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Melly oder wie zähme ich meinen Vampir

von

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Kapitel 5

Kapitel 5:
 

Natürlich waren wir länger als eine halbe Stunde unterwegs. Wer hat auch mit etwas anderes gerechnet? Ich vermute mal niemand. Immerhin ist es Cyr mit dem ich hier spazieren war. Nicht dass er irgendwie seinen Willen durchgesetzt und den Weg vorgegeben hatte. Nein, das war es nicht einmal. Er ist einfach nur langsam gelaufen. Nicht geschlichen oder so, ich habe es nicht einmal mitbekommen wie langsam wir unterwegs waren. Aber wir waren es, wie meine Armbanduhr deutlich anzeigte. Für die Strecke, die ich normalerweise in knapp zwanzig Minuten mit Becca schaffte, hatten wir sage und schreibe eine Stunde und fünf Minuten gebraucht! Gott waren wir langsam gewesen. Ich schaue zu Cyr auf. Er steht neben mir im Flur und streift langsam seine Schuhe ab. Vielleicht hätte ich ihn doch nicht mitnehmen sollen, er ist blass wie eine Wand und seine Augen sind richtig trüb. Das war definitiv zu anstrengend für ihn, das nächste Mal muss ich die Strecke noch weiter verkürzen, wenn er so langsam unterwegs ist. Warum denke ich überhaupt darüber nach noch einmal mit ihm spazieren zu gehen? Ist das nicht zu viel für ihn?

„Melly…“ Cyrs leise Worte holen mich aus meinen Gedanken und ich sehe zu ihm auf. Er trägt noch immer seinen Mantel und zieht etwas unruhig an den Bändern seines Gilchrist.

„Kannst du…?“ Vorsichtig helfe ich ihm beim ausziehen und merke, dass er total steif ist und jede Bewegung vermeidet. Aber ich habe ja versprochen ihm keine Vorschriften zu machen. Also warte ich einfach ab, was er jetzt vor hat. Zu meiner Überraschung geht er ohne Aufforderung zur Treppe und steigt die Stufen empor. Ich folge ihm langsam und beobachte jede seiner Bewegungen. Oben angekommen steuert er zielstrebig mein Schlafzimmer an und legt sich auf das Bett.

„Das war zu viel, nicht wahr?“ frage ich leise und setze mich auf die Bettkante. Er antwortet nicht, aber was habe ich erwartet. Stattdessen greift er zum Nachttischschränkchen, auf den ich gestern Abend seine Medikamente gelegt habe. Umständlich öffnet er eine der Packungen und drückt eine der Tabletten heraus. Noch zögert er, dann schluckt er sie einfach trocken. Das… Wie kann man Tabletten einfach trocken schlucken? Ohne zumindest etwas zu trinken oder so? Ich seufze leise und hole ihm ein Glas Wasser. Cyr nimmt es tatsächlich an. Allerdings dreht er sich danach wortlos auf die Seite und mir damit den Rücken zu. Wäre ja auch viel zu einfach gewesen, wenn er sich jetzt plötzlich wie ein normales Wesen verhalten würde. Ich spare mir jedes weitere Wort. Was soll ich denn auch sagen. Cyr will mal wieder nichts von mir wissen. Das bin ich ja schon lange gewohnt. Ich interessiere ihn nur, wenn er einen Vorteil darin sieht. Trotzdem tut es irgendwie weh, immer nur weg gestoßen zu werden. Wir arbeiten jetzt schon seit über zwei Jahren eng zusammen, mit jedem anderen hätte ich schon längst Freundschaft geschlossen. Aber Cyr… er will meine Freundschaft nicht. Ich verlasse mein Schlafzimmer und gehe hinunter ins Wohnzimmer. Und was soll ich jetzt machen? Normalerweise wenn ich mal frei habe bin ich unterwegs. Dann besuche ich meine Familie, meine Freunde oder mache das, wofür ich sonst keine Zeit habe. Und auch jetzt hat sich wieder mal eine ganze Liste angesammelt. Da wäre zuerst einmal der Hausputz. Irgendwie ist das schon eine Tradition für mich geworden. Ich bin eigentlich sehr ordentlich, aber bei meinen Arbeitszeiten und der ständigen Abrufbereitschaft blieb immer mal wieder was liegen. Und deswegen habe ich mir angewöhnt, wenn ich mal frei hatte mein ganzes Haus auf den Kopf zu stellen und mal Richtig zu putzen. Okay. Der Punkt fällt schon mal definitiv flach. Immerhin schläft Cyr oben und wecken will ich ihn nun wirklich nicht. Seine Laune ist auch so schon schlecht genug! Der zweite Punkt lautete Kino. Und zwar mit den Zwillingen. Oder einfach den Kindern meines Bruders. Das habe ich ihnen schon vor Wochen versprochen und langsam sollte ich mein Versprechen mal halten. Außerdem ein noch ausstehendes Date, dass ich zweimal absagen musste, weil mir die Arbeit dazwischen kam. Vielleicht sollte ich Marcell anrufen und ihn fragen ob er heute Abend Zeit und Lust hätte. Aber Cyr alleine lassen..? Zumindest eine wesentlich bessere Idee, als tatenlos hier unten zu sitzen und darauf zu warten, dass Cyr sich mal dazu herab lässt normal mit mir zu reden! Und wehe es kommt mir jetzt einer mit, er ist doch verletzt und da kann man schon mal etwas grob sein. Vergesst es. Cyr ist immer so. im einen Moment total nett und im Nächsten wieder eiskalt. Das ist einfach nicht mehr auszuhalten. Da tue ich ihm schon etwas Gutes. Lasse ihn hier bei mir wohnen, damit der nicht auf der Krankenstation bleiben muss und was bekomme ich dafür? Die kalte Schulter gezeigt. Danke schön. Ja ich bin wütend! Dabei weiß ich nicht mal wirklich warum eigentlich. Ich habe es doch schon lange aufgegeben von Cyr irgendetwas zu erwarten. Er erwartet ja auch nichts von mir. Und wisst ihr was, viele denken es ist schlimm, die Erwartungen anderer nicht erfüllen zu können sei schlimm. Ich will denen mal was sagen. Es ist viel schlimmer, wenn andere überhaupt keine Erwartungen an einen haben. Man fühlt sich völlig überflüssig und nutzlos. Ich fühle mich so. Wenn ich mit Cyr einen Fall bearbeite, wenn wir zusammen trainieren, egal was wir tun. Er behandelt mich nicht schlecht oder so. Aber es ist ihm vollkommen egal was ich tue oder wie ich es tue, solange ich ihm nicht in die Quere komme. Also was solls. Ich werde Marcell anrufen und mir einen schönen Abend machen. Und Cyr, wenn er etwas dagegen haben sollte, dann soll er gefälligst den Mund auf machen und endlich mal mit mir reden, statt jede meiner Fragen zu ignorieren. Ich hole mein Handy und wähle Marcells Nummer. Er geht sofort ran und freut sich riesig, dass ich den Abend mit ihm verbringen möchte. Ich fahre mir durch die Haare und entschließe mich dann Cyr mal über meine Abendpläne zu informieren. Er zuckt sich nicht, als ich in mein Schlafzimmer komme. Also gehe ich um das Bett herum und sehe tatsächlich in seine geöffneten Augen.

„Ich bin zum Abendessen verabredet! Ich stell dir etwas zum Essen hin. Musst du dir dann nur noch warm machen. Wann ich wiederkomme weiß ich noch nicht!“ Keine Reaktion. Aber was habe ich auch anderes erwartet. Nichts. Ich nehme mir eine dunkel Jeans und eine dunkelblaue Bluse aus dem Schrank. Cyr kann mich mal. Ich werde mir einen schönen Abend machen, soll er doch hier einen auf unnahbar machen.

Um kurz nach sechs klingelt es an der Haustür. Ich verabschiede mich kurz von Becca. Cyr habe ich schon gesagt, dass ich gleich gehe. Er hat mal wieder nicht reagiert. Ich schlüpfe in meine bequemen Winterstiefel und öffne die Tür. Marcell trägt eine schwarze Lederjacke und beige Jeans. Sein blondes Haar ist verstrubbelt und er lächelt breit.

„Hallo Süße. Du siehst mal wieder umwerfend aus!“ Er gibt mir einen Wangenkuss und zieht mich dann zu seinem Wagen.

„Ich habe beim Italiener reserviert. Ist dir das Recht, oder möchtest du wo anders hin?“ Sein Lächeln ist ansteckend und ich merke wie langsam die Anspannung der vergangenen Nacht abfällt.

„Italiener klingt gut!“ erwidere ich und schaue zu meinem Begleiter. Ich habe ihn vor drei Monaten auf einer Party kennen gelernt. Er war mir sofort sympathisch. Und auch das erste Date mit ihm hat mir richtig gut gefallen. Er ist einfach grundlegend anders als Cyr. Offen, freundlich und ehrlich an mir interessiert. Jetzt denke ich schon wieder an den Vampir. Kann er nicht endlich mal aus meinen Gedanken verschwinden.

„Wie läuft’s bei der Arbeit? Muss ja ziemlich viel los gewesen sein in den letzten Wochen!“

„Kann man so sagen!“ Ein Auftrag nach dem anderen und dann auch noch zu den blödesten Zeiten. Aber das kann ich Marcell so nicht sagen. Über meine Arbeit darf ich nicht reden. Es ist nicht einfach alle anzulügen, aber notwendig für meine Sicherheit und die meiner Lieben.

„Mein Partner geht mir ziemlich auf die Nerven. Also lass uns am besten über etwas anderes reden, als die meine Arbeit. Was hast du alles gemacht, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben?“ Ich verdränge Cyr aus meinen Gedanken. Ich werde mir einen schönen Abend machen. Zusammen mit Marcell!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Mei2001
2015-12-11T20:05:53+00:00 11.12.2015 21:05
tolles Kapitel!!


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