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Reiter des Fluchs

Nein. Sie weigerte sich seinen Tod zu akzeptieren. Sie glaubte es nicht! Immerhin war es Hicks und sein Partner war ein Nachtschatten! Er konnte nicht tot sein! Und aus diesem Grunde beschloss sie, ihn noch einmal suchen zu gehen. Stramm lief sie, dicht gefolgt von Sturmpfeil, durch das Dorf und trommelte die kleine Truppe zusammen. Bei ein zwei musste sie zwar härter durchgreifen, aber ansonsten kamen alle mit. Die Führung übernehmend hoben Astrid und die Drachen ab. „Okay, Sturmpfeil.“ sagte sie. „Ich vertraue dir.“ Sie hielt ihrem Drachen einen Teil von Ohnezahns kaputter Schwanzspitze vor die Nase. „Such!“ Astrid beobachtete, sie der Nadder die Nüstern blähte und den Geruch aufnahm, daraufhin ein Geräusch ausstieß. Sie lies ihrem Drachen komplett die Kontrolle, verharrte auf ihrem Rücken und wartete. Sie musste sie zwar manchmal zügeln, damit sie ihr Gefolge nicht abhing, aber ansonsten schien Sturmpfeil genau zu wissen, wo sie hin musste.

Lange flog die Nadderdame, sehr lange, bis eine kleine Insel am Horizont auftauchte. Eine Insel, die noch keiner von ihnen kannte und darauf hielt Sturmpfeil zu. Ob Hicks hier gestrandet war, nachdem sie Ohnezahns Schwanzsegel sowie Bein gefunden hatten? Möglich war es. Dennoch stellte sich die Frage, was ihm zugestoßen war.
 

Der Sand wirbelte auf, als die vier Drachen mit ihren Reitern auf dem Rücken an den Strand, weit weg von der Stadt, landeten. Sturmpfeil drehte sich kurz zu ihren Drachenfreunden um, stieß einen Laut aus und führte dann, schnüffelnd. Sie blieb vor einem Haufen Seetang stehen, schnüffelte ausgiebig daran, hob dann den Kopf, schnüffelte erneut und folgte einer neuen Spur. Sie wand sich durch die Bäume des Waldes, während vor allem Fleischklops da eher einige Schwierigkeiten hatte. Astrids Spürdrache führte sie auf eine Art Wanderzirkus zu, um den einige an Tierkäfigen standen. Der Zirkus war ganz offenbar dabei, zu einem neuen Ort aufzubrechen, denn ein großes, buntes Schiff lag an der Küste und wurde eifrig beladen. Die Tierkäfige wurden mit einem Flaschenzug an Bord gehievt und verstaut. „Warum hast du uns hier her geführt?“ fragte Astrid ihren Drachen, aber Sturmpfeil brummte nur kurz und starrte weiterhin auf den Zirkus. Astrid seufzte und folgte ihrem Blick. Sturmpfeil musste ja wissen, warum sie hier gehalten hatte. „Und was machen wir jetzt? Warten?“ maulte Rotzbakke. Astrid antwortete nicht.

Dann wurde ein weiterer Tierkäfig hochgezogen. Astrid klappte kurz der Mund auf. In dem Käfig saß ein tobender Nachtschatten. Da sein Schwanz nicht zu sehen war konnte sie nicht sagen, ob es sich dabei um Ohnezahn oder einen wilden Nachtschatten handelte. Obwohl niemand von ihnen je einen anderen, wilden Nachtschatten außer Ohnezahn gesehen hatte. „Hast du das auch gesehen?“ Raffnuss lehnte sich näher zu ihrem Bruder. „Whooo. Und wie. Was glaubst du. Ist das Ohnezahn?“ „Uh, ich hoffe ja, dass ist ein wilder Nachtschatten.“ quietschte Fischbein. „Seid still!“ fauchte Astrid. Wenn das wirklich Ohnezahn war, dann mussten sie ihn retten. Nur wie? Und war Hicks in der Nähe? Aber andererseits... was würde er bei einem Wanderzirkus wollen?
 

Die nächsten Tage erlebte der Sklave den Alltag der Piraten. Immer, wenn sie anlegten, kamen sie mit Schätzen und anderer Beute zurück und er sollte helfen, sie zu verladen. Im Gegensatz zu anderen Sklaven, die er beobachtete, behandelten die Piraten ihn sehr gut. Er bekam zwar keine eigene Hängematte, aber immerhin ein Strohlager mit einer Decke und normales Essen. Die ersten Tage auf dem Schiff bestanden seine Aufgaben nur aus Putzen aber mit der Zeit wurde ihm mehr zugetraut. „Geh den Drrrachen füterrrn!“ befahl ihm der Kapitän dann. Der Sklave verneigte sich kurz, holte dann das Futter für den Drachen aus der Kammer und machte sich daran, die Takelage zu erklimmen, in der der Drache bereits wartete. Sein Kopf tauchte über dem Aussichtskorb auf und beäugte das, was da in seine Richtung kletterte. Er griff nicht an, beäugte ihn nur vorsichtig. „Hier ist dein Essen.“ rief der Sklave ihm entgegen und warf ihm das große Stück Fleisch zu. Der Drache schnappte es sich aus dem Flug und verschlang es. Dann sah er den jungen Mann wieder an. Und der junge Mann sah ihn an. Es war ein leuchtend blauer Drache. Er leuchtete richtig und hatte etwas geisterhaftes an sich. Seine Flügel wirkten leicht transparent und sein Schwanz war bis zu einem gewissen Teil gespalten. Der junge Mann kletterte wieder hernieder und wandte sich dem Kapitän zu. „Herr. Was für ein Drache ist er?“ fragte er. „Arr.“ gab der Pirat von sich. „Das, mein lieberrr Junge...“ fing er an, fasste ihn mit seinem einen Auge in den Blick und machte eine kurze Pause. „... ist ein leuchtenderrr Fluch.“ „Das sind sehr seltene Drachen.“ fügte einer der Crew hinzu. „Eigentlich unmöglich zu zähmen, aber unserem Käpt‘n ist es zum Teil gelungen. Zumindest hat er es geschafft ihn soweit zu trainieren, dass er nicht angreift.“ „Trainieren?“ wiederholte der junge Mann. „Man kann Drachen trainieren?“ „Es ist sehr schwer, aber nicht unmöglich. Außerdem haben wir gehört, die Wikinger von Berk haben das auch geschafft.“ antwortete der Matrose. „Also kann man Drachen zähmen...“ murmelte der junge Mann eher zu sich selbst. Vielleicht war das ja auch bei dem Leuchtenden Fluch dort oben möglich...
 

Des Nachts schlich sich der junge Sklave hinaus und erklomm die Takelage. Das leuchten des Drachen war nicht zu übersehen, wie er wusste. Selbst für ein anderes Schiff nicht. Die Piraten hatten sich sozusagen einen eigenen Leuchtturm gefangen. Der Drache auf der Takelage starrte ihn sogleich alarmiert an. „Ruhig.“ sagte er der Mann und hielt in einem gebührenden Abstand an. „Ich habe dir etwas mitgebracht.“ Er bot ihm einen Fisch an und wartete. Der leuchtende Fluch schnüffelte zwar an dem Fisch, weigerte sich aber, ihn aus der Hand des Sklaven zu nehmen. Aber der junge Mann hatte Geduld. Er wartete, bis sich der Drache doch traute und vorsichtig und blitzschnell den Fisch aus der Hand des Mannes schnappte und verschlang. Daraufhin kletterte der junge Mann wieder hinunter und ging zu Bett. Das ganze wiederholte er mehrere Tage bis der Drache ihm die Fische direkt aus der Hand nahm und verschlang. Eines Nachts aber streckte der junge Mann dem Drachen daraufhin die Hand entgegen und wartete. Er hatte sich schon lange gefragt, wie sich Drachen anfühlten. Berührt hatte er noch nie einen. Daraufhin wand er den Blick ab und wartete. Es verging einige Zeit, bis er plötzlich weiche, warme Schuppen in seiner Hand spürte. Die Nase des Drachen, die er in die Hand des jungen Mannes gelegt hatte, vibrierte. Dann zog er seine Schnauze wieder zurück und wandte dem Mann den Rücken zu. Fast ein wenig wie paralysiert verharrte der Sklave an seiner Stelle, konnte kaum glauben, dass der Drache ihn tatsächlich berührt hatte. Dann kletterte er wieder hinunter und legte sich schlafen.
 

Am Tage darauf beobachtete er, wie der Kapitän Befehle brüllte und seine Matrosen eilig und geschäftig über das Deck eilten. „Beeilt euch, ihrrr Leichtmatrrrosen!“ knurrte er. „Wirrr müssen die Teufelssee so schnell wie möglich umschiffen!“ Seine Matrosen führten die Befehle aus, während der Sklave es wagte, dem Kapitän eine Frage zu stellen. „Herr, was ist die Teufelssee?“ fragte er. „Arr.“ knurrte der Kapitän. „Es ist ein verrrfluchtes Gebiet, dass jederrr Seefahrrrerrr meidet. Dorrrt kommt alles schlechte derrr See zusammen. Stürrrme von unnatürrrlichem, dämonischem Ausmaß, Rrregen wie Wände, Strrrudel wie ein Porrrtal zurrr Unterrrwelt und dem Tod und Torrrnados, so grrroß, dass sie die ganze Welt verrrschlingen könnten, aye.“ Wieder knurrte er. „Manchmal sollen dorrrt zusätzlich sogarrr Blizzarrrds wüten. Wirrr Seefahrrrerrr nennen dieses Gebiet auch das Hades-Vierrreck.“ „Aber Herr.“ stellte der Sklave eine nächste Frage. „Woher wisst ihr das? Hat schon einmal jemand eine Reise durch dieses Gebiet überlebt?“

„Aye, in derrr Tat. Aberrr nurrr einerrr.“

„Und wer war das, wenn ich fragen darf?“

Der Piratenkapitän verfiel in kurzes Schweigen, dann sah er seinen Sklaven an. „Errr steht vorrr dirrr.“ Dem Sklaven fiel die Kinnlade herunter. „Ihr, Herr?“ fragte er ungläubig. Nach dem, was der Kapitän erzählt hatte, schien es ihm unmöglich, dass auch nur irgendjemand lebend aus diesem Hades-Viereck herausgekommen war. Daraufhin schwieg er und ging seiner Arbeit nach. Der leuchtende Fluch beobachtete ihn aus der Takelage heraus die ganze Zeit. In der Nacht erklomm er sie wieder um seinen neuen Freund zu füttern. Er war soweit, dass der leuchtende Fluch es ihm erlaubte, ihn zu berühren. Der Sklave kletterte zu ihm in den Ausguck und kraulte ihn unterm Kinn. Der Drache gab ein leises, anhaltendes Brummen von sich, das schon fast klang wie ein Schnurren. Der junge Mann wusste, dass es ihm gefiel. Gemeinsam beobachteten sie den Mond und die Sterne, wobei der leuchtende Körper des Drache selbst aussah wie ein Sternenhimmel. Ein erleuchteter Sternenhimmel. Immer wieder fragte sich der Sklave, warum der Drache so leuchtete. Aber er vermutete, dass es mit dem geheimnisvollen Futter zusammen hing, dass der eigentlich Matrose, der für die Pflege des Drachen zuständig war, ihm jeden Tag brachte. „Die Nacht ist schön.“ fing der Sklave an. Sein Drachenfreund gab ein zustimmendes Geräusch von sich und breitete sehnsüchtig die Flügel aus, als wolle er in die Nacht davon fliegen. „Du vermisst deine Freiheit. Richtig, Schwertstimme?“ Er hatte den Drachen getauft. Nach dem, was am besten zu dieser Kreatur passte. Der Drache gab ein deprimiertes Knurren von sich und der Sklave seufzte. „So gern ich dir helfen würde... aber meine Pflichten binden mich an meinen Herrn und da du meinem Herrn gehörst...“ Ein leises fauchen rollte in der Kehle des Drachen. Er sah sich nicht als der Besitz eines Menschen. Wieder seufzte der Sklave und tätschelte dem Drachen einmal die Schuppen. „Ich komme morgen wieder.“ Dann machte er sich daran, die Takelage wieder herunter zu klettern.
 

Astrid und die anderen beobachteten den Wanderzirkus, bis in die Nacht hinein und die Lichter für die Nachtruhe ausgingen. Das Schiff würde wohl in der früh am nächsten Morgen ablegen. Das hieß, sie hatten nur diese Nacht Zeit, den Nachtschatten zu befreien. Während sie gewartet hatten, hatten sie sich einen Plan zurecht gelegt. Rotzbakke und die Zwillinge sollten die Mannschaft ablenken, während Astrid, Fischbein und ihre beiden Drachen sich an Bord schleichen würden. Leise stiegen die vier Drachen und ihre Reiter hinauf in die Luft. Kurz darauf drehten Fleischklops und Sturmpfeil ab und verschwanden in der Dunkelheit, während Einheit zwei ihre Stellungen bezog. „Alles klar, Hakenzahn. Zeig, was du kannst!“. Der Drache grunzte, holte Luft und stieß ein ohrenbetäubendes Gebrüll aus. Sofort gingen die Lichter auf dem Schiff an und die Mannschaft stürmte heraus, geweckt von dem Gebrüll. Dann waren die Zwillinge dran. Kotz und Würg spien ihr Gas und entzündeten es so, dass es das Schiff nicht traf, aber die Herausforderung deutlich machte. Sofort wurden Stimmen und Befehle laut, als die Mannschaft auf das Deck stürmte um ihr Schiff zu verteidigen. Den Aufruhr nutzten Astrid und Fischbein um durch die Ladeluke ins Innere des Schiffes zu schlüpfen. Sie fanden einen Raum voller Tierkäfige wieder. Einige in farbenfrohen Zirkuskäfigen, andere in normalen, kleinen Käfigen. Das Schiff fungierte offenbar auch als Verschiffungsort für die Beute von Wilderern. Astrid war angeekelt von der Art, wie man mit Tieren umging. „Fischbein.“ sagte sie. „Lass Fleischklops alle Käfige zerstören um die Tiere zu retten und sorge dann dafür, dass sie aus dem Schiff raus wieder in die Freiheit kommen.“ „Oh, verstanden.“ Fischbein machte sich an die Arbeit. Selbst ein paar Drachen waren unter der Beute der Wilderer und des Wanderzirkus. Derweil und während Rotzbakke und die Zwillinge die Mannschaft hinhielten, machte sie sich auf die Suche nach dem Käfig mit dem Nachtschatten. Sturmpfeil folgte ihr und half, den Käfig zu finden, da sie immer noch die Spur des Drachen aufgenommen hatte. Weit hinten im Schiff, hinter diversen Käfigen, in denen ängstlich quäkende Tiere und Drachen saßen, fand sie den großen Käfig mit dem schwarzen Berg darin. Der Drache lag, ihnen den Rücken zugewendet in seinem Käfig. An Schwanz, allen vieren und am Hals angekettet mit einer Maulsperre und Flügelbinde. Astrid hielt inne. Sie wusste immer noch nicht, ob es sich bei dem Drachen um Ohnezahn oder einen echten, wilden Nachtschatten handelte. Sturmpfeil quäkte und das eine Ohr des Nachtschatten zuckte. Dann kam er in Bewegung, richtete sich auf und drehte sich um. Große grüne Augen starrten Astrid und ihre Nadderdame an und kurz darauf sah man den freudigen Schein der Wiedererkennung in seinem Blick. Durch die Maulsperre stieß Ohnezahn ein freudiges glucksen aus, sprang einmal auf und ab, dass die Ketten rasselten und warf sich dann gegen das Gitter. Astrid hob die Hände. „Nicht, Ohnezahn. Wir holen dich da schon raus!“ Der Nachtschatten hörte auf sie. „Fischbein! Komm her, ich habe ihn gefunden!“ Es klapperte, als Fischbein in seiner Eile über einen leeren Käfig stolperte. „Komme!“ rief er, rappelte sich auf und kam mit Fleischklops im Schlepptau angeeilt. „Beiß seine Gitterstäbe durch!“ wies Astrid ihn an und mit einem „Fleischklops!“ und einem deuten auf den Käfig gab Fischbein den Befehl weiter. Seine Gronkeldame stapfte an ihnen vorbei, öffnete das Maul und verbiss sich in den Gitterstäben des Käfigs. Ohnezahn war vorsichtshalber etwas zurück gewichen und wartete brav, bis Fleischklops die Gitterstäbe verbogen, gefressen oder entfernt hatte. Dann grunzte er erneut durch seine Maulsperre und wollte aus dem Käfig hüpfen, aber da kamen ihm nun seine Fesseln in die Quere. Mit einer eindeutigen Geste bat er Fleischklops ihn auch von diesen zu befreien. Das stellte sich als etwas schwieriger heraus, aber Fleischklops schaffte es, die Fesseln durchzunagen. Sofort machte Astrid sich daran, ihm die Maulsperre zu entfernen, woraufhin sie umgeworfen und mit einer Leckattacke belohnt wurde. Die Wikingerin lachte und versuchte Ohnezahns Kopf weg zu schieben. „Nicht, Ohnezahn. Ist ja gut!“ Aber die Versuche, seinen Kopf wegzuschieben scheiterten und sie musste das ganze dann einige Minuten über sich ergehen lassen.

Als der Drache dann von ihr abließ um Fischbein der selben Prozedur zu unterziehen, richtete sie sich auf und wischte sich über ihr nun triefnasses Gesicht. Ein Blick auf seine Schweifspitze verriet ihr, dass es sich wirklich um Ohnezahn handelte. „Ohnezahn. Wo ist Hicks?“ Der Drache lies von Fischbein ab, sah sie an und lies seine Ohren und den Kopf hängen, ein bedrücktes Glucksen ausstoßend. “Sag bloß nicht...“ Die Geste des Drachen reichte um zu übersetzen, dass er es nicht wusste. Auf Deck wurde es chaotischer. „Kommt, wir müssen hier raus!“ rief Astrid. Als sie loslaufen wollte, hielt Ohnezahn ihre Kleidung mit seinem Maul fest. „Was ist denn?“ fragte sie, als sie sich umdrehte. Ohnezahn zeigte ihr sein halbes Schweifsegel und es fiel ihr wieder ein. „Stimmt ja. Du kannst ohne Hilfsmittel nicht fliegen!“. „Sturmpfeil und Fleischklops können ihn nicht tragen.“ warf Fischbein ein. „Pass auf. Fleischklops und ich befreien weiterhin die Tiere und du suchst nach einem Tuch, dass Sturmpfeil und Fleischklops tragen können um Ohnezahn zu transportieren!“ „Gute Idee, Fischbein!“ lobte Astrid ihn und drehte sich um um etwas zu finden, in dem sie Ohnezahn transportieren konnten, während Fischbein sich wieder um die Käfige kümmerte.
 

Es war schwierig in dem Lagerraum etwas geeignetes zu finden, weshalb Astrid einiges an Zeit brauchte, bis sie doch ein zusammengefaltetes Segeltuch fand. In der Zeit hatte Fischbein auch den letzten Käfig geknackt. „Ich hab was!“ rief Astrid und kam mit dem Tuch zurück. „Gut, auf zur Luke!“ Fischbein lief voraus. Unter der Luke breiteten sie das Tuch aus, sodass Ohnezahn sich hinein legen konnte. Dann schwangen sich die beiden Wikinger auf ihre Drachen, die das Tuch mit ihren Krallen nahmen, losflogen und das Tuch sich um Ohnezahn legte. So hievten sie den flugunfähigen Drachen aus der Luke. Rotzbakke und die Zwillinge hatten ganze Arbeit geleistet, die Mannschaft hinzuhalten. Astrid gab ihnen ein Zeichen, während die befreiten Tiere und Drachen aus der Luke kletterten, über den Schiffsrand sprangen und das Weite suchten. Sofort drehten alle vier Drachenreiter ab und kehrten dem Schiff den Rücken, Ohnezahn im Segeltuch mit forttragend.
 

„Alle an Deck, scharrrf Backborrrd, ladet die Kanonen!“ bellte der Kapitän und das die Matrosen eilten auf Deck geschäftig umher wie Ameisen. Das feindliche Schiff war wie aus dem Nichts gekommen. Vielleicht waren sie dem Licht Schwertstimmes durch den Nebel gefolgt, in der Hoffnung, es sei ein Leuchtturm. Der Drache schrie die Mannschaft des anderen Schiff an, öffnete und schloss seine Flügel, die wie ein zweites, leuchtend blaues Segel wirkten. Kurz darauf brach das Schießen der Kanonen los, während die Piraten Enterhaken warfen um auf das andere Schiff zu gelangen. Der Kampfeslärm dröhnte über das Meer, während der Sklave brav den Mopp schwang, aber immer besorgt zu seinem leuchtenden Freund auf der Takelage blickte. Im Notfall könnte der Drache nicht fliegen, da er festgekettet war. Den Schlüssel für die Fesseln hatte der Co-Käpitän und der war es, der gegen die Feinde kämpfte, die sich Zutritt auf ihr Schiff verschafft hatten. Der junge Mann sah von dem feindlichen Schiff zum Drachen und zurück. Einer der Feinde zielte mit einer Kanone auf ihn. Ohne nachzudenken handelnd lies der junge Mann den Mopp fallen, schnappte sich den Schlüssel vom Co-Kapitän, der zu beschäftigt war um das zu merken und begann die Takelage hinauf zu klettern. „Komm da rrrunterrr!“ rief der Kapitän. Der Sklave hörte nicht. Er setzte sich tatsächlich über seinen Herren hinweg.

In der Takelage angekommen machte er sich daran, die Fessel des Drachen irgendwie zu lösen. Da ertönte der Kanonenschuss und die Takelage zersplitterte. Zusammen mit dem Drachen fiel er und dankte bereits ab. Doch da spürte er, wie sich der Drache neben ihm bewegte, sich so legte, dass er über dem Rücken des Drachen war, dann veränderte er seine Lage und der junge Sklave fiel mit einem dumpfen Aufprall auf den Rücken des Drachen, der seine Flügel aufspannte, sie schlug und abdrehte. Er flog. Er flog wirklich auf dem Rücken eines Drachens. Schwertstimme warf ihm einen kurzen Blick über die Schulter hinweg zu, der wohl soviel bedeuten sollte, wie >Halt dich fest!<. Der junge Sklave griff nach den Stacheln und den leuchtenden Auswüchsen am Hals des Drachen und hielt sich fest. Der Drache drehte bei, stieß einen schrillen Schrei aus und feuerte einen leuchtend weißen Nebel auf die feindliche Mannschaft, die paralysiert stehen blieb, als sie getroffen wurden. Wieder drehte der Drache bei und wiederholte die Prozedur. So war es für die Piraten ein leichtes, den Angriff abzuwehren und das feindliche Schiff einzunehmen. Daraufhin wollte Schwertstimme dem Schiff den Rücken kehren, doch brachte der Sklave ihn dazu, abzudrehen und auf dem Deck ihres Schiffes zu landen. Schwertstimme gehorchte tatsächlich, drehte wieder ab und landete auf dem Deck, auf welchem die Mannschaft auseinander stob. Auf ein weiteres Signal hin legte er sich nieder, damit der Sklave absteigen konnte. „Bei Thorrr...“ entfloh es dem Kapitän. „Junge, du hast...“ „Tut mir Leid, Herr.“ Der Sklave verbeugte sich, händigte den Schlüssel wieder aus und lief zu seinem Mopp zurück, das rufen Schwertstimmes ignorierend. „Junge, komm soforrrt zurrrück!“ verlangte der Kapitän und der Sklave gehorchte.

Der Blick des Kapitäns und er Mannschaft sagte alles. >Wie hast du das gemacht?!< „Ich... ich wollte nicht, dass Schwertstimme einfach abgeschossen wird...“ sagte er verlegen. „Du hast dem Biest einen Namen gegeben?“ fragte einer der Matrosen ungläubig. „Ja. Jeder verdient einen Namen. Nur Sklaven dürfen keinen tragen.“ Daraufhin brach der Kapitän in schallendes Gelächter aus. „Mein Lieberrr. Du bist mirrr vielleicht eine Nummerrr.“ Eine Nummer!“ wiederholte sein Papagei. „Du gibst einem Drrrachen einen Namen, dirrr selbst aberrr keinen?“

„Ich habe kein Recht, Herr.“

„Oooh, und wie du ein Rrrecht hast. Du hast unserrren leuchtenden Fluch gezähmt und denkst immerrr noch, du bist nurrr ein Sklave?“ Wieder lachte der Piratenkapitän. „Oh nein, mein Lieberrr. Du bist schon längst kein Sklave mehrrr.“ Irritiert sah der Sklave den Kapitän an. „Also dann, ihrrr Leichtmatrrrosen.“ wand sich der Kapitän an seine Mannschaft. „Welchen Namen soll unserrr Drrrachenrrreiterrr trrragen?“ Sofort wurden diverse Vorschläge in die Runde gerufen. Selbst banale wie Olaf der Schreckliche. Irgendwann stoppte der Kapitän die Ruferei. „Nun denn, mein Lieberrr. Ab soforrrt heißt du Tanin* der Reiter. Schwerrrtstimme wird ab soforrrt dein trrreuerrr Begleiterrr auf meinem Schiff. Du bist nun ein vollwerrrtiges Mitglied!“ Dem jungen Mann fiel die Kinnlade herunter. Er war wirklich...? Sie hatten ihm...? Die Crew brach in Gelächter aus.

„Der Junge kann es nicht glauben!“

„Seht wie er da steht!“

„Jetzt ist er einer von uns!“

Und das waren nur ein paar der Rufe der Crew. „Wirrr werrrden bei derrr nächsten Plünderrrung einen Sattel für dich auftrrreiben, nicht, Jungs?“ rief der Kapitän und bekam ein zustimmendes Gröhlen. Der neu getaufte Tanin sah seinen neuen Partner an, der den Blick erwiederte. Und dann grinste er doch bis über beide Ohren und fiel dem Drachen um den Hals, der es zuließ.


Nachwort zu diesem Kapitel:
* Tanin = Arabisch für Drache Komplett anzeigen

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