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Melly oder wie zähme ich meinen Vampir

von

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Kapitel 6

Kapitel 6:
 

Kurz nach halb zwölf verlasse ich Arm in Arm mit Marcell das italienische Restaurant. Ich grinse breit, wie schon den gesamten Abend. Der Abend war angenehm und wir hatten sehr viel Spaß zusammen. Marcell fährt mich nach Hause und parkt seinen Wagen am Straßenrand. Wir sitzen nebeneinander im Auto und genießen die Stille. Sehen uns gegenseitig an. Langsam beugt sich Marcell zu mir herüber, sein Gesicht nähert sich meinem. Ich spüre seinen Warmen Atem über meine Lippen streifen. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich schließe meine Augen. Marcell kommt mir noch näher und…

„Da brennt Licht in deinem Erdgeschoss!“ Seine Worte zerstören die Stimmung. Seufzend drehe ich mich zum Fenster und sehe zum Haus. Das Licht in meiner Küche brennt. Na super. Cyr, wer sonst. Muss er mir jetzt auch noch den Abend ruinieren? Marcell und ich hätten uns fast geküsst! Ich kann ihm doch schlecht sagen, dass ein Mann bei mir wohnt. Auch wenn es `nur´ mein Partner ist.

„Ich habe Becca das Licht angelassen. Dann ist sie ruhiger.“ Ich lächle Marcell unschuldig an. Hoffentlich glaubt er mir das.

„Und warum ist dann das Licht gerade erst angegangen?“ Innerlich verfluche ich Cyr. Musste er ausgerechnet jetzt in die Küche runter.

„Bewegungsmelder. War eine Idee meines Bruders. Wenn ich mal wieder länger wegen der Arbeit weg bin, sieht es so aus, als wäre jemand zuhause, wenn Becca durch das Haus läuft.“ Gott ich lüge hier das Blaue vom Himmel. Und das wo ich eigentlich nicht gut im Lügen bin. Okay, vielleicht eher war, denn seit ich für die Organisation arbeitete hatte ich oft Lügen müssen. Marcell wirft noch einen Blick auf mein Haus und seufzt dann leise.

„Jetzt hat deine Hündin die Stimmung ruiniert. Und du bist sicher, dass das nur der Hund ist. Nicht dass ein Einbrecher in deinem Haus ist!“ Ein Einbrecher. Fast lache ich laut los. Kann es aber gerade noch unterdrücken. Mein Haus ist momentan das sicherste in der ganzen Stadt. Denn Cyr ist da. Nur beendet er mein Date gerade abrupt.

„Nein, da ist niemand außer Becca. Sie vermisst mich, dann tigert sie meistens durchs Erdgeschoss. Ich geh jetzt einfach zu ihr, dann beruhigt sie sich und alles ist in Ordnung.“ Ich steige aus dem Auto und höre wie hinter mir sich auf die Fahrertür öffnet. Marcell folgt mir.

„Ich begleite dich wenigstens zur Haustüre.“ Scheiße. Hoffentlich lässt Cyr sich nicht blicken, sonst muss ich Marcell noch mehr Lügen erzählen. Tief durchatmend schließe ich die Tür auf und rufe nach Becca. Gott sei Dank kommt sie wirklich aus der Küche geflitzt und rennt mich vor Begeisterung fast um. Ich wuschle ihr durch das braune Fell und drehe mich zu meinem Begleiter um.

„Siehst du, es war nur Becca.“ Er sieht noch immer skeptisch aus, aber fragt nicht weiter nach. Ich gebe ihm zum Abschied einen Kuss auf die Wange.

„Gute Nacht Marcell und Danke für den schönen Abend.“ Dann schließe ich die Tür und lehne mich von innen dagegen. Verfluchter Mist. Bestimmt denkt er jetzt ich habe sie nicht mehr alle! Und da hat er definitiv recht. Wie bin ich nur auf die Idee gekommen Cyr mit zu mir zu nehmen. Wenn ich es nicht getan hätte, hätte ich Marcell jetzt hereinbitten und den Abend gemütlich ausklingen lassen können. Mit ihm zusammen. Stattdessen bin ich jetzt total frustriert weil ich nicht einmal einen romantischen Kuss bekommen habe. Wie ungerecht die Welt doch ist. Ich hocke mich zu Becca auf den Boden und schlinge meinen Arm um ihren warmen Körper.

„War unser Gast brav?“ frage ich sie seufzend. Eine Antwort bekomme ich natürlich nicht. Zumindest nicht von Becca.

„Ich habe nichts kaputt gemacht, falls du das meinst!“ Cyr steht in der Küchentür. Die gesunde Hand in der Tasche seiner Jogginghose vergraben und den Kopf leicht gesenkt.

„Dann ist ja gut!“ erwidere ich vielleicht etwas pampig, denn er zuckt kurz zusammen. Ich stehe auf und gehe zur Treppe ohne ihn weiter zu beachten.

„Melanie…“ Er ruft leise nach mir. Sehr leise. Ich höre es trotzdem und bleibe auf der letzten Stufe stehen. Langsam drehe ich mich zu ihm um. Irgendwie sieht er geknickt aus.

„Kann… kann ich einen Tee haben?“ Ich verdrehe die Augen.

„Teebeutel sind im Schrank neben dem Kühlschrank. Den Rest wirst du ja wohl alleine hinbekommen.“ Cyr beißt sich auf die Unterlippe und stapft dann die Treppe hoch und an mir vorbei.

„Schon gut. Ich brauche nichts!“ Was zum Teufel ist denn jetzt los. Ich werfe einen Blick in sein blasses Gesicht. Seine Augen wirken stumpf und müde. Irgendwie sieht er resigniert aus. Na wenn er meint… Ich schaue noch einmal nach unten und sehe dass das Licht in der Küche noch immer brennt. Klasse. Jetzt muss ich noch einmal nach unten. Genervt gehe ich nach unten. Auf dem Herd steht der Topf mit Cyrs Abendessen. Unangetastet. Daneben liegt allerdings die Anleitung vom Herd. Was… Hat Cyr vielleicht nachgeschaut wie er ihn anbekommt? Cyr ist ein Vampir. Ich weiß dass er sich seit Jahren nur von dem Kunstblut ernährt. Ist er mit meinem modernen Herd ja einfach überfordert. Obwohl er ja eigentlich technisch ziemlich auf dem neusten Stand ist. Zumindest was sein Handy und den Laptop betrifft. Aber so wie ich das ganze sehe hat er einfach keine Ahnung von Küchengerätschaften. Irgendwie ist das ja lustig. Ich meine Cyr verzweifelt an meinem Herd. Der Cyr, dem man normalerweise nichts vormachen kann. Vielleicht sollte ich ihm erklären, wie man damit umgeht. Aber nicht mehr heute. Ich stelle Wasser auf und hole eine Tasse. Als der Tee gezogen ist nehme ich die Tasse und trage sie nach oben in mein Schlafzimmer. Cyr sitzt auf der Bettkante, starrt vor sich auf den Boden.

„Hier.“ Ich halte ihm die Tasse hin. Er sieht mich überrascht an und irgendwie dankbar. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren nehme ich meinen Schlafanzug und verschwinde damit im Bad. Ich ziehe mich um und putze mir die Zähne. Dabei mache ich mir ernsthaft Gedanken, ob ich nicht auf dem Sofa schlafen sollte. Ich meine es ist mein Zuhause und irgendwie ist es da etwas anderes in einem Bett mit Cyr zu schlafen. Klar heute Morgen habe ich noch zu Cyr gesagt, dass es doch auch nichts anderes wäre als in einem Hotelbett. Nur das wir immer dann wenn wir zusammen ein Zimmer nahmen eine gefakte Beziehung hatten. Und hier in meinem Haus gibt es nur die geschäftliche Beziehung zwischen uns. Wir sind Partner, ja. Aber das ist auch alles. Wir sind ja nicht mal Freunde. Nur ist es vermutlich eine schlechte Idee Cyr jetzt zusagen, dass ich auf dem Sofa schlafen werde. Er würde es nicht zu lassen. Und ihn mit seiner Verletzung würde ich definitiv nicht auf dem Sofa schlafen lassen. Da bin ich immer noch derselben Meinung wie heute Morgen. Auch wenn ich momentan etwas sauer auf Cyr bin wegen des versauten Kusses. Aber eigentlich kann Cyr ja gar nichts dafür. Ich meine er kann ja nicht riechen, dass Marcell und ich direkt vor der Tür stehen. Nein riechen vielleicht nicht, aber er kann meine Gedanken hören. Zumindest wenn ich mich nicht auf meine Barriere konzentriere. Aber selbst dann kann er meine Anwesenheit ausmachen. Das heißt es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder Cyr ist aufgrund seiner Verletzung momentan zu schwach um seine Gaben zu kontrollieren. Wie in dem Moment wo ich ihn neben der schwarzen Witwe gefunden habe und er seine Tarnung nicht aufrecht gehalten hatte. Oder er hat unseren Kuss mit voller Absicht gestört. Dann stellt sich allerdings die Frage nach dem warum. Resolut fahre ich mir durch die Haare. Ich sollte einfach aufhören darüber nachzudenken. Das macht mich alles nur verrückt und außerdem sollte ich endlich mal etwas schlafen. Immerhin habe ich letzte Nacht kein Auge zu gemacht. Also schiebe ich sämtliche Gedanken zur Seite und gehe zurück ins Schlafzimmer. Cyr sitzt noch immer auf der Bettkante. Er reagiert nicht auf mich. Ich seufze und lege mich auf die andere Bettseite.

„Cyr. Ich mach das Licht aus. Legst du dich hin, oder was?“ Er zuckt zusammen, sein Kopf schießt zu mir herum. Hat er etwa nicht mitbekommen, dass ich hereingekommen bin. Das würde meine erste Theorie bestätigen oder zumindest begünstigen. Er legt sich langsam vorsichtig auf die andere Seite des Bettes. Da seine rechte Schulter verletzt ist, liegt er wieder auf der linken Seite. Mit dem Blick zu mir. Ich lösche das Licht.

„Melly…“ Seine silbernen Augen leuchten irgendwie in der Dunkelheit.

„Tut mir leid, wegen vorhin. Ich wollte euren Kuss nicht stören.“ Er holt tief Luft.

„Ich hab dich einfach nur zu spät bemerkt.“ Schwäche. Er gibt tatsächlich eine Schwäche zu. Einfach so. Und er hat es nicht mit Absicht gemacht. Irgendwie ist das erleichternd. Ich strecke meine Hand aus und streiche ihm vorsichtig über die Schulter. Er verkrampft sich im ersten Moment und schließt dann seine Augen. Ich brauche nichts zu sagen. Ihm geht es schlecht. Ich werfe ihm nicht vor, dass er uns gestört hat, immerhin ist er mit seinen momentan eingeschränkten Sinnen auch nicht anders als ein Mensch. Und der hätte unmöglich wissen können, dass Marcells Auto vor dem Haus steht.

„Gute Nacht, Cyr.“ Irgendwie ist meine Wut auf ihn verschwunden. Einfach so. Cyr ist kompliziert. Und es ist definitiv nicht einfach mit ihm auszukommen. Aber Cyr ist kein schlechter Vampir. Verschlossen und ziemlich schwer zu durchschauen, aber ehrlich. Und genau deswegen liege ich auch vollkommen entspannt neben ihm im Bett und dämmere langsam weg.

„Gute Nacht, Melly!“ Cyrs Stimme ist leise und das letzte dass ich höre, bevor ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf falle.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Mei2001
2015-12-11T20:10:08+00:00 11.12.2015 21:10
schönes KApitel!


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