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Echoes

Marco x Ace
von

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Das Echo der Bruderschaft

»…-ich dachte, das solltest du vielleicht noch wissen, bevor du mir wirklich die Position des Kommandanten anbieten willst…«, endete Ace gepresst und knetete angespannt die Krempe seines Hutes, der in seinen Händen hing.
 

Er saß vor dem Kaiser, den Blick gesenkt, denn anzusehen wagte er Whitebeard in diesem Moment nicht, harrte nur schweigend und gefasst auf dessen nächste Worte und starrte die Bodendielen vor seinen Füßen verbissen an.
 

Gleich wäre es soweit,- gleich würde man ihn fortjagen, gleich…
 

»Gurarara…tatsächlich, ist ja ‘n Ding! So ist das also….hrm, charakterlich gleichst du Roger aber nicht wirklich…«
 

Ace‘ Kopf ruckte nach oben und er starrte den Kapitän fassungslos an,- er hatte sich gewappnet, für Beschimpfungen, Vorwürfe, sogar für den Verlust seines neuen Heimes, doch alles was er bekam war ein amüsiertes Lachen und der gütige Blick des mächtigen Piratenkaisers, womit er völlig überfordert war.
 

»D-das ist alles, was du dazu sagst?! Du schmeißt mich nicht raus?!«
 

»Warum sollte ich?! Ich hab mich schon gefragt, was du mir so wichtiges zu sagen hast, aber dass du so kleinkariert denkst, Junge…«, brummte Whitebeard zurechtweisend.
 

»I-ich bin der Sohn deines alten Feindes!«, setzte Ace verständnislos nach.
 

Der alte Mann stieß sein grollendes Lachen aus. »Und, was sollte mich das interessieren? Was ändert das schon, hm?! Alle Menschen sind Kinder der See, Ace, egal von wem sie auch abstammen mögen. Merk dir das, mein Junge!«
 


 


 

Ace hatte das Kinn auf dem Tisch abgelegt und starrte gedankenverloren vor sich hin, während er die Zinken seiner Gabel lustlos auf dem leeren Teller vor sich kreiseln ließ,- dadurch entstand ein quietschendes, nervtötendes Geräusch, was Thatch, der ihm gegenüber saß, gequält das Gesicht verziehen ließ.
 

Nach einer Weile hielt es der Kommandant der Vierten nicht mehr aus, griff über den Tisch und entriss dem Jungen energisch das Folterwerkzeug. »He, was soll dieser trübsinnige Blick? Und überhaupt, wirst du krank? Nur eine Portion zum Abendessen?!«, stellte Thatch stirnrunzelnd fest und deutete fast besorgt auf Ace‘ Teller, den der zuvor mit erschreckend wenig Begeisterung geleert hatte. »Was ist los, Kleiner?«
 

»Nichts, gar nichts ist los, hab halt keinen Hunger…«, schnaubte Ace bissig und zog sich seinen Hut tiefer ins Gesicht, um dem skeptischen Blick des anderen zu entgehen,- Thatch schürzte die Lippen pikiert und trommelte mit den Fingern unzufrieden auf dem Tisch, während er den Jungen musterte. „Kein Hunger“?! Als ob das je im Rahmen des Möglichen liegen würde!
 

»Komm schon, Ace, ich bin doch nicht blöd! Irgendetwas beschäftigt dich doch und es muss wichtig sein, wenn du darüber sogar das Essen vergisst«, mutmaßte Thatch geradeheraus, bevor er sich suchend im allabendlich gut gefüllten Speisesaal der Moby umsah.
 

»Und wo steckt eigentlich Marco? Den hab ich heute auch noch nicht gesehen…«, stellte der Kommandant auf beinahe beleidigte Art und Weise fest, als wäre er einer Verschwörung auf der Spur, bei der er ausnahmsweise mal kein aktiver Part war.
 

»Sonst hängst du doch auch ständig an seinem Rockzipfel«, versuchte Thatch den Jungen neckend aus der Reserve zu locken, da er inzwischen durchaus bemerkt hatte, dass Ace den Kommandanten der Ersten sehr schätzte und gern Zeit mit diesem verbrachte,- Thatch freute das natürlich für seinen langjährigen Freund, denn Marco konnte durchaus mal ein wenig Abwechslung von seinen streng auferlegten Pflichten gebrauchen und Ace tat ihm sichtlich gut.
 

»Bestimmt nicht so viel wie du an Izous Kimono…«, konterte die Feuerfaust sofort mit blitzenden Augen, was den anderen empört nach Luft schnappen ließ.
 

»Unsinn! Was sollte ich auch bitte bei dieser knochigen Möchtegern-Geisha wollen, he?!«, schnaufte der Kommandant abwehrend, bevor er mit glänzenden Augen die Hände in einer wiegenden Geste an die eigene Brust hob. »Ich bevorzuge immerhin weibliche und weiche Körper, die sich anschmiegsam in meine Hände ergeben, das wohlige, süße Seufzen einer Frau~…«
 

Thatch unterbrach sich selbst in seiner Schwärmerei, indem er Ace seinen Zeigefinger herausfordernd entgegen streckte, weil der die Brauen kritisch in die Höhe gezogen hatte und ihn mit unverhohlener Skepsis betrachtete. »Ich schwör’s dir, auf der nächsten Insel werde ich sie finden, die Liebe meines Lebens, die Mutter meiner Kinder! Du wirst schon sehen!«
 

»Ja klar…«, schnaubte Ace und verdrehte die Augen in die Höhe, während er resigniert den Kopf schüttelte,- unter anderen Umständen wäre er vielleicht sogar belustigt gewesen.
 

Er wusste schon jetzt ganz genau, wie der nächste Landgang für Thatch enden würde, weil nämlich jeder Landgang für ihn so endete,- betrunken und desillusioniert an Izous Schulter, der sich das Geheule dann anhören musste, da der - zur übertriebenen Dramatik neigende - Kommandant der Vierten auf jeder verdammten Insel die große Liebe fand, die allerdings irgendwie immer sehr einseitig ausgeprägt war...
 

An den darauffolgenden Tagen waren die beiden Kommandanten dann nur noch unausstehlicher zueinander. Beim Seekönig, die zwei sollten sich endlich mal ordentlich durch die Laken wälzen, damit hier Ruhe einkehrt, hatte Rakuyou erst neulich mit einem entnervten Stöhnen vorgeschlagen, als Thatch und Izou sich über den Gang des Kommandantendecks wieder mal wie ein altes Ehepaar angekeift hatten.
 

»…wo ist Marco nun?«, beendete Thatch seine träumerische Ausschweifung und Ace stellte fast ein wenig beschämt fest, dass er ihm kaum zugehört hatte.
 

»Keine Ahnung, vielleicht ist er ja auf seinem Nistplatz eingeschlafen…«, brummelte Ace konsequent verstimmt.
 

»Na lass ihn das bloß nicht hören!«, kicherte Thatch amüsiert, während Ace inzwischen dazu übergegangen war, den leeren Teller vor seiner Nase kratzend auf dem Tisch hin und her zu schieben.
 

Er wusste wirklich nicht, wo der Phönix war oder was der gerade trieb und genau darin lag auch mehr oder minder sein Problem. Ace hatte das komische Gefühl, dass Marco ihm aus dem Weg ging und tunlichst seine Gegenwart oder Unterhaltungen zu meiden schien,- seltsamerweise seit seinem eigenen Gespräch mit Whitebeard vor zwei Tagen…
 

Vielleicht hat Pops es ihm ja erzählt? Vielleicht weiß Marco jetzt, wessen Sohn ich bin… Ace schob diesen Gedanken sofort vehement von sich. Unsinn, der alte Mann mag vieles sein, doch er ist bestimmt keine gedankenlose Plaudertasche! Doch warum machte sich der Phönix dann mit einem mal so rar?
 

Ace war frustriert, denn dieser - für ihn nicht nachzuvollziehende - Rückzug seines Mentors beschäftigte ihn mehr, als er zugeben wollte, vor allem, da ihm der Phönix ja auch nicht einmal die Gelegenheit gab, die Sache aufzuklären. Vielleicht ist Marco ja auch nicht mit Pops‘ Wahl einverstanden, mich zum Kommandanten zu machen? Darüber hat er bestimmt mit ihm gesprochen…
 

Ace war unschlüssig, ob er den Posten wirklich so einfach annehmen sollte,- er wollte es, keine Frage, denn sein Ehrgeiz und sein Stolz sahen darin eine Herausforderung, die er bei klarem Verstand kaum ausschlagen würde, aber Whitebeard hatte ihn mit seinem Angebot auch ziemlich überrumpelt.
 

Er hatte nun die Möglichkeit einer der Befehlshaber des Kaisers zu werden,- einem der mächtigsten und stärksten Männer auf diesen Meeren; einen Mann, den er zu respektieren gelernt hatte und in dessen Beisein ihm das Wort Vater wesentlich leichter von den Lippen ging, als wenn er von seinem Erzeuger sprach.
 

Doch er war jung, er war noch nicht lang dabei und er befürchtete, dass sich einige seiner Nakama womöglich vor den Kopf gestoßen fühlen könnten, wenn er plötzlich als Kommandant vor ihnen auftrat.
 

Noch dazu war er sich selbst nicht ganz sicher, ob er sich ernsthaft schon bereit dafür fühlte, so eine große Gruppe an Männern zu befehligen, Verantwortung für diese zu übernehmen und das nicht nur aushilfsweise, weswegen er vor seiner Entscheidung auch gern mit Marco darüber gesprochen, sich dessen Rückhalt und Hilfe versichert hätte…
 

Verdrossen knallte Ace seine Stirn auf die Tischplatte, was Thatch wohl fälschlicherweise glauben ließ, dass er wieder mal urplötzlich eingepennt wäre,- der Kommandant nahm seufzend Ace‘ leeren Teller und erhob sich, um das Geschirr wegzuräumen, da er schon wusste, dass die ungeplanten Schläfchen des Jungen einige Zeit dauern konnten.
 

»Also manchmal möchte ich mich so auch gern aus unangenehmen Gesprächen retten können…«, murrte Thatch mit schiefem Schmunzeln und Blick auf die Feuerfaust, bevor er Izou auf der anderen Seite des Raumes erspähte und rasch hinter Blenheim in Deckung ging, der sich eben vom Nachbartisch erhoben hatte, um hinter diesem unauffällig das Weite zu suchen.
 

Nachdem der Kommandant abgezogen war, rappelte Ace sich wieder auf und lugte unter der Krempe seines Hutes hervor, als plötzlich eine schwere, große Hand auf seine Schulter krachte und ihn merklich zusammenzucken ließ.
 

»Na, Kommandant Ace, ganz allein hier?«, tönte die kratzige Stimme heiter, bevor sich der zugehörige, massige Körper neben der Feuerfaust auf die Bank fallen ließ und sein übervolles Tablett vor sich auf den Tisch krachte.
 

»Teach…«, stieß Ace halb erleichtert, halb enttäuscht aus, als er seinen Nakama erkannte, der ihn mit einem breiten Grinsen voller Zahnlücken fixierte,- für einen Moment hatte er schon gedacht, dass Marco gekommen wäre, um endlich das Gespräch zu suchen.
 

Dann allerdings realisierte er Teachs vorangegangene Worte und starrte den Piraten mit großen Augen an, der fröhlich sein Essen in sich hineinstopfte. »Äh…hast du gerade…woher…« Ace senkte die Stimme unsicher ab und lehnte sich zu seinem Kameraden hinüber. »…die Sache mit dem Kommandant…woher weißt du…?«
 

»Zehahahaha, Ace, komm schon! Dieses Schiff ist wie eine Küche voller Waschweiber, sag bloß, dass ist dir noch nicht aufgefallen…?!«, meinte Teach belustigt und biss kräftig in ein Stück Brot, wodurch die Krümel über sein zum Bersten gespanntes Hemd rollten. »Außerdem tuschelt fast jeder der Zweiten schon lange darüber, dass du ein geeigneter Anwärter wärst«, erklärte der Pirat schulterzuckend.
 

Ace sah seinen Nakama nachdenklich an, während er das Kinn in die Handfläche stützte,- er kannte Teach nun schon eine Weile, doch zu seinem eigenen Erstaunen würde er den wohl nie zu seinen engsten Freunden zählen, obwohl er eigentlich auf Anhieb mit allen Mitgliedern der Crew gut ausgekommen war.
 

Er wusste nicht recht, was es an dem anderen war, doch irgendetwas in Teachs Augen riet Ace zu einem gewissen Maß an Abstand, obwohl der ihm nie einen Anlass für Misstrauen oder Abneigung gegeben hatte, nicht einmal, als die Feuerfaust die zweite Division aushilfsweise hatte anführen dürfen.
 

Eigentlich verwunderlich, denn Teach war eines der ältesten Mitglieder der Division, viel länger dabei als er selbst, und hätte sicherlich damit weit vor Ace einen Anspruch auf den Posten des Kommandanten gehabt…
 

»Sag mal, würde dich das eigentlich überhaupt nicht stören, wenn ich dein Kommandant wäre?«, hakte Ace recht zweifelnd nach, während er seinem Kameraden mit großen Augen beim Essen zusah,- Teach konnte immerhin ebenso viel verdrücken wie er selbst und das war schon eine Glanzleistung. »Ich meine, du gehörst doch schon länger als ich dazu und-...«
 

»Zehahaha…Quatsch! Da mach dir mal keinen Kopf, ich hab keinerlei Ambitionen!«, entgegnete Teach abwinkend und spülte seine Mahlzeit mit einem großen Schluck Rum hinunter, bevor er sich zufrieden mit dem Ärmel über den Mund wischte und Ace bekräftigend auf die Schulter klopfte. »Mach du das nur, Kommandant Ace. Mit dir wären alle zufrieden.«
 

Keinerlei Ambitionen?! Ace kniff kritisch ein Auge zusammen und kratzte sich nachdenklich an der Nase,- er mochte oftmals zu gutgläubig sein, doch dass ein Mann wie Teach keinerlei ehrgeizige Ziele verfolgen sollte, erschien selbst ihm irgendwie recht fragwürdig.
 

Der Kerl war verschlagen und das auf eine Art und Weise, die selbst für einen Piraten sehr grenzwertig erschien,- Ace hatte seinen Nakama schon öfters bei ihren abendlichen Pokerrunden zugesehen und wirklich niemand konnte so gut bluffen und täuschen wie Teach; Fähigkeiten, die er sich irgendwann und zu einem bestimmten Zweck ja sicherlich einmal angeeignet hatte…
 

Ace wollte gerade etwas erwidern, als unerwartet Marco in der Tür der Messe erschien, was ihm sofort ein freudig erleichtertes, wenngleich auch nervöses Kribbeln in der Magengegend bescherte, doch zu seiner Enttäuschung blickte der Phönix nicht einmal in seine Richtung, sondern bahnte sich nur schnell einen Weg durch die Reihen der essenden Männer zur Kombüse.
 

Frustriert schnaufend sackte Ace in sich zusammen, als er zusah, wie Marco sich von einem der Hilfsköche einen abgedeckten Teller reichen ließ und mit diesem schnurstracks kehrt machte,- der flatternde, blaue Haramaki war das Letzte, was die Feuerfaust von dem Kommandanten sah, als jener wieder verschwand.
 

Das darf doch nicht wahr sein! Hab ich irgendwas falsch gemacht? Oder bilde ich mir das alles etwa nur ein? Äußerst unzufrieden verschränkte er die Arme vor der Brust, während er die Unterlippe zwischen die Zähne zog und grübelnd auf dieser herumkaute. Ich muss unbedingt mit Marco reden und das klären! Und zwar jetzt gleich!
 

Beherzt stemmte er sich in die Höhe, verabschiedete sich knapp von Teach und schob sich durch die dicht gedrängte, lärmende Menge seiner Nakama, um die Messe nun ebenfalls zu verlassen und dem Vize zu folgen.
 

Wenn sich der Phönix mit dem Essen nicht bei seinen Kameraden niederließ, dann zog er sich meistens in seine Kajüte zurück, weil er noch über Arbeit hockte, die keinen Aufschub duldete. Das hatte Ace inzwischen schon mitbekommen, also macht er sich nun auf in Richtung des Kommandantendecks, während seine Nervosität mit jedem Schritt anzusteigen schien.
 

Er hatte ehrlich doch ein wenig Schiss, dass das gute Verhältnis, was er zu seinem Mentor inzwischen aufgebaut hatte, zerbrechen könnte, wenn dieser das Geheimnis um Ace‘ Herkunft kannte und doch war er entschlossen, den Phönix ebenfalls einzuweihen, denn neben Pops hatte der wohl den größten Anspruch auf die Wahrheit,- und das nicht nur, weil der ältere Kommandant zu einem unbestreitbar wichtigen Bezugspunkt für ihn geworden war.
 

Denn Marco bildete eine ziemlich eigenartige Ausnahme für Ace, der sich stets einen emotionalen Sicherheitsabstand zu den Menschen in seiner Umgebung wahrte, egal, wie gern er die auch mochte und um sich hatte.
 

Dieser Schutzmechanismus hatte sich irgendwann von selbst entwickelt, da er in der Vergangenheit nur allzu oft und deutlich vor Augen geführt bekommen hatte, wer er war und was jemand wie er, dessen Existenz verflucht war, vom Leben und der Welt zu erwarten hatte - nämlich rein gar nichts.
 

Wie viele Male hatte Ace schon in den Spiegel geblickt, unfähig etwas anderes zu sehen als eine schmutzige Abscheulichkeit, der es nicht erlaubt war, zu atmen, geschweige denn ein erfülltes Leben zu führen. Genauso unfähig fühlte er sich oftmals auch, wahre Zuneigung und Vertrauen zu anderen zu empfinden, diese Gefühle überhaupt zuzulassen.
 

Aber bei Marco hatte Ace nicht das zwingende Bedürfnis, wachsam und vorsichtig sein, sich hinter einer fröhlichen, unbekümmerten Fassade verstecken zu müssen. Der Ältere vermittelte ihm irgendwie Sicherheit mit seiner beständigen, ruhigen Art und lockte ihn ganz selbstverständlich mit seiner unbeugsamen Ehrlichkeit aus dem Schneckenhaus, das er vorsorglich um sich gebaut hatte.
 

Ihre Teufelskräfte, die seltsamerweise aufeinander zu reagieren schienen, taten ihr Übriges dazu, ließen Ace in Marcos Nähe bedenklich schnell arglos werden, da die Aura des Phönix etwas unbestimmt gütiges und vertrautes vermittelte, dessen er sich nicht entziehen konnte.
 

Kurzum, Ace fühlte sich erschreckend wohl bei und mit dem älteren Kommandanten, was ihn gleichauf faszinierte, wie es ihn auch beunruhigte…
 

Denn langsam lief er Gefahr Marco sein Vertrauen zu schenken,- Ace wusste nicht, ob er das sollte, schon gar nicht, ob er das konnte und noch weniger, ob er nicht genau das mehr als alles andere wollte.
 

Vielleicht sehnte er sich doch nach jemandem, dem er wieder unvoreingenommen begegnen und der ihm ein wahrer Freund sein konnte,- seit Sabo tot und er ohne Ruffy aufgebrochen war, hatte es in seinem Leben immerhin keinen Menschen gegeben, den er je wieder so nah an sich herangelassen hätte wie seine beiden Brüder.
 

Und genau aus diesem Grund erschien es ihm auch als falsch, Marco keinen reinen Wein einzuschenken,- der Phönix war immer aufrichtig zu ihm gewesen, also wollte er ihm das auch zurückgeben und dieses Geheimnis nicht zwischen ihnen als Hindernis stehen lassen.
 

Inzwischen hatte Ace in Gedanken versunken das Deck der Kommandanten erreicht und blieb zielsicher vor Marcos Kajüte stehen, bevor er noch einmal tief Luft holte und anklopfte. »Herein«, erscholl die vertraut raue Stimme und Ace öffnete die Tür entschlossen.
 

Den Kommandanten Whitebeards stand der Luxus einer eigenen Kajüte zu, wohingegen Marco diese Annehmlichkeit kaum zu nutzen schien, denn sein Rückzugsort war erschreckend nüchtern, fast schon unpersönlich, wenn man von den bunten, vollgestopften Räumen ausging, die Ace von Thatch oder Haruta kannte.
 

Und doch passte die Kajüte zu Marco, war strukturiert, ordentlich und strahlte eine beruhigende Klarheit aus wie der Phönix selbst,- allein ein zerwühltes Bett und ein vollgestopftes Bücherregal, welches nicht sonderlich sortiert wirkte, ließen darauf schließen, dass in diesen Räumlichkeiten überhaupt jemand lebte.
 

Marco saß an seinem Schreibtisch im warmen Schein einer Öllampe, während vor ihm einige ausgerollte Karten und Papiere lagen, an denen er wohl bis eben gearbeitet hatte,- der Phönix trug seine Brille, die er zum Arbeiten benötigte und verspielte Rauchwolken kringelten sich um seinen Kopf, da wie gewohnt eine glimmende Zigarette in seinem Mundwinkel hing.
 

Der Teller mit dem Abendessen stand unangerührt auf Seite geschoben,- wahrscheinlich hatte Marco in seinem Eifer die Mahlzeit einfach vergessen, ein Versäumnis, was Ace völlig unverständig zur Kenntnis nahm.
 

»Kann ich dich kurz stören?«, fragte er höflich, wenn auch ein wenig distanziert, denn immerhin wusste er nicht, ob er gleich eine Abfuhr zu erwarten hatte.
 

Marco wirkte nicht erstaunt oder verstimmt über seinen abendlichen Besucher, sondern blickte seinem Schützling offen und aufmerksam entgegen. »Natürlich. Komm rein, Ace«, gewährte er mit einem Nicken.
 

Ace stieß die Luft aus, die er unbewusst angehalten hatte und betrat den Raum,- zumindest schien der Phönix jetzt bereit zu sein mit ihm zu reden. Er schloss die Tür und lehnte sich gegen jene, während er die Klinke nicht aus den Händen ließ, als müsste er sich eines Fluchtweges rückversichern.
 

Unschlüssig stand er nun da, während er nach den richtigen Worten suchte und starrte den Fußboden an, als wäre die Maserung des Holzes das Spannendste, was er je gesehen hätte. Dumpf donnerte der Herzschlag in seiner Brust und die Anspannung ließ ihn die Kieferknochen flüchtig verkrampfen, während Aufregung in seinem Magen rumorte.
 

Verdammt, ich bin die Feuerfaust, ich habe keinen Schiss vor der Meinung dieses blauen Federviehs! Ace war immer schon der Ansicht gewesen, dass Angriff die beste Verteidigung wäre und da er nicht weiter wie ein verschrecktes Karnickel an der Tür kleben wollte, tat er einen beherzten Schritt in den Raum und funkelte den Kommandanten fast trotzig an.
 

»Warum gehst du mir aus dem Weg, Marco? Wenn du mir etwas zu sagen hast, dann sag es doch einfach«, kam er gleich zur Sache, indem er den Phönix sofort mit seinen Befürchtungen konfrontierte.
 

Marco legte seine Schreibfeder beiseite und runzelte nachdenklich die Stirn. »Ich kann dir ehrlich gesagt nicht ganz folgen, Ace. Wovon sprichst du?« Er hob fragend eine Braue und wirkte ehrlich irritiert, was Ace dann doch ein wenig verunsicherte, allerdings nicht genug, als das er jetzt einen Rückzieher gemacht hätte.
 

»Du weißt sicherlich, dass Pops mir die Stelle als Kommandant der Zweiten angeboten hat«, erklärte er felsenfest überzeugt, denn für ihn gab es keinerlei Zweifel, dass Whitebeard diese Intension mit seinem ersten Kommandanten besprochen hatte.
 

»Das weiß ich, yoi«, bestätigte Marco nüchtern und lehnte sich etwas zurück, bevor er Ace abwartend über den Rand seiner Brille musterte,- gemächlich rauchte die Zigarette in seinem Mundwinkel vor sich hin, während er Ace nicht den Gefallen tat, von sich aus weiter auf das Thema einzugehen.
 

»Ich bin zu jung und erst kurze Zeit bei euch, du denkst bestimmt, dass ich diesen Posten nicht verdient habe, ist es nicht so?«, fragte Ace provozierend. Sein Blick war feurig, seine Kinn stolz erhoben,- er erweckte ganz den Eindruck, sich eigentlich keinen Deut um die Antwort zu scheren und doch spürte Marco irgendwie, dass es nicht so war.
 

Der Kommandant war ehrlich verblüfft und wunderte sich, wie der Junge auf so eine haltlose Vermutung kam, weswegen er seine nächsten Worte auch sehr bedacht wählte. »Am Ende ist es Pops' Entscheidung und meine Meinung ist eigentlich nebensächlich, aber ich unterstütze seinen Vorschlag vollkommen«, erklärte er wahrheitsgemäß. »Du hast dich durchaus für diesen Posten qualifiziert.«
 

»Ich wusste doch, dass du-…hä?«
 

Ace schloss den Mund mit einem verwirrten Blinzeln wieder und wirkte aus der Fassung gebracht,- ganz offensichtlich hatte er mit einer anderen Antwort gerechnet, sich für diese gerüstet und wurde nun abrupt in unbekanntes Gewässer geworfen.
 

»Du bist noch recht jung und manchmal ein wirklicher Hitzkopf, das stimmt, aber du bist motiviert und zielstrebig und hast dir in deiner verhältnismäßig kurzen Zeit hier schon beachtliche Erfolge erarbeitet. Du besitzt eine außerordentliche Stärke und große Willenskraft, außerdem bist du sehr beliebt bei der Crew und hast dich mit den Männern der Zweiten schon recht vertraut gemacht. Ich wüsste ehrlich gesagt keinen, der besser geeignet wäre als du.«
 

Marco faltete die Hände gemächlich auf der Tischplatte und sprach überzeugt weiter: »Es braucht mehr für einen Anführer als nur jahrelange Kampferfahrung. Und du hast dieses mehr, Ace. Die Männer stehen hinter dir und würden dir überall hin folgen, weil sie dich schlichtweg mögen und dich respektieren.«
 

Der junge Feuerbändiger sah Marco lange an und schien dessen Worte pedantisch abzuwägen, bevor er die Unterlippe in einer unbewusst flüchtigen Regung zwischen die Zähne zog und den Blick verstohlen abwandte,- er schien nicht wirklich befriedigt durch Marcos Worte, eher, als wäre seine ungestüme Anschuldigung nur der Vorwand gewesen, hinter dem sich sein wahres, viel tiefer liegendes Ansinnen verbarg. Ist er denn wirklich so wenig überzeugt von sich selbst?
 

»Ace, willst du mir nicht sagen, was dich wirklich beschäftigt, yoi?«, hakte der Phönix irgendwann geduldig nach, während er bedächtig an seiner Zigarette zog und den Jungen vor sich ergründend fixierte.
 

Ace hob ertappt den Blick, bevor er jenen fast so schnell auch wieder fallen ließ. Einer seiner Stiefel scharrte unschlüssig über den Boden, während er die Stirn kräuselte und die Zähne angespannt aufeinander biss,- er sah aus, als würde er ernsthaft mit sich und seinen nächsten Worten hadern.
 

»Kannst du dir vorstellen, dass Roger ein Kind hatte?«, fragte er dann unvermittelt und scheinbar zusammenhanglos, seine Stimme war merklich abgekühlt, während er die Brauen auf eine Art zusammen zog, die fast gequält wirkte. »Kannst du dir vorstellen, dass ein verfluchter Nachkomme des Piratenkönigs existiert?«, spie er beinahe aus, als würden die Worte wie Säure auf seiner Zunge brennen.
 

Marco stutze merklich über Ace‘ plötzlich so eigenartig veränderte Gefühlslage,- es verunsicherte ihn, dass er nicht so recht wusste, worauf der Junge hinauswollte, geschweige denn, was der von ihm erwartete. »Ich weiß nicht…möglich wäre es…«, erwiderte er verhalten.
 

»Was würdest du tun, wenn du von diesem Kind wüsstest, das es gar nicht geben dürfte…?«
 

Für einen winzigen Augenblick huschte über Ace‘ Züge der Schatten unerwarteter Verletzlichkeit, sodass Marco schlucken musste und die Lippen um das biegsame Material seiner Zigarette verhärtete, doch er hielt unbeirrt dem Blick des Jungen stand, war regelrecht gefangen von dessen jäher Transparenz.
 

Es war das erste Mal, dass Ace nicht als der fröhliche Wirbelwind auftrat, der er sonst war und der Phönix musste wieder an Fossas Worte denken, die er keinen Tag vergessen hatte. »Und doch hab ich manchmal den Eindruck, als würde ein Schatten über seinem Lächeln liegen. Als wäre seine unbeschwerte Art eine Fassade, die etwas zurückhält…«
 

Marco war sie in den letzten Wochen ebenfalls immer mehr aufgefallen,- die Distanz, die Ace im Umgang mit anderen wahrte; keine körperliche, denn der Junge schien nichts gegen die kameradschaftlichen Umarmungen seiner Nakama zu haben, sondern eine emotionale, die es schwer machte, die wahre Feuerfaust hinter dem kecken Lächeln zu sehen.
 

Je mehr Zeit der Phönix mit dem Feuerteufel verbracht und je inniger ihr fast freundschaftliches Verhältnis wurde, desto mehr hatte er das Gefühl, gegen eine unsichtbare Mauer anzulaufen, die Ace unbemerkt von den meisten um sich errichtet hatte,- es war nicht schwer, ihm nah zu kommen, ihm wirklich nahe zu sein dagegen schon.
 

»Worauf willst du hinaus…?«, hakte Marco nun vorsichtig nach.
 

Er wollte Ace in diesem fragilen Moment keinesfalls verschrecken,- die sonst so starke, unerschütterliche Feuerfaust war unsicher und in diesen tiefdunklen, unergründlich erscheinenden Augen schwelte eine gnadenlose Verbitterung, die Marco wirklich erschreckte und deren Ursprung er zu gern gekannt hätte.
 

»Ich bin dieses Kind.«
 

»…«
 

Es war wohl das erste Mal, dass Ace Marco wirklich sprachlos erlebte und dessen sonst so gelangweilter, stoischer Gesichtsausdruck absoluter Verblüffung wich,- baff starrte der Kommandant ihn an, sodass Ace dem nicht lang standhalten konnte und den Blick abwandte, um die aufwallende Abscheu in den Augen des Phönix nicht sehen zu müssen, die mit Sicherheit bald folgen würde…
 

Marco setzte seine Brille langsam ab und rieb sich den Nasenrücken, um sich zu sammeln, während er den letzten Zug seiner Zigarette tätigte, diese dann bedächtig im Aschenbecher ausdrückte, bevor den angehaltenen Atem schwer entweichen ließ.
 

Zugegeben…das hätte ich nicht erwartet. Immer noch völlig perplex musterte Marco den jungen Mann vor sich.
 

Ace‘ Gesicht wirkte verkrampft, sodass seine Kieferknochen merklich hervortraten, die Hände hingen zu Fäusten gepresst leblos an seinen Seiten, als wollte er sich für einen Angriff wappnen, den er unweigerlich zu erwarten schien. Alles in allem machte er gänzlich den Eindruck, als wäre er gerade überall lieber als hier und würde im nächsten Augenblick aus der Kajüte flüchten wollen.
 

»Pops…?!«

»Weiß es bereits…ich hab es ihm schon gesagt…«

»Hm…«
 

»Und… was denkst du jetzt? Denkst du immer noch, dass ich Kommandant werden sollte? Bist du immer noch der Meinung, dass ich Anrecht auf einen Platz auf diesem Schiff und in eurer Familie habe?« Ace malträtierte seine Unterlippe angespannt und wirkte trotz allem auf eine beängstigende Art gefasst, als würde er sich völlig kampflos dem Schicksal ergeben wollen,- etwas, das völlig falsch an dem sonst so unbändigem und stolzem Feuerteufel wirkte.
 

Erwartet der Junge, dass ich ihn jetzt über die Planken schicke? Marco wurde verspätet und mit Entsetzen klar, dass es genau dieser oder ein ähnlicher Gedanke sein musste, der seinem jungen Schützling so zusetzte. Er glaubt doch nicht wirklich… denkt er tatsächlich, er hätte kein Recht zu leben!?
 

Diese plötzliche Erkenntnis schockierte den Kommandanten mehr, als es Ace‘ Offenbarung jemals vermocht hätte,- wie konnte es nur möglich sein, dass ein so junger Mensch solch vernichtende Gedanken hegte? Wie konnte er sein Leben nur so gering schätzen?
 

»Es ist auch deine Familie, Ace«, erinnerte ihn Marco behutsam. »Und ja, ich bin immer noch der Meinung, dass du den Posten annehmen solltest, den Pops dir angeboten hat«, versicherte er ruhig und fest. »Ich denke nun nicht anders über dich als zuvor.«
 

Was?! In der festen Annahme, sich verhört zu haben, hob Ace den Blick und sah den Kommandanten vor sich verunsichert an, während er in dessen markanten Zügen nach Anzeichen auf einen Scherz oder schlimmer noch, nach Ablehnung und Abscheu suchte, doch er fand nichts,- Marcos Augen waren noch immer jene offenen, klaren Seelenteiche, die er schätzte und in denen die reine Wahrheit lag.
 

Der Phönix log nicht,- er meinte, was er sagte, genauso, wie er es sagte.
 

Marco fuhr sich durch die blonden Haare, die dadurch nur noch wirrer abstanden, bevor die Hand am glattrasierten Hinterkopf zu liegen kam. »Aber ich muss zugeben, du hast mich echt überrumpelt. Das habe ich wirklich nicht erwartet«, gab er freimütig zu. »Es muss eine ziemliche Last für dich gewesen sein, dass die ganze Zeit mit dir herumzutragen, hm? Du bist sicher froh, es endlich los zu sein.«
 

Diese verdammt ehrlichen, absolut vorurteilsfreien, klaren blauen Augen schienen bis auf den Grund von Ace‘ Seele blicken zu können und rissen ihm damit den Boden unter den Füßen weg, zielgerichteter, als ein Schwall aus verachtenden Worten es hätte jemals tun können.
 

Wie kann das ein? Wie können der alte Mann und Marco mich einfach so akzeptieren, wo ich doch weiß, ganz sicher weiß, welchen Frevel meine Existenz darstellt?! Er war ratlos, er war verwirrt, er verstand es einfach nicht. Er hatte bereits zu lange in dem Glauben gelebt ein Schandfleck zu sein und irgendwo, tief in sich drin, hatte sich dieser Gedanke wie ein giftiges Geschwür festgesetzt.
 

»Du verachtest mich nicht?!«, brachte er brüchig heraus, räusperte sich verschämt und ließ die Hand wieder sinken, welche die Krempe seines Hutes herabgezogen hatte, um seine Augen in Schatten zu hüllen. »Warum verachtest du mich nicht? Warum akzeptierst du die Wahrheit einfach so wie der alte Mann?«, verlangte er bald misstrauisch zu wissen, während seine Gedanken ein heilloses Durcheinander bildeten.
 

Ein Beben lief durch seinen Körper, ließ eine unangenehme Leere zurück, die er mit raschen Atemzügen zu füllen versuchte. Seine Augen brannten verräterisch und am liebsten hätte er auf dem Absatz kehrt gemacht, um nicht Gefahr zu laufen, sich so vor dem anderen zu entblößen.
 

»Weil es für mich rein gar nichts ändert, yoi.«
 

Marco stemmte sich von seinem Stuhl in die Höhe, um dem plötzlichen, völlig irrationalen Impuls nachkommen zu wollen, Ace in die Arme zu ziehen, doch er stoppte noch in der Bewegung und blieb, die Hände auf das Holz vor sich gestützt, unverrichteter Dinge stehen. Fast konnte er Ace‘ Verzweiflung stechend auf der Zunge schmecken, als würde der Junge seine Emotionen wie schwelendes Feuer ausdünsten.
 

Ace war weder eine Frau, noch war er ein Kind und eine solch gefühlvolle Reaktion hätte ihn womöglich glauben lassen, dass Marco ihn zu einem von beidem degradieren wollte,- er kannte den Stolz seines Schützlings und bremste sich daher in seinem unbedachten Drang, dem Jungen nah sein und Trost spenden zu wollen.
 

Mitleid würde ihn gewiss abschrecken und war wohl auch das Letzte, was Ace wollte,- also führte Marco seine Bewegung anderweitig fort, um unter den argwöhnischen Augen der Feuerfaust eine Flasche Sake und zwei zugehörige Schalen aus einem tiefliegenden Schubfach seines Tisches zu ziehen und ihnen beiden etwas einzuschenken.
 

»Komm, lass uns erst einmal etwas trinken. Das macht den Kopf frei«, schlug der Kommandant vor und schob Ace auffordernd eine der Schalen entgegen, während er ihm ermutigend zunickte. »Eigentlich habe ich schon lange auf diese Weise mit dir anstoßen wollen, aber bisher habe ich es bedauerlicherweise versäumt«, gestand Marco mit einem sanften, seltenen Lächeln.
 

Ace schluckte hart und ließ seinen Blick fassungslos von der angebotenen Schale zu seinem Mentor und wieder zurück fliegen,- Erinnerungen krochen in ihm hoch, Bilderfetzen der Vergangenheit, als er schon einmal mit den beiden ihm wichtigsten Menschen auf dieser Welt Sakeschalen getauscht hatte.
 

Natürlich hatte er auch schon mit Marco und all den anderen getrunken, sich Sake- oder Rumflaschen geteilt, doch nie so, nicht so…intim.
 

»I-ist das dein Ernst?!«, würgte Ace mit kratziger Stimme heraus und konnte seine Beklemmung nicht mehr länger verbergen. »D-du willst mit mir trinken? Nachdem du das weißt?! Nachdem du weißt, wer ich bin?!«, fragte er entgeistert, als wäre der Kommandant wohl nicht ganz bei Sinnen. »Du kannst doch nicht-…«
 

»Ace«, unterbrach ihn Marco völlig ruhig, aber sehr bestimmt. »Ich wusste vorher schon, wer du bist. Du bist du. Du bist Ace. Und mehr muss ich nicht wissen«, erklärte der Vize mit jener felsenfesten Gewissheit, die er empfand,- für ihn war es nicht von Belang, woher Ace stammte, weil sie jetzt gemeinsam unter der Flagge ihres einzig wahren Vaters segelten.
 

Der Phönix war entschlossen, diese Mauer zu überwinden, die Ace als unsichtbares Hindernis um sich errichtet hatte,- er wollte ihm gern zeigen, dass Vertrauen zu schenken sich auch lohnen konnte, einfach, weil er inzwischen doch wusste, dass ihm recht viel an dem jungen Feuerbändiger lag und er es sowieso nicht schaffen würde, diese professionelle Distanz aufrechtzuerhalten, die er seinem Schützling gegenüber eigentlich hatte wahren wollen. Dafür mochte er Ace schon zu gern und mittlerweile konnte er sich das sogar auch eingestehen.
 

Du bist du. Ace schöpfte bebend nach Atem und unterdrückte nur mit Mühe ein absolut dämliches und verweichlichtes Schluchzen, als ihn eine Woge aus ungläubiger Erleichterung überrollte und sich langsam die Erkenntnis entfaltete, dass es hier tatsächlich Menschen gab, die ihn so annehmen wollten, wie er war - und mit allem, was er war.
 

Er barg die Augen kurz hinter dem Handrücken seiner angespannten Faust und versuchte seinen Herzschlag durch schiere Willenskraft zu beruhigen,- alle Ängste und Befürchtungen schienen sich mit einem Mal in Luft aufzulösen, so unvermittelt, dass er gar nicht wusste, woran er sich jetzt klammern sollte, wo ihm Zorn und Verbitterung all die Jahre über Halt gegeben hatten.
 

Ein ungestümes Zittern griff nach ihm, raubte die Atemluft und ließ ihn die Augen verzweifelt zusammenkneifen, um die aufwallende Feuchtigkeit dahinter bloß zurückzuhalten,- er durfte keine Schwäche zeigen, denn Schwäche machte angreifbar…
 

»Entspann dich, Ace. Komm her…«
 

Und plötzlich war es Marcos Arm, der ihn gegen die starke Schulter des Kommandanten drückte und sicher fest hielt,- Marcos Wärme, die ihn umfing und dessen inzwischen schon so vertrauter, herber Duft nach Seeluft und Rauch, als Ace schließlich doch nachgab und seine Stirn gegen den Phönix lehnte, um das Gesicht am Stoff von dessen Hemd zu bergen, während ihm sein Hut unbeachtet in den Nacken rutschte.
 

»Du gehörst jetzt zu dieser Crew und zu unserer Familie. Du bist mein Bruder. Und nichts und niemand wird daran etwas ändern können«, versicherte der Phönix mit seiner angerauten Stimme.
 

Es war ein unbedachter, ein schwacher Moment, doch Ace kam nicht umhin ihn verstohlen zu genießen, da sich ein unkontrollierbarer Teil in ihm nach Verständnis sehnte,- nur für diesen einen Augenblick wollte er dem Sehnen nachgeben und es war in Ordnung, weil es Marco war, der ihn so schwach erlebte und sein eigenes Feuer wie immer erfreut und arglos auf die Nähe des Kommandanten reagierte.
 

Das bekannte, wohlige Prickeln beruhigte seine Nerven, erdete ihn, ausgehend von jener bloßen Stelle, wo Marcos Finger auf seinem nackten Oberarm lagen. Marco würde meine Schwäche nie ausnutzen, dessen war sich Ace einfach gewiss, auch wenn er nicht recht wusste, woher er diese untrügliche Sicherheit nahm.
 

Ein Seufzen. »Marco… ich… also ich... du...« Ein ratloses, hörbares Schlucken.

»Schon gut, Kleiner…«
 

Marco hatte sich dann doch nicht zurückhalten können,- den Jungen so verzweifelt zu sehen war ihm näher gegangen, als er jemals gedacht hätte, wahrscheinlich auch, als er sich hätte gestatten sollen, doch nun war es eh zu spät.
 

Zu seiner Erleichterung reagierte Ace nicht ablehnend auf seine Geste, sondern lehnte sich sogar gegen ihn und ließ die unbedachte Nähe für den Moment zu, was Marco verstohlen freute,- der Feuerbändiger erwiderte die Umarmung zwar nicht, aber das war für ihn mehr als in Ordnung, da er Ace zumindest Halt geben durfte.
 

Der Phönix in ihm zeigte sich nicht weniger begeistert über den plötzlichen Kontakt mit seinem Schützling und wogte begierig in seinem Inneren, als wollte er Marco zu noch mehr Nähe locken,- verwirrt von dieser merklichen Reaktion des Fabelwesens ließ er seinen Arm dann doch wieder sinken, immerhin wollte er Ace durch die erzwungene Nähe auch nicht unnötig weiter beschämen oder verunsichern.
 

Ihre Sakeschalen klirrten kurz darauf leise aneinander, da Marco die Initiative ergriffen und Ace einfach eines der Gefäße in die Hand gedrückt hatte, der den Phönix immer noch ansah, als erwartete er jeden Moment die niederschmetternde Pointe dieses Witzes.
 

Zaghaft trank er dann ebenfalls von seinem Sake, als er endlich realisierte, dass das hier tatsächlich die Wahrheit und kein abstruser Traum war,- gelöst sackten seine Schultern herab, als eine unsichtbare Last von ihm abzufallen schien und er sich langsam neben Marco gegen dessen Schreibtisch lehnte. Ein paar Herzschläge lang genossen sie das Schweigen zwischen sich, ohne davon unangenehm berührt zu sein.
 

»Ich muss dich jetzt aber nicht auch noch küssen, oder…!?«, murmelte Ace irgendwann mit schiefem Grinsen,- seine Augen blickten zaghaft zu Marco auf, der in ihnen beruhigt die zurückkehrende Leichtigkeit und die ungestümen, erwachenden Funken beobachten konnte.
 

»Was?!« Seine Brauen schnippten in die Höhe, bevor er ein schnaubendes Lachen ausstieß, was Ace lächeln ließ. »Yoi, untersteh dich, Feuerzeug!« Er war froh, dass der Junge offenbar zu sich selbst zurückfand und die gedämpfte Stimmung durch seine gewohnt kecke Art auflockerte.
 

»Warum bist du mir nun aus dem Weg gegangen?«

»Hm?«

»Du warst kaum ansprechbar und bist immer abgehauen, wenn ich aufgetaucht bin…«, grummelte Ace verstimmt, bevor er den letzten Rest seines Sake fast schon hastig herabstürzte.
 

»Ich bin dir nicht aus dem Weg gegangen, Ace. Es tut mir leid, wenn das so auf dich gewirkt haben muss.« Marco musterte seinen Schützling ein wenig verwundert von der Seite, hätte er doch nicht gedacht, dass ihn sein unbewusstes Verhalten so verunsichern würde. »Ich musste einiges vorbereiten und war deshalb recht eingespannt«, erklärte er versöhnlich.
 

»Vorbereiten?« Ace blinzelte ihn nun neugierig an.
 

»Hm«, brummte der Phönix mit einem geheimnisvollen Schmunzeln und nahm Ace die Sakeschale aus den Fingern, um nach einem - in schweres, dunkles Leder gebundenen - Buch zu greifen und ihm dieses stattdessen in die Hände zu drücken.
 

Ace erkannte den Wälzer sofort,- es war das Buch der zweiten Division, welches die komplette Liste der Mitglieder enthielt, deren persönliche Daten und Steckbriefe, sowie eine Gesamtaufstellung ihrer erbeuteten Güter, Karten von Whitebeards Territorium und vielen weiteren, nützlichen und unabdingbaren Grundlagen für einen Kommandanten.
 

»Äh…« Ace starrte das Buch wahrlich überfordert an, als Marcos Finger auch schon einen goldenen Schlüssel einladend vor seiner Nase hin und her schwenkten und damit seine Aufmerksamkeit fesselten.
 

»Deine Kajüte wartet schon auf dich, Kommandant Ace«, offenbarte der Phönix mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck und überrumpelte den jungen Feuerteufel damit komplett, der einmal nicht zu wissen schien, was er geistreiches erwidern sollte. »Es ist die, die meiner gegenüber liegt.«
 

»A-aber… ich habe doch noch gar nicht… angenommen«, stammelte Ace recht hilflos.
 

»Das wirst du aber, weil wir ein unschlagbares Argument für dich vorbereitet haben, yoi«, grinste ihn Marco gewinnend an, bevor er ihm mit einem Nicken aufzeigte, dass er ihm folgen sollte. »Komm mit, ich zeig es dir.«
 

Ace‘ angeborene Neugier ließ ihn sich natürlich nicht lange bitten,- zwar ein wenig skeptisch, aber unbestreitbar gespannt folgte er dem Phönix, nachdem er das Kommandantenbuch vorsorglich in der ihm zugedachten Kabine verstaut hatte, hoch auf Deck, das recht ruhig vor ihnen lag, da die meisten Männer wohl immer noch beim Abendessen saßen.
 

Marco führte ihn in Richtung Heck der Moby, wo er plötzlich stehen blieb und mit einem weisenden Fingerzeig über die Reling hinabdeutete. Ungeduldig trat Ace rasch neben seinen Mentor, der ihn gespannt nicht aus den Augen ließ, und sah nun inzwischen wirklich aufgeregt hinab zu dem schwappenden Wasser, welches träge gegen die Bordwand rollte.
 

»Woooooow, Marco… i-ist das wirklich… das ist doch…?!« Ace‘ Augen entflammten sofort in sprachloser Begeisterung, als er eben jenes Gebilde angebunden auf dem Wasser entdeckte, was er bisher nur als vage Entwürfe in Curiels Werkstatt gesehen hatte.
 

Von Anfang an war er von der Idee des Schiffstechnikers gefesselt gewesen und hatte diesen in den letzten Wochen sicherlich nicht selten mit ungeduldigen Fragen zu seiner Idee gelöchert, ein schnelles, kleines und wendiges Schiff zu bauen, welches sich durch die Fähigkeiten eines Logianutzers würde antreiben lassen.
 

»Genau das ist es«, bestätigte Marco sichtlich angetan von den funkelnden Augen des jungen Feuerbändigers, der ihn wie ein glückliches Glühwürmchen breit über beide Ohren anstrahlte. »Curiel und Namur haben die letzten Tage ununterbrochen daran gearbeitet, um es rechtzeitig fertig zu bekommen.«
 

»Das Ding ist aber nur für junge, zuverlässige Kommandanten, nicht für unreife Rotzbengel«, tönte die volle Stimme Whitebeards über das Deck und ließ Ace, sowie auch Marco sich umwenden,- der Kaiser schritt mit einem breiten Lächeln auf die beiden Männer zu, gefolgt von Haruta, Thatch, Vista, Izou und all den anderen Kommandanten, die sich hinter ihm versammelt hatten und nun grinsend auf Ace und Marco zusteuerten.
 

Ace spürte sofort einen dicken Kloß im Hals, als er seine neuen Freunde, seine Familie, so versammelt sah,- alle waren sie gekommen, um seine Entscheidung zu hören, sodass warme Freude die dunklen Schatten seiner Vergangenheit zumindest für den Moment hinfortzuspülen vermochte.
 

»Also, was willst du sein, Ace, mein Sohn?«, verlangte Whitebeard dröhnend zu wissen, als er vor der Feuerfaust stehen blieb und abwartend auf den Jungen herabsah,- selbst in seinem geschwächten Zustand war der Kaiser eine imposante, ehrfurchtgebietende Gestalt und das jener extra gekommen war, um seine Antwort persönlich zu empfangen, rührte den kindlichen Teil in Ace‘ Brust wie kaum etwas zuvor.
 

Er ist mein Vater, mein einzig wahrer Vater.
 

Die Feuerfaust tauschte einen kurzen, versichernden Blick mit Marco und als sein Mentor ihm ermutigend zunickte, war er beruhigt, fühlte sich bestärkt und traf seine Entscheidung,- er hob den Blick stolz und entschlossen und sah seinen Kapitän nun unbeirrt an.
 

»Ich will dein Kommandant sein und dich stolz machen, Vater. Jetzt und für immer will ich dein Zeichen mit Würde tragen und deinem Namen jede Ehre machen, die ihm gebührt.«



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2018-12-22T22:01:04+00:00 22.12.2018 23:01
Das war so ein emotionales Kapitel - meine Güte.
Ace, der von jeher mit seiner Abstammung zu kämpfen und nur von jedem anerkannt und wertgeschätzt werden will, trotz des dämonischen Blutes in seinen Adern. In dieser Hinsicht ist er so ganz anders als sonst. In sich gekehrt, furchtbar erwachsen, weil er ständig kämpfen musste, und gleichzeitig so schrecklich melancholisch und traurig, weil er sich gleichzeitig auch nicht richtig darauf einlassen kann, dass man ihn anerkannt und ihn wertschätzt. Das kommt in diesem Kapitel wirklich sehr gut zur Geltung. Wie er sich nicht zutraut, Kommandant zu werden, sich aber gleichzeitig irgendwie auch darüber freut, dass man ihm das zutraut. Das ist wirklich toll.
Auch Teach hatte seinen Auftritt (Gott ... am Anfang mochte ich ihn fast, aber er hat es restlos versaut und ich habe so viel Verachtung für diesen Menschen, auch wenn er in diesem Moment, als es um den Posten des Kommandanten ging, ja wirklich befürtwortet hat, dass Ace der Kommandant der zweiten Division wird. Keine Ambitionen ... für den Arsch! >_<
Aber nein ... nein, ich werde mich nicht über ihn aufregen.
Danach kam dieser wundervolle Marco/Ace Moment.
(ich bin ehrlich ... in meinem Kopf wusste Marco von Anfang an, dass Ace Rogers Sohn war, einfach weil er halt irgendwie alles weiß |D)
Er ist so einfühlsam gewesen und diese Umarmung. Die hat Ace wirklich geerdet und das war auch nötig. Der war so aufgewühlt. Zurecht natürlich. Umso toller ist es, dass er wirklich Halt gefunden hat und Whitebeard endlich als seinen Vater akzeptiert und die Schatten hinter sich lassen kann. Ich habe all die feels. Alle. Danke dafür. <3

Jay
Antwort von:  Ceydrael
23.12.2018 21:21
Oh ja... eines der emotionalsten Kapitel wohl überhaupt. Es war auch wirklich nicht einfach zu schreiben und alles so rüber zu bringen, dass es passt und stimmig ist. Ace ist ein unglaublich komplexer Charakter, was man auf den ersten Blick vielleicht gar nicht so vermuten will, aber er ist stark und hat einen unglaublichen Willen und Stolz... und auf der anderen Seite ist er doch so unsicher und fast verletzlich, wenn es um die eigene Akzeptanz geht.

Ace' Schicksal hat mich irgendwie schon immer ganz besonders berührt und ich war so traurig, als er gestorben ist, weil es für mich einfach eine himmelschreiende Ungerechtigkeit war – der Junge hätte einfach sein Glück verdient!
Er ist einer der dramatischsten Charaktere überhaupt für mich, so sehr wie er doch immer mit sich und seiner Abstammung gehadert hat, ohne das man davon jemals sehr viel bemerkt hätte, da er immer so viel hinter seiner lässigen Art verborgen hat... ach man, ich könnte jetzt schon wieder weinen, weil mich das echt mitnimmt :(

Umso schöner ist es irgendwie ihm zumindest in dieser Geschichte Verständnis und Halt auf einer nochmal ganz anderen Ebene zu schenken, ihm etwas zu geben, was er einfach verdient hat – einen Menschen, der ihn ohne groß zu fragen so nimmt wie er ist, ihn wertschätzt und für ihn da ist. Einfach Marco.
Ich freue mich wirklich riesig (auch wenn die Thematik ja doch eher düster ist), dass all diese Gefühle und Emotionen so bei dir angekommen sind :)
Das Ende war dafür ja umso goldiger, Ace umringt von seiner Familie und endlich kann er Whitebeard als das annehmen, was der ihm sein will – ein echter Vater :)


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