Zum Inhalt der Seite

Innere Zerrissenheit

Liebe verändert
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Verletzlicher Stolz

Andrés klarer Blick schweifte gedankenverloren in die Ferne. Während seine Augen gebannt den Horizont fixierten, fuhr er bedächtig mit der Bürste über die kräftigen Flanken seines Braunen. Es war eine einfache Arbeit die er täglich verrichtete, doch seit je her empfand er die Aufgabe, sich um die anmutigen Tiere zu kümmern als eine Bereicherung.
 

André war seit dem Tod seiner Eltern nun bereits seit vielen Jahren im Dienste der Familie Jarjayes. Seine Hauptaufgabe bestand zunächst darin, Oscars Begleiter und Gefährte in allen Lebenslagen zu sein. Aus dieser Aufgabe heraus wuchs mit der Zeit ein tiefes Band und eine aufrichtige Freundschaft zwischen den beiden. Mit seinem Heranwachsen bekam André dann noch weitere Aufgaben, die er pflichtgemäß erfüllte. Zum Einen half er seiner Großmutter bei vielen Aufgaben, die im Hause Jarjayes anfielen, zum Anderen war es seine Aufgabe, sich als Stallbursche um die Pferde der Familie zu kümmern.
 

So wuchs André zu einem ruhigen, jungen Mann heran, dessen besonnene Art wohl sein eindringlichster Charakterzug war. Er war stets höflich und verlässlich und er konnte auch in den brenzlichsten Situationen einen kühlen Kopf bewahren. Somit stellte er das Pendant zu seiner allzu oft ungestümen Freundin Oscar dar. Sicherlich verhalfen seine Weitsicht und seine Ruhe ihnen schon das eine oder andere Mal dabei, Herr der Lage zu bleiben. Und obwohl André nicht von edler Herkunft war, so war er zu einem gutaussehenden jungen Mann herangewachsen, der durch seine Erziehung den adligen jungen Männern in Nichts nachstand. Er wusste wie man sich in der feinen Gesellschaft zu benehmen hatte, war stets ordentlich gekleidet und kannte die gängigen Umgangsformen.
 

André führte seine Bewegungen vollkommen ruhig und routiniert aus. Jeder Handgriff saß, sodass er getrost seine Augen an den Horizont heften konnte, ohne mit der Arbeit inne halten zu müssen. Bereits seit einigen Tagen war Oscar nun in Versailles und er konnte es kaum erwarten sie wieder zu sehen. Es überkam ihn stets ein unbestimmtes Gefühl, ein inneres Unbehagen, wenn er längere Zeit ohne sie war. Er konnte dieses Gefühl aber gar nicht wirklich fassen.
 

Plötzlich entdeckte André Oscar am Horizont. Sofort unterbrach er seine Arbeit.
 

Seine Augen leuchteten. Sein Blick ruhte sanft auf ihrer Gestalt. Anmutig und stolz kam sie nach arbeitsreichen Tagen aus Versailles zurück. Ihr Blick war ernst.

André schenkte Oscar zur Begrüßung sein aufrichtigstes Lächeln: „Guten Abend, Oscar!“, sagte er freudig und auch sie erwiderte seine Begrüßung, als sie sich elegant von ihrem Schimmel schwang „Guten Abend, André.“ Ihr Blick erhellte sich sofort und ein sanftes Lächeln stahl sich auch auf ihre Lippen.

„Sattel dein Pferd André, wir reiten noch aus“, rief sie ihm zu, als sie sich auch schon auf dem Weg ins Anwesen befand, um sich umzukleiden.
 

André konnte es kaum erwarten mit Oscar auszureiten. Diese gemeinsamen Rituale waren in letzter Zeit rar geworden. Wenngleich er sie häufig nach Versailles begleiten durfte und die Zeit mit ihr genoss, so war es kein Vergleich zu dem Gefühl das ihn überkam, wenn sie gemeinsam ausritten und sich der Leichtigkeit des Seins hingaben. Ungeduldig fixierte er den großen Eingangsbereich des Anwesens.
 

Unwillkürlich zauberte Oscars Anblick ihm eine leichte Röte ins Gesicht. Sie hatte sich frisch gemacht und ihre braune Lieblingshose angezogen, die hauteng ihre Figur umschmeichelte. Dazu trug sie eine helle leichte Bluse aus Seide, die mit wenigen schlichten Stickereien an den Ärmeln und am Kragen besetzt war. Diese umspielte im leichten Spätsommerwind ihre schmalen Schultern und ihre schlanke Taille und unterstrich hervorragend Oscars anmutige und edle Erscheinung. Nichts übertriebenes aber dennoch elegant genug um ihr vornehmes Wesen zu betonen. Ihre langen, gebürsteten Haare fielen ihr engelsgleich in goldenen Wellen über den ganzen Rücken. Wie schön sie doch war. André verlor sich beinahe in ihrer Anmut. Oscar selbst schien von Andrés Blicken keine Notiz zu nehmen. Mit gewohnter Leichtigkeit schwang sie sich aufs Pferd und gab ihm sogleich die Sporen.
 

André hatte alle Mühe nachzukommen. Der Wind umspielte Oscars lange Locken, als sie lachend über die weiten Felder ritt, André immer dicht an ihrer Seite. Ihre strahlend blauen Augen leuchteten vor Glück und auch in Andrés Augen war ein Glanz zu erkennen, der eine tief empfundene Freude erkennen ließ.

Nach einiger Zeit drosselte Oscar ihr Tempo merklich und ging in einen leichten Trab über. Mit der Entschleunigung ihrer Bewegung trat auch die bekannte Ernsthaftigkeit in ihren Ausdruck. Bedächtig und schweigend ritten die beiden nebeneinander her.
 

André durchbrach nach einiger Zeit die Stille: „Du warst lange in Versailles, Oscar. Ist etwas Besonderes vorgefallen?“ Er sah sie eindringlich von der Seite an. Ihre Miene verfinsterte sich augenblicklich. „Die Prinzessin hat noch nicht gelernt ihre Gefühle zu verbergen. Das kann sie noch in große Gefahr bringen“, seufzte sie nachdenklich. „Sie ist sprunghaft wie nie! Neuerdings ist sie nachts häufig auf Bällen unterwegs und hat dort auch einen jungen Grafen kennengelernt, an dem sie offenkundig Interesse zeigt. Er hat sie auch schon in Versailles besucht, worüber sie augenscheinlich angetan war.“ André hörte geduldig zu. „Worüber sorgst du dich genau, Oscar?“, fragte André nachdem er seine Gedanken gesammelt hatte. „Ich befürchte, dass die Prinzessin ihre Gefühle zu offen zeigt und dadurch angreifbar wird. Ich muss vermeiden, dass sie zum Spielball der intriganten Versailler Gesellschaft wird. Das könnte böse Folgen haben!“, entgegnete sie stirnrunzelnd und beendete nach einer kurzen Pause ihren Gedanken: „Ich kam nicht umhin zu bemerken, wie sich die Beiden ansehen. Sie scheinen tiefe Gefühle für einander zu hegen.“ Nachdem André mit einem kurzen Nicken signalisierte, dass er ihren Ausführungen weiterhin folgte, fuhr sie fort: „Ich möchte, dass du mich von nun an noch häufiger zu Hofe begleitest. Du hast eine sehr feine Beobachtungsgabe, die uns sicher noch von Nutzen sein wird.“ André nickte: „Wie du es wünscht, Oscar. Ich helfe dir gerne.“
 

Ohne Vorwarnung gab er seinem Braunen die Sporen. „Los komm, Oscar!“, rief er, „ein Wettrennen zum See!“ Das ließ sich Oscar nicht zweimal sagen. Jauchzend jagte sie hinter André her und hatte ihn schon bald eingeholt. Er war chancenlos gegen sie.
 

Vollkommen verschwitzt und außer Atem ließ sich Oscar ins Gras fallen. Ihr Brustkorb hob und senkte sich schwer unter ihrem keuchenden Atem. André wiederum hatte eine bessere Idee. Eilig entledigte er sich seines Gehrocks und seines Hemdes und sprang in das kühle Nass.
 

Freudig forderte er Oscar auf, ihm zu folgen, jedoch kam sie dieser Aufforderung nicht nach. Es war ein halbes Leben lang her, dass sie mit André geschwommen war. Diese Tage lagen weit zurück, in ihrer gemeinsam verlebten Kindheit.
 

Oscar musterte André. Vergnügt und unbeschwert tollte er im kühlen Nass herum. Wie damals! Doch mit einem bedeutenden Unterschied: Nicht nur sie hatte sich in den Jahren verändert. Auch an André konnte man die Zeichen der Zeit ausmachen. Während sich Oscars Körper schon vor einigen Jahren zu dem einer Frau entwickelte, so fiel ihr zum ersten Mal richtig auf, dass auch Andrés Körper einen Gestaltwandel vollzogen hatte. Er überragte Oscar mittlerweile um einen ganzen Kopf und seine Gestalt wirkte stark und kräftig. Oscar ließ ihre Blicke weiter über Andrés Körper gleiten: Sein Oberkörper war wohl definiert, schlank und muskulös. Seine Brust wirkte hart und auch seine Arme waren von der körperlichen Arbeit wohl geformt. Seine Haut war rauer als ihre und mittlerweile wuchsen ihm Haare an Stellen an denen sie keine besaß. Jeden einzelnen Muskelstrang konnte man unter seinen fließenden Bewegungen ausmachen. Die Sonne reflektierte die Wassertropfen auf seinem Körper. Oscar blinzelte. Als sie schließlich bemerkte, wie André ihre Blicke einfing, wandte sie sich ab. Nein, schwimmen mit ihrem besten Freund war schon lange keine Option mehr. Dies untersagte ihr nicht nur der Anstand.
 

Gedankenverloren ließ sich Oscar zurück ins Gras fallen und schloss die Augen. Marie Antoinette hatte sich in Graf von Fersen verliebt. Verliebt. Wie fühlte sich das wohl an, verliebt zu sein? Oscar wusste es nicht. Marie Antoinette hatte sie mit dieser Frage vollkommen überrascht. Oscar konnte ihr keine Antwort darauf geben. Die Prinzessin war verliebt. Sie wurde übermannt von einer Vielzahl an Gefühlen, die sie nicht kontrollieren konnte. Vollkommen überwältigt und vereinnahmt. Aber war das nun positiv oder negativ zu werten? Konnte es denn gut für jemanden sein, einen solchen Kontrollverlust zu erleben? Sich jemandem bedingungslos hinzugeben? Ob ihr das wohl auch einmal passieren konnte? Sich zu verlieben? Wahrscheinlich nicht! Dafür hatte sie sich zu sehr unter Kontrolle. Die Liebe war in ihrem Leben keine Option. Sie führte ja ohnehin als Frau das Leben eines Mannes, da gab es kein Platz für die Liebe. Nicht für sie!
 

Noch vollkommen in Gedanken versunken spürte Oscar plötzlich, wie einzelne Wassertropfen ihr Gesicht benetzten. Verwirrt schlug sie die Augen auf und erschrak, als ihr bewusst wurde, dass André über ihr stand und sie auch sogleich packte und mit sich ins Wasser zog. Das kühle Nass traf sie mit seiner voller Wucht. Sie ließ einen Schrei des Entsetzens von sich fahren und nachdem der erste Impuls das Wasser fluchtartig zu verlassen von Andrés zurückhaltender Hand vereitelt wurde, ließ sie sich auf die vertraute Situation ein. Wild tauchten sie einander unter und schwammen um die Wette. Es war wie früher, in ihrer Kindheit. Ausgelassen tobten die beiden im See herum.
 

Plötzlich spürte Oscar André ganz nah. Sie fühlte, wie sich seine Muskeln anspannten, als er sie mit einer Leichtigkeit auf seine starken Arme hob und sie zurück ins Wasser warf. Oscar erbebte ein wenig über seine Kraft, die ihr zum ersten Mal gewahr wurde, schüttelte diesen Gedanken aber schnell beiseite, als sie sich beim Auftauchen erneut bereit machte, mit einer Attacke ihrerseits zu kontern.
 

Doch gerade als sie ausgelassen auf ihn zustürmen wollte, fiel ihr auf, dass André plötzlich wie vom Blitz getroffen inne hielt und sie mit versteinerten Gesichtszügen ansah. Verwundert unterbrach auch Oscar ihre Bewegung und kam zögerlich ebenso angewurzelt vor André zum stehen.
 

Sein Blick blieb an ihr haften. Oscar konnte sich nicht erklären, warum er sie plötzlich so eindringlich ansah. Was war nur geschehen? Andrés Blick fixierte ihr Gesicht und folgte den abperlenden Wassertropfen, die ihr über die nackte Haut rannen. Er sah, wie sie sich Ihren Weg über Oscars Gesicht bahnten, in das ihr langes, seidiges Haar in nassen Strähnen fiel. Er folgte den Tropfen weiter über die weiche und geschmeidige Haut ihrer Wangen. Es schien, als liefen sie um die Wette, als könnten sie es kaum erwarten ihr Ziel zu erreichen. Die Tropfen liefen an Oscars wohlgeformten weichen Lippen vorbei, hinab zu ihrem Kinn, an dem sie abperlten und sich den Weg zum Wasser bahnten. Andrés sachter Blick folgte den Wassertropfen, als lüfteten sie ein Geheimnis. Ein Geheimnis, dass er womöglich auch gleich zu lüften vermochte. Andrés Blick fuhr an Oscars schmalen Hals entlang bis zu ihrem Oberkörper.
 

Vollkommen erstaunt und verunsichert nahm Oscar derweil Andrés Blick in sich auf. Ihr fiel auf, wie sein Blick, der zunächst auf ihren schmalen Schultern weilte, hinüber zu den herausstehenden Knochen ihres Schlüsselbeins glitt und schließlich am Ausschnitt ihrer Bluse haften blieb. Sie bemerkte wie sein Gesicht augenblicklich von einer Schamesröte überzogen wurde. Er atmete schwer. Immer noch vollkommen überrascht von seiner Reaktion stand Oscar da und konnte sein Verhalten zunächst nicht richtig deuten.
 

Erst als sie seinem Blick folgte und an sich heruntersah, wurde ihr gewahr, weshalb André so plötzlich sein Ungestüm derart unterbrach: Durch das Wasser war ihre dünne Seidenbluse vollkommen durchsichtig geworden und nach Andrés letztem Wurf, waren die Bandagen, mit denen sie sich stets ihre weiblichen Rundungen abband, um diese zu verbergen, verrutscht.
 

Andrés Blick haftete weiterhin an ihrer durchsichtigen Bluse, die hauteng an ihrem Körper klebte. Er schien jeden Zentimeter ihres, sich darunter abzeichnenden Körpers, in sich aufzunehmen. Sein Blick fuhr von ihrem Ausschnitt hinab zu ihren wohlgeformten Brüsten, die nun nicht mehr durch die Bandagen verdeckt wurden, sondern sich klar und deutlich unter ihrer Bluse abzeichneten. Durch das kühle Nass war Oscars Haut mittlerweile mit einer Gänsehaut überzogen und auch ihre Brustwarzen standen deutlich hervor.
 

Oscar errötete ebenso wie André in dem Moment, in dem ihr die Bedeutung der Situation ins Bewusstsein drang. Sie senkte ihren Blick und versuchte ihre Blöße mit den Händen zu bedecken. Als sie wieder aufsah, blickte sie erstarrt und angsterfüllt auf einen sich nähernden André, der mit einem unbekannten Funkeln in den Augen seine Hand nach ihr aussteckte. Sofort stieg Panik in Oscar auf, die sie zu lähmen drohte. Aus einem plötzlichen Impuls heraus schaffte sie es sich aus ihrer Starre zu lösen und versuchte fortzustürmen. Doch sie war nicht schnell genug. André hatte sie bereits an ihrem Handgelenk gepackt.



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  abcdefg123
2015-09-03T21:37:28+00:00 03.09.2015 23:37
Dieses Kapitel hast du toll geschrieben - die genauen Beschreibungen - als könnte ich alles, wie in einem Film sehen. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung. Mach bitte weiter so!
Von:  hunny123
2015-08-02T18:18:39+00:00 02.08.2015 20:18
Wow, da gehts ja richtig los bei den beiden. Du hast einen tollen Wortschatz, Personen und Handlungen zu beschreiben. Metaphorisch einwandfrei! Es ist, als würde ich eine Folge aus dem Anime sehen! Super! Ich will das auch Können :)

Ich finde es toll, dass du die Absatzkorrektur, die broedl erwähnt hatte, bereits in diesem Kapitel angewandt hast. Es liest sich deutlich flüssiger und erhöht den Spannungsbogen!
Von: abgemeldet
2015-08-01T19:36:42+00:00 01.08.2015 21:36
Ein tolles Kapitel - auf deine Fortsetzung habe ich so lange gefiebert! Du hast einen unvergleichlich tollen Schreibstil. Deine Art, die Charaktere und Situationen zu umschreiben, Worte zu finden die einfach treffend sind... Grandios! Deine Ausdrucksweise wirkt sehr gereift und tiefgründig. Da kann ich nur meinen Hut ziehen! Mach weiter so!


Zurück