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Freundschaftsbeweise

von

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1.

Ino umfasste den Felsbrocken fester und schlug mit voller Kraft zu. Beim ersten Schlag klebte Blut am Stein, beim zweiten ertönte ein Knacken, beim dritten barst der Schädel und der Untote, der beinahe ihren Teamkameraden zu Seinesgleichen gemacht hätte, brach ächzend zusammen. Als er am Boden lag, trat sie noch einmal auf seinen Kopf, um sicherzustellen, dass er tot war. Unbeteiligt betrachtete sie die Lache aus schwarzem Blut, die sich um den Zombie herum ausbreitete, der vor kurzem noch ein atmender Mensch mit Freunden und möglicherweise einer Familie gewesen war. Sie hatte kein schlechtes Gewissen, spürte nichts, nicht einmal mehr Ekel. Schon viel zu oft hatte sie diesen Anblick in den letzten eineinhalb Jahren ertragen müssen, sodass sie im Laufe der Zeit abgestumpft war. Eine andere Möglichkeit war ihr nicht geblieben, wenn sie in dieser schrecklichen Welt überleben wollte.

Ino säuberte ihren rechten Schuh im feuchten Gras und streckte die Hand aus. Shikamaru nahm sie dankbar und ließ sich von ihr aufhelfen.
 

»Danke«, murmelte er und klopfte sich den Staub von seiner Kleidung, »ich bin dir was schuldig.«

»Bist du mir nicht«, legte sie fest. »Überlebe einfach, klar?«

Er schmunzelte. »Ich werd’s versuchen.«

Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Wenn nicht, bekommst du es mit mir zu tun!«

»Da nehme ich es lieber mit einer Horde Zombies auf!«

Sie blickte ihn auf die Bemerkung hin einen Moment lang schroff an, schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln und ging los.
 

Seine Augen huschten kurz zu dem leblosen Wesen herüber, das beinahe sein Nemesis gewesen wäre, dann schulterte er seinen Rucksack und folgte seiner Kameradin.
 

»Wie war deine Ausbeute?«, fragte Shikamaru beiläufig. »Irgendwas gefangen?«

»Allerdings«, antwortete Ino und er konnte den Stolz in ihrer Stimme kaum überhören. »Ein dickes, fettes Waldhuhn!«

»Wirklich?«, erwiderte er verblüfft. »Wie hast du denn das geschafft?«

»Das bleibt mein Geheimnis.« Sie lachte. »Da soll noch mal jemand behaupten, Frauen wären nicht zum Jäger geeignet.«

Amüsiert zog er eine Augenbraue hoch. »Es war verletzt, oder?«
 

Sie warf ihm einen Seitenblick zu und seufzte.
 

»Ein gebrochener Flügel«, gab sie zu und zuckte die Achseln. »Aber wen interessiert das schon? Im Gegensatz zu dir habe ich wenigstens etwas Essbares organisiert.«

»Du meinst also, dass ich nichts habe, nur weil ich mich von so einem Ghul in die Ecke drängen lassen habe?«, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen.

»Na ja, ich war vielleicht zehn Minuten weg und hab mit dem Huhn einen Glückstreffer gelandet«, sagte sie. »Also wie wahrscheinlich ist es, dass du genauso viel Glück hattest?«

»In dieser postapokalyptischen Welt meinst du?«, fragte er, ohne eine Antwort zu erwarten. »Nicht sehr. Und trotzdem ist mein Rucksack voller Äpfel.«
 

Shikamaru erwartete schon, dass Ino sich voller Begeisterung zu ihm umdrehen würde, doch sie blickte weiterhin fokussiert nach vorne. Das kleine anerkennende Lächeln, das sie aufblitzen ließ, bemerkte er dennoch.
 

»Für ein bisschen Fallobst gehst du das Risiko ein, fast von einem Zombie vernascht zu werden?«, fragte sie. »Das Wohl unserer Gruppe muss auf deiner Liste der Prioritäten ganz oben stehen, was?«

Er runzelte die Stirn. »Natürlich«, antwortete er, »steht sie bei dir etwa nicht dort?«

»Sicher«, sagte sie. »aber das heißt nicht, dass ich nicht an meinem eigenen Leben hänge.«

»Hey, ich bin auch nicht scharf drauf, mich zu infizieren und zu so einem gammeligen Kollegen zu werden«, gab er zurück. »Zumindest jetzt noch nicht. Aber in einigen Jahren, wenn ich auf die dreißig zugehe ...«

»In einigen Jahren?«, fragte sie empört. »Was soll denn das heißen?«

»Irgendwann sterben wir alle, oder?«

»Schon, aber bevor ich zu einem Zombie werde, zieh ich mich vorher selbst aus dem Verkehr«, meinte Ino ernst, da sie über seine Einstellung gar nicht lachen konnte. »Es gibt jetzt schon viel zu viele davon, also muss ich ihre Reihen mit meinem Ableben nicht auch noch verstärken.«

Er stieß ein Seufzen aus. »Du bist für Scherze heute nicht in Stimmung, was?«

»Doch«, widersprach sie, »wenn sie nicht über so ein ernstes Thema wie dieses wären.«

»Wir werden jeden Tag mit dem Tod konfrontiert«, bemerkte Shikamaru gefasst. »Also warum nicht auch einmal ein paar Witze darüber machen?«

»Weil ich es geschmacklos finde«, sagte sie trocken. »Allein die Vorstellung, dass du oder einer unserer Kameraden sich allmählich in so ein Ding verwandelt, macht mich krank.«
 

Er löste seine Augen von ihr und schaute ebenfalls auf den ausgetretenen Weg vor ihnen, der sich durch den Wald schlängelte. Ab und zu erhaschte er einen Blick auf den hohen Zaun, der um das Haus stand, das sich ihre Gruppe vor ein paar Wochen als Zufluchtsort gesucht hatten.
 

»Mir behagt diese Aussicht ebenfalls nicht«, gab er zu. »Aber machen wir uns nichts vor: Irgendwann wird es dazu kommen.«
 

Ino schluckte, erwiderte jedoch nichts.
 

»Das Virus ist vor zwanzig Monaten ausgebrochen«, fuhr er fort. »Es grenzt an ein Wunder, dass es bis jetzt noch niemanden von uns erwischt hat.«

»Es soll noch niemanden erwischt haben?«, erwiderte sie kritisch. »Was ist mit Naruto?«

»Naruto hat nur seinen Arm verloren und Glück, dass er überhaupt noch am Leben ist. Wenn Kiba ihm den Arm nicht in dem Moment abgeschlagen hätte, als der Zombie ihn gebissen hat, wäre er der erste Todgeweihte von uns gewesen.«
 

Aus den Augenwinkeln sah er, wie seine Teamkameradin kurz ihre Hände zu Fäusten ballte und sich auf die Unterlippe biss. Doch er entschuldigte sich nicht für seine Worte. Für Entschuldigungen dieser Art war kein Platz, wenn man in einer Zombie-Apokalypse lebte.
 

Shikamaru richtete seine Aufmerksamkeit wieder nach vorne.
 

»Wir sind gleich da«, bemerkte er, um von dem Thema wegzukommen. »Die anderen werden Augen machen, wenn sie unsere Ausbeute sehen.«

Ino warf ihm ein dankbares Lächeln zu. »Bestimmt.«
 

---
 

»Wow!«, stieß Chouji aus, als sein bester Freund seinen Rucksack auf dem Tisch ausleerte. »Das gibt heute Abend ein Festmahl!«

Ino konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Wenn du das schon über ein paar Äpfel sagst«, begann sie und holte den Jutebeutel aus ihren Rucksack, »dann sieh dir erst das hier an!«
 

Sie öffnete den Sack, packte das tote Huhn an den Füßen und hielt es in die Höhe.
 

»Fleisch?« Chouji rieb sich ungläubig die Augen. »Frisches Fleisch und keine Konserven wie in den letzten Wochen?«

Sie nickte. »Aber damit eins klar ist: Du bekommst nicht mehr als die anderen, auch wenn du noch so hungrig auf das Zeug bist.«

»Egal, Hauptsache wieder Fleisch! Ich werd’s gleich mal rupfen und ausweiden.«
 

Er streckte seine Hand nach dem Tier aus und sie gab es ihm nach einem Augenblick des Zögerns.
 

»Gut, aber das Zubereiten überlässt du jemand anderem«, ermahnte sie ihn. »Nicht, dass du noch in Versuchung kommst, davon zu naschen.«

»Schon klar.« Er winkte ab und verschwand mit einem breiten Lächeln in Richtung Küche.
 

»Glaubst du wirklich, dass er das ernsthaft machen würde?«, fragte Shikamaru.

Ino seufzte. »Nein«, sagte sie ehrlich. »Diese Angewohnheit, ihn ständig zu ermahnen, sollte ich mir wohl langsam abgewöhnen.«

»Zeit wird es«, stimmte er zu. »Ich seh dann draußen mal nach dem Rechten.« Er klopfte ihr freundschaftlich auf die Schulter und verließ den Raum, der einmal eine Vorratskammer gewesen war, durch die Hintertür.
 

Sie schaute ihm kurz nach, vernahm Geräusche aus der Küche, die von Chouji stammen mussten, und eine Zufriedenheit, wie sie sie schon lange nicht mehr verspürt hatte, breitete sich in ihrer Magengegend aus.

Okay, sie lebte in einer Welt, in der ein Virus den größten Teil der Bevölkerung zu menschenfressenden Untoten gemacht hatte, aber sie war froh, dass sie ihren Alltag darin nicht allein oder mit Fremden meistern musste, sondern ihn mit ihren Freunden verbringen durfte.

Ino lächelte. Unter diesem Aspekt konnte sie sich durchaus glücklich schätzen.
 

Sie machte ihren Blick von der Tür los, durchquerte die Küche und trat ins Wohnzimmer. Naruto saß mit freiem Oberkörper auf der mottenzerfressenen Couch und Hinata verteilte eine Salbe auf seinem schorfigen Armstumpen. Auf ihren Wangen lag ein Rotschimmer und sie hatte den Kopf gesenkt, damit Naruto ihre Verlegenheit nicht bemerkte.

Ino legte die Stirn in Falten. Sie fand Hinatas Verhalten außerordentlich albern. Schon seit sie auf der Akademie in dieselbe Klasse gegangen waren, tänzelte sie um ihn herum und nicht einmal der Untergang der modernen Welt, geschweige denn der Verlust seines Armes, hatte sie dazu gebracht, ihre Taktik zu ändern. Nein, stattdessen hoffte sie einfach weiter, dass Naruto ihre Avancen irgendwann bemerkte und erwiderte. Wie unglaublich dumm und naiv.

Ihre angespannte Miene löste sich.

War es nicht schön, wenn man in diesen schwierigen Zeiten an etwas festhalten konnte? War Hinata in Liebesdingen doch nicht das naive Dummchen, für das Ino sie hielt?

Sie schüttelte innerlich den Kopf. Es war dumm, jemanden zu lieben, der jeden Tag von einem Zombie gebissen oder von einer feindlich gesinnten Person getötet werden konnte. Warum sollte man so eine kurzlebige Bindung eingehen und sich auf diesen Schmerz einlassen?

Sie ging um das Sofa herum und musterte aus den Augenwinkeln Naruto.
 

Weil es das wert ist, dachte sie. Weil der Mensch und die Zeit, die man mit ihm verbringen darf, es wert sind. Auch wenn sie noch so kurz ist.
 

Bevor die Zivilisation den Bach herunter gegangen war, hätte sie definitiv nach diesem Leitsatz gehandelt. Aber nicht nur die Welt hatte sich verändert, nein, sie hatte es genauso. Auf die anderen wirkte sie wahrscheinlich wie vorher, machte sie ihnen doch immer die selbstbewusste Frau von damals vor, aber im Inneren lebte sie in ständiger Angst davor, jemanden zu verlieren, der ihr wichtig war. Um diese Gefühle nicht noch weiter an sich heranzulassen, war es das Beste, selbst ihre Freunde so weit wie möglich auf Abstand zu halten.
 

Sie hob flüchtig die Hand zum Gruß und wollte das Wohnzimmer rasch hinter sich lassen, doch seine Stimme ließ sie innehalten.
 

»Hey, Ino!« Naruto wirkte so gut gelaunt wie immer und nicht im Geringsten darüber deprimiert, dass er erst vor drei Wochen einen Arm verloren hatte. »Sind du und Shikamaru heil zurück gekommen?«

»Natürlich«, antwortete sie und warf ihm ein souveränes Lächeln zu. »Hast du von uns denn etwas anderes erwartet?«

Er rieb sich den Hinterkopf und grinste. »An euch beiden würde ich niemals zweifeln«, flötete er belustigt.
 

Hinata hielt sich die freie Hand vor den Mund und kicherte. Und auf einmal beneidete Ino sie ein wenig um ihr unbedarftes Wesen. Sie verbrachte zumindest ein wenig Zeit mit dem Menschen, den sie liebte, selbst wenn dieser von seinem Glück nichts ahnte.
 

»Solltest du auch nicht«, erwiderte sie. »Dank uns gibt es heute Abend nämlich etwas Gutes zu essen.«

»Ich ess alles, solange es nicht wieder dieses Hundefutter der letzten Tage ist«, flachste er und brachte sie so unbewusst zum Schmunzeln.

»Willst du Akamarus Geschmacksnerven beleidigen?«, fragte Kiba, der plötzlich in der Tür stand. »Hundefutter ist tausend Mal besser als dieser Dosenfraß.«
 

Hinata lachte abermals und diesmal stimmte Naruto mit ein.

Inos Lächeln hingegen verschwand.
 

»Wie ist die Lage?«, warf sie ein.

Kibas Miene wurde ernst. »Wir haben den Umkreis von drei Kilometern abgesucht«, sagte er, »und alle Zombies, die uns über den Weg gelaufen sind, vernichtet.«
 

Ino musterte das Gesicht ihres Kameraden. Sie wusste, dass es noch einen Haken gab.
 

»Aber?«, hakte sie nach.

»Zehn Kilometer westlich von hier ist eine ganze Horde unterwegs«, fuhr er ruhig fort. »Und sie ist auf direktem Wege hierher.«

»Dann hast du sie gesehen?«

»Vom Plateau aus.« Er nickte. »Akamaru hat ihren Gestank schon lange vorher wahr genommen.«
 

Ihr Herz zog sich zusammen. Es gefiel ihr nicht, dass sie ihre sicher geglaubte Bleibe so schnell wieder verlassen mussten.
 

»Wie viel Zeit bleibt uns noch?«

»Zwei Tage, maximal drei«, erwiderte Kiba. »Den steilen Pfad kommen sie nicht so schnell hinauf und es besteht natürlich die Möglichkeit, dass die meisten unten am Fluss abbiegen und nur ein paar hier hinauf kommen, aber darauf können wir uns nicht verlassen.«
 

Ino malträtierte ihre Unterlippe. Diese Aussichten schmeckten ihr ganz und gar nicht.
 

Ihr Kamerad räusperte sich und da niemand etwas sagte, setzte er nach: »Ich wäre dafür, wenn wir uns einige Tage weiter ins Gebirge zurückziehen und die Lage im Auge behalten.«

»Und was machen wir, wenn sie weiter gezogen sind?«, fragte Hinata leise. »Kehren wir dann hierher zurück?«
 

Im Anschluss suchte sie erst Kibas und dann Inos Blick.

Diese fuhr kaum merklich zusammen. Sie wusste nicht, wie sie diese Frage beantworten sollte.
 

»Es wäre schwierig, so schnell wieder eine gesicherte Unterkunft zu finden«, sagte sie schließlich nachdenklich. »Vor allem eine, die so gut verborgen ist wie diese, steht nicht an jeder Ecke.«

»Vor fremden Gruppen sind wir hier zwar relativ sicher«, stimmte Kiba zu, »aber nicht vor Zombie-Horden. Wenn wir hier bleiben, haben wir nicht die geringste Chance. Dann können wir uns gleich vor dem Haus in einer Reihe aufstellen und nacheinander auffressen lassen.«
 

Hinata umfasste Narutos Oberarm unbewusst. Wie besorgt sie war, konnte man ihr schon an der Nasenspitze ansehen. Eine Blöße, die sich Ino unter keinen Umständen gegeben hätte.
 

Ihre Augen schweiften von ihrer Kameradin weiter, erst zu Naruto, dann zu Kiba.
 

»Ich schlage vor«, sagte sie, »dass wir das alle zusammen bereden, bevor wir zu viert einen Entschluss fassen, mit dem jemand von den anderen nicht einverstanden sein könnte.«
 

---
 

Shikamaru schlenderte über den Rasen. Er hatte seinen Kopf in den Nacken geworfen und betrachtete etwas gedankenverloren den blauen Himmel. Obwohl keine einzige Wolke zu sehen war, genoss er seinen Anblick und die Sicherheit, die er in diesem kleinen Teil der Welt hatte. Hier, in dem Hinterhof, der an der einen Seite mit dicken Brettern und auf der anderen von einer steilen Felswand von der Außenwelt abgeschirmt war, hatte er keine Untoten zu befürchten, die aus dem nächsten Gebüsch gekrochen kamen und es auf ihn abgesehen hatten. Ein beruhigender Gedanke, den er viele Monate lang vermisst hatte, bevor sie dieses Haus gefunden hatten.
 

Er hörte das regelmäßige Schleifen von Metall und sein Blick wanderte zu der schattigen Ecke, an der der Fels und der Zaun sich trafen. Wie jeden Tag, wenn es nicht regnetet, saß Tenten dort auf einem Holzstamm und überprüfte mit Ausdauer den Zustand der Waffen. Im Moment schärfte sie die Axt, die Kiba auf seinen täglichen Säuberungstouren benutzte. Sie hatte schon Waffen wiederhergestellt, die andere längst weggeworfen hatten.
 

Seine Augen fuhren die metallene Leiter entlang, die an der Hauswand stand, über das Dach zu dem schmalen Felsvorsprung, den man von dort aus erreichen konnte. Er diente als Aussichtspunkt und war immer von einem Gruppenmitglied belegt. Wie jetzt übernahm Neji oft diese Aufgabe. Er hockte dort mit höchster Konzentration und schien nicht einmal zu blinzeln, damit ihm auch ja nicht die kleinste Bewegung entging, die einen feindlichen Kontakt bedeuten konnte.
 

Zum Schluss beobachtete er für einen Augenblick Lee. Er trainierte unermüdlich. Bei jedem Wetter und selbst, wenn er tagelang nichts Richtiges gegessen hatte. Er war der Einzige der Gruppe, der den Faustkampf dem Kampf mit Waffen vorzog und nur für den absoluten Notfall ein Messer im Gürtel stecken hatte. Shikamaru konnte sich nicht erinnern, dass er es bei den unzähligen Begegnungen mit Untoten jemals gebraucht hatte.
 

Tentens Waffenwissen, Nejis vorausschauende Art und Lees Geschick waren nahezu unentbehrlich für das Überleben der Truppe und er war froh, dass er diese Drei zu seinen Kameraden zählen durfte.
 

»Hey, Shikamaru!« Tenten winkte ihn zu sich heran.

Er setzte sich in Bewegung. »Was gibt’s?«, fragte er und blieb vor dem Haufen aller möglichen Utensilien, die sich im Kampf als nützlich erweisen konnten, stehen.

Sie streckte die Hand aus und lächelte. »Ich hab deine Waffe zuletzt vor fünf Tagen überprüft.«
 

Automatisch fuhr seine Rechte zu der Pistole, die er an seiner Seite befestigt hatte und gab sie an sie weiter.

Tenten betrachtete sie eingehend. Sie warf einen Blick ins Magazin und löste kurz die Sicherung, um zu überprüfen, ob sie klemmte und händigte sie ihm schließlich wieder aus.
 

»Alles in Ordnung«, sagte sie. »Ich würde sie aber nach dem nächsten Gebrauch nachladen. Zwei fehlende Patronen können eine ganze Menge sein, wenn man von mehreren Gegnern umringt ist.«

»Ich weiß«, erwiderte er mit einem Schmunzeln, da sie ihn jedes Mal wieder daran erinnerte. »Ich denke nach einem Kontakt mit Zombies an nichts anderes.«

»Na, hoffentlich«, erwiderte sie zuversichtlich und fuhr fort, die Axt instand zu setzen.
 

Shikamaru wandte sich von ihr ab und wollte sich einen Platz im Schatten suchen, um sich wie in alten Zeiten ein wenig zu entspannen, als die Hintertür laut aufgestoßen wurde.
 

»Leute!« Kiba betrat den Hof, gefolgt von den restlichen Mitgliedern der Gruppe, die sich im Haus aufgehalten hatten. »Wir müssen dringend etwas bereden!«
 

Tenten sah auf und Lee stellte seine Lufttritte ein. Nur Neji rührte sich nicht vom Fleck.
 

»Was ist denn los?«, fragte Erstere.

»Es kommt was auf uns zu«, erklärte Kiba knapp und schaute sich um. »Sind Shino und Sasuke noch nicht vom Feuerholzsammeln zurück? Und wo steckt überhaupt Sakura?«

»Sie ist mit den beiden mitgegangen, um Heilkräuter zu sammeln«, antwortete Tenten.

Und bevor noch jemand etwas einwerfen konnte, rief Neji: »Ich kann sie sehen. Sie sind gleich hier!«

2.

Ino beobachtete Kiba. Alle saßen ruhig auf ihren Plätzen und warteten, nur er ging ungeduldig auf und ab. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie er sich vor der Apokalypse verhalten hatte. Er war ein Raufbold mit einer großen Klappe gewesen, der andere gerne provoziert hatte und sein Geduldsfaden war auch nie besonders gut ausgeprägt gewesen. Das Letztere hatte er in Maßen beibehalten, alle anderen Eigenschaften hatte er abgelegt. Aus dem ehemaligen Hitzkopf war ein bedacht handelnder Mensch geworden, der eine beachtliche Führungsqualität entwickelt hatte. Niemand hatte es ausgesprochen, doch Kiba war zu einem Anführer geworden, dem die Gruppe viel zutraute und vertraute.

Bei ihm war die Veränderung am meisten zu sehen, aber verändert hatten sich alle. Jedes Mitglied dieser anfänglichen Zweckgemeinschaft war gereift, erwachsener und verantwortungsbewusster geworden. Jeder achtete auf jeden, ohne an sich zu denken, und tat alles ihm Mögliche, um das Überleben der anderen zu sichern. Es gab keine Egoisten – zumindest nicht auf die Weise, dass es negativ für das Team ausgefallen wäre – und niemanden, der das Tun eines anderen öffentlich infrage stellte. Differenzen wurden friedlich und sachlich untereinander geregelt und sie konnte an einer Hand abzählen, wie viele Streits es im letzten Jahr gegeben hatte. Das Leben innerhalb dieser Gemeinschaft hätte einem Utopia geglichen, wenn die Welt um sie herum nicht so furchtbar gewesen wäre.
 

Ihr Blick schweifte einmal ringsherum.

Naruto hatte zwar seinen Kindskopf, nicht aber seinen Optimismus verloren; Chouji und Hinata waren noch hilfsbereiter als vorher geworden; Lee, der seinen Ehrgeiz wie Neji und Tenten noch gezielter trainierte und einsetzte und zuletzt …

Auf Shikamaru lagen ihre Augen einen Moment länger. Er war ihr Sandkastenfreund seit Kindertagen, der damals mit purer Demotivation geglänzt hatte, sich rasch langweilte und sogar einen Gang zum Kühlschrank als anstrengend bezeichnet hatte.

Ino musste schmunzeln. Wenn etwas von diesen Eigenschaften übrig geblieben war, verbarg er es gut. Seine herausragende Intelligenz hingegen war präsenter als je zuvor. Er verstand es, auch in der ausweglosesten Situation einen kühlen Kopf zu bewahren und hatte immer eine Taktik parat. Inzwischen hatten alle in der Gruppe seine Absichten verinnerlicht, sodass es bei Feindkontakten kaum noch Anweisungen bedarf. Dennoch war es beruhigend, dass er da war, um im Notfall mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
 

»Ihr könnt das Tor aufmachen!«, rief Neji vom Aussichtspunkt herunter und Lee und Kiba schoben die schwere Barrikade beiseite, die aus einer mit Steinen gefüllten Kommode bestand. Chouji hob die Holzverriegelung an und zog den einzigen Zugang zum Grundstück auf, den sie nicht versperrt hatten.

Shino und Sasuke traten hindurch, die Arme voller geschlagenem Holz. Sakura schlüpfte ebenfalls durch den Eingang und schloss das Gatter hinter sich, das sofort wieder verriegelt wurde. Als die Kommode wieder an ihrem Platz stand, legte sich Akamaru mit wachem Blick neben sie.
 

»Was ist das hier für ein Klassentreffen?«, fragte Sasuke, als er die Holzscheite abgelegt hatte.

Kiba blickte ihn ernst an. »Gewissermaßen«, antwortete er, »aber setzt euch erst mal, ruht euch aus und hört mir zu.«
 

---
 

Sakura biss sich auf die Unterlippe, als Kiba die kurze Erklärung beendet hatte und suchte den Blick ihrer besten Freundin. Ino hielt ihm einen Augenblick stand, dann deutete sie ein Nicken an. Sakuras besorgte Miene entging ihr nicht, doch sie hatte sich abgewöhnt, Worte der Aufmunterung auszusprechen. Selbst wenn es sich um ihre engste Freundin handelte, war es besser, realistisch zu bleiben.

Ino wandte sich von ihr ab und erhob ihre Stimme, um das Schweigen zu durchbrechen.
 

»Okay, Leute, ihr wisst, was uns bevorstehen könnte«, setzte sie an und ihre Augen schweiften von einem ihrer Kameraden zum nächsten. »Also, wer ist dafür, dass wir Kibas Vorschlag umsetzen und übermorgen in die Berge aufbrechen?«
 

Die ersten Hände schnellten in die Höhe und nach und nach folgten auch die Zustimmungen derer, die gezögert hatten.
 

»Einstimmig«, bemerkte Kiba und nickte zufrieden. »Hat jemand noch Fragen?«

»Mal angenommen, die Horde ändert unten am Fluss nicht die Richtung«, setzte Sakura an, »könnten wir nicht einfach den Pfad sprengen? Dann kämen wir zwar selbst nicht mehr ins Tal, aber dorthin zurück wollen wir ohnehin nicht.«
 

Auf diesen Vorschlag hin wandten sich einige an Shikamaru.
 

»Da magst du Recht haben«, sagte er, »und ich hab auch schon an diese Möglichkeit gedacht …«

»Aber?«, warf Naruto ein und sprach damit das Wort aus, das den meisten auf der Zunge lag. »So schlecht klingt Sakuras Idee nicht, oder?«

»Auf den ersten Blick nicht«, fuhr Shikamaru ruhig fort, »aber was tun wir, wenn eines Tages Fremde aus den Bergen kommen, die uns feindlich gesinnt sind?« Er legte eine kurze Sprechpause ein, damit sich alle der Bedeutung seiner Frage bewusst werden konnten. »Dann haben wir keine Fluchtmöglichkeit mehr und sitzen in der Falle. Außerdem würde das Sprengen erst recht die Aufmerksamkeit auf uns ziehen. Nicht nur die der Zombies, sondern auch die von Gruppen, die sich möglicherweise in der Nähe befinden.«

»Und wie sieht es mit blockieren aus?«, fragte Hinata plötzlich. Alle Augenpaare richteten sich auf sie und sie errötete, behielt allerdings ihre Selbstbeherrschung. »Der Pfad ist vielleicht zweieinhalb Meter breit. Wenn wir ihn versperren, bleibt den Untoten gar nichts anderes übrig, als umzukehren oder bei dem Versuch, an der Blockade vorbeizukommen, in den Tod zu stürzen.«

»Wenn wir mehr Zeit hätten, wäre das eine Option«, pflichtete Shikamaru ihr bei, »aber zwei Tage sind zu wenig, um eine stabile Abwehr aufzustellen, ohne wiederum etwas sprengen zu müssen.«

Kiba übernahm wieder das Wort. »Okay«, sagte er und stemmte die Hände in die Hüften, »ihr habt Shikamaru gehört. Uns bleibt keine andere Wahl, als uns zurückzuziehen und uns die Möglichkeit offenzuhalten, wieder hierher zurückzukehren.«

»Offenzuhalten?« Sasuke hob eine Augenbraue. »Wir kommen auf jeden Fall hierher zurück!«

»Ach, wirklich?«, erwiderte er verstimmt. »Dann metzelst du also die ganze Horde nieder, falls sie sich hierher verirren?«

»Nein«, gab er unbeeindruckt zurück. »Aber selbst wenn sie hier hoch kommen sollten, werden sie doch irgendwann weiter schlurfen, oder nicht?«

»Das werden sie sicher«, warf Shikamaru ein, »doch wenn sie sich nicht zurück ins Tal verirren, sondern denselben Weg wie wir in Richtung Gebirge einschlagen, dann –«

»Zack, landen sie in einer Sackgasse«, vervollständige Kiba seinen Satz. »Der Weg endet nach ein paar Kilometern und man kommt nur weiter, indem man ein Stück klettert. Und da die Zombies das nicht können, werden sie wohl oder übel umkehren müssen. Das wiederum heißt, dass –«

»Schon klar«, meinte Sasuke. »Wir wären also auf jeden Fall sicher, wenn wir den Punkt passiert haben – vorausgesetzt, dass er auch existiert.«

»Neji, Shino, Akamaru und ich sind die Stecke erst vorletzte Woche gegangen, als wir die Gegend ausgekundschaftet haben«, erklärte er beherrscht. »Dort kommt man nur mit einem gesunden Menschenverstand und körperlicher Fitness weiter. Dumme, triebgesteuerte Untote haben keine Chance.« Er schwieg einen Augenblick, sah jedem seiner Kameraden eindringlich in die Augen und setzte nach: »Was aber nicht bedeutet, dass ihr unaufmerksam werden dürft. Nur weil es in dem unwegsamen Gelände unwahrscheinlich ist, dass wir weiteren Zombies über den Weg laufen, bedeutet das nicht, dass wir nicht anderen Überlebenden begegnen können.« Als die meisten nickten, schloss er: »Gut. Übermorgen früh geht es los, sollte die Horde sich weiterhin hierher bewegen.«
 

---
 

Ino betrachtete des Lagerfeuer und lauschte dem Knistern der Flammen. Dieses Geräusch wirkte immer sehr beruhigend auf sie und obwohl sie sich in dem Innenhof auch ohne Feuer sicher fühlen konnte, vermittelte es ihr den letzten Funken an Sicherheit.

Sie blinzelte, als jemand Feuerholz nach warf. Sie sah auf und erblickte Chouji. Er war ihr zweiter Kindheitsfreund und sie hatte noch gut den kleinen, dicklichen Jungen im Gedächtnis, der er mal gewesen war. Etwas zu viel hatte er nach wie vor auf den Rippen und sie fragte sich, wie verkorkst sein Stoffwechsel sein musste. Es hatte immer wieder Zeiten gegeben, in denen die Gruppe kaum bis gar nichts zum Essen gehabt hatte, aber letzten Endes war sie doch froh darüber, dass es noch einen Punkt gab, der sie an die Welt vor der Apokalypse erinnerte. Selbst wenn es nur das leichte Übergewicht eines gutes Freundes war.
 

»Damit dürften wir über die Nacht kommen«, sagte er, schenkte ihr ein Lächeln und setzte sich zu ihr.
 

Ino erwiderte es und ließ ihren Blick über die drei schlafenden Personen in ihrer Nähe schweifen. Sasuke, Lee und Neji bevorzugten es, die Nacht unter dem freien Himmel zu verbringen, solange es die Temperaturen zuließen, um im Notfall sofort kampfbereit zu sein. Dasselbe galt für Kiba, der seit ein paar Stunden auf dem Vorsprung saß, da er die erste Nachtwache übernommen hatte.
 

»Danke übrigens für das gute Essen«, sagte sie nach einer Weile. »So gut gegessen habe ich lange nicht mehr.«

»Ach, ich hab doch gar nichts großartig gemacht«, gab Chouji zurück, hörte sich aber geschmeichelt an. »Du hast das Huhn gefangen.«

»Red dich doch nicht immer so klein«, meinte sie und schmunzelte über seine Bescheidenheit. »Deine Suppe war hervorragend!«

»Das war sie nur, weil Sakura zufällig ein paar Kräuter zum Würzen gefunden hat und Hinata sie ins Essen getan hat.«

»Das Huhn gerupft und die Suppe gekocht hast trotzdem du. Hinata hat ihr höchstens den letzten Schliff verpasst.«

Ihr Kamerad errötete, murmelte »Keine große Sache ...« und wandte sich von ihr ab, um den Sternenhimmel zu betrachten. Nach einer kurzen Pause setzte er nach: »Meinst du, es ist schon nach Mitternacht?«
 

Sie folgte seinem Blick und fixierte ihn auf einen besonders hell leuchtenden Stern.
 

»Es ist bestimmt schon ein paar Stunden her, dass die Sonne untergegangen ist«, antwortete sie nachdenklich. »Also ja, ich denke schon, dass es bereits nach Mitternacht ist.«
 

Ino linste kurz zu ihm herüber und bemerkte sein breites Lächeln.
 

»Warum lächelst du?«, wollte sie wissen. »Ist heute ein besonderer Tag?«

»Kann man so sagen«, entgegnete Chouji.

Als er weiter nichts sagte, hob sie ihre Augenbrauen und fragte: »Willst du mich nicht aufklären?«
 

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Shikamaru starrte in die Dunkelheit. Einen gräulich-schimmenden Schemen konnte er erahnen, mehr jedoch nicht. Er fixierte seine Augen auf die Umrisse der Zimmerlampe, die ohne Strom nicht funktionierte und seufzte. Er lag seit einer gefühlten Ewigkeit herum und konnte nicht einschlafen.

Ein paar Mal drehte er sich noch hin und her und stand schließlich auf. Er stieg über den Schlafsack von Chouji hinweg – er konnte ihn nicht sehen, doch er wusste genau, wo er lag –, verließ den Raum und trat auf den Flur. Mit einer Hand an der Wand tastete er sich bis zum Wohnzimmer vor. Durch das Fenster schien ein wenig Licht hinein, das ihn glücklicherweise daran hinderte, Naruto, der auf dem Boden schlief, durch eine Stolpereinlage zu wecken, dann lief er ums Sofa herum, auf dem Tenten es sich zum Schlafen bequem gemacht hatte und machte sich auf den Weg zur Hintertür.
 

Draußen war es im Vergleich zum Inneren des Hauses relativ frisch und so ging er auf das Lagerfeuer zu, um sich noch kurz aufzuwärmen, bevor er Kiba vorzeitig von seiner Wache ablöste. Er war zwar in dieser Nacht nicht an der Reihe, doch da er nicht schlafen konnte, konnte er sich genauso gut nützlich machen.

Die zwei Gestalten, die am Feuer saßen, wandten sich zu ihm um und bevor sich Shikamaru versah, sprang eine der beiden auf. Ino kam auf ihn zu, begrüßte ihn mit einer herzlichen Umarmung und murmelte: »Alles Gute zum Geburtstag!«

Da er nicht den blassesten Schimmer hatte, welches Datum heute war, erwiderte er »Danke« und ließ sich von seiner Kameradin am Handgelenk zum Feuer mitziehen. Dort nahm er den Glückwunsch von Chouji entgegen, der nicht weniger herzlich als der von Ino war, dann setzte er sich zu seinen zwei besten Freunden.

»Und wie fühlst du dich nun mit neunzehn?«, fragte sie scherzhaft.

»Genauso wie mit achtzehn«, erwiderte Shikamaru. Etwas skeptisch setzte er nach: »Seid ihr euch sicher, dass ich heute Geburtstag habe?«

»Ganz sicher.« Ino nickte. »Chouji hat Sakura am Nachmittag nach dem Datum gefragt, als sie die Kräuter in die Küche gebracht hat. Sie führt doch diesen Taschenkalender, damit wir uns rechtzeitig auf den Wechsel der Jahreszeiten vorbereiten können. Und zufällig war der 21. September.«

»Zufällig?« Er hob die Augenbrauen und blickte seinen besten Freund an.

»Na, was denkst du denn?«, entgegnete Chouji mit einem Augenzwinkern. »Wir leben zwar in einer Postapokalypse, aber das ist für mich kein Grund, den Geburtstag meines besten Freundes zu vergessen.«
 

Er lachte los, Ino stimmte ein und Shikamaru schmunzelte.
 

»Apropos«, warf Letzterer ein und blickte seine Kameradin an, »dann wissen wir nun ja, was morgen für ein Tag ist.«

Sie blinzelte, dann wurde ihr klar, was er meinte. »Ach, das«, sagte sie und winkte ab. »Das hätte ich glatt vergessen.«

»Dafür sind wir ja da.« Chouji legte ihr einen Arm auf die Schulter. »Ihr beide habt an meinen Geburtstag im Mai gedacht, also denke ich auch an eure.«

»Gut, dass wir dich haben«, bemerkte Shikamaru amüsiert. »Ich dachte nämlich, wir hätten erst Anfang September und hätte demnach Inos Geburtstag glatt verschwitzt.«

»Ich hätte dich dran erinnert – oder wenn nicht, dann Sakura« – er wandte sich wieder seiner Kameradin zu – »Sie hätte deinen Geburtstag auf keinen Fall vergessen.«
 

Ino lächelte bei dem Gedanken. Wenn sie bedachte, wie viel Mühe Sakura sich mit der Freundschaft gab, war es nahezu unglaublich, dass sie eine Weile zerstritten waren, weil sie um Sasukes Gunst gebuhlt hatten. Rückblickend war es lächerlich, wie sie sich beide aufgeführt hatten, aber inzwischen war es in so weite Ferne gerückt, als wäre es in einem anderen Leben passiert. Sie wusste nicht, ob sich Sakuras Gefühle für ihn verändert hatten, aber sie selbst interessierte sich lange nicht mehr für ihn. Seit sie in einer Gruppe waren, hatte Sasuke ein paar Eigenschaften an den Tag gelegt, die ihr weniger gefielen und so war ihre Schwärmerei für ihn verflogen und hatte eine völlig andere Richtung eingeschlagen. Eine Richtung, die sie vor dem Untergang der Welt niemals für möglich gehalten hätte.

Ihr Blick schweifte einen Augenblick zum Haus herüber, dann zog sie die Beine an und verschränke die Hände vor den Knien, um es sich ein wenig bequemer zu machen.
 

»Ist euch schon mal aufgefallen«, setzte sie an, »dass wir bei jedem unserer Geburtstage in den letzten eineinhalb Jahren so zusammen an einem Feuer saßen?«

»Ach, tatsächlich?«, fragte Shikamaru überrascht.

Sie schaute ihn missgestimmt an. »Hat dein Erinnerungsvermögen wie die zivile Welt seit vorletztem Frühjahr gelitten?«

»Ich werde alt«, scherzte er. »Da ist das ganz normal, dass man so was vergisst.«

»Wenn du alt bist«, warf Chouji ein, »was bin ich dann?«

Sein bester Freund zuckte die Achseln. »Ein Fossil vielleicht?«

Inos lachte innerlich, ließ es aber nicht heraus, sondern schlichtete lieber. »Wenn Chouji ein Fossil sein soll«, begann sie, »was ist dann erst Neji? Ein Überrest von dem Kometen, der angeblich die Dinosaurier ausgerottet hat?«

»Sind die meisten Fossilien nicht älter als das?«, bemerkte Shikamaru und alle drei brachen in Gelächter aus.

»Und ich dachte vorhin noch«, meinte Ino, als sie ihr Zwerchfell wieder im Griff hatte, »dass sich alle in der Gruppe verändert haben. Aber da hab ich mich wohl getäuscht, denn ihr beide seid noch ganz die Alten.«

»Warum auch nicht, wenn wir gemütlich vor einem Lagerfeuer und in Sicherheit zusammen sitzen?«, fragte Chouji. »Es wäre doch schlimm, wenn wir uns die ganze Zeit nur bemitleiden würden.«

»Wenn es so wäre, könnten wir uns genauso gut umbringen lassen«, pflichtete Shikamaru ihm bei. »Dann würden wir unseren Mitmenschen wenigstens nicht mit unserem Gejammer auf die Nerven gehen.«
 

Die zwei Freunde lachten abermals und in Inos Magengegend breitete sich wieder diese angenehme Wärme aus. Sie saß mit den beiden in dieser Misere fest, aber besser hätte sie es den Umständen entsprechend nicht treffen können.
 

»Ich sag euch was, Jungs. Was haltet ihr davon, wenn wir von nun an den Abend vor unseren Geburtstagen immer so verbringen?«, schlug sie vor und blickte Chouji und Shikamaru abwechselnd und voller Erwartung an. »Wir setzen uns zusammen, quatschen und feiern hinein. Wäre das nicht eine schöne Tradition?«

»Tolle Idee«, entgegnete Chouji prompt. »Also ich bin dabei. Und du, Shikamaru?«
 

Der Angesprochene blickte seine Freunde einen Moment an, dann schaute er hinauf zum Nachthimmel.
 

»Ich glaube«, antwortete er, »es ist nicht schlecht, wenn man in dieser Welt etwas hat, auf das man sich freuen kann.«

Ino runzelte die Stirn. »Zeig bloß nicht zu viel Begeisterung!«

»Mach dir nichts draus«, sagte Chouji. »Du weißt doch, dass er nur schwer zu begeistern ist.«

»Ja, aber in diesem Fall könnte er doch eine Ausnahme machen, oder?«

»Im Grunde hast du Recht, aber heißt es nicht, dass man sich im Alter nicht mehr so leicht ändert?«
 

Ein Lächeln schlich sich auf Shikamarus Lippen. Noch mal aufzustehen war wirklich seine beste Entscheidung seit Langem gewesen.
 

»Wisst ihr, Leute«, begann er, »ich wirke vielleicht nicht so, aber ich freue mich jetzt schon drauf, morgen um diese Uhrzeit wieder mit euch hier zu sitzen.«

»Na, das will ich auch schwer für dich hoffen!« Ino gab ihm einen Klaps auf die Schulter und lachte.
 

Niemand von ihnen ahnte, dass es nicht dazu kommen würde.

3.

Das fröhliche Zwitschern eines Vogels und die frische Morgenluft begleiteten Ino aus dem Schlaf. Sie hielt ihre Augen geschlossen, atmete ein paar Mal tief ein und aus und lauschte dem Singsang, erinnerte sich an die Runde am Lagerfeuer.

Eine ganze Weile hatte sie mit Shikamaru und Chouji dort gesessen, in Erinnerungen geschwelgt und Scherze gemacht. Sie glaubte nicht an solchen Unsinn wie Magie, doch wenn sie das Zusammensein hätte definieren müssen, hätte sie es als magisch bezeichnet. Ein anderes Wort wäre dem, was sie dabei empfunden hatte, nicht gerecht geworden. So blödsinnig es auch klang.
 

Sie öffnete die Lider und setzte sich auf. Ihr Rücken, der verwöhnt von den Wochen auf der mottenzerfressenen Matratze war, machte sich bemerkbar, doch sie schenkte diesem belanglosen Zipperlein, das spätestens in den Bergen wieder zu ihrem Begleiter wurde, keine Beachtung und schaute sich um.

Das Feuer war heruntergebrannt und hie und da glomm die Glut zwischen den verkohlten Resten der Holzscheite hindurch. Ihre Kameraden waren bereits aufgestanden und nur Chouji lag noch ausgestreckt auf dem Rücken und schnarchte vor sich hin. Er hatte letzte Nacht Kiba an Shikamarus Stelle von der Nachtwache abgelöst und sich den Schlaf verdient.

Ino prüfte kurz, wer auf dem Vorsprung saß – es war wieder Neji –, rollte ihren Schlafsack zusammen und ging ins Haus.
 

Am Küchentisch nahmen einige ein karges Frühstück zu sich und diskutierten rege.
 

»Weißt du schon, wer gehen soll?«, fragte Naruto mit vollem Mund. Er versprühte dabei durchgekaute Apfelstücke über den halben Tisch und Ino machte sich nicht die Mühe, ihre Belustigung darüber zu verbergen – bis sie die Bedeutung seiner Worte verstand.

»Worum geht es?«, warf sie ein.
 

Die Leute, die nicht schon mit dem Gesicht zu ihr saßen, drehten sich zu ihr um.
 

»Um morgen«, antwortete Kiba. »Wir haben beschlossen, heute schon einen Teil der Ausrüstung und Verpflegung in die Höhle hinter dem Übergang zu bringen.« Er fuhr sich durch seinen Kinnbart und fuhr fort: »Jetzt muss ich nur noch ein paar Freiwillige für den Job finden.«

»Ich mach’s!«, sagte Ino selbstsicher.

»Ich gehe auch mit«, meinte Tenten. »Ich habe gestern alle Waffen überprüft und langweile mich nur, wenn ich hier herumsitzen muss.«

»Als Anführer ziehe ich natürlich mit«, sagte Kiba rasch und schaute weiter ein Gruppenmitglied nach dem anderen an. »Möchte sich jemand den Mädels und mir anschließen?«

Als seine Augen auf Naruto haften blieben, nickte dieser überschwänglich. »Ich bin dabei. Dann kann ich mich endlich wieder nützlich machen.«

»Sicher?«, erwiderte er skeptisch. »Deine Wunde ist gerade erst verheilt und mit einem Arm ist die Kletterpartie über den Abgrund –«

»Wir helfen ihm natürlich«, unterbrach Ino ihn.

»Und wie sollen wir das machen?«, entgegnete Kiba kritisch. »Die Stelle ist zwar nicht besonders breit, aber mit einem Arm weniger und massenhaft Gewicht auf dem Rücken wird es schwierig.«

»Und?«, gab sie zurück. »Morgen muss Naruto auch auf die andere Seite kommen. Sehen wir es einfach als kleinen Probedurchlauf an.«

»Aber –«

»Kiba, sei nicht so ein pessimistischer Stinkstiefel!«, meldete sich Tenten zu Wort. »Vielleicht laufen wir auf dem Weg einem oder zwei Zombies über den Weg, aber was soll sonst schon passieren? Oder willst du riskieren, dass Naruto einem von denen freiwillig in die vergammelten Arme läuft, weil er so deprimiert ist?«

»Nein«, seufzte er und gab nach: »Okay, er kommt mit. Hat noch jemand Lust auf einen ungefährlichen Waldspaziergang?«

»Wenn sogar Naruto sich um diese spannende Aufgabe reißt«, begann Shikamaru, »kann ich mich nach drei Tagen ohne Wachdienst wohl nicht ausruhen. Wann geht es los?«
 

Ein Grinsen schlich sich auf Kibas Lippen.
 

»Dann sind wir komplett«, sagte er und stand auf. »Heute Mittag machen wir uns auf den Weg.«
 

---
 

Ino schnallte sich einen Rucksack auf den Rücken und nahm einen zweiten vor den Bauch. Das Gewicht zog sie nach unten, doch sie beschwerte sich nicht – vor allem nicht, da die Jungs noch viel schwerer beladen waren und sie nicht wie Tenten einige scharfe Waffen mit sich trug, die bei einem unglücklichen Sturz ihren Tod bedeuten konnten.

Sie beobachtete, wie sich ihre Kameradin neben der nicht sonderlich sicher wirkenden Vorrichtung, an der die Griffe diverser Messer, Äxte und Dingen, die einem Zombie gefährlich werden konnten, befestigt waren, noch eine Tasche aufhalste, als sie einen warmen Atem an ihrem linken Ohr spürte.
 

»Danke übrigens«, hörte sie Naruto sagen.

Ihr Herz machte einen Sprung, dann fuhr sie zu ihm um. »Wofür denn?«, fragte sie und versuchte beiläufig zu klingen.

»Na, dass du dich heute Morgen so für mich eingesetzt hast«, entgegnete er. »Wenn ich noch ein paar Stunden länger hier festgesessen hätte, hätte die Vorstellung, mich einem Zombie vorzuwerfen, echt seinen Reiz gehabt.«
 

Sie wusste, dass er es als Scherz meinte und rang sich ein kleines Schmunzeln ab, auch wenn sie es alles andere als lustig fand.
 

»Ach, das war doch selbstverständlich«, sagte sie und winkte ab. »Aber wenn du irgendwann in Versuchung kommen solltest, das zu tun, sag mir Bescheid. Irgendeine Beschäftigungstherapie finden wir schon für dich.«

Da Naruto daraufhin ein breites Grinsen zur Schau stellte, setzte sie nach: »Das meinte ich jetzt aber nicht.«

»Ich auch nicht«, flachste er zurück und lief zum Tor, an dem Kiba bereits ungeduldig wartete.
 

Ein flüchtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie war dankbar, dass eine stets positiv eingestellte Frohnatur wie Naruto zu ihrer Gruppe gehörte.
 

»Warum habt ihr mich nicht geweckt?«
 

Ino schaute in die Richtung, in der sie den Besitzer der Stimme ausmachte.

Chouji schien trotz seiner eher gemütlichen Persönlichkeit geknickt darüber zu sein, dass er nicht mitkommen durfte.
 

»Du hast dich von deiner Nachtwache noch nicht richtig erholt«, argumentierte Shikamaru. »Du wärst also keine große Hilfe, wenn ein paar Ghule unseren Weg kreuzen.«

»Ich dachte, Kiba hat gestern die Restlichen erledigt«, protestierte er. »Und selbst wenn wir einem begegnen sollten, wäre er platt, bevor er uns überhaupt gesehen hat.«
 

Er zog die Stirn kraus. Das klang überhaupt nicht nach seinem besten Freund.
 

»Dann möchtest du also lieber – unausgeschlafen, wie du bist – einige Kilometer schwer beladen durch die Gegend stolpern und nicht Hinata bei der Zubereitung des Essens helfen?«
 

Chouji schwieg.
 

»Wer weiß, was Lee und Sakura alles Essbares finden werden?!«, fuhr Shikamaru fort. »Vielleicht erlegen sie ein paar Vögel zum Braten?!«

Er verschränkte die Arme und sah für einen Augenblick so aus, als müsste er sorgfältig eine Entscheidung abwägen, dann nickte er entschlossen. »Also gut«, sagte er, »ich bleibe hier und sorge dafür, dass Hinata es mit dem Würzen nicht übertreibt.«
 

Ino sah, wie sich Shikamaru schnell von ihm wegdrehte, damit Chouji den Anflug seines Siegerlächelns nicht bemerkte. Sie richtete die Träger, die über ihre rechte Schulter liefen und trat auf die beiden zu.
 

»Endlich zu Ende diskutiert?«, merkte sie heiter an und begann, Shikamaru sachte vor sich hin zu komplimentieren.

Dieser zog eine Grimasse, wandte sich zu seinem besten Freund um und hob zum Abschied die Hand. »Wir sehen uns in ein paar Stunden!«

»Viel Spaß!«, erwiderte Chouji und winkte zurück. »Bis dann!«
 

---
 

Zum gefühlt tausendsten Mal rückte Ino die Riemen der Rucksäcke zurecht. Ihre Schultern schmerzten vom Gewicht, das sie mit sich trug, und ein Ende des Pfades war nicht Sicht. Sie wusste nicht, wie lange sie schon unterwegs waren – das wusste ohnehin keiner, seit vor ein paar Monaten die letzte Uhr stehen geblieben war –, doch eines wusste sie ganz genau: Sie brauchte eine Pause.
 

Sie öffnete gerade den Mund, um zu sprechen, da fragte Tenten plötzlich: »Wie weit ist es denn noch?«

»Ein guter Kilometer«, beantwortete Kiba ihre Frage, ohne sich zu ihr umzudrehen. »Machst du etwa schon schlapp?«

Sie überhörte den zweiten Teil seiner Antwort und meinte gelassen: »Ich glaube, ich bin nicht die Einzige hier, die eine kleine Rast vertragen könnte.«
 

Kiba blieb stehen und mit ihm alle, die ihn begleiteten. Entgegen aller Erwartungen lud er sein Gepäck ab und setzte sich im Schneidersitz auf den Boden. Akamaru ließ sich neben ihm nieder, legte den Kopf in seinen Schoß und sein Herrchen begann, ihn liebevoll hinter den Ohren zu kraulen.

Alle starrten ihn perplex an.
 

»Ihr wollt euch ausruhen«, sagte er beherrscht, »also setzt euch.«
 

Ino tauschte einen Blick mit Shikamaru aus und als er ihr mit einem Achselzucken antwortete, sank sie auf die Knie.

Tenten neben ihr seufzte vor Erleichterung. Sie stellte die Tasche und ihr Waffenarsenal ab, streckte die Arme von sich und ließ im Wechsel ihre beiden Schulterpartien kreisen.

»Zu schade, dass es vor der Apokalypse niemand geschafft hat, so kleine Kapseln zu erfinden, die Dinge komprimieren, die man in ihnen aufbewahren möchte«, meinte sie heiter. »So was wäre ziemlich nützlich oder was meint ihr?«

Ino schaute sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Hast du früher zu viele Comics gelesen?«

»Offensichtlich«, gab Tenten belustigt zu und sogar Kiba, der bisher einen konstant grimmigen Eindruck gemacht hatte, schnaubte erheitert.

Als das Gelächter langsam abflaute, setzte sie nach: »Eins ist mal klar: Wenn sich herausstellt, dass unsere Tour hierher umsonst war, helfe ich nicht dabei, den ganzen Kram wieder zurück zu schleppen.«

»Es ist nicht umsonst«, bemerkte Kiba trocken, »keine Sorge. In einer Woche wird es in diesem Gebiet von Zombies nur so wimmeln.«
 

Seine Worte verpassten der allgemeinen Laune einen Dämpfer.
 

»Aber hast du nicht gestern noch gesagt, dass –«

Er unterbrach Inos Einwurf jäh. »Ich sagte, es besteht die Möglichkeit«, sagte er scharf. »Aber bei unserem Glück wird das auf keinen Fall passieren.«

»Weil?«

»Zombies haben einen überdurchschnittlich ausgeprägten Geruchssinn«, erklärte Shikamaru. »Es würde mich wundern, wenn sie nicht ihrem Instinkt folgen würden und eine so große Gruppe, wie wir sie sind, ignorieren.«

»Wenn du das wusstest«, Tenten sprach direkt zu Kiba, »warum hast du uns dann gestern Hoffnungen gemacht?«

»Dir wäre es also lieber gewesen, wenn ich euch schon zwei Tage vorher komplett die Laune verdorben hätte? Zwei Tage, die zumindest die Naivlinge unter euch noch einigermaßen genießen könnten?«

Sie senkte betrübt ihren Blick. »Nein.«

Inos Augenbrauen wanderten aufeinander zu.

»Was denkst du dir dabei«, begann sie beherrscht, »auch nur einen von uns in der Hinsicht naiv zu nennen?«

»Ich glaube«, er wandte sich ihr zu, »dass ich jeden Einzelnen von euch nach eineinhalb Jahren Dauergesellschaft ziemlich gut einschätzen kann. Und ein paar von euch –«

»Meinst du, nur ein einziger glaubt daran, dass diese Horde still und leise die Richtung wechseln wird?«, zischte sie. »Wenn ja, bist du der größte Naivling unter uns.«
 

Kiba machte nicht den Anschein, dass er sich im Geringsten für das, was sie gesagt hatte, interessierte. Sie wollte weiter ausholen, doch als sie Shikamarus Kopfschütteln sah, brachte sie kein Wort heraus.
 

»Ino«, sagte er und legte ihr freundschaftlich eine Hand auf die Schulter, »versuche ihn, zu verstehen. Als Anführer lastet ein noch stärkerer Druck auf ihn als auf alle anderen. Er hat es nur gut gemeint.«

Sie presste die Lippen aufeinander. »Okay«, murmelte sie und wandte sich erneut an Kiba, »entschuldige bitte, ich …«

»Vergiss es«, antwortete er ohne einen Vorwurf in der Stimme.
 

Die Stimmung war dennoch für den Rest der Pause auf dem Tiefpunkt.
 

---
 

Ino tastete sich Zentimeter für Zentimeter den Vorsprung entlang. Sie spürte, wie sich auf ihrer Stirn die ersten Schweißtropfen bildeten. Nur ein falscher Schritt, ein falscher Griff und sie fiel mehrere Meter in die Tiefe, brach sich im besten Fall ein Bein und im schlimmsten Fall das Genick.

Sie blickte aus den Augenwinkeln nach rechts. Shikamaru und Naruto standen bereits auf der anderen Seite mit dem gesamten Gepäck, das Kiba über den etwa fünf Meter breiten Abgrund geworfen hatte.

Naruto hatte sich trotz seiner Einschränkung äußerst geschickt angestellt und für die Kletterpartie vielleicht eine halbe Minute gebraucht. Und sie?

Sie hatte zwei gesunde Arme und stellte sich an wie ein kleines Mädchen, das Höhenangst hatte. Genau das würde auch der Gedanke der anderen sein, wenn sie noch länger herumtrödelte.

Sie fokussierte sich auf den Felsen über ihr und griff nach einer Erhebung, die zum Festhalten geeignet schien.
 

Fünf Schritte, dachte sie, fünf Schritte noch, dann hast du es geschafft!
 

Ino hörte das Brechen von Stein in ihrer Nähe und ihr Herz blieb einen Moment stehen. Sie erwartete zu fallen, doch sie spürte nach wie vor den schmalen Grat unter ihren Zehenspitzen und die kühle Sicherheit des Felsens an ihren Händen. Ein Steinchen weiter oben musste sich gelöst haben. Die Vorstellung, dass sie ihm in die Tiefe folgte, ließ sie zusätzlich in Schweiß ausbrechen. Wenn sie jetzt die Nerven verlor, dann …
 

»Ino!«
 

Abermals blickte sie zur Seite. Shikamaru stand am Rand und seine Hand – seine rettende Hand – war nicht einmal einen halben Meter von ihr entfernt.

Sie tastete sich noch einen weiteren Schritt vor, streckte den Arm aus und fühlte die Wärme seiner Finger, die sich um ihr Handgelenk schlossen.

Ermutigt machte Ino einen Satz und Shikamaru zog sie zu sich herüber auf den sicheren Erdboden.
 

»Danke«, murmelte sie und lächelte vor Erleichterung. »Sieht so aus, als wären wir wieder quitt, was?«
 

Er schmunzelte und zuckte die Achseln, obwohl sie genau wusste, dass er ihr am liebsten gesagt hätte, dass er von diesem Quitt-und-nicht-quitt-Gerede nichts hielt.

Sie ging ein paar Schritte, lehnte sich an die Felswand und atmete erleichtert durch.

Das Organ in ihrer Brust hämmerte von dem Adrenalinschub und gleichzeitig breitete sich ein anderes Gefühl in ihr aus. Sie kam sich zwar blöd vor, aber sie war stolz, dass sie – wenn auch dank Shikamarus Hilfe – die Nerven behalten hatte. Das Schulmädchen Ino, das sie mal gewesen war, hätte das auf keinen Fall geschafft, ohne hysterisch zu werden.
 

Ino hob den Blick und beobachtete, wie Tenten filigran und ohne das geringste Anzeichen von Angst den Abgrund in wenigen Sekunden überwand. Kiba folgte ihr und den Schluss bildete Akamaru. Er lief einige Meter zurück, nahm Anlauf und flog regelrecht auf die andere Seite.
 

»Gut, dass er so groß ist«, meinte Naruto, »wenn er ein Chihuahua wäre, hätte er das niemals geschafft.«

»Red doch keinen Stuss«, gab Kiba zurück und strich seinem Hund über das glatte Rückenfell. »In dem Fall hätte ich ihn natürlich wie früher auf meinem Kopf getragen. Oder was meinst du, Akamaru?«

Er stieß ein heiseres Bellen aus und leckte seinem Herrchen die Hand ab.

»Dann mal weiter, Leute!« Er klaubte die Rucksäcke, die er bis hierher getragen hatte, von der Erde auf, schulterte sie und marschierte los. Kiba ging ein Stück und als er merkte, dass außer seinem Hund niemand hinter ihm her kam, ergänzte er: »Bis zur Höhle sind es nur noch ein paar Meter!«
 

---
 

Aus ein paar Metern wurde nach Shikamarus Schätzung ein knapper Kilometer, dann erreichten sie den Ort, den sie ab morgen für die nächsten Wochen ihr Zuhause nennen würden.

Die Höhle lag am Fuße eines Berges. Der Eingang, der ungefähr dieselbe Breite wie der Pfadübergang maß, lag zum Großteil verborgen hinter einem Geflecht aus Efeu und Ranken.
 

Tenten trat als Erste hinter den grünen Vorhang und stellte die Waffen und die Tasche in einer Ecke ab.
 

»Sieht nicht gerade gemütlich hier aus«, bemerkte sie. »Ich werde meine Matratze definitiv vermissen.«

»Immer noch besser, als von einem Zombie verspeist zu werden«, warf Naruto ein.

»Du musst es ja wissen«, flachste sie und beide lachten.
 

Shikamaru wandte sich um und sah, wie Ino versuchte, ihre verspannten Schultern zu lösen. Ihrer Miene nach zu urteilen, hatte sie keinen großen Erfolg dabei.
 

»Alles in Ordnung?«, fragte er.

»Ich werd zwar die vorerst letzte Nacht im Haus dank dieses tollen Muskelkaters nicht genießen können«, sagte sie, »aber ansonsten hab ich keinen Grund, mich zu beklagen.«
 

Sie warf ihm ein Lächeln zu, ließ sich neben Tenten nieder und blickte ins Innere der Höhle. Durch ein Loch im Felsen fiel schummriges Tageslicht hinein, doch sie konnte nicht weiter als ein paar Meter weit sehen. Sie konnte gerade noch Kiba erkennen, der sich kurz hinter dem Lichtkegel befand, um die neue Bleibe zu untersuchen.

Als er in die Hocke ging, verschwand er aus ihrem Sichtfeld.
 

»Akamaru!«, rief er und sein Begleiter trottete zu ihm herüber. »Riechst du irgendetwas, das auf Menschen in der Umgebung schließen könnte?«

Sein Schnüffeln war zu hören, ein Winseln und ein dumpfer Aufschlag erklang.

»Akamaru?«, fragte Kiba beherrscht. »Was ist –«

Er stieß einen Fluch aus und hechtete zu seinen Kameraden zurück.

»Stimmt etwas nicht?«, fragte Ino, obwohl sie schon wusste, dass sie sich diese Frage selbst beantworten konnte.

»Akamaru muss betäubt worden sein«, erklärte er knapp und sah sich hektisch um. »Keine Ahnung, wie das passieren konnte, aber wir müssen aufpassen. Da hinten ist eine relativ frische Feuerstelle und das bedeutet –«
 

Ein Gegenstand traf Kiba am Hinterkopf.

Ino sah, wie sich seine Augen weiteten, dann sank er bewusstlos in sich zusammen. Sie sprang auf und zog das Messer, das sie vor der Abreise an sich genommen hatte. Tenten griff sich den Hammer aus der Waffensammlung und trat angriffslustig ein paar Schritte vor, doch sie wurde wie aus dem Nichts überrascht und von einem Gewicht zu Boden gedrückt. Eine weitere Person schlang einen Arm um Narutos Hals und fixierte mit dem anderen seinen Unterarm und ein anderer machte Shikamaru bewegungsunfähig.

Inos wich zurück an die Felswand. Ihre Hand, mit der sie das Messer umklammerte, zitterte, doch sie hielt es vor sich, um jederzeit darauf gefasst zu sein, es benutzen zu müssen.

Sie versuchte, die Gestalten näher zu mustern, irgendeinen Schwachpunkt ausfindig zu machen, um einem ihrer Kameraden zu Hilfe zu kommen, aber es war vergeblich. Es waren drei Leute und sie war sich sicher, dass mehr in der Dunkelheit darauf warteten, dass sie eine unüberlegte Handlung startete.

Schützend hielt sie ihre Waffe vor sich, biss die Zähne zusammen und fluchte innerlich.
 

Verdammt, sie hatten sich wie blutige Anfänger in einen Hinterhalt locken lassen.

4.

Sekunden vergingen, in denen Ino darauf gefasst war, dass sie angegriffen wurde. Sie starrte in die Höhle hinein, die Fremden blickten zurück, doch mehr geschah nicht. Sie warteten darauf, dass sie die Initiative ergriff und das ließ sie sich noch machtloser fühlen, als ohnehin schon.

Unsicher, was sie tun sollte, suchte sie Shikamarus Blick. Er bemerkte sie, blieb allerdings reglos stehen. Das schien er zumindest, bis ihr auffiel, dass sich sein Arm, den er noch bewegen konnte, langsam zu seiner rechten Seite tastete.
 

Seine Waffe!, fiel ihr ein und ein Hoffnungsschimmer breitete sich in ihr aus. Wenn er sie zu fassen bekam, konnte er für einen Moment Verwirrung stiften, der möglicherweise ausreichte, um –
 

Shikamaru spürte eine Messerklinge an seinem Hals.
 

»Ich würde das sein lassen«, flüsterte ihm eine Frauenstimme ins Ohr. »Es sei denn, du legst es darauf an, dass ich dir vor deinen Kameraden die Kehle aufschlitze.«
 

Er hielt inne.

War das ihr Ernst oder ein Bluff? Und was sollte er tun?

Nein, es spielte keine Rolle, ob sie es ernst meinte oder nur eine leere Drohung war. Er musste seinen Freunden zu Hilfe kommen, selbst wenn es für ihn unschön werden würde.

Flink griff er nach der Pistole. Er wollte sie ziehen und abdrücken, doch dies geschah lediglich in seiner Vorstellung. Finger schlossen sich um sein Handgelenk und drückten so stark zu, dass er seine Hand nicht mehr rühren konnte.
 

»Wenn du nur den Ansatz eines Versuches wagst, dich zu befreien«, sagte die Frau kalt und entriss ihm die Waffe, »jag ich dem blonden Mädel eine deiner Kugeln in den Schädel!«
 

Er sah Ino direkt in die Augen, deutete ein Kopfschütteln an und als er sah, wie der Mut aus ihrem Blick schwand, überkam ihn eine Mutlosigkeit, die er nicht einmal in den ersten Wochen nach dem Ausbrechen des Virus verspürt hatte.

Shikamaru senkte den Kopf, um die Enttäuschung seiner besten Freundin nicht sehen zu müssen und gab jeglichen Widerstand auf.
 

»So ist’s brav«, stichelte die Stimme. »Wenn ihr kooperiert, passiert euch vielleicht nichts.«
 

Vielleicht?

Okay, ihm waren tatsächlich nicht nur sprichwörtlich die Hände gebunden, aber er konnte nicht untätig zusehen, wie … Nein, das wollte er sich nicht ausmalen.
 

»Eine Frage«, setzte er vorsichtig an, »was wollt ihr von uns?«

Als sie lachte, spürte er ihren warmen, aber unheilverkündenden Atem an seinem Hals.

»Was wir wollen?«, fragte sie amüsiert. »Kankurou!«
 

Shikamaru fragte sich, was das letzte Wort bedeuten mochte, bis ein Mann aus der Finsternis trat. Er hob einen Rucksack an, studierte den Inhalt und lächelte zufrieden.
 

»Das«, sagte er hochmütig und deutete auf das Gepäck. »Wir wollen all das, was ihr mitgebracht habt – und alles andere, das sich in eurem Versteck als nützlich für uns erweisen könnte.«

Tenten stieß ein wütendes Knurren aus. »Wer seid ihr überhaupt?«
 

Der Typ namens Kankurou kam mit einem Grinsen auf sie zu.
 

»Nur ein Haufen Menschen«, begann er, »die in dieser grauenvollen Welt überleben wollen.«

Sie schaute ihn voller Verachtung an. »Und das gibt euch das Recht, über andere Leute herzufallen, oder was?«

Er lachte, ging in die Hocke und fuhr über ihre Wange. »Die Stärkeren rauben die Schwächeren aus, so ist das nun mal. Es sind immer die Stärksten, die überleben.«

»Ach, deshalb musstet ihr ein paar von uns in eine Falle locken, anstatt unsere ganze Gruppe in unserer Unterkunft anzugreifen?«, spottete Tenten und spuckte vor ihm auf den Untergrund. »Das zeigt ja, wie stark ihr sein müsst.«
 

Kankurou ließ von ihrem Gesicht ab und ballte die Hand zur Faust. Seine Fingerknöchel traten hervor, doch er schlug nicht zu.
 

»Shira!«, rief die Frau, die Shikamaru festhielt. »Sorge dafür, dass dieses vorlaute Mädchen den Mund hält.«
 

Ein Mann betrat die Höhle. Er beäugte das Geschehen teilnahmslos im Vorbeigehen und knebelte Tenten, die vergebens versuchte, sich dagegen zu wehren, mit einem Tuch.
 

»Hat noch jemand von euch den Drang, die Klappe aufzureißen?«, fragte sie provokant.
 

Ino sah, wie sie von einem Gefangen zum nächsten blickte. Sie konnte Naruto ansehen, wie es in seinem Inneren brodeln musste, aber er fraß seinen Ärger in sich hinein und beschränkte sich darauf, die Frau voller Verachtung anzublicken. Diese schien das nicht im Geringsten zu beeindrucken und so wandte sie sich von ihm ab und Ino zu.

Ihre Augen ruhten aufeinander und der kalte Gesichtsausdruck der blonden Frau, die vielleicht ein paar Jahre älter war als sie selbst, warnte sie davor, sie verbal anzugehen.
 

»Lass dein Messer fallen«, forderte sie sie bestimmt auf.

Ino kam ihrer Aufforderung nicht nach. Das Messer in ihrer Hand war in dieser Situation die einzige Sicherheit, die sie noch hatte.

»Loslassen«, wiederholte sie mit Nachdruck, »ansonsten nehmen wir es dir mit Gewalt ab. Und wer weiß? Vielleicht geschieht ein kleiner Unfall, bei dem du dir das Handgelenk brichst?«

Ihr Lächeln war ohne jegliches Mitgefühl und das schüchterte Ino mehr ein als die Drohung, ihr die Hand zu brechen.

»Ich würde auf sie hören«, warf Kankurou ein und mit einem Grinsen setzte er nach: »Temari ist nicht unbedingt dafür bekannt, Scherze zu machen.«

»Und wenn ich das mache«, begann sie und schaute aus den Augenwinkeln zu ihm herüber, »was passiert dann?«

»Selbstverständlich lassen wir dich und deine kleinen Kameraden gehen«, antwortete er.

Es blieb einen Moment lang still, dann brach er in Gelächter aus.

»Als ob wir so was Bescheuertes tun würden!«, japste er und da er so sehr lachte, stützte er sich mit den Händen auf den Oberschenkeln ab, um nicht wild durch die Gegend zu wanken.

»Reiß dich zusammen, Kankurou!«, ermahnte Temari ihn. »Du benimmst dich wie ein Idiot!«

»Ach, lass mir doch den Spaß, Schwesterherz!«, gab er zurück. »Seit die Zombies los sind, hat man so selten was zu lachen.«
 

Ino sah, wie sie sich auf die Unterlippe biss. Ihrer Miene nach zu urteilen, musste seit Beginn der Apokalypse einiges vorgefallen sein, aber sie interessierte sich nicht für die Geschichte der Fremden. Nicht nur, weil sie sie gefangen genommen hatten und bedrohten, sondern weil sie sich nicht mit den Päckchen fremder Leute belasten wollte.

Temaris befangener Blick lichtete sich und ihr Gesicht nahm den ernsten Ausdruck an, den es zuvor gehabt hatte.
 

»Okay, führt sie zum Lager«, befahl sie ihren Kameraden. »Unser Anführer bestimmt dann, was mit ihnen geschieht.«
 

Ino wollte sich nicht ausmalen, was für ein Mensch ihr Anführer war, wenn er so kaltherzige Leute um sich scharrte. Sie blickte sich um und analysierte die Lage, in der sie und die anderen sich befanden. Kiba und Akamaru lagen immer noch bewusstlos am Boden; Tenten ließ sich mutlos die Handgelenke auf dem Rücken zusammenbinden und der Typ, der sie geknebelt hatte, fesselte Naruto und band das Ende des Seils an den Mann, der ihn festgehalten hatte.

Ihre Augen huschten zum Eingang der Höhle herüber. Er war frei und um sie kümmerte sich niemand, also warum sollte sie nicht einen Fluchtversuch –
 

Sie spürte, wie sich eine kräftige Hand um ihren Unterarm schloss.
 

»Gib mir das Messer«, forderte Kankurou sie auf. »Du möchtest sicher nicht, dass das passiert, was meine Schwester dir angedroht hat, oder?«
 

Ino starrte ihn an und schluckte. Alles in ihrem Körper sträubte sich dagegen, seiner Aufforderung nachzukommen, doch sie sah keine andere Möglichkeit, um heil aus der Misere herauszukommen. Sie lockerte ihren Griff und überreichte ihm die Waffe. Als er es hinter seinen Gürtel steckte, bemerkte sie erst die Pistole, die er daran trug und ihr Herz begann unregelmäßig zu schlagen. Sie war sich sicher, dass er auf sie geschossen hätte, wenn sie losgelaufen wäre.
 

»Gutes Mädchen«, sagte er und präsentierte ihr ein überhebliches Lächeln. »Und jetzt Abmarsch! Du hast Glück, dass wir nicht mehr Seile mitgenommen haben.«
 

Seine Kameraden mit Tenten und Naruto schritten an ihr vorbei. Sie suchte Augenkontakt mit Shikamaru, als er an ihr vorüber getrieben wurde, doch bevor sie ihn fand, spürte sie einen groben Stoß im Rücken.
 

»Beweg dich!«, forderte Kankurou sie auf und schubste sie unsanft vor sich her. »Und denk nicht mal ans Abhauen!«
 

In Wirklichkeit dachte Ino an nichts anderes. Sie wollte laufen, so schnell wie möglich Abstand zwischen sich und diese Leute bringen, doch sie wagte es nicht. Sie wollte nicht von einer dummen Bleikugel erschossen werden und noch weniger wollte sie ihre Freunde im Stich lassen.

Sie fixierte sich auf Temari, die wenige Meter vor ihr lief und Shikamaru die Schusswaffe an den Hinterkopf hielt. Seine Arme waren frei, aber er war klug genug, sich nicht gegen diese gefährliche Frau aufzulehnen.

Sie nahm einen tiefen Atemzug und schloss für einen Moment die Augen. Sie hoffe, dass von ihren Freunden, die beim Haus geblieben waren, ihnen welche gefolgt waren, doch sie kannte alle gut genug, um zu wissen, dass sie sich keine Hoffnungen machen brauchte. Jeder hielt sich strikt an das, was ihm angeordnet wurde und niemand machte ausgerechnet heute eine Ausnahme.

Kankurou stieß sie nach draußen. Obwohl die Sonne von Wolken verdeckt war, blendete sie das Tageslicht. Sie hörte das Zwitschern von Spatzen und sie fühlte sich verspottet von ihrem fröhlichen Gesang, der ihr weismachen wollte, dass alles in Ordnung war. Dass alles noch so friedlich wie vor zwei Jahren war und es sich nur um ein dummes Missverständnis handelte. Sie wünschte sich, dass es tatsächlich so wäre, doch sie gab sich dieser Illusion nicht hin.
 

Sie gingen ein Stück, bis die Höhle aus der Sichtweite verschwunden war und sich der leicht ausgetretene Weg in zwei Richtungen aufteilte. Der Rechte führte bergab – wohin genau, konnte Ino nicht sagen, denn er verschwand einige Meter weiter hinter ein paar Bäume – und der Linke schlängelte sich hinauf in die Berge. Sie schlugen den Letzteren ein.
 

Der Pfad war unwegsam und steil. Shikamaru versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie anstrengend der Aufstieg war. Er spürte, wie seine Beine schwerer wurden und seine Lunge auf Hochtouren arbeitete, aber er unterdrückte jeden lauten Atemzug.
 

»Leg mal einen Schritt zu!«, zischte Temari. »Ansonsten schmeiß ich dich vom Abhang, wenn wir oben sind.«

»Wozu willst du dir die Mühe machen?«, fragte er gelassen. »Zieh doch einfach am Abzug. Dann bist du deinen Job als Aufpasserin los und ich muss mich nicht bis nach oben quälen.«

»Und mit deinen Überresten ein paar wilde Tiere anlocken?«, entgegnete sie unbeeindruckt. »Träum weiter.«

»Ich bin nicht scharf drauf, zu sterben«, gab er zurück. »Aber wenn es dazu dient, euch in Schwierigkeiten zu bringen, überleg ich es mir noch mal.«

Sie lachte humorlos. »Ich hätte besser dich und nicht das Mädel knebeln lassen sollen«, bemerkte sie. »Aber die dummen Sprüche werden dir ohnehin bald vergehen.«

Nun war er es, der trocken lachte. »Das glaube ich nicht.«

»Dann fang schon mal an zu beten!«, fauchte sie ihm ins Ohr und verpasste ihm einen Schlag in den Rücken, der ihn ins Straucheln brachte. Bevor er sich fangen konnte, fand er sich mit dem Rücken an die Felswand gepresst vor. Sie griff seinen linken Arm, verdrehte ihn auf schmerzhafte Weise und presste ihm den Lauf der Pistole an die Schläfe.

»Noch so ein Kommentar und du bist tot!«, drohte sie ihm und obwohl sie so leise sprach, dass niemand außer ihm hören konnte, was sie sagte, schwang ihrer Stimme eine Entschlossenheit mit, die ihm geradezu Angst einflößte – oder zumindest hätte sie das, wenn er noch der alte Shikamaru von vor der Zombie-Invasion gewesen wäre.

»Dann drück ab!«, provozierte er sie. »Drück ab und locke mit dem Echo des Schusses ein paar Zombies hierher.«

Sie lächelte überheblich. »Glaubst du etwa, wir hätten die Umgebung von den Biestern nicht gesäubert?«

»Das nicht«, gab er zu, »aber du weißt schon, dass die Dinger Beine haben und laufen können?«

»Sei still!«, fuhr sie ihn an. »Sonst hast du gleich zum letzten Mal die Klappe aufgerissen.«

Shikamaru erwiderte ihren verärgerten Blick voller Desinteresse und fragte beiläufig: »Bist du fertig mit deinen leeren Drohungen?«

»Temari«, warf Kankurou ein »lass dich nicht provozieren!«

»Sein dummes Gefasel provoziert mich nicht im Geringsten!«, murmelte sie, dann ließ von Shikamaru ab, schaute ihn verächtlich an und zischte: »Beweg dich!«
 

Er wandte sich von ihr ab und ging los. Sein zufriedenes Lächeln sah niemand.
 

Ino hatte die Szenerie beobachtet. Sie hatte keinen Schimmer, was sich Shikamaru von der Aktion versprach, doch sie vertraute ihm. Er wusste genau, was er tat.

Kankurou, der nach wie vor ihren Unterarm festhielt, stieß sie gegen die Schulter, damit sie sich in Bewegung setzte. Sie tat ein paar Schritte, wurde von den Füßen gerissen – und die Ruhe nahm ein jähes Ende.

5.

Ino schlug auf den Boden auf und als sie ein Stück zurück geschleift wurde, fühlte sie, wie die spitzen Steinchen die Haut ihres Oberarmes aufrissen. Der Schmutz in den schmalen Wunden brannte, doch sie war viel zu sehr damit beschäftigt, das zu verstehen, was gerade passierte.

Kankurous fester Griff löste sich und sie sah einen hellen Schemen, der an ihr vorbei huschte.

Geistesgegenwärtig raffte sie sich auf und beobachtete ungläubig, wie Akamaru der überraschten Temari in den Rücken sprang und zu Fall brachte.
 

»Wie hast du das –«, setzte Kankurou perplex an.

»Ich habe nur so getan, als wäre ich k.o.«, hörte sie Kibas Stimme sagen. »Und deine Kollegen hab ich schlafen gelegt!«
 

Sie fuhr sich um und erblickte tatsächlich Kiba, der den Mann, der sie gefangen genommen hatte, mit aller Kraft zu Boden drückte.
 

»Worauf wartest du noch, Ino?! Hau ab!«, schmetterte er ihr entgegen und biss vor Anstrengung die Zähne zusammen. »Verschwinde zusammen mit Shikamaru und warne die anderen!«

»Und was ist mit Naruto und Tenten?«, fragte sie verzweifelt. »Und was wird aus dir?«

Kiba grinste siegessicher. Es war ein aufgesetztes, falsches Grinsen, das wusste Ino.

»Akamaru und ich regeln das schon«, knurrte er. »Sieh zu, dass du Land gewinnst!«
 

Shikamaru sah die Schusswaffe, die Temari ihm abgenommen hatte, über den Boden schlittern. Er stürzte hinter ihr her, bevor sie über den Abhang rutschen konnte und sprintete los. Er warf einen Blick auf Kiba, der ihm zunickte, packte Ino am Handgelenk und riss sie mit sich. Sie verlor fast das Gleichgewicht, fing sich aber im letzten Moment und passte sich seiner Geschwindigkeit an, bis er sie nach einigen Metern losließ.
 

»Ist es in Ordnung, wenn wir die Vier zurücklassen?«, fragte sie, während sie den Pfad hinab rannten und die Weggabelung passierten.

»Es ist eine Anweisung des Anführers«, gab er zurück, wobei ihm selbst nicht wohl bei dem Gedanken war.
 

Die beiden hechteten an der Höhle vorbei und den schmalen Weg entlang in Richtung des Übergangs. Die Umgebung schwamm nur so an ihnen herüber, doch –

Shikamaru blieb abrupt stehen und ehe Ino reagieren konnte, zog er sie hinter den nächsten Felsen.

»Was ist los?« Sie flüsterte, da sie ahnte, dass etwas nicht stimmte.

Sein Blick verfinsterte sich. »Verdammt«, zischte er, »ich hätte damit rechnen müssen, dass sie ein paar Leute abstellen, falls es einem von uns es gelingen sollte, ihnen zu entwischen.«

»Und was machen wir jetzt?«

Er lehnte sich an und atmete tief durch. »Wir müssen an ihnen vorbei, wenn wir zurück zum Haus wollen.«

»Schon klar, aber«, sie sog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein, »wie sollen wir das anstellen, ohne dass sie uns bemerken.«

»Gar nicht«, entgegnete er knapp. »Wir müssen uns einen anderen Weg suchen.«

»Aber –«

»Ich weiß«, sagte er, drehte sich um und ging los. »Vielleicht gibt es weiter unten eine Möglichkeit, auf die andere Seite zu kommen.«

Ino presste den Mund zusammen. »Hat Kiba nicht gesagt, dass es keinen anderen Weg gibt?«

»Ja, das hat er«, sagte er. »Aber heißt es nicht: Viele Wege führen nach Rom?!«

Sie lachte halbherzig. »Ich hoffe, du hast Recht.«
 

Sie eilten zur Höhle zurück und hielten auf das Waldstück zu, in dem sich die rechte Seite des Pfades verlor. Von weiter oben meinte Ino, dass sie ein Winseln von Akamaru vernahm, doch sie wollte nicht daran denken, welches Schicksal ihm und den anderen bevorstehen könnte. Mit einem Kopfschütteln vertrieb sie den Gedanken und tauchte in den Schatten der Bäume ein.

Sie hielten sich rechts und tatsächlich ging es nach einem Stück deutlich bergab.
 

»Meinst du, der Weg führt hinab ins Tal?«, fragte Ino atemlos.

»Wenn wir Glück haben …«, erwiderte Shikamaru.

»Könnten wir dann nicht theoretisch in die Zombie-Horde hineinlaufen?«
 

Er stoppte und sie tat es ihm nach. Sie stützte sich an einem Baumstamm ab und rang nach Atem, bevor sie ihren Kameraden anschaute.
 

»Möglich wäre es«, antwortete er. »Aber ich denke eher nicht. Sie sind noch zu weit weg und kommen aus einer etwas anderen Richtung.«

»Eher nicht? Du weißt, wie du mir Mut machst«, bemerkte sie ironisch.

»Deshalb ist Kiba der Anführer und nicht ich«, gab er zurück und lächelte matt.

»Du warst schon immer ein Pessimist.« Sie wandte sich ab und blickte sich um. Sie konnte ein Stück des blauen Himmels zwischen den Bäumen festmachen. »Und wo lang jetzt? Es sieht mir nicht danach aus, dass es dort noch lange weitergehen wird.«

»Sehen wir trotzdem nach. Vielleicht bietet sich uns die Möglichkeit, dass wir auf schnellerem Wege ins Tal kommen.«
 

---
 

Ein tiefer Abgrund breitete sich vor ihnen aus. Er zog sich von links viele Meter, bis er rechts in ihrer Nähe in einem steilen Felsen mündete.
 

»Jetzt verstehe ich wenigstens, warum Kiba meinte, dass wir auf dieser Seite sicher vor der Horde sind«, murmelte Ino entmutigt. »Nicht mal der geschickteste Akrobat würde von dort unten hier hinauf kommen.«

»Gehen wir weiter«, sagte Shikamaru knapp. »Vielleicht haben wir bei der Biegung mehr Glück.«
 

Er wollte gerade losgehen, als zwei Vögel aufgeschreckt davonflogen. Er verengte die Augen, um besser in den Schatten des Waldes hineinsehen zu können und erkannte weiter entfernt einen Schemen, der sich bewegte.
 

»Wir müssen verschwinden«, flüsterte er. »Wir werden verfolgt.«

Inos Herz setzte einen Schlag aus. »Und wohin sollen wir gehen?«, fragte sie leise und ging in die Knie in Deckung. »Wir befinden uns in einer Sackgasse.«

»Dann verstecken wir uns und schleichen uns im richtigen Moment davon.«

»Das klingt so einfach, wenn du es sagst.«

»Vertrau mir. Ich bin ein Experte im Abhauen.« Er hockte sich ebenfalls hin und schlich in Richtung der Felswand.

Sie folgte ihm. »Dann war die Strenge deiner Mutter doch zu etwas gut, was?«

Er schmunzelte. »Sieht ganz so aus.«
 

---
 

Die Schritte waren leise und dennoch erschütterten sie Ino bis ins Mark. Sie presste ihren Körper noch enger an den Boden und versuchte, sich in Gedanken abzulenken. Damit hatte sie mäßigen Erfolg, bis sie die Person erkannte, die in gerade mal zehn Metern Entfernung stehen blieb.

Die strenge, fast schon militärische Kleidung, die störrischen, dunkelblonden Haare, der entschlossene Gesichtsausdruck. An ihrem linken Unterschenkel prangte die Bisswunde eines großen Hundes, doch sie schien sie nicht im Geringsten zu beeinflussen. Die Frau ging völlig unbeirrt ihren Weg und zuckte noch nicht einmal mit der Wimper, obwohl Akamarus Biss unglaublich schmerzen musste.

Sie blieb stehen und sah sich um. Ino hielt den Atem an und als sie sich nach einer Weile umdrehte, glaubte sie schon, dass sie das Gröbste überstanden hätten, doch …
 

»Ich weiß, dass ihr hier seid!«, rief Temari. »Wenn ihr beide nicht gleich ein paar Wurfmesser abbekommen wollt, solltet ihr besser aus eurem Versteck kommen!«
 

Ino blickte Shikamaru an und er schüttelte den Kopf. Er musste davon überzeugt sein, dass sie bluffte.

Sie verharrten in ihrer Position, atmeten so lautlos wie möglich und hofften, dass diese verrückte Frau aufgab, um woanders nach ihnen zu suchen.

Minuten vergingen, doch sie bewegte sich nicht. Sie rührte sich nicht einen Zentimeter von der Stelle und wartete geduldig darauf, dass sie sich stellten. Sie bluffte nicht. Sie wusste genau, dass sie in ihrer Nähe waren. Vielleicht nicht den genauen Ort, aber sie wusste es.
 

»Eine letzte Warnung«, begann Temari selbstsicher. Sie zog ein Kunai aus ihrer Gürteltasche und hielt es in die Höhe. »Seht ihr das hier?«, fragte sie provokant. »Es ist eine Waffe, die die Ninja früher benutzt haben. Ein Laie kann nicht damit umgehen, ich aber schon.« Sie legte eine kurze Pause ein, um das, was sie gesagt hatte, wirken zu lassen. »Und ich werde einen von euch damit treffen, wenn ich will.«
 

Ohne eine Vorwarnung warf sie das Messer. Nicht in Richtung Abgrund, nicht östlich zu der Biegung in der Ferne, nein, es kam direkt auf ihr Versteck zugeflogen.

Ino kniff die Augen zusammen und hielt ihre Arme zum Schutz vor ihr Gesicht. Wenn sich das Kunai nur in ihren Unterarm bohrte, gelang es ihr vielleicht, einen Schrei zu unterdrücken und somit ein paar wertvolle Sekunden heraus zu schlagen.

Sie hörte ein Zischen, als es in Haaresbreite an ihr vorbeiflog und sich nur Zentimeter entfernt neben ihrem Oberkörper in die Erde bohrte.
 

»Beim nächsten Mal treffe ich«, sagte Temari. »Ich würde es mir an eurer Stelle gut überlegen, ob es euch die paar Sekunden Freiheit wert sind, ernsthaft verletzt zu werden.«
 

Shikamaru zog die Waffe heraus und flüsterte: »Wenn ich dir das Kommando gebe, läufst du los – und dreh dich auf gar keinen Fall um, um nach mir zu sehen.«

»Aber –«

»Ich mach das schon«, meinte er. »Sie hatte vorhin die Gelegenheit, mich zu töten, also wird sie es jetzt vermutlich auch nicht tun.«

»Und wenn sie es doch tut?« Ino war bewusst, wie dumm sich ihre Frage anhören musste, aber es ging hier schließlich nicht um irgendjemanden, sondern um ihren besten Freund.

»Dann habe ich dir hoffentlich genug Zeit zur Flucht verschafft«, erwiderte er nüchtern und als er ihre besorgte Miene sah, ergänzte er: »Mach dir keine Sorgen. Ich folge dir auf jeden Fall!«

»Versprochen?«

Er schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. »Versprochen.«
 

Sie erhob sich langsam, er nickte ihr zu und sie sprintete los.

Temari fuhr zu ihr um und zielte mit einem weiteren Kunai auf sie, doch Shikamaru blockierte es, indem er seines warf. Es war ein Glückstreffer, das war ihm bewusst, aber dass er dieser Frau ein Schnippchen geschlagen hatte, beflügelte ihn.
 

Er stand auf und schaute sie überlegen an. »Du bist nicht die Einzige, die mit so was umgehen kann«, bemerkte er.
 

Wütend blinzelte sie ihn an, doch anstatt noch ein Wurfmesser zu ziehen, wandte sie sich von ihm ab und lief los.

Shikamaru zögerte nicht und rannte ihr hinterher. Sein erster Plan war gescheitert, aber das hieß nicht, dass er nicht noch eine andere Idee hatte.

Er sprang über umgefallene Holzstämme, schlängelte sich zwischen den Bäumen hindurch, um so schnell wie möglich den Abstand zu ihr zu verringern und sie so aufzuhalten. Die Schusswaffe in seinem Gürtel schlug bei jedem Schritt gegen seinen Oberschenkel. Er spielte mit dem Gedanken, sie zu ziehen, doch er wollte sie nur benutzen, wenn es keinen Ausweg mehr gab.

Immer wieder sah er Inos lange, helle Haare im dunklen Grün des Waldes hervorblitzen und das motivierte ihn zusätzlich. Sie war flink und obwohl Temaris Geschwindigkeit nicht zu verachten war, holte sie keinen Zentimeter auf. Nach und nach vergrößerte sich der Abstand, sie wurde langsamer und schließlich knickte ihr linkes Bein ein und sie kam ins Taumeln.

Shikamaru nutzte die Gelegenheit. Er warf sich auf sie, umklammerte ihre Knie und brachte sie zu Fall. Mit einem dumpfen Schlag kamen sie auf den harten Waldboden auf. Er biss sich bei dem Aufprall auf die Zunge und schmeckte Blut, aber das hielt ihn nicht davon ab, ihre Handgelenke zu fixieren und sie bewegungsunfähig zu machen.
 

Er musterte sie entschlossen. Temari gab sich Mühe, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr die Bisswunde sie beeinträchtigte, doch ihre Stirn, auf der unter normalen Bedingungen keine Spuren der Anstrengung zu sehen sein durften, glänzte vom Schweiß.

Sie setzte wieder diesen abwertenden Blick auf und fragte: »Warum erschießt du mich nicht einfach?«

»Weil die Kugeln zu wertvoll sind, um sie an dir zu verschwenden.«

Ein belustigtes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. »Du traust dich wohl nicht, was?«

»Wenn du ein Zombie wärst, würde ich dich sofort kalt machen«, gab er zurück. »Aber wozu unsere Gattung noch weiter dezimieren?«

»Weil ich dich sonst umbringe?«

»Ach, tust du das wirklich?«, entgegnete er gelassen. »Oder hast du einfach nur eine große Klappe, um dein sensibles Inneres zu verschleiern, das nicht mal einer Fliege etwas zuleide tun könnte?«

Sie fuhr sich mit den Zähnen über die Unterlippe. »Tu nicht so, als würdest du mich kennen«, fauchte sie. »Du weißt nichts über mich! Wenn du mich kennen würdest, wüsstest du, dass ich dich ohne zu zögern töten würde, wenn es sein muss.«

»Und warum hast du es bis jetzt nicht getan?«, fragte er. »Du hattest mehrere Gelegenheiten dazu.«

Sie schaute zur Seite und antwortete nicht.

»Wir sind abgehauen und obwohl du uns umbringen und somit Ressourcen für deine Gruppe hättest sichern können, gibst du einem von uns die Möglichkeit zur Flucht«, fuhr er fort. »Du hättest also gleich bei deinen Leuten bleiben können, denn so bringt das gar nichts.«

»Doch«, erwiderte sie forsch, »wie wahrscheinlich ist es, wenn ich dich hier festhalte, dass es deine kleine Freundin vor uns zu eurem Haus schafft?«
 

Leider war etwas Wahres dran. Ino war zwar klug und gerissen, aber dass sie alleine unterwegs war und erst mal zum Tal finden musste, verlangsamte sie. Und außerdem …
 

»Und täusche ich mich«, setzte Temari nach, »oder ist sie außer diesem kleinen Messer unbewaffnet?«
 

Sie hatte Recht. Ino wusste sich zwar zu helfen, aber in einer Notlage hatte sie nur das Messer. Verdammt, warum hatte er nicht daran gedacht, ihr vorher seine Schusswaffe zu geben?
 

»Für die nächste Gruppe Zombies ist sie ein gefundenes Fressen«, bemerkte sie und sprach somit seinen Gedanken laut aus. »Es ist egal, ob du mich hier festhältst oder ihr mit mir auf den Fersen folgst: Sie ist so gut wie –«

»Rede nicht so einen Scheißdreck!«, fuhr er sie an. »Ino wird auf keinen Fall sterben!«

Sie verengte die Augen und zischte: »Bist du so dämlich naiv oder tust du nur so?«

Er fühlte sich, als hätte sie ihm eine Ohrfeige verpasst.

»Sie ist stark«, flüsterte er und nun war er es, der seinen Blick abwandte. »Sie wird es schaffen ...«

»Wird sie nicht«, gab Temari zurück. »Sie hat allein dort draußen in dieser beschissenen Welt nicht die geringste Überlebenschance! Nicht mit einer Horde Zombies im Rücken! Da kann sie noch so stark sein. Einzelgänger sind verloren.«
 

Shikamaru starrte ins Leere. Ihm blieb keine Wahl, als Ino nachzulaufen und sich zusammen mit ihr zu den anderen durchzukämpfen.

Er ließ ihre Handgelenke los und richtete sich auf.
 

»Du solltest zu deinen Kameraden zurückgehen«, sagte er, »ansonsten holt dich mit dieser Verletzung der nächste Zombie.«
 

Dann lief er los, ohne sie ein weiteres Mal anzublicken. Er wusste nicht, ob sie noch die Energie und den Willen aufbrachte, ihm mit dieser Wunde nachzujagen, aber das spielte keine Rolle für ihn. Das Einzige, das zählte, war, dass er schnell wieder auf Ino traf.
 

---
 

Ino horchte den Lauten des Waldes. Singende Vögel, summende Insekten, das war alles. Keine Stimmen, keine Schritte von hektischen Laufbewegungen, nichts. Es gab nicht einen einzigen Anhaltspunkt darauf, dass es außer ihr noch menschliches Leben in der Umgebung gab.

Sie nahm sich einen Augenblick, um richtig durchzuatmen, dann hechtete sie weiter. Sie hatte keine Zeit zum Trödeln, denn das Leben ihrer Kameraden und Freunde stand auf dem Spiel.

Sie dachte an Shikamaru. Um ihn machte sie sich keine Sorgen. Er war intelligent und sie konnte sich sicher sein, dass er mit dieser vom Biss geschwächten Frau zurechtkam, doch …

Die Ruhe des Waldes bedrückte sie. Tatsächlich fühlte sie sich einsam und die Aussicht, dass es noch ewig dauerte, bis sie auf andere Menschen traf, stimmte sie nicht fröhlicher.
 

Sie lief und lief und allmählich lichtete sich der Wald. Der Pfad, dem sie gefolgt war, bog sich nach links und einen Übergang entlang, bevor er viele Meter weiter abermals in einem Waldgebiet verschwand. Zu ihrer Rechten fiel das Gelände senkrecht nach unten.

Sie ging bis zur Kante und sah hinab. Sie konnte das gesamte Tal überblicken, vom Fluss im Norden bis zu dem Weg, der zum Haus hinaufführte. Er war weit entfernt, aber nicht unerreichbar und allein der Fakt, dass sie ihn sehen konnte, machte ihr Mut.

Schwarze Punkte am Flussufer zogen ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie konnte es mit bloßem Auge kaum erkennen, doch sie bewegten sich langsam und stetig. Es musste die Horde sein, von der Kiba berichtet hatte.

Ino beachtete sie nicht weiter und schaute zum Wald auf der anderen Seite. Das Meer aus dunklen Tannen war dicht und wirkte wenig einladend, aber es wuchs in einem begehbaren Winkel zum Tal hinunter.

Sie hielt auf den Übergang zu, der zu ihrem Glück breiter als jener war, den sie wenige Stunden zuvor begangen hatte. Als sie ihn überquerte, blickte sie starr auf die einzelne Tanne, die ein kleines Stück hinter der Überführung stand, um nicht nach unten sehen zu müssen. Rasch hatte sie den Abgrund hinter sich, passierte den massiven Baum – und hörte ein kehliges Stöhnen.
 

Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen und ihr Puls schnellte in die Höhe, bis sie das Hämmern ihres Herzens in ihren Ohren spürte.

Ein erneuter Laut und sie fuhr um. Ein Zombie kam aus dem Schatten der Tanne auf sie zu geschlurft und ächzte seine grausame Ode des Todes. Aus seiner Wange war ein großes Stück Fleisch herausgerissen und auf der Stirn schaute ein Stück des Schädelknochens hervor. Sein Verfall war in vollem Gange, jedoch nicht weit genug fortgeschritten, um sich auf einen Nahkampf mit ihm einzulassen.

Ino wich zurück und ihre Hand glitt zu ihrem Messer. Als sie realisierte, dass es ihre einzige Waffe war, sah sie sich um. Weit und breit war nichts, mit dem sie sich gegen dieses Wesen wirksam verteidigen konnte, bis zum Wald vor ihr war es noch zu weit und da sie nicht wusste, ob dort mehr Untote auf sie lauerten, gab es nur die Option des Rückzuges.

Bevor der Ghul sie mit einem Ausfallschritt erreichen konnte, lief sie den Weg zurück. Sie überwand den Abgrund, blieb auf der anderen Seite stehen und drehte sich um. Es war zwar unwahrscheinlich, dass das Mistvieh abstürzte, denn dafür war der Fels durchgehend zu breit, aber sobald es sich weit genug am Rand befand, trat sie ihm einfach die Beine weg und löste so ihr Problem.

Sie beobachtete, wie der Zombie auf sie zu schwankte. Wenn sie wollte, dass ihr Plan aufging, brauchte sie innere Ruhe, ansonsten konnte sie sich mit ihm den Abhang hinunterstürzen. Tief atmete sie ein und aus und fühlte, wie ihr Herzschlag herunterfuhr und ihre Aufregung allmählich in Gelassenheit um schwang. Es war gelacht, wenn sie es nicht schaffte, schließlich war es nicht das erste Mal, dass sie allein einem Untoten gegenüberstand.
 

Mit jeder Sekunde kam er näher und näher. Ino wartete, bis er nur noch eineinhalb Meter von ihr entfernt war, dann schnellte sie vor und holte mit Schwung aus. Ihr rechter Fuß hakte sich in die Kniekehlen des Zombies. Sie zog durch, riss ihm die Beine weg, er fiel nach hinten … und er blieb liegen. Der Ghul hing mit dem Kopf und der linken Schulter über dem Felsen in der Luft, doch er fiel nicht hinunter.

Unbeirrt davon, dass ihr Vorhaben gescheitert war, ging sie auf ihn zu, um ihn mit einem weiteren Tritt über die Kante zu befördern. Sie trat diesmal mit links zu, doch bevor sie ihn berührte, rutschte ihr anderer Fuß weg. Ino verlor das Gleichgewicht, kippte nach rechts – und stürzte.
 

---
 

Shikamaru hörte einen Schrei. Er biss die Zähne zusammen und lief noch schneller auf das offene Stück zu, das zwischen den Bäumen des Waldes hervor lugte. Er hoffte so sehr, dass mit Ino alles in Ordnung war.

Er lief an der letzten Tanne vorbei, doch seine beste Freundin war nirgends zu sehen. Stattdessen erblickte er einen Zombie, der sich langsam aufrichtete.

Seine Hand fuhr zu seiner Schusswaffe. Er entsicherte sie, hielt ihren Lauf auf den Untoten gerichtet und drückte ab. Er schoss dreimal auf den Kopf des Zombies, der zurücktaumelte, unter einem Stöhnen zusammenbrach und reglos liegen blieb.
 

»Ist da jemand?«, hörte er Inos Stimme rufen und eine unglaubliche Erleichterung machte sich in ihm breit. Sie lebte. Das war alles, was zählte.

Er sprang vor und sah, wie sie sich einen halben Meter tiefer an einem herausragenden Felsen klammerte.

»Shikamaru, beeil dich«, sagte sie atemlos. »Ich kann mich nicht mehr lange festhalten!«
 

Er platzierte die Pistole neben sich, legte sich flach auf den Boden und streckte den rechten Arm nach ihr aus.

Ino nahm all ihren Mut zusammen und ließ den Felsen mit der linken Hand los. Kaum hatte sie das getan, umfasste er ihr Handgelenk.
 

»Und jetzt greif mit der anderen Hand nach meinem Arm!«, forderte er sie auf.

»Bist du sicher, dass du das schaffst?«, fragte sie mit zitternder Stimme.

»Hab ich denn eine Wahl?«, erwiderte er ein wenig belustigt von ihrer Frage. »Jetzt mach schon! Ich lasse dich auf keinen Fall dort hinunterfallen!«

Sie nickte, dann ließ sie mit rechts los und schloss ihre Finger um seinen Unterarm.

Shikamaru spürte einen Ruck nach unten, doch er hielt ihm stand und begann, seine Kameradin mit all seiner verfügbaren Kraft hinaufzuziehen. Die Nägel seiner Linken bohrten sich in die Erde, krallten sich fest und er startete den Versuch, sich hochzustemmen.

Die Bewegungen, die er in seiner Nähe vernahm, ignorierte er, verschwendete seine Konzentration nicht an das Horrorszenario, das ihm sein Gehirn gerade weismachte.

Er kniff die Augen fester zusammen und zog noch kräftiger, sagte sich, dass er ihn getötet hatte. Der Zombie musste tot sein, eine andere Möglichkeit gab es nicht.
 

Ein Ächzen und Zähne, die sich in seine Seite bohrten, vertrieben jeglichen Hoffnungsschimmer. Er unterdrückte einen Aufschrei, missachtete die Schmerzen, als der Untote sein T-Shirt zerriss und abermals zubiss. Er hielt seinen Fokus auf Ino gerichtet, die nicht die geringste Ahnung davon hatte, was nicht einmal eineinhalb Meter von ihr entfernt vor sich ging.
 

Verdammt, warum hatte er nicht überprüft, ob er wirklich tot war? Warum hatte er zur Sicherheit nicht noch mal auf den Zombie geschossen?

Er schüttelte gedanklich den Kopf. Dafür hätte er keine Zeit gehabt. Er hätte sich selbst so retten können, doch Ino wäre wahrscheinlich gestorben. Und wenn das geschehen wäre, hätte er sich das niemals verzeihen können.
 

Er hörte Schritte, das Aufnehmen einer Waffe, Schüsse.

Ino schrie. »Was ist da los?«, fragte sie hysterisch. »Schießt jemand auf dich?«

Shikamaru verzog keine Miene. Er hatte selbst keine Ahnung, was passierte und deshalb sparte er sich die Worte und versuchte, sie mit einem lässigen Kopfschütteln zu beruhigen.

Es brachte nichts. Sie schrie noch einmal, dann weiteten sich vor Entsetzen ihre Augen und bevor noch ein Laut ihre Kehle verließ, verlor sie das Bewusstsein.

Er griff nach ihrer Hand, die sich von seinem Unterarm löste und hielt ihre Handgelenke fest umschlungen. Die Schmerzen der Wunde betäubten seine Sinne und Inos Körper, der hin und her schwang, brauchte den Rest seiner Kräfte auf. Doch er ließ sie nicht los. Wenn, stürzte er mit ihr in den Tod, aber solange er sie halten konnte, ließ er sie nicht im Stich.

6.

Die Schüsse erstarben, etwas Schweres fiel zu Boden. Shikamaru vernahm das Splittern von Knochen und er realisierte, dass irgendjemand ihn davor bewahrt hatte, als Mahlzeit für den Zombie zu enden.

Hände schlossen sich um seinen Oberarm. Er hatte keine Ahnung, wem sie gehörten, doch sie halfen ihm, Ino nach oben zu ziehen und in Sicherheit zu bringen.

Er beobachtete seine schlafende Kameradin einen Augenblick lang, dann atmete er tief durch und wandte sich um. Er hätte niemals gedacht, dass er das Gesicht, das er erblickte, so schnell wieder sehen würde.
 

»Warum hast du uns geholfen?«, fragte er, als er den Überraschungsmoment hinter sich gelassen hatte.

Temaris dunkelgrüne Augen blickten ihn ausdruckslos an, dann zuckte sie mit den Schultern und sagte: »Mir war einfach danach.«

So recht glaubte er ihr nicht, dass es nur eine Laune von ihr gewesen war, aber er hinterfragte es nicht.

Sie machte ein paar Schritte auf ihn zu und reichte ihm die Pistole. »Ich war so frei und hab sie leer geschossen«, sagte sie. »Der Bursche war ziemlich zäh.«

Er steckte die Waffe weg und sein Blick glitt zu dem Zombie herüber, um dessen Kopf sich herum eine tiefschwarze Blutlache ausbreitete.

»Danke«, sagte er, »auch wenn ich deinen Sinneswandel nicht verstehe.«

Ihre Mundwinkel zuckten zu einem Lächeln. »Sagen wir einfach, dass du gar nicht so falsch lagst«, erwiderte sie. »Wozu unsere Gattung noch weiter dezimieren?« Ihre Augen fuhren zu seiner Wunde, ihre Miene wurde ernst und nüchtern setzte sie nach: »Du wirst sterben.«

Shikamaru fasste sich an die Seite und fühlte die Wärme seines Blutes an den Fingern. Er lächelte selbstironisch.

»Ich weiß.«
 

---
 

Als Ino erwachte, klopfte ihr Herz wild. Sie hatte einen furchtbaren Traum gehabt. Die verrückte Frau hatte auf Shikamaru geschossen, während er versucht hatte, sie aus ihrer misslichen Lage zu befreien.

Sie sah den Zombie vor sich. Er lag vor ihr und sie trat zu, schaffte es aber nicht, ihn in den Abgrund zu schicken. Stattdessen rutschte sie weg, fiel und –

Nein, es war kein Traum gewesen. Genau so hatte es sich zugetragen.
 

Sie riss die Augen auf und sah sich hektisch um. Von dem Zombie gab es keine Spur, doch Shikamaru saß mit den Rücken an die Felswand gelehnt.

Als sich ihre Blicke trafen, warf er ihr ein Lächeln zu.

»Endlich ausgeschlafen?«, fragte er.

Sie antwortete nicht und fiel ihm um den Hals. »Gott sei Dank!«, murmelte sie. »Ich hab befürchtet, du wärst tot!«

Er zuckte die Achseln. »Unkraut vergeht eben nicht so schnell.«

Sie schmunzelte, dann fragte sie: »Was war vorhin eigentlich los? Ich hab nur diese durchgedrehte Blondine gesehen und Schüsse gehört.«

»Sie hat den Zombie erledigt«, erklärte er knapp. »Mehr nicht.«

»Sie hat was?«, fragte Ino verständnislos.

»Sie hat uns beiden den Arsch gerettet«, wiederholte Shikamaru.

»Und warum?«

»Sie meinte, ihr war einfach danach.«

Sie runzelte die Stirn. »Ergibt das nur für mich keinen Sinn?«, fragte sie. »Hast du sie vorhin so lange bequatscht, bis sie die Seite gewechselt hat, oder was war los?«

»Ich hab keine Ahnung«, gab er zurück. »Ich bin keine Frau und leide demnach auch nicht unter solchen Stimmungsschwankungen.«

Sie knuffte ihm in die Seite und sein Gesichtsausdruck verzerrte sich vor Schmerz.

»Tut mir leid«, murmelte seine beste Freundin rasch. »Ich wollte nicht so fest –«

Sie unterbrach sich, nahm ihn genauer in Augenschein und bemerkte den Schatten auf seinem dunklen T-Shirt. Es war Blut. Bestürzt schlug sie die Hände vor den Mund.

»Sie hat doch auf dich geschossen!«, stieß sie mit unnatürlich heller Stimme aus und zog an seinen Arm, mit dem er die Stelle zu verdecken versuchte. »Zeig mal her, vielleicht kann ich die Kugel –«
 

Shikamaru schüttelte ihre Hand ab und presste sich den Ellenbogen in die Seite. Es tat unglaublich weh, doch er ließ dieses Gefühl nicht in seiner Miene widerspiegeln.
 

»Es ist nur ein Streifschuss«, entgegnete er. »Mach dir keine Sorgen.«

»Ich mach mir aber Sorgen!«, fuhr Ino ihn entrüstet an. »Und auch ein Streifschuss muss versorgt werden!«
 

Bevor sie ihm noch einmal so nahe kam, stand er auf und brachte ein wenig Abstand zwischen ihr und sich.
 

»Es ist alles in Ordnung«, murrte er. »Gehen wir weiter.«

»Aber –«

»Ich habe die Blutung schon halbwegs mit meinem Shirt gestoppt«, sagte er beherrscht. »Es ist nur ein Kratzer – und wir müssen die anderen warnen.«
 

Dann marschierte er los.

Ino schaute ihm nach. Sie bemerkte, wie er wankte, sah die dicken Blutstropfen, die ins Gras fielen, das große Loch in seinem Oberteil, das sie einen Blick auf die Verletzung erhaschen ließ.

Ihr Atem stockte und ihr Herz blieb einen Moment stehen, nur um danach so schnell zu schlagen, dass es sie innerlich fast zerriss.

Sie sprang auf und hechtete ihm nach.
 

»Shikamaru«, sagte sie mit belegter Stimme. »Das ist keine Schusswunde, oder?«

Er blieb stehen, wandte sich jedoch nicht zu ihr um. Er wusste, dass sie weinte und den Anblick der Tränen in ihren Augen konnte er nicht ertragen.

»Ist doch egal«, sagte er trocken. »Wir haben keine Zeit, mich zu bemitleiden. Ändern kann man es jetzt sowieso nicht mehr.«

Er hörte Inos Schluchzen, aber er ging weiter. Die wenige Zeit, die ihm noch blieb, musste er nutzen, um sie sicher zu ihren Kameraden zurückzubringen. Dann konnte er beruhigt sterben.
 

---
 

Sie sprachen eine Weile nicht miteinander. Ino lief neben ihm her und mied es, den Blutfleck auf seinem Shirt anzusehen, der immer größer wurde.

Der Weg durch den Tannenwald ging an einigen Stellen stark bergab und mit jedem Balanceakt hatte Shikamaru mehr Probleme, sich zu halten. Sie half ihm, wo sie konnte, doch sie sah den Schweiß, der ihm von der kleinsten Anstrengung von der Stirn perlte, sein Gesicht, aus dem immer mehr die Farbe wich. Seine Haut war nach wenigen Stunden so bleich geworden, dass er mehr tot als lebendig wirkte, seine Bewegungen wurden zusehends unkoordinierter und trotzdem schleppte er sich weiter.

Sie bewunderte seinen Mut und glaubte nicht, dass sie an seiner Stelle den Willen und die Kraft aufgebracht hätte, so lange durchzuhalten.
 

Schließlich durchquerten die beiden das Tal, bis sie in der Abenddämmerung auf den Pfad stießen, dessen Ende in die Nähe des Hauses führte. Dunkle Wolken zogen am Himmel auf und es begann zu nieseln.
 

»Wenn du dich beeilst, bist du in einer Stunde da«, sagte Shikamaru. Seine Stimme klang sehr dünn, ähnelte einem gequälten Flüstern.

»Wovon redest du da?«, gab Ino zurück. »Ich lasse dich doch nicht hier zurück!«

»Jetzt mach schon«, forderte er sie auf. »Vielleicht ist es noch nicht zu –«

»Mach dich nicht lächerlich«, unterbrach sie ihn. »Wir stolpern seit dem frühen Nachmittag durch die Gegend. Sie wissen, dass wir beide entkommen sind und sie haben den viel kürzeren Weg. Wenn sie wirklich vorhaben, das Haus zu überfallen, haben sie es längst getan.« Sie fuhr sich mit den Zähnen über die Unterlippe. »Warum soll ich dich also für nichts und wieder nichts alleine zurücklassen?«

Er gab ihr keine Antwort.

»Wir gehen zusammen hoch«, legte sie fest. »Und wenn es die halbe Nacht dauert.«

»So ein Unsinn«, erwiderte er und seufzte. »Ich kann meine Arme und Beine kaum noch spüren. Ich schaffe es nicht.«

»Doch«, widersprach sie, »du schaffst es. Wir gehen gemeinsam zu den anderen und wenn wir dort sind, dann …« Ino verstummte.
 

Was machte sie sich da vor? Es war ein Wunder, dass Shikamaru es bis hierher geschafft hatte. Selbst mit ihrer Hilfe würde er wahrscheinlich auf dem halben Wege zusammenbrechen. Und warum sollte sie ihm diese Prozedur noch zumuten? Wenn es die kleinste Hoffnung gegeben hätte, wäre es den Versuch wert gewesen, doch so sehr sie sich es wünschte: Es gab sie nicht. Dass er starb, war so sicher wie der Sonnenaufgang am nächsten Morgen.

Sie presste die Lippen aufeinander, aber sie schaffte es nicht, die aufkeimenden Tränen zu unterdrücken. Als die erste ihre Augen verließ, verbarg sie ihr Gesicht in ihren Händen.

Shikamaru schleppte sich zu ihr, hob unter Schmerzen die Hände an und legte sie auf ihre Schultern.
 

»Ino«, begann er und da ihm nichts Besseres einfiel, setzte er nach: »sei nicht so traurig. Irgendwann musste es einem von uns passieren.«

»Aber warum ausgerechnet dir?«, schluchzte sie. »Warum ausgerechnet jetzt? Niemand sollte an seinem Geburtstag sterben müssen.«

Er sagte nichts. Allein der Gedanke, sie trösten zu wollen, war ein sinnloses Unterfangen. Keine Worte der Welt waren dazu in der Lage.
 

Sie weinte noch ein wenig, dann wischte sie sich mit dem Handrücken das Gesicht trocken und machte sich von ihm los.

»Der Regen wird stärker«, meinte sie beiläufig. »Suchen wir uns einen Platz im Trockenen.«
 

Nichts in ihrer Stimme wies mehr darauf hin, dass sie geweint hatte.
 

---
 

Shikamaru lehnte an der Wand, hielt die Augen geschlossen und lauschte den dicken Regentropfen, die vor der Höhle auf die Erde prasselten. Es war das letzte Mal, dass er dieses Geräusch hören würde und er war dankbar für diesen Regenschauer, der das, was ihm bevorstand, mit sich nahm und so seine Gedanken reinwusch.
 

Ino seufzte.

»Zum Glück hält das Wetter die Horde auf«, meinte sie. »Ich hab keine Lust, nachher einen Dauerlauf nach oben zu veranstalten.«

»Es sind doch keine Rennzombies wie in diversen Horrorfilmen«, bemerkte er mit einem Schmunzeln. »Du kannst also in Ruhe schlendern.«

»Ich glaube ja nicht, dass ich besonders ruhig sein werde, wenn in der Nähe ein paar dutzend Untote herumlungern«, erwiderte sie, »aber ich werde auch nicht rennen, als wäre der Leibhaftige hinter mir her.«

»Gibt es denn etwas Schlimmeres als diese Biester?«

»Ich weiß nicht«, antwortete sie und zuckte die Achseln. »In Cartoons und Filmen wirkte der Teufel immer gerissener auf mich als diese lahmen, triebgesteuerten Schnecken.«
 

Shikamaru stieß ein belustigtes Schnauben aus. Es war schön, dass Ino in dieser Situation ihren Humor nicht verloren hatte, selbst wenn sie damit nur ihre wahren Gefühle überspielte.
 

»Sag mal«, meinte sie dann, »ist das hier nicht die Höhle, in der wir übernachtet haben, bevor wir das Haus gefunden haben?«

»Dem Haufen Asche dort drüben nach zu urteilen, ja.«
 

Sie blickte sich um und musste lachen.
 

»Naruto hat hier drin ein Feuer gemacht und uns ausgeräuchert«, erinnerte sie sich. »Deshalb sind wir gleich weitergezogen, obwohl wir eigentlich noch ein paar Tage bleiben wollten.«

»Und haben so schneller das Haus gefunden«, ergänzte er.

»Und Naruto hat sich gleich wieder etwas beliebter gemacht.«
 

Er lachte auf und sie stimmte mit ein.
 

»Wie lange ist das jetzt her?«, fragte sie. »Fünf Wochen, sechs?«

»In etwa«, erwiderte Shikamaru, »aber Sakura kann dir das sicher genauer sagen.«

Bei der Erwähnung des Namens ihrer besten Freundin verschwand Inos Lächeln. »Meinst du, diese verrückten Leute haben den anderen etwas angetan?«

Er dachte einen Moment nach, dann antwortete er: »Ich glaube nicht.«

»Meinst du wirklich?«, fragte sie hoffnungsvoll. »Mit uns sind sie auch nicht gerade zimperlich umgesprungen.«

»Das schon«, gab er zu, »aber es hätte uns schlimmer treffen können. Wir hätten auch auf eine Gruppe stoßen können, die uns gleich umgelegt hätte.«

Ihre Mundwinkel zucken zu einem traurigen Lächeln. »Das berühmte Glück im Unglück, hm?«

Shikamaru schwieg sich dazu aus, horchte kurz dem Regen und meinte: »Vor zwei Jahren hätte ich nie gedacht, dass ausgerechnet eine Zombie-Apokalypse Realität werden würde.«

Ino blickte ihn niedergeschlagen an.

»Für mich war es immer ein Hirngespinst von Romanautoren, Regisseuren und anderen Leuten, die zu viel Fantasie haben«, fuhr er fort. »Als es ein paar Wochen später hieß, ein Virus sei ausgebrochen, das Tote wiederauferstehen lässt, hab ich es für einen dummen Witz gehalten.«

Sie nickte. »Ich habe gerade in unserem Blumenladen ausgeholfen, als sie es im Radio durchgegeben haben. Ich hab mich damals auch gefragt, welcher Scherzkeks den Sender übernommen hat.«

»Ich habe mit Chouji im Park Schach gespielt, als ein Mann über die Wiese gelaufen kam und gerufen hat: Die Zombies sind los! Bringt euch in Sicherheit!«, erzählte er. »Niemand hat ihn ernst genommen.«

»Wer würde das auch?« Sie lachte trocken und richtete ihren Blick auf ihre Hände. »Ich glaube jetzt manchmal noch, dass das hier ein schlechter Traum sein muss. Ich meine, Raccoon City ist überall! Wir sind Charaktere in einem verdammten Survival-Horror-Game!« Ino pausierte einen Moment, dann setzte sie nach: »Wir sind in einem Spiel ohne Rücksetzpunkte gefangen, das man leider nur einmal beginnen kann. Ist das nicht grausam?«
 

Er wusste nicht, was er ihr darauf antworten sollte.
 

»Ich würde mir wünschen, jemand könnte die Zeit zurückdrehen und würde verhindern, dass nach diesem Zombie-Virus geforscht wird«, sprach sie weiter. »Ich meine, was bringt so eine verdammte biologische Waffe, die Menschen in willenlose Untote verwandelt? Was hat das Militär und die Staaten, die das Projekt finanziert haben, jetzt davon, dass sie die Zivilisation und fast die ganze Menschheit ausgelöscht haben? Einen Scheißdreck haben sie! Die meisten dieser Ärsche wandeln selbst als menschenfressende Monster durch die Gegend. Das kann doch nicht –«

»Ino!«, unterbrach Shikamaru sie. Er sprach so laut, wie es ihm noch möglich war.

Fragend blickte sie ihn an.

»Du hast jedes Recht, diese Leute zu verfluchen, aber an unserer Situation kannst du damit nichts ändern«, fuhr er ruhig fort. »Es ist, wie es ist. Irgendwann werden die Zombies wieder verschwinden, weil sie verwesen und keine neuen mehr nachkommen, aber bis dahin musst du dich zusammenreißen und dich mit dieser Welt arrangieren.«

»Ich weiß«, sagte sie bitter, »aber …« Sie biss sich auf die Unterlippe.

»Ich weiß, dass sich das leicht sagt«, meinte er, »aber halte durch. Es wird nicht sofort geschehen, doch es wird besser werden. Hab einfach Geduld.«

Ino riss sich von dem Anblick ihrer Hände los und blickte ihren besten Freund starr an. »Du hast gut reden«, sagte sie tonlos. »Du musst nicht mehr jeden Tag damit rechnen, dass ein Kamerad von dir …« Ihre Stimme versagte. Sie schaffte es nicht, den Satz zu vollenden, schaute wieder weg und flüsterte: »Entschuldige, vergiss es. Sprechen wir nicht mehr darüber.«
 

Und das taten sie auch nicht.
 

---
 

Stunde um Stunde verging. Der Regen war lange weitergezogen und der Mondschein erhellte das Gebiet auf unnatürliche Weise.

Shikamaru hielt sich wach, indem er mit Ino in Erinnerungen an ihre Kindheit schwelgten, denn er wusste, dass es vorbei war, sobald seine Augen zufielen. Er hatte keine Angst vor dem Tod, doch er fürchtete das, was seiner besten Freundin bevorstand, wenn es soweit war. Und das galt es zu verhindern.
 

»Erinnerst du dich noch, wie sehr wir gelacht haben, als Chouji die Geschichte erzählt hat, wie er sich vor der Polizei versteckt hat, weil sie ihn für einen Sprayer gehalten haben?«

»Natürlich«, meinte Shikamaru amüsiert, »ich war selbst dabei.«

»Ach, verdammt!«, fluchte sie. »Ich sollte mir mal besser merken, was ich wem erzähle.« Sie lachte, doch als sie seine ernste Miene bemerkte, verstummte sie wieder.

»Du solltest gehen«, sagte er.

Sie schüttelte den Kopf. »Nein«, widersprach sie, »ich gehe auf keinen Fall, bevor du …« Sie schluckte. »Na, du weißt schon.«

»Du musst aber«, erwiderte er gequält. »Ich möchte nicht, dass alles umsonst war, nur weil ich dich gebissen habe.«
 

Inos Augen weiteten sich und ihr Puls begann zu rasen. Sie hatte sich damit abgefunden, dass er sterben würde, doch dass er zu einem Zombie wurde, sobald sein Herz zu schlagen aufhörte, hatte sie bis jetzt verdrängt.
 

»Ich …«, stammelte sie, schaffte es jedoch nicht, ihrem Entsetzen Ausdruck zu verleihen. Sie wollte ihn nicht zurücklassen, solange er am Leben war, doch genauso wenig wollte sie sehen, wie er als Untoter auf sie losging. Sie schnappte nach Luft. »Nein, ich kann das nicht!«

»Jetzt hau schon ab«, flüsterte er. »Wenn du gegangen bist, mache ich einfach die Augen zu. Es macht mir nichts aus, die letzten Minuten alleine zu sein, solange ich weiß, dass du in Sicherheit bist.«

»Ich will aber nicht, dass du alleine sein musst!«, rief Ino aufgebracht. »Wir sind Freunde! Und Freunde lässt man nicht so zurück!«

»Ich möchte aber, dass du gehst«, sagte er entschlossen. »Ich will dich nicht auch zu einem Zombie machen.«

»Das wirst du nicht«, sagte sie ohne Zuversicht. »Ich verschwinde, bevor du die Gelegenheit dazu –«
 

Sie unterbrach sich selbst. Es widerte sie regelrecht an, was sie sagte. Sie konnte nicht zulassen, dass Shikamaru ein Dasein als Monster fristen musste. Nur was konnte sie tun?
 

Seine Hand tastete sich unter Schmerzen langsam zu seiner rechten Seite vor. Als er sie erreichte, sagte er: »Ich weiß eine Möglichkeit, die uns das ersparen würde.«

Ino folgte seiner Bewegung. Seine Finger ruhten lose auf dem Griff der Pistole.

»Was hast du vor?«, fragte sie.

Er antwortete ihr nicht darauf und zog sie aus der Halterung. Er schaffte es nur unter größter Anstrengung, die Waffe überhaupt zu halten. »Selbst wenn ich noch in der Lage wäre, es selbst zu tun«, fuhr er fort, »wäre ich wahrscheinlich zu feige dafür.« Seine Hand bewegte sich ein Stück nach vorne, als wollte er ihr die Schusswaffe reichen. »Aber da das nicht zur Debatte steht …«

Ungläubig starrte sie auf die silbern glänzende Pistole. Es war wirklich die einzige Option, die ihnen blieb, doch …

»Hast du nicht gesagt, dass sie leer ist?«

Er nickte kaum merklich. »Ich habe noch zwei Patronen in meiner Hosentasche«, flüsterte er. »Tenten hat sie mir vor der Abreise gegeben, weil sie wusste, dass ich vergessen würde, sie nachzuladen.«

Inos Augen weiteten sich. »Dann soll ich dich …«, setzte sie an. »Du möchtest also, dass …«

»Ich kann und möchte dich nicht dazu zwingen«, sagte Shikamaru, »aber ich bitte dich darum.«

Sie schaute ihn mit leerem Blick an. Als hätte sie noch nicht verstanden, was er gesagt hatte.

»Ich weiß, ich verlange viel«, setzte er nach. »Du musst es auch nicht tun, wenn du es dir nicht –«

Ein Kopfschütteln brachte ihn zum Schweigen.

»Sag nichts mehr«, sagte Ino und nahm ihm die Waffe aus der Hand. Sie betrachtete sie einen Augenblick, dann fragte sie: »In welcher Tasche ist die Munition?«

Ein kleines Lächeln zuckte auf. »Sie ist in der Rechten.«
 

Sie hatte seit Monaten keine Schusswaffe mehr in der Hand gehabt, aber die Handgriffe hatte sie sich gut eingeprägt, sodass sie fast von selbst gingen. Die Realität vor ihren Augen verschwamm, als sie die Patronen vorsichtig aus seiner Hosentasche kramte, ins Magazin tat und dieses mit einem leisen Klick einrastete.

Mit klopfendem Herzen sah sie in das bleiche, blutleere Gesicht ihres besten Freundes. Es war furchtbar, ihn in diesem Zustand zu sehen, doch es war noch viel schlimmer für sie, wenn er erst zu einem Zombie geworden war. Das wollte sie sich, aber vor allem ihm, ersparen. Auch wenn er es nicht ausgesprochen hatte, wusste sie genau, dass er auf keinen Fall einer von ihnen werden wollte, selbst wenn es bedeutete, dass er bei vollem Bewusstsein sterben würde.

Sie hielt den Griff der Pistole mit beiden Händen fest umschlossen, löste die Sicherung und richtete sie auf ihn. Langsam und mit zitternden Armen hob sie die Waffe immer weiter, bis der Lauf auf seine Stirn zielte.
 

Konnte sie das?, fragte sie sich. Konnte sie wirklich abdrücken und sein Leben beenden?
 

Ino senkte den Blick und atmete tief durch. Ein und aus, ein und aus, ein und aus … Eine innerliche Ruhe breitete sich in ihr aus. Sie musste es tun und sie konnte es tun. Nein, sie wollte ihm diesen Freundschaftsdienst erbringen. Er verdiente es, dass sie ihm diesen letzten Wunsch erfüllte. Nur wenn sie das tat, konnte sie sich im Spiegel noch in die Augen schauen.

Sie hob den Kopf an. Shikamaru blickte ihr mit unbeirrter Gelassenheit entgegen. Seine Miene zeigte nicht einmal im Ansatz etwas wie Furcht. Er war vorbereitet auf das, was nun kam.

Ihre Blicke lagen einen Moment aufeinander, dann murmelte er: »Ich danke dir für deine Freundschaft.«

Ino schenkte ihm ein aufrichtiges Lächeln und deutete ein Kopfschütteln an. »Nein«, sagte sie, »ich danke dir, dass du so ein guter Freund warst.«
 

Er lächelte ihr ein letztes Mal zu und schloss die Lider.

Sie kniff die Augen zusammen, umfasste den Griff noch stärker. Das Geräusch des Schusses, den sie abfeuerte, brannte sich für immer in ihr Gedächtnis.

Epilog

Mit starrem Blick ging Ino den Pfad entlang. Der Weg war rutschig durch den Matsch, doch sie achtete nicht darauf, besonders vorsichtig zu sein. Sie setzte einen Fuß vor den anderen und blickte nicht zurück. Sie wollte nicht daran denken, was geschehen war und sie wollte keinen Gedanken an das verschwenden, was sie erwartete.

Bei jedem Schritt fühlte sie, wie kaltes Metall ihren rechten Oberschenkel streifte. Es war die Schusswaffe ihres besten Freundes, die sie immer noch in der Hand hielt, die Waffe, mit der sie ihn auf seinen Wunsch hin getötet hatte. Doch sie dachte nicht daran, verdrängte jegliche Eindrücke, die sie an das erinnerten, was vor nicht einmal einer Stunde geschehen war. Im Moment gab es nur sie und den ausgetretenen Pfad, der sich nach oben schlängelte.
 

Ino beschleunigte ihren Gang und ließ die letzte Biegung hinter sich. Sie passierte die Stelle, an der das Gelände deutlich flacher wurde und stockte. Am Eingang des Waldes stand jemand.

Sie blinzelte ungläubig und der Mann setzte sich in Bewegung. Ein breites Lächeln lag ihm auf den Lippen, als er direkt vor ihr stoppte.
 

»Ino, da bist du endlich!«, flötete Naruto gut gelaunt. »Die anderen haben schon Wetten abgeschlossen, wann ihr hier ankommt.«

Sie starrte ihn nur an und sagte nichts. War sie in einem schlechten Film gefangen oder hatte sie alles nur geträumt? Was zur Hölle war der Grund, warum er völlig unversehrt und mit seiner schelmischen und vor Freude überschäumenden Miene vor ihr stand? Er war doch von der anderen Gruppe gefangen genommen und zu deren Lager geführt worden. Sollte das ein makaberer Scherz sein, den diese Leute mit ihr trieben?

Fassungslos öffnete sie den Mund. »Was machst du hier?«, hauchte sie. »Ich dachte, du währst …« Sie verstummte.

Narutos Lächeln wich einem ernsten Gesichtsausdruck. »Das war ich auch«, erwiderte er, »aber wie es der Zufall so wollte, ist ihr Anführer ist ein alter Freund von mir.«

Ino warf den Kopf hin und her. Das konnte nur ein Witz sein.

»Sie haben dich gezwungen, das zu sagen, weil sie uns beide leiden sehen wollen, stimmt’s?«

Er legte seine Hand auf ihre Schulter.

»Nein«, sagte er ruhig, »Gaara und ich waren in der Grundschule im selben Sportverein. Im vierten Jahr ist er von seinem Onkel zurück zu seinen Eltern gezogen. Wir haben uns seitdem nicht gesehen, aber wir haben uns sofort wiedererkannt.«

Mit halbgeöffnetem Mund starrte sie vor sich hin. Sie glaubte nicht, dass Naruto ihr eine Lüge auftischte, doch dieser Zufall war ihr fast schon zu zufällig.

»Er hat sich auch sofort bei uns entschuldigt. Vor allem im Namen seiner Geschwister. Die beiden haben dich und Shikamaru ziemlich in die Mangel genommen.« Er räusperte sich, dann warf er arglos ein: »Apropos, Shikamaru: Wo ist er eigentlich?«
 

Als sie seinen Namen hörte, kam plötzlich alles wieder in ihr hoch. Sie sah seine fahle Haut, sein Blut, das sich unter ihm ausbreitete, sein dankbares Lächeln, das ihm auf den Lippen lag, nachdem sie geschossen hatte.

Ino ließ die Waffe fallen und senkte ihren Blick. Ihre Brust schnürte sich zusammen, ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie biss sich auf die Unterlippe, um sie zu unterdrücken, so lange es ihr möglich war. Doch es gelang ihr nicht. Als sie blinzelte, tropfte die erste Träne zu Boden. Und ihr folgten weitere, bis sie auch das laute Schluchzen nicht mehr in sich verschlossen lassen konnte.

»Er ist tot«, flüsterte sie, »und es ist meine Schuld.« Sie schnappte nach Luft und rief verzweifelt: »Ich habe ihn umgebracht!«
 

Naruto schwieg. Er legte seinen Arm um sie, zog sie an sich und ließ sie erst los, als die letzte Träne geweint war.
 


 

~ Ende ~
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich wollte schon länger mal eine Fanfic schreiben, die in einer Zombie-Apokalypse spielt und die passende Wichtelaktion hat mir nun die Gelegenheit dazu gegeben. Eigentlich sollte dies hier auch nur ein Oneshot werden, aber als ich anfing zu schreiben, nahm das solche Ausmaße an, dass ich dann doch beschlossen habe, einen Mehrteiler daraus zu machen.
Ich war mir erst nicht sicher, ob ich die Gruppe nicht zu groß gemacht habe, aber ich wollte kein Mitglied der Rookie 9 sowie Team Gai außen vor lassen, auch wenn mir natürlich klar ist, dass einige Charaktere zu kurz kommen werden. (Der Hauptaugenmerk liegt nun mal auf der Freundschaft von Team 10, insbesondere Ino und Shikamaru.)
Da ich die Geschichte auch ausnahmsweise mal ziemlich durchgeplant habe, kann ich an dieser Stelle sagen, dass es vier, maximal fünf Kapitel geben wird.


Zum Schluss hoffe ich, dass dir, Hopey, der Anfang wenigstens ein bisschen zusagt und bedanke mich bei allen anderen fürs Lesen. =)
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich kann Foreshadowing normalerweise nicht viel abgewinnen, aber hier fand ich es mal ganz passend.

Danke fürs Lesen! :)
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Langsam nimmt die Geschichte an Fahrt auf. Bei der Kürze wurde es aber auch höchste Zeit. :D

Ich danke fürs Lesen! :)
Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Natürlich konnte ich mir ein wenig Interaktion zwischen Shikamaru und Temari nicht verkneifen. Ich hoffe, es geht dir, Hopey nicht zu sehr in Richtung Pairing. Ich habe mir nämlich größte Mühe gegeben, das zu vermeiden. :D

Ich danke fürs Lesen! :)
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Liebe Hopey,
ich kann nur das wiederholen, was ich schon im Nachwort des letzten Kapitels gesagt habe: Ich hoffe, hoffe, hoffe, die Interaktion zwischen Shikamaru und Temari geht dir nicht zu sehr in Richtung Pairing. Falls doch, darfst du dich gerne bei mir beschweren.

Ich danke allen fürs Lesen! :)
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Nachwort zu diesem Kapitel:
So, meine liebe Hopey, ich hoffe ich konnte deine Wünsche größtenteils erfüllen. Das hier wäre zumindest meine Auffassung von Drama, Baby! Und mit Raccoon City hab ich sogar noch eine Anspielung auf Resident Evil gemacht, wobei ich allerdings die Meinung vertrete, dass die Verfilmungen eine Beleidigung für die Videospielvorlage sind (die neueren Teile ab Nr. 5, die auch Schrott sind, mal ausgeklammert). :D
Aber so ganz soll es das doch noch nicht gewesen sein. In ein paar Tagen folgt noch ein kleiner Epilog, aber das war es dann wirklich.


Ich danke fürs Lesen. :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hätte das Schicksal der restlichen Gruppe auch offen lassen können, aber so hat es mir dann doch besser gefallen. Naruto und Ino sind nur für dich, Hopey. ;)
Ich möchte dich bei dir zum Abschluss für die Vorgaben und dein Feedback bedanken. Ich hatte wirklich Spaß an dieser Fanfiction. Ich wollte schon lange eine Geschichte schreiben, die in einer Zombie-Apokalypse spielt und dass ich dazu zwei meiner Lieblingscharaktere nehmen durfte, war einfach wunderbar. =)
Zum Schluss möchte ich mich auch noch bei allen anderen bedanken, die diese Geschichte kommentiert oder einfach nur gelesen haben. Vielen Dank! :)

Liebe Grüße,
Rabenkralle
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Kommentare zu dieser Fanfic (33)
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Von:  DJ-chan
2016-01-19T15:29:41+00:00 19.01.2016 16:29
Wow, einfach nur wow. Deine Fanfiction ist echt toll :3
Ich mag Zombiegeschichten sehr gerne und es ist interessant, wie du die Aspekte (Gruppenbildung, Wohnortsuche, schwierige Entscheidungen, Horden, feindliche Gruppen die gefährlicher als die Zombies sind) eingebaut hast. Außerdem ist dein Schreibstil sehr angenehm zu lesen :3
Ich finde es sehr gut, dass du nur die Charaktereigenschaften übernommen hast, aber nicht die Ninjaeigenschaften (für Ninjas wären Zombies sicher gar kein Problem xD)

Ich musste nur einmal kurz überlegen, ob Inos Stolperer an der Klippe nicht dieses typische "Protagonist macht irgendeinen Blödsinn und stirbt deswegen" (passiert bei TWD immer häufiger D:) ist. Aber es ist dich irgendwie logisch, weil sie zu dem Zeitpunkt schon weit gelaufen ist und auch ziemlich viel passiert ist, da kann der Fuß schon mal wegrutschen.
Die Szenen danach sind der Hammer. So tolles Drama und Shikamaru in der Rolle ist die perfekte Besetzung. Er blieb so unglaublich ruhig. Der arme Kerl hat echt ein grausames Schicksal abbekommen ;A;
Das, was mich bei der Geschichte jedoch am meisten beeindruckt hat, war der Epilog. Dass eigentlich alles hätte anders laufen können, dass niemand sein Leben hätte riskieren müssen. Das muss für Ino wie ein Schlag in die Magengegend gewesen sein.
Alles in allem ist es eine wundervolle FF :3
Antwort von:  Rabenkralle
19.01.2016 21:24
Vielen Dank für deinen Kommentar! :)
Es freut mich, dass dir meine Umsetzung so gut gefallen hat. Über den einen oder anderen Aspekt bin ich erst durch TWD (allerdings die Videospielreihe von Telltale – die Serie wollte ich mal anfangen, habe ich aber nie) aufmerksam geworden. Ich denke, grundsätzlich ähneln sich Zombie-Apokalypsen fast immer, wenn man realistisch bleiben möchte und nicht irgendetwas macht, das völlig over the top ist.
Die Jutsus hätten diese Geschichte ziemlich langweilig gemacht (wie du schon gesagt hast: mit solchen Fähigkeiten sind Zombies keine wirkliche Bedrohung mehr), von daher hat ein AU besser gepasst.

Auf den Gedanken bin ich beim Schreiben gar nicht gekommen. Ich dachte nur, dass Ino fix und fertig in einer Stresssituation ist und eine Sekunde einfach nicht aufgepasst hat. Aber umso besser, dass die Szene doch nicht so konstruiert wirkt.
Dass Shikamaru sterben muss, war für mich vom ersten getippten Wort an klar und dass er nicht durchdreht, weil er von einem Zombie gebissen wurde, ist für mich eine logische Schlussfolgerung gewesen. Ich finde es fast noch grausamer, dass er Ino bittet, ihn zu erschießen. Wobei es auch verständlich ist.
Das Ende setzt der Geschichte die Krone der Grausamkeit auf. Es fällt mir jedes Mal schwer, einen Charakter sterben zu lassen, aber es ist schön zu wissen, dass ich den Ton so gut getroffen habe. :)

Liebe Grüße,
Rabenkralle
Von:  BrokenPride
2016-01-17T15:43:57+00:00 17.01.2016 16:43
Zum Schluss musste ich tatsächlich noch ein paar Tränchen verdrücken, das ist so gemein und der Dienst den Ino Shikamaru das erwiesen hat geht so weit über eine einfache Freundschaft hinaus... Du hast es wirklich geschafft mich mit deiner FF in den Bann zu ziehen, obwohl ich von diesen Apokalypse-Zombie Geschichten bisher nie besonders begeistert war, aber du hast es irgendwie geschafft das ganze so zu verpacken, dass es nicht Lächerlich und dämlich wurde.
Ino war bisher nicht unbedingt einer meiner liebsten Charaktere, aber in dieser Geschichte ist sie mir wirklich unglaublich sympathisch geworden. Du hast das ganze wirklich toll verpackt und aufgeschrieben, die FF ist damit sicherlich zu einer meiner Favoriten geworden!

lG BrokenPride
Antwort von:  Rabenkralle
19.01.2016 21:08
Dankeschön für deinen Kommentar! :)
Schön zu hören, dass dich meine Geschichte emotional erreichen konnte (nicht im sadistischem Sinne :D). Das freut mich doch ungemein, vor allem, wenn es von jemandem kommt, der mit dem Setting sonst nichts am Hut hat.
Ich mag Ino sehr gern (und das als ShikaTema-Fan) und ich freue mich, dass ich sie dir sympathischer machen konnte. Sie ist halt nicht die oberflächliche Zicke, für die viele sie halten.^^

Liebe Grüße,
Rabenkralle
Von: abgemeldet
2015-09-09T02:47:04+00:00 09.09.2015 04:47
Hallo!

Unglaublich. Ino sollte Naruto anschreien, denn wenn sie sofort miteinander gesprochen hätten, wäre niemand geflohen, kein Abhang ... das ist im Nachhinein so gemein, unfair und fürchterlich. Natürlich - trotzdem fantastisch geschrieben, immerhin hat man auch im Epilog Inos betäubte Gefühlswelt und das Wahrnehmen essentieller Dinge auf Sparflamme hautnah nachempfinden können.
Bitter, dass man weiß, dass es mit der Gefahr längst nicht getan ist. Da hilft nur die Hoffnung, die Zombies mögen rascher 'endgültig' sterben als im letzten Kapitel anklang.

Fazit: Für mich eindeutig ein Favorit. Danke für die emotionale Achterbahnfahrt, das Szenario und die wunderbare Darstellung dieser Charaktere. Wie gesagt, Ino und Shikamaru - ich hätte nicht erwartet, dass dieses Pärchen mich derart erwischt und mitfiebern, sowie -leiden lässt.

Viele Grüße, Morgi
KomMission-Unterstützerin, für mehr Feedback auf Animexx :-)

Antwort von:  Rabenkralle
10.09.2015 09:53
Hm, ich würde es so erklären, dass Gaara im Hintergrund fungiert hat und er und Naruto sich erst kurz nachdem Ino und Shikamaru geflüchtet sind, begegnet sind. Wenn Temari ihnen dann wenigstens nicht nachgelaufen wäre ... Eine Verkettung unglücklicher Zufälle, die ein unschönes Ende hat.
Tatsächlich hab ich noch so was wie eine Fortsetzung im Kopf, die allerdings von einem alternativen Ende ausgehen wird. Ich finde das Setting zu großartig, um mich komplett davon zu verabschieden.

Vielen Dank, das höre ich gern. Und ein Dankeschön noch mal für deine wunderbaren Kommentare! =)

Liebe Grüße,
Rabenkralle
Von: abgemeldet
2015-09-09T02:38:42+00:00 09.09.2015 04:38
Hallo!

Wie ... wie kannst du nur? An Inos Stelle hätten mir die Fingerspitzen gezittert und glaube mir, wenn ich dir sage, dass ich dieses Pärchen in Zukunft genauso verehren werde, wie ich deinen Schreibstil anhimmle. In einem derart ernsten Szenario noch zwei kleine witzige Anekdoten einzubauen, während man auf das unweigerliche Ende auf sich zukommen spürt und nur gegen Windmühlen ankämpft - mir war am Ende die Kehle eng.
Temari zum Einstieg, gut, das war naheliegend, doch gleichzeitig wirkte sie erschöpft und ausgelaugt. Ich fand den Knick in ihrer Hülle wunderbar, denn das hat auch Shikamarus Wunde viel menschlicher gemacht. Der ging ja wirklich in die Hölle, aber mit hocherhobenem Haupt. Ja, so einen Freund kann man sich nur wünschen, und nein, ich finde seinen Wunsch verständlich. Vielleicht hätte er auch allein den Mut aufgebracht, allerdings schätze ich, ist die Aussicht unerträglich am Ende solange zu zögern und es vorweg zu schieben, bis man doch zum Zombie mutiert.
Auch die Wut auf die Regierung und Wissenschaftler: Top!

Viele Grüße, Morgi
KomMission-Unterstützerin, für mehr Feedback auf Animexx :-)

Antwort von:  Rabenkralle
10.09.2015 09:48
Und schon wieder laufe ich rot an. Du machst mich mit deinem Lob ganz verlegen. :)
Ich liebe es, ernste Geschichten zu schreiben, aber ein bisschen Humor ist nie verkehrt, finde ich ... Ich wollte noch einen Hauch Alltag einbringen, bevor es endgültig auf das Ende zugeht. Das hatten sich die beiden auch verdient. :)
Shikamarus Worte haben Temari wirklich getroffen, auch wenn sie es wahrscheinlich nicht zugeben würde. Ich mag solche Graustufen. Böse (oder das, was als böse dargestellt wird) ist schließlich nicht gleich böse und Temari hatte natürlich ihre Gründe, warum sie so handelt.
Ich könnte mir auch vorstellen, dass Shikamaru es letztendlich selbst beendet hätte, um Ino zu schützen. Aber das wäre wirklich der allerletzte Ausweg gewesen und auch nur, wenn er dazu überhaupt in der Lage gewesen wäre.
Schön auch, dass dir das angeschnittene Thema gefallen hat. Wenn ich in so einer Lage wäre, würde ich die Forschung und die, die sie finanziert haben, verfluchen ohne Ende (wobei es sicher noch genügend Leute geben würde, die über so etwas nicht nachdenken).

Liebe Grüße,
Rabenkralle
Von: abgemeldet
2015-09-09T00:45:16+00:00 09.09.2015 02:45
Hallo!

Uff, ich bin gerade vor Spannung umgekommen. Das kannst du doch nicht machen! (Ich meine: Doch, tu es!) Sehr genial, sowohl in der zeitlichen Abfolge, als auch der Dramatik. Ich habe am Bildschirm kleben müssen, sobald Ino den Zombie erblickte und der auf sie zutrottete. Ich war so verflucht überzeugt davon, dass er sie zu fassen bekäme, aber deine Lösung ist noch viel heimtückischer.
Shikamaru ist ab heute mein offizieller Held. Ich komme so selten dazu, mit einem männlichen Hauptcharakter mitzufiebern, aber du machst es einem wahrlich leicht. Deine Sprache ist sicher, die Dialoge von A bis Z durchdacht und packend und authentisch.
Temari mochte ich für ihr psychologisches Spielchen und den Fakt, dass sie ihn auf die Erde zurückholt. Und Ino dafür, dass sie so gewitzt ist, wenn auch am definitiv schlechteren Ende des Abhangs. Kiba - ohweh, hoffentlich kommt Kiba da lebend raus. Den hatte ich nicht auf dem Plan, aber für solche Wenden liebe ich die Geschichte.

Viele Grüße, Morgi
KomMission-Unterstützerin, für mehr Feedback auf Animexx :-)

Antwort von:  Rabenkralle
10.09.2015 09:15
Und auch hier noch mal ein riesiges Dankeschön für deine drei Kommentare!
Ich bin von gestern immer noch ein bisschen im Freudenrausch. =)
Ich bin so froh, dass die Spannung in dieser Geschichte so gut rüber kommt. Vom Genre her war es meine erste Geschichte dieser Art und von daher war es ein kleines Experiment für mich. Und dazu noch dein anderes Lob ... Ich sitze hier gerade vor dem Laptop und freue mich über deine Worte wie ein kleines Kind. =D
Mich in Shikamaru hineinzuversetzen, fällt mir extrem leicht. Normalerweise schreibe ich lieber aus der Sicht einer weiblichen Protagonisten (wahrscheinlich, weil ich selbst weiblich bin), aber bei ihm klappt es so wunderbar, weil ich mich so gut mit ihm identifizieren kann.
Temari passt wirklich gut in die Rolle, obwohl ich sie in erster Linie genommen habe, weil ich ein ShikaTema-Fangirl bin. Es war aber auch mal erfrischend, über die beiden nicht als Paar zu schreiben (wobei ich mir den einen oder anderen unterschwelligen Seitenhieb natürlich nicht verkneifen konnte).

Liebe Grüße,
Rabenkralle
Von: abgemeldet
2015-08-31T04:56:53+00:00 31.08.2015 06:56
Hallo!

Warum er sich solche Begleiter sucht? Weil es effektiv ist, nicht lange zu zaudern und zu zögern. Ich fand auch, dass im Unterton ein Gefühl der Verlässlichkeit und der Zuneigjng erkennbar war, also dass es mehr ald eine Zweckgemeinschaft rund um Temari gibt. Mensch, ihr Charakterdesign ist dir vollauf gelungen. Gerade im Kontrast zu Shikamaru war das wie Feuer und Wasser, denn ihr Verhalten ist durch die kaltblütige, direkte und respektlose Art furchteinflößend. Wäre sie nicht an der kurzen Leine, und die Geräuschkulisse von Schuss oder der Geruch von Blut so verheerend, hätte sich die Sache schon anders entwickelt.
Shikamaru gefiel mir enorm, sogar noch eine Nuance besser als Inos (völlig logischer) Fluchtinstinkt, der an der Realität scheiterte. Leider haben die Widersacher, die darwinmäßig marodieren, ihm nicht zugehört. Er gab einen netten Hinweis auf die Gefahr und die haben sie bislang noch nicht bemerkt ... na, das kann ja heiter werden. Ob es Temaris Gruppe zerfleddern wird?

Viele Grüße, Morgi
KomMission-Unterstützerin, für mehr Feedback auf Animexx :-)
Antwort von:  Rabenkralle
01.09.2015 09:56
Die andere Gruppe mag vielleicht rau erscheinen, aber sie ist auch ein eingespieltes Team. Eine Ansammlung von Einzelgängern hat in meinen Augen kaum eine Chance, in einer Zombie-Apokalypse zu überleben.
Schön zu hören, dass mir Temari ebenfalls gelungen ist. Ich musste beim Schreiben viel an ihrer Darstellung zum Anfang der Serie denken, als die Suna-Nins uns noch als kalt und grausam verkauft wurden.
Stimmt, Shikamaru weiß natürlich, was als nächstes passieren wird – es wäre ja nicht Shikamaru, wenn er als Vorsichtsmaßnahme nicht noch einen Plan in der Hinterhand hätte.

Liebe Grüße,
Rabenkralle
Von: abgemeldet
2015-08-31T04:43:47+00:00 31.08.2015 06:43
Hallo!

Oweia, ist das schon wieder spannend. Oder immer noch, nur schlimmer. Eben war ich noch aus dem Häuschen, weil du mit Shikamarus Handgeste (Sie tastete sich noch einen weiteren Schritt vor, streckte den Arm aus und fühlte die Wärme seiner Finger, die sich um ihr Handgelenk schlossen. - Selten einen fantastischen Satz gelesen!) mein Leserinnenherz zum schneller Schlagen verleitet hast und dann kam Schlag auf Schlag soetwas. Ich dachte ja, der Platz, wo Licht einfällt, wäre später ein Zombieschlupfloch, aber das kam völlig unerwartet. Genial! Endlich einmal eine andere Gruppe und die scheint nicht auf den Kopf gefallen, ja, sogar damit gerechnet zu haben. Und wer immer auf der Hut ist, wird kein guter Gegner ...
Kiba als Anführer fand ich ebenso einmalig gut wie das Gespräch, das die Stimmung zum Tiefpunkt brachte.

Viele Grüße, Morgi
KomMission-Unterstützerin, für mehr Feedback auf Animexx :-)
Antwort von:  Rabenkralle
01.09.2015 09:50
Ein fantastischer Satz? Vielen Dank! Ich kann mich nicht erinnern, dass ich so ein Kompliment schon mal bekommen habe. =)
Eine Begegnung mit einer anderen Gruppe hat mehr Reiz als ein paar Zombies auf mich ausgeübt. In meinen Augen ist das immer gefährlicher, als wenn man auf Untote trifft. Wie Zombies agieren, weiß man, aber was fremde Menschen tun, die selbst ums Überleben kämpfen, ist unberechenbar.
Kiba hat in meinen Augen in so einem Setting Führungsqualitäten. Er hat sich beim Schreiben automatisch zum Anführer entwickelt. :D

Liebe Grüße,
Rabenkralle
Von: abgemeldet
2015-08-31T04:27:43+00:00 31.08.2015 06:27
Hallo!

Was für eine gemeine Andeutung am Schluss, aber ich habe Glück und kann gleich weiterlesen. Bei dem Kapitel hast du nochmal eine gehöroge Schipp an Flair draufgelegt, denn die Diskussion war ernst und prickelnd, bedrohlich und doch wieder nüchtern. Ich finde es klasse, wie du die einzelnen Meinungen einflechtest und den Charakteren dabei treu bleibst. Man denkt gar nicht daran, wie besonders ein Geburtstag noch sein kann, wenn man tagtäglich das Schlimmste befürchten muss und alles über den bereits erwähnten Dosenfraß hinaus, zu Luxus zählt. Mir blutet bei dem Gedanken daran, dieses sichere Umfeld zurückzulassen durchaus das Herz - Frieden hätte ich bislang allen gewünscht. Aber wie soll ich sagen? Ich freue mich diebisch auf die Zombies und wette, einer kann doch klettern oder findet einen Weg, der die Situation erheblich zuspitzt. Die Biester scheinen nicht umsonst so erfolgreich und hartnäckig beschrieben worden zu sein!
Als Tippfehler fiel mir nur auf: 'seit noch immer die Alten' (seid)

Viele Grüße, Morgi
KomMission-Unterstützerin, für mehr Feedback auf Animexx :-)
Antwort von:  Rabenkralle
01.09.2015 09:43
Ja, das liebe Foreshadowing ... Hier hat es recht gut gepasst, finde ich. Normalerweise lasse ich dieses Stilmittel außen vor, weil es mich in den meisten Fällen nervt, wenn ich es irgendwo lese (Stephen King ist da ja ein ganz heißer Kandidat, auch wenn ich seine Art, Geschichten zu erzählen, sonst liebe).
Es freut mich sehr, dass die Geschichte und die Darstellung der Charaktere bisher deinen Geschmack trifft. Auch wenn das hier ein alternatives Universum ist, achte ich darauf, alle charaktergetreu darzustellen.
Danke für den Hinweis, ich werde den Fehler gleich mal korrigieren. :)

Liebe Grüße,
Rabenkralle
Von: abgemeldet
2015-08-31T04:15:33+00:00 31.08.2015 06:15
Hallo!

Ein sehr dramatischer Einstieg. Das war besonders in der letzten Szene fesselnd, weil es einen Hauch von Normalität versprühte - nun ja, wenn da nicht das Waffenüberprüfen und Axtschleifen gewesen wäre. Insgesamt ist es spannend, die Bedrohung herankriechen zu sehen und nun fehlen auch noch drei Mitglieder der Gruppe. Ohne die gehen sie dich ganz bestimmt nicht. Aber ein Himmelfahrtskommando wünscht man ihnen auch nicht ...
Hinatat war ein schöner Kontrast, ihre Unsicherheit fand ich lebendig und gleichzeitig passend zum Setting. Ich hoffe, die Zombies sind nicht nur hohl und in der Masse gefährlich! Großartig, das Setting zum Fandom zu kombinieren, und Hut ab, dass du vor dem ernsten Hintergrund den Humor noch glaubhaft und völlig natürlich einbindest! :))

Viele Grüße, Morgi
KomMission-Unterstützerin, für mehr Feedback auf Animexx :-)
Antwort von:  Rabenkralle
01.09.2015 09:37
Guten Morgen!

Ich danke dir herzlich für deine Kommentare! =)
Auf die Normalität habe ich in den ersten Kapiteln besonderen Wert gelegt. Von daher geht es (von der Begegnung mit dem Zombie ganz am Anfang abgesehen) ein wenig behäbig los.
Hinata in eine andere Rolle zu stecken, hätte irgendwie auch nicht gepasst. Nicht jeder kann durch die Umstände völlig abgeklärt werden. Die Hauptcharaktere haben sich zwar einen gewissen Schutzschild aufgebaut, aber unzerstörbar ist er nicht.
Ich bin ein Fan des klassischen Zombies – aber natürlich kann auch ein einziger gefährlich werden, keine Frage. Mich wundert es, dass es im Fandom bis jetzt noch nichts gab, das in einer Zombie-Apokalypse spielt, weil das Setting in den letzten Jahren so gehyped wird.
Und ein bisschen Humor muss immer sein. Ohne geht es einfach nicht. Wenn es dann auch noch glaubhaft ist, umso besser. :)

Liebe Grüße,
Rabenkralle
Von:  Kerstin-san
2015-08-17T15:32:22+00:00 17.08.2015 17:32
Hallo,

ahhhh, der Epilog ist so bitter.
Man hätte sich so viel Leid ersparen können, wenn alle am Anfang nicht so aggressiv gewesen wären, sondern miteinander geredet hätten.
Trotzdem finde ich, dass du da eine ganz tolle FF geschrieben hast, das Leben ist nun mal nur in den seltensten Fällen fair und gerecht.

Liebe Grüße
Kerstin
Antwort von:  Rabenkralle
19.08.2015 14:13
Das stimmt wohl. Es ist eine Geschichte voller Missverständnisse, könnte man sagen, die sich leider nur teilweise zum Guten gewendet hat.
Es freut mich sehr, dass dir meine Fanfic so gut gefallen hat. Du hast Recht: Das Leben ist nur selten fair und gerecht.

Liebe Grüße,
Rabenkralle


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