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Als wir Kinder waren

von

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Träume

Murrend erhob sich Schuldig in seinem Bett. Gott. Er schlief beschissen in letzter Zeit. Er rieb sich mit dem Handballen fest über die Stirn und hoffte, die aufkommenden Kopfschmerzen so zurückdrängen zu können. Seine Laune war gefährlich gesunken in den letzten Tagen und Wochen. Er war müde und hatte Kopfschmerzen. Eine schlechte Kombination für sein Umfeld.

Immer wieder träumte er von den drei Wochen in dieser „Privatschule“ mit diesem Jungen. Ran. Jahre hatte er in diesem Haus verbracht und träumte von keinem einzigen Tag. Nur diese verfluchten drei Wochen arbeiteten in seinem Kopf, als ob er ein Tagebuch las. Es ließ ihn einfach nicht in Ruhe. Mit einem leisen Fluch stand er schließlich auf und stieg in die Hose, die vor dem Bett am Boden lag. Sie hatte ihren Platz dort nach dem letzten Auftrag gefunden und roch noch immer nach dem Sprengstoff. Er rümpfte die Nase, befand jedoch, dass es zum Frühstück reichen musste. Nun hatte er sie einmal angezogen und er war zu faul sich noch mal umzuziehen. Er griff sich das Shirt, dass seit Tagen auf der Lehne des Stuhls hing und zog es über. Auch dies roch. Nach einer durchzechten Nacht und dem billigen Parfum einer Dame. Auch dies hob seine Laune nicht. Es erinnerte ihn nur an diese enttäuschende Nacht. Er schnaufte und betrat die Küche.

„Kaffee! Schwarz, stark, heiß! Und bevor auch nur einer Luft holt. Schnauze!“, kündigte er seine miese Laune an und holte sich eine Tasse aus dem Schrank. Nur am Rande hatte er bemerkt, dass alle drei seiner Kollegen an dem Küchentisch saßen. Darunter also auch Farfarello. Kurz schielte Schuldig über seine Schulter um sich zu versichern, dass es keine Fata Morgana war. Es stimmte. Seelenruhig saßen alle drei Schwarz am Tisch und aßen zusammen. Er überlegte, ob er nach neuen Medikamenten für Farfarello fragen sollte, doch ihm stand nicht der Sinn danach ein Kommentar fallen zu lassen. Und noch weniger danach eins zu bekommen. Mit seinem heißen, schwarzen Kaffee schritt er auf die Tür zu. Im letzten Moment stahl er sich das Toast, dass auf Farfarellos Teller lag. Er besah sich seine Beute. Ein Spiegelei war darauf gebraten und ließ ihn sich über die Lippen lecken. Im Flur zischte er kurz und versuchte das Toast auf den Fingerspitzen zu tragen. Es war verdammt heiß. Er pustete hektisch eine Ecke an, um es dann zwischen die Zähne zu klemmen und seine Hand schütteln zu können. Mit dem Toast zwischen den Zähnen fluchte er in seiner Muttersprache und setzte sich ins Wohnzimmer auf die Couch. Mittlerweile war das Toast etwas abgekühlt und Schuldig konnte seine Beute genießen. Spiegeleitoast und Kaffee. Seine Laune begann langsam zu steigen. Später noch ein paar Kopfschmerztabletten und zurück ins Bett. Ja. Das klang nach einem guten Plan.

Er aß das Toast und stierte gedankenverloren auf den schwarzen Flachbildfernseher an der Wand. Er hatte keinen Elan nach der Fernbedienung auf dem Couchtisch zu greifen. Also ließ er die Gedanken der Menschen in seiner Umgebung durch ihn durch waschen. Die letzten Schlucke seines Kaffees hatten nur noch Körpertemperatur und Schuldig erhob sich schwerfällig. Der Druck hinter seiner Stirn und den Schläfen war zurück gegangen, dafür war seine Müdigkeit von einem gefüllten Magen und der Wärme des Kaffees gefüttert worden. Er beschloss seinen anfänglichen Plan um zusetzten. Auf dem Flur kam ihm Crawford mit einigen Zetteln in der Hand entgegen. Noch bevor dieser einen Ton sagen konnte, hob Schuldig mit einem überheblichen Grinsen eine Hand zur gelangweilten Abwehr.

„Keinen Bock!“, gab er lapidar zu verstehen und stieg die Treppe hinauf. Sollte die Welt untergehen. Heute würde er den Boden vor seinem Bett nur noch betreten, um duschen zu gehen. Heute Abend. Irgendwann. Vielleicht heute Nacht. Je nachdem wann er aufwachte.
 

„Warum hockst du hier allein?“, fragte ich Ran, der mitten im Speisesaal saß. An seinem zugeteilten Platz. Kurz sah ich mich um. Ich mochte den Tisch nicht, an dem auch ich dreimal am Tag saß um zu essen. Über ihnen war die Klimaanlage, es zog also wie Hechtsuppe. Mein eigener Platz war nach Osten gerichtet. Also Morgensonne über das ganze Frühstück im Gesicht. Und jeder, wirklich jeder, der sein Essen bekam oder sein Geschirr abräumte, musste an diesem verdammten Tisch vorbei. Und doch saß Ran auf seinem Platz an diesem verhassten Tisch.

„Alle Tische sind frei“, gab ich leise zu verstehen, als ich mich neben Ran setzte und kurz darauf erschauderte. Die Klimaanlage tat ihren Dienst. Sie war defekt. Seit Tagen. Es zog.

„Das ist schweinekalt!“, murrte ich und knurrte. Ran sah auf und mich an.

„Ich weiß sonst nicht wohin.“, war seine Antwort und ich blinzelte überrascht. Ich verstand es nicht. Draußen erstreckte sich ein großer Garten mit einem Teich. Die Räume von diesem komischen Kampfsport, den Ran so gern betrieb waren leer. Zudem war es mitten in der Nacht. Da sollte ein Kind doch im Bett liegen und schlafen. Warum saß er dann hier?Ich versuchte in Rans Gedanken zu kommen, scheiterte jedoch und zog mich zurück, als Ran seine Stirn rieb.

„Was ist los?“, fragte ich wie nebenbei.

„Weiß nicht. Ich dachte ich bekomme Kopfschmerzen, aber jetzt ist es wieder vorbei.“ Ich nickte.

„Dann ist ja gut.“, gab ich zurück und spürte, wie der Ehrgeiz und die Neugier in mir stieg. Ich wollte in Rans Kopf.
 

Schuldig streckte sich knurrend, als er wach wurde. Kurz schmatzte er, ob seines trockenen Mundes. Die Kopfschmerzen waren weg und er fühlte sich etwas erholter. Gelassen stand er auf und ging er ins Bad und fand einen Zettel, der in Augenhöhe mit einem Klebestreifen an die Tür der Duschkabine geklebt war. Er riss ihn herunter und las.

„Geh schlafen! Du siehst scheiße aus. Morgen haben wir einen Auftrag. Also sammel' deine Konzentration ein!“ Schuldig schnaufte wütend und ließ den Zettel fallen. Er fühlte sich bevormundet. Mit wieder gefallener Laune stieg er in die Dusche und ließ das heiße Wasser unnötig lange auf sich herab regnen.

Schuldig duschte fertig und trocknete sich die Haare, ehe er in neue Shorts stieg und sich wieder ins Bett sinken ließ. Er zog die Decke bis zum Kinn und knurrte wohlig. Er roch das Duschgel an sich und spürte, wie die Restwärme des Bettes und seine Eigene ihn wieder in den Schlaf sinken ließen.
 

Ich saß unter dem Baum am See und genoss die Sonne. Als ich eine bekannte Präsenz spürte, setzte ich mich auf und sah auf Ran, der sich neben mich ließ. Er strahlte eine gewisse Kälte aus.

„Was ist los?“, wollte ich wissen und rieb mir die Müdigkeit aus den Augen.

„Ich habe Dimitri besiegt“, kam die Antwort und ich blinzelte erst, begann dann zu grinsen. Der Junge neben mir schmollte und versteckte es hinter distanzierter Kälte. Wie niedlich.

„Der ist 18, oder?“, überlegte ich angestrengt und Ran nickte. Ich war beeindruckt und dem Jungen und runzelte die Stirn.

„Warum bist du dann so schlecht gelaunt?“, wollte ich nun wissen und sah, wie sich Rans Kiefer anspannten.

„Weil ich ihm gesagt habe, dass man nicht von anderen besiegt wird, wenn man sich nicht besiegen lässt.“, murrte er und zog die Schultern mit den verschränkten Armen hoch. Er schmollte nun offensichtlich und ich begann lauthals zu lachen.

„Und darauf hin ist er ausgerastet?“, vermutete ich und Ran blies die Wangen auf.

„Übers Knie gelegt hat er mich. Verstehst du? Mich! Übers Knie!“ Er wurde immer ungehaltener. Eine solche Reaktion schien er nicht zu verstehen.

„Du hast ihn beleidigt.“, stellte ich klar und Ran schnappte nach Luft. Ich musste nicht in seinen Kopf um zu wissen, dass er entsetzt von meiner Reaktion war.

„Ich dachte, wenigstens du wärst auf meiner Seite“, murmelte er und wollte sich erheben. Ich griff nach seinem Arm und hielt ihn auf. Dann zog ich ihn zu mir und legte einen Arm um seine Schultern.

„Natürlich bin ich das.“, lachte ich und spürte für einen Augenblick seine Lippen auf meiner Wange. Es war nur der Bruchteil einer Sekunde, doch es reichte um mir das Lachen zu nehmen.

„Ich habe doch sonst niemanden.“, hörte ich ihn wie durch Watte sagen. Ich konnte nicht reagieren. Mein Kopf war von der Überraschung ausgefüllt, wie warm seine Lippen waren. Wunderbar warm. Am nächsten Tag war Ran verschwunden. Adoptiert.
 

Schuldig öffnete mürrisch seine Augen, als er an der Schulter geschüttelt wurde. Unwillig und drohend blickte er auf Nagi, der mit ausdruckslosem Gesicht vor ihm stand.

„Los hoch mit dir. Wir müssen los.“, kam es ruhig von ihm und Schuldig knurrte. Er wurde allein gelassen und zog sich um. Über den Traum wollte er nicht nachdenken. Er konzentrierte sich. Mit seinen Kollegen fuhr er zu seinem Auftrag. Takatori auf seinem Bankett beschützen. So etwas Lächerliches. Lieber würde er sich mit diesem Weißleader beschäftigen um sich von seinen Träumen abzulenken. Er trat fester aufs Gas. Unter einem Murren begab er sich an seine Position. Über Stunden würde er hier stehen und die Umgebung sondieren. Doch nach nur einer Stunde bemerkte er eine Präsenz, die ihm die Laune hob. Der Weißleader war in der Nähe. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen und er zog sich zurück. Sollten doch die anderen drei auf einen einzigen Mann aufpassen. Das würden sie schon schaffen. Er wollte jetzt seinen Spaß haben.



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