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Melly oder wie zähme ich meinen Vampir

von

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Kapitel 1

Kapitel 1:

Mit Cyr zu tanzen ist irgendwie komisch. Schon alleine, dass ich ihn dann anfassen darf. Meine Hände liegen auf seinen Schultern und er hat mich nah an sich gezogen. Nichts Außergewöhnliches für unsere Arbeit, wir spielen des Öfteren ein liebendes Paar. Aber noch komischer ist es, wenn er mal wieder über meinen Kopf hinwegsieht. Okay ich bin es ja gewöhnt, dass die Männer über mich hinweg schauen. Aber nicht wenn ich zehnzentimeterhohe High-Heels trage. Cyr ist trotzdem fast zwanzigzentimeter größer. Mein Blick fährt über seinen schlanken durchtrainierten Körper in dem schlichten schwarzen Smoking.

„Und siehst du sie?“ Sie. Unser Zielobjekt. Seine grauen Augen blicken kurz zu mir und schweifen dann zurück zu einem der Gäste.

„Blonde Locken. Etwa deine Größe. Fast schwarze Augen. Sie scheint die Männer um sich zu scharren.“ Seine dunkle Stimme schickt mir eine Gänsehaut über den Rücken. Er klingt genervt. Ich weiß, dass er nur ungerne den Lockvogel spielt, aber diesmal ging es nicht anders. Unsere Zielperson ist eine schwarze Witwe. Eine männermordende Dämonin. Und Cyr war definitiv ein Mann und attraktiv genug um eine schwarze Witwe anzulocken.

„Dann misch dich mal unter ihre Bewunderer!“ flüstere ich nahe seinem Ohr und fahre ihm mit der linken Hand durch die goldenen Locken in seinem Nacken. Der Vorteil eines Vampirs. Er kann sein Aussehen jederzeit und nach Belieben ändern. Nur seine Augen bleiben immer die gleichen.

„Bleib in der Nähe!“ Damit löst Cyr sich von mir und verschwindet in Richtung des anderen Saalendes. Ich schlendere zum aufgebauten Büffet und nehme mir eine der vielen bunten Pralinen. Genüsslich beiße ich in die zarte Schokolade und wende mich der Gruppe zu, der sich Cyr gerade angeschlossen hat. Etwa zehn Männer umgarnen eine zierliche Blondine in einem blutroten Abendkleid. Wie passend. In ihren dunklen Augen steht blanke Gier und diese ist vordergründig auf Cyr gerichtet. Unauffällig sehe ich immer wieder zu der Gruppe hinüber, während ich an einem Glas Champagner nippe und mir noch ein paar Pralinen schnappe. Der Wein ist echt gut. Schade dass ich nicht viel trinken kann. Aber wenn Cyr gejagt hatte, fuhr besser ich den Wagen. Es dauert eine ganze Weile bis die Witwe Cyr und einen schlaksigen Jüngling mit braunem Haar. Richtung Tür führt. Auch das ist nach Plan und das gewohnte Vorgehen der Dämonin. Sie lässt ihre beiden ausgewählten Freier um ihre Gunst kämpfen. Einer stirbt sofort, der andere kommt vor seinem Tod auf seine Kosten.

>Fünf Minuten< Cyrs Stimme in meinem Kopf. Eine weitere seiner Gaben. Manchmal ist es nervig, dass er jederzeit in meinen Kopf eindringen kann. Aber im Einsatz hat diese Art der Kommunikation definitiv ihre Vorteile.

>Pass auf. Das Bürschchen scheint zu allem bereit!“ Antworte ich und merke mir durch welche Tür sie den Saal verlassen. Die Gruppe Männer, die sich gerade noch um die schwarze Witwe gescharrt hat, löst sich auf. Ich seufze leise und streiche eine imaginäre Falte meines hellblauen Kleides glatt. Eigentlich hasse ich Kleider. Zumindest wenn ich sie bei der Arbeit tragen muss. Habt ihr schon mal versucht einen Dämon in einem hautengen Kleid und halsbrecherisch hohen Schuhen zu jagen? Das ist lebensgefährlich! Aber diesmal wird es keine Jagd geben. Zumindest nicht, wenn Cyr seinen Job ordentlich macht. Langsam mache ich mich daran der Spur meines Partners durch das große Anwesen dieses reichen Schnösels auf dessen Party wir hier waren. Die Richtungsweiser, die Cyr hinterlassen hat sind unauffällig und winzig. Jeder andere würde sie übersehen. Aber nach fast zwei Jahren als seine Partnerin kenne ich seine Handschrift. Und so stehe ich keine zwei Minuten später vor einer dunklen Holztür. Ich lausche an der Tür. Einfach hineinzuplatzen war keine gute Idee. Ich könnte sonst wo rein geraten. In einen Kampf zum Beispiel. Aber hinter der Tür ist es still. Außerdem ist die Zeit rum. Vorsichtig schiebe ich die Tür auf. Okay, scheint ganz sicher zu sein. Also stoße ich die Tür endgültig auf und bleibe etwas überrascht im Rahmen stehen. Cyr sitzt mit angezogenen Beinen an der Wand und starrtauf die zu langsam zu Asche zerfallende Leiche der Witwe. Der junge Bursche liegt auf der anderen Seite des Zimmers. Ein nur spärlich möbliertes Gästezimmer. Der Junge zuckt sich nicht.

„Du bist spät!“ Seine Stimme war seltsam. Dunkel, rau. Er knurrte fast schon. Erst jetzt wird mir bewusst, dass seine Haare wieder kurz und pechschwarz waren. Vorhin waren sie noch lang, blond und lockig. Was wohl bedeutet, dass hier etwas faul ist. Ich gehe neben Cyr auf die Knie.

„Was ist los? Ist irgendetwas passiert...? Besser was ist passiert?“ Er sieht mich mit leeren Augen an und zieht dann seinen Smoking ein wenig zur Seite. Sein weißes Hemd ist blutgetränkt. Scheiße. Mein Blick fährt zu seinen Augen. Ausdruckslos. Kalt.

„Sie hat sich gewehrt.“ Fluchend sehe ich mich in dem Zimmer um und gehe dann zu dem Kleiderschrank. Ein paar T-Shirts. Sieht aus, als hätte sie jemand hier vergessen. Ich nehme eines, gehe zurück zu Cyr und drücke das zusammengefaltete Kleidungsstück auf seine Seite. Er zieht scharf die Luft ein.

„Festhalten!“ Ich nehme das Tuch von meinen Schultern.

„Kannst du den rechten Arm heben?“ Er reagiert nicht. Also ist seine Schulter auch verletzt. Da mir nichts anderes über bleibt wurschtele ich das Tuch irgendwie unter seinen Armen durch und ziehe es fest, dass Cyr kurz die Augen zusammen kneift und wimmert. Dieses Geräusch… So voller Schmerz… Ich hebe die Hand und streiche ihm tröstend über die Wange. Eine Berührung auf persönlicher Ebene. Ich weiß nicht was mich dazu treibt. Ich habe ihn noch nie so berührt. Was ist auf einmal mit mir los? Habe ich etwa Schuldgefühle, weil ich nicht da war? Darüber sollte ich mir vielleicht später Gedanken machen. Cyrs Wunde sollte schnellstmöglich ordentlich versorgt werden. Auch wenn sie für einen Vampir nicht tödlich ist, so doch bestimmt verdammt schmerzhaft.

„Was ist mit dem Jungen?“ frage ich und schließe Cyrs Smoking vorsichtig.

„Wir sollten ihn mitnehmen! Er hat zu viel gesehen!“ Und wie stellt er sich das bitte vor? Der Junge ist doch nicht einmal bei Bewusstsein. Falls er überhaupt unverletzt ist.

„Und wie stellst du dir das vor?“ Er stemmt sich schwerfällig hoch, ich greife ihm unter den gesunden Arm. Er schaut mich böse an, sagt aber nichts. Also lasse ich ihn auch nicht los, als er zu dem Jungen hinüber geht. Ich schaue hinab in ein schmales Gesicht mit hohen Wangenknochen und etwas schiefer Nase. Sein dunkles braunes Haar ist wirr. Cyr sieht mich einen Moment an, dann schließt er kurz die Augen. Als er sie wieder öffnet sind sein Haare wieder blond und er der reiche Playboy Richard Colt. Dann stößt er den Burschen mit der Schuhspitze an. Er stöhnt, dann flattern seinen Augenlieder. Strahlend blaue Augen leuchten zu uns herauf.

„Wo ist Delilah?“ Verwirrt sehe ich ihn an, während er sich etwas ungelenk erhebt und sich suchend umblickt.

„Sie hat sich unentschieden. Sie ist nicht weiter an dir interessiert!“ Cyrs Stimme ist hart. Aha, Delilah war also die Witwe. Passend, denn der Name Delilah bedeutet verführerisch. Wirklich passend.

„Klar!“ Die Stimme des Burschen klang spöttisch.

„Delilah war definitiv mehr an mir interessiert, als an ihnen!“ Ohoh ich sehe wie Cyrs Blick sich bei den Worten verdunkelt.

„Das glaubst auch nur du! Du kommst mit mir mit!“ Knurrt Cyr und dreht sich zur Tür. Der Junge folgt ohne irgendein Gegenwort. Tja, Cyr lässt seinen vampirischen Charme spielen. Ich blicke zu ihm auf, noch immer bei ihm eingehakt. Zum Glück ist nichts von den Blutflecken zu sehen, bei geschlossenem Smoking.

„Schaffst du es durch den Vordereingang?“ Ein träges Lächeln umspielte seinen Mund. Halb ausgefahrene Reißzähne blitzenzwischen seinen Lippen. Wir sollten uns beeilen!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Mei2001
2015-12-11T19:44:47+00:00 11.12.2015 20:44
Mir gefällt das Kapitel sehr gut. XD


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