummer in Alkohol ertrunken, nur fühlte er sich jetzt noch elendiger als vorher, denn es gab niemanden mit dem er in diesem Moment reden konnte. Bloß gerade in dem Moment, wo er in Selbstmitleid verfallen wollte, hörte er eine vertraute Stimme.

„Dei-kun!“

Überrascht blickte er vom sandigen Boden auf. Vor ihm stand eine seiner Klassenkameradinnen. Eine, die ihn vor Sasori gewarnt hatte.

„Was machst du hier? Du wirst in der Schule schon vermisst!“, erklärte sie ihm mit neugieriger Stimme, woraufhin Deidara aber nur lautlos lachen konnte. Was brachte es ihm schon, wenn er von den falschen Personen vermisst wurde? Er fühlte sich schließlich trotzdem einsam.

„Un? Du vermisst mich, das ist aber süß von dir!“, begann er dennoch ganz offensichtlich mit ihr zu flirten, sodass sie zu kichern begann.

„Ach, ich bin doch nicht süß! Das solltest du zu deiner Freundin sagen!“

„Freundin? Welche Freundin, un?“, fragte Deidara sofort, als er das hörte und das Mädchen stockte.

„Du hast keine Freundin mehr?“, wollte es immer nervöser klingend von ihm wissen, weshalb er nickte. Immerhin war es noch nicht einmal eine richtige Lüge. Kurotsuchi wollte Abstand. Sie war förmlich aus seinem Leben verschwunden. Lächelnd streckte er seine Hand nach seiner Mitschülerin aus, sodass er den unteren Rand ihres Jacketts berührte. Anschließend glitt er einfach tiefer, über den Faltenrock, noch tiefer, bis er die nackte Haut ihres Oberschenkels erreicht hatte, aber weiter kam er nicht, da sie auf einmal aufschrie. Sie holte aus und war kurz davor zu zuschlagen, als sich plötzlich eine weitere Person einmischte.

„Idiot! Machst du wieder irgendwelche dummen Sachen?“

Durch den genervten Klang in Sasoris Stimme hielt das Mädchen inne. Es blickte vollkommen perplex in die Richtung des Rotschopfes, ehe es allerdings einfach die Flucht ergriff. Sasori trat jedoch näher an Deidara heran, er beugte sich kurz über ihn, bevor er wissend den Mund verzog.

„Schon wieder Sake?“
 

Er konnte es nicht glauben. Er hatte den Blonden einige Wochen aus den Augen gelassen und alles was dieser tat, waren diese seltsamen Dinge. Schwänzen, Alkohol trinken und flirten, sodass er allen Grund fand Sakuras Einwände gegenüber Deidara Glauben zu schenken. Dieses Gör war zwar nicht verrückt, dafür aber ganz schön dämlich und anstrengend. Es war wirklich nervig.

Tadelnd wollte er sich vor diesem aufbauen, woraufhin der Betrunkene allerdings wieder seine Hand ausstreckte und dieses Mal nach der Sweatshirtjacke von Sasori griff. Er zog ihn näher, sodass der Kleinere der Bewegung folgte, nur um im nächsten Moment Deidaras Gesicht gegen seinen Bauch gedrückt zu bekommen.

„Wo bist du gewesen... du riechst komisch, un.“ Gegen den Stoff nuschelnd begann sich der andere auf einmal das Gesicht an der Jacke zu reiben.

„Was? Wie blöd bist du?“, entkam es Sasori allerdings sofort, wobei er seine Hände auf die Schultern seines Gegenübers legte, um ihn von sich zu drücken. Er konnte wirklich nicht glauben, was soeben geschah. „Ich bin bei Sakura gewesen.“ Bei dieser Antwort sah er, wie Deidara seinen Kopf hob und ihn aus glasigen Augen heraus anschaute. Es machte den Anschein, als würde dieser ihm etwas sagen wollen, jedoch schwieg er nur, während lediglich die Eisenstangen der Schaukel mit ihren quietschenden Geräuschen die Stille zerrissen.

„Kann sie gut küssen?“, hauchte ihm der Blonde überraschenderweise auf einmal entgegen, woraufhin Sasori nur eisig Schmunzeln konnte. Das Gör war so betrunken, dass es kaum noch etwas mitbekam und diese Frage musste ihm wohl einfach so über die Lippen gekommen sein.

„Ich denke schon.“, antwortete er ihm allerdings im Gegensatz zum letzten Mal, obwohl eine seltsame Stimmung zwischen ihnen herrschte. Immerhin hatte er Sakura mittlerweile mehrfach geküsst und es fühlte sich eigentlich nicht so schlecht an. Eigentlich war genau das eingetreten, was ihm sein Mitschüler vorausgesagt hatte. Nicht, dass Sasori es unbedingt gewollt hatte, es war einfach nur passiert, weil er seine eigene Situation in Sakura gesehen hatte.

„Achso. Dann trägt sie jetzt also... keinen Lipgloss mehr? Ist sie jetzt deine Freundin?“

„Ja, ist sie.“, seufzend blickte er auf den blonden Haarschopf herab. Es schien, als hätte er in den vergangenen Wochen allerdings etwas anderes aus den Augen verloren und irgendwie tat es ihm nun Leid, da er Deidara so niedergeschlagen vor sich sitzen sah. Nur hatte er keine Ahnung, wie er dessen Liebeskummer mildern konnte. Vermutlich hätte es ihn bis vor einiger Zeit noch nicht einmal interessiert, wie es diesem Gör ging, doch zu sehen, wie sein Mitschüler unter diesen Schmerzen litt, ging ihm ungeahnt nahe.
 

Sasoris Stimme hinterließ allerdings ein noch viel schlimmer schmerzendes Gefühl in Deidaras Brust, weshalb er sich wieder nach vorne beugte, damit er sein Gesicht zurück gegen die weiche Jacke drücken konnte. Er hatte die Vermutung, dass ihn noch einmal die Person, die selber ebenfalls immer nur alleine gewesen war und es war lachhaft, denn die Situation kam ihm mittlerweile so vor, als hätten sie einfach ihre Rollen getauscht. Nun hatte der Rotschopf eine Freundin und Deidara selbst war alleine.

„Das ist gemein. Du bist ein ganz schrecklicher Lügner, weißt du das, un?“, raunte er gegen den Stoff. Er atmete tief ein, nur alles was er roch, war der blumige Duft von Sakuras Mädchenparfum. Sasori hatte ihm gesagt, dass er nicht mit ihr zusammen wäre und dass er niemanden einfach aus einer Laune heraus küssen würde. Immer und immer wieder schossen ihm diese beiden Gedanken durch den Kopf, sodass selbst der Kummer wegen Kurotsuchi vergessen war. Ohne sich noch weiter kontrollieren zu können, gab Deidara dem anstrengenden Gefühl hinter seinen Augen nach, indem er still in Tränen ausbrach, während er sein heißes Gesicht immer fester gegen den Kleineren drückte. Er wollte nicht alleine sein. Auch wenn die Zeit, die er mit dem Rotschopf verbracht hatte, anstrengend gewesen war, er mochte ihn und er konnte es nicht ertragen, ausgerechnet von ihm alleine gelassen zu werden.

„Hm? Wann habe ich dich denn angelogen?“ Als Sasoris leise Stimme in seinen Ohren vibrierte, hielt er es nicht mehr aus. Mit zitternden Händen stieß er ihn von sich. Er konnte das Geheimnis nicht mehr für sich behalten, dass er sich an diese eine Nacht sehr wohl erinnern konnte. Es ging einfach nicht mehr.

„Verdammt! Wieso hast du mich geküsst, un?“, schrie er es aus diesem Grund einfach heraus. Immerhin hatte damit alles angefangen. Nur damit hatte es überhaupt so kompliziert werden können, bloß als er atemlos nach oben schaute, sah er wie Sasori ihn mit aufgerissenen Augen anstarrte. Dessen Blick wirkte entsetzt.

„Was?“ Und seine sonst so samtige Stimme klang verspannt.

Erst jetzt wurden Deidara die Konsequenzen seines Handelns bewusst, sodass ihm übel würde. Langsam hob er seine Hände, um sie über seinen Mund zu legen. Vielleicht war er betrunken, doch er konnte es noch verstehen, denn es hatte nicht mit diesem Kuss begonnen, sondern schon früher. In seinem Kopf drehten sich die Gedanken, ihm wurde schwindelig, während die Übelkeit wuchs. Ein beklemmendes Gefühl kroch seinen Hals empor und dann ließ er sich einfach nach vorne von der Schaukel fallen, um sich vor Sasori kniend zu übergeben.

Vorsichtig schloss Sasori die Wohnungstür auf und schlich sich leise in den kleinen Flur. Er wollte seine Großmutter nicht auf sich aufmerksam machen, geschweige denn auf seine etwas ungelegene Begleitung.

„Uun.“, machte es dabei an seiner Schulter, auf der ein immer schwerer werdendes Gewicht lag.

„Sei still!“, flüsterte er angespannt zu Deidara, den er nach dessen Aktion auf dem Spielplatz mitgenommen hatte. Es hatte Ewigkeiten gedauert bis er den Betrunken überhaupt hatte mit sich zerren können, auch wenn es nach dessen Geständnis klüger gewesen wäre, wenn er ihn sich selbst überlassen hätte. Sasoris Körper wurde auch jetzt noch von einem mehr als nur unangenehmen Gefühl durchzogen. Immerhin wusste Deidara, was er getan hatte und er musste irgendwie versuchen das, was zwischen ihnen war zu retten. Schon allein wegen Sakura. Sie war seine Freundin, er hatte sich dazu hinreißen lassen, auch wenn es ihm nun im Nachhinein als Fehler vorkam.

Nachdem er sein Zimmer erreicht hatte, versperrte er dieses von innen, während Deidara kraftlos zum Bett taumelte, vor dem er sich fallen ließ. Sasori musst sich dazu zwingen ruhig zu bleiben. Er durfte jetzt nicht lauter werden, geschweige denn etwas falsches sagen, was bei seinem rasenden Herzschlag nicht abwegig war und weil er nicht wusste, was er tun sollte, blieb er an der Zimmertür stehen, wobei er beobachtete, wie Deidara sich seine Bettdecke griff, um sich dort scheinbar hinein kuscheln zu wollen.

„Hey.“, entkam es ihm deshalb unterdrückt und er ging hastig nach vorne, damit er seine frisch gewaschene Bettwäsche vor dem Blonden retten konnte. Vermutlich war es die falsche Entscheidung gewesen ihn mit hierher zu nehmen, denn es war nicht nur so, dass sich Deidara wohl noch schlechter als beim letzten Mal fühlen musste, sondern auch die Tatsache, dass Dinge gesagt wurden, die Sasori lieber für sich behalten hätte. Vor Nervosität war ihm sogar für einen kurzen Moment so, als würden seine Hände zittern, aber letztlich schob er dies einfach nur auf seine innere Unruhe, da er sich über das unmögliche Verhalten des Blonden aufregte.

„Ich bin müde... und ich habe Kopfschmerzen...“, jammerte sein Gast auf einmal, was wirklich nicht verwundernswert war. Wie viel hatte er getrunken? Es musste auf jeden Fall und einiges mehr als beim letzten Mal gewesen sein. „Wieso hast du mich... überhaupt... mitgenommen... du hättest mich auf dem Spielplatz lassen sollen, un. Du hättest mich alleine lassen sollen... Uun... Wieso bist du nicht bei Sakura?“ Deidaras jammernder Singsang ging weiter, wobei er vor ihm zu flüchten schien, indem er quer durch das Zimmer kroch, was Sasori nur immer noch nur schweigend beobachtete. Das unangenehme Kribbeln in seinem Bauch wurde dabei stärker.

„Na los... wieso gehst du nicht zu deiner Freundin? Un?“

Damit hatte der Rotschopf seine Grenze erreicht. Er folgte Deidara, ehe er ihn sich am Kragen packte, um ihn näher zu sich zu ziehen, sodass sein blonder Gast dabei sichtlich zusammenzuckte und ihn mit einer Mischung aus Trotz und Irritation mit seinen vom Weinen geröteten Augen anblinzelte. Sofort erlosch Sasoris Ärger wieder, denn er wusste, dass er dafür mitverantwortlich war. Er hatte in den letzten Tagen zu viel Zeit mit Sakura verbracht, während Deidara die Schule geschwänzt hatte. Er hätte es sich eher denken müssen, dass etwas nicht stimmte, immerhin hatte er von dem Streit zwischen Kurotsuchi und Deidara gewusst, allerdings hatte er nicht gedacht, dass die ganze Situation tatsächlich einem so riesigen Gefühlschaos glich.

„Zieh dich aus!“, forderte er plötzlich leise, nachdem er den Betrunkenen wieder losgelassen hatte, wohlwissend, dass er in diesem Moment nichts Falscheres hätte sagen können. Deidara starrte ihn auch dementsprechend an, sodass Sasori spürte, wie sein Herz aussetzte, immerhin war es anders gemeint als es klang.

„Zieh dich aus, danach gehst du ins Bad und dann kannst du schlafen!“, wiederholte er sich angestrengt, „Ich habe keine Lust, dass du mein Bett mit deinen schmutzigen Sachen versaust!“

Diese Ansage schien etwas verständlicher gewesen zu sein, denn er sah, wie Deidara gehorsam nickte. Anschließend begann er sich schwerfällig seiner Kleidung zu entledigen, wobei Sasori sich absichtlich wegdrehte und erst als er ein dumpfes Geräusch von seiner Zimmertür aus hörte, drehte er sich wieder um. Deidara stand mit gesenkten Kopf vor der Tür und rieb sich die Stirn. Da er wohl nicht gewusst hatte, dass die Tür verschlossen gewesen war, war er ungebremst davor gelaufen und auch jetzt rüttelte er noch brummig an der Klinke. Ein wenig von der Situation fasziniert, schaute Sasori ihm kurz zu. Wie war es überhaupt möglich, dass jemand ein so schrecklicher Idiot war? Trotzdem begann er darüber irgendwie zu lächeln, während er sich ihm schließlich langsam näherte, damit er ihm helfen konnte und kaum hatte er den Schlüssel im Schloss herumgedreht, bemerkte er, wie der Blonde ihn anstarrte. Dessen Wangen hatten sich rot verfärbt und abermals machte er ein Gesicht, als würde er jeden Moment wieder anfangen zu weinen, gepaart mit einem kindlichen Schmollmund. Es war ein seltsamer Anblick, weil er ihn bisher immer eher gut gelaunt erlebt hatte. Erneut wurde ihm bewusst, dass er für diesen Gefühlswandel verantwortlich war, weshalb er ihm ganz vorsichtig die andere Hand auf den nackten Rücken legte, wobei er sich innerlich auch fragte, wann er überhaupt damit angefangen hatte dieses Gör so zu mögen.

„...wieso bist du nicht bei deiner Freundin?“, wisperte es neben ihm, sodass der Kleinere leise aufseufzte.

„Weil ich jetzt bei dir bin.“, antwortete er ihm trocken, „Und jetzt lass uns ins Badezimmer gehen.“
 

Als Deidara am nächsten Morgen von unsagbaren Kopfschmerzen aufwachte, wusste er zuerst nicht, wo er sich befand. Es war ein fremdes Zimmer, welches er einen Moment später als das von Sasori erkannte. Sasori. Kaum erinnerte er sich an sein gestriges Geständnis zurück, wurde ihm heiß und kalt zugleich. Er hatte sich wirklich wie der allerletzte Idiot aufgeführt; er hatte seine Klassenkameradin begrabscht, hatte geheult, gekotzt und als er feststellte, dass er nur mit einer Shorts bekleidet in dem Bett seines Mitschülers lag, wurde ihm auch bewusst, dass er sich vor Sasori ausgezogen haben musste. Verspannt kroch Deidara unter der Bettdecke hervor. Schon jetzt hatte er Angst dem anderen unter die Augen zu treten, denn er erinnerte sich noch, was er zudem noch alles gesagt hatte. Er hatte seinen Neid gegenüber Sakura mehr als nur ein einziges Mal geäußert, wobei er nicht sicher war, ob man es nicht auch anders verstehen könnte. Schluckend schlüpfte er in seine Jeans. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er sagen, dass er eifersüchtig war. Eifersüchtig, dass Sasori eine Freundin hatte? Oder eifersüchtig, weil er nun, wo er selbst alleine war, keine Zeit mehr mit ihm verbrachte. Es war beides, wobei er selber Schuld daran war, dass er Sasori in der Schule nicht gesehen hatte, weil er aus Liebeskummer lieber schwänzte. Zittrig wollte sich Deidara den obersten Knopf der Hose schließen, als sich auf einmal die Zimmertür öffnete und sein Gastgeber mit einem Tablett eintrat. Mit einem ertappten Gesichtsausdruck starrte der Blonde ihn an. Er war immer noch halb nackt, während Sasori seine Kellnerkleidung trug und ihm einen Kaffee zusammen mit einer Zitrone, sowie einem Glas Wasser servierte, neben dem eine Schmerztablette lag. Gebannt musterte Deidara dieses Frühstück.

„Wie geht es dir? Ist dir noch schwindelig oder übel?“, erkundigte sich Sasori außerdem nach seinem Befinden, weshalb er stutzte. Wenn er einige Wochen zurückdachte, hätte er sich niemals erträumt, dass der Kleinere tatsächlich so nett sein konnte, auch wenn er mit seinen kühlen graubraunen Augen eher gefühlskalt wirkte und weil ihm die Worte für eine Antwort fehlten, schüttelte Deidara seinen schmerzenden Kopf, was sich sofort als großer Fehler herausstellte. Murrend griff er nach seine Schläfe.

„U-un...“

„Hm. Meinetwegen bleib so lange du willst, aber heute Nachmittag kommt Sakura und...“, bekam er erklärt, doch kaum fiel dieser eine Name horchte er auf.

„Deine Freundin, un.“

„Ja, das haben wir gestern doch schon geklärt.“

Deidara schluckte erneut, auch wenn Sasoris Stimme auf einmal so seltsam anders klang. Er konnte diesen Tonfall weder deuten, noch beschreiben und weil für ihn rein gar nichts geklärt war, fühlte er sich einfach nur verwirrt.

„D-denkst du... es ist in Ordnung mit ihr... zusammen zu sein?“, wollte er etwas brüchig wissen, aber Sasori legte seinen Kopf schief, als würde er ihn nicht verstehen.

„Du hast mich dazu überredet sie kennen zu lernen. Wieso sollte es dann auf einmal nicht in Ordnung sein?“, antwortete er ihm lediglich, sodass Deidara nicken musste. Ja, es war seine eigene Schuld gewesen, nur hatte er zu diesem Zeitpunkt einfach nicht wissen können, wie sehr es wehtun würde, wenn man die geliebte Person verlor und niemand anderen mehr hatte. Auch wenn dies nicht stimmte. Immerhin stand Sasori direkt vor ihm, er kümmerte sich sogar um ihn, aber das war es nicht, was ihn störte.

„Du hast mich aber zuerst geküsst...“, flüsterte Deidara kaum hörbar, wobei er dem Blick seines Gegenübers auswich. Er wusste, dass er sich gerade wie ein kleines Mädchen aufführte, dem man den ersten Kuss gestohlen hatte, nur hatte er bisher auch noch keine Antwort auf seine gestrige Frage erhalten. Wieso hatte er ihn geküsst?

„Ah, das. Das war doch gar kein richtiger Kuss. Außerdem hast du doch Kurotsuchi.“ Als Deidara sah, wie sich Sasori von ihm wegdrehen wollte, griff er hastig nach dessen Schulter.

„Das mit ihr ist vorbei, un!“ Obwohl sie nicht offiziell miteinander Schluss gemacht hatten, fühlte es sich so an. Sie war unerreichbar für ihn, zumal er sich über ihr Verhalten ärgerte. Er presste seine Lippen aufeinander, denn an dem Blick, den ihm der Kleinere über die Schulter zuwarf, konnte er sehen, dass er ihm wohl auf die Nerven ging, was er eigentlich nicht wollte. Immerhin mochte er ihn so sehr.

„...ich weiß. Das war kein richtiger Kuss, un.“, entkam es ihm dennoch heiser, was der Rotschopf mit einem Nicken bestätigte, „Weil sich ein richtiger Kuss anders anfühlt, un?“ Erneut sah er ein Nicken und bevor Sasori weggehen konnte, griff er nach dessen anderer Schulter, um ihn zu sich herumzudrehen, ehe er ihn regelrecht überfiel. Er kam ihm mit so einer Wucht entgegen, dass sie nach hinten wegtaumelten bis der Kleinere mit seinem Rücken gegen seinen Schrank schlug, woraufhin der Blonde diese Chance nutzte. Er drückte seine Lippen auf die des anderen, begann ihn hastig zu küssen, auch wenn Sasori es nicht erwiderte. Ihm war einfach danach, er konnte noch nicht einmal sagen warum, aber er musste es einfach tun und erst als das Schmerzen in seiner Brust noch stärker wurde, ließ er von ihm ab. Er war nun einmal wirklich ein lächerliches kleines Gör, bloß gerade in dem Moment, wo er sich von ihm lösen wollte, wurde er wieder zurückgezogen, weshalb sich ihre Lippen erneut trafen. Doch nun war Sasori derjenige, der ihn küsste, sodass Deidara nicht wusste wie ihm geschah. Er kam diesem Kuss überhaupt nicht hinterher, konnte nur versuchen ihn hastig zu erwidern bis ihnen beiden die Luft ausging. Schwer atmend starrten sie sich anschließend an.

„Das ist der Grund, wieso ich Sakura niemals eine Chance hätte geben sollen.“ Ein dünnes, fast schon trauriges Lächeln huschte über Sasoris Gesicht.

„D-du hast es aber trotzdem gemacht.“

„Weil ich nicht damit gerechnet habe, dass ihr euch so einfach trennen würdet und weil ich nicht wusste, dass...“

Deidara sah, wie er ihm auswich. Sein Herz raste.

„Das... ist ziemlich egoistisch... Sakura als Ersatz zu benutzen, un.“

„Sie ist kein Ersatz. Ich hatte einfach Mitleid mit ihr und sie hat sich so bemüht mir zu gefallen.“, erklärte der Rotschopf, „Außerdem ist es auch egoistisch über jemanden herzufallen, der vergeben ist.“

Erneut starrten sie sich an und wussten dabei beide, dass sie nicht das Richtige getan hatten. In Deidaras Kopf pochte es schmerzvoll, er war immer noch müde und fühlte sich leicht verzweifelt. Er hatte keine Vorstellung von dem, was er darauf antworten sollte, nur irgendwie rutschte es ihm dann doch heraus.

„Mach mit ihr Schluss.“, raunte er leise. Er sah sich so nah an dem, was er haben wollte, dass ihm dieser selbstsüchtige Wunsch einfach so entkommen war. Er wollte Sasori nämlich nur für sich alleine, er wollte ihn nicht teilen, weshalb er sich regelrecht an diesen klammerte.

„Natürlich mache ich das. Damit werde ich sie am wenigsten verletzen.“, erwiderte dieser sogar noch auf seine mehr als nur egoistische Bitte, sodass Deidara zu staunen begann. Er wurde rot, konnte allerdings trotzdem nicht ganz glauben, was er soeben gehört hatte.

„Wie meinst du das?“

„So wie ich es gesagt habe.“
 

Auch nachdem Sasori wieder gegangen war, um seine Arbeit im Cafè fortzusetzen, konnte Deidara noch nicht so richtig glauben, was er getan hatte, wobei es noch viel unglaublicher war, dass der andere tatsächlich darauf eingegangen war. Mit einem abwesenden Lächeln nahm er sich den Kaffee, woran er nippte und aufseufzte. Bisher hatte er immer nur Mädchen geküsst, weshalb es das erste Mal war, dass er sich zu einem anderen Jungen hingezogen fühlte; wobei hingezogen das falsche Wort war. Er wusste, wie Sasori tatsächlich war, obwohl sie sich erst so kurz kannten. Andere Schüler mieden ihn, weil er sich verschloss und sie nicht den Grund dafür verstanden. Natürlich wäre eine Freundin für ihn schön, aber Deidara wollte selber diese Person sein, der sich der Kleinere öffnete.

Als er die Kaffeetasse und das Wasserglas geleert hatte, zog er sich seine Jeans wieder aus, nahm sich einen Zeichenblock, sowie einem Bleistift vom Schreibtisch und kroch damit zurück in das Bett. Schon jetzt fühlte er sich hier so wohl, dass es ihm Angst machte, denn Kurotsuchi war vollkommen vergessen.
 

„Achso?“ Sakuras Stimme zitterte leicht, während sie in das hohe Glas ihres Latte Macchiatos schaute. Vorsichtig löffelte sie dessen Karamelltopping vom Milchschaum und schien dabei gedanklich in einer ganz anderen Welt zu sein, ehe sie auf einmal wissend lächelte. Sasori beobachtete, wie sie das Karamell vom Löffel ablutschte und legte seine Stirn dabei in Falten, weil er ihr Verhalten nicht ganz nachvollziehen konnte.

„Ist alles in Ordnung?“, wollte er deswegen misstrauisch wissen, doch zu seiner Verwunderung nickte das Mädchen, was er noch weniger verstand, da er soeben ihre frische Beziehung beendet hatte.

„Ja.“, bestätigte sie ihm, wobei ihre Stimme deutlich fester klang, als zuvor noch, „Ich bin dir nicht böse, auch wenn ich ein bisschen traurig bin. Du hast mir eine Chance gegeben und ich habe das Gefühl gehabt, dass du mit mir zusammengekommen bist, um mir eine Freude zu bereiten.“ Sie seufzte, lachte daraufhin aber schon wieder. „Auch wenn du lieber so kalt bist... du bist wirklich süß! Weil du so ehrlich bist...“ Gegen Ende hin wurde ihre Stimme wieder leiser und sie hob ihre Hand um sich eine aufkommende Träne aus dem Augenwinkel zu wischen, immer noch lächelnd. „Ah, kann ich noch einen Cupcake bestellen? Den mit der weißen Schokolade?“ Sie strahlte Sasori sogar regelrecht an und er stand nickend auf. Seine anfängliche Haltung gegenüber diesem Mädchen hatte sich mittlerweile vollkommen geändert, denn dieses Gör war so viel stärker als er, dass er Sakura dafür fast schon bewundern konnte.
 

Durch Sasoris Zimmerfenster schienen bereits die letzten Sonnenstrahlen, als er nach Schichtende zurückkehrte. Es war das erste Mal seit langem, dass er sich so ausgeglichen wie heute fühlte; das erste Mal, dass ihn die Arbeit nicht genervt hatte und auch dass er sich auf das freute, was in seinem Zimmer auf ihn wartete. Leise drückte er die Tür zurück in ihr Schloss, bevor er sich lautlos zum Bett begab. Deidara war immer noch hier. Dieser schlief auf dem Bauch liegend und mit halb weggestrampelter Bettdecke, trotz Kaffee und Schmerztablette, welche beide nur eine kleine Erleichterung gewesen sein mussten, aber Sasori hoffte, dass es dem Blonden ab heute auch besser gehen würde. Lächelnd strich er ihm die langen Haaren aus dem Nacken, ehe er sich zu ihm herunterbeugen wollte, doch da begann sich sein Gast bereits zu regen und wurde munterer. Er drehte sich schwach unter ihm herum, sodass er müde zu ihm hochblinzelte.

„Un. Du bist wieder da?“, fragte er verschlafen, worauf Sasori nickte. Deidara schien, genau wie ihm selbst, die Worte zu fehlen. „...was hat Sakura gesagt?“

„Nichts besonderes.“

„Dann... bist du jetzt wieder frei?“

„Nicht direkt.“ Eine angespannte Pause entstand und Sasori konnte sehen, wie sich Deidaras Augenbrauen fragend zusammenkniffen. Er schien mit dieser Antwort alles andere als zufrieden zu sein, aber er selbst lächelte nur, was einen noch irritierteren Gesichtsausdruck seines Gegenübers zur Folge hatte.

„Was soll das bedeuten?“, brummte der Blonde, der sich langsam mit seinen Armen in eine aufrechte Position stemmte.

„Ich schätze, du willst mich jetzt für dich beanspruchen?“ Sasoris Lächeln wurde zu einem Grinsen, als er den überraschten Blick des anderen bemerkte. Aber auch sein eigenes Herz schlug schneller.

„W-wovon redest du? Das hört sich seltsam an, un!“

„Findest du? Ich denke, das passt eigentlich sehr gut.“, stellte er fest, wobei er sich wartend nach vorne lehnte. Deidara starrte angespannt zu Seite, als würde er nachdenken, streckte dann allerdings seine Arme nach ihm aus und zog ihn zu sich, was Sasori widerstandslos geschehen ließ, sodass er daraufhin neben seinem Gast auf der Matratze lag und sein Blick fiel sofort auf dessen Lippen, auf die er einen sanften Kuss hauchte. Erneut musste er dabei an etwas denken, was ihm Deidara einmal erzählt hatte, woraufhin er wissend zu kichernd begann. Es war nämlich genau so, wie es ihm gesagt worden war. Wenn man erst einmal mit jemandem küssend im Bett lag, konnte man nicht genug davon bekommen, weshalb er Deidaras Lippen daraufhin sofort wieder in Beschlag nahm.

„Und ich hoffe, du weißt, dass ich dich jetzt im Gegenzug nicht mehr gehen lasse!“, raunte Sasori zwischen ihren Küssen.

Deidaras Lippen entkam ein ersticktes Keuchen. Ihm war heiß und obwohl das angespannte Kribbeln in seinem Körper ein bekanntes Gefühl war, fühlte es sich ungewohnt an, da er unter einem anderen Körper auf der Matratze gefangen genommen worden war. Deshalb drehte er sich hastig zur Seite, als er Sasoris Lippen an seinem Schlüsselbein spürte.

„Warte!“ Nervös vergrub er sein Gesicht in einem der duftenden Kissen. „Ist deine Großmutter wirklich nicht da?“

„Ja. Sie ist wirklich nicht da.“ Nur Sasori schien so ruhig wie immer zu sein. Es war bewundernswert, dass sein Freund diese Selbstbeherrschung hatte, auch wenn Deidara sein letztes Yakisobabrötchen darauf verwetten würde, dass es in dessen Innern trotzdem anders aussah.

„Und sie kommt auch erst spät nach Hause?“, wollte er dennoch wissen, womit er die Geduld des anderen auf eine harte Probe stellte.

„Vermutlich.“

„Vermutlich?“, wiederholte er zittrig.

„Deidara, wieso bist du so nervös? Es ist nicht dein erstes Mal, nicht wahr?“

„Ist es nicht, aber... uun...“

„Aber?“ Ohne dass er sich dagegen wehren konnte, wurde er von Sasori wieder herumgedreht, sodass er nun dazu gezwungen war im dämmrigen Licht in dessen Gesicht zu schauen.

„...du bist halt kein Mädchen, un.“, musste er sich nun beschämt erklären und ärgerte sich sofort darüber, dass er es ausgesprochen hatte, weil ihm sein Freund sichtlich amüsiert musterte. Deidara fand es nicht fair, denn in der Zeit, in der sie nun schon zusammen waren, hatten sich einige Dinge ganz anders herausgestellt. Er war nicht derjenige, der Sasori in Besitz nahm, sondern es war eher anders herum, wobei er dem auch nur wenig entgegen zu setzen hatte, weil es der Rotschopf immer wieder schaffte sich mit irgendwelchen süßen Tricks das zu nehmen, was er wollte, was sich irgendwie fremd anfühlte.

„Ja, das stimmt.“

Angespannt beobachtete er, wie Sasori seinen Kopf schwach zur Seite neigte und dessen Blick verhieß dabei nichts gutes. Es war so ein Blick, bei dem das Herz des Blonden vor Aufregung zu zerplatzen drohte.

„Deidara...“, sagte er seelenruhig.

„Un?“

„...wusstest du, dass es ab nächste Woche eine Pop Art Ausstellung in der Stadthalle gibt?“

Während er seinem Freund verwundert zuhörte, ließ das Gewicht, was auf seinem Körper lastete nach, ehe sich Sasori neben ihm auf die Matratze fallen ließ. Er konnte seinen schweren Atem an seiner Schulter spüren, sodass es ihm sogleich Leid tat, da er ihn abgewiesen hatte, aber es gab einige Dinge, die er einfach noch nicht konnte.

„Lass uns dorthin gehen.“, hörte er die leise Stimme seines Freundes neben sich.
 

Während Deidara vor Begeisterung strahlte, konnte Sasori keinen Gefallen an den übertrieben bunten und auffälligen Bildern finden. Doch er widersprach nicht, denn das hatte er bereits bei dem ersten Kunstwerk aufgegeben, welches sie heute betrachtet hatten, woraufhin sie fast eine ganze Stunde mit Diskutieren beschäftigt gewesen waren. Egal, was man Deidara sagte, er fand immer etwas in dieser kurzlebigen Kunst, was er Sasori versuchte schmackhaft zu machen, weshalb der Rotschopf mittlerweile einfach nur resignierte, indem er schweigend zuhörte. Als er ihm innerlich seufzend zum nächsten Gemälde folgte, drang auf einmal eine aufgeregte Stimme hinter ihnen hervor.

„Deidara!“

Noch bevor Sasori reagieren konnte, hatte sich Kurotsuchi zwischen sie gedrängt, wobei sie sich fest an den Arm ihres ehemaligen Freundes klammerte. Ein breites Grinsen lag in ihrem Gesicht.

„Ich wusste doch, dass ich dich hier finde!“, verkündete sie vergnügt, als hätte sie ganz beabsichtigt nach ihn gesucht, während sie von Deidara vollkommen überrumpelt angestarrt wurde.

„Kuro...“, entkam es ihm, aber Sasori wollte dem ein Ende bereiten, da dieses Mädchen nichts mehr in der Nähe seines Freundes verloren hatte, bloß gerade in dem Moment, wo er nach ihr greifen wollte, spürte er ebenfalls eine Berührung an seinem Arm. Verwirrt schaute er zur Seite, wo Sakura mit einem schwachen Lächeln stand.

„Was?“

Bevor er wusste, wie ihm geschah, wurde er mit einer ungeahnten Kraft zu ihr gezogen.

„Ich muss mit dir reden. Es ist wichtig, sehr wichtig!“, wisperte sie, während Kurotsuchi ein leises Kichern entwich.

„Schnapp' ihn dir, Saku-chan~“, säuselte sie frech, wobei sie den Griff an Deidaras Arm verfestigte.

„Kurotsuchi, was soll das?“, fragte dieser verwirrt und schaute dabei zu Sasori, der ihnen einen so eisigen Blick über seine Schulter zuwarf, dass es ihm kalt den Rücken herunterlief, weil er die Situation einfach nicht einschätzen konnte.
 

„Was soll das? Ich dachte, du hättest die Trennung akzeptiert?“

Angespannt lehnte sich Sasori gegen die Wand, während Sakura zwei Getränke aus einem Automaten zog und zu seiner Verwunderung nickte das Mädchen.

„Habe ich auch, darum geht es aber auch gar nicht!“, erklärte sie mit fester Stimme, ehe sie sich zu ihm herumdrehte, um ihm eine der beiden Getränkedosen zu reichen. Irritierter als zuvor blickte der Rotschopf auf den Softdrink, den er nicht annahm. Er hatte keine Lust sich mit Sakura über irgendetwas zu unterhalten, weil er Deidara keine Minute länger in Kurotsuchis Gesellschaft sehen wollte, doch als er die Dose auf einmal bestimmend in die Hand gedrückt bekam, änderte er seine Meinung. Etwas in Sakuras Blick beunruhigte ihn. Vielleicht war es besser, wenn er ihr zumindest zuhörte.

„Du solltest die Finger von Deidara lassen!“

„Hm? Wie kommst du darauf?“ Langsam ließ Sasori seine Hand mit der Getränkedose sinken, wobei er angespannt dabei zuschaute, wie Sakura ihr Getränk offen drückte und es mit einem angesäuerten Gesichtsausdruck zu ihren rosig schimmernden Lippen führte.

„Ich habe Kurotsuchi das mit euch nicht erzählt. Ich werde es ihr auch nicht erzählen und ich hätte es dir schon vorher gesagt, wenn ich es gewusst hätte, aber sie ist immer noch mit Deidara zusammen, deshalb solltest du aufhören dich mit ihm zu treffen!“, nuschelte sie kaum hörbar gegen das Metall, ehe sie einen Schluck nahm. Sie trank langsam, wobei sie sich seitlich weggedreht hatte und Sasori musste zuerst seine Gedanken ordnen. Was hieß hier, die beiden waren noch zusammen? Er verstand es nicht, weshalb er grob nach Sakuras Schulter packte.

„Wenn du dich wegen der Trennung an mir rächen willst...“, setzte er leise und stechend scharf an, bloß legte das Mädchen nur sanft lächelnd die Hand auf seine.

„Wie gemein, dass du so von mir denkst. Wobei ich dir wohl oder übel Recht geben muss. Wenn ich in deiner Situation wäre, würde ich bestimmt das gleiche denken. Glaubst du aber wirklich, dass ich lüge?“, erklärte sie ihm, „Hör zu... Kurotsuchi hat nie mit Deidara Schluss gemacht. Sie wollte eine Pause und ist jetzt hier, um ihn sich wieder zurück zu holen.“

„Und dann ziehst du mich so einfach von den beiden weg, damit sie sich zwischen Deidara und mich drängen kann?“

Sasori spürte, wie es in seinem Innern drohte über zu kochen. Er war mit dem Blonden zusammen, er hatte sich ihm geöffnet und er wollte ihn nicht wieder hergeben. Doch tief in seinem Herzen stach noch ein anderes Gefühl hervor. Wieso war er belogen worden? Wieso hatte ihm Deidara erzählt, dass diese Beziehung damals beendet worden war? Oder log Sakura doch?

„Sie drängt sich nirgendswo zwischen. Du bist Derjenige, der sich in IHRE Beziehung gedrängt hat, Sasori-san. Kurotsuchi ist meine beste Freundin. Deshalb will ich auch nicht, dass sie etwas davon erfährt, weil es bestimmt wieder nur eine von Deidaras kindsköpfigen Aktionen war. Es tut mir Leid, dass ich dir das so sagen muss. Es geht mir nicht um Rache. Mir geht es nur um meine beste Freundin! Deidara soll das gefälligst selber klären!“

Der Druck, der auf seine Hand lag, wurde fester und zeitgleich nahm das schmerzende Gefühl in seiner Brust mit jedem weiteren Wort zu. Die Art, mit der Sakura ihn nun anschaute; er glaubte ihr. Er glaubte, dass sie tatsächlich die Wahrheit sprach und während sich sein altes Misstrauen explosionsartig wieder ausbreitete, schwand das wütende Gefühl bis es schließlich erloschen war. Kraftlos und mit einem wehmütigen Ausdruck auf den Lippen, glitt ihm die Getränkedose aus der Hand, ehe sich sein Gesicht entspannte, sodass sich wieder der alte, kühle Gesichtsausdruck einstellte.

„Verstehe.“ Er nickte schwach zu Sakura, bevor er sich nach der Getränkedose bückte, die er ihr schweigend zurückreichte. Immerhin konnte er dieses unerträglich süße Zeug nicht ausstehen; genauso wenig wie Pop Art, weshalb er keinen weiteren Grund mehr sah noch länger hier zu bleiben.
 

Vorsichtig löste sich Deidara aus Kurotsuchis Griff.

„Ich weiß nicht, was du von mir willst, un.“, seufzte er dabei, wurde allerdings nur irritiert angeschaut, ehe ein hektischer Ausdruck über das Gesicht seines Exfreundin huschte.

„Ah, du bist mir noch sauer? Deidara, sei doch nicht so! Ich habe es dir doch versucht zu erklären, mein Vater...“

Während sie erzählte, blickte er sich um. Sasori war mit Sakura verschwunden, was ihm nicht gefiel. Nicht, weil er seinem Freund nicht traute, sondern eher weil er der gesamten Situation misstraute. Es machte ihn nervös.

„Deidara... hörst du mir zu? Es tut mir Leid, aber die Beziehung zwischen meinem Vater und mir hat sich wieder beruhigt. Es ist alles wieder gut, dann können wir jetzt wieder zusammen sein?“

Weil er einen Teil von dem, was sie sagte, nicht mitbekommen hatte, blickte Deidara fragend zurück zu Kurotsuchi, als er irgendetwas vernahm, was mit ihrer alten Beziehung in Verbindung zu stehen schien.

„Un?“

„Du hast mir wirklich nicht zugehört?“ Schmollend plusterte sie ihre Wangen auf, „Du bist so wie immer!“

„Wovon redest d-...“, begann er, konnte seine Frage aber erst gar nicht beenden, da sich ihm Kurotsuchi plötzlich überraschend näherte und ihm mit ihren Lippen das Wort abschnitt. Wie gelähmt ließ es Deidara eine Sekunde lang geschehen, bevor er sich besann und sie von sich schob.

„Was soll das denn?“, wollte er von ihr wissen. Es war ihr Glück, dass sie in einer abgelegenen Ecke der Ausstellung standen, denn so gab es nicht viele Personen, sie sie beobachten konnten und er hätte es sich auch nicht verziehen, wenn Sasori dies gesehen hätte. Auch, wenn es nicht von ihm ausgegangen war.

„Was soll was?“, erhielt er eine Gegenfrage, sodass er nur irritiert blinzelte. Es schien ihm, als würden sie gerade direkt aneinander vorbeireden, weshalb er tief durchatmete.

„Kurotsuchi, lass das. Das zwischen uns ist vorbei, un!“ Ihr direkt ins Gesicht blickend ließ er ihre Schultern wieder los, während er regelrecht in Zeitlupe beobachten konnte, wie etwas in ihr zerbrach.

„Vorbei?“, hauchte sie, „Wie kannst du das sagen? Es hat mich so viel gekostet meinen Vater von uns zu überzeugen!“ Obwohl sie Anfangs noch leise sprach, wurde der Klang ihrer Stimme immer höher und verzweifelter.

„Was? Du hast mich abserviert. Du hättest mich ewig warten lassen.“, brummte Deidara etwas ungerührt. Innerlich ärgerte er sich allerdings darüber, weil ihn Kurotsuchi so verletzt hatte und nun so tat, als wäre nie etwas geschehen.

„Abserviert? Ich wollte nur ein bisschen Zeit. Du hast gesagt, dass wir uns wieder sehen!“

Als er sah, dass ich ihre dunklen Augen mit Tränen füllten, fühlte es sich so an, als würde ihm etwas die Kehle zuschnüren. Einerseits schmerzte es ihm selber schon fast, weil er sich daran zurückerinnerte, wie er sich wegen ihr gefühlt hatte und andererseits wurde er immer wütender, weil sie ihm nun ganz offensichtlich die Schuld zuweisen wollte, weshalb er sich abermals fragte, was mit seiner Kurotsuchi passiert war. Er erkannte das Mädchen nicht wieder, in das er damals so vernarrt gewesen war, sodass er alles für sie getan hätte.

„Hör auf damit...“, entkam es ihm gezwungen. Zwar war er wütend, aber er konnte sie trotzdem nicht weinen sehen. „Hör auf...“

Allerdings schien sie nicht aufhören zu können. Etwas hilflos schaute Deidara sie an, während die ersten dicken Tränen hervorgequollen kamen und über ihre Wangen rollten, sodass seine Wut fast schon vergessen war.

„H-hey, un...“

Schnell glitten seine Hände nach vorne. Er wollte sie nur trösten, indem er ihr die Tränen wegwischte, doch kaum war er hier näher gekommen, schlang sie ihre Arme um ihn.

„Ich will einfach nur mit dir zusammen sein!“, hauchte sie gegen seine Halsbeuge. Sowohl ihr warmer Atem, als auch ihr Parfum waren so vertraut, dass Deidaras Herz zu zerreißen drohte. „Ich will dich! Willst du mich denn gar nicht mehr?“

Kaum waren diese Worte allerdings ausgesprochen, nahm die Wut des Blonden wieder Oberhand. Dieses Mal stieß er Kurotsuchi von sich, sodass sie nach hinten stolperte.

„Ich habe dich immer gewollt, aber du hast mich einfach stehen gelassen, weil du keinen Streit mit deinem Vater wolltest!“, fuhr er sie an, wobei es ihm vollkommen gleichgültig geworden war, wo sie sich soeben befanden. Denn das, was er zu sagen hatte, konnte Sasori sehr wohl hören und auch alle anderen der Ausstellungsbesucher, von denen eine ältere Frau auf sie aufmerksam geworden war und bestürzt ihre Lippen schürzte.

„...so war das alles nicht gemeint...“, versuchte sich Kurotsuchi derweil zu rechtfertigen, nur auch das war Deidara egal. Kopfschüttelnd fasste er sich an die Stirn.

„Ach nein? Was glaubst du wohl, wie ich mich gefühlt habe, un?“

„Was? ...ach nein? Was glaubst DU wohl, wie ICH mich gefühlt habe, wenn du mal wieder etwas vergessen hast, wenn du mich irgendwo hast warten lassen, weil du dich mal wieder verspätest hast, wenn ich dich nicht erreichen konnte, weil du dein Handy im Suff irgendwo verloren hast und wenn du anderen Mädchen hinterhergeschaut hast! Meist du das war schön für mich?“, schrie sie plötzlich lauthals heraus, wobei sie ihre Hände in die kurzen dunklen Haaren vergrub, die sie weinend zerwühlte, „Du hast ja sogar unser Jubiläum vergessen!“

„Aber... ich habe mich jedes Mal entschuldigt und du hast nie... du hast nie...“

Es verschlug Deidara die Sprache. Seine unkomplizierte Freundin, die wie ein guter Kumpel gewesen war. Sie hatte es ihm sehr wohl übel genommen, nur hatte sie nie etwas gesagt und alles tief in sich hineingefressen bis nun in diesem Moment wohl ihr Limit erreicht worden war.

„Du bist so ein Arsch! Vermutlich hast du eh schon eine andere!“

Bei dieser Wortwahl zuckte er regelrecht zusammen und sein Tunnelblick wurde noch enger als vorher. Mit einem breiten Grinsen fuhr er sich durch sein Haar. Wenn Kurotsuchi Streit suchte, konnte sie diesen haben.

„Richtig! Ich habe längst 'ne andere und die ist auch viel besser im Bett als du!“, konterte er, womit er seine Exfreundin in die Flucht schlug. Aufgebracht stürmte sie an ihm vorbei, ohne zu sehen, dass sie ebenfalls schnurstracks an Sakura vorbeirannte, die von ihrem Gespräch mit Sasori zurückgekehrt war.

„Kuro-“, versuchte sie ihre beste Freundin noch aufzuhalten, kam aber nicht weit, weil sie von Deidara zurückgehalten wurde.

„Wo ist Sasori?“, fuhr er sie an. Immerhin war sie eine Mitübeltäterin für ihn.

„Hm? Wie? Er... ist nach Hause gegangen.“, antwortete sie.

„Was? Wieso? Was hast du ihm erzählt?“ Er konnte nicht glauben, was gerade geschah. In kürzester Zeit war alles aus den Fugen geraten, wobei das größte Problem nun der Rotschopf war. Er kannte ihn, er wusste, was ihn erwartete und es konnte doch nicht wirklich wahr sein, dass er sich nun wieder an dessen eiskalter Hülle die Zähne ausbeißen musste, nur weil ein dahergelaufenes Mädchen irgendwelche Lügen verbreitete? Sasori konnte ihr doch unmöglich geglaubt haben! Wer glaubte schon einer Exfreundin, der man vor nicht allzu langer Zeit einen Laufpass gegeben hatte?

„Was hast du ihm erzählt?“, wiederholte sich Deidara angespannt, "Hast du dich an ihn rangemacht?"

„Was? Nein, habe ich nicht. Ich habe ihm nichts besonderes erzählt. Nichts, nur die Wahrheit über Kurotsuchi und dich.“

Sofort ließ er Sakura los, denn die eigentliche Wahrheit war in der Tat schmerzhaft simpel. Es hatte tatsächlich nie ein Ende zwischen Kurotsuchi und ihm gegeben, weshalb der Blonde angespannt schluckte. Immerhin war er selbst hier der Lügner.

Mit einem stillen Seufzen ließ sich Sasori nach vorne auf die Knie sinken. Es hatte ihn die restliche Zeit des Nachmittags gekostet hierher zu kommen; nachdem er mit einer U-Bahn zum Stadtrand gefahren war, hatte er einen Bus genommen, um an dessen Endstation schließlich auszusteigen gestiegen,sodass er nun an den Ort gelangt war, wo er sich einst geschworen hatte, alle seine Gefühle zu vergraben.

Langsam steckte er die Räucherstäbchen an und starrte auf den kleinen Grabstein. Es war nicht der von seinen Eltern, sondern von einer anderen Person, die für ihn mehr als nur besonders gewesen war.

„Sandaime...“, entwich es ihm schwach, sodass er über die aufkommende Trauer lächeln musste. Damals als er noch zu klein zum Arbeiten gewesen war, hatte dieser Mann ihr Cafè regelmäßig besucht. Er hatte sich um ihn gekümmert, wie niemand anderes und Sasori hatte ihn dafür geliebt. Er hatte ihn so heiß und innig geliebt, dass es ihn regelrecht zerbrochen hatte, als ihm irgendwann die Freundin dieses Mannes vorgestellt worden war. Die schwangere Freundin, wegen der er die Stadt verlassen hatte wollen; wegen der er einen Autounfall gehabt hatte und letztlich verstorben war, obwohl das ungeborene Gör noch nicht einmal von ihm selbst gewesen war und was diese Frau schließlich noch einen anderen Mann untergeschummelt hatte. Damals hatte Sasori verstanden, dass Menschen einfach so waren. Dass sie logen, betrogen und andere verletzten, weshalb er alles an diesem Ort zurückgelassen hatte, um niemals mehr verletzt zu werden, aber Deidara hatte ihn etwas Besserem belehrt. Der Blonde hatte sich nicht nur auf eine seltsame Art und Weise einen Platz in seinem Herz erschlichen, er war auch selber zu diese Art Mensch geworden, die er verabscheute. Selbst er hatte Sakura verletzt, auch wenn diese es ihm im Nachhinein scheinbar nicht übel nahm. Nur leider ging es hier um das Prinzip.
 

Deidara war nervös, als er das Klassenzimmer betrat. Vor Ewigkeiten war er das letzte Mal in der Schule gewesen und heute gab es nur einen Grund für sein Auftauchen; allerdings war Sasoris Platz leer. Er konnte ihn auch weder telefonisch erreichen, noch hatte er ihn gestern Abend im Cafè oder bei sich zu Hause angetroffen. Nachdem er verstanden hatte, dass sein Freund gegangen war, war er ihm sofort gefolgt, aber scheinbar hatte sich der Rotschopf einfach irgendwohin zurückgezogen, wo er ihn nicht erreichen konnte. Verständlich. Er wusste von dessen Seite und hatte ihn dennoch in voller Absicht belogen, was allerdings nichts an seinen Gefühlen änderte. Das war ihm bewusst, zumal es nichts weiter als ein großes Missverständnis war.

„Hmph. Da ist der Typ.“, hörte Deidara es von irgendwoher aus dem Klassenzimmer raunen. „Genau so ein Freak wie Sasori!“

Seitdem er seine Klassenkameradin auf dem Spielplatz angefasst hatte, hatten sich die anderen Mitschüler von ihm abgewendet. Hinter seinem Rücken tuschelten sie, aber auch das hatte er verdient. Brummend ließ er sich auf seinem Platz nieder und gerade als er sich vorne über beugte, um ein Buch hervorzuziehen, merkte er wie eine schmale Person an seinem Tisch vorbeiging, woraufhin er sich sofort nach hinten umdrehte.

„Danna!“, entkam es ihm aufgeregt, doch die kühlen Augen seines Freundes wichen ihm aus. Er schaute einfach nur nach draußen, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. „U-un, ich muss später unbedingt mit dir reden!“ Es war zumindest ein Versuch wert und wenn Sasori nicht darauf einging, würde er ihn im Laufe des Tages irgendwie zu einem Gespräch zwingen, denn er musste dieses Missverständnis aus der Welt schaffen.

Die Schulstunden vergingen und der Rotschopf hatte sich ihm immer wieder entzogen, indem er ihn einfach mied. Aber dann sah er seine Chance endlich im Sportunterricht.

„D-danna... wegen der Sache mit Kurotsuchi...“

Deidara blickte zur Seite, wo Sasori stillschweigend neben ihm joggte. Sie mussten sich mit einigen Runden um den Sportplatz aufwärmen und es war die perfekte Gelegenheit. Zumindest solange bis der Rotschopf sein Tempo aus einnmal anzog, woraufhin er nur noch mühsam mit ihm Schritt halten konnte.

„...das ist nicht so... wie du denkst...“, begann er, spürte allerdings schon, wie es in seinen Seiten zu stechen begann und auch in seiner Lunge brannte es. Vielleicht hätte er anstatt zu faulenzen und Alkohol zu trinken ein bisschen mehr Sport treiben sollen, denn die Kondition des Kleineren war um einiges besser als seine eigene, weshalb er aufgeben musste. Entweder laufen oder reden; beides zusammen schaffte sein Körper mit dieser Geschwindigkeit nicht, nur hatte er auch in der restlichen Sportstunde keine Gelegenheit dazu.

„Verdammt!“ Wütend über sich selbst, schlug er die Tür seines Spindes zu, ehe er sich auszog und zu den Duschen stapfte. Nicht nur die meisten der anderen Jungs waren schon nach Hause gegangen, auch Sasori war verschwunden. Nur weil er Derjenige gewesen war, der hatte aufräumen und putzen müssen, war er noch hier, was ihn ärgerte, denn es erschien ihm, dass sich die Situation nur noch stärker festfahren würde, je mehr Zeit er verstreichen ließ.

Zähneknirschend betrat er den Duschraum, von wo ihm eine warme Wolke aus Wasserdampf entgegenschlug. Jemand hatte die gesamte Dusche in eine Sauna verwandelt und er wusste auch sofort, wer dieser Schüler war, da ihn der Geruch von Sasoris Duschgel förmlich einnebelte, sodass sein Herz einen Hüpfer machte. Vielleicht würde er doch noch seine Chance bekommen?

Sein Blick glitt in die hinterste Ecke des Raumes, wo sein Freund stand. Er drehte ihm den Rücken zu, hielt seinen Kopf gesenkt und ließ das Wasser einfach nur über seinen Körper laufen. Dass es viel zu heiß war, war dabei offensichtlich, weil sich seine Schultern bereits rötlich verfärbt hatten, zumal auch seine blasse Haut an anderen Körperstellen bereits die Farbe wechselte.

Vorsichtig näherte sich Deidara ihm von hinten, doch gerade in dem Moment, wo er sich neben ihn gestellt hatte, drehte dieser das Wasser ab und ging, nahm sein Duschgel mit und zog sein Handtuch von der Stange, ehe er es sich um die Hüften schlang. Der Blonde musste schwach durchatmeten. Seine Geduld war bei weitem nicht so, wie die von Sasori, weshalb er sich nun an diesen wandte.

„Meinst du nicht, dass du dich wie ein kleines Gör verhältst, weil du so tust, als würde ich nicht existieren?“, bemerkte er, wobei seine Stimme verletzter klang, als er es eigentlich beabsichtigt hatte. Allerdings zeigte diese Provokation Wirkung. Sasori drehte sich wieder um.

„So? Wenn du mir etwas sagen möchtest, warte ich draußen und du weißt, wie ich warten hasse.“

Kaum hatte Deidara dies gehört, drehte er hastig das Wasser auf, öffnete seinen Zopf und begann sich abzuduschen. Er wollte den anderen unter keinen Umständen zu lange warten lassen, was sich als gute Entscheidung herausstellte, denn als er mit triefend nassen Haaren aus dem Duschraum gestürmt kam, saß Sasori bereits angezogen auf der Bank in der Umkleide.

„Danna, ich...“, setzte er aus diesem Grund sofort an, sah aber nur, wie sein Gegenüber den Kopf leicht zur Seite drehte.

„Zieh dich an. So kann man doch kein vernünftiges Gespräch führen.“

Nickend kam er dieser Aufforderung nach, indem er sich schnell abtrocknete und seine Schuluniform überzog. Mit seinen Haaren zu einem lockeren Zopf gebunden drehte er sich schließlich wieder um, wo Sasori immer noch zur Seite blickend auf ihn wartete. Ein schwacher rötlicher Schleier lag auf seinen Wangen, weshalb sich Deidara nur noch einmal wundern konnte, wie dieser nur so heiß hatte duschen können und dabei dachte er, er würde ihn verstehen können, aber scheinbar war dem nicht so.

„Also?“

Als Sasori aufstand, folgte er ihm hastig. Immerhin waren sie alleine, sodass sie sich ungestört unterhalten konnten. Aus diesem Grund würde er auch kein Blatt vor dem Mund nehmen, während sie die Umkleiden verließen und am großen Sportplatz vorbeigingen.

„Das mit Kurotsuchi ist einfach nur ein Missverständnis, un. Ich habe mit ihr Schluss gemacht. Außerdem sind wir doch jetzt zusammen, deshalb-“

„Sind wir das?“, wurde er jedoch von Sasori unterbrochen.

„Natürlich! Du hast doch-“

„Hm? Dann meinst du, es ist nur ein Missverständnis, was zwischen dir und Kurotsuchi passiert ist?“

„Un.“ Deidara nickte.

Obwohl er nicht ausreden konnte, atmete er erleichtert auf, als er bemerkte, dass der andere es verstand. Lächelnd schaute er zur Seite, sah aber nur, wie der Rotschopf mit einem eingefrorenen Blick nach vorne starrte, ehe er plötzlich stehen blieb. Von einem Moment auf den nächsten, war sein positive Gefühl verschwunden, indem Deidara begriff, dass es doch nicht so einfach war.

„Verstehe. Du hast mich also auch versehentlich dazu angestiftet mit Sakura Schluss zu machen, damit du dich mit mir treffen kannst? Und es war auch nur ein Versehen, dass du mir verschwiegen hast, dass du eigentlich noch in einer Beziehung bist?“

Damit brachte Sasori das Problem nicht nur auf den Punkt, sondern hatte ihm auch mit diesen beiden Fragen die Sprache verschlagen.

„Also...“, begann er zu stammeln, wobei er krampfhaft nach den richtigen Worten suchte. Er hatte das Gefühl, dass er sofort alleine zurückgelassen werden würde, wenn er etwas falsches sagte, was er deshalb vermeiden wollte. Nur wusste er einfach nicht wie. „Ja?“, antwortete er schließlich, woraufhin sich Sasori wieder in Bewegung setzte und er schnell nach dessen Arm griff.

„Es war nur ein Missverstädnis!“, wiederholte er sich, „Für mich war die Beziehung mit Kurotsuchi zu diesem Zeitpunkt längst beendet!“

Aber sein Freund wimmelte ihn ab, um schweigend weiter zu gehen und Deidara verstand es nicht, wollte allerdings noch nicht so einfach aufgeben, sodass er ihm nachrannte. Als Sasori vor ihm jedoch auf einmal wieder stehen blieb, stieß er förmlich in diesen, verlor sein Gleichgewicht und fiel zu Boden.

„Aah... verdammt!“ Fluchend rappelte er sich wieder auf.

„Dein Missverständnis steht da und wartete auf dich.“, hörte er Sasori leise raunen, bevor er sich wieder in Bewegung setzte und Deidara beobachtete, wie er kommentarlos an Kurotsuchi vorbeiging, die an der Schulmauer gelehnt stand. Mit einem sehnsüchtigen Blick schaute sie zu ihm herüber, aber er selbst ging ebenfalls an ihr vorbei.

„Ich habe doch gesagt, dass es vorbei ist, un!“, sagte er dabei laut genug, dass er von beiden gehört werden konnte, allerdings hatte er keine Chance Sasori noch weiter zu folgen, da sich Kurotsuchi ihm in den Weg stellte.

„Du bist wirklich das Letzte...“

An dem Ton ihrer Stimme, wusste Deidara, dass sie nicht hierher gekommen war, um ihn noch einmal überreden zu wollen. Jetzt ging es ihr wohl wirklich nur noch darum, ihren Frust an ihm abzulassen und ihre dunklen Augen blitzen auf, als sie ihre Hände in die Seiten stemmte.

„Lass das...“, brummte er ihr entgegen, wobei seine eigene Laune ebenfalls stetig zu sinken begann. Wenn er sich ihr nicht schnell entledigte, könnte es unangenehm werden, zumal er noch sah, wie Sasori sie mit einem kühlen Blick über seine Schulter beobachtete.

„Du bist so ein Mistkerl! Ich werde dir nicht verzeihen! Ich werde...“ Sie ging einen Schritt auf ihn zu, doch bevor noch irgendetwas passieren konnte, wurde sie tatsächlich von dem Rotschopf aufgehalten.

„Ja, er ist ein dummes, kleines Gör, aber sich an ihm zu rächen bringt dich auch nicht weiter.“, erklärte er ihr ruhig, sodass sie sichtlich zusammenzuckte, „Wenn du ihn vergessen willst, dann vergiss ihn.“ Mit diesen Worten ließ er sie wieder los und Kurotsuchi blickte Sasori an, als hätte dieser ihr irgendein unglaubliches Geheimnis erzählt, nickte aber stockend, rieb sich über die Augen und rannte quer über die Straße auf die andere Seite des Bürgersteigs. Auch Deidara musste seinen Freund nun irritiert anstarren. Niemals hätte er damit gerechnet, dass er für ihn Position beziehen würde, doch bei der Art, wie er ihn nun anschaute, lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken.

„Unglaublich. Dass du das Mädchen, das du so geliebt hast, so sehr verletzen musstest.“, begann die Moralpredigt.

„Aber-“, wollte er ihm widersprechen, wurde allerdings erneut unterbrochen.

„War es wirklich nur ein Missverständnis?“

Langsam öffnete Deidara seine Lippen. Er wollte auf diese Frage antworten, nur entkam ihm kein Laut, bis er schließlich seinen Kopf senkte.

„Nein, war es nicht. Ich wollte sie vergessen und ich war auf Sakura eifersüchtig, aber ich habe Kurotsuchi wirklich geliebt, als ich noch mit ihr zusammen gewesen bin.“, gestand er sehr kleinlaut. „Vielleicht... war es wirklich meine Schuld?“

„Immerhin siehst du es ein. Und jetzt?“

Deidara blinzelte verwirrt zu seinem Gegenüber, als er dessen Frage hörte. Er verstand diese nicht richtig und fragte sich deswegen kurz, worauf Sasori nun abzielte.

„Jetzt? Jetzt liebe ich dich... wirklich.“, murmelte er zögerlich, „Aber... ich verstehe jetzt auch, was du meintest. Ich hätte dich nicht belügen sollen. Ich hab es wohl verdient, dass du mit mir Schluss machst, un?“

„Schluss machen?“ Deidara schluckte schwer, da sein Freund diese Worte auf seltsame Art wiederholte, wobei er sich ihm näherte und plötzlich nach der Krawatte seiner Schuluniform griff. „Vielleicht sollte ich das machen, nachdem ich mich so verletzt gefühlt habe, aber ich habe nachgedacht. Immerhin wollte ich dich nicht mehr gehen lassen und es missfällt mir diese Aussage wieder zurückziehen zu müssen.“

Angespannt blinzelte der Blonde zu Sasori, dessen Gesicht seinem auf einmal sehr nah gekommen war. Er konnte seinen Atem spüren, weshalb er ganz automatisch die Augen schloss. Innerlich hoffte er auf einen Kuss, doch nichts geschah. Stattdessen spürte er nur, wie sich der Griff an der Krawatte wieder lockerte.

„Aber ich werde es dir noch länger übel nehmen und glaube nicht, dass ich in nächster Zeit so nett wie zuvor sein werde!“

Sasori hatte sich von Deidara entfernt; er lächelte düster, freute sich allerdings wirklich. Immerhin hatte der Blonde es verstanden und wenn er so einfach mit ihm Schluss gemacht hätte, hätte er ihn ebenfalls verletzt.

„Danna?“

Mit einem zufriedenen Blick schaute der Kleinere hinter sich, wo Deidara mit dem dümmlichsten Gesichtsausdruck stand, den er jemals gesehen hatte. Wenn er ihn wirklich liebte, würde er sein Vertrauen nicht noch einmal brechen, aber viel wichtiger war es, dass er das Prinzip verstanden hatte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Puh, so langsam entwickelt sich alles in die Richtung, die ich haben will... wobei mir Sasori wieder einmal zur Kuudere mutiert und Deidaras zickige Art ist mir von Anfang an verloren gegangen... naja... Kurotsuchi und Sakura sind ja auch ordentlich ooc, aber bei den beiden stört es mich nicht, weil sie nur Mittel zum Zweck sind :3
Ah~ und vielen Dank, an die, die meine FF lesen... vermutlich ist das Pair ein bisschen ausgelutscht, besonders, weil Naruto längst beendet ist, aber sie sind dennoch einfach mein Lieblings-BL-pairing <3 Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Schrecklich. Deidara ist so ein Mädchen und wie hab ich es überhaupt geschafft, dass die beiden am Ende doch zusammen sind? Argh, ich bin so unzufrieden, aber wenn ich sie das nächste Mal shippe, wird es besser! Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von: abgemeldet
2015-06-27T19:37:23+00:00 27.06.2015 21:37
*_* GEIL!! Ne richtig tolle und schöne FF!! *tränen in den Augen* (warum weine ich?!) süß... hast du richtig klasse gemacht, hätte ich nie besser hinbekommen! :D *Daumen hoch*
Von:  Sakami-Mx
2015-03-21T10:09:11+00:00 21.03.2015 11:09
O.o das war ja mal ne richtig geile FF! Ich hab sie in einem Rutsch durchgelesen und ich bin richtig begeistert gewesen :3. Schade, dass sie jetzt vorbei ist, ich hätte sie noch ewig weiterlesen können xD. Riesen Lob an dich, war echt ne hammer coole FF. Ich bin einfach nur mega begeistert^^
Von:  xUnderTaker
2015-03-06T17:04:49+00:00 06.03.2015 18:04
Hey~~~
Mal wieder ein super Storyansatz von dir
mir gefällt die Idee, dass Deidara eine Freundin hat und sich nicht gleich Hals über Kopf in Sasori verliebt
wäre eh zu Mainstream XD
dein streibstil war, ist und bleibt fantastisch, so das alles beim lesen flüssig wirkt

Aber was macht Sasori da nur mit Sakura? Geht einfach fremdknutschen, nachdem er nur Stunden zuvor unseren lieben Dei küsst
Was mir noch dazu einfällt: schön dass Sasori den ersten Schritt (irgendwie) wagt
normalerweise ist das ja immer Deidara Aufgabe ^.^
Ach die Szene wo Dei an Sasori Jacke riecht: irgendwie süß *.*

Nunjaaaaa ich freue mich auf jeden Fall schon auf das nächste kapitel
LG. xUT
Von:  sharinganlady
2015-02-15T10:55:59+00:00 15.02.2015 11:55
tolles Kapitel


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