Zum Inhalt der Seite

Intermezzi

OS-Sammlung
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Für Schneefeuer1117. :)

Ich hatte das schon länger im Kopf und kam endlich dazu, es umzusetzen. Ich hoffe, du magst die kleine Überraschung. :> Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Solstitium Noctis Somnium

 

Kühle Abendluft umspielte seine Nase, als er endlich eine Minute fand, sich von der Gesellschaft zu entfernen. Es war ein schöner Abend, das musste selbst der für seine schlechte Laune bekannte Einsiedler zugeben. Aber dennoch war es erschöpfend. Als Raphael ihn darum gebeten hatte, sein Trauzeuge zu sein, war Kais automatische Reaktion gewesen, an der mentalen Gesundheit seines scheinbar besten Freundes zu zweifeln. Dennoch hatte er sich schließlich bereit erklärt, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Mut musste ab und an scheinbar belohnt werden. Und zugegeben hatte Kai über die letzten Wochen zugeben müssen, dass selbst er nicht nur vertragliche Verbündete, sondern auch Freunde brauchte. Raphael war positiv überrascht gewesen, als Kai schließlich doch zugestimmt hatte. Wenn auch nicht ganz ohne sich einen Kommentar, dass seine Geschwister doch wesentlich geeigneter wären, verkneifen zu können. Und so war Kai die letzten Wochen und Monate mehr damit beschäftigt, bei der Hochzeitsvorbereitung zu unterstützen und einen Junggesellenabschied zu planen, der Raphael gefallen, aber nicht seine Ehe in Gefahr bringen würde. Er war selbst überrascht, dass es ihm verhältnismäßig einfach fiel, die richtige Balance dafür zu finden. Die Rede der Trauzeugen war wesentlich schwieriger für ihn zu verfassen, als sich die Vorlieben seines ältesten Freundes in Erinnerung zu rufen. 

Beides war mittlerweile geschafft, die Ringe ausgetauscht und der Hochzeitsempfang mit After-Party in vollem Gange. Er hatte sich sogar von Keisha zu einem Tanz bequatschen lassen. Hauptsächlich, weil er ein Auge darauf haben wollte, dass die Kleptomanin ihre Hände bei sich behielt. Aber er hatte sich dahingehend unnötig Sorgen gemacht. Selbst sie hatte zu viel Spaß und war darauf bedacht, dem Ehepaar keinen Skandal an ihrem Tag auf den Hals zu hetzen. Wäre es ein anderer Tag gewesen... nun, es war aber eben dieser. 

Kai lehnte sich an das Geländer von einem der vielen pompösen Balkone, die den Ballsaal, in dem sich der Rest der Gesellschaft befand, nach außen erweiterte. Der Ausblick zeigte seinen an die Dunkelheit gewöhnten Augen einen weitlaufenden Park, hinter dessen eingrenzendem Zaun die Lichter der Stadt eine gewisse Normalität zu ihm hintrugen. Die Unterarme auf den Stein gelehnt, schloss der Unlichtleiter für einen kurzen Moment die Augen. Es war der glücklichste Tag in dem Leben seines besten Freundes und seiner Geschäftspartnerin. Kai hatte ihnen und der Gesellschaft die seltene Maske der Freundlich- und Herzlichkeit gezeigt, die sonst bisher nur seine Kindheitsfreunde und seine Familie in Kindertagen kennengelernt hatten. Vielleicht lag es daran, dass er so... unglaublich erschöpft war. Er hatte vergessen, dass er so blicken konnte, dass er sich auf diese Art und Weise vergnügen konnte. Die letzten Jahre hatte er dieses Gefühl selbst in seinen privatesten Momenten sich selbst versagt. Denn Skrupellosigkeit konnte man nur dann portraitieren, wenn einem diese in Haut und Knochen überging. 

 

“Ah, da bist du ja. Raphael hatte schon gescherzt, dass du dich nach der Rede auf dem schnellsten Weg wieder in deiner Höhle verkriechen würdest.” 

Kai musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, wem die von Glückseligkeit triefende Stimme gehörte. Seine Mundwinkel zuckten kurz, ehe er die Augen wieder öffnete und zu seiner Linken schielte. Dort stand sie. Mit dem Rücken zu der dunklen Nacht hatte auch sie sich an das Geländer gelehnt und war etwas ins Hohlkreuz gegangen, um sein Gesicht nicht nur im Profil zu erhaschen. Alea Sophie Leviathan. Es würde dauern, bis er sich an den neuen Nachnamen der ehemaligen Smith gewöhnen würde. 

“Ich habe morgen einen Termin bei deinem Vater und Keisha hat sich meinen Hotelschlüssel angeeignet”, erklärte er schlicht den Grund, warum er noch immer Teil der Hochzeitsgesellschaft war. Natürlich wusste er, dass zumindest der letzte Teil nur eine schwache Lüge war. Es gab schließlich immer Mittel und Wege, zurück in sein eigenes Hotelzimmer zu gelangen. Er hatte darauf bestanden, nicht wie der Rest des engeren Kreises in Privatunterkünften der Smith-Familie untergebracht zu werden. Der zumindest abendliche Abstand von den anderen tat ihm gut, auch wenn er es nicht so ausgedrückt hatte. Alea lachte leise auf und bestätigte ihm damit, dass seine Lüge auch nicht über ihren angetrunkenen Verstand gegangen war. 

“Und das hast du dir gefallen lassen? Was für ein … handzahmer Mann du geworden bist~”, Alea beugte sich näher zu ihm und überschritt wie immer mühelos die Grenze zu seinem persönlichen Bereich. Kais Blick wurde einen Tacken kühler und er richtete sich leicht auf. Aber davon abgesehen hielt er sich tatsächlich zurück. 

“Mh...”, seine Finger schlugen sanft auf das Geländer, als er sich nun doch ganz zu ihr wandte. “Was führt dich hierher? Solltest du nicht mit deinem Mann der gesamten Hochzeitsgesellschaft zeigen, wie man sich NICHT auf der eigenen oder irgendeiner Hochzeit verhält?” 

Alea richtete sich ebenfalls wieder etwas auf und musterte ihn eine Weile nachdenklich. Helles Blau auf schwarzem Rot. Eine stumme Herausforderung aussprechend, die jedoch auf schlichtes Unverständnis stieß. Er war nicht in der Stimmung für Spielchen, schließlich benötigte er all seine Kraft dafür, nicht seine schlechte Laune heraushängen zu lassen. 

Schließlich ein Schulterzucken: “Ich weiß es nicht. Sag du es mir.” 

Kai runzelte die Stirn. Was sollte das heißen? 

“Wie geht es dir?”, die Frage der Braut kam so unerwartet, dass Kai für eine Sekunde sie nur perplex anblicken konnte. Seine Antwort darauf war entsprechend nicht weniger untypisch. 

“Was?” 

“Wie es dir geht?” 

“...Gut?” 

“Achja? Wieso weinst du dann?” 

Verwirrt führte er eine Hand zu seinem Gesicht. Tatsächlich. Nasses Salz floss ihm ungerührt über das Gesicht. Er verstand nicht. Das war in seinem Leben nur selten vorgekommen. Sowohl ein solcher Gefühlsausdruck als auch das nagende Gefühl, dass sich etwas Wichtiges vor ihm verbarg. “...Was...?” 

“Da bist du ja, Alea! Komm, unser Lied läuft und ich habe schon zu lange nicht mehr mit meiner Frau getanzt.” 

Die fröhliche Stimme von Raphael ließ die beiden anblicken. Sein bester Freund hatte jedoch nur Augen für Alea und in diesem Moment war Kai froh darum. Er konnte es nicht gebrauchen, dass dieser ihn in diesem Zustand sah. Die Psycholeiterin lächelte ihrem Gatten zu, bevor sie sich noch ein letztes Mal zu Kai beugte. 

“Ich verrate es dir: Weil es niemals hierzu kommen wird.” 

Damit lächelte sie ihm ein letztes Mal zu, als sei nichts gewesen und sie eilte zu Raphael, der in der Glastür ihre Hand ergriff und sie verspielt in seine Arme drehte. Kai schaute stumm zu, wie sich die Lippen der beiden von dem Licht des Saals umhüllt, aufeinander legten. 
 

Das Bild zerbrach wie das Glas eines Spiegels. Dunkelheit quoll aus den Rissen.  

A̷l̷l̷e̷s̷ w̷u̷r̷d̷e̷ s̷c̷h̷w̷a̷r̷z̷.

 



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Schneefeuer1117
2023-01-04T12:11:31+00:00 04.01.2023 13:11
... das ist so ne Kai Überschrift, ohne scheiß, erstmal google fragen, was er mir damit sagen will xD

OH MEIN HERZ!!!
Ich hab Gänsehaut und will heulen!! ;___;
Das hast du so, SO schön subtil und doch wie ein Schlag von Phönix mitten in die Fresse geschrieben, ich sags dir! Gosh, Alea, du blöde Kuh! Wenn du es doch schon weißt, tu ihm doch nicht noch mehr weh! Dx Dx Dx Arwww, ach man. Ich finde es toll, danke, dass du es so schön simpel gehalten hast und ich konnte mir doch alles so genau vorstellen und es passte alles so gut (auch wenn ich mich NIE an Leviathan als Nachnamen für Alea gewöhnen könnte xD Gut, dass das bei uns nicht passieren wird *schnauft*) und die kleine Erwähnung von Keisha hat mich schmunzeln lassen und ich habe mich sehr, SEHR gefreut!
Überraschung geglückt >//<
Antwort von:  Luthien-Tasartir
04.01.2023 13:39
Hehe, freut mich. Das ist genau die Reaktion, die ich mir erhofft habe. ♥


Zurück