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Bananeneis

von

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Zimmerservice

Nach einem emotionalen Abschied voller Tränen machte Mara sich am nächsten Tag auf den Weg zu ihrem Bruder. Ihr kleiner Wagen war bis oben hin mit Kisten beladen, selbst auf dem Beifahrersitz musste sie Zeugs abstellen. Sie war noch nicht lange unterwegs, da stand sie schon im Stau.
 

Unter Kopfschmerzen dachte sie an den vergangenen Abend, wie sie ihn wieder getroffen hatte.
 

„Das Tuch können Sie für mich aufbewahren, bis wir uns das nächste Mal treffen“, hallte seine tiefe Stimme durch ihren Kopf.
 

Also wollte er sie wieder sehen, was ein gutes Anzeichen dafür war, dass er sich für sie interessierte. Und du hättest beinahe einen One-Night-Stand daraus gemachtschallt sie sich selbst. Wie kam sie nur auf die Idee? Bestimmt war das der Alkohol gewesen oder ihre Hormone, die in seiner Anwesenheit in Wallung gerieten.
 

Seufzend ließ sie den Kopf sinken, kam mit der Stirn auf die Mitte des Lenkrads und der Wagen hupte laut auf. Sofort fielen andere Autofahrer mit ein und machten ihrem Ärger durch stetiges Hupen Luft.
 

☼◙☼◙☼
 

Später als geplant kam sie bei ihrem Bruder an. Es hatte eine gefühlte Ewigkeit gebraucht alle Kisten vom Auto in die Wohnung zu tragen, da Levi im dritten Stock wohnte und es keinen Aufzug im Gebäude gab. Am frühen Abend war sie soweit fertig.
 

Als er ihr das Zimmer zeigte, das sie beziehen konnte, traf sie beinahe der Schlag, denn es war der Raum, der bis vor einiger Zeit noch als Kinderzimmer gedacht war.

Die Wände waren babyblau gestrichen. Auf ihnen war eine Wiese gemalt, auf der verschiedene Tiere spielten. Eine Giraffe, ein Löwe, ein Bär und ein Krokodil tobten unter einer lachenden Sonne.
 

„Du hast doch sicherlich nichts dagegen, wenn ich die Wände neu streiche?", fragte Mara ihren großen Bruder.
 

„Das hat Hannah gemalt", teilte Levi mit, „von mir aus kannst du ein Loch in die Scheiße sprengen." Das war mal eine deutliche Aussage.
 

Lachend schüttelte sie den Kopf. Bei der Ausdrucksweise wusste sie, woher sie ihr freches Mundwerk hatte. Als kleines Mädchen hatte sie ihren Bruder vergöttert und wie ein Papagei alles nachgeplappert, was er gesagt hatte. Unter anderem auch die Schimpfwörter, die sie heute einfach nicht mehr aus ihrem Wortschatz streichen konnte. Auch wenn er ihre Fähigkeit sich angemessen auszudrücken ordentlich versaut hatte, war er dennoch ihr unangefochtener Lieblingsmensch.
 

Sie machte mit dem Smartphone noch ein paar Fotos von den Malereien an den Wänden und sendete sie via Whatsapp an ihre ehemaligen Mitbewohnerinnen.
 

Danach begab sie sich in das Wohnzimmer, wo Levi mit einer Flasche Bier in der Hand im Sessel saß, die Füße auf einem Hocker hochgelegt, und auf einen unbestimmten Punkt starrte. Kurz blieb sie im Türrahmen stehen und beobachtete, wie er mit dem Flaschenboden kleine Kreise auf der Sessellehne beschrieb.

Langsam ging sie auf ihn zu, nahm ihm die Flasche aus der Hand, stieß seine Füße vom Hocker und ließ sich auf diesen sinken.
 

Stumm sahen sich die Geschwister an, bis Mara das Gesicht zur Grimasse verzog und ihrem Bruder die Zunge rausstreckte. Schon als Kinder hatten sie sich so immer versucht aufzumuntern, wobei Levi eher sie zum Lachen brachte, weil eine Fratze bei seiner sonst so ruhigen und ernsten Erscheinung einfach fehl am Platz wirkte.

Er verdrehte die Augen und zog seinen Mund zu einer geraden Linie.
 

„Wie läuft der Prozess?", fragte sie dann.
 

„Der Anwalt meint, dass wir unter diesen Umständen das Trennungsjahr übergehen können. Also sollte die Scheidung bald durch sein", informierte Levi über den Stand der Dinge. Seine Stimme war dabei frei von jeglicher Emotion.
 

„Hast du einen Vaterschaftstest beantragt?"
 

„Natürlich! Nur, weil sie auf einmal behauptet, dass es mein Kind ist, muss es das nicht auch sein. Vor allem, wenn es gezeugt wurde, während ich mit dir auf einem Roadtrip war und das für einen ganzen Monat."
 

„Scheiße", kommentierte sie lediglich und nahm einen Schluck von seinem Bier.
 

Seine Ex war aber auch eine linke Socke. Als Hannah damals von ihrer Schwangerschaft berichtete, waren alle komplett aus dem Häuschen vor Freude. Wieso auch nicht? Levi war erfolgreich in seinen Job und sie führten seit drei Jahren eine glückliche Ehe.

Eines Abend gingen Hannahs Hormone mit ihr durch und es kam zum Streit. Aus heiterem Himmel warf sie ihm an den Kopf, dass sie schon seit längerem eine Affäre mit einem anderen Mann hatte und das Kind, das sie in sich trug, von diesem sei.

Sie war in Tränen ausgebrochen und hatte ihm eröffnet, dass sie sich von Levi trennen wollte. Dieser ließ sich nicht anmerken, wie sehr sie ihm das Herz gebrochen hatte. Er hatte ihr sogar beim Auszug geholfen.
 

Im Nachhinein war Levi klar geworden, dass das Datum der Empfängnis nicht hatte stimmen können. Zumindest nicht, wenn er der Vater sein sollte, denn in dem besagtem Zeitraum befand er sich mit seiner Schwester auf einer vierwöchigen Reise durch Skandinavien.
 

Doch seit kurzem behauptete Hannah, das Kind sei von ihm, rief regelmäßig bei ihm an und versuchte anderweitig Kontakt mit ihm aufzunehmen. Levi vermutete ganz stark, dass der Kerl, wegen dem sie ihn verlassen hatte, kein Interesse an dem Balg hegte und sie sich Geld von ihm erhoffte. Allerdings schätzte sie ihn dabei für blöder ein, als er war.
 

„Wie wäre es, wenn du deinen Arsch bewegst und dir ein eigenes Bier holen würdest?", fragte er angesäuert, während er sie dabei beobachtete, wie sie an seiner Flasche nippte.
 

„Nö, keine Lust", zuckte sie frech grinsend mit den Schultern.
 

Levi knurrte, erhob sich dann aber und dackelte in die Küche.
 

„Ich hab dich lieb", rief sie ihm zuckersüß hinterher.
 

„Halt die Klappe, Mara", ertönte es von nebenan.
 

☼◙☼◙☼
 

Summend schob Mara den Putzwagen vor sich her. An Zimmer 143 stoppte sie und klopfte an. Geduldig wartete sie auf eine Antwort, die jedoch ausblieb. Also zog sie ihre Karte hervor und steckte sie in den dafür vorgesehenen Schlitz. Kurz darauf schwang die Tür mühelos auf.
 

„Zimmerservice", rief sie in das Hotelzimmer, wieder ohne eine Antwort zu bekommen. Sie ging davon aus, dass der Gast unterwegs war. Also stöpselte sie die Kopfhörer ihres iPods ein und begann mit ihrer Arbeit.
 

Seit ungefähr drei Wochen arbeitete sie in einem Hotel, um wenigstens etwas Geld zu verdienen. Zwar hatte sie sich mehr von dem Job erhofft, als nur Zimmer zu reinigen, aber es gab schlimmeres. Für den Übergang sollte es in Ordnung sein.
 

Sie schob den Putzwagen in die Mitte des Raumes und sah sich um. Der Koffer des Gastes lag geöffnet auf dem Sofa und den Schuhen nach zu urteilen, war es ein Mann. Jedoch ging sie das alles nichts an und so fing sie an, die Bettwäsche abzuziehen. Als sie die Laken aufschüttelte, schlug ihr ein betörender Duft entgegen, der ihr Herz höher schlagen ließ.
 

Sofort musste sie an ihn denken.

Auch wenn sie ihn kaum kannte, schrie ihr Herz nach ihm. Nach dem charmanten Lächeln auf seinen Lippen, nach dem Blau seiner Seelenspiegel.
 

Des Öfteren fragte sie sich, wie er sich in so kurzer Zeit so sehr in ihren Kopf hatte verankern können. Sie hoffte inständig, dass sie ihm noch ein Mal begegnen würde.
 

Eine Bewegung, die sie aus dem Augenwinkel wahrnahm, ließ sie aus ihren Gedanken aufschrecken. „Heilige Scheiße", fluchte sie mit rasendem Puls, riss sich die Kopfhörer aus den Ohren und machte gleichzeitig einen Satz zur Seite.
 

Da erkannte sie, wer vor ihr stand: Erwin.
 

Ihr blieb der Mund offen stehen. Denn hatte nicht nur das Schicksal sie ein weiteres Mal zusammen geführt, war er, bis auf das kleine Handtuch, das tief auf seinen Hüften lag, nackt. Das Haar hing ihm nass und strähnig in die Stirn und feine Wassertropfen perlten auf seiner makellosen Haut.
 

„Mit Ihnen hätte ich jetzt am Wenigsten gerechnet", schmunzelte er über ihr Auftreten.
 

„E-Entschuldigung, ich dachte, es wäre keiner da", stammelte sie und wandte den Blick von seinen definierten Brustmuskeln ab. „Und ich habe schon wieder geflucht, das ist wirklich nicht sexy."
 

In diesem Moment hätte sie sich gegen den Kopf schlagen können. Von all den Worten, die sie hätte sagen können - unangemessen, unhöflich, nicht damenhaft - warum musste es ausgerechnet sexy sein?
 

Sein tiefes Lachen war zu vernehmen. „Egal was sie sagen, wenn sie dieses Kleid tragen, ist es sexy."
 

Ihr stieg die Röte ins Gesicht, während System overload in roten Buchstaben in ihrem Kopf aufleuchtete.

„Danke", brachte sie gerade so hervor, ohne zu stottern. Dabei sah sie an sich hinab und musterte ihre Arbeitskleidung, die sie vom Betrieb gestellt bekommen hatte. Es war ein schlichtes figurbetontes schwarzes Kleid, das auf der Mitte ihrer Oberschenkel endete. Dazu hatte sie sich eine Schürze vor den Leib gebunden.
 

Endlich wagte sie es den Blick zu heben und ihn anzusehen. Seine Augen funkelten dunkel, was ihr einen angenehmen Schauer über den Rücken jagte. Unbewusst biss sie sich auf die Unterlippe.
 

In diesem Moment klingelte sein Handy.

„Entschuldigen Sie, ich komme später wieder", sagte sie schnell, während er nach seinem Mobiltelefon griff. Hastig machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand aus dem Raum.
 

Auf dem Flur atmete die tief durch, wobei sie versuchte, ihren wilden Herzschlag zu beruhigen. Wie konnte er sie nur so aus der Fassung bringen?

Da schossen ihr seine Worte durch den Kopf. Er fand sie sexy? Mädchenhaft kicherte sie auf.
 

Nach Feierabend kramte Mara in ihrer Manteltasche, während sie das Hotel durch den Personaleingang verließ, und brachte ihr Smartphone zum Vorschein. Sie wählte die Festnetznummer ihrer ehemaligen Wohngemeinschaft, während sie auf eine belebte Einkaufsstraße abbog. Nach dem fünften Klingeln wurde abgehoben.
 

„Hallo", zog Hanjis Stimme die Begrüßung in die Länge.
 

„Hanji!", quiekte sie in den Hörer.
 

„Mara, was gibt's?"
 

„Hanji, ich hab ihn wieder gesehen", kam sie direkt auf den Punkt.
 

„Ist nicht wahr, erzähl!“, ihre Stimme klang genauso aufgeregt, wie Mara sich fühlte.
 

Sie holte tief Luft, ehe sie ihrer Freundin eine Zusammenfassung von dem Aufeinandertreffen lieferte. Dabei schlenderte zu der Eisdiele, die sie letztens erst entdeckt hatte, und bestellte sich ein ganz bestimmtes Eis.
 

Bananeneis.
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2015-09-19T17:30:19+00:00 19.09.2015 19:30
Guten Abend :3
Das Kapitel war echt klasse .. ähm weltklasse *__*
Du hast ein wirklich guten Schreibstil. =D
Aha ... Erwin findet sie sexy. Höre ich da schon schmutzige Wörter XD nur Spaß.
Das Gespräch zwischen Erwin und Limara war so knuffing, also von mir aus.
Hehe ... Limara sagt ja Hanji bescheid, dass sie wieder Erwin getroffen hat. Ob dies das längste Gespräch des Jahundert wird? O.o Oder über die zukünftigen Dates XD
Genau! Mal gucken wie sich da noch-nicht-Pärchen in Zukunft treffen. Miep ^__*

LG^^Alien^^


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