Zum Inhalt der Seite

Desideratum

Life is Strange
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]


 

If it gets awkward, let it be awkward. That awkwardness is something they created. You don’t owe anyone a performance of being okay when you are not feeling okay so that they can feel better about themselves.
 

— Jennifer Peepas
 

 
 

Du bist erleichtert; hast Chloe von deinen Kräften erzählt und sie glaubt dir.

 

Vorhin am Leuchtturm hast du Chloes Zögern gespürt; wusstest, dass sie dir glauben wollte – hat geglaubt, dass du daran festhältst – aber es ist nicht so einfach.

 

Jedoch kannst du ihr keine Vorwürfe machen. Es ist schon genug, dass sie sich Gedanken über deine Worte macht, ohne dich direkt als wahnsinnig abzustempeln und es dabei zu belassen.

 

Du hast nach Wegen gesucht Chloe deine Kräfte im kleinen, harmlosen Rahmen zu demonstrieren, musstest aber schnell merken, dass dich deine Vision erschöpft hat und du dich ausruhen musst. ‚Vision‘ ist ein schreckliches Wort, dir ist allerdings kein besseres eingefallen, um es zu beschreiben. Eine Ohnmacht, in der man zukünftige Katastrophen vorhersieht sind Visionen.

 

Es hat allerdings nicht alles so funktioniert, wie du es dir vorgestellt hast. Nach der ganz eigenen Katastrophe mit dem Zug kann man deine Fähigkeit die Zeit zurück zu drehen nicht mehr leugnen. Chloes Dankbarkeit und Akzeptanz sind der Grund, warum du in dieser Schwierigkeit steckst.

 

Chloe zittert noch immer am ganzen Körper als ihr das leere Haus erneut betretet; aber auch du selbst spürst wie deine Beine beim Treppensteigen leicht einknicken. Gerade als ihr in Chloes Zimmer eingetreten seid, legt sie den Mantel des Schweigens ab.

 

„Du hast mich gerettet.“

 

Sie sieht – starrt – dich mit ihren intensiven, unruhigen blauen Augen an – sie gleichen einem Sturm; versuchen, dass eben erlebte zu fokussieren - und dein Herz macht einen Sprung als du ihre Dankbarkeit und Ehrfurcht in ihrer Stimme hörst.

 

Du flüsterst ein „Mach dir keine Gedanken“. Chloe scheint es nicht gehört zu haben und lässt sich auf ihr Bett fallen. Leicht nach vorne übergebeugt, stützt sie mit ihrer rechten Hand ihren Kopf und atmet aus. „Ich hatte so scheiße viel Angst.“

 

„Es tut mir leid; ich hätte versuchen sollen, es komplett zu verhindern, aber ich hab‘ bisher noch nicht herausgefunden, wie weit ich zurück kann. Und als ich dich gerettet hatte, wollte ich nichts riskieren.“

 

Du bist dir nicht ganz sicher, warum du nichts riskieren wolltest; wäre etwas schief gelaufen, beim Versuch den Vorfall zu verhindern, hättest du einfach erneut die Zeit zurückdrehen können; hättest ihr die Todesangst ersparen können. Als du dich auf das Bett setzt kannst du dich jedoch nur daran erinnern, wie schnell sie geatmet und dich festgehalten hat.

 

„Machst du Witze? Max, entschuldige dich nicht dafür.“

 

Eine wohlige Wärme spürst du an deinen Wangen und du weißt genau, wie unpassend das ist. Chloe ist beinahe erneut gestorben.

 

„Echt, ohne dich wäre ich jetzt tot.“

 

Dieses Mal schaffst du es, ein etwas sicherer Klingendes „Gern geschehen“ herauszubringen.

 

Sie atmet erneut schwer aus und dreht sich in deine Richtung.

 

„Deine Kräfte sind echt krass. Ich mein‘ fuck, Max, du kannst die Zeit zurückdrehen.“

 

Eine gewisse, durchaus verständliche, Ungläubigkeit ist ihrer Stimme zu vernehmen. Dein Blick wandert zu ihr. Ihre blauen Haare leuchten durch das warme Licht der untergehenden Sonne stärker als sonst.

„Gott, stell‘ dir vor, was du alles damit machen könntest! Außer meinen Arsch retten, meine ich.“ Unfreiwillig musst du lächeln als sich ein Grinsen über Chloes Gesicht ausbreitet. Du kannst dir in etwa vorstellen, was ihr für Ideen kommen; vielleicht nicht alle moralisch vertretbar, aber Chloe so sorglos zu sehen beruhigt dich.

 

Chloe bleibt für einen Moment still; merkt, dass du kein Wort von dir gegeben hast. Du hast mit einer stichelnden oder gar besorgten Antwort gerechnet. Stattdessen wartet sie einfach nur. In der kurzen Zeit in der ihr euch wiedergesehen habt ist es offensichtlich geworden, dass Chloe- die neue Chloe – Stille nicht besonders mag. Dennoch erlaubt sie diese Stille, schaut dich einfach nur an; beobachtet dich kurz und lässt einen weiteren Augenblick verstreichen bis sie sich nach vorne beugt und ihre Lippen Millimeter vor deinen ruhen lässt.

 

Du versuchst die heranwachsende Panik in dir zu unterdrücken und bleibst sitzen. Auch Chloe hat sich nicht mehr bewegt, um gar die Lücke zu schließen; scheint sich aber nicht unwohl in der Situation zu fühlen. Du hingegen nimmst alles verstärkt wahr. Spürst, wie sie ihre Augen schließt; durch ihre Nase ausatmet; ihre Wimpern an deiner Wange und dann, kaum wahrnehmbar, ihre Lippen auf deinen.

 

Ihre Hand auf deiner Schulter drückt dich sanft zurück und du erwachst aus deiner Trance. Dein Herzschlag erhöht sich, dein Magen dreht sich um. Deine Muskeln spannen sich an und du bist bereit jeden Augenblick aus der Tür zu stürmen. Du stehst auf, bewegst dich allerdings nicht von der Stelle. Es gibt keinen Grund, die Situation schlimmer zu machen als sie ohnehin schon ist. Deine Augen weiten sich leicht. Oder aber du drehst die Zeit zurück.

 

Du nimmst wieder neben Chloe Platz. Siehst sie nicht; spürst ihren Blick auf dir brennen.

 

„Ich nehm‘ an, du drehst die Zeit zurück, hm?“ Ihre Stimme ist dünn und ihre Pseudogelassenheit ist nicht im Geringsten überzeugend. Trotzdem sich dein Magen weiterhin verknotet, fragst du dich, warum du es noch nicht gemacht hast. Es wäre so einfach.

 

„Gibt keinen Grund zu bleiben, jetzt wo ich weiß, was du fühlst.“ Ein Blitz durchrennt deinen Körper. Chloes Blick wandert langsam von dir ab.

 

„Ich möchte nicht, dass das unangenehm für dich sein wird“, sagst du leise.

 

Chloe antwortet sofort. „Das ist es aber nicht.“ Die Leichtigkeit hat ihre Stimme verlassen und lässt sie beinahe verzweifelt klingen.

 

Es ist immer noch unbehaglich, aber du weißt, dass es nicht das ist, was Chloe gemeint hat. Du siehst wie sich ihre Finger im Bettlaken vergraben. Sie schluckt schwer.

 

„Es ist einfach… bitte, mach‘ das nicht. Ich möchte das nicht vergessen.“ Ihre Stimme ist brüchig und kaum hörbar. Augenzukneifend schüttelt sie ihren Kopf. „Oder es…. Gelöscht haben, so als wäre es nie passiert - Zumindest für mich.“ Sie hat Schwierigkeiten sich zu korrigieren, sich im Klaren über deine Fähigkeit zu sein; sich der unschönen Wahrheit zu stellen.

 

Zweifel türmen sich in dir auf. Das Einzige, das dich davon abgehalten in Panik zu geraten ist die Tatsache, dass das was du machst, nicht mehr bindend ist. Nichts ist mehr bindend. Mit Chloes Aussage, die dir ein Stich ins Herz versetzt hat, zweifelst du jedoch. Für andere ist es nicht mehr bindend, du hingegen erinnerst dich an alles.

 

Chloe scheint sich gesammelt zu haben. „Wirklich Max. Das hier ist nicht unangenehm für mich. Du sorgst nicht dafür.“ Du nimmst eine Stärke wahr; möchtest ihr wirklich glauben. Als du einen kurzen Blick erhaschen möchtest, siehst du, wie sanft ihre Augen sind – ihr Innerstes nach außen widerspiegeln – und du erfasst einen Beschluss noch bevor sie ihren nächsten Satz spricht.

 

„Du musst nicht gehen.“

 

Du sammelst noch den Mut, deinen Beschluss in Worte zu fassen.

„Okay. Gut, dann bleibe ich.“

 

Langsam stehst du auf und lehnst dich mit verschränkten Armen vorsichtig an ihren Schreibtisch – du möchtest ihn nicht noch unordentlicher werden lassen. Leise ziehst du Luft zwischen deinen Zähnen ein. „Es tut mir leid.“

 

Du registrierst nicht einmal die Hälfte von Chloes Versicherungen, dass das in Ordnung ist. Das alles ist zu viel, zu überwältigend und zu zerbrechlich für dich. Beim Gedanken an eine Welt in der Chloe nichts davon – von dem Kuss; oder gar von deinen Fähigkeiten weiß – schnürt dir die Kehle zu. Aber du bleibst.

 

Du bleibst, weil Chloe dich darum gebeten hat.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Desideratum (engl.): Bedürfnis, Erwünschtes

Nachdem Life is Strange meine Freizeit in Anpruch nimmt ist es nur eine Frage der Zeit gewesen, dass ein OS dazu folgt.
Ich hoffe, er hat euch gefallen. Feedback in sämtlichen Formen ist immer gerne gesehen :D Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: Platan
2015-07-19T23:44:16+00:00 20.07.2015 01:44
Life is Strange! ♥ Ich bin total verliebt in das Spiel, aber bevor ich noch anfange den Kommentar davon vollzuschwärmen, widme ich mich mal lieber ganz diesem OS:
Zuerst muss ich sagen, dass diese Du-Perspektive sehr ungewohnt zu lesen war, da man so etwas nicht gerade oft findet. An sich finde ich die Perspektive sehr interessant, aber ich muss mich echt erst mal daran gewöhnen. Ich war jedenfalls sehr erstaunt, dass man trotz Du-Perspektive Max als Charakter gut wahrnehmen und nachvollziehen konnte.
Ich mochte diesen OS sehr, muss ich sagen. Generell mag ich Max und Chloe zusammen sehr gern zusammen. Die Stimmung in dem OS ist so angenehm sanft und doch aufregend. Am meisten mochte ich, dass hier mal die Tatsache aufgegriffen wurde, dass Max vielen Leuten vermutlich Erinnerungen nimmt, die sie am liebsten behalten würden, indem sie die Zeit zurückdreht.
Du hast die Stimmung zwischen den beiden auf jeden Fall gut eingefangen und ich fand den Schluss großartig, das Max geblieben ist. Das hatte eine schöne Bedeutung.
Von:  Dark777
2015-02-16T11:39:04+00:00 16.02.2015 12:39
Oh richtig, ich hatte fast vergessen, dass das Spiel jetzt auf dem Markt ist! Mal davon abgesehen, dass es wieder einmal eine süße Geschichte ist, hast du mich an das Game erinnert. Für beides sage ich: Danke ^-^. Sehr viel kann ich nicht schreiben, da ich das Spiel wie erwähnt noch nicht kenne. Dein OS hat es mir nun aber versüßt, ich sollte bald damit anfangen.

V(~_^)


Zurück