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Urlaubsreif

Seto x ?
von

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9.2. Montag

„Ja, natürlich kann ich Ihnen wieder Rührei machen. Allerdings müssten Sie sich noch etwas gedulden, ich mache gerade Pancakes.“

Noch leicht verschlafen trat er in die Küche und beobachtete Shin, der gleichzeitig Pancakes in der Pfanne wendete und in die Sprechanlage sprach. Anscheinend war einer der Gäste zu ungewohnt früher Zeit aufgestanden und forderte nun sein Frühstück. Zum Glück stand seines bereits auf der Anrichte. Wie er sich auf den Stapel wahrscheinlich noch warmer Pfannkuchen mit frischem Obstsalat freute! Eben wollte er nach Teller und Schälchen greifen, als ihm Shin auch schon tadelnd mit dem Pfannenwender auf die Finger schlug. „Ja, ich kann Ihnen auch welche vorbeibringen lassen. Yuki ist in 10 Minuten bei Ihnen“, führte er ungerührt sein Gespräch mit dem Gast fort. Er hatte so eben seinen Chef gemaßregelt, doch schien ihn dies nicht weiter zu stören. Stattdessen landeten die fertigen Pancakes aus der Pfanne auf einem stattlichen Haufen neben dem Herd und neuer Teig in der Pfanne. Dann erst wandte er sich mit seinem breitesten „Guten-Morgen“-Grinsen wieder an ihn. „Chef, das ist Yukis Frühstück! Keine Angst, Sie bekommen auch noch ihre Portion.“ Das Grinsen wurde leicht diabolisch. „Aber zunächst erhält der Gast in Nummer 4 sein Essen.“

Murrend nahm er sich eine Tasse aus dem Regal und goss sich Kaffee aus der großen Kanne ein. Wenigstens das funktionierte an diesem Morgen. „Elender Frühaufsteher“, knirschte er zwischen seinen Zähnen hervor, während er die ersten Schlucke trank. Shin beobachtete weiterhin die Pfanne, während er die Transportkiste fertig machte, und erwiderte dann: „Chef, Sie wollen mir nicht weiß machen, dass Sie bereits wieder Hunger haben nach der großen Portion Essen gestern Abend?“

„Du hast Glück, das ich gerade nichts Adäquates zum Werfen in Reichweite habe.“ Hatte er schon, doch hielt er es für eine äußerst schlechte Idee ein Küchenmesser nach seinem Koch zu werfen. Schließlich war er heute allein dafür zuständig, dass sowohl Gäste als auch Mitarbeiter etwas Leckeres bekamen. Hans, der zweite Koch und eigentlicher Herr der Küche, hatte heute seinen freien Tag und würde erst am nächsten Tag mittags seinen Dienst wieder antreten.

„Morge … Hey, was soll das?“, wollte Yuki von Shin wissen, der ihr sobald sie einen Schritt in die Küche getan hatte, die Transportkiste in die Hand gedrückt hatte. „Für Nummer 4. Ich komm hier noch nicht weg“, erklärte er knapp.

„Und was ist mit meinem Frühstück?“ Entrüstet stemmte sie den freien Arm in die Seite und holte bereits Luft, um lautstark zu betonen wie wichtig es für sie war bereits morgens ausreichend Kalorien zu sich zu nehmen um den Tag über durch die Anlage zu rennen, als Shin stumm auf die Anrichte deutete. „Geht doch.“ Ihre Miene hellte sich augenblicklich auf. Schnell rollte sie sich einen der Pancakes zusammen, biss ab und wandte sich zum Gehen. „Bis gleich“, grüßte sie noch mit vollem Mund, bevor sie auch schon wieder verschwunden war.

„Kann ich jetzt vielleicht mein Frühstück haben?“, fragte er, als Shin die nächste Fuhre Pancakes aus der Pfanne entfernte.

„Selbstverständlich, Chef.“

Zufrieden zog er mit Teller, Schälchen, Besteck und Tasse von dannen. Allerdings fragte er sich, was Kaiba wohl dachte, was Pancakes waren. Denn freiwillig hätte der so süßes Zeug doch nicht angerührt, oder etwa doch?
 

Yuki konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen, als sie die Haustür von Nummer 4 sperrangelweit offen stehen sah. Da hatte wohl ein gewisser jemand vom Vortag gelernt. Beim Betreten des Hauses setzte sie jedoch eine etwas professionellere Miene auf und klopfte an der Tür zum Wohnzimmer. Sie hatte nicht vor ihre Schuhe auszuziehen, wollte sie doch schnellst möglich zurück zu ihrem eigenen Frühstück, bevor der Chef auf die Idee kam auch über ihren Anteil herzufallen. Der Gast öffnete selbst die Tür, nahm ihr die Kiste ab und deutete auf die vom Vortag im Flur. Dabei nuschelte er irgendetwas, das man als „Danke“ hätte interpretieren können. Sie verbeugte sich leicht und antwortete: „Der Ahornsirup steht im Schrank rechts vom Kühlschrank. Mittagessen gibt es wieder um halb eins. Falls noch etwas sein sollte, wissen Sie ja mittlerweile...“

Er unterbrach sie. „Ähm, … wie kann ich hier Musik hören?“

Für einen kurzen Moment machte sie große Augen. Irgendwie hatte er unsicher geklungen. Und auf keinen Fall wollte sie hier noch länger sein! Schnell deutete sie um die Ecke auf die Kontrolleinheit. „Drücken Sie einfach auf den Knopf mit dem gekippten Dreieck drauf. Auf dem Display haben sie dann die Auswahl zwischen verschiedenen Playlists oder dem Zugriff auf die gesamte Bibliothek. Einfach mit dem Finger auswählen und scrollen. Das ist ein Touch Display. Falls Sie das Ganze steuern wollen, ohne aufzustehen. Im rechten Nachttisch liegt ein Mobilteil dafür.“ Noch bevor er irgendetwas Weiteres fragen konnte, hatte sie sich die alte Kiste geschnappt und war hinaus an die frische Luft. Ausnahmsweise war es ihr egal wie unhöflich das war. Schließlich ging es hierbei auch um ihr Frühstück und sie war sich sicher, dass dieser Gast ganz gut mit Technik zu Recht kam. Auf halbem Weg wurde sie aber dann neugierig auf etwas anderes, als ihr auffiel, wie laut die leeren Schüsseln in der Kiste klapperten. Sie hob den Deckel an. Das konnte doch nicht wahr sein! Der Typ hatte allem Anschein nach tatsächlich abgewaschen! Ungläubig inspizierte sie die Schüsseln genauer, hob sogar eine aus der Kiste heraus ins kaum vorhandene Morgenlicht. Blank und sauber! Für den Moment zumindest, denn auf ihrer Nasenspitze landete ein Wassertropfen. Schnell packte sie alles wieder zusammen und flitze in Richtung ihres eigenen Frühstücks. Hoffentlich war das nur ein kurzer Regenschauer. Es machte einfach keinen Spaß den ganzen Tag durch den Regen zu laufen und durch die Regenjacke schwitzte sie deutlich mehr als sonst. Aber erst einmal würde sie in Ruhe frühstücken. Die anderen Gäste würden erst in zwei oder drei Stunden wach werden.
 

Seto kniete vor dem Nachttisch. Sein Frühstück war vorerst vergessen, weil es ihn ärgerte, dass er wegen etwas so Offensichtlichem hatte nachfragen müssen. Zumal die Frau in Eile gewesen zu sein schien. Nun blickte er in die offene Schublade auf eine Ansammlung verschiedener Dinge. Das erwähnte Mobilteil war eine kleine schlichte Fernbedienung, mit der man die Grundfunktionen wie Play, Pause, Stopp, vor und zurück steuern konnte, aber auch mehrere Lesezeichen lagen darin und fünf ganze Päckchen Papiertaschentücher. Wer bitte hortete so viele Papiertaschentücher direkt neben seinem Bett? Auch kamen ihm die Innenmaße der Schublade irgendwie zu klein vor, doch dachte er sich dabei vorerst nichts und wandte sich viel lieber dem Vertreiben der Stille zu.

Bewaffnet mit der Fernbedienung stellte er sich vor die Kontrolleinheit und drückte den beschriebenen Knopf. Ohne groß zu überlegen wählte er eine Playlist aus, die mit einem einfachen „MP“ gekennzeichnet war. Augenblicklich drangen von irgendwoher die ersten Klänge von Tina Turners „Golden Eye“. Er blickte sich nach den Lautsprechern um, fand jedoch keine. Dennoch war der Raum gut und gleichmäßig beschallt. Zufrieden fürs Erste tigerte er in die Küche, um sich endlich den Inhalt der Kiste anzusehen. Den kleinen Stapel Pancakes packte er sich vollständig auf einen eigenen Teller, während er den Obstsalat lieber in seinem Behälter lies. Einen Schluck Kaffee trinkend stellte er sich vor den Schrank rechts des Kühlschranks. Ahornsirup klang gut. Er hatte schon lange keinen mehr gehabt. Wer würde schließlich einen Geschäftsmann ernst nehmen, der in seinem Alter noch so viel süß aß? Doch irgendwie erschienen ihm die Pancakes nur mit Obstsalat viel zu gesund. Kurzentschlossen öffnete er mit einem Ruck die Schranktür und erblickte auf Brusthöhe sein persönliches Paradies. Echter kanadischer Ahornsirup, aber auch noch eine Vielzahl anderer süßere Soßen. Er würde doch einen weiteren Teller brauchen. Zuerst stellte er die Pancakes und den Obstsalat auf den Esstisch und holte dann den zweiten Teller und sämtliche Flaschen, die er in dem Schrank fand.

An diesem Morgen brauchte er zum Frühstücken fast 40 Minuten. Er hatte sich genau ausgerechnet wie viel Pancake er mit welcher Soße essen konnte, um sie alle einmal probiert zu haben, und genoss jeden einzelnen Bissen. Auf die Musik achtete er erst wieder als er sogar den Obstsalat restlos aufgegessen hatte. Das Lied gefiel ihm, doch kannte er es nicht. Erfreut stellte er fest, dass es von der Kontrolleinheit angezeigt wurde. Alicia Keys- Brand New Me. Seltsam, schien wohl neuer zu sein. Vielleicht konnte Mokuba was damit anfangen, wenn er wieder in Domino war. Bewusst darauf achtend nicht zu laut mit dem Geschirr zu klappern packte er alles in die Spüle und lies langsam Wasser einlaufen. Leicht zuckte er zusammen, als er in das heiße Wasser fasste. Wie er doch den Geschirrspüler zu Hause schätzte! Aber hier gab es keinen, also würde er sich wohl daran gewöhnen müssen. Erstaunt hielt er inne, den Teller in der Linken, den Schwamm in der Rechten. Er und sich daran gewöhnen, abzuwaschen?! Vielleicht hätte er genauer nachfragen sollen, was in den Pancakes war, denn solche Gedanken waren ihm eigentlich fremd. Vor sich hin grummelnd wusch er weiter alles ab und griff dann zum Geschirrhandtuch. Direkt im Anschluss verstaute er wieder das Geschirr im Schrank und die Behälter in der Kiste. Das Geschirrtuch noch in der Hand rieb er die Spüle nach. Das konnte doch einfach nicht normal sein! Natürlich wusste er um seinen Ordnungswahn, kombiniert mit einem gewissen Putzfimmel, doch normalerweise sorgte er dafür, dass dieser erst gar nicht ausbrechen konnte!

Weiterhin grummelnd ging Seto ins Wohnzimmer. Was konnte er als nächstes tun? Sich hinsetzen und einfach nur der Musik zuhören? Dafür war er nach dem morgendlichen Zuckerschock zu gut mit Energie versorgt. Ein prüfender Blick nach draußen, ließ ihn seine erste Idee augenblicklich verwerfen. Bei den herunter prasselnden Wassermengen wäre er bereits nach 10 Metern bis auf die Haut durchnässt. Kein wünschenswerter Zustand im Februar, auch wenn er gerne nach draußen gegangen wäre. Dennoch musste er an seine Gesundheit denken. Als das Geräusch des Regens lauter wurde, schnappte er sich die Fernbedienung und drehte die Musik lauter. Einen Augenblick später funkelten seine Augen. Jetzt wusste er was er tun konnte!

Wahllos öffnete er die ersten Schubladen. Tischdecken. Kerzen. Edel aussehende Stoffservietten. Was trieben normale Gäste hier nur, dass man sogar an so etwas gedacht hatte? Streichhölzer. Messerbänkchen. Und selbstverständlich die dazu passenden Serviettenringe. Am Schreibtisch fand er Papier und eine große Auswahl an verschiedensten Stiften. Eine weitere, kleine Sammlung Lesezeichen. Steckdosenadapter für Ausländer. Vasen. Ein Dekanter. Vielleicht fand er noch eine Flasche Rotwein oder konnte sich eine bringen lassen, um sie feierlich am Samstag zu trinken, froh darüber, dass er ungebunden und vor Nachstellungen in Sicherheit war. Eine stattliche Reihe großformatiger Folianten. Die Schutzumschläge schimmerten ihm im Licht der Deckenlampe verheißungsvoll entgegen. Eigentlich hatte er diese Tür am Sideboard gar nicht öffnen wollen, aber jetzt staunte er nicht schlecht. Die ersten Titel, die er entziffern konnte, zeugten erneut vom Geschmack desjenigen, der sie ausgewählt hatte. Ausstellungskataloge berühmter Museen auf der ganzen Welt. Werkssammlungen bekannter Maler. Und... Ernsthaft? „Hotelinterieur“ stand in weißen Blockbuchstaben auf dunklem Grund. Er zog das Buch heraus. Wie konnte man auf die Idee kommen, einen Einkaufskatalog für Hoteleinrichtung … Er stockte und besah sich das Buch genauer. Das war kein Katalog, sondern ein Bildband! Die Bindung ächzte leise als er ihn aufschlug. Beim Vorwort hielt er nicht inne, sondern ging direkt zum ersten Bild über. Die ganze Seite einnehmend verzichtete es auf Titel oder gar Beschreibung und zeigte einen Hoteleingang. Die Ausleuchtung war perfekt, die Farben satt. Die nächste Doppelseite zeigte das Foyer eines anderen Hotels, darin eine Frau mit schwarzem Haar, die freundlich, aber bestimmt in die Kamera blickte. Die nächste einfach nur zwei wundervolle Treppen, die eine fast schon altmodisch, die andere modern. Und so ging es weiter quer durch die verschiedensten Hotels, mal mit den Personen an ihrem Arbeitsplatz mal vollkommen menschenleer ein reines Spiel aus Licht und Schatten. Nach zwei Drittel des Bandes fühlte er sich plötzlich wie vom Blitz getroffen. Wieder eine Doppelseite, zwei Aufnahmen sich gegenüber und beide zeigten sie die gleiche Person. Links stand sie ganz professionell dar, in Kellneruniform in einem riesigen Speisesaal. Rechts war das Hemd weit aufgeknöpft und sie räkelte sich lasziv auf der Bar. Automatisch schoss Seto das Blut in die Wangen. Diese Person hätte er überall wiedererkannt. Fasziniert betrachtete er jede einzelne Strähne des verwuschelten Haares, das diesmal so aussah als wäre es ursprünglich ordentlich frisiert gewesen. Hatte er wirklich diesen Weg gewählt, nachdem er einfach so aus Domino verschwunden war? War sein Hündchen tatsächlich in die weite Welt aufgebrochen und hatte eine Anstellung in einem noblen Hotel erhalten, oder war vielleicht sogar Modell geworden? Joey Wheeler als Modell? Vor einigen Jahren hätte er sich darüber noch schief gelacht, doch jetzt hatte er den Beweis auf Papier gebannt wie gut er aussehen konnte. Er stand auf und kramte nach seinem Handy. Zufrieden stellte er fest, dass es noch Akku hatte und machte sich eine Notiz. Er musste unbedingt dieses Buch haben! Gedankenverloren blickte er wieder auf das Bild und erwischte sich dabei, wie er die Hand hob, um über den gedruckten Körper des anderen zu streicheln. Wieso war er damals nur so stolz gewesen? Wo sein süßer Golden Retriever jetzt wohl war?
 

„Chef, das Wetter ist in Ordnung. Ich kann wie gewohnt meine Botengänge machen!“, zeterte Yuki in seinem Büro.

„Und ich sage, dass es das nicht ist! Bei den Wassermengen, die runter kommen, könntest du dein Freischwimmerabzeichen machen!“

„Das hab ich bereits! Und so schlimm ist es nun wirklich nicht!“

„Aber du willst ja noch nicht mal eine Regenjacke anziehen. Wir können es uns nicht erlauben, dass du ausfällst!“

„Werde ich auch nicht! Ich kann nur nicht nachvollziehen, wieso ich nicht nach draußen darf!“

„Sagen sie alle! Und seit wann bist du so scharf darauf bei kräftigem Regen draußen herum zu rennen? Wird es dir hier drinnen zu eng mit uns Männern?“

„Nein, das nicht, Chef, aber wenn Sie mir den ausdrücklichen Befehl zum Drinnenbleiben erteilen, fühlt sich das irgendwie wie Hausarrest an.“

Darum ging es hier also. Sie schmollte! Augenblicklich fingen seine Mundwinkel an zu zucken. Wenn das alles war. Er hatte schon gefürchtet, es gäbe ernsthafte Probleme unter seinen Mitarbeitern. „Würdest du denn drin bleiben, wenn ich dich ganz lieb darum bäte und dir freistelle, selbst zu entscheiden, wie du mit der Zeit heute umgehst, solange wir dich nicht ganz dringend brauchen?“, wagte er einen kleinen Vorstoß. Yukis Miene erhellte sich schlagartig. „Einverstanden, Chef. Ich bin bei Shin und hol mir eine heiße Schokolade. Wollen Sie auch eine?“

„Ja, bitte. Und frag ihn, ob er die Mini-Marshmallows herausrückt. Das Wetter verlangt wirklich nach besonderen Maßnahmen.“
 

Verwirrt blickte Seto auf, als die Musik ohne sein Zutun stoppte. Kurz sah er auf die Uhr. Es war bitteschön wie spät?! Er konnte doch nicht so lange einfach nur das Bild seines ehemaligen Mitschülers angestarrt haben!

„Ähm, entschuldigen Sie bitte. Es ist mir furchtbar unangenehm Sie zu stören. Vor allem wegen dieses Themas. … Aber, …. auf Grund des Wetters hat der Chef beschlossen, dass wir im Hauptgebäude bleiben sollen. Das heißt ich kann Ihnen auch nicht ihr Mittagessen bringen... Shin würde quasi so eine Art Fernkurs mit Ihnen machen, wenn das in Ordnung ist. Ansonsten ist auch noch Tiefkühlpizza im Gefr...“

„Was Yuki sagen möchte“, unterbrach sie Shins Stimme abrupt, „ist Folgendes. Wegen des Wetters müssen wir leider Ihnen die Zubereitung Ihres Mittagsessens selbst überlassen. Ich stehe Ihnen hierfür beratend zur Seite – auch wenn ich natürlich nicht sehe, was Sie machen. Als allerletztes Mittel gegen den Hunger, lagert eine … Tiefkühlpizza in Ihrem Gefrierfach.“ Das Wort „Tiefkühlpizza“ sprach er dabei aus als handele es sich um etwas besonders Ekeliges und Ungenießbares. Normalerweise wäre Seto Kaiba jetzt an die Decke gegangen und hätte sich über den hundsmiserablen Service beschwert, höchstwahrscheinlich sogar den Manager verlangt. Doch Seto Kaiba hatte Urlaub und Seto hatte zu seiner eigenen Verblüffung nichts dagegen einzuwenden, mal zu probieren für sich zu kochen. Lieber nur für sich allein in der Anfangszeit, bevor er noch seinen Gast vergiftete und sich somit blamierte. „Einverstanden“, kam es ihm über die Lippen. Am anderen Ende der Leitung war es kurz ruhig, dann vernahm er Yukis zögerndes „Wirklich?“.

„Ja, wirklich. Kann ich jetzt bitte wieder Shin sprechen?“

„Natürlich.“

„Also, für was außer Tiefkühlpizza“, er versuchte die gleiche Verachtung wie der andere in seine Stimme bei diesem Wort zu legen und das gelang ihm ausgezeichnet, „habe ich die Zutaten da?“

„Oh, einiges. Sie haben sogar die Auswahl zwischen traditionell Japanisch und Westlich.“

„...“

„Ist alles bei Ihnen in Ordnung?“

Nein, nichts „war in Ordnung“. Er hatte noch nicht einmal angefangen zu kochen und fühlte sich jetzt schon überfordert! „Ja, alles in Ordnung. Was ganz einfaches Japanisches. Wäre das möglich?“ Seto hasste sich selbst dafür, wie unsicher seine Stimme klang.

„Selbstverständlich. Können Sie Reis kochen?“, wurde vorsichtig die Frage von der anderen Seite gestellt. Er hatte keine Ahnung wie er darauf antworten sollte. Doch falscher Stolz würde ihm dabei nicht weiterhelfen, etwas Warmes in den Magen zu bekommen. „Nein.“

„Kein Problem. Gehen Sie einfach in die Küche. Dort sollten Sie mich auch noch problemlos hören können.“ Er gehorchte widerspruchslos. „Okay. Im Eckschrank rechts steht ein Reiskocher. So ein Gerät von fast 30 Zentimeter Durchmesser in weiß und lila. Daneben ist auch ein Messbecher. Nehmen Sie beides heraus und stellen Sie es auf die Arbeitsplatte. Nun gehen Sie zum Schrank, in dem die ganzen Soßen stehen.“ Shin ging wohl davon aus, dass er seine Pancakes nicht soßenlos verspeist hatte. „Im Fach darunter steht ein weißer Behälter mit Reis.“ Seto nahm ihn und stellte ihn neben das seltsame Gerät. „Und was jetzt?“

„Füllen Sie den Messbecher bis zur Markierung 1 ½ mit Reis und schütten das in das Gerät. Dann noch einmal die gleiche Menge an Wasser.“

Eine kurze Pause entstand, in der Seto alles genau abmaß. „Gut.“

„Dann schließen Sie das Gerät an die Steckdose an. Das wird jetzt so eine Viertel Stunde dauern. In der Zeit schauen Sie bitte in den Kühlschrank. Im mittleren Fach befindet sich bereits gedünstetes Gemüse.“ Tatsache. Wieso war ihm das nicht schon viel früher aufgefallen? „Sie können es in der Mikrowelle erwärmen, wenn sie wollen, Aber es sollte auch kalt sehr gut schmecken. So und jetzt suchen Sie sich bitte noch einen Löffel für den Reis raus. In der Besteckschublade finden Sie so einen sehr flachen, großen Holzlöffel. Den machen Sie später mit kaltem Wasser nass und holen damit den Reis aus dem Kocher. Der meldet sich ihm übrigen, wenn der Reis fertig ist. Dann ziehen Sie den Stecker und öffnen vorsichtig den Deckel.“ Er war noch damit beschäftigt den richtigen Löffel zu suchen. „Ja, mach ich“, murmelte er vor sich hin unsicher, ob Shin ihn so überhaupt hören konnte.

„Gut. Falls noch etwas sein sollte, wissen Sie ja, wie Sie mich erreichen.“ Die Leitung wurde unterbrochen und die Musik setzte wieder ein. Schon wieder ein Lied das er nicht kannte.

Geduldig wartete er die restliche Zeit, die der Reis benötigte, und tat sich ungefähr die Hälfte des Gemüses auf einen Teller. Den Rest verstaute er wieder im Kühlschrank. Anschließend nahm er sich den gesamten Reis aus dem Kocher. Shin hatte es offensichtlich gut mit ihm gemeint und ihm eine große Portion verpasst. Als er sich hinsetzte verspürte er so etwas wie Stolz über sein erstes selbstgekochtes Essen – auch wenn es nur Reis war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  Alistor
2020-07-07T12:14:10+00:00 07.07.2020 14:14
Dieses Kapitel hat mir gut gefallen.
Du beschreibst alles so schön, da kann ich mir alles ganz genau vorstellen
Selbst Setos Gesichtsausdrücke
Vor allem den, wenn er sein Hündchen ansieht ;)
Von:  Saseku_Uchiha
2015-06-07T19:42:26+00:00 07.06.2015 21:42
Bis vor kurzem wusste ich nichtmal wer Seto Kaiba ist, aber ich finde deine Fanfiction echt gut und auch sehr schön und detailliert beschrieben
Von:  Onlyknow3
2015-06-04T20:49:12+00:00 04.06.2015 22:49
Jeder fängt klein an, auch ein Seto Kaiba mit dem kochen. Schön das er es geschafft hat und das ohne groß zu murren. Das kann er sich ja dann für später zu Hause merken und anwenden für sich und Mokuba der würde sich sicher freuen. Mach weiter so, die Geschichte gefällt mir vor allem die Stellen an den Seto neue Fähigkeiten an sich entdeckt.
Bin schon neugierig, wie lange Joey sich vor Seto verstecken kann, oder ob dieser ihn noch vor Urlabsende erkennt.
Freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  Lunata79
2015-06-04T08:53:29+00:00 04.06.2015 10:53
Jetzt wissen wir endlich, wer der Hotelmanager ist. Aber, ... ist der nicht eigentlich kleiner als Seto? Du hast ihn aber größer beschrieben. Ist ein bisschen unglaubwürdig, da sie ohnehin maximal nur ein Jahr Unterschied haben.
Dennoch ist es merkwürdig, dass Seto ihn nicht erkannt hat. Hat sich Joey wirklich so stark verändert? Auch wenn er hier scheinbar Seto an Größe überholt hat?
Wow, Seto hat eine ganze Portion Reis selbst gekocht. Darf ich mich jetzt totlachen? XD
Wenn er schlau ist, überredet er Shin, dass er ihm kochen beibringt. Es ist nämlich immer gut, wenn man es kann, auch wenn man es nicht unbedingt braucht. Dann kann sich Seto nämlich selbstversorgen, wenn es darauf ankommt. Wie zum Beispiel in dieser Hotelanlage, in der er sich gerade befindet. XD
Bin schon gespannt, wie es weitergeht.

Lg
Lunata79
Antwort von:  flower_in_sunlight
04.06.2015 10:59
Theoretisch ja, praktisch hat der liebe Chef Anfang zwnazig einen Wachstumsschub bekommen (so einen Fall gab es wirklich bei mir im Bekanntenkreis).

Bitte nicht totlachen! (sonst kannst du ja gar nicht weiterlesen)
Und ja, ich spiele mit dem Gedanken, dass Seto noch ein bisschen Kochen lernt - aber das wohl eher in Woche 2.
Von: AomaSade
2015-06-03T21:54:22+00:00 03.06.2015 23:54
Hallo flower_in_sunlight,

das wird ja immer besser. Ich habe mich köstlich amüsiert. Seto bekommt die Entertainment-Anlage erklärt und erhält Kochanweisungen per Telefon. Und dann entdeckt er Joey im Bildband. Er hat sein Hündchen also nicht vergessen. Nur warum erkennt er ihn jetzt nicht? Gesichts-OP? Ich denke eher, es ist ein psychologischer Aspekt. Er kann sich nicht einmal in seinen kühnsten Träumen vorstellen, dass Joey nach der Schule noch gewachsen und jetzt sogar größer ist, dass Joey in seinem Leben eine erfolgreiche Karriere vorweisen kann sowie dass Joey seine Haare (Augenzwinkern) in einer "ordentlichen" Frisur bändigen konnte. Der Chef des Hotels ist auch eine Marke für sich. Sein Führungsstil einmalig. Deine FF und das ganze Personenensemble sind jedenfalls sehr unterhaltsam und ich fiebere schon dem nächsten Kapitel entgegen. Bitte schreibe schnell weiter.

Liebe Grüße
AomaSade


Antwort von:  flower_in_sunlight
04.06.2015 10:53
Nein, keine Gesichts-OP (war zumindest nichts dergleichen geplant). Einfach nochmal ein gehöriger Wachstumsschub und eine vollkommen andere Ausstrahlung ^^

Das mit schnell weiterschreiben ist so eine Sache für sich...Hab in einem Monat Prüfungen und davor muss noch eine genze Menge Projekte abgeschlossen werden - wenigstens kann ich während der Vorlesung mir die Details für die nächsten Kapitel überlegen ;-)
Von:  Seelendieb
2015-06-03T20:21:37+00:00 03.06.2015 22:21
*__________*

Ich finde das so süüüüüüüüüüüüß, wie Seto seine "ersten" Schritte in die "Selbstständigkeit" macht :D

Allerliebst!
Von:  Niua-chan
2015-06-03T19:42:21+00:00 03.06.2015 21:42
Er denkt also an Joey^^
Ich musste sehr grinsen wie Shin geduldig erklärt wie man Reis kocht, einfach herrlich
Antwort von:  flower_in_sunlight
03.06.2015 21:51
^^ Das hör ich doch gern! Allerdings habe ich es Seto einfach gemacht: Er hat keinen Sushi-Reis bekommen -> musste ihn nicht noch waschen.
Achja, Shin eben... Ich freue mich schon tierisch darauf, wenn auch der Rest der Truppe endlich in Aktion treten darf.


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