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Als wir Kinder waren

von

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Bemühungen

Die letzten Wochen waren hart. Arbeitsintensiv und hart. Schuldig ließ sich auf sein Bett sinken. Eine weitere, sehr kurze Nacht stand ihm bevor. Vier Stunden oder weniger hatte er nun um sich zu erholen. Nicht viel bei dem Arbeitspensum, dass er sich aufgeladen hatte. Und weiß Gott nicht genug bei den Träumen, die seinen Geist anstrengten. Am Abend ihrer letzten Begegnung hatte er es bemerkt. Dieser Mann, Aya. Er war der Junge aus dem Heim. Er war Ran. Sein Freund. Der, der ihn einfach hatte hängen lassen, als Schuldig bemerkte, dass …

Schuldig schüttelte energisch den Kopf und rieb sich rüde mit beiden Händen über das Gesicht. Er wollte sich jetzt darüber keine Gedanken machen. Acht verflucht lange Wochen hatte er sich darüber Gedanken gemacht. Über Ran und seine Zeit mit diesem Jungen. Ach verdammte Wochen hatte er nun ein doppeltes oder gar dreifaches Spiel gespielt. Er hatte seine ganz eigenen Pläne geschmiedet und ins Rollen gebracht. Weit ab von Schwarz und ihren Auftraggebern. Er hatte auf einem Drahtseil getanzt, hatte viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen und das bei einem immer gut informierten Oracel im Haus. Die Medien kannten ihn nicht, doch sprachen sie immer häufiger das Thema Gedankenkontrolle und deren militärische Nutzbarkeit an. Eindeutige Zeichen, die auf ihn wie eine Leuchtreklame deuteten. Doch er hatte Glück. Brad schien nichts davon zu bemerken … Oder er ließ ihn machen. Wer wusste schon, was in diesem Workaholicgehirn alles passierte? Schuldig hatte es irgendwann gelassen, ihn lesen zu wollen. Er bekam ja schon Stress und Herzrasen, wenn er nur an der Oberfläche kratze. Die drohende Überarbeitung schrie ihm ja schon beim Versuch Brad verstehen zu wollen von Weitem ins Gesicht. Ohne ihn. Das hatte er sich irgendwann nicht mehr geben wollen. Doch nun war er definitiv überarbeitet und es war seine eigene Schuld. Er brauchte wirklich etwas Ruhe. Nur ein paar Stunden Schlaf und die Hoffnung, dass sein ganz eigener Plan bald aufging. Müde fiel er rückwärts in die Kissen und sank sofort in einen tiefen Schlaf.
 

Hecktisch rannte ich durch die Gänge. Die Gedanken, die ich bei den Jungs im Kendoclub aufgeschnappt hatte, konnten nicht der Wahrheit entsprechen. Das würde Ran mir nicht antun. Meine Lunge brannte bereits, doch ich verbat mir das stehenbleiben. Ich musste mich eigenen Augen davon überzeugen. Er hatte mich am See auf die Wange geküsst. Damit hatte er etwas getan, von dem er selbst sagte, dass es in seinem Land auch bei verheirateten Paaren kaum vorkam. Ich musste ihm also etwas bedeuten, oder? Dann würde er mich nicht im Stich lassen! Außer Atem kam ich an dem Büro an und schielte durch das Schlüsselloch. Ran stand vor dieser furchtbar vornehmen Familie. Vater, Mutter und ein Baby. Eingewickelt in eine rosa Decke. Ein Mädchen. Wollten sie nun für ihr Ansehen noch einen Jungen?Ich verstand nicht, was sie sagten, sie waren zu leise, doch Ran blickte über seine Schulter in meine Richtung. Hatte er mich bemerkt? Ich wollte in das Zimmer stürmen, doch noch bevor ich die Klinke in der Hand hatte erstarrte ich.Mich durchdrang ein schneidendes Gefühl. Auch wenn ich Rans Gedanken nicht konkret lesen konnte, hatte ich gelernt seine Gedanken und Stimmungen zu spüren, darin zu lesen. Und was ich nun spürte, kam einem „Lebe wohl!“ gleich. Das konnte nicht sein. Die Tür ging auf und der Mann sah mich kühl an. Irritiert trat ich einen Schritt zur Seite und heftete meinen Blick auf Ran, der mit demütigem Blick auf den Boden an mir vorbei ging. Kein Wort, kein Blick. Tief atmete ich ein. Hatte ich die ganze Zeit die Luft angehalten? Ich war tatsächlich entsetzt. Er war gegangen. Hatte mich einfach zurück gelassen. Wie in Trance ging ich in mein Zimmer. Zum Einen fragte ich mich, warum mir diese drei Wochen nur so nahe gehen konnten. Zum Anderen was mich hier jetzt noch hielt. Meine Antwort: Nichts! Ich packte meine wenigen Habseligkeiten in einen Rucksack und kletterte aus dem Fenster. Die Nacht brach bereits über die Welt herein und ich stahl mich wie ein Dieb durch die Schatten. Ich wollte nur weg. Auch der beginnende Regen, änderte nichts daran. Mit etwas Anstrengung brachte ich einen Herren im Anzug dazu, mir Schirm und etwas Kleingeld zu überlassen. Von dem Geld kaufte ich mir einen Schokoriegel. Mein Gehirn brauchte schließlich Energie um zu funktionieren.

Die nächsten Tage hatte ich einfach meinen Spaß mit den Menschen in meiner Umgebung. Ich lernte schnell, wie ich sie manipulieren konnte. Sie taten, was ich wollte. Fantastisch. Ich hatte dauerhaft ein Hochgefühl. Teure Hotelzimmer, gutes Essen, Spaß. Es konnte nicht besser laufen für mich. Eines Nachts spazierte ich durch die Straßen der Stadt. Nachts war dieser Sündenpfuhl noch spannender. Ein Mann versperrte mir den Weg. Ich schnaufte mürrisch. Ich versuchte in seinen Geist zu dringen, damit er mir aus dem Weg ging. Mittlerweile meine leichteste Übung. Doch ich scheiterte. Skeptisch nahm ich den Lolli aus dem Mund und musterte den Mann.

„Geh weg!“, untermalte ich mein Drängen und legte mehr Kraft in meine Fähigkeit. Fehlanzeige. Vorsichtig trat ich einen Schritt zurück. Sicherheitsabstand, war jetzt sicher angebracht. Sein beginnendes Lächeln trieb mir eine Gänsehaut über den Rücken. Ich bekam das ungute Gefühl, dass ich jetzt wohl die falschen Leute auf mich aufmerksam gemacht haben könnten. Er bat mich ihm zu folgen. Mit schnellen Blicken über meine Schulter stellte ich fest, dass ich eingekreist war. Ich schluckte trocken und folgte. Meine Telepathie half mir im Moment nichts und ich war zu klein und zu schwach um gegen diese Typen anzukommen. Mit einem flauen Gefühl im Magen stieg ich in den Minivan ein. Das Kind neben mir musterte mich kurz und lächelte kurz dunkel.

„Schnall dich lieber an!“, befahl er und ich schnaufte. Der Knirps war locker einen halben Kopf kleiner als ich und musste seine blöde, zu große Brille immer wieder auf der Nase hochschieben. Wir fuhren über eine schlechte Straße und ich wurde hin und her gebeutelt. Dabei schlug ich mir den Kopf an der Scheibe.

„Scheiße!“, fluchte ich auf deutsch und hörte das leise Lachen neben mir.

„Habs dir gesagt“, meinte der Knirps und schob seine Brille hoch.

„Bis du ein Hellseher, oder was?“, schnauzte ich ihn an und rieb mir die Schläfe. Das tat wirklich weh!

„Ja und wenn du dich nicht anschnallst, tut dir gleich noch ein Gesicht weh“ Er war so ruhig dabei, dass es mich aufregte.

„Du hast mir gar nichts zu sagen, du …“ Noch auf der Suche nach einer Beleidigung bremste der Wagen abrupt ab und ich schlug mit dem Gesicht gegen die Kopfstütze des Beifahrers.

„Du mieser, kleiner, …“, murrte ich und schnallte mich an.

„Brad Crawford“, stellte er sich vor. Mit gehobener Augenbraue und hoffentlich deutlicher Verachtung in meiner Miene musterte ich ihn. Seine dargebotene Hand würde ich sicher nicht annehmen.

„Wir haben viel Zeit uns kennen zu lernen. Die Schweiz ist ein gutes Stück entfernt.“ Schweiz? Was wollte ich denn da?

„Ich will dich nicht kennenlernen“, machte ich klar und verschränkte bockig die Arme. Wo war ich hier nur hingeraten.

„Doch wirst du. Heute Abend wirst du zu mir gekrochen kommen“ Vorsichtig schielte ich zu ihm hinüber. Sein Geist und sein Gesicht hatten etwas Bitteres angenommen. Hatte er Angst? Sollte ich Angst haben? Ich grub in seinen Gedanken nach und japste erschrocken. Und ob ich Angst haben sollte!
 

Schuldig schreckte auf. Hecktisch atmend sah er sich um. Sein Zimmer, sein Bett, alles gut. Nur ein Traum. Er griff sich auf die Brust, hoffte so sein rasendes Herz zu beruhigen.

„Das reicht jetzt!“, beschloss er und stand schnell auf. Eilig zog er sich aus und ging duschen. Diese Erinnerungen musste er von sich spülen. Ein Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken.

„Brad sagt, wir sollen uns fertig machen“, kam es monoton von Nagi. Schuldig straffte sich. Er hoffte, dass dieser Auftrag die Früchte seiner Bemühungen waren. Nur Minuten später saß er im Wagen und fuhr zu dem spontanen Auftrag. Er lächelte dunkel.

„Ausnahmsweise mal gut gelaunt? Muss ich mir darüber Sorgen machen?“, wollte Brad wissen und schob seine Brille auf der Nase hoch.

„Mach was du willst, ich weiß, dass ich heute meinen Spaß haben werde“, gab er von sich und ignorierte den mahnenden Blick seines Leaders.

Schuldig begab sich in die kleine Gasse und dränge sich in Dunkelheit der Schatten. Er hatte alles eingefädelt, damit Aya, nein Ran, hier durch musste. Der kleine Drogendealer lief panisch an ihm vorbei und Schuldig grinste. Seit er hier angekommen war, hatte er ihn unter Kontrolle und hier hergelockt. Er hörte, wie geschliffener Stahl zu singen begann und bekam eine Gänsehaut. Er würde Ran beim töten beobachten. Mit einer gewissen Freude sah er zu, wie der Mann sein Leben durch den Weiß verlor. Seine Technik war noch immer so elegant.

„Nett“, begann er und trat aus dem Schatten heraus. Aya drehte sich zu ihm, umgriff sein Schwert mit beiden Händen.

„Nicht doch. Ich habe mir solche Mühe gemacht, dich hier her zu bekommen“, meinte er weiter und sah, wie Ran skeptischer wurde.

„Warum wolltest du mich hier haben?“, fragte er lauernd und Schuldig lächelte dunkel.

„Ich will nur reden, Ran“ Er betonte den Namen des Weiß und dieser schluckte kaum merklich.

„Schön. Du hast also meinen Namen aus meinem Kopf gezogen. Soll mich das beeindrucken?“ Seine Stimme sollte sicher gleichgültig klingen, doch Schuldig hatte zu viel Erfahrung, alsdass er darauf hereinfiel.

„Ein bißchen, wäre schön“, spottete er.

„Ich weiß noch ganz andere Dinge über dich. Als Kind warst du auf einer sogenannten Privatschule. Du warst ein Waisenkind. Drei Wochen warst du da. Dann erst hat dich der liebe Herr Fujimiya adoptiert.“ Schuldig gab sich ruhig. Natürlich wusste er, dass er auch den falschen Ran vor sich haben konnte, doch er wollte an etwas anderes glauben.

„Was soll der Mist? Das habe ich als Kind mal geträumt. Ich bin nicht adoptiert worden.“, platzte es aus Ran heraus. Schuldig lachte herzhaft.

„Hat man dir das ernsthaft eingeredet? Was denkst du wohl, warum deine angebliche Schwester dir kaum ähnlich sieht?“

„Halt meine Schwester da raus!“, rief Ran ungehalten und ging mit dem Schwert auf ihn los. Schuldig stutzte. In seiner Emotionalität war sein Geist leicht zu erreichen. Während er dem Schwert auswich, drang er in Rans Geist ein.

//Die Fujimiya-Tochter. So ein sanfter, unschuldiger Geist. So wunderschön komatös. Es wäre ein Heidenspaß sie zu brechen// Ran stockte und griff sich an die Schläfe. Er musste Kopfschmerzen haben.

„Woher …“ Ran biss sich auf die Zunge, dass konnte Schuldig sehen.

//Kleine Besuche stärken bekanntlich die Freundschaft.// Schuldig log. Doch Ran schien ihm das Gesprochene abzukaufen.

//Ich bin so tief in ihrem Kopf gewesen. Ich kenne jedes schmutzige kleine Detail. Nun bin ich auch in deinem Geist eingedrungen und wenn ich erst einmal alles von dir weiß…// Schuldig ließ eine Pause. Als er weiter sprechen wollte, pfiff etwas an seinem Ohr vorbei. Augenblicklich schrie Ran auf. Sein Bein haltend sank er auf den Boden. Schuldig drehte sich um. Die eisige Gänsehaut verriet ihm seinen Fehler. Er hatte ein mal mehr die falschen Leute auf sich aufmerksam gemacht. Ein harter Schlag auf den Nacken ließ ihn stöhnend auf die Knie fallen. In seinem verschwommenen Blick tauchten deute schwarz weiße Schuhe auf. Er kannte nur einen Mann, der solche Mafiosishuhe trug. Mit einem Tritt überkam ihn die Ohnmacht.



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