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TOXIC

von

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Prolog

Prolog:

Die schönsten Träume von Freiheit werden im Kerker geträumt

 

- Johann Christoph Friedrich von Schiller

 

 

Er achtete nicht wohin er rannte. Er wollte einfach nur fort, und das so schnell und so weit es nur möglich war. Der junge Mann hastete regelrecht durch das Dickicht des Waldes, ohne Rücksicht auf Verluste.

Und als wollte ihn der Wald selbst nicht hergeben, krallten sich wild wuchernde Äste und Zweige von Dornengewächsen in seine Kleidung, versuchten ihn halten.

Selbst als ein spitzer Zweig, den er auf der Seite seines blinden Auges zu spät bemerkte seine Wange regelrecht aufschlitzte, ignorierte er den pochenden Schmerz.

Sein rotes Blut rann seine blasse Haut hinunter, als der Schwarzhaarige den Waldrand trotz aller Widerstände erreichte.

 

Doch was er sah, lies ihn alle Kraft verlieren. Seine Beine wurden schwer und vermochten ihn nicht mehr zu tragen. Er klammerte sich regelrecht an einen der größeren Bäume, suchte nach Halt als sein Blick starr auf das gerichtet war, was vor ihm lag.

 

Eine weite Ebene, eingegrenzt von einer Gebirgskette. Überzogen mit vielen Wäldern und ein kleinerer Fluss schlängelte sich seinen Weg durch die scheinbar unberührte Natur – nirgends gab es Anzeichen von Zivilisation. Als hätte kein Mensch vor ihm diesen Ort auch nur jemals gesehen.

 

Und es war genau diese Erkenntnis, die ihn in die Knie Zwang. Hier war niemand. Er war alleine. Alles war umsonst gewesen.

 

Der Schrei eines Greifvogels lies seinen Blick zum Himmel wandern. Er sah das Tier, welches majestätisch am wolkenlosen Himmel schwebte. Frei. Er streckte seine geschundene Hand nach ihm aus, als könnte er den Vogel greifen, sich ebenso in die Luft erheben und einfach davon fliegen. Doch die bittere Wahrheit war, dass er ein Mensch war – er konnte nicht fliegen und würde es nie können.

Jetzt, als sein Körper langsam zu Ruhe kam, spürte er auch den Schmerz auf seiner Wange, welche immer noch blutete – inzwischen lief ihm das Blut über den Hals hinunter bis auf den Kragen seines Mantels, der die Flüssigkeit gierig aufsaugte. Er strich über seine schmerzende Wange.

 

'Was habe ich getan um so zu enden?' fragte er sich still. Der Blick auf die Ebene erfüllte ihn nun seltsamerweise mit einer eigenartigen Ruhe und Resignation.

Wie im Selbstgespräch flüsterte er zu sich selbst „Warum kann ich jetzt nicht einfach hier sterben?... bevor.....“

Er wusste es nicht ob es an dem Geruch seines Blutes lag oder an der Erschöpfung und den Schmerzen, aber er begann zu lachen. Erst leise, doch bald war es ein manisches Gelächter was die Stille um ihn herum verdrängte.

Er wischte sich mit der Hand, die noch immer auf seine Wunde in seinem Gesicht gedrückt war, nun quer über sein feminines Gesicht, hinterließ eine blutige Spur und starrte mit einem angsteinflößenden Lächeln, immer noch schallend lachend ins Leere

'...bevor ich komplett den Verstand verliere....' dieser Gedanke, der plötzlich in seinen Kopf trat, unterbrach die seltsame Szene. Der Schwarzhaarige verstummte.

 

Ein Windstoß wirbelte seine langen Haarsträhnen herum, die ihm fransig ins Gesicht hingen. Der Wind strich angenehm kühl über seine Haut. Und dann passierte es einfach so. Erst war es eine einzelne Träne die über seine Wange rollte, doch dann konnte er seinen Frust und die Verzweiflung nicht mehr zurückhalten. Der Tränenstrom hörte gar nicht mehr auf. Er kauerte sich zusammen presste noch immer weinend und zitternd seine dünnen Arme an seinen schmächtigen Oberkörper, endgültig dem Zusammenbruch nahe.

 

'…. Ich.... bin verloren...'

 

Kapitel 1:

 

Das Schicksal ereilt uns oft auf den Wegen,

die man eingeschlagen hat, um ihm zu entgehen
 

- Jean de La Fontaine

 

 

Der bepackte, junge Mann streckte sich in dem strahlenden Sonnenschein und genoss die Wärme auf seiner Haut. Ein leichter Wind wehte durch seine wuscheligen dunkelroten Haare, als er voller Abenteuerlust ein paar Schritte weiter auf den Vorsprung zuging, der relativ steil unter ihm abfiel.

Eine atemberaubende Landschaft tat sich vor ihm auf – viele kleine und größere Waldstückchen waren überall auf der großen Ebene vor ihm verteilt, einen kleinen Fluss gab es auch – und all diese unberührte Natur wurde von einem Gebirgspass umrahmt. Er blickte flüchtig hinunter und erblickte dort schon den Rand eines Waldstückes, welches sich bis in die Ebene zog.

 

„Woah Leute das ist hier einfach total super!“ platzte aus dem Teenager heraus als er mit leuchtenden Augen diese traumhafte Landschaft auf sich wirken lies.

 

„Öh... Leute?“ drehte er sich fragend herum, nachdem er bisher keine antwortende Stimme gehört hatte.

 

„Mensch Drake... renn... nicht so!“ es sollte wohl mahnender klingen, aber durch das unterbechende Schnappen nach Luft kam es eher etwas lächerlich rüber.

Vier ebenfalls High-Schooler kämpften sich ebenfalls schwer bepackt die Anhöhe hinauf, sichtbar angeschlagener als der Rotschopf vor ihnen.

 

„Echt Matt, du solltest mit dem Rauchen aufhören, du schnaufst ja wie ein Nashorn beim Sex“ spöttelte Drake seinem blonden Kumpel zu, der das Schlusslicht dieser seltsamen Karawane bildete, dieser keuchte nur ein liebevolles „...ach fick dich doch...“

Die Beiden Mädchen waren zwar auch sichtlich k.o. aber sie liesen es sich nicht so anmerken die beiden Jungs.

Als Tess ihren Rucksack auf der Anhöhe absetzte und einen Schluck aus ihrer Wasserflasche nahm, beäugte auch sie neugierig die Umgebung.

„Naja, das muss man dir lassen Dave, du hast echt ein tolles Plätzchen für unseren Camping-Ausflug gefunden. Echt schön hier – will noch wer?“ mit diesen Worten reichte sie Flasche weiter.

 

Dave nahm dankend eine Schluck bevor die Flasche weiterwandern lies und begann sich seine vom Wind zerzausten Haare zu richten. Nachdem er scheinbar nicht mehr ganz so wirkte, als würde er an Luftmangel sterben, kam auch er wieder zu Wort.

 

„Ja, die Gegend hier ist echt toll! Mein Dad kam schon immer mit meinem Großvater her zum Campen, irgendwann bin ich dann auch mitgekommen. Leider haben wir es schon einige Jahre nicht mehr geschafft. Aber hier hat sich fast nichts verändert.

Ich würde vorschlagen dass wir irgendwo da unten bei dem Fluss unser Lager aufschlagen.“

„Klingt gut!“ erwiderte Lynn, deren Motivation fast so groß war wie die von Drake – aber nur fast - denn das zierlich gebaute, blonde Mädchen hatte deutlich weniger Ausdauer als das braungebrannte Energiebündel vor ihr, das immer noch aufgeregt vor sich hin zappelte.

 

Um seine Lungen zu pflegen, zündete sich Matt erst einmal eine Zigarette an.

„Dave, hast du nicht gesagt hier in den Wäldern wäre irgendwo so ein verlassenes, uraltes Herrenhaus?“ Drake spitzte die Ohren – das roch doch nach einem Abenteuer!

Lynn schauderte und auch Tess sah nicht begeistert aus „Jungs! Hört auf – sonst bekomm ich heute nacht kein Auge zu! Brrrrr.... wie in so nem schlechten Horrorfilm!“

Quiekend hüpften sich die Damen in die Arme, während die Jungs sich anscheinend überlegten welche Horrorgeschichten sie heute Abend beim Lagerfeuer zum Besten geben würden.

 

„Hm dann sollten wir langsam mal weitermachen oder?“ hakte Drake nun nach „Wir müssen ja noch die Zelte aufbauen und Feuerholz sammeln und- WAHHHHHHHHH“

Drake, der immer noch die ganze Zeit am Rand des Abhangs gestanden oder besser gezappelt hatte, blieb an einer alten Wurzel hängen und verlor das Gleichgewicht, und rollte geradewegs den Abhang hinunter.

 

„DRAKE!!!“ seine Freunde hetzten erschrocken zum Rande des Abhangs, blickten auf die aufgewirbelte Staubwolke unter sich und suchten verzweifelt nach einem Lebenszeichen.

Erst als sie etwas wie „Oww....auauaua...... keine Sorge ich leb noch!.... Oh... meine armen Gräten.....“ von der Ebene unter sich hörten schnauften die vier Freunde erleichtert durch. Der aufgewirbelte Staub begann sich wieder zu legen und gab den Blick auf ihren abgestürzten Kameraden frei.

 

Matt schrie nur ein „Bist du bescheuert du Volltrottel?“ nach unten, folgend von einem besorgten „Hast du dich verletzt???“

 

Drake konnte schon wieder lachen und rief seinen Freunden nur zurück „Nein, nur ein paar Kratzer, sonst geht’s mir gut!“ während er sich den Staub von der Kleidung und Rucksack klopfte und sich die Blätter aus den Haaren zog, die sich bei seiner Rutschpartie in seinen Haaren verfangen hatten.

 

Nach einem kurzen sondieren der Lage kam er zu folgenden Entschluss

„Hey, ich komm hier unmöglich wieder hoch! Ich glaube es ist das Beste wenn ihr euch erst mal eine sichere Abstiegsmöglichkeit sucht! Am besten Treffen wir uns dann dort bei dem kleinen Wald am Fluss!“

Dave suchte den Wald, auf den Drake zeigte und nickte „Ok, aber pass auf dich auf! Ich will deiner Mutter nicht sagen müssen dass du dir beim rumhüpfen das Genick gebrochen hast! Wir beeilen uns und treffen uns dann dort!“ gefolgt von einem mahnenden „Und mach keinen Scheiß!“

Lynn warf noch lachend hinterher „Sprich mit keinem Fremden! Und wenn du einen Psychopathen mit einem Messer siehst, RENN!“

 

Dann brach der Rest der munteren Herde auch schon auf, damit sie wieder mit ihrem verlorenen Schaf aufschließen konnten.

Drake atmete nochmal tief durch, und setzte sich auch schmunzelnd wieder in Bewegung – doch diesmal deutlich vorsichtiger. Er beschloss das es das Beste wäre, erst einmal am Rand des kleinen Wäldchens entlangzugehen, in den er fast hinein gekugelt wäre.

 

Er war nicht lange unterwegs, als etwas seinen Blick auf sich zog. Ein schlanker, schwarzhaariger Mann kauerte einfach am Rand des Waldes und blickte auf die Ebene vor ihm. Drake lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Das Auffälligste an der Erscheinung vor ihm war, dass er einen dünnen, weißen, flatternden Mantel trug, der eher an einen Arztkittel erinnerte. Erst auf den zweiten Blick sah er, dass der Kragen blutverschmiert war.

 

'Warum muss ich jetzt an Lynns 'Ratschlag' denken??'

 

Drake stand nur noch einige Meter entfernt, als der junge Mann ihn scheinbar auch endlich bemerkt hatte. Als er sich zu Drake drehte, zuckte der Teenie kurz zusammen. Der Fremde wirkte wie ein Geist aus einem schlechten Horrorfilm – Haut blass wie Schnee, Augenringe, die dem Marianengraben in Tiefe und Farbe Konkurrenz machen könnten. Und an der linken Wange die Ursache des blutigen Kragens - ein tiefer Kratzer, der sich fast über die komplette Backe zog – und noch sehr frisch aussah. Am meisten irritierte ihn aber dass getrocknete Blut, dass sich über das komplette Gesicht des Fremden verwischt war. Und die eisblauen Augen, die ihn durchdringend musterten.

 

Das einzige was Drake heraus stottern konnte, während er sich weiterhin vorsichtig näherte, war ein „..Äh... Hi?“

 

*

 

Das war nun doch komisch. Jetzt lies ihn sein Verstand schon völlig fremde Menschen sehen. Aber da stand er – ein Junge, höchstens 17, 18... leicht dreckig, stotterte er ihm ein unbeholfenes 'Hi' entgegen. Jetzt war es also so weit – der letzte Funke seines Verstandes hatte sich soeben verabschiedet.

Der Junge setzte seinen Rucksack ab, behielt aber Blickkontakt. Er kam langsam auf ihn zu.

„... Du bist verletzt – kann... ich dir irgendwie helfen?“

Ein seltsames Gefühl machte sich in ihm breit. Das war anders als sonst. Normalerweise verschwanden 'Sie' gleich wieder, geschweige denn dass sie ihn ansprachen oder gar... Besorgnis zeigten?

Er fühlte sich nicht wohl. Irgendetwas stimmte hier nicht. Wenn der Junge kein Ergebnis seiner Einbildung war, war er etwa... echt?

Panik stieg ihn seinem erschöpften Körper, ihn zur Flucht treibend. Er war gerade dabei aufzuspringen um wieder in den Wald zu stürzen, als ihn ein starker Griff an seinem Handgelenk davon abhielt.

 

Es hielt ihn fest. Er schrie panisch auf „NEIN! LASS MICH LOS! NEINNEINEIN!!!!!“ und versuchte sich aus dem Griff zu lösen

 

*

 

„WARTE! ICH WILL DIR DOCH NICHTS TUN!!! BERUHIG DICH BITTE!!!“

Drake erschrak als der Fremde verstört davon stürmen wollte – er wollte ihn nur aufhalten, griff nach seinem Handgelenk – als der blasse Typ auf einmal wie am Spieß zu schreien anfing und nun noch wild um sich schlug. Drake versuchte ihn zu beruhigen, doch seine Stimme schien bei dem Fremden gar nicht anzukommen.

Drake hielt nun die beiden dünnen Arme des Anderen fest, damit er nicht noch einen Schlag ins Gesicht abbekommen würde. Das Gerangel dauerte jedoch nicht lange an. Entweder schien der Schwarzhaarige am Ende seiner Kräfte zu sein, oder er beruhigte sich einfach langsam. Auf jeden Fall war es nur noch ein Zerren, als er versuchte sich aus Drakes Griff zu lösen.

 

„Hey, ganz ruhig! Ich tu dir nichts! Und ich lass dich los – wenn du versprichst nicht wieder nach mir zu schlagen.“ sprach Drake ganz ruhig dem Fremden zu.

Als würden seine Worte endlich zu ihm durch dringen, sah dieser ihm tief in die Augen, nickte ihm kaum merkbar zu und stellte sämtlichen Widerstand ein.

 

Erst jetzt bemerkte Drake dass über dem linken Auge des Fremden eine große Narbe prankte. 'Was zum... ist er auf dem Auge... blind?' Er lies ganz langsam die Arme des Fremden los. „Keine Angst, ok? Ich tu dir nichts – ich will dir nur helfen... ich bin Drake – wie... heißt du?“

 

*

 

„Ich?... ich... bin Victor....“

Victor blickte in die grünen Augen des rothaarigen Jungen, der sich als Drake vorgestellt hatte. Und als er merkte wie dessen Blick ihn fixierte, wich er eben diesem Blick aus.

Er schlang schützend seine Arme um sich, als er versuchte seine Gedanken zu ordnen und zu realisieren was hier im Moment eigentlich geschah.

Der Rotschopf horchte überrascht auf, als Victor sich leise entschuldigte.

„Tut mir leid... ich wollte dich nicht schlagen. Ich hab dich für etwas anderes gehalten.“ dabei lag ihm fast ein sanftes, schuldbewusstes Lächeln auf den Lippen.

 

Sein Gegenüber grinste ihn an „Etwas? Ich wurde ja schon als vieles bezeichnet, aber als ein Etwas? Ich hab doch keine zwei Köpfe!“ lachte er.

 

Jaaaa... er hatte es mal wieder geschafft sich lächerlich zu machen – 'Argghh... Victor du bist ein Idiot – der hält dich doch jetzt für vollkommen verrückt. Toll, toll, toll!' Schamesröte stieg in ihm hoch, verlegen sah er zu Boden und zupfte sichtlich nervös an einer seiner Haarsträhnen als er an seine verletzte Wange kam.

 

„Argh!“ zuckte er zusammen. Der junge Mann vor ihm stellte die Ohren auf und fing an in seinem Rucksack zu wühlen „Warte, ich hab irgendwo ein Erste-Hilfe-Set dabei, wir sollten das versorgen, bevor es sich entzündet!“

 

*

 

So, da saß er nun auf dem Gras – mit der geisterhaften Erscheinung, die doch keinen so übernatürlichen Ursprung hatte, wie er auf den ersten Blick gedacht hatte. Der verstörte Mann, dem er gerade erst einmal das Gesicht von dem trockenen Blut reinigte, damit er die Wunde richtig versorgen konnte, saß wie ein begossener Pudel vor ihm, und blickte ihn mit großen Augen an.

'….Victor... naja immerhin was... aber … was macht er hier draußen – er schaut ja total mitgenommen aus. Und diese Kratzer und Schrammen überall... und... sind das blaue Flecken....?'

Victor wippte nervös hin und her, sichtbar verlegen über Drake's haargenaue Musterung.

Drake konzentrierte sich wieder auf seine eigentliche Absicht. „So … schaut sauber aus.... mhhh... Verband geht an der Stelle nicht... aber moment da ist ein großes Pflaster“ murmelte der Möchtegern-Sanitäter, als er in der kleinen Tasche mit Verbandsmaterial wühlte.

 

Da klebte es nun – ein großes, buntes Pflaster auf dem in einer spielerischen Schrift stand 'Hat gar nicht wehgetan!' quer über Victors Backe. Dieser hatte einen so glücklichen Ausdruck im Gesicht als hätte er kein Pflaster bekommen sondern eine Goldmedaille. Im Gesamtbild gab es jetzt durchaus einen witzig, irritierenden Anblick ab. Drake versuchte so ernst wie möglich zu bleiben, als er nachhakte „Victor? Magst... du mir vielleicht sagen was du hier eigentlich machst?“

Doch das war anscheinend genau das, was sämtliches Postives aus dem jungen Mann schwinden lies, und Drake biss sich auf die Zunge als er sah wie die Panik wieder in Victors eisblauen Augen stieg.

 

*

 

'VICTOR, BIST DU BESCHEUERT?!?!' scholt er sich selbst innerlich 'Du sitzt hier rum, dabei bist du bei weitem nicht in Sicherheit – und jetzt?! Jetzt ziehst du auch noch diesen netten Jungen mit rein! Er muss sofort verschwinden, solange es noch geht! Er.... kann dir nicht helfen! Niemand kann dir helfen!'

In seinem inneren Monolog versunken starrte Victor ins Leere, Drake stand die Sorge in sein jugendliches Gesicht geschrieben.

„Ich danke dir... aber du musst gehen. JETZT.“

Drake schien aus allen Wolken zu fallen. „VERSCHWINDE! DAS IST FÜR UNS BEIDE DAS BESTE! HAU AB!!“

Victor legte mit Absicht einen Zorn in seine Stimme, den er bei weitem nicht hegte. Aber Drake musste von hier verschwinden - JETZT! Jede Minute die er weiterhin bei ihm war, brachte ihn in Lebensgefahr! Und sein Gefühl sagte ihm, dass sie nicht mehr viel Zeit hatten.

 

Der Jüngere stand sichtbar gekränkt auf „Aber-“ „NICHTS ABER! VERSCHWINDE EINFACH – ICH.... ICH WILL DICH NIE WIEDER HIER SEHEN!“

Da wurde es Drake zu viel „Ach, mach doch was du willst du Arsch – da will man helfen und dann AARRRGGGHHH! Ich hab bei Gott Besseres zu tun!“

Schwungvoll riss er seinen Rucksack vom Boden und lies ihn auf seinen Schultern landen. Er blickte sichtbar erzürnt nicht einmal mehr in seine Richtung.

„Na dann – Tschüss...“

Und mit diesen kalten Worten stapfte er vor sich hin fluchend in Richtung Tal.

 

Victor kauerte sich zusammen, kämpfte wieder mit den Tränen.

'Es tut mir so leid. Aber es ist besser so. Vergiss dass du mich getroffen hast. Danke für... diesen kleinen Lichtblick... Drake... ja,geh bevor ER dich gefunden hätte'

 

Drake war schon lange nicht mehr zu sehen doch Victor konnte nicht anders, als in seiner Starre zu verharren. Geistesabwesend starrte er noch immer die Stelle an, an der Drake aus seinem Sichtfeld verschwunden war. Er wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, es interessierte ihn auch nicht. Es war egal – Alles war egal.

 

Er merkte auch nicht, wie geradezu lautlos eine große Gestalt aus dem Blätterdickicht auf ihn zukam. Elegant wie eine Raubkatze bewegte er sich geschmeidig durch den Wald, als wäre er ein Teil von ihm. Nicht eine einzige Dorne versuchte den langen schwarzen Ledermantel fest zu halten und keine Wurzel und kein Stein wagte es sich vor seinen Fuß zu legen. Ein sichtlich zufriedenes Grinsen umspielte die Lippen des leicht gebräunten Mannes, während sein kurzes, fransiges schneeweißes Haar wie ein Leuchtsignal aus den gedeckten Farben des Waldes stach. Die roten Augen blitzten regelrecht auf, als er sich dem kauernden Victor vor ihm näherte. Behutsam streckte er seine starke Hand aus.

 

Victor schrie mehr vor Schreck als vor Schmerz auf, als er auf einmal an den Haaren nach oben gerissen wurde. Immer noch am Haar festgehalten, griff er nach den Händen seines Angreifers – als er den Kopf drehte und ihm dann ins Gesicht blickte, war sein Körper wie gelähmt. „...An..gel...“ war das einzige Wort dass seine zitternde Stimme bilden konnte.

 

Angel löste seinen Griff, nur um ihn von hinten zu umarmen.

„Was? Hat dir dein kleiner Auslauf nicht gefallen? Dabei hab ich mir extra Zeit gelassen.“ flüsterte Angel ihm ins Ohr.

„..Warum? Warum tust du mir das an? Wieso... tötest du mich nicht einfach....“ Victors Stimme war schwach. Ja - er fürchtete den Mann, der ihn so innig umarmte und begann seinen Nacken zu küssen. Der Weißhaarige lächelte. „Dich töten?“

mit einem gezielten Griff wurde Victor herumgewirbelt, sodass er Angel nun ins Gesicht blicken musste.

„Wieso sollte ich das tun?“ Seine roten Augen blickten ihn leicht irritiert an und ein tiefes Lachen entfuhr ihm „Warum sollte ich dich töten?“ ein unheimliches Lächeln verzerrte sein Gesicht. Sein Blick ruhte nun auf dem bunten Pflaster auf Victors Wange. „Aber wir gehen jetzt besser zurück.“ Sanft stricht er über die Oberfläche des Pflasters, während Victors blindes Auge nervös zuckte.

 

Victor schreckte aus seiner Starre auf „Nein! Ich will nicht!!! Lass mich einfach gehen!!“ Er versuchte ich aus Angels Griff zu lösen. Angel jedoch war sichtlich erheitert über seine Gegenwehr – Er packte ihn an seinem Kopf und zog ihn zu sich – und küsste ihn. In Victor stieg die Übelkeit hoch, aber er konnte sich nicht wehren.

 

Auf einmal ging es ihm schlecht. Erst jetzt bemerkte er die kleine Spritze, die in seinem Arm steckte. Seine Sicht begann zu verschwimmen und seine Beine, nein sämtliche seiner Muskeln begannen zu zittern und gaben nach. Er konnte seinen Kopf nicht mehr halten, er fiel Angel regelrecht in die Arme. Danach war alles schwarz.

 

*

 

Victor war bereits nicht mehr bei Bewusstsein, als Angel ihn immer noch mit einem Arm hielt und mit der freien Hand über seine Wange strich.

„Niemand bekommt dich - du gehörst mir...“

Mit einer überraschenden Leichtigkeit hob Angel den bewusstlosen Victor hoch, trug ihn fast wie eine Prinzessin auf den Armen. Er ging einige Schritte zurück in den Wald, als er plötzlich innehielt. Er drehte sich noch einmal um, sein Blick ruhte auf dem kleinen Wald nahe des Flusses in der Ebene. Ein dämonisches Lächeln verzerrte sein Gesicht, als er schließlich in den Schatten der Bäume verschwand.

 

*

 

„Mensch Drake... deine scheiß Laune hält ja keiner aus – entweder du beruhigst dich langsam wieder, oder du lebst dich da aus, wo wir dich nicht ertragen müssen!“ Tess war es langsam zu viel geworden – seit sie Drake wieder gefunden hatten, hatte er schlechte Laune – und das war noch freundlich ausgedrückt. Zwischendurch fluchte er immer vor sich hin, wobei er keinem verraten hatte, was denn passiert war als sie getrennt waren.

 

Nachdem sein Zeltaufbau durch einen Tobsuchtsanfall fast einen in einem Totalschaden geendet war, hatte ihn Matt am Kragen gepackt und ihn mit den Worten „Wir gehen Holz suchen, da kannst du nichts kaputt machen.“ hinter sich hergezogen.
 

Als die Beiden mit Feuerholz beladen wiederkamen, war auch das restliche Lager aufgebaut.

Da es bereits dämmerte war das Lagerfeuer schon geschürt und die Mädels hatten beschlossen zu kochen. Drake saß etwas abseits auf einem großen Stein, sein Blick lag auf dem ruhigen Fluss. Aber seine Laune hatte sich nicht wirklich gebessert, nur seine Aggression hatte ich etwas gelegt.

 

*

 

Victor schwirrte ihm immer wieder im Kopf herum. Dieser Freak. 'Ich wollte doch nur freundlich sein und helfen und dann tickt dieser Arsch auf einmal voll aus! ARRRGGGHHH!'

 

Aber seltsam war es schon – zuvor hatte er so freundlich gewirkt, sogar gelächelt – da hatte er sogar richtig süß ausgesehen – etwas fertig, aber süß!

Drake schüttelte den Kopf 'Man, hab ich was Verdorbenes gegessen? Jetzt fang ich schon an vollkommen fremde MÄNNER niedlich zu finden!'

Trotzdem fragte er sich erneut , wo Victor eigentlich herkam – er sah ganz sicher nicht aus, als wäre er auf einer Wandertour, hier in der Gegend lebte auch keiner mehr soweit er wusste - Anwohner also ausgeschlossen. Und warum war er so verletzt? Viele der Wunden die er flüchtig gesehen hatte waren älter, aber einige waren auch frisch… verdammt frisch.

 

'Ja klar, wahrscheinlich war er eine verzauberte Prinzessin, die von einem bösen Drachen entführt wurde.'

Drake wusste nicht wie er auf diesen Gedanken kam, aber dank ihm hatte er jetzt ein noch verstörenderes Bild im Kopf. Der seltsame, schlanke Kerl in einem Kleid, farblich passend zu seinen Augenringen, wie er hauchte „Danke für meine Rettung mein edler Held~“

 

„WAHHHH!“ Drake versuchte dieses Bild aus seinem Kopf zu kriegen, zog sich an den Haaren aber das alles brachte nichts. Und dann war da noch der Name. Victor. Irgendwie kam er ihm so bekannt vor, als hätte er ihn erst vor kurzem schon einmal gehört. Er konnte ihn jedoch nicht zuordnen und so verfiel der Rotschopf wieder in tiefes Grübeln.

 

Plötzlich traf ihn ein schneller, harter Schlag auf den Hinterkopf woraufhin er nur noch Sterne tanzen sah.

Er fiel vornüber, wurde aber von einem starken Arm aufgefangen. Er spürte nur noch als würde er von irgendjemanden hochgehoben und über die Schulter geworfen werden. Danach verlor er das Bewusstsein.

 

*

 

Tess schrie auf, als sie den Mann sah, der Drake niedergeschlagen hatte. Die anderen Freunde schreckten aus ihren Beschäftigungen auf. Dave und Matt wollten auf den Fremden zustürmen um Drake zu helfen, schreckten aber zurück als sie die gezogene Pistole sahen, die in ihre Richtung zeigte.

„SCHEißE! WAS WILLST DU?!“ schrie Matt während er sich schützend vor Lynn stellte. Doch der Fremde im Ledermantel schritt langsam aus sie zu bis er vom Licht des Lagerfeuers erfasst wurde.

 

Er lachte. Er klopfte sanft Drake's schlaffen Körper, der bewusstlos über seiner Schulter hing und dem etwas Blut über das Gesicht tropfte.

„Von EUCH will ich gar nichts – ich brauch nur den hier.... also nehmt's nicht persönlich.“

 

Kurze, erstickte Schreie gefolgt von vier Pistolenschüssen zerrissen die Stille dieser mondlosen Nacht. Das Einzige Geräusch, dass noch zu hören war, war das schwächer werdende Knistern des Lagerfeuers.

 

*

 

Als er eine kühle Hand auf seiner Schulter spürte schrak Victor regelrecht hoch, nur um von einem kurzen Schwindelanfall wieder halb in das Bett zurück zu fallen.

'Verdammt... mein Kopf... was hat er mir da gespritzt?' noch während er versuchte einen klaren Kopf zu bekommen, sprach direkt neben ihm eine ihm wohl bekannte Stimme.

 

„Oh, entschuldige – meine Hände sind sicher kalt – ich war noch eben was erledigen~“

Angel saß neben ihm seelenruhig auf einem Stuhl. Erst jetzt konnte Victor erkennen wo er war. Er war wieder 'dort'. Ein eiskalter Schauer lief seinen Rücken hinunter.

Angel blickte ihn etwas mitleidig an „Geht es dir nicht gut? Du schaust so erschrocken, hast du etwa schlecht geschlafen?“

 

'Schlecht geschlafen?! Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glaube du willst mich verarschen!' Victor biss sich auf die Lippe um seine Gedanken nicht laut Angel an den Kopf zu werfen. 'Er... ist einfach komplett wahnsinnig... seine Laune dreht sich wie eine Fahne im Wind...nur in einem wird er nicht seine Meinung ändern..'

Resignation schlich sich in Victors Herz und auch sein Gesicht nahm wieder die ausdruckslosen Züge an.

 

'Er wird mich nie gehen lassen. Niemals. Vielleicht sollte ich mich endlich damit abfinden, dass ich das Spielzeug eines Wahnsinnigen bin.“

 

„Hey, nun schau doch nicht so traurig – ich hab dir doch extra was mitgebracht!“

 

Victor sah seinen Gegenüber misstrauisch an „...Du hast mir etwas... mitgebracht?“

Ein Lächeln schlich sich in Angel's Gesicht als er erwiderte „Ja, komm ich zeig es dir – aber vielleicht solltest du die Decke mitnehmen, sonst erkältest du dich noch.“

Erst als Victor irritiert nach unten sah, merkte er dass er komplett nackt war – und nur in ein sauberes Laken gewickelt war. Hastig wickelte er sich dick darin ein.

 

„Ich musste dich doch waschen, du warst so schmutzig – und da wäre nichts, was ich nicht schon gesehen hätte.“

Victor hüllte sich auf diese Aussage nur in Schweigen, bis Angel nach seinem Arm Griff und ihn aus dem Bett zog.

 

Sie verliesen Victors Zimmer und Angel führte ihn am Arm die Gänge des alten Herrenhauses entlang, eine seltsame Melodie summend. Victor tappste nur mit dem Laken um den Körper über die Holzfußböden und Teppiche, welche jeden Laut schluckten. Ihm war schon länger aufgefallen, dass das Gebäude und die Kelleranlagen überraschend modern und neu hergerichtet waren. Als er bei seinem teilweise geglückten Fluchtversuch einen Blick zurück auf die Fassade des Anwesens erhascht hatte, sah diese wirklich heruntergekommen aus.

„Eine gute Tarnung,huh? Da würde nie jemand darauf kommen, dass es bewohnt wäre – falls sich jemand in diese scheinbar menschenleere Gegend verläuft...'

 

Als er mehr oder weniger hinter Angel hergezogen wurde, schlichen seine Gedanken wieder zu dem Jungen, dem er am Nachmittag begegnet war. Sie hielten vor der Tür eines Kellerraumes. 'Er ist sicher längst über alle Ber-' Victors Gedankengang wurde jäh unterbrochen als Angel quietschend die Tür aufschwang und Licht auf den Inhalt des Zimmers geworfen wurde.

 

„...Drake?“ Es sah fast aus wie eine Kerkerzelle, ein dickes Eisengitter trennte Victor von dem Jungen der gekrümmt und gefesselt auf dem harten Betonboden lag. In seinem Gesicht waren Spuren von getrocknetem Blut - und er schien nicht bei Bewusstsein zu sein. Er atmete unnatürlich schwer und schien Schmerzen zu haben während Schweiß auf seiner Stirn lag.

 

Victor fiel vor dem Gitter auf die Knie, klammerte sich an die kalten Metallstäbe – er drehte sich zu Angel und fuhr in scharf an „WAS SOLL DAS?! Lass ihn gehen! Er hat damit nichts zu tun!“

„Happy Birthday – ich dachte du würdest dich über ein kleines Hündchen freuen.“

In Angels Gesicht spiegelte sich die pure Schadenfreude, während er noch immer entspannt im Türrahmen gelehnt stand.

Victor blickte nur kalt zurück „...wie großzügig – und was... erwartest du als Gegenleistung damit ihm nichts geschieht?“

Angel hob sichtbar amüsiert eine Augenbraue „Du wirst bei mir bleiben – und weiter an unserem kleinen 'Projekt' arbeiten – dann darfst du das Hündchen behalten. Aber DU gehörst mir.“

 

Victor schluckte schwer und warf einen schmerzerfüllten Blick zu Drake.

Er schlug mit seiner Faust voller Wut so hart auf den Boden, dass die Haut von seinen Knöcheln schrammte. „Ja Verdammt! Ich tu ja was du willst du Mistkerl! Aber halte dein Wort!“

 

Mit einem hellen Klirren landete ein kleiner Metallschlüssel vor Victors Füßen.

 

„Genau das wollte ich hören mein kleines Vögelchen – bis auf das Mistkerl~“ mit diesen Worten verschwand Angel summend aus Victors Sichtfeld.

 

Kapitel 2

 

An den Scheidewegen des Lebens stehen keine Wegweiser

 

- Charlie Chaplin

 

 

 

„Ich bin dann mal weg Mum.“ Drake stand an der Tür, ins Wohnzimmer der kleinen Mietwohnung blickend. Seine Mutter saß wie die meiste Zeit vor dem Fernseher, zog sich irgendwelche Sendungen und Nachrichten rein – wie jetzt gerade, als man von irgendeinem vielversprechenden, jungen Forscher berichtete, der seit Monaten als vermisst galt und die Sucharbeiten nun eingestellt wurden. Immer wieder wurde das Foto des jungen Mannes gezeigt. Seine kurzen Haare umspielten ein sanftes Gesicht, während seine Augen wachen Augen freundlich den Fotofgrafen anblickten.

 

Drake hatte das ganze nicht wirklich verfolgt. Doch irgendwie schlich sich in diesem Moment Mitleid für diesen Fremden in sein Herz. Der Arme war warscheinlich von irgendeinem Wahnsinnigen verschleppt und ermordet worden, all seiner Träume und Hoffnungen beraubt. Doch der Blick seiner grünen Augen wanderte wieder zu seiner Mutter und biss sich auf die Lippen. Er wand seinen Blick ab und schritt aus der Tür des kleinen Apartments.

 

„Ja, pass auf dich auf.“ Sie drehte sich nicht mal zu ihm um, als wäre es etwas total nebensächliches, das einzige Kind zumindest zu verabschieden. Aber so war sie seit der Scheidung nun mal. Er ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen und blickte nicht zurück.

 

*

 

Drake schreckte hoch und wurde von intensiven Kopfschmerzen begrüßt. Er sah nur verschwommen und merkte erst jetzt wie jemand versuchte, ihn dazu bewegen sich wieder in das Bett zu legen.

„Komm, ganz ruhig – du hast Fieber und wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung.... Ich habe dir zwar schon ein Schmerzmittel gespritzt, aber du brauchst noch Ruhe“

Drake erkannte diese Stimme und drehte hastig den Kopf zur Seite, was ihm nur noch eine weitere Schwindelattacke bescherte.

Da saß er. Der seltsame Typ dem er begegnet war. Auf einem Stuhl neben seinem Bett.

'Moment... Bett? Wo... bin... ich überhaupt?'

 

Und dann kamen die Erinnerungsfetzen langsam zurück. Der harte Schlag aus der Dunkelheit, die Unfähigkeit sich zu Bewegen, die Schreie seiner Freunde...!

„Die...Anderen!“ schrie er heraus, als er versuchte regelrecht aus dem Bett zu springen. Sein Körper aber, wollte ihm nicht gehorchen und so hielten ihn zwei kühle Hände zurück und drückten ihn wieder nach hinten auf das Kissen.

 

 

*

 

„Shhhh... bitte, du musst dich ausruhen damit du wieder auf die Beine kommst...“

Drake blickte Victor verstört mit glasigen Augen an, bis er wieder eingeschlafen war. Er wälzte sich unruhig hin und her und erst als Victor nach seiner Hand griff, schien es den Fiebernden etwas zu beruhigen.

 

'...Andere, huh? Es tut mir leid – ich glaube nicht dass deine Freunde noch am Leben sind.

Angel, was hast du diesmal getan?'

Victor saß noch immer neben ihm, die Hand des Jüngeren haltend, als auch er langsam von der Müdigkeit übermannt wurde. Er saß jetzt schon seit gestern Nacht neben Drakes Bett und die Gewissheit, dass er zumindest kurz schon wieder aufgewacht war, erleichterte ihn gewaltig. Angel hatte ihn bisher auch nicht weiter belästigt, aber das war öfters so – welchen Geschäften auch immer er außer Entführungen und Gefangennahmen er sonst noch so nachging – er verschwand öfters mal ein paar Tage.

Natürlich nicht ohne alles so abzusichern, dass jegliche Fluchtversuche bisher im Sand verlaufen waren.

 

Victor rutschte vom Stuhl, der langsam unbequem wurde, auf den flauschigen Teppich vor dem Bett. Behutsam achtete er darauf, dass er Drake nicht wieder weckte, doch noch immer seine Hand haltend.

Er lehnte sich mit dem Oberkörper auf die weiche Matratze und beobachtete noch einige Zeit, wie sich der Brustkorb des Schlafenden nun ruhig hob und senkte, während er wieder halbwegs normal atmete. Er blickte den Jungen lange an. Voller Schuldgefühle für die Lage in der er ihn gebracht hatte, flüsterte er ein wehmütiges „Es tut mir so leid. Verzeih mir.“ um den Schlafenden nicht zu wecken.

 

Dann wurde auch er von der Müdigkeit dahingerafft.

 

*

 

Als Drake wieder die Augen öffnete, waren zumindest die Kopfschmerzen fast fort. Er fühlte sich deutlich besser. Er wollte sich etwas aufrichten, als er merkte dass etwas seinen rechten Arm festhielt.

'...Was...??' Drake war erstaunt – neben ihm, halb im Bett, halb auf dem Boden lag dieser Victor und hielt noch immer seine Hand, obwohl er selbst zu schlafen schien.

'War er etwa... die ganze Zeit hier?'

Drake beugte sich etwas näher an den Schlafenden heran, als er merkte dass dieser irgendetwas im Schlaf murmelte.

„mhh...nein...ich...will nicht....“

'Hat er einen Albtraum?'

Gerade als Drake sich über den Kopf des Schwarzhaarigen gebeugt hatte, schnellte dieser aus dem Schlaf hoch und prallte mit voller Wucht mit seinem Schädel an Drake's Nase, worauf der Rotschopf sich die Nase haltend und Schmerzlaute fluchend wieder nach hinten kullern lies.

 

Als Victor realisierte was passiert war, entschuldigte er sich sicher tausend Mal.

„Es tut mir so leid! Ehrlich! Du solltest deinen Kopf aber in Zukunft von mir fernhalten wenn ich schlafe“ er grinste etwas und zog Drakes Hand weg, die er noch immer auf seine schmerzende Nase presste.

„Auuuuauuuuwwwwww....“

„Jetzt lass mal sehen....“ Victor schien einen prüfenden Blick auf die knallrote Nase zu werfen und atmete erleichtert durch.

„Tut das weh?“ fragte er, während er mit den Fingerspitzen einen sanften Druck auf scheinbar nur geprellte Körperteil ausübte.

Ein verschnupftes „Neeieeen... geht schon... auwwww.....“ bestätigte die Vermutung.

„Sieht nicht aus, als wäre sie gebrochen – das hätte mir noch gefehlt!“ schnaufte Victor sichtlich erleichtert. Auch das Nasenbluten begann bereits wieder schwächer zu werden.

 

*

 

Drake war froh dass sein Gesicht von dem unfreiwilligen Zusammenstoß momentan sowieso rot war, sonst wäre es das mit Sicherheit geworden, so wie Victor ihm ins Gesicht gekrabbelt war und ihn mit diesen eisblauen Augen angestarrt hatte.

Genau diese Augen die ihn jetzt so freundlich anblickten. Wenn er so freundlich lächelte, wirkte er völlig anders. Es war ein Lächeln das er schon einmal gesehen hatte.

 

Auf einmal erinnerte er sich wieder an die Szene mit seiner Mutter, von der er im Fieber geträumt hatte. Ein eingeblendetes Foto im Fernsehen. Ein junger Mann mit schwarzen, kurzen Haaren und wachen hellblauen Augen.

Es war damals überall in den Medien... 'Wie war der Name nochmal... Victor wusste er ja... aber der Nachname...'

Auf einmal hatte er einen Geistesblitz. Als läge direkt vor ihm eine Tageszeitung mit der fett gedruckten Schlagzeile, die ihm mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen wurde.

 

„Du... bist nicht zufällig Victor...Tarosso oder?“

Victor wurde noch blasser, als er sowieso schon war. Seine Stimme zitterte „...Warum... warum weist du wer ich bin?... wer ich war...?“

Er begann zu zittern und Blick huschte nervös hin und her.

„Du warst einige Wochen das News-Thema Nummer Eins. Nur muss ich zugeben dass ich es nicht wirklich verfolgt hab.“

 

Victor krampfte seine Hände nervös in seine schwarze Jeanshose, bis seine Knöchel weiß hervortraten.

„...Ja... das war ich... Victor Tarosso...“ Er lies seinen Kopf hängen „... aber das ist jetzt egal. Ihn gibt es nicht mehr. Ich bin ein Schatten. Ein Gefangener. Ein Sklave...“

Drake schluckte schwer und wollte Victors' Schulter berühren, als dieser auf einmal seinen Kopf hochriss und Drake mit einem verstörten, wilden Blick fixierte, der Drake zurückschrecken lies.

 

Auf einmal platzte es aus dem verstörten, zierlichen Mann vor ihm heraus.

„Ich... ich wollte das nicht – das musst du mir glauben! Es ist meine Schuld. Nur wegen mir bist nun auch du eine Spielfigur in seinem kranken Spiel... Aber ich dachte auch nicht, dass ich noch einmal einen anderen Menschen außer Angel sehen würde.“

 

'Das gefällt mir gar nicht... er ist ja total durch den Wind. Aber... Angel? Ist das der Kerl der mich hierher verschleppt hat? ...Welche Rolle hab ich wohl in dem Ganzen zu spielen? Und vor allem... wie komm ich hier wieder raus?!'

Drakes Gedanken wurden jäh unterbrochen als Victor den Kopf in seinen Handflächen vergrub und zu schluchzen begann.
 

„... Es.. es tut mir so leid!-- Hättest du mich doch niemals getroffen! … Ver..verzeih mir!“

Die Worte, die folgten, wurden von einem heftigen Schluchzen und Tränen ertränkt.

'Verletzt, Gebrochen... und ohne jede Hoffnung... was hat man ihm nur angetan?'

Drake setzte es einen Stich ins Herz, den jungen Mann vor sich so am Boden zerstört zu sehen. 'Warum.. trifft mich das so?'

 

„Drake, ich... könne es mir nie verzeihen... wenn er dir etwas antut...das ist alles meine Schuld!“

Drake konnte das nicht mehr weiter mit ansehen – er beugte sich zu Victor und schloss ihn sanft in seine Arme.

Victor wirkte erst überrascht, doch dann schien ihn die zärtliche Berührung zu beruhigen. Er legte seine Arme an Drake's Rücken, versuchte sich zu beherrschen um sich nicht fest zu krallen.

 

„Hör auf so zu reden – ES IST NICHT DEINE SCHULD!“ Drakes feste Stimme lies kein Widerwort zu „Dieser Psycho ist schuld! Nicht du!... Und du bist nicht mehr allein – zusammen können wir das schaffen! Wir finden einen Weg hier raus!“

 

*
 

Es kam Victor wie eine Ewigkeit vor, dass er eine so sanfte Umarmung gespürt hatte – Drakes Arme gaben ihm ein Gefühl dass er schon lange aufgegeben hatte – Sicherheit. Wenn auch nur für einen Moment. Der Junge war angenehm warm und Victor wünschte sich dass die Zeit stehen bleiben würde.

'Vielleicht... hat er Recht? Ich möchte ihm glauben... Ich möchte hoffen!'

 

Unsicher löste er sich von dem Rotschopf und blickte ihm ins Gesicht. Was er sah, schenkte auch ihm neue Kraft. Drakes Blick loderte vor wilder Entschlossenheit, auch wenn er noch nicht vollständig bei Kräften war.

 

„Wir schaffen das – und zwar zusammen!“

 

Es war dieser Satz, nein, die ganze Art des Jugendlichen, der ihn aus seiner Hoffnungslosigkeit zog und ihm neuen Mut gab.

'Er hat recht... es ist erst vorbei... wenn ich aufgebe... das will... und KANN ich mir nicht mehr erlauben... schließlich geht es nicht mehr nur um mich..'

 

„Ich.. danke dir – aber du musst dich erst einmal noch erholen. Wir reden später weiter. Ich werde versuchen dir etwas halbwegs genießbares zu Essen zu bringen, doch ich bin ein miserabler Koch fürchte ich“ scherzte Vic.

Drake musste sich schließlich eingestehen, dass der Ältere Recht hatte. Nach einem kurzen Nicken, lehnte er sich wieder zurück und versuchte noch etwas Schlaf zu finden um neue Kraft zu tanken.

 

Victor spitzte seine Ohren, als er ein leises Klacken vernahm. Wortlos erhob er sich und verließ das kleine Zimmer. Als er leise hinter sich die Tür schloss, atmete er noch einmal tief durch, nur um all seinen Mut zusammen zu nehmen.

 

'Was habe ich schon zu verlieren? … Er will mich schließlich lebend...'

 

„Bist du nun schon so tief gesunken, dass du uns belauschen musst?“

Sein kalter Blick wanderte auf die Seite links neben der Tür, wo eine groß gewachsene Gestalt lässig etwas entfernt an der Wand gelehnt wartete.

 

Angel verzog überheblich den Mundwinkel während sein blutroten Augen Victor fixierten.

„Uhh... da ist aber jemand schlecht gelaunt~~~“

Er schlenderte spielerisch einige Schritte auf Victor zu

„Als wenn ich es nötig hätte euch zu belauschen, mein kleines Vögelchen.“

Der Weißhaarige stand nun unmittelbar vor ihm, platzierte seine starken Arme links und rechts neben seinem Kopf und drückte Victor so regelrecht an die Wand. Er konnte nun nicht mehr entkommen.

Victor versuchte krampfhaft seine aufkeimende Panik zu unterdrücken und klare Gedanken zu fassen.

'Verdammt... er ist... so unnahbar! Er ist auch nur ein Mensch... er muss doch irgendeine Schwäche haben'

 

„Versuch es gar nicht erst~“ Angels tiefe Stimme riss ihn jedoch aus seinem inneren Monolog.

Victor war sich sicher, dass er seine Überlegungen nicht laut ausgesprochen hatte, doch kam es ihm so vor, als könnte Angel jeden einzelnen Gedanken aus seinem Kopf klar ablesen – als könnten seine fesselnden, roten Augen direkt in seine Seele sehen.

 

Und dann traf Victor eine schmerzliche Erkenntnis.

'Wie soll ich dem Verstand von jemanden folgen können... der ihn komplett verloren hat?'

 

Unfähig auszuweichen, erduldete Victor auch den Kuss, den Angel ihm aufdrängte.

Sein ganzer Körper verkrampfte sich und seine Hände versuchten sich in die Wand hinter sich zu krallen.

Angel zog ihn näher an sich heran, und so versuchte Victor nun vergeblich den Stärkeren von sich weg zu drücken.

Als Angel ihn wieder zu Atem kommen lies, blickte der Weißhaarige ihn mit diesem Gesichtsausdruck an, den er so sehr hasste.

 

Siegessicher. Überheblich. Sadistisch.

 

Die roten Augen seines Gegenüber blitzen gierig auf.

„Ich glaube, ich muss dir wieder zeigen wo dein Platz ist mein Lieber...“

Victor jagte die Gänsehaut über seinen gnazenn Körer, doch er konnte sich nicht wehren, als Angel sich ihm wieder aufdrängte.

Doch diesmal war sein Kuss viel wilder und fordernder. Victor merkte erst dass er irgendetwas Kleines geschluckt hatte, als es zu spät war.

Seine Beine wurden weich und gaben unter ihm nach. Sein Kopf war vernebelt und in ihm stieg eine merkwürdige Hitze auf... er wusste genau was nun folgen würde. Und… er würde sich dem nicht entgegenstellen können.

 

'Verzeih mir Drake... ich... bin nicht so stark wie du...'

 

Victor wusste nicht genau wo er war. Angel hatte ihn irgendwo in einen anderen Bereich des Hauses gebracht. Da lag er nun. Nackt auf einem weichen Bett und versuchte gegen diese Gefühle, die nicht seine eigenen waren, anzukämpfen.

Und dann kam er.

Sanft küsste der Victors Hals, biss spielerisch in seinen Nacken, was Victor ein Stöhnen entlockte. Er konnte nichts dagegen tun, sein Körper gehorchte ihm sowieso nicht mehr.

 

Sein Geist schien weit entfernt, als wäre er nur ein Zuschauer und gar nicht selbst Teil dieser Vereinigung.

 

'Seine Berührungen... brennen wie Feuer...'

 

Wie eine Marionette an ihren Fäden gezogen, schlang Victor seine schlanken Arme um Angels naturbraunen Körper, vergrub seine Fingernägel in den starken Rücken.

Es folgte ein inniger Kuss, der Angel kurz Zusammenzucken lies.

Als sich ihre Lippen lösten, leckte er spielerisch das Blut ab, das versuchte aus seinem Mundwinkel zu tropfen. Scheinbar erheiterte es ihn nur, das Victor all seine verbliebene Willensstärke dazu genutzt hatte, ihn zu beißen. Es schien ihn nur entschlossener zu machen, dass anscheinend noch etwas Kampfgeist in Victors geschundenen Körper übrig war.

 

'Seine Küsse... sind wie Gift, das langsam meinen Körper lähmt....'

 

Unbeirrt von Victor's Gegenwehr, machte Angel einfach weiter mit seinem Spiel.

Victors Verstand wurde immer vernebelter, er konnte sich nicht länger gegen diese fremde, aufkeimende Leidenschaft wehren. Sein Körper schrie nach dem Anderen, den Menschen, den er so sehr verabscheute... Doch sein Körper verlangte nach ihm, lud ihn regelrecht ein. Er wollte ihn - er brauchte ihn. Auch wenn seine Seele dafür zerbrechen würde.

 

Noch während Angel nun den Akt vollzog, und sich Victor durch die Wirkung der Drogen lustvoll unter ihm wand, flüsterte er dem Schwarzhaarigen etwas in sein Ohr, was selbst durch den dicken Nebel in seinen Gedanken drang.

 

'Seine Worte... wie Säure brennen sie sich in meinen Verstand... bis... nichts mehr davon übrig bleibt...'

 

Eine einzelne Träne rannte über Victors' noch immer verletzte Wange.

 

 

Die Worte, die Angel ihm zugeflüstert hatte, schwirrten noch immer in Victors Kopf, auch als das Ganze schon längst vorbei war. Sie hallten immer und immer wieder und trieben seinen Verstand immer mehr an den Abgrund.

 

'Ich liebe dich'

 

 

Kapitel 3

 

Sich einem Menschen ganz zu öffnen,

heißt auch, ihn in unser Herz zu schließen.

 

- Ernst Ferstl

 

 

Victors Körper schmerzte. So gern er auch davonrennen wollte, jeder, wirklich jeder Muskel seines Körpers rebellierte – so blieb er notgedrungen einfach liegen.

Dass außerdem Angels Arm über seiner Brust lag, machte die Situation nicht besser.

Sein gesundes Auge lies seinen Blick schweifen. Rechts von ihm lag er – sein Entführer, sein Folterer.... sein persönlicher Albtraum.

Wobei er momentan ungewöhnlicher Weise selber zu schlafen schien.

Sein Gesicht war entspannt und sanft. Das schneeweiße Haar hing ihm verstrubbelt in sein Gesicht und hier und da standen einige widerborstige Strähnen davon. So unschuldig wie ein kleines Baby. Geradezu niedlich.

 

'Wenn er schläft... sieht er wirklich aus wie ein Engel.'

 

Der Gedanke, der sich in Victors Kopf drängte, hatte einen bitteren Nachgeschmack.

 

'Aber den Engel... gibt es nicht mehr.'

 

Er wandte den Blick von dem Schlafenden ab und lies ihn im Raum weiter schweifen. Viel konnte er nicht erkennen, da es so dunkel war, aber scheinbar befand er sich in einem der Schlafzimmer im Westflügel.

Plötzlich weckte ein metallisches Schimmern seine Aufmerksamkeit.

 

Da lag es, wie eine Fata Morgana - mitten auf dem Nachttischchen. Ein Kampfmesser mit geschwärzter Klinge. Einfach so.

 

Angel schien noch immer zu schlafen, zumindest hatte er sich bisher nicht mehr bewegt außer sich noch etwas mehr an ihn heran zu kuscheln. Victor wagte es nicht, sich aus der Umarmung zu befreien, also versuchte er seinen freien Arm so weit wie möglich zu strecken.

'Komm, Victor, du schaffst das! Nur noch ein kleines Stück-'

Victor verfluchte seine kleingewachsene Statur, dieser eine Zentimeter könnte nun über alles entscheiden.

'Hah! Geht do- …. verdammt, das darf nicht sein!'

Seine Fingerspitzen berührten gerade den Klingenrücken, als eine größere gebräunte Hand sich auf die Seine legte und sie sanft zurückzog.

 

Victor drehte den Kopf, und blickte Angel an, der ihn ganz verschlafen aus kleinen Augen anblickte.

 

„Du tust dir noch weh.“

 

Dieser Satz lies bei Victor die Sicherungen durchbrennen.

'ICH TU MIR WEH??? ICH??? MIR??? DU VERDAMMTER---!!'

Der Blauäugige verzerrte voller Zorn sein Gesicht, Angel schärfte nur seinen Blick.

Victor versuchte sich loszureißen um nach der Klinge greifen zu können, aber Angels Griff war wie ein Schraubstock.

„LASS MICH LOS!“ brüllte er ihm entgegen „LASS MICH VERDAMMT NOCHMAL LOS DU PSYCHO!“

Jetzt erhob sich auch Angel. Sein Blick war finster und missbilligend.

Victor versuchte ihn zu kratzen und beißen, bis Angel ihn mit einer Hand am Hals nach hinten auf das Bett drückte.

Und er drückte zu – Victor schnappte nach Luft, versuchte sich aus dem Todesgriff zu winden, doch Angel hatte ihn mit seinem Körper festgenagelt.

Voller Panik blickte er in die roten Augen des Anderen.

Er kratzte die Arme des Anderen blutig, doch Angel lockterte seinen Griff nicht. Er wirkte wie ein wildes Tier während er Victor noch immer die Luft abschnürte.

'Verdammt... so sterbe ich also? Wie... armselig...'

 

Er sah bereits Sternchen vor seinen Augen tanzen, als sich der Würgegriff plötzlich lockerte. Hastig nach Luft schnappend, war er jedoch zu schwach um weiter Gegenwehr zu leisten.

„...Victor?“

der fragende, unsichere Ton lies den Angesprochenen aufhorchen. Er blickte den Mann, der ihn noch immer auf dem Bett fixierte an und spürte einen Stich in seinem Herzen.

Angel löste sich zitternd von ihm, wich zurück. Sein Blick hetzte voller Panik zwischen ihnen Beiden hin und her, voller Abscheu blickte er immer wieder auf seine Hände.
 

„....Was... habe ich dir angetan? Wo bin ich? Victor! Sag doch was!“ flehte der Weißhaarige, der ihn vor einem Moment fast erwürgt hatte.

 

Vic wusste nicht, was hier gerade vor sich ging. Aber irgendetwas stimmte nicht.

Angel benahm sich anders. Seine Stimme zitterte, während er völlig verwirrt vor ihm auf dem Bett kauerte und scheinbar zusammenhanglose Dinge stotterte. Er benahm sich wie eine vollkommen andere Person... Victor zuckte zusammen als er meinte zu erkennen, wer hier vor ihm winselte. Jemanden, den er geglaubt hatte nie wieder zu sehen.

 

„...Chris?“ entfuhr es dem Schwarzhaarigen, während er die kauernde Person vor sich nicht aus den Augen lies.

 

Als Angel den Namen hörte den Victor nannte zuckte er zusammen und verstummte.

Sein ruheloser Blick fixierte nun Victors eisblaue Augen, als wäre es das Einzige dass ihm nun Halt geben könnte.

 

Victor wollte mit seiner zitternden Hand das gequälte Gesicht vor sich berühren, doch dann war dieser Moment der Klarheit wieder vorbei. Noch bevor er ihn berühren konnte, schlug sein Gegenüber seine Hand weg. Er fasste sich an den Kopf als hätte er mörderische Kopfschmerzen und begann Selbstgespräche zu führen.

 

„...was... sollte das?“

„Ich hab doch gesagt ich kümmer mich drum...“

„...nerv mich nicht...“

 

Das war nur ein Teil dessen, was Victor verstehen konnte, denn 'Angel' murmelte und zischte alles mehr vor sich hin als dass es an den Blauäugigen gerichtet wäre.

Der großgewachsene Mann schien Victor komplett ausgeblendet zu haben, denn er schenkte ihm keine weitere Beachtung. Er griff nach dem Messer auf dem Nachttisch.

Victor wich angstvoll zurück, doch zu seiner Verwunderung schenkte er seinem Opfer keine weitere Aufmerksamkeit und suchte scheinbar nach etwas in dem Klamottenberg auf dem Boden. Nachdem er fündig wurde und in seine Hose geschlüpft war, ging er noch immer mit sich selbst redend aus dem Raum. Das Messer noch immer fest im Griff wurde er eins mit den Schatten des dunklen Flures.

 

Victor, verharrte in seiner Starre. Er zitterte am ganzen Körper.

'Nein... das kann nicht sein...Chris...'

Tränen versuchten sich ihren Weg an die Oberfläche zu bahnen, doch Victor unterdrückte sie mit ganzer Kraft.

'Nein Victor... Chris ist fort... er würde dir nie weh tun, oder diese ganze Scheiße hier abziehen. Und noch Unbeteiligte mit reinziehen – Sieh es endlich ein! Da ist nur noch dieses... Monster....'

Und doch ging ihm die Erinnerung an dieses unglaublich traurige Gesicht durch Mark und Bein, bereitete ihm am ganzen Körper eine Gänsehaut.

 

„Unbeteiligte.... Drake! Verdammt!“

 

Auf einmal fiel es ihm wieder ein – der Junge! Er musste zu ihm! - Wer weis ob er nicht etwa irgendwo hier herum irrte... oder schlimmer noch – Angel über den Weg laufen würde. Er schlüpfte hastig in Hemd und Hose und eilte aus dem Zimmer.

 

*

 

Drake versteckte sich im Schatten. Er war wieder halbwegs klar im Kopf, aber Victor war seit Stunden nicht mehr zurückgekehrt. Zumindest fühlte es sich so an – die meisten Fenster waren verbarrikadiert, weit und breit war keine Uhr zu sehen und nur die teils schummrige Deckenbeleuchtung spendete etwas Licht.

 

Nachdem er lange gewartet hatte, dass seine neue Bekanntschaft zurückkehren würde, beschloss er selbst nach dem Rechten zu sehen. Die Neugier war einfach zu groß...

 

Da er seine Schuhe nicht finden konnte, tappste er nun barfuß durch die langen, dunklen Gänge. Der ausgelegte dicke Teppich schluckte jedoch jeden Laut.

Hier und da zweigte sich ein kleiner Korridor ab oder es war eine verschlossene Zimmertür – und er fühlte sich wie in einem schlechten Horrorspiel. Es schien ein riesiges Anwesen zu sein – oder aber einfach nur ein Irrgarten aus Gängen und Zimmern.

 

'Man... es würde mich nicht wundern wenn es hier spukt...'

bei diesem Gedanken lief Drake ein kalter Schauer über den Rücken – und er meinte auf einmal von irgendwo her Geräusche zu hören. 'Toll, jetzt hast du es geschafft dir selbst Angst zu machen – hör auf zu phantasieren Drake, da ist nichts!' schimpfte er sich innerlich selbst aus.

 

Er wanderte noch immer weiter durch die schaurigen, düsteren Gänge – was würde er jetzt für einen Lichtschalter oder zumindest eine Taschenlampe geben. Langsam wurde er wirklich paranoid, denn immer mehr übermannte ihn das Gefühl, dass er verfolgt und beobachtet wurde.

Völlig in seinen Gedanken versunken versuchte er erneut eine Tür zu öffnen – die wie so viele andere verschlossen war. Er merkte gar nicht, wie sich hinter ihm eine große Gestalt aus dem Schatten aufbaute, während er sich leise fluchend über die verschlossene Tür vor ihm ärgerte. Langsam schienen sich seine Augen jedoch an das kaum vorhandene Licht zu gewöhnen.

 

Plötzlich sah er aus den Augenwinkeln neben sich etwas Weißes und jemand hauchte ihm mit einer verspielten Stimme ein „Buh!“ ins Ohr.

 

Drake rutschte sein Herz in die Hose und kreischend sprang er zur Seite.

Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und als er den ersten Scheck überwunden hatte wirbelte er herum um zu sehen wer ihn fast zu Tode erschreckt hatte.

In dem schwachen Licht einer einzelnen Glühbirne erkannte er einen großen gebräunten Mann – mit schmalen, blutroten Augen und kurzen Haaren, weiß wie Schnee– und er schien sich köstlich zu amüsieren. Dass er dazu nur mit einer engen Lederhose bekleidet war vervollständigte die irritiernde Erscheinung.

 

„Pffff... das ist echt niedlich. Jetzt versteh ich, wieso Victor so von dir kleinem Hündchen angetan ist.“ Verschmitzt kicherte er in seine Hand, die er sich vor den Mund hielt.

Drakes Gänsehaut blieb auch noch, nachdem er den ersten Schrecken überwunden hatte. Irgendetwas an diesem Kerl wirkte... sagen wir mal... gefährlich. Sein innerer Gefahrenmelder schlug lauthals Alarm und er fühlte sich wie ein Schaf, dass vor seinem Schlachter stand. Sein Puls beschleunigte und sein ganzer Körper spannte sich an – jeder Muskel war in Bereitschaft – für was auch immer geschehen würde.

 

„Wer bist du... und wo bin ich?“ Drake forderte Antworten von dem Mann, der noch immer grinsend vor ihm stand. Doch trotz des durchaus charmanten Lächelns wirkten seine Augen kalt während sie ihn abschätzig musterten. Dieser Blick beunruhigte Drake noch mehr – er ging regelrecht durch Mark und Bein.

 

„Ich bin Angel. Du bist hier.“ antwortete der Befragte knapp und verkniff sich erneut das Lachen. Er spielte mit Drake. Und ihm war durchaus bewusst, dass er am längeren Hebel saß.

 

'Dieser Kerl bringt mich noch zu Weißglut! Also gut, ich kann auch anders!'

Drake kochte das Blut in den Adern hoch und er baute sich vor dem Anderen auf - was nicht die Wirkung erzielte auf die er gehofft hatte. Der Weißhaarige war immer noch einen halben Kopf größer als er.

Und er schien genau wissen, wie Drake sich verhalten würde. Er wusste scheinbar genau, was er tun musste, um den kleineren Rotschopf auf die Palme zu bringen.

 

„Ich weis nicht ob du dieses Arschloch bist, was mich entführt hat, aber du lässt mich sofort gehen! Und sag mir was du mit meinen Freunden gemacht hast!“

Ein gehässiges Lächeln umspielte nun Angels Lippen. Er richtete sich auf und stand nun auch er mit seiner eindrucksvollen Statur vor dem High-Schooler, während er immer bedrohlicher wirkte.

„Ach – das waren deine Freunde? Keine Ahnung. Ich glaub der eine hat noch gezuckt, aber mehr als eine Kugel waren sie einfach nicht wert. Sie waren nur im Weg – ich hatte nur Verwendung für dich~“ säuselte er Drake geradezu entgegen.

 

Drake drehte vollkommen durch – Er versuchte mit seiner Faust nach Angel zu schlagen, doch dieser hielt sie einfach mit seiner Hand auf.

„DU BASTARD!!!!“

„Hm... hoffentlich hat der Welpe keine Tollwut.“ kicherte er, während er weiter mühelos Drakes Angriffe abwehrte. Der Jüngere kam nicht einmal richtig in seine Nähe.

Plötzlich spürte Drake einen gezielten Tritt in seine Magengrube und der Rotschopf torkelte benommen zurück. Ihm stieg die Galle hoch und er hätte sich am liebsten übergeben, doch ein weiterer Tritt in den Brustkorb lies ihm keine Zeit dazu.

Röchelnd lag er nun am Boden, rang nach Atem und hoffte, dass keine seiner Rippen gebrochen war – aber selbst das wäre im Moment sein geringstes Problem gewesen.

 

Denn er sah er seinen Angreifer vor sich und ein metallisches Glänzen zog seine gesamte Aufmerksamkeit auch sich. Aus dem Hosenbund zog der Fremde eine Klinge. Nun hielt Angel in seiner linken Hand spielerisch ein Kampfmesser, welches er gekonnt einige Male wirbelte.

„Ich muss dir wohl noch zeigen wo dein Platz ist...“

Drake meinte den puren Wahnsinn in den roten Augen zu sehen- während Angel immer näher auf ihn zukam und er sich selber noch vor Schmerzen am Boden krümmte.

Zwar versuchte er nach hinten zu kriechen, doch natürlich machte es keinen Unterschied - der große, schwarz gekleidete Mann steuerte zielsicher auf ihn zu.

Und dann stand Angel direkt vor ihm. Er kniete sich auf Drakes schmerzenden Oberkörper und drückte ihn so zu Boden. In seinem Gesicht spiegelte sich der Blutdurst und Drake fühlte sich wie Vieh auf der Schlachtbank.

 

'Fuck... das war's jetzt'

Der Wahnsinn blitzte in Angels Augen auf und er holte gerade aus, als eine vertraute Stimme sich einmischte

„STOP! BITTE! HÖR AUF!“

Es war Victor, der nun an Angels Arm hing und ihn festhielt. Er krallte sich regelrecht an ihn und zerrte verzweifelt an ihm, versuchte ihn von Drake wegzuziehen.

 

Drake, unfähig sich zu bewegen, konnte das ganze nur beobachten.

 

Der Typ, der ihn gerade noch abstechen wollte, schnaubte abfällig und riss seine Hand aus Victors Griff. Die Beiden sahen sich einen Moment lang schweigend an, jedoch wand der Größere sich schließlich ab, nachdem er Victor noch etwas zugeflüstert hatte.

Dieser Biss sich auf die Lippen und blickte Angel hinterher, bis dieser in der Dunkelheit des Korridors verschwunden war.

 

Dann drehte er sich um, und stürzte auf Drake zu.

 

„Drake! Geht es dir gut? Bist du schwer verletzt? Hat er dir etwas angetan?!“

Die Besorgnis die in Victors Blick lag, gab Drake ein Kribbeln in seinem Bauch. Er musste schlucken und erst einmal seine Gedanken sammeln.

Victor fummelte derweil schon wieder an ihm herum, nach Verletzungen suchend.

Drake griff die schmalen Hände „Keine Sorge... ich leb noch... aber... wer.. oder besser WAS war DAS?!“

 

Victor schluckte schwer, sah zu Boden und versuchte die richtigen Worte zu finden.

Nach einiger Zeit begann er dann, zitternd zu erzählen.

 

„Dass er sich ironischerweise Angel nennt, hast du sicher bereits herausgefunden.

Sein richtiger Name ist Chris Evans... 26 Jahre alt, vor einigen Jahren haben wir zusammen an der Crayford University Medizin studiert... und bevor er irgendwie vollkommen wahnsinnig wurde... waren wir....“

Drake konnte den Rest des Satzes nicht verstehen, da Victors Stimme immer zittriger und leiser wurde.

 

„... wart ihr was?“ hakte Drake nach, während er noch grübelte, warum Victor so viel über diesen Irren wusste.

 

„Wir waren ein Paar, verdammt!“ entfuhr es Victor scharf „Wenn... auch nur ein paar Wochen...“ Drake konnte sein Erstaunen nicht verstecken.

'In was für eine Scheiße bin ich da wieder rein geraten?' war der einzige sinnvolle Gedanke, der ihm gerade in seinem Kopf herumschwirrte.

Victor vergrub beschämt den Kopf in seinen Händen. Scheinbar wünschte er sich, dass sich die Erde auftun und ihn einfach verschlucken könnte.

 

Drake hatte damit zu tun die Informationen zu verarbeiten, die ihm gerade regelrecht an den Kopf geworfen wurden.

Okay, dass dieser große Typ wahnsinnig war, erklärte sich von selbst.

'So Irre wie sein Blick gewesen war, sind bei diesem Angel nicht nur ein paar Sicherungen durchgebrannt...'

 

„... Alles schön und gut.... aber was will er von DIR? Und von MIR?“

Victor horchte auf.

„Ich... ich weis es nicht.“ Erneut stand dem blassen Schwarzhaarigen das Wasser in den Augen. „Ich weis es nicht!“ Drake konnte das Häufchen Elend vor sich nicht länger ertragen. Er umarmte Victor sanft und drückte ihn an sich.

„Drake, ich.... ich verliere den Verstand...“ schluchzte der Ältere, während er sich in Drakes Arme kuschelte.

 

„Nein, das wirst du nicht! Wir finden einen Weg. Und dann... sind wir wieder frei!“

'Nur hab ich leider nicht die geringste Ahnung, wie wir das anstellen sollen...'

Sie verharrten einige Minuten in der Umarmung, bis ein tiefes Grollen die Stille durchbrach – schnell stellte sich heraus, dass es Drakes Magen war und sich zu Wort meldete.

 

Victor konnte nicht anders als lachen. Er richtete sich auf und reichte Drake die Hand „Komm, wir suchen jetzt was Essbares, bevor du noch Hunger auf Hände bekommst.“

Drake grinste leicht verlegen „Ich heiß doch nicht Karl – aber dass du 'Lamas mit Hüten' kennst, hätte ich nun wirklich nicht gedacht.“ Victor blickte nun zu Drake auf, der einen halben Kopf größer war. „Was glaubst du denn, was ich jahrelang auf der Universität gemacht hab? Etwa studieren?“ lachte Victor ihm herzhaft entgegen.

 

„Keine Ahnung, aber das Lächeln steht dir viel besser-“ Drake stoppte mitten in seinem Satz, als er sich bewusst wurde, was er gerade gesagt hatte. Er blickte peinlich berührt etwas zur Seite – Victor sah ihn erst etwas verwundert an – ein Hauch von Rosa legte sich auf seine Wangen, als er ihn wieder anlächelte. Er nahm Drakes Hand und zog ihn weiter den Gang entlang, und Drake hoffte nur, dass in dieser Richtung die Küche oder zumindest etwas Essbares lag. Und dass es möglichst weit von dem hier wandelnden Psychopathen lag.

 

Kapitel 4

 

Jemanden vergessen wollen, heißt an ihn denken

 

- Jean de La Bruyère

 

 

 

Victor saß an dem Labortisch und starrte auf das leere Blatt Papier vor sich. Nervös klackte der Linkshänder mit dem Kugelschreiber auf und ab, als er jetzt schon stundenlang keinen klaren Gedanken fassen konnte. Ob es an den ganzen Schmerzmitteln und Medikamenten lag, die Angel ihm immer wieder verabreichte, oder er einfach nur Wahnsinnig wurde wusste er nicht.

 

Er hatte wie so oft einen weißen Laborkittel übergeworfen dessen Ärmel er hochgekrempelt hatte, da er so besser arbeiten konnte. Victor begutachtete seine Handgelenke. Viele Stellen waren blau und vernarbt – Angel war so gewalttätig und schien seine Kraft nicht einschätzen zu können.

'Er sagt er liebt mich. Doch das hat nichts mit Liebe zu tun...'

Victor krallte den Kugelschreiber auf einmal fest in seine Hand und holte aus. Doch einige Millimeter vor seinem rechten Handgelenk kam sein Arm abrupt zum Halten. Eine starke Hand griff mühelos um sein Handgelenk und hatte ihn gestoppt.

 

„Du bist wieder da?“ seufzte Vic.

Angel zog Victors Hand zu sich und küsste dessen Handrücken. „Natürlich. Irgendwer muss dich ja von solchen dummen Ideen abhalten.“

Wäre es unter anderen Umständen, hätte Victor von Angels Lächeln sicher weiche Knie bekommen können. „Und wer hält dich von dummen Ideen ab, 'Angel'?“

Victors Miene verfinsterte sich.

Angel zuckte erstaunt mit den Augenbrauen, doch er blieb antwortete nicht auf die Frage des Schwarzhaarigen.

 

Er lies die zarte Hand des Anderen los und war gerade dabei das kleine Laborzimmer zu verlassen als er Inne hielt.

Er sah Victor nicht an während er zu sprechen begann.

„Du weist dass ich das alles nur für uns getan habe. Sie wollten sich zwischen uns stellen. Uns trennen. Das konnte ich nicht zulassen.“

 

Victor stieg die Übelkeit hoch und er kämpfte mit dem Erbrechen. Er hörte kaum, dass die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war. 'Er… das Ganze ist… einfach so krank. Wie.. wie konnte es so weit kommen? Hätte ich etwas tun können… um ihm damals zu helfen?'

 

Er erinnerte sich, als wäre es gestern gewesen.

 

Sie waren ein ungefähr 3 Wochen zusammen gewesen. Nach einem geradezu High-School-kitschigen Liebesgeständnisses in einem abgelegenen Flur der Uni. Er war so glücklich gewesen. Chris was ein so liebevoller, Mensch – klar vielleicht etwas unsicher, aber genau das machte ihn so liebenswert. Sie hatten sich für den nächsten Morgen vor der Uni verabredet. Doch Chris kam nicht. Victor hatte ihn auch nicht erreichen können. Weder zu Hause noch auf seinem Handy, auch in der Uni war er nicht. Es war, als hätte sich die Erde aufgetan und ihn verschluckt. Als hätte es diesen wundervollen Menschen, den er inzwischen so sehr liebte nie gegeben.

 

Und dann ein paar Tage später, als er Morgens selbst viel zu spät dran war, hörte er eine ihm wohlbekannte Stimme hinter sich die seinen Namen rief. Doch als er herumwirbelte um auf Chris zu zustürmen, wollten sich seine Beine nicht bewegen. Denn der Anblick der sich ihm bot, war nicht der, den er erwartet hatte.

 

Chris stand einfach dort. Verschmiert mit inzwischen getrocknetem Blut welches fast seinen ganzen Körper bedeckte. Sein Gesicht und Oberkörper waren von blauen Flecken und Platzwunden übersät, als wäre er verprügelt worden. In einer Hand hielt er ein schwarzes Messer auf dem ebenfalls getrocknetes Blut klebte. Doch dann streckte er seine freie Hand aus und hielt sie Victor hin.

Lass uns gehen. Hier gibt es nichts für uns.“

 

Es war als stünde die Zeit still. Und gegen alle Vernunft wollte Victor zu ihm. Gerade als Victor trotz allen Warnungen, die in seinem Kopf schrien, auf Chris zustürmen wollte um seine Hand zu greifen, um diesem Verlangen in seiner Brust nachzugeben, packte ihn von hinten eine Hand fest an der Schulter und hielt ihn zurück.

 

Er war so auf seinen Freund fixiert gewesen dass er nicht bemerkt hatte, dass sie von der Polizei umstellt waren. Zwei Beamte hielten Victor zurück, aus dem jedoch nun jegliche Kraft verschwunden war. Ungläubig versuchte er sich aus den Griffen der Polizisten zu winden, doch er konnte sich nicht lösen. Je mehr er versuchte sich zu befreien, umso stärker hielten sie ihn zurück. Er schrie, dass sie ihn loslassen sollten, doch je mehr er sich wehrte umso gewalttätiger wurde er zurückgehalten.

 

Chris war mit gezückten Waffen umstellt. Die Beamten schrien ihn an, dass er das Messer fallen lassen und sich ergeben sollte. Trotz all der Pistolen, die auf Chris gerichtet waren, war sein Blick allein auf Victor gerichtet. Als sähe er einfach durch die uniformierte Menschenmasse vor ihm einfach hindurch. Selbst als ihn zwei Polizisten von hinten überwältigten und auf den Boden pressten sagte er keinen Ton, zeigte keine Emotion. Er blickte ihn nur an. Auch noch als er abgeführt wurde und in einem Streifenwagen fortgebracht wurde, tat er nichts außer Victor anzulächeln bis er ihn nicht mehr sehen konnte. Victors Starre hielt noch lange an. Er konnte nicht verstehen was geschehen war.

 

Laut Aussage der Polizei hatte er in einem Streit seinen Vater niedergestochen. Ihn regelrecht ausgeweidet. Seiner Mutter, bei der er lebte ging es zwar verhältnismäßig gut, doch gegen sie wurde ebenfalls ermittelt.

Sie war bei der Tat anwesend, griff jedoch nicht ein. Zudem war sie momentan aufgrund ihres erlittenen Traumas unzurechnungsfähig.

Chris hatte ihm nie viel von seiner Familie erzählt, aber Victor wusste, dass er mit seinem Vater nicht besonders gut zurecht kam. Er hatte einmal erwähnt dass sein Vater ein brutaler Mensch war. Aber Chris war ganz anders – er war so freundlich, so liebevoll. All diese Vorwürfe konnten doch nicht stimmen. Doch es gab nichts, was er tun konnte. Man sagte ihm dass er aufgrund schwerer Psychosen in ein eine weiter entfernte, geschlossene psychiatrische Klinik eingewiesen worden war, und dass er keinen Kontakt zu ihm haben durfte.

Er war außerhalb seiner Reichweite und er würde den, den er so sehr geliebt hatte wohl nie wieder sehen.

 

Aber Victors schlechtes Gewissen hing über ihm wie ein Schatten. Er hatte nicht hinterfragt was geschehen war. Er hatte nur zugesehen. Er hatte ihn im Stich gelassen.

 

Victor kauerte über dem kleinen Labortisch und verfluchte sich und seine eigene Unfähigkeit. 'Was wäre wenn ich damals mutiger gewesen wäre? Wenn ich seine Hand ergriffen hätte? Hätte es etwas geändert?'

Aber nein. Er hatte es irgendwann verdrängt. Er hatte die Person, die er geliebt hatte verdrängt und schließlich vergessen.

Während Chris allein gekämpft hatte, lebte Victor sein scheinbar glückliches Leben, auch wenn er selbst wusste, das es nur eine Lüge war…

 

Vielleicht war dies alles die Strafe dafür, dass er ihn damals im Stich gelassen hatte. All diese negativen Gedanken brachen über ihn herein und zerrten ihn zurück in die Dunkelheit.

 

*

 

Drakes Situation hatte sich durchaus verbessert. Angel hatte ihn die letzten zwei Tage in Ruhe gelassen. Er hatte ihm, dem „Hündchen“ oder „Welpen“ wie Angel ihn so gerne nannte ein kleines Zimmer zugewiesen. Wie alle anderen die Drake bisher erkundet hatte, waren auch hier keine Fenster. Das Haus war von innen so abgeschottet, dass wirklich nichts hinein- oder herausdrang. Kein Funken Sonnenlicht gab Gewissheit über die Zeit, die verstrich. Langsam verlor er sämtliches Gefühl für Zeit, denn ob Tag oder Nacht- in diesem Gefängnis machte das keinen Unterschied.

 

Drake lag auf 'seinem' Bett und starrte die Neonröhre an, die summend Licht spendete. Er versuchte zu verstehen was hier eigentlich vor sich ging. ‘Warum… hat er mich hier her gebracht? Was erhofft er sich davon? Was… will er von Victor?‘

Er rollte sich auf die Seite und versank noch tiefer in seinen Gedanken.

 

Vor kurzem war sein größtes Problem noch, dass seine McDonald’s Rabattcoupons seit einem Tag nicht mehr gültig waren Victor sein strahend gewesen wäre? Hätte es etwas geändert? Aber nein. Er hatte es verdrängt. . Dass seine Freunde es vergessen hatten, ihm den nächsten angekündigten Überraschungstest mitzuteilen, den er mal wieder verpeilt hatte.

„Leute…“ es war mehr ein lautes Seufzen, das aus seiner Kehle drang. 'Wenn ich wüsste wie es euch geht…. Ob ihr… überhaupt noch lebt?' Das letzte woran er sich erinnern konnte, bevor er damals das Bewusstsein verlor waren die Schreie seiner Freunde. Die Panik die um sich griff. Die Schüsse, die fielen.

 

„Dieser Bastard… Ich schwöre, wenn er euch etwas angetan hat, bring ich ihn um…!“ Es war eher ein laut ausgesprochener Gedanke – bis er auf einmal an den Haaren nach oben gerissen wurde. Ein diabolisches Lächeln strahlte ihm entgegen, umrahmt von schneeweißem Haar.

 

„Ich kann es kaum erwarten. Ich freue mich schon.“

 

Drakes Stirn war schweißgebadet – er hatte Angel nicht kommen hören. Er war wie ein Geist, er war überall und nirgendwo. Er tauchte stets wie aus dem Nichts auf, spielte auf makabere Weise mit ihm und seinen Gedanken, als könnte seine teuflischen, roten Augen direkt in seinen Kopf schauen. Als Lägen seine Gedanken vor ihm wie ein offenes Buch.

 

„Du Scheißkerl…“ fauchte ihm Drake entgegen, während er sich versuchte aus dem Griff der Älteren zu lösen. „Na na na… dabei wollte ich dir und deinem Herrchen doch erzählen dass ich ein paar Tage geschäftlich unterwegs sein werde.“

 

Er kroch regelrecht an Drake’s Ohr und flüsterte „Du solltest Victor dankbar sein. Aber pass' auf was du tust - er wird nicht immer da sein um sich schützend vor dich zu werfen. Du bist ein Köter mehr nicht. Merk dir das.“

Drake fuhr es durch Mark und Bein als Angel ihm einen verspielten Kuss in den Nacken gab - nur um ihn dann wieder unsanft auf die Matratze zu werfen.

 

Drake umklammerte seinen Kopf und kauerte auf dem Bett. Vor Angst gelähmt versuchte die Panik zu vertreiben, doch das war leichter gesagt als getan.

‚Was zum Teufel war DAS?!... dieser… dieser Arsch ist komplett übergeschnappt. Ich… hab keine Ahnung wie… ich gegen so jemanden gewinnen soll…‘ Doch bevor er weiter diesen panischen Gedanken fortführen konnte war Angel längst wieder verschwunden. So lautlos wie er aufgetaucht war, hatte er sich auch regelrecht wieder in Luft aufgelöst. Doch die Gänsehaut und die Kälte in seinem Nacken blieb.

 

Der junge Rotschopf richtete sich auf. Er musste mit Victor reden. Solange er nichts tun würde, was Angel wohl verärgern könnte, war er halbwegs sicher. Auch wenn er nicht sicher war, was Angel verärgern konnte und was nicht. Aber immerhin hatte er eine potentielle Schwäche seines Gegners erkannt – er war zu selbstsicher und glaubte dass ihm niemand etwas anhaben konnte. Dass er unbesiegbar war. Aber das stimmte nicht – er war ein Mensch. Er konnte bluten. Er konnte sterben.

 

Es war ein Schwur den Drake sich selbst auferlegt hatte. Wenn Angel seine Freunde verletzt haben sollte, würde er dafür leiden. Er würde ihn dieselben Schmerzen erleiden lassen.

Und er würde ihn leiden lassen, wenn er Vic auch nur noch ein weiteres Haar krümmen würde. Bei dem Gedanken an den Anderen zog sich seine Brust zusammen. Er versuchte dieses Gefühl abzuschütteln. Jetzt war weder die Zeit noch der richtige Ort für solche Gefühle - doch er musste zu Victor. Er musste ihn sprechen, musste erfahren was immer er wusste. Damit sie vielleicht zusammen auf eine Lösung stießen, mit der sie aus dieser Hölle entkommen konnten.

 

Kapitel 5

 

Vertrauen ist das Gefühl, einem Menschen sogar dann glauben zu können,

wenn man weiß, dass man an seiner Stelle lügen würde.

 

-Henry Louis Mencken

 

 

 

Angel war also unterwegs. Nur Gott konnte wissen was er tat, wenn er das Anwesen verließ. Victor trug ein schwarzes, enges ärmelloses Shirt, was einen ganz anderen Eindruck machte, als die weißen Laborkittel die er sonst noch immer übergeworfen hatte. Sein schwarzes Haar, welches ihm sonst bis über die Schulten hing, hatte er locker hochgesteckt. Seine Haut schimmerte wie Porzellan in dem gedämpften Licht das über der kleinen Küchenzeile hing. Einige Haarsträhnen hingen verspielt in seinen schlanken Nacken. Ein sanftes Lächeln zierte das geschundene Gesicht, während eine leichte Röte auf seinen blassen Wangen lag.

 

Drake starrte Victor an, während dieser versuchte Frühstück zu zubereiten- was aufgrund der fehlenden scharfen Messer und anderen Gegenständen, mit denen man jemanden verletzen konnte nicht ganz einfach war.

 

Er schien wie in einer anderen Welt versunken. Drake konnte sich vorstellen, wie der Schwarzhaarige in einer kleinen Küche stand, in der die Morgensonne über einen kleinen Esstisch strahlte. Vögel die im Garten vor dem geöffneten Fenster ihre Lebensfreude hinaus zwitscherten und der Geruch von frischen Brötchen und gebratenen Bacon der in der Luft lag.

 

Doch die Realität sah anders aus. Es war eine schäbige kleine Küche in der es keine Fenster gab. Anstatt Vogelgezwitscher gab es nur das Summen der schwachen Neonröhre. Angel hatte sie tatsächlich allein gelassen wie er es angekündigt hatte. Wie Victor es schon einmal erwähnt hatte, war alles so perfekt abgeriegelt, dass ein Fluchtversuch geradezu unmöglich war, sofern sie keine Handgranaten oder X-Men-Fähigkeiten hatten.

Victor reichte im lächelnd einen Teller mit Rührei und Schinken, dazu eine Scheibe leicht angekohlten Toast. Er schien gerade wirklich in seiner eigenen kleinen Welt zu verweilen - er setzte sich zu Drake und wartete neugierig darauf wie es Drake wohl schmecken würde.

 

*

 

Drake hatte ihn die ganze Zeit beobachtet – Victor wusste nicht recht was in dem Teenager vor sich ging, doch der Blick dieser grünen Augen jagte ihm einen wohligen Schauer über den Rücken. Er erwischte sich dabei dass er vor lauter Tagträumen den Toast anbrennen lies – er kochte wirklich gern, nur leider waren hier die Möglichkeiten mehr als beschränkt. Und auch wenn er gerne kochte bedeutete es nicht, dass er es besonders gut konnte. Aber er mochte Drake - auch wenn er ihn lieber unter anderen Umständen kennengelernt hätte. Der junge Mann gab ihm das, was er schon längst aufgegeben hatte: Mut und Hoffnung.

 

Als er Drake einen Teller mit Toast und Ei reichte wünschte er sich, dass er Drake einmal ein richtiges Frühstück zubereiten konnte. Doch das war im Moment ein Wunschtraum der in unerreichbarer Ferne lag. Es freute ihn umso mehr, dass es dem Jüngeren trotz der teils starken Röstaromen zu schmecken schien.

Victor strich sich einige seiner widerspenstigen Haarsträhnen aus dem Gesicht und schob sie hinter sein Ohr und als er selbst essen wollte, sah er wie Drake ihn mit roten Wangen anstarrte und dann blitzartig verlegen in seinen Rühreiern herumstocherte.

Es war eine seltsame Atmosphäre, denn keiner der Beiden sagte ein Wort - erst als beide ihre Teller geleert hatten, begannen sie zu sprechen.

 

Drake eröffnete das Wort „Victor… wenn wir eine Chance haben wollen muss du es mir erzählen. Alles was du weist. Alles was du über IHN weist.“

Und Victor begann zögernd. Von Anfang an. Er brauchte einen Moment um sich zu sammeln, seine zitternde Stimme zu beruhigen. Doch dann begann er zu sprechen.

 

Wie sie sich an der Uni kennengelernt hatten. Wie sie sich mit der Zeit immer näher gekommen waren. Wie sie getrennt wurden.

Nach der bizarren Trennung vor der Universität hatte er sich in sein Studium vertieft. Er lernte Tag und Nacht, um das Geschehene zu verdrängen, den Schmerz und die Leere in seinem Herzen ignorieren zu können. Und irgendwann hatte er Chris vergessen, nein, er hatte ihn verdrängt. Er war so mit seiner Karriere beschäftigt dass er kaum mehr zwischenmenschliche Kontakte pflegte. Aber so konnte er auch nicht wieder verletzt werden. Und dann geschah es.

 

In der Zwischenzeit war er der Chef eines jungen Forscherteams geworden, deren Aufgabe es war ein Heilmittel zu entwickeln. Denn seit einiger Zeit kämpften gerade die ärmeren Weltregionen mit einer sich immer weiter ausbreitenden, hochansteckenden Viruserkrankung.

Er und sein Team hatten gerade erste Tests mit einem neu entwickelten Antivirus gegen die neuartige Infektionskrankheit erfolgreich hinter sich gebracht. Sein Team setzte alle Hoffnungen in dieses Serum, denn bisher hatte es gegen diese schlussendlich tödlich verlaufende Krankheit kein Heilmittel gegeben. Und sie feierten ihren Erfolg, dass sie es geschafft hatten, diese verdammten Viren das erste Mal zurückzuschlagen.

 

Sie feierten in ein einer kleinen Bar – Victor trank sonst nie, aber dieses eine Mal war er jenseits von Gut und Böse. Während die anderen noch weiter feierten, beschloss er jedoch nach Hause zu gehen. Als er die Bar schwankend verließ, begann es wie aus Strömen zu regnen. Er genoss den kühlen Schauer, als eine Gestalt auf ihn zukam. Erst war Vic verwundert, dass der Mann keinen Regenschirm bei sich trug. Als wäre ihm der Regen völlig egal, stand er nur vor ihm und starrte ihn an.

 

Und dann erkannte Victor die Person die vor ihm stand. Sein Körper war wie gelähmt als der große, weißhaarige Mann seine Hand griff und den Schwarzhaarigen in seine Arme zog. Die Wirkung des Alkohols war auf einmal wie verflogen, als die Panik in Victors Körper stieg.

Chris. Eigentlich dürfte er nicht hier sein. Er war in eine geschlossene psychiatrische Anstalt eingeliefert worden- ohne Aussicht, diese jemals wieder verlassen zu können- und doch stand er hier vor ihm. Victor starrte noch immer auf die blutroten Augen, selbst als er einen betäubenden Schlag in den Nacken spürte. Als es um ihn herum schwarz wurde, hörte er nur noch eine ihm einst so wohlbekannte Stimme flüstern.

 

Endlich sind wir wieder vereint. Niemand wird uns je wieder trennen. Ich werde alle vernichten, die sich uns in den Weg gestellt hatten.

 

Victor nippte nervös an seiner Tasse Tee. Noch nie hatte er so offen mit jemanden darüber geredet, oder besser gesagt reden können – und Drake war dazu eigentlich noch ein Fremder. Doch der Junge vor ihm wusste inzwischen fast mehr über sein Leben in der letzten Zeit als seine eigene Mutter, wenn sie noch leben würde.

 

*

 

So kam es also das Victor hier gelandet war. Das Alles, auch seine eigene Gefangennahme wirkte auf Drake nun immer mehr wie eine Aneinanderreihung unglücklicher Zufälle.

„Vic? Darf…. Ich dich fragen woher du die ganzen Verletzungen hast?“

Und Victor wurde blass. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn und Panik stieg in seine eisblauen Augen, welche nervös zu zucken begannen, als würden sie einen Fluchtweg suchen.

 

Instinktiv griff Drake nach Victors Hand, welche sich immer mehr verkrampfte. Der Schwarzhaarige schien erst überrascht, doch er wich nicht zurück.

„Vertrau mir Victor. Ich bin jetzt für dich da… du kannst mit mir über alles reden, versprochen.“

Wasser stand in den Augen des Anderen welcher sich zu einem Lächeln zwang.

“Ich… ich weis… danke...“

 

Victor sah ihm nicht in die Augen während er zögerlich weitersprach. Drake hielt seine Hand noch fester - er befürchtete sonst, dass das Häufchen Elend das ihm gegenüber saß einfach aufspringen und davonrennen würde.

„Er….Angel… ist äußerst brutal wenn er seinen Willen durchsetzen will. Aber das müsstest du inzwischen selbst gemerkt haben. Anfangs … habe ich mich auch noch gewehrt. Es immer und immer wieder versucht.“ Victor versuchte weiterhin Drakes Blicken auszuweichen.

„Er hat mich geschlagen. Immer und immer wieder. Daher… auch die Platzwunde am Auge… Ich bin irgendwo dagegen geknallt – Nun bin ich auf dem Auge blind… er sagt immer wieder dass er mich liebt. Dass ich nur ihm gehöre. Er verabreicht mir irgendwelche Drogen die meinen Willen brechen sollen. Und... ich glaube er hat es fast geschafft…“

 

Der junge Forscher begann zu zittern. Tränen tropften von seiner Nasenspitze. Doch gerade als Drake noch überlegte was er auf all dies sagen sollte, begann Victor leise zu lachen. Er hob seinen Kopf und starrte Drake mit einem irren Blick an. „Ich… glaube… ich bin inzwischen genauso wahnsinnig wie er.“

 

Der starrende Blick der weit aufgerissenen Augen jagte Drake einen kalten Schauer über den Rücken. Doch er sprang von seinem Stuhl auf und riss Victor hoch – in eine feste Umarmung.

 

„Ich… ich weis ich bin jünger als du. Besonders intelligent bin ich auch nicht. Aber ich bin für dich da. Wenn wir zusammenhalten schaffen wir es hier heraus. Das versprech' ich dir.“

 

Vic schien sich wieder beruhigt zu haben. Er klammerte sich an Drakes Rücken. „Weist du was Drake? Es klingt in dieser ganzen Situation furchtbar… aber ich bin so froh dass du hier bist… du…gibst mir wieder Hoffnung, weist du? Wenn du bei mir bist habe ich das Gefühl dass wir es wirklich schaffen könnten.“

Drake strich dem Andern beruhigend über das schwarze Haar „Und wir werden es schaffen.“

Doch etwas irritierte ihn. „Sag mir… hat er dir sonst noch etwas angetan? Hat.. er dich... angefasst?“ er spürte wie Victor zusammenzuckte, seine zarten Hände sich in seinen Rücken krallten. „N… nein... keine Sorge…“

 

Victor log ihn an. Doch Drake wusste, dass er dies nicht aus Böswilligkeit tat. Er wollte ihn nur nicht noch mehr damit belasten, als er es sowieso schon glaubte zu tun. In Drake kochte die Wut hoch und er musste mit sich kämpfen um es sich nicht anmerken zu lassen. Er würde Angel nicht weiter gewähren lassen. Er musste ihn aufhalten. 'Blöd nur, dass ich nicht die geringste Ahnung hab, wie ich das anstellen soll.'

Auf einmal keimte eine Frage in ihm auf

„Vic?“ der Angesprochene kuschelte sich noch immer an seine Brust und sah aus als wollte er sich nur widerwillig von ihm lösen. „An was arbeitest du hier eigentlich?... Was… was will er, dass du für ihn erschaffst?“

Victors Stimme begann erneut zu zittern als er fortfuhr. „Inzwischen glaube ich… es ist ein Virus… aber etwas das er gezielt steuern kann… Etwas… womit er….“

„Womit er was?“ hakte Drake nach „Nicht so wichtig… er hat nur versprochen dass er dir nichts tut, solange ich daran weiter arbeite.“

 

'Na das wird ja immer besser. Ich sollte ein Buch über das ganze hier schreiben und als Fantasy Roman verkaufen, das glaubt mir eh keiner.' scherzte Drake in seinen Gedanken.

 

 

 

 

Kapitel 6

 

Man trägt viel im Herzen,

was man nie einem anderen Menschen mitteilen kann.

 

- Greta Garbo

 

 

An diesem Abend saßen sie beide in Victors Zimmer. Wie kleine Kinder beim Spielen saßen sie am Boden und versuchten krampfhaft Pläne zu schmieden. Die Eingangstür des Anwesens war aus stabilen Metall und durch ein elektrisches Zahlenschloss gesichert – da keiner der Beiden sich in der Tiefe mit Elektronik und Technik auskannte, schied ein Überbrücken oder Kurzschließen der Anlage aus. Auch fehlte es an der technischen Ausstattung um allein den Versuch zu wagen, sich in das System zu hacken.

 

Zudem hatten sie leider kein Tutorial zur Hand, damit sie überhaupt einen Plan hätten wie man so etwas machte – bei dem Glück, dass sie hatten würde eher noch alles in die Luft fliegen.

 

„Du hast es schon einmal raus geschafft Victor, wie hast du das das geschafft?“ fragte Drake. Vielleicht könnten sie darauf einen Plan aufbauen.

 

„Das war nachdem wir… eine kleine Auseinandersetzung hatten… Ich wartete bis er wieder zurückkam und die Tür öffnete, und stieß ihn mit aller Kraft zur Seite. Ich nutzte den Überraschungsmoment und konnte fliehen. Doch das wird uns kein zweites Mal gelingen. So etwas passiert ihm nicht ein zweites Mal.

Es war einfach deprimierend. Drake verfiel in grüblerisches Seufzen.

 

*

 

Victor deprimierte es, dass er nicht hilfreicher war. Nicht dass er je besonders kräftig oder sportlich gewesen wäre – aber seine momentane Verfassung war mehr als schlecht. Körperlich wie geistig. Er war auf einem Auge blind, hatte sicher die eine oder andere Prellung. Panik- und Angstzustände die ihn regelrecht lähmten. Und er hatte keine Ahnung was für Nebenwirkungen dieses Zeug hatte, mit dem er von Angel immer wieder ruhig gestellt wurde. In letzter Zeit fühlte sich sein Körper manchmal so taub an, doch er wollte Drake nicht damit beunruhigen. Drake machte sich so schon ständig genug Sorgen um ihn.

 

Auf einmal hatte er eine verrückte Idee – nein, je länger er darüber nachdachte umso weniger irre kam sie ihm vor. Doch er hatte keine Garantie, ob sie überhaupt funktionieren würde. Aber er musste nach jedem Strohhalm greifen, den er finden konnte.

 

„Drake, ich habe eine Idee. Aber sie ist riskant…“ Sein Gegenüber spitzte die Ohren, während er an einem seiner zahlreichen Piercings drehte.

Der Rotschopf seufzte resigniert.

„…Im Endeffekt ist alles was wir tun können riskant. Also gut, schieß los mit deinem verrückten Plan.“ Victor sah Drake entschlossen in seine wachen, grünen Augen.

 

„Ich muss mit Angel, nein… muss versuchen mit Chris zu reden.“

Drake spuckte fast sein Wasser quer über den Boden, welches er gerade getrunken hatte. Hustend entgegnete er nur „Das ist … wirklich verrückt.“

 

Victor zuckte mit den Schultern und antwortete nur erstaunlich entspannt:

„Angel ist … einfach nur gestört. Er ist ein Psychopath und scheint eine gespaltene Persönlichkeit zu haben. Früher war er nicht so - ich weis nicht, was diesen krassen Wandel damals ausgelöst hatte, doch vor kurzem nachdem er…“

Victor wurde von der Vergangenheit eingeholt. Er würde sicher nicht sagen, dass er unter Drogeneinfluss sich willig unter Angel im Bett gewälzt hatte. Das sein Körper ihm nicht gehorcht hatte und sich in völliger Ekstase befanden hatte, als sie Sex hatten. Diese Geheimnisse würde er irgendwann mit ins Grab nehmen.

 

Drake beobachtete ihn genau, und schien irritiert über seine Sprechpause. Victor vermutete, dass der junge Mann vor ihm schon ahnte, dass Angel weit mehr tat als er selbst zugab.

 

Victor schüttelte den Kopf um seine wirren Gedanken abzuwerfen – er musste sich konzentrieren.

 

„Nicht so wichtig.“ Er zwang sich zu einem optimistischen Gesicht. „Auf jeden Fall habe ich ihn kurz gesehen. Für ein paar Sekunden. Er war... wieder Chris. Er war verstört und verängstigt über das was er getan hatte.

Ich glaubte wirklich… dass ich eine Geist sehen gesehen hatte. Doch dann war er auch schon wieder fort und ‚Angel‘ war ziemlich … sagen wir mal höflich… angepisst – er ärgerte sich regelrecht darüber dass Chris… da war. Ihn für diesen kurzen Moment verdrängt hatte. Er hatte mich komplett ignoriert und zog zornig davon. Ich glaube das war, bevor er dich… in dem Gang angegriffen hatte…“

 

„Ha, da hatte ich wohl einfach ein scheiß Timing für meine Erkundungstour, was?“ scherzte Drake. Drake verzog sein Gesicht – er schien an den Moment zurück zu denken als Angel ihn fast erstochen hätte, wenn Victor ihn nicht aufgehalten hätte.

„Ich… hoffe dass ich ihn irgendwie wieder zum Vorschein bringen kann. Ich weis nicht wie, aber ich muss es versuchen. Zumindest so lange, dass ich ihn hoffentlich überzeugen kann uns zu helfen. Denn…. Ich weiß dass zumindest Chris … nicht so ein Mensch ist… oder war…“

 

Drake schaute ungewohnt finster drein.

„Dann heißt das also, das unsere momentan beste Chance der Kerl ist, der uns hier her gebracht hat? Beziehungsweise seine eigentliche Persönlichkeit?“

„Ja… irgendwie… schon.“ Victor bereute es, Drake von dieser Idee erzählt zu haben. Je länger er sah wie der sonnengebräunte junge Mann vor ihm darüber nachdachte, umso lächerlicher und an den Haaren herbeigezogen fand er seine eigene Idee.

 

Doch Drake nickte. Auf Victors Erstaunen antwortete er nur „ Ich vertraue dir. Wenn du glaubst, dass es eine Möglichkeit sein könnte – dann werden wir es verdammt nochmal versuchen.“

 

Er schlang die Arme um seine angewinkelten Beine „Aber… ich glaube nicht dass ich dir dabei irgendwie helfen kann. Du wärst auf dich allein gestellt. Ich will nicht dass dir etwas passiert. Und ich will nicht… dass noch einem Freund von mir etwas zustößt. Ich hasse es, dass ich nichts tun kann außer untätig zuzusehen.“

Victor hatte nicht geahnt dass Drake sich so fühlte. Dass das Gefühl, nichts ausrichten zu können so an ihm zerrte. Und doch… war er wahnsinnig glücklich. Drake sorgte sich um ihn. Er sah in ihm einen Freund. Einen guten Freund. Sie kannten sich noch nicht lange – aber anscheinend hatte sich doch etwas zwischen ihnen entwickelt, was zumindest Freundschaft war. Wenn Drake ihn immerhin als Freund sah, war es ihm mehr als genug – es war mehr als er zu hoffen gewagt hatte.

 

Victor suchte gerade nach den richtigen Worten um seinem Freund zu antworten

 

Das metallische Knarzen einer Tür durchriss die Stille des Anwesens.

Angel musste zurück sein.

 

Victor atmete tief durch und blickte Drake an.

‚Es ist mir inzwischen eigentlich egal, was mit mir geschieht. Ich… will nur dass... du aus diesem Alptraum entkommen kannst.‘

Es war einfach die Realität. Er hatte jegliche Hoffnung verloren gehabt. Und dann traf er Drake. Er schenkte ihm neue Hoffnung und Mut. Obwohl er ihn eigentlich hassen müsste, weil er ihn in eine solch furchtbare Situation gebracht hatte, tat er das nicht. Er schenkte ihm so oft eines seiner verschmitzten Lächeln, beruhigte ihn mit einer sanften, fast schon liebevollen Berührung. Er war einfach ein wunderbarer Mensch, und Victor war dankbar, dass er ihn hatte kennen lernen dürfen.

 

Es wäre sinnlos es weiterhin zu leugnen – er war bis über beide Ohren verliebt. In einen Jungen, den er erst kennengelernt hatte und eigentlich kaum kannte – und viel jünger war als er selbst. Anscheinend hatte er sich darauf spezialisiert, sein Herz an die Menschen zu verlieren, die entweder dem Wahnsinn verfielen oder bei denen er nie eine Chance haben könnte.

Victor stand auf und lächelte Drake an ‚…wenn ich dich beschützen kann… ist das genug für mich… wenn du von hier entkommen kannst… schließe ich sogar einen Pakt mit dem Teufel.‘

 

Victor umklammerte nervös seine Arme. Doch die Entschlossenheit stand ihn seinem zarten Gesicht geschrieben.

„Ich werde gehen und mein Glück versuchen. Drück mir die Daumen.“

Gerade als Victor einige Schritte zur Zimmertür gegangen war, wurde er an seinem Handgelenk festgehalten.

Drake schlang von hinten seine Arme um die schmalen Schultern, legte seinen Kopf seitlich an Victors Nacken.

Victor stieg aufgrund der überraschenden Nähe das Blut in die Wangen und ein wohliger Wärmeschauer durchzog seinen Körper.

'Drake… wenn du so etwas tust… wie soll ich da… dich nicht lieben?'

 

„Du... solltest das nicht tun… ich… bringe dich nur in Gefahr.“

„Das ist mir egal.“ Drake löste sich von ihm – nur um Victor dann zu sich zu drehen und ihm tief in seine eisblauen Augen zu blicken. Naja, zumindest in sein Rechtes, dass ihn sehen konnte. Er strich Victor über seine linke Wange. Victor schmiegte sich regelrecht in diese Berührung, doch er tadelte sich innerlich. Der Blick des Jüngeren war voller Schmerz und Sorge. Victor konnte nicht anders als weiche Knie zu bekommen wenn Drake ihn so ansah.

 

‚Nein… hör auf… Du darfst das nicht...‘

Er schloss die Augen und konnte Drakes heißen Atem spüren. Er… war so nah. Doch Victor zuckte bei dem Gedanken was geschehen würde zusammen, wenn Angel sie so sehen würde. Und dann lies Drake von ihm ab. Und doch schien es, als würde er ihn nicht gehen lassen wollen – er strich mit seiner Hand über eine der widerspenstigen Haarsträhnen, die sich aus Victors Zopf befreit hatten. Er seufzte kurz, doch er sah ein dass Victor gehen musste.

 

„… Versprich mir nur dass du vorsichtig sein wirst…“ mit diesen Worten zog er sich zurück, seine Augen waren voller Sorge.

Victor biss sich auf die Lippen und drehte sich weg.

Hastig eilte er aus dem Zimmer, lies die Person die ihm so teuer geworden war einfach stehen. Er lehnte an der Zimmertür, die hinter ihm ins Schloss gefallen war.

Er griff an seine Brust, denn sein Herz klopfte so laut, dass Drake es bestimmt gehört haben musste.

Der Schwarzhaarige fühlte sich, als hätte er fast eine Grenze überschritten die er nie übertreten durfte.

 

'Drake… bitte mich nicht dir Versprechen zu geben, bei denen ich nicht weiß ob ich sie halten kann…'

 

Victor atmete tief durch. Er musste sich beruhigen. Er musste sich konzentrieren – denn er hatte etwas, das er tun musste. Das nur er tun konnte. Und so schritt er den langen Flur entlang um sich seinem Peiniger zu stellen.

 

*

 

Drake hätte sich selbst ohrfeigen können.

'Mann! Bist du bescheuert?! Was.. was hast du dir da eben dabei gedacht?!'

Er vergrub sein Gesicht in den Handflächen, während er versuchte seine Gedanken zu ordnen.

 

Er hatte den Gedanken nicht ertragen können, Vic gehen zu lassen. Ihn regelrecht in die Arme von Angel zu treiben. Er verfluchte seine eigene Unfähigkeit irgendetwas tun zu können. Das Einzige, das er die ganze Zeit nur tun konnte war Victor zu vertrauen und das tat er auch. Doch er wollte ihn beschützen. In dieser kurzen Zeit hatte Victor es geschafft sich in sein Herz zu schleichen.

Drake lachte auf als er an die erste Begegnung am Waldrand dachte.

Hätte er gewusst was geschehen würde, hätte er damals einfach Victors Hand nicht losgelassen und wäre mit ihm fortgerannt. Er und seine Freunde wären schon irgendwie wieder nach Hause gekommen.

 

Doch es war eigentlich egal was er sich wünschte gemacht zu haben. Denn an der grausamen Realität würde es nichts ändern.

 

Und nun? Er hatte ihn beinahe geküsst. Und Victor… hätte es scheinbar durchaus zugelassen – wenn nicht die Gefahr durch Angel so allgegenwärtig wäre. Der Schwarzhaarige wusste wahrscheinlich nicht, was für eine Anziehungskraft er auf ihn ausübte. Drake wollte ihm nah sein. Er weckte in ihm seinen Beschützerinstinkt und er konnte sich kaum zurückhalten wenn Victor ihn immer so sanft anlächelte. Er wollte für ihn so viel mehr sein. Er wollte...

 

„Ha… das… ist wirklich… mies...“

flüsterte Drake vor sich her. Und dabei bezog er sich weniger auf das Gefühl in seiner Brust als auf die gesamte Situation.

Er liebte Victor. So sehr. Und er war sich sicher dass dies Angel auch nicht entgangen war.

Angel, den Victor in diesem Moment konfrontieren wollte. Und das andere 'Ich' in diesem Wahnsinnigen, das Victor noch immer nicht loslassen konnte.

 

Drake hatte das Gefühl dass seine Brust sich zusammenschnürte.

Schweren Herzens konnte er nur lauschen bis er Victors Schritte nicht mehr hören konnte.

 

 

Kapitel 7
 

Wenn du zwei Menschen zur gleichen Zeit liebst,

dann wähle den zweiten Menschen.

Denn wenn du den Ersten wirklich lieben würdest,

hättest du dich nie in den Zweiten verliebt.
 

-Johnny Depp
 

Victor war mehr als überrascht als Angel ihm eine Tüte voller neuer Kleidung in die Hand drückte. Nachdem er Drake verlassen hatte, wollte er Angel eigentlich direkt konfrontieren bevor ihn der Mut wieder verlassen würde – als er Angel jedoch dann in einem der Wohnzimmer fand, bekam er eine große Einkaufstüte in die Hände gedrückt.
 

„Hier. Ich dachte das würde dir sicher gut stehen.“ Victor konnte nicht deuten was gerade in Angel vor sich ging. Aber das konnte er ja eigentlich nie.

So antwortete er nur mit einem knappen, kalten „Danke.“

Ein bisschen neugierig war aber doch, und so zog er die ersten Kleidungsstücke aus der Tüte.
 

Ein teuer aussehendes weißes Businesshemd, dazu eine elegante schwarze Weste mit Samteinsätzen. „Hübsch.“

Es hatte einen bitteren Nachgeschmack – Angel schien genau zu wissen was ihm gefiel.
 

Angel wirkte durchaus zufrieden. Kaum merkbar nickte er bestätigend und ergriff erneut das Wort. „Du solltest es anprobieren. Ich bin mir sicher du siehst darin atemberaubend aus.“

Und Victor begann sich aus seinem Hemd zu schälen. Er würde das tun, was Angel wollte, sich wünschte. Mit der Hoffnung in einem Moment der Unachtsamkeit zu Chris durchdringen zu können.

Nach all der Zeit die er hier gefangen war er inzwischen so abgestumpft, dass es ihn nicht einmal mehr emotional berührte, sich vor jemand Anderen einfach so auszuziehen. Er schlüpfte mit seinen vernarbten Armen in die Ärmel des Hemdes und begann es zu zuknöpfen. Als er damit fertig war folgte das selbe Spiel mit der Weste – Angel lehnte an dem schwarzen Ledersofa und lies Victor nicht aus dem Blick.
 

Der Stoff lag angenehm auf Victors Haut. Er stellte überrascht fest dass die Kleidungsstücke perfekt saßen, als wären sie für ihn geschneidert worden.

Angel zog ein dunkelrotes Samtband aus seiner Tasche und legte es um Victors dünnen Hals.
 

'Wenn er jetzt wieder austickt…' Victor meinte noch immer es fühlen zu können, als Angel ihn jener Nacht fast erwürgt hatte. Wie die Kraft aus seinem Körper schwand und schon dabei war das Bewusstsein zu verlieren. Bis Chris ihn gerettet hatte.
 

Doch Angel band mit großer Sorgfalt eine lange Schleife. Nachdem er das Band losgelassen hatte ging er einige Schritte zurück um sein Werk zu begutachten. Er wirkte höchst zufrieden. Der Weißhaarige schien erstaunlich gut gelaunt – und Victor wagte es.
 

„Danke… Chris...“

Angel hob irritiert seine Augenbrauen.

„Hm?… Du… weist das ich Angel bin. Chris ist fort.“ sein bis eben noch so sanfter Blick verfinsterte sich.

„Ich möchte aber gerne mit Chris reden. Er war doch vor kurzem da.“ Victor war selbst überrascht wie ruhig seine eigene Stimme klag. In seinem inneren stieg bereits wieder die Angst empor, doch dann dachte er an Drake – der ihm vertraute. Allein dieser Gedanke gab ihm Kraft.
 

Angel zischte abfällig. „Ich weis nicht was du damit bezweckst… aber er wird dir nicht helfen. Er ist wieder in das Loch zurück gekrochen aus dem er kam! Er hat mich erschaffen! Ich habe auf sein Flehen hin seinen Platz eingenommen!“

Victor wich einige Schritte zurück – denn Angels Stimme wurde immer lauter, sein Gesicht war wutverzerrt. Seine weit aufgerissenen Augen jedoch blickten auf seine eigenen Hände.
 

„Das Einzige was er wollte war mit dir zusammen sein! Doch sie alle wollten uns trennen! Sein Vater hat ihn sogar niedergestochen!“

Victor war entsetzt. Das war also damals bei dem 'Streit' geschehen? Chris' Vater war mit einem Messer auf ihn los gegangen?

„Chris… Chris ich…es tut mir so leid...“
 

„Schweig!“ Angel brüllte Victor an. Er schritt auf den Schwarzhaarigen zu und packte ihn erbost am Kragen. Panik stieg in Victor auf, doch er wagte nicht einmal den Versuch sich aus dem Griff zu lösen. Angel war mehr als aufgebracht. Und das machte ihn unberechenbar.
 

„Er wollte ihn töten! Also habe ich ihn zuerst erledigt! Ich habe seine stinkenden Eingeweide aus seinem widerlichen Körper gerissen und ihn ausbluten lassen wie das Schwein dass er war!“

Doch dann sah Victor es. Tränen standen in Angels roten Augen. Er wusste nicht ob es Tränen der Wut, der Verzweiflung oder von etwas anderem waren. Angels Hand, die noch immer Vic's Kragen packte zitterte.
 

„Bitte… lass mich mit ihm reden, Angel...“ flehte Victor den Größeren an. Doch Angel stieß den Kleineren nur von sich.

„Kapier es endlich! Ich bin alles was er nie sein konnte!“ schrie Angel Victor an. Fast schon klang es so, als wollte er seine bloße Existenz rechtfertigen.

Doch dann passierte es. Wie damals krallten sich seine Hände an seinen Schädel und der Körper des großen, gebräunten Mannes krümmte sich unter Schmerzen.

Victor konnte nur beobachten wie sein einstiger Geliebter sich vor Schmerzen zusammenkrümmte und immer wieder fluchte und Unverständliches zischte.
 

Dann verstummte er plötzlich. Als wäre Angel selbst nur eine Statue regte er sich nicht mehr - er stand nur dort und blickte ins Leere.

Völlig verwirrt kam Victor einige Schritte näher – vorsichtig versuchte er die regungslose Person vor sich an der Schulter zu berühren.

„...Chris? …Angel?“ Doch noch bevor seine zitternden Fingerspitzen den anderen Körper berühren konnten, wurde er blitzartig am Handgelenk gepackt.

„Ah… jetzt wird es mir klar...“

Der Wahnsinn schwang in der Stimme des anderen mit. Seine weißen Haarsträhnen hingen fransig in sein Gesicht, in welchem sich der pure Wahnsinn spiegelte.
 

„Ihr wollt mich vernichten! Ich war gut genug die Drecksarbeit zu erledigen und jetzt bin ich überflüssig!“

„Was? W- wovon redest du?!“ Victor versuchte seine Hand zu befreien, doch Angel hielt ihn so fest dass es schmerzte. „Lass los!“ schrie Victor ihn an.
 

„Ich werde es euch zeigen – keiner wird es je wieder wagen sich mir in den Weg zu stellen. Weder du, noch Chris oder dieser Köter!“

„Angel hör auf, du tust mir weh!“ flehte Victor, doch es drang gar nicht zu dem Anderen durch. Er starrte Vic nur mit einem irren Blick an und begann zu lachen.

„Ja… winsel nur! Ich fall darauf nicht länger herein!“

Er drückte Victor nach hinten und schlussendlich auf das Sofa „Ich wollte gut zu dir sein! Ich hab es versucht! Und wie dankst du es mir?! Du willst dass ich verschwinde damit dieser minderwertige Feigling wieder zurückkommt?!?!“
 

Victors Körper war vor Angst erstarrt – er konnte sich auch nicht wehren als Angel begann ihn zu fesseln. 'Sch….eiße… was… geht hier ab?'

Angel fischte eine kleine Tablette aus seiner Hosentasche. Victor biss seine Lippen zusammen, doch Angel hielt ihm so lange die Nase zu, bis er nach Luft schnappen musste.

In genau diesem Moment schob Angel ihm die Tablette in den Mund und hielt ihn dann mit seiner Hand verschlossen, sodass Victor die Droge nicht ausspucken konnte.
 

„Ja, genau so… mein Vögelchen...“

Es dauerte nicht lange bis Victor spürte wie seine Muskeln sich entspannten. Danach folgte wie immer diese unerträgliche Hitze, die sich Faser für Faser durch seinen ganzen Körper weiter ausbreitete.

Angel zog seine Hand zurück – inzwischen kniete er über Victors Körper und drückte ihn fest auf das weiche Leder der Couch. Er löste die Fesseln und grinste Victor zufrieden an.

„A… A.n...gel… bitte… ahhh!“ Victors heißeres Flehen wurde von seinem eigenen Stöhnen unterbrochen, als Angel seinen Schritt berührte.
 

„Sag dass du mich willst… sag dass du mich brauchst!“ Angels Worte Stimme war noch immer aggressiv, doch Victor nahm es gar nicht mehr wahr. Wie in Trance zog er den Weißhaarigen der über ihm kniete, noch näher an sich heran.

Seine Finger krallten sich in die starken, gebräunten Arme.

Victor versuchte ihn zu küssen doch Angel wies ihn ab und drückte ihn fest auf das Polster.
 

„Ich hab es dir doch gesagt. Sag dass du mich brauchst. Sag dass du mich so sehr liebst wie ich dich liebe. Sag dass du meinen harten Schwanz in dir haben willst! Sag dass du für immer mir gehören wirst!“

Victors Blick wurde glasig. Der letzte klare Gedanke den er vor einigen Minuten geformt hatte war, dass es etwas anderes als sonst war. Etwas viel stärkeres.
 

Victor war nicht länger Herr seiner Sinne. Und auch wenn es mehr ein williges Stöhnen war – er begann zu sprechen.
 

*
 


 

Drake hatte nur mitbekommen, dass Angel das Anwesen wieder verlassen hatte. Es hatte fast schon wie eine Flucht gewirkt – könnte es sein, dass Victor etwas erreicht hatte?

Er musste es wissen – und da der junge Forscher noch nicht wieder zurückgekehrt war, machte er sich eben selbst auf die Suche.
 

Und dann hatte er ihn gefunden. Es war ein kleines Wohnzimmer – Victor saß auf einer Ledercouch und starrte in die Luft – hier und da lagen Klamotten am Boden verstreut.

Victors Hemd war halb aufgeknöpft und sein Haar war mehr als nur unordentlich.
 

Drake schritt behutsam in den Raum, in dem Victor vor sich hin starrte.

Er saß auf dem großen Ledersofa und schien mit seinen Gedanken weit entfernt, so dass er scheinbar gar nicht merkte, wie Drake sich neben ihn setzte.

„Vic? ...Ist.. alles in Ordnung?“
 

Der Angesprochene reagierte nicht und starrte scheinbar ins Leere... und schien mit seinem Kopf ganz wo anders zu sein.

Bei dem Versuch, eine der Victor ins Gesicht hängenden Haarsträhnen wieder an ihren Platz zu streichen, riss der Schwarzhaarige so plötzlich seinen Kopf herum, dass Drake regelrecht zurückschrak und nun auf seiner Seite des Sofas lag.

Victor fixierte den Teenager kurz mit seinem eisigen Blick – da merkte Drake, dass sein Gegenüber nicht ganz bei Sinnen zu sein schien.

Seine Pupillen waren geweitet und deren Blick musterte Drake von Kopf bis Fuß, während der Schwarzhaarige sich gleichzeitig an den Körper unter ihm schmiegte.
 

Drake streckte die Hand aus und berührte nun Victors Wange, die sich ungewöhnlich heiß anfühlte – Der Ältere schloss die Augen und schien die Berührung zu genießen – der Rotschopf war sich sicher – wäre Vic eine Katze, würde er nun schnurrend vor ihm auf dem Boden liegen.

Zumindest die geschmeidigen Bewegungen wie ein Stubentiger hatte er schon gemeistert.

Drake spürte wie ihm das Blut in den Kopf stieg und seine Wangen mussten glühen, so nah wie Victor inzwischen seinem Gesicht war. Doch das was er sagte lies den Jüngeren zurückschrecken. „Drake… ich will dich spüren… das war nicht genug...“
 

Gerade als Victors blasse Lippen sich auf die seinen legen wollten, packte Drake den inzwischen auf seinem Schoß sitzenden Mann an den Schultern und hielt ihn zurück.

Vic lies ein enttäuschtes Seufzen von sich und sah Drake tief in die Augen.
 

Drake war nah an seiner Grenze. Er konnte das Verlangen in Victors Blick regelrecht spüren und seine ganzen Annäherungsversuche machten es nur noch deutlicher. Aber er stand eindeutig unter dem Einfluss irgendwelcher Drogen. Nicht dass ihm das, was der feminine Mann in seinen Armen versuchte nicht auch gefallen würde – aber nicht so.

Das wäre nicht richtig, seine Situation einfach auszunutzen. Dazu... bedeutete er ihm zu viel.
 

„Victor, komm beruhig dich – du bist nicht du selbst...“ stammelte Drake, der selbst damit kämpfte die Fassung zu behalten.

Vic's Blick wirkte abschätzend, als er sich etwas aufrichtete und den Jüngeren musterte.

„Woher willst du wissen wer ich bin und wer nicht?“ entgegnete er Drake, nur um ihm wieder näher zu kommen.
 

„Ich hab dich sooooo lieb, ehrlich~~“ säuselte Victor, während er das Bändchen von seiner Schleife des Hemdes komlett löste und einfach unachtsam auf den Boden fallen lies.

Drake musste schlucken „I..Ich hab dich auch gern Victor, haha...ha...“

irgendwie war der junge Mann gerade ziemlich überfordert, wie sich die Situation entwickelte. Begann der Kerl, zu dem er sich hingezogen fühlte, gerade wirklich sich auf ihm auszuziehen?
 

Victor öffnete letzten Knöpfe seines Hemdes und lies seine zarten Hände auf seinen schlanken, fast weißen Oberkörper gleiten. Die alten und neuen Narben und blauen Flecken gaben einen gespenstischen Kontrast, der Drake Gänsehaut über den ganzen Rücken jagte.
 

„Immer wenn du da bist... hab ich dieses warme Kribbeln im Bauch... Und mir wird ganz heiß... so wie jetzt.“

Mit diesen Worten lies er das Hemd über seine Schultern rutschen und seine Hände berührten Drakes Shirt. Langsam schob er es nach oben und strich mit den Fingerspitzen über den trainierten, gebräunten Oberkörper. Ein Kribbeln schoss durch Drakes Körper, als würde er unter Strom stehen. 'Oh man... wenn das so weitergeht...!'

Der Rotschopf versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, was nicht leicht war, während Victor auf ihm saß und… ihn allein mit seinen Berührungen in den Wahnsinn trieb.
 

„Vic, nur eine Frage... warum ziehst du mich aus?!“ unterbrach Drake das Treiben des jungen Mannes, der nun mehr als willig an ihm klebte.

„Oh... lässt du beim Sex etwa die Klamotten an?“ fragte Victor scheinbar irritiert, gefolgt von einen „Soll mir recht sein.“

„WA---Wie kommst du darauf das wir jetzt SEX haben?!?!“

Drakes Kopf nahm die Farbe einer überreifen Tomate an, während er versuchte Victor daran zu hindern, ihm weiter die Klamotten vom Körper zu reissen.
 

Auf einmal hielt der Schwarzhaarige inne – und ehe Drake sich versah, rannten Tränen über das blasse, geschundene Gesicht.
 

„Ich wusste es!... Ich-- ich-“

Drake war von diesem plötzlichen Sinneswandel mehr als überrumpelt

„Ich bin dir zu alt und hässlich! Voll der halbblinde Krüppel ....!“

Nun war es endgültig so weit – Drake war völlig perplex und starrte sein Gegenüber nur noch erstaunt an.
 

„Das ist nicht fair!“ warf Victor ihm nun vorwurfsvoll an den Kopf „Du bist... immer so gut zu mir... und dann... darf ich mich nicht mal in dich verlieben?“ schluchzte er, während er seinen schwarzen Wuschelkopf in Drakes inzwischen halbnackter Brust vergrub.

'Verlieben? Hab... ich das jetzt richtig gehört?' staunte Drake, während Victor noch immer an ihm klammerte und sich ausheulte.

Drake konnte es nicht glauben. Victor hatte ihm mehr oder weniger gerade seine Liebe gestanden. Nun konnte auch Drake sich nicht mehr ganz beherrschen und drückte Victor an sich.
 

„...Ich... will dass du bei mir bleibst... Victor... ich... liebe dich“ stammelte der schlanke junge Mann „Ich will... dich nicht verlieren!“
 

Sichtlich erstaunt über dieses Geständnis beruhigte sich der blasse Schwarzhaarige und wagte es erneut. Doch dieses Mal wehrte ihn Drake nicht ab, als sich ihre Lippen trafen.

Eng umschlungen endete es mit einem leidenschaftlichen Kuss, in dem sich die Beiden fast verloren hätten, wäre es Drake nicht so schmerzhaft bewusst gewesen, dass dies weder die richtige Zeit noch der richtige Ort war, um ihre Beziehung zu vertiefen.

Sie bewegten sich auf einem gefährlichen Pfad und waren alles andere als sicher.
 

Er drückte Victor sanft an seine Brust „Wir beide schaffen es hier raus. Und wir bleiben zusammen. Das versprech' ich dir.“
 

Victor schloss seine Augen und lauschte dem schnellen Herzschlag des Anderen. Er schien den Moment einfach zu genießen bis er auf einmal fast schon flüsterte
 

„Versprochen... denn du mich verlassen wirst... dann will ich lieber gleich hier sterben.“
 

Drake wusste nicht was er darauf antworten sollte. Er hielt Victor einfach weiter im Arm und merkte bald, dass der junge Forscher wohl eingeschlafen sein musste. Zumindest atmete er ruhig und gleichmäßig.

Schlaf war mit Sicherheit das, was dem Armen jetzt am Besten helfen würde. Drake hoffte nur dass Vic wieder bei klarerem Verstand sein würde, wenn er wieder wach werden sollte.

Er strich noch einige Zeit sanft über Victors schwarze Mähne, starrte jedoch tief in Gedanken versunken ins Leere.
 

'Fuck... so kann das nicht weitergehen. Wir müssen... irgendwas unternehmen…'
 

*
 

Als Victor zu sich kam, dröhnte sein Schädel wie schon lange nicht mehr. Zu seiner Verwunderung befand er sich noch immer in dem Wohnzimmer – doch sein Kopf ruhte auf Drakes Schoß – und der Teenager war so sehr in Gedanken dass er erst merkte dass Victor wieder wach war, als dieser sich aufraffte.
 

Besorgt blickten ihn Drakes große grünen Augen an „Hey… wie.. fühlst du dich?“

„Scheiße… ich glaub so ein Zeug… hat er mir noch nie vorher gegeben… ich glaube sterben wäre eine echte Alternative...“ Victor fühlte sich wirklich mies.

„...Aber das wird schon wieder… ich brauch nur noch etwas Ruhe glaub ich...“ er versuchte Drakes Sorge zu beschwichtigen und der Jüngere nickte ihm nur zu.
 

Langsam kamen auch die Erinnerungsfetzen zurück. Zwar hatte er gewaltige Filmrisse, doch er wusste noch dass Drake mit ihm gesprochen hatte, als er noch total high war.

Victor schluckte. Wenn er darüber nachdachte was diese Drogen immer bewirkten damit er sich völlig willig unter Angel im Bett wälzte, hatte er Angst zu wissen was er wohl Drake möglicherweise erzählt hatte. Oder noch schlimmer getan hatte.
 

„Sag mal Drake...“ Victor richtete sich langsam auf „Ich… ich hab nicht irgendwelche komischen Sachen gesagt oder… getan… oder?“

Er wagte es nicht einmal in die Richtung des Rotschopfs zu sehen – er hatte Angst vor dessen Antwort.

„Ach keine Sorge, du hast mich nur gefragt ob ich beim Sex die Klamotten anlasse.“ lachte Drake ihm entgegen.
 

Vic wirbelte herum und blickte Drake völlig entsetzt an „WA---- OH MEIN GOTT!!!“

Er wünschte sich wirklich dass die Erde sich nun auftun und ihn im Ganzen verschlucken würde. Drake war sichtbar amüsiert dass er am liebsten vor Scham im Erdboden versinken wollte.

Er legte nur seinen Arm um Victors Schultern und drückte seine Lippen in Victors Haar.

Victors Gesicht wurde noch roter als es sowieso schon war. Drake hatte ihm einen Kuss an seine Schläfe gegeben. Er war glücklich, verwirrt und irritiert in einem. Und er befürchtete dass er mehr getan hatte, als Drake erzählte.

„Komm Vic… ich mach dir was zu Essen und dann ruhst du dich erst einmal richtig aus, ja?“
 

*
 

Drake half Victor auf die Beine – der Stand des Schwarzhaarigen war noch sehr unsicher und so befand es Drake für besser, ihm eine stützende Schulter zu sein.

Doch er war froh dass es Vic schon besser ging. Langsam schienen die letzten Nachwirkungen der Drogen verflogen zu sein. Doch Victor hing trotzdem noch immer an seinem Arm, auch wenn sein Gang wieder sicherer wurde.
 

Und dann konnte Drake es sich nicht verkneifen. Er beugte sich zu Victors Ohr und flüsterte „… Und um auf deine Frage zurück zu kommen... find es doch einfach heraus?“
 

*
 

Victor blickte irritiert in Drake's schelmisch grinsenden Gesicht.

'Hä? Was…. welche Frage meint er de-“

Victors stand massiv auf dem Schlauch – bis ihm sein Gesicht erneut entgleiste und die Farbe von erntereifen Tomaten annahm. Die Klamotten-Frage. Das würde ihm ewig nachhängen. Natürlich hätte er mit einem dummen Kommentar kontern können, doch er wand lieber seinen Blick ab.
 

„Ich schau ob Angel wieder da ist, damit ich mich erschießen kann.“

Ja, das wäre ihm im Moment wirklich lieber als diese peinliche Situation.
 

„Neeein, sei doch nicht böse----“ Drake fiel ihm auf einmal um den Hals und entschuldigte sich „Ich… wollte dich nicht ärgern...“

Und dann sah er ihn wieder mit diesen Augen an.

Diesen grünen Augen konnte Victor sowieso nichts abschlagen.

„Hmpf…. aber nur weil du es bist...“ schmollte Victor zurück.

Kapitel 8

 

Alles was man vergessen hat, schreit im Traum um Hilfe

 

- Elias Canetti

 

 

 

Victor saß an dem kleinen Arbeitsplatz des Labors und lehnte sich erschöpft seufzend von dem Mikroskop zurück.

Er konnte es selbst kaum glauben – doch es fehlte nicht mehr viel und seine Arbeit würde beendet sein.

Und Angel hätte genau das was er wollte. Ein tödliches Virus, dass er gezielt einsetzen könnte. Er könnte damit ein bestimmtes Ziel töten ohne jegliche Spuren zu hinterlassen.

Victor schüttelte niedergeschlagen seinen Kopf. Nicht nur das er nicht verstand wozu Angel so etwas überhaupt benötigte, er fragte sich außerdem was mit ihm und Drake geschehen würde, wenn er seinen Teil der 'Abmachung' erfüllt haben würde.

 

Je mehr er über all dies nachdachte, desto surrealer wirkte alles auf ihn. Inzwischen waren ihm Realität und Traum so ähnlich geworden, das es ihm schwer fiel sie auseinander zu halten. Manchmal war er sich nicht sicher ob er zu Drake etwas gesagt hatte oder dies nur geträumt hatte. Denn in seinen Träumen sah er ihn so oft.

Den jungen Rotschopf, der ihm stets ein Lächeln schenkte wann immer er ihn im Traum sah. Manchmal küsste er ihn – das kalte Metall seiner Piercings empfand er genauso intensiv wie die Wärme seiner Haut. Er sagte Victor so oft das er ihn auch lieben würde. Doch er wusste nicht, ob dies alles nur seine Einbildung war oder die Realität. Wahrscheinlich war er inzwischen selbst so nah am Rande des Wahnsinns, das dies ein verzweifelter Versuch seines Geistes war, nicht an all dem Grauen zu zerbrechen.

Ihm war bewusst dass er sich an Drake klammerte wie ein Ertrinkender auf hoher See.

 

'Langsam glaube ich… es ist sowieso bereits zu spät für mich…' Victor tat sich schwer weiterhin nach vorne zu sehen und die Hoffnung nicht zu verlieren.

„Dann gibst du also auf? Zu erwarten von einem Schwächling.“

Victor fuhr herum um den Ursprung der Stimme zu finden, die ihm so seltsam vertraut war – hinter seinem Stuhl stand ein junger Mann mit eisblauen Augen. Sein kurzes, rabenschwarzes Haar hing frech in seinem Gesicht während er Victor kritisch abschätzte.

„Was zum…“ Victor befand sich auch nicht mehr in dem Labor. Um ihn herum war nur Schwärze und nur die Erscheinung vor ihm war noch zu sehen.

 

Victor schluckte schwer als er erkannte wen er vor sich sah. Er sah sich selbst. Wie ein Spiegelbild aus seiner Vergangenheit baute sich der Andere vor ihm auf und begann zu scherzen. „Wir sind wirklich armselig. Wenn du so weitermachst wirst du niemanden entkommen können. Weder Angel, Chris, noch unserer eigenen Vergangenheit.“

Die Worte die ihm sein altes Ich entgegenbrachte trafen Victor schwer. Es war ihm seit einiger schmerzlich bewusst dass er sich auf der Stelle drehte.

 

„Du musst dich endlich entscheiden. Mit einem Mal trat Angel aus dem Schatten, doch er wirkte wie eine Marionette deren Fäden zerschnitten waren. Der Andere legte seine Arme um den Hals des Weißhaarigen und säuselte Victor zu „Ein Teil von uns liebt ihn noch immer, nicht wahr? Angel. Chris. Geplagt von unserem schlechten Gewissen konnten wir nicht einmal mehr schlafen. Weil wir ihn ihm Stich gelassen hatten.“

Der andere Victor strich verspielt über Angels starke Brust, ohne das dieser eine Reaktion zeigte. „Er liebt uns so sehr dass er dafür alles opfert. Wenn du ihn endlich akzeptierst, ihn zurück liebst wie er es verdient… wer weiß? Vielleicht kannst du dann endlich glücklich sein.“

 

Victor jagte es eiskalte Schauer über seinen Rücken, als die kalten Augen seines anderen Ichs ihn fixierten. Sein Doppelgänger lies jedoch von Angel ab und wand sich Drake zu, welcher mit einem Mal neben ihm stand.

Victor war zu verwirrt um etwas zu tun, so konnte er nur beobachten was sich vor ihm abspielte.

Der Andere schmiegte sich an Drakes Körper entlang und schlang seine Arme von hinten um dessen Brust. Doch genau wie zuvor bei Angel rührte sich Drake nicht. Er war ebenso wie der Andere nur ein Produkt seiner Einbildung.
 

Victor biss knirschend die Zähne zusammen als der alte Victor wieder zu sprechen begann. „Und hier haben wir Drake. So jung. Er bringt uns fast um den Verstand… von dem, der noch vorhanden ist.“ Der Andere lachte leise. Langsam schob er Drakes Muskelshirt nach oben und strich zärtlich über dessen Bauchmuskeln.

„Hör sofort auf damit!“ platzte es aus Victor heraus als er sah, wie der Andere mit Drake spielte. Auch wenn es vielleicht Beide nur Wahnvorstellungen waren – Victor ertrug diesen Anblick nicht.
 

„Du liebst ihn so sehr. Du würdest alles für diesen Jungen tun den du eigentlich kaum kennst. Glaubst du etwa dass er bei dir bleiben wird, solltet ihr es hier heraus schaffen?“

die Stimme des anderen Victors wirkte verbittert „Er wird sich von dir Abwenden sobald er die Möglichkeit hat! Wir sind schuld an seinen Qualen und an dem Tod seiner Freunde! Wenn er uns nicht getroffen hätte wäre sein Leben nicht so aus den Fugen geraten!“

Tränen standen in den Augen des Anderen – Victor war überrascht als sein anderes Ich vor ihn trat und ihn erbost an seinem Hemdkragen packte „Hör endlich auf so verdammt egoistisch zu sein! Wenn du nicht endlich eine Entscheidung triffst gibt es keine Hoffnung mehr für uns! Wir werden alles verlieren!“

 

Victor legte seine Arme um sein Ebenbild „Ich weiß. Tut mir leid das ich es nicht früher bemerkt habe.“

Der andere Victor löste seinen Griff und erwiderte die Umarmung. Zwar standen noch die Tränen in seinen Augen, doch er nickte lächelnd. „Dann… hast du dich entschieden?“

„Ja… ja das habe ich...“

Victor lächelte – es war lächerlich dass er in einer Halluzination mit sich selbst sprechen musste um seine Entscheidung zu fällen. Doch er würde nicht länger zweifeln. Er würde standhaft bleiben, auch wenn es dazu führen würde jemanden zu verletzten der ihm am Herzen lag.

 

Lauter Krach und das Geräusch von splitterndem Glas lies Victor hochschrecken. Es hörte sich an als würden Dinge von einem Tisch oder Regal geworfen, gefolgt von lautem Poltern und Klirren von zerspringendem Glas. Vorsichtig schlich er zur Tür seines Labors und lugte durch den schmalen Spalt der leicht geöffneten Tür. Doch ihm bot sich ein unerwarteter Anblick.

 

Der weißhaarige Mann kauerte am Boden, die Hände krallten sich krampfhaft an seinen eigenen Kopf, als müsste er verhindern dass er zerbersten würde.

Seine Augen waren weit aufgerissen und starrten nervös zuckend ins Leere.

Um ihm herum lagen zerschlagene Glasbehälter und Laborbedarf, scheinbar von ihm selbst zu Boden geworfen. Blut floss zähflüssig aus seiner Nase, doch er schien es gar nicht zu merken.

 

„… Angel…?“ ein Flüstern schlich über Victors trockene Lippen, doch auch als der Schwarzhaarige vorsichtig aus dem Zimmer schritt, schien der Andere ihn nicht zu bemerken. Erst als Victor sich ihm noch weiter näherte merkte er, dass Angel mit sich selbst zu sprechen schien. Er murmelte vor sich hin, doch Victor verstand nicht was sein Gegenüber sagte.

Victor ging neben ihm in die Knie und zitternd streckte er seine Hand nach ihm aus.

Mit einem Mal riss Angel seinen Kopf herum sodass Victor erschrocken nach hinten fiel.

Doch die blutroten Augen des Anderen starrten ihn nur an.

„Töte mich..“

 

Victor konnte nicht glauben was er gehört hatte.

Die Augen des Anderen waren verzweifelt und seine Stimme zitterte als er Victor erneut anflehte.

„Bitte… ich flehe dich an… töte mich!“

seine zitternden Hände krallten sich in Victors Mantel als Tränen über sein gebräuntes Gesicht rannten.

„Ch….Chris?“ Victor, von der Situation überfordert konnte kaum einen klaren Gedanken fassen.

Das Elend, das hier vor ihm kauerte war nicht Angel. Es war Chris.

Es waren die roten Augen, die ihn einst voller Liebe angesehen hatten. Doch jetzt blickten sie ihn flehend an.

„Bitte… solange ich noch ich selbst bin...“ Die sonst so kraftvolle Stimme des Anderen wurde von seinen eigenen Tränen erstickt, das Einzige das noch folgte war ein schluchzendes Flehen und Bitten.

 

„Chris, beruhig dich… Es ist alles gut, ich bin da.“

Victor war überrascht von seinen eigenen Worten, doch er konnte es nicht ertragen Chris so zu sehen. Er legte seinen geschundenen Arme um die Schultern des Größeren und drückte ihn fest an sich.

Ja, er hasste Angel abgrundtief für das was er ihm und Drake angetan hatte. Doch er konnte nicht vergessen, wie sehr er Chris geliebt hatte. Chris hatte ihn nie verletzen wollen. Es war nicht seine Schuld für das, was Angel in seinem Wahnsinn getan hatte.

 

„Chris, bitte du musst mir jetzt helfen...“

Er packte Chris an den Schultern und blickte ihm tief in die Augen. Verstört blickte der Weißhaarige ihn an, während sein Blick nervös hin und her zuckte. Aber das war vielleicht die einzige Chance die Zahlenkombination zu kommen, die ihn und Drake von der Freiheit trennte.

„Chris!“ fuhr Victor ihn an und endlich schien er seine volle Aufmerksamkeit zu haben. Der starrende Blick war an Victors eisblaue Augen geheftet. Unsicher schien er zu warten was Victor sagen würde.

„Bitte…. ich brauch die Kombination für das Schloss!“

„Schloss.. Zahlen... Sommer... Blut… Rache... Frei... Mittwoch... Dunkelheit… Glück...“

Die Panik stieg ihn Chris auf und er brabbelte zusammenhanglose Dinge, die für Victor nicht den geringsten Sinn ergaben. Victor biss seine Lippen zusammen und packte Chris Kopf und starrte ihm tief in seine Augen. Er konnte es nicht zulassen dass er Chris nun wieder in seinem Wahnsinn verlieren würde.

„Hey, ganz ruhig. Ich… ich bin doch hier. Hier bei dir!“

Chris schien sich wieder zu fassen und zu beruhigen, zumindest blickte er Victor wieder in die Augen und versuchte ihm zu antworten.

„Ich… ich hab Angst...“

Victor schnürte es sein Herz zusammen Chris so zu sehen. Doch er konnte jetzt nicht locker lassen. „Bitte. Bitte Chris. Ich brauch die Kombination. Damit wir endlich nach Hause können. Ich, Drake und auch du. Zuhause können wir dir helfen. Du brauchst keine Angst mehr haben!“

 

Chris sah ihn einen Moment verstört an, doch schließlich nickte er und fasste nach Victors Händen. Sanft hielt er die blassen Hände und schien sich zu konzentrieren.

„Ich glaube… es ist… dein… dein...“ sprach er angestrengt, doch mit einem Mal atmete er schwer als würde er nach Luft ringen.

„Mein? Mein was? Bitte Chris! Bleib bei mir!“ doch die Hände die Victors' so sanft gehalten hatten, packten ihn nun fest am Handgelenk.

„Töte… töte mich...“

 

Und dann sah er ihn an. Sein Gesicht war angewidert verzerrt und Victor blickte in zwei zornige, blutrote Augen. Erschrocken wollte sich Victor aus dem Griff des Anderen befreien, doch je mehr er sich wehrte umso fester wurde der Griff des Anderen.

„Du kleiner Bastard…“ zischte ihm eine wohlbekannte Stimme entgegen.

„A…. Angel...“ es war nur ein ersticktes Flüstern, welches über Victors Lippen schlich.

„Du denkst dass du mir einfach entkommen kannst! Du denkst das du mit mir so einfach spielen kannst. Macht es dir Spaß so auf meinen Gefühlen herumzutrampeln?!“

Angel richtete sich auf und zog Victor mit einer erschreckenden Leichtigkeit mit nach oben.

„Ich liebe dich so sehr dass es mich zerfrisst! Aber Ich werde dir zeigen dass ich nicht länger mit mir spielen lasse. Ich glaube am besten bestrafe ich dich, indem ich mit deinem kleinen Liebling spiele...“

 

Victor schluckte schwer und schrie Angel an „Nein! Lass Drake da raus! Mach mit mir was du willst, aber lass ihn in Ruhe!!“

Doch Angel zog nur auf und brachte Victor mit einer kräftigen Ohrfeige zum schweigen.

Er warf den Schwarzhaarigen zu Boden und entgegnete ihm zornig „Denkst du ich merke nicht was hier vor sich geht?! Was du hinter meinem Rücken treibst?! Ich werde euch beiden eine Lektion erteilen, die ihr so schnell nicht vergessen werdet!“

 

Als Angel sich abwand um aus dem Raum zu stürmen sprang Victor auf um ihn zurückzuhalten, doch Angel schleuderte ihn einfach zurück. Krachend prallte Victors Körper gegen die Schränke, der Aufprall gegen die harten Kanten lies Sterne vor seinen Augen tanzen. Ächzend kämpfte er sich auf die Beine, doch als sein Blick wieder klar war erkannte er das Angel längst fort war. Obwohl sein ganzer Körper schmerzte schleppte er sich so schnell es ihm möglich war die Gänge entlang, in deren Richtung Drakes Zimmer lag.

 

 

*

 
 

„W…was zum-?!“ Drake konnte seinen Gedanken nicht einmal zu Ende sprechen, als er schon von Angel auf das Bett gedrückt wurde.

 

Er hatte gerade etwas gedöst als der Weißhaarige völlig aufgebracht in das Zimmer gestürmt war. Er hatte ihn gepackt und in einen der angrenzenden Schlafräume gezerrt – Drake war so überrumpelt das er sich nicht einmal richtig hatte wehren können.

Das Klacken des Türschlosses lies in ihm die Panik aufsteigen – was auch immer Angel vorhatte – er saß in der Falle.

„Scheiße! Was soll das du Freak?!“ fauchte Drake dem Geisteskranken entgegen, doch dieser blickte ihn nur mit einem angsteinflößenden Lächeln an.

„Ich zeige dir wo dein Platz ist. Bedank dich bei Victor… Nur weil er zu weit gegangen ist bleibt mir keine andere Wahl.“ die Stimme des Weißhaarigen war so aufgebracht dass sie zitterte.

Er griff in seine Tasche und holte eine kleine Spritze heraus. Er packte nach Drakes Arm, doch Drake trat ihm mit aller Kraft in den Magen, sodass Angel kurz zusammenfuhr. Die Spritze fiel aus seiner Hand und Drake versuchte den Größeren über sich von sich zu stoßen – doch ein Faustschlag in sein Gesicht ließ ihn jäh innehalten.

Drake spürte wie Blut aus seiner Nase floss, als weitere Schläge folgten. Erst als er glaubte das Bewusstsein zu verlieren erstarb seine Gegenwehr. Schwer atmend konnte sich Drake nun nicht länger dem Wahnsinnigen widersetzen, der ihn mit seinem Körper auf dem Metallbett festnagelte.

 

Drake spürte kaum, wie sich die spitze Nadel brutal in seinen Arm bohrte. Erst als Angel den Inhalt der Spritze in Drakes Körper drückte, breitete sich sein brennender Schmerz in seinem Arm aus.

Drake stöhnte schmerzhaft auf und versuchte sich aus dem Griff des Anderen zu befreien.

Doch dann merkte er wie sich sein Körper entspannte. Seine Schmerzen verblassten und machten einem ganz anderen Gefühl platz, das seinen gesamten Körper einnahm.

'Das… das ist es also was… Victor…'

er konnte seinen Gedanken nicht einmal beenden, denn ein erregtes Stöhnen entfuhr seiner Kehle als Angels Hände seinen Körper berührten.

Er wollte am liebsten schreien und um sich schlagen, doch die Drogen betäubten seine Sinne. Als wäre er nur ein Zuschauer konnte er Angel nur zusehen wie er sich und anschließend Drake selbst aus der Kleidung schälte. Drake war längst bewusst was nun geschehen würde, doch sein Körper verweigerte jede Gegenwehr. Drake konnte nichts tun um Angel zu entkommen. Doch für Drake würde das Schrecklichste an dieser Vergewaltigung sein, das sein Körper es auch noch hemmungslos wollen würde.

Allein diese Tatsache schändete seinen Geist um ein vielfaches mehr als seinen jungen Körper. Sein Geist schien so weit entfernt und doch glaubte er von irgendwoher Victors Stimme zu hören.

 

 

*

 

 

Victors Fäuste hinterliesen blutige Spuren, doch trotz all dem Hämmern bewegte sich die Tür keinen Millimeter. Er hatte Angel nicht einholen können – und nun konnte er nur erahnen was dieser Wahnsinnige Drake in diesem Moment antat. Doch auch wenn er seine Fäuste noch blutiger schlagen würde – er war machtlos. Er konnte Drake nicht helfen.

 

'Verdammt… hätte… hätte ich ihm doch einfach nachgegeben!'

Tränen standen in seinen eisblauen Augen – Tränen der Wut.

'Drake… bitte… sei in Ordnung!' Victor würde es Angel nie verzeihen wenn er seine Drohung wahr gemacht hatte. Doch dieses Mal konnte er nicht einmal dazwischen gehen – Drake war Angels Wahnsinn schutzlos ausgeliefert.

 

Hilflos kauerte er vor der Tür. Doch dann sprang der Schwarzhaarige auf und eilte in die Richtung seines Labors. Das alles musste enden. Und er durfte keine unnötige Zeit mehr verschwenden.

„Bitte Drake… egal was passiert… mach nichts Dummmes!“ keuchte er, als er den Gang hinab hetzte. Es machte ihn fast Wahnsinnig, dass er Drake im Moment nicht helfen konnte. Doch für das nächste Aufeinandertreffen mit Angel würde er bereit sein. Er hatte einen Plan und er würde nicht länger an seinem Entschluss zweifeln. Er würde es tun. Koste es was es wolle.

 

*

 

Drake keuchte heißer und sein Körper klammerte sich seinen Entführer. Mit jeder von Angels Bewegungen hasste und verabscheute er den Anderen mehr, doch nur genau das schien das Verlangen und die Hitze in seinem Körper zu besänftigen. Genauso wie er Angel verabscheute, verabscheute er auch seinen eigenen Körper - dafür das er sich ihm so willig hingab.

 

Doch das schlimmste war das gehässige Grinsen des Weißhaarigen. Seine roten Augen blitzten voller Schadenfreude auf und er genoss es sichtbar Drake zu erniedrigen.

„Na…. hat es dir etwa die Sprache verschlagen?“ Angels Stimmte klang heißer

„Ich muss schon sagen… für einen dreckigen Köter bist du nicht schlecht...“

Drake musste seine ganze Willensstärke aufbringen um ihm zu entgegnen und nicht nur voller Wollust zu stöhnen „Ich… ich bring dich um du… du Schwein…!“

Doch dann bäumte sich sein junger Körper auf, nur um sich in voller Ekstase noch fester in den Rücken seines Peinigers zu krallen.

 

Keuchend kam Angel zum Ende – Drakes Körper klammerte sich noch fester an den muskulösen Körper des Weißhaarigen und konnte sich auch nicht länger zurückhalten.

Angel schien jedoch nicht damit zu rechnen, dass in dem Rotschopf noch so viel Energie stecken würde.

Kurz nach seinem Höhepunkt geschah es – Drake schien etwas von der Kontrolle über seinen Körper zurück zu gewinnen. Er befreite seinen Arm aus Angels Griff und bohrte seine Faust in dessen Gesicht.

Fluchend fiel der Andere zurück und Drake versuchte noch immer zitternd zu fliehen. Sein Körper gehorchte ihm noch immer nicht und so spürte er schon wieder, wie Angel seinen Kopf packte und ihn zurück auf das Bett warf. Dem Weißhaarigen tropfte Blut aus der Nase und aus der aufgeplatzten Lippe drang ebenfalls die rote Flüssigkeit heraus.

Verspielt leckte er sich über die Lippen und über sein eigenes Blut.

„Das war ein guter Schlag…“

 

In Drake stieg Panik auf als Angel ihn ansah. Seine Augen waren wie die eines tollwütigen Hundes, der nach Blut gierte.

Auf einmal packte er Drakes rechten Unterarm, hielt ihn so fest im Griff dass das Blut regelrecht abgedrückt wurde.

„Lass los verdammt!“ schrie Drake ihm schmerzerfüllt entgegen „ARGGHhhh!“

Doch Angel lies nicht locker, im Gegenteil – sein Griff wurde noch fester.

„Ich werde deinen Willen schon noch brechen. Aber vielleicht ja auch noch etwas anderes?“ Drake konnte nur entsetzt in Angels mordlustigen Augen starren als er qualvoll aufschrie – und ein lautes Knacken seinen Körper durchfuhr und ein betäubender Schmerz durch seinen Körper jagte.

Kapitel 9

 

Die Zukunft hat viele Namen:

Für Schwache ist sie das Unerreichbare,

für die Furchtsamen das Unbekannte,

für die Mutigen die Chance.

 

- Victor Hugo

 

 

 

Als Victor Drake endlich erreichen konnte war von Angel keine Spur, doch scheinbar hatte er das Anwesen verlassen. Doch dafür lag Drake nackt und bewusstlos auf dem Bett. Blaue Flecke und blutige Schrammen zierten sein ganzes Gesicht, sein rechter Unterarm war geschwollen und ein unnatürlicher Knick war deutlich sichtbar.

Wut war in Victor hochgekocht als versuchte Drake wieder zu Bewusstsein zu bringen.

Dieses Mal war Angel zu weit gegangen – er würde es ihm niemals verzeihen.

An seinem linken Arm konnte Victor eine blutige, geschwollene Stelle erkennen – wenn Angel ihm irgendwelche Drogen gespritzt hatte war es nicht verwunderlich, dass er Drake nicht aufwecken konnte.

 

Victor packte schnell Drakes Hose, welche zerknüllt am Boden lag und zog sich den gesunden Arm des Jüngeren über die Schultern. Zwar ächzte er unter dem Gewicht des Anderen auf, doch er würde Drake weg von diesem Ort des Schreckens bringen. Außerdem brauchte er auf schnellstem Wege medizinische Versorgung. So schleifte er den jungen Rotschopf den Gang entlang um ihn an einen Ort zu bringen, der zumindest ein bisschen sicherer war.

 

*

 

Als Drake wieder zu sich kam, wurde er fast schon wieder vor Schmerzen und Übelkeit überwältigt. Er rollte sich auf die Seite und erbrach sich, doch dann spürte er schon den stechenden Schmerz der durch seinen rechten Arm jagte.

Erst jetzt merkte er dass Victor neben ihm auf dem Bett saß und beruhigend seinen Rücken streichelte. Sein Arm war anscheinend von ihm provisorisch geschient worden.

„Shhh….. glaub mir, ich weis genau wie… du dich fühlst...“

Victors Stimme war voller Sorge, doch man konnte spüren wie der Zorn in ihm kochte.

„Vic…“ keuchte Drake.

Drake ging es seiner Meinung nach noch nie in seinem jungen Leben beschissener als jetzt in diesem Moment.

Bei jeder Bewegung stieg erneut die Übelkeit auf und sein Kreislauf spielte total verrückt. Mehr als sich etwas aufrichten konnte er nicht – das war alles, was sein Körper ihm momentan erlaubte bevor jede Faser in ihm rebellierte.

„Scheiße… sind das… die Nebenwirkungen von dem Zeug das er... mir gespritzt hat?“

Victor nickte nur bestätigend.

„Ich habe noch ein Schmerzmittel gefunden. Bitte, du musst es unbedingt nehmen.“

Drake wurde schon übel als er die Flüssigkeit in dem kleinen Becher anblickte, bei der Vorstellung sie zu schlucken wollte sich sein Magen komplett umstülpen. Zudem hatte es eine seltsame Farbe und der Geruch allein lies ihm schon den Magen verkrampfen.
 

Doch Drake wusste dass er schnell wieder auf die Beine kommen musste und er glaubte nicht, das Victor ihn vergiften wollen würde. Der Schwarzhaarige setzte den Becher an seine Lippen und Drake begann langsam zu trinken. Was auch immer Victor ihm da zu Trinken gab – es schmeckte noch schrecklicher als es aussah. Erschöpft fiel Drake wieder nach hinten und landete mit Victors Hilfe sanft auf seinem Kissen.

„Gut… und jetzt ruh dich aus… du wirst deine Kraft brauchen...“

Behutsam strich Victor durch die wuscheligen, dunkelroten Haare deren Ansatz dringend wieder neu gefärbt werden musste.

 

*

 

Zufrieden betrachtete Victor wie Drake wieder eingeschlafen war. Doch er machte sich auch große Sorge um den Jüngeren. Er war kein Arzt – er hatte den Armbruch zwar provisorisch schienen können, doch Drake brauchte dringend richtige medizinische Versorgung – auch wegen dem was Angel ihm gespritzt hatte. Es schnürte ihm sein Herz zusammen wie er nur zusehen konnte wie schlecht es Drake ging.

Er hatte ebenfalls einen Teil der Piercings des Rothaarigen entfernen müssen, da sonst die Schwellungen und Platzwunden in seinem Gesicht noch problematischer geworden wären.

Victor hatte ihn auch gewaschen und wieder angekleidet. Er war sich nicht sicher ob er bisher schon einmal einen solchen Hass verspürt hatte, wie er ihn in diesem Moment auf Angel hegte. Dass er sich an ihm selbst verging war eine Sache – aber dass er Drake missbraucht hatte, war etwas Anderes. Zornig ballten sich seine zarten Hände zu Fäusten und seine Knöchel traten weiß hervor.

Er würde ihn nicht weiter gewähren lassen.

Victor lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und atmete tief durch. Seine Hände in den Hosentaschen, spielten seine Finger mit einer kleinen Ampulle. Rastlos glitten seine Finger über das glatte Glasfläschchen 'Du hast dich also wirklich entschieden?' fragte die bekannte Stimme in seinem Kopf.

„Ja… das habe ich...“ doch auch wenn er sich mit der Stimme in seinem Kopf im Selbstgespräch verlor, war der Blick seiner eisblauen Augen starr auf Drake gerichtet.

 

*

 

Drake wollte nicht darüber sprechen was vor ein paar Tagen passiert war - was Angel ihm angetan hatte. Aber er konnte verstehen dass Victor ihm dies bisher auch vorenthalten hatte. Es war nichts, worüber man einfach so bei einer Tasse Tee redete.

Sein ganzer Körper schmerzte bei jeder Bewegung die er tat – Victor hatte ihm zwar weitere Schmerzmittel angeboten, doch er hatte es abgelehnt. Die einzigen Schmerzmittel die sie hier hatten waren so stark, dass sie seine Sinne vernebelten und er musste hier und jetzt mit seiner ganzen geistigen Stärke bereit sein. Er konnte es sich nicht erlauben einen Fehler zu begehen nur weil er high von irgendeinem Medikament war.

„Tut mir leid...“ dieser Satz richtete sich an Victor, welcher an seinem schmerzenden Arm herum dokterte.

Der Schwarzhaarige horchte erstaunt auf und seine eisblauen Augen sahen ihn irritiert an.

„Für was entschuldigst du dich? Ich… ich müsste derjenige sein der dich um Verzeihung bittet...“

Drake sah betreten zu Boden „Ich bin nicht mehr als eine Last. Ich… konnte nichts gegen ihn ausrichten… Dabei hab ich doch versprochen das ich auch dich beschütze...“

Drake lachte sarkastisch auf „Ich bin völlig nutzlos.“

 

*

 

Drake sah ihn erschrocken an, als Victor ihn mit fester Stimme entgegensetzte „Hör auf so etwas zu sagen! Du bist der einzige Grund warum ich noch weiterkämpfe!“

Seine grünen Augen fixierten Victor, doch diesmal wich er Drakes Blick nicht aus.

Als Victor die blaue Wange des Rothaarigen berührte merkte er wie kalt seine eigenen Hände waren – doch Drake schien die kühle Berührung zu geniesen.

Er sah Victor noch immer tief in die Augen und zog ihn sanft an sich. Victor schloss seine Augen noch ehe sich ihre Lippen berührten – es war ein kurzer aber liebevoller Kuss.

Erst als sich ihre Lippen wieder voneinander lösten wagte es Victor den Jungen vor sich wieder anzusehen.

Es war kein Traum. Nein, dieses Mal war es die Realität gewesen, in der er Drake so nah war. Er lehnte seinen Kopf an Drakes Schulter und atmete tief durch „Vertraust du mir?“

 

*

 

Victors Frage verwirrte ihn. „Natürlich… warum fragst du?“ hakte Drake verwirrt nach. Doch Victor lächelte ihn nur an als er sich zurückbeugte. Seine Augen blickten ihn sanft an als er weitersprach „Egal was geschehen wird. Du musst mir vertrauen.“

Langsam breitete sich ein klammes Gefühl in Drakes Brust aus. 'Was...wovon redet er? Ich verstehe nichts…' er wurde einfach nicht schlau aus Victors Verhalten.

„Was...was hast du vor Victor?“ er befürchtete das der Schwarzhaarige vor ihm, der ihm inzwischen so teuer geworden war eine Dummheit begehen würde. Und wenn sich diese auf Angel beziehen würde, wäre es nicht untertrieben zu sagen das er lebensmüde sei.

 

Doch zu seiner Überraschung spürte er wie Victor seine Finger über seine Brust streichen lies. Die schmalen kühlen Hände wanderten seinen Bauch hinab bis zu seinem Hosenbund, ehe sie stoppten. Drake blickte nervös auf und sah dem Schwarzhaarigen tief in die Augen. Noch ehe Drake etwas sagen konnte, löste Victor den Knopf der schwarzen Cargohose und lies seine schlanken Finger hineingleiten.

Drake entfuhr ein kurzes Stöhnen als Victor in dort berührte, doch dann griff er nach der Hand des Anderen und stotterte ihm verlegen entgegen „Nein, warte… lass… mich das für dich… machen...“

 

*

 

Victor biss sich auf seinen Finger, doch selbst das konnte sein Aufstöhnen nicht verhindern. Nicht wenn Drake halb auf ihm lag und ihn um den Verstand brachte.

Es war anders als sonst. Angel war grob und gewalttätig – Drakes Berührungen waren zärtlich und behutsam, als wollte der Jüngere sichergehen dass er ihn nicht verletzen würde. Angel hatte mit Medikamenten und Drogen seine Sinne betäubt, doch das was er jetzt verspürte war echt. Das unverfälschte Gefühl der Liebe und Geborgenheit.

Doch etwas in ihm wollte mehr als das. Er wollte sich wirklich mit Drake verbunden fühlen.

Dieses Mal drängte sich ihm niemand auf, dieses Mal bewegte sich sein Körper ganz von selbst um sich das zu holen was er wollte.

 

*

 

Drake war sich sicher dass er sich mehr als ungeschickt anstellte – er hatte bisher nie zuvor sexuelle Erfahrungen mit einem Mann gemacht. Doch wann immer er nach oben blickte und in Vics Gesicht blickte, spornte es ihn noch mehr an.

Doch mit einem Mal schob der Schwarzhaarige ihn zurück und Drake dachte schon dass er etwas falsch gemacht hatte, doch dies schien nicht der Fall zu sein.

Victor drückte ihn nach hinten auf die Matratze und entledigte sich dem Rest seiner Kleidung. Völlig überrascht lag Drake nun auf dem Rücken während Victor auf ihm saß und ihn voller Verlangen anstarrte.

„Warte… Vic… ich...----“ weiter kam Drake nicht als er realisierte was Victor vorhatte, doch er konnte, nein, er wollte nun auch nicht mehr aufhören.

Auf den sonst so blassen Wangen des Schwarzhaarigen lag nun eine deutliche Röte während er nur leise flüsterte „Lass… lass mich nur machen...“

Nicht nur Victor, sondern auch Drake entfuhr ein heißeres Stöhnen als der Ältere langsam begann sich zu bewegen.

Seinen Gesunden Arm auf Victors Hüfte gelegt konnte Drake seine Augen nicht von dem Anderen abwenden. Das tiefschwarze Haar dass seine eisblauen Augen umrahmte und seidig in seinen Nacken fiel. Schweißtropfen die über den schlanken blassen Körper rannten, dessen Farbe fast an Porzellan erinnerte.

Trotz der einen oder anderen Narbe glaubte Drake in diesem Moment nie etwas Schöneres gesehen zu haben, als den jungen Mann der sich über ihm lustvoll aufbäumte.

Er konnte nicht anders als die Worte auszusprechen welche auf seiner Seele brannten.

 

*

 

„Ich liebe dich Vic...“

Der Angesprochene horchte zwar auf, jedoch hielt nicht inne. Dafür fühlte er in diesem Moment zu viel und Drakes Blick voller Lust spornte ihn nur noch mehr an.

Doch er beugte sich hinunter um sich erneut in einem innigen Kuss mit dem Jüngeren zu verlieren. Erst als sie sich wieder von einander lösten entfuhr Victors Kehle ein heißeres Keuchen „Ich… liebe dich so sehr…“ doch der Blauäugige konnte seinen Satz nicht mehr beenden, denn ein wohliger Schauer der durch seinen ganzen Körper jagte lies ihn beinahe den Verstand verlieren.

'ich… liebe dich… mehr als mein eigenes Leben… ich... würde alles für dich opfern.'

 

*

 

Drake starrte die Decke an während Victors Arm noch immer über seiner Brust lag – der Schwarzhaarige schlief tief und fest an seiner Seite.

Müde schloss er seine Augen und lies die letzten Stunden Revue passieren.

Die Erinnerung an die vergangen Stunden liesen ihn noch immer rote Ohren bekommen – er hatte kein Zeitgefühl wie lange er mit ihm hemmungslos die Laken zerwühlt hatte.

Drake musste sich eingestehen dass er von sich selbst überrascht war. Klar hatte er mal eine Freundin gehabt, doch der Sex damals mit ihr war… irgendwie nichts Besonderes gewesen.

Wahrscheinlich lag das an der Tatsache dass es die Beziehung ebenfalls gewesen war, denn er war beizeiten durch den Nächstbesten Kerl ausgetauscht worden. Vielleicht war er für ein männliches Wesen seines Alters seltsam, doch er hatte danach auch nicht wirklich wieder das Bedürfnis verspürt mit jemanden zu schlafen.

Jetzt musste er beschämt eingestehen dass er sich nicht mehr hatte halten können.

Selbst die Schmerzen seines gebrochenen Armes hatten ihn nicht zügeln können, inzwischen hoffte er dass er nicht unterbewusst auf solche masochistischen Fetische stand. Das wäre für ihn selbst dann doch einen Tick zu extrem, vor allem nach all dem was er die letzte Zeit durchlebt hatte.

Er fühlte wie sich etwas in seinem gesunden Arm bewegte und spürte Victors Lippen auf seiner Wange. Als Drake die Augen öffnete sah er Victors liebevolles Gesicht und spürte dessen ausnahmsweise einmal warmen Hand, wie sie zärtlich über seine Wange strich.

 

*

 

Victor konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Er verlor sich in dem tiefen Grün Drakes' Augen, welche ihn anblickten. An alles was er denken konnte war, wie sehr er den Jungen mit der leicht gebräunten Haut liebte. Er liebte sein Lächeln, seine Mimik und Gestik. Er liebte die Strähnchen des wuscheligen, braunen Haares welche unter den dunkelrot gefärbten leichten Locken hervorblitzten. Seine dichten Wimpern und seine weichen Lippen. Für Victor war Drake die Perfektion in Menschengestalt, dass er ihn ebenso liebte wie er ihn... war für den Schwarzhaarigen mehr als er verdiente.

'Ich würde alles tun… ich würde alles dafür geben damit du wieder glücklich sein kannst… ich liebe dich so sehr dass es mich beinahe zerfrisst.'

 

Mit einem Mal lief ihm jedoch ein eiskalter Schauer über den Rücken.

'Ich liebe dich so sehr dass es mich zerfrisst!'

Die Worte die sein Inneres einnahmen waren dieselben, die Angel ihm vor kurzen vor den Kopf geworfen hatte. Victor wurde nun bewusst welches Gefühlschaos in Angel herrschen musste. Wenn Angel so von ihm besessen war, wie er es inzwischen von dem Rotschopf neben ihm ebenso war…. „Vic? Ist alles ok?“ Drakes Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und er schüttelte nur kurz seinen Kopf.

„Ja, alles in Ordnung…“ Victor wusste dass sein Verstand dabei war in die Brüche zu gehen. Er wusste dass er langsam aber sicher genauso wahnsinnig wurde wie sein Peiniger. So wahnsinnig wie das Monster, welches sich mit dem Gesicht eines einst geliebten Menschen tarnte. Doch noch spürte er dass es nicht zu spät war. Weder für ihn noch für Drake.

Das Geräusch eines entfernt klackenden Türschlosses brachte ihn jedoch zurück in die Realität. Angel war zurück. Die Zeit war gekommen.

 

*

 

Victor streckte sich etwas und küsste Drake zärtlich auf die Stirn, bevor er sich erhob und aus dem warmen Bett stieg. Er schlüpfte hastig in seine flink zusammengesuchten Klamotten und eilte zur Tür.

Drake konnte gar nicht so schnell reagieren als Victor schon die Türklinke drückte und sich noch einmal zu ihm umdrehte. Victor lächelte ihn an, doch trotzdem schien er unglaublich traurig zu sein.

„Ich liebe dich. Bitte…. bitte vertrau mir.“ mit diesen Worten stürmte Victor aus der Tür und rannte den Flur entlang.

'Was… zum… Verdammt!!!' Drake kämpfte sich hoch und suchte seine Kleidung um Victor zu folgen, denn sein Gefühl sagte ihm dass der Andere dabei war eine Dummheit zu begehen.

 

*

 

Angel stand im Eingangsbereich der Villa und lehnte schwer atmend gegen die Wand gebeugt. Seine Augen waren weit aufgerissen, eine seiner Hände war fest im Brustbereich seines schwarzen, ärmellosen Rollkragenshirts verkrallt.

Egal welche Mittel er nahm, die Schmerzen in seinem Körper wollten nicht nachlassen.

Egal was er schluckte oder spritzte, es hörte nicht auf.

Nur wenn er Victor, seinen geliebten Victor in seinen Armen hielt konnte er all die Qualen die ihm dieser Körper bereitete ertragen. Doch Victor hatte sich offenbar endgültig von ihm abgewandt. Schuld daran war nur dieser Junge, dieser räudige Köter. Er hätte ihn damals töten sollen wie die Anderen. Wie hatte er damals auf die Idee kommen können, dass es eine gute Idee wäre ihn Victor zu schenken? Wenn der Junge nicht wäre, dann würde Victor nur ihm gehören, ihm allein!

 

Er hätte nicht mit ansehen müssen wie sein Victor diesem Anderen mit jeder Stunde mehr verfiel und sich gegen ihn wandte.

Victor hatte sicher geglaubt dass er es nicht bemerken würde. Doch alles was er wollte war dass Victor ihn an seiner Seite brauchte. Dass er ihn endlich lieben würde wie er diesen Versager Chris geliebt hatte. Was hatte dieser Schwächling gehabt, was er nicht hatte? Warum hatte Victor Chris geliebt und nicht ihn?! Er war alles gewesen, was Chris nie sein konnte. Er war stark, er war selbstbewusst. Fehlte ihm trotz allem etwas? Konnte ihn Victor deswegen niemals zurück lieben?

Hatte er es von Anfang an falsch gemacht? Hätte es etwas geändert wenn er nur anders gehandelt hätte? Aber es schien ihm der einzige mögliche Weg zu sein.

 

Wahrscheinlich war es so wie es ihm sein Geliebter immer wieder abweisend an den Kopf warf – er war ein wahnsinniger Psychopath, der nicht anders konnte als so zu handeln wie er es tat. Dabei wollte er doch nur an seiner Seite sein. Er wollte ihm nah sein und von ihm geliebt und gebraucht werden.

Doch inzwischen fiel es ihm immer schwerer einen klaren Gedanken zu fassen. Alles nur dank seinem anderen 'Ich', diesem Chris der um Victors Willen wieder versuchte die Oberhand zu gewinnen. Doch er würde das nicht zulassen.

 

Niemand würde ihm Victor wegnehmen.

Weder dieser räudige Köter Drake, noch Chris. Victor gehörte ihm und eines Tages würde er ihn auch lieben, dessen war er sich sicher. Auch wenn er alles opfern müsste was er hatte.

 

„...Angel?“

 

Erst glaubte Angel eine Halluzination zu sehen, wie so oft wenn er etwas geschluckt hatte. Doch was er dieses Mal sah war real. Er sah Victor vor sich stehen und glaubte etwas wie Sorge in dessen verwirrten Gesicht zu erkennen.

 

*

 

Als Victor Angel gefunden hatte war er wie erstarrt. Der Größere stand verkrampft und mit einem schmerzverzerrten Gesicht gegen eine de Wände gelehnt, sein Atem ging schwer als würde er ersticken. Das gebräunte Gesicht wirkte fahl und krank, sein Haar hing unordentlich vor seinen Augen. Diese blutroten Augen, welche weit aufgerissen waren und nervös zuckten. Diese Augen die ihn erschrocken anstarrten als er Angel angesprochen hatte „...Angel?“

Diese Augen, die ihn nun so flehend anblickten. Victor konnte nicht anders als auf den Größeren zugehen und vorsichtig mit der Hand über dessen Wange zu streichen welche sich ungewöhnlich kalt anfühlte. Angel hatte bisher kein Wort gesprochen, doch Victor konnte den Schmerz in den Augen des Weißhaarigen sehen.

Betreten sah er zu Boden als er erkannte dass er der Auslöser für Alles war, was Angel so quälte. „Verzeih mir…ich… ich war so dumm...“ flüsterte Victor als er vorsichtig nach Angels Hand griff.

 

Es war nicht gelogen. Es tat Victor leid dass er der Grund dafür war, dass Angel und Chris so leiden mussten. Er wehrte sich nicht als Angel ihn zitternd in seine Arme schloss und fest an sich drückte. Er spürte wie der Andere den Kopf an seinen presste und die Nase in seinem schwarzen Haar vergrub. Als die Beiden in dieser zarten Berührung so verharrten fragte sich Victor ob es nicht vielleicht doch einen anderen Weg gab. Angel… hatte er erneut geschafft seine feste Entscheidung ins Schwanken zu bringen.

„Ich… ich habe mich geirrt… ich verspreche dir, ich werde dich nie wieder verlassen...“ Victors Worte drangen fest durch den Raum.

Entschlossen blickte Victor nach oben und suchte nach Angels Lippen. Der Andere schien erst von Victors Worten überrascht, doch erwiderte schließlich den sanften Kuss. Als Victor sich von Angel löste blickte der Größere ihn traurig an und wirkte als wollte er ihm etwas sagen, doch mit einem Mal verfinsterte sein Blick und er starrte missbilligend über ihn hinweg. Als Victor erschrocken den Kopf herumriss sah er den Grund für Angels Aggression. Drake. Drake, welcher angespannt einige Meter vor ihnen stand und sie nur verstört anstarrte.

 

*

 

Drake verstand nicht was sich vor ihm abspielte.

Victor hing regelrecht in Angels Armen und blickte ihn verstört an, als hätte er die Beiden bei etwas Wichtigen gestört. Er hatte gesehen wie Victor den Anderen geküsst hatte und er verstand es nicht. Er verstand nicht warum Victor das getan hatte! Er verstand nicht warum Victor… diesem Bastard solche Dinge gesagt hatte. Dabei hatte er ihm doch gesagt dass er ihn lieben würde. Drake fühlte sich verraten und hintergangen, er wollte Antworten von Victor welcher ihn nun nichtssagend anblickte.

 

Doch etwas anderes erwartete nun seine volle Aufmerksamkeit. Angel lies Victor los und knurrte Drake zornig entgegen „Ich dachte ich habe mich klar ausgedrückt was passiert wenn du nicht lernst wo sein Platz ist….“ Angel schob sich an Victor vorbei und ging zielstrebig einige Schritte auf Drake zu. Drake konnte nur verunsichert zusehen als Angel nach hinten Griff und eine Pistole aus dem Hosenbund zog.

Angel entsicherte die Waffe und hielt den Lauf mittig auf Drakes Kopf gerichtet.

„Du… DU…. DU HAST ALLES ZERSTÖRT!!!“ brüllte ihm der Weißhaarige wutentbrannt entgegen und drückte ohne Zögern den Auslöser.

Ein lauter Schuss durchriss die Stille und Drake hatte erschrocken seinen Arm schützend vor sich gerissen, als er merkte dass er nicht getroffen war.

Er sah dass Victor sich an Angels Arm geworfen hatte und dieser dadurch sein Zeil verfehlt hatte. Victor hatte ihn wieder einmal gerettet.

Der schmächtige Schwarzhaarige rangelte mit seinem Entführer um die Schusswaffe und steckte auch einige Faustschläge ein, bis Angel ihn von sich losriss und gegen die nächste Wand schleuderte.

 

Ächzend prallte Victor auf und sackte in sich zusammen, doch Drake hatte schon die Chance genutzt und sich ebenfalls auf Angel gestürzt. Drakes Faust bohrte sich in das Gesicht des Weißhaarigen und lockerte für einen Augenblick dessen Griff. Ein unbeholfener Hieb schlug Angel die Pistole aus der Hand, welche über den alten Marmorboden schlitterte.

Wie ein tollwütiger Hund stürzte sich Angel auf ihn und wollte gerade zuschlagen als ein nah einschlagender Schuss die beiden Kämpfenden zusammenschrecken lies.

Angel blickte ebenso erschrocken auf wie Drake, als er ihn sah.

 

„Auseinander. Sofort!“

 

Victors Befehlston lies keine Widerworte zu – ebenso die Pistolenmündung die auf die beiden Kämpfenden gerichtet war. Etwas unsicher schwankte die Mündung der Waffe hin und her, als wäre sich Victor nicht sicher auf welchen der Beiden er schießen sollte.

Drake glaubte dass seine Welt in sich zusammenbrach. Vor Kurzem noch hatte Victor seine Liebe erwidert und nun… zielte er mit einem düsteren Gesichtsausdruck mit dem Lauf einer Pistole auf ihn.

Hatte er ihn… wirklich verraten?

Kapitel 10

 

Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn,

dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird.

Und wenn du lange in einen Abgrund blickst,

blickt der Abgrund auch in dich hinein.

 

- Friedrich Nietzsche

 

 

 

Als hätte er niemals etwas anderes in seinem Leben gemacht, entsicherte der blasse Schwarzhaarige die Handfeuerwaffe und legte seinen Finger auf den Abzug. Angel verzog sein Gesicht zu einem selbstsicheren, hämischen Grinsen während er aufstand und ein paar Schritte von Drake zur Seite zurückwich.
 

Drake kämpfte sich auf die Beine und wollte zu Victor, doch dessen harscher Befehlston lies ihn zurückschrecken „Komm ja nicht näher. Ich warne dich.“

Der Rotschopf verstand die Welt nicht mehr als Angel ebenfalls auf Victor zuging, jedoch nicht aufgehalten wurde. Victor blickte den Größeren zwar ebenfalls finster an, doch er richtete nach einem kurzen Moment die Mündung der Pistole erneut auf Drake.

So sollte es also enden? Er wurde warum auch immer von Victor verraten und erschossen?

Er blickte Victor flehend an, dass er doch wieder zur Vernunft kommen sollte.

Doch der Blick des Älteren war wie er ihn noch nie zuvor gesehen hatte - finster und kalt.

In diesem Moment wäre es ihm sogar lieber wenn Victor ihn einfach erschießen würde.

Es wäre immer noch besser als länger mit der Gewissheit zu leben, von einem geliebten Menschen belogen und verraten worden.

 

Angel schlich sich hinter Victor und schlang seine starken Arme um Victors schmale Schultern und legte seinen Kopf in den Nacken des Schwarzhaarigen.

Es war ein triumphierendes, gehässiges Lächeln welches auf den Lippen des Weißhaarigen lag während seine blutroten Augen Drake amüsiert anstarrten.

Doch dann begann Angels mit seiner tiefen Stimme zu sprechen „Wie fühlt es sich an… wenn man verraten wird?“

Drake schluckte schwer, denn noch immer starrte ihn Victor kalt an, fast so als würde er jemand völlig anderen vor sich stehen sehen. Als wäre alles, was zwischen ihnen gewesen war nur ein Traum gewesen.

 

Schließlich ergriff Victor das Wort „Du wolltest mich ebenso belügen und verraten. Du hättest dich früher oder später auch von mir abgewendet. Deswegen… bleibe ich lieber hier. Bei dem einzigen der mich wirklich liebt, der mich wirklich braucht.“

Noch immer die Waffe auf Drake gerichtet drehte sich Victors Kopf zur Seite um Angel erneut zu küssen. Nachdem sich Victor von dem Anderen wieder gelöst hatte, starrte er Drake eindringlich an.
 

„Du erinnerst dich ja nicht einmal an das was ich dir vorhin zum Abschied gesagt hatte.“

 

Der Blick der eisblauen Augen wirkte als wollte er Drake etwas mitteilen, doch er war immer noch zu verwirrt von der Situation um es zu deuten.

Angel flüsterte Victor etwas ins Ohr bevor dieser kurz zu überlegen schien.

Es geschah wie in Zeitlupe dass Victor tief durchatmete um seine zitternde Hand zu beruhigen. Er umgriff die Pistole schließlich mit beiden Händen und Drake konnte ihn nur verständnislos anblicken.

 

'Was… was er vorhin gesagt hatte?…' Drakes Gedanken überschlugen sich, und die Szene kurz bevor Victor aus dem Zimmer gestürmt war spielte sich erneut vor ihm ab.

Sein zugleich glückliches und trauriges Lächeln. Seine Worte mit denen er Drake so verwirrt zurückgelassen hatte.

 

„Ich liebe dich. Bitte…. bitte vertrau mir.“

 

Plötzlich wurde es Drake klar. Selbst als Victor den Abzug drückte, war Drakes Blick starr auf den Schwarzhaarigen Mann vor ihm gerichtet. Seine grünen Augen blickten tief in die von Victor. Als der Schuss ertönte zuckte Drake nicht einmal zusammen. Denn er rief sich die Worte des Anderen wieder ins Gedächtnis und wollte ihnen Folge leisten.

Er vertraute Victor.

 

*

 

Der Schuss streifte Drakes Schulter und warf den jungen rothaarigen Mann zurück. Er schrie kurz auf und presste die Hand seines gesunden Armes auf den blutenden Streifschuss.

Victor spürte wie Angel amüsiert auflachte und ihm über die Wange strich „Du hast nicht getroffen – aber sieh mal, es ist noch eine Kugel da. Du hast noch einen Versuch.“

Angel hielt sich mit einem Mal den Kopf, als würden ihn erneut starke Kopfschmerzen plagen als Victor sich aus seinem Griff löste und näher auf Drake zuschritt.

Das Geräusch der Entsicherung der Pistole drang laut durch seinen Kopf, und er glaubte von all den über ihn hereinbrechenden Emotionen zu zerbrechen.

Seine eisblauen Augen zuckten nervös als sie Drake anblickten, welcher ihn entschlossen ansah während er seine Schusswunde hielt. Erneut richtete Victor die Waffe auf den jungen Mann vor ihm, als er aufgrund Angels Husten aufhorchte.
 

*
 

Drake starrte Victor ungläubig an, als dieser mit einem Mal die Pistole fallen lies und ihn wieder auf die Beine zerrte.

„Was… was hat das zu… bedeuten?!“ zischte Angel ihnen entgegen und wurde immer wieder von einem starken Hustenanfall unterbrochen.

Mit einem Mal kauerte sich der Größere zusammen und blickte nach einem erneuten Anfall auf seine blutverschmierte Hand.

Victor drehte sich nicht zu Angel um als dieser ihn verständnislos anstarrte „… wie… schmeckt dir deine eigene Medizin Angel?…“

Der Angesprochene riss erschrocken seine Augen weit auf als er röchelnd auf die Knie fiel.

Drake konnte das Zittern in Victors Körper sehen als dieser weitersprach „Du wolltest ein tödliches Virus… hier hast du es… du hättest aber nicht damit gerechnet dass es ebenso ein Antiserum gibt. Und dass ich es Drake und mir bereits verabreicht habe.“

Das war es also gewesen? Diese widerliche Medizin die Victor ihm eingeflöst hatte.

Dass er Angel geküsst hatte. Victor hatte ihn mit seinen eigenen Waffen geschlagen. Der junge Schwarzhaarige hatte Angel einfach vergiftet. Ein kalter Schauer rannte über Drakes Rücken und fast schon schlich sich Mitleid für seinen einstigen Feind bei ihm ein.

Angel spuckte erneut einen Schwall Blut und brach röchelnd auf dem Boden zusammen.

Sein Körper verkrampfte sich und zuckte unkontrolliert, als wollte er sich aus seinen Todesqualen winden.

„Ich… ich…“ verständnislos starrten die blutunterlaufenen roten Augen Victor an, als kaum mehr als ein Röcheln noch aus Angels Kehle drang. Jeder Atemzug glich einem Gurgeln dem immer wieder ein Schwall Blut folgte.

Drake konnte in Victors Augen sehen wie sehr es ihn schmerzte was hier geschah. Dass sein schlechtes Gewissen immer größer wurde, je länger Angel sich in seinem unausweichlichen Todeskampf wand. Er packte Victor an den Schultern und mit einem Mal brachen die Tränen aus dem Schwarzhaarigen hervor, welcher sich schluchzend in seine Arme flüchtete.

Drake konnte das Flüstern hören welches er geradezu in seine Brust schluchzte „Es… es tut mir so leid… es tut mir leid… bitte… bitte Chris…. verzeih mir… ich wollte das nicht...“

Angels Körper jedoch beruhigte sich mit einem Mal schlagartig – es waren nur noch tiefe, gurgelnde Atemzüge die das letzte Leben aus dem sterbenden Körper hauchten.

 

*

 

Victor hatte sich gerade wieder gefangen, als ihn erneut ein heißeres Röcheln aufhorchen lies. „V…. Vic….t..“ der am Boden liegende Weißhaarige spuckte erneut Blut und sein Körper wand sich noch immer unter den Todesqualen. Doch der verängstigte Blick seiner Augen war allein auf Victor gerichtet.

„...Chris...?“ Vic drehte sich dem Sterbenden zu und ging neben dem am Boden liegenden Mann in die Knie.

Hatte es keine andere Möglichkeit gegeben, diesen Wahnsinn zu beenden? Je länger er den Sterbenden vor sich sah, desto schwerer quälte ihn sein Gewissen. Chris' Hand, welche ihm kaum mehr zu gehorchen schien, strich zitternd über Victors Wange.

 

„...Es… ist.. vorbei…. endlich….“

 

Chris krampfte erneut und Victor ergriff seine Hand und hielt ihn fest in seinen Armen während er versuchte ihn ruhig zu halten. Tränen rannten über Victors Gesicht als Chris ihm ein sanftes Lächeln schenkte „… Danke...“

Der Schwarzhaarige wusste nicht, ob der Andere noch etwas sagen wollte – denn er spuckte erneut eine große Menge Blut, worauf hin Victor ihn nur noch fester in seine schmächtigen, geschundenen Arme zog.

Er konnte es einfach nicht über sich bringen Chris in seinen letzten Momenten allein zu lassen. Er hatte fruchtbare Dinge getan. Er hatte IHM furchtbare Dinge angetan. Doch in einer anderen Zeit war das nicht so gewesen. Er wurde von ihm geliebt. Er hatte ihn geliebt. Was Victor in diesem Moment empfand, würde er nie in Worte fassen können.

 

Chris Augen fixierten Victor und dieser ging näher zu ihm hinunter, denn Chris schien ihm noch etwas Wichtiges sagen zu wollen. Es war nun kaum mehr als ein Flüstern, welches Victors Augen geschockt weitete. Ungläubig starrte er auf den blutverschmierten Sterbenden, welcher ihn noch immer anlächelte.

Dann war es vorbei. Einfach so. Chris' blutverschmierte Hand erschlaffte und glitt aus Victors Griff, das krampfhafte Zittern seines Körpers verebbte. Seine blutroten Augen starrten ins Leere während ein sanftes Lächeln seine Lippen umspielte.

 

Es war vorbei. Chris… Angel war tot. Der Wahnsinn hatte endlich ein Ende gefunden.

 

Doch Victor war wie erstarrt, denn zu viele Gefühle brachen über ihn herein. Freude, Hass, Zweifel, Hoffnung, Reue und Erleichterung waren nur eine Handvoll der Emotionen die gerade um die Oberhand kämpften.

 

*

 

Drake hatte die ganze Zeit ein paar Schritte entfernt zugesehen. Doch er wollte den Beiden den letzten Moment nicht nehmen – deshalb hatte er nichts getan außer zuzusehen. Doch jetzt schritt er auf den am Boden kauernden Victor zu, ging neben ihm in die Hocke. „Komm, lass uns gehen.“

Victor blickte ihn tränenüberströmt an – welches Gefühl die Tränen hervorbrechen lies, wusste der junge Forscher wahrscheinlich selbst nicht.

„...Drake… ich….“

 

„Shh--- ich weis. Hilf mir... wir nehmen ihn mit. Damit er ein richtiges Begräbnis bekommt und hoffentlich endlich seine Ruhe findet.“ Victor war erstaunt, dass der Rotschopf anscheinend so klar seine Gedanken lesen konnte. Er nickte ihm nur dankbar zu.

Victor murmelte eine Zahlenfolge, die Drake nicht zuordnen konnte.

Vic blickte ihn an und sprach die Zahlen nun deutlich.

„Versuch sie an dem Schloss. Angel…. nein, Chris hat sie mir kurz vor dem Ende gesagt… Es muss die Kombination für das Schloss sein.“

 

Drake ging auf die große Stahltür zu, die die beiden Gefangenen all die Zeit hier festhielt. Seine Finger zitterten als er Ziffer für Ziffer eingab, die Zeit lief wie ihn Zeitlupe an ihm vorbei als er die letzte Zahl eingab und zum bestätigen auf die Sternchentaste drückte.

 

*Biep*

 

Ein Piepsen und ein metallisches Klacken hallte durch die Stille. Die Tür war entriegelt.

Sie waren fast frei, doch nach all der Zeit des Schreckens wirkte dieser Moment so unwirklich, fast als wäre es nur ein Traum. Aus Victors Mund drangen Laute, die einem leicht makaberen Lachen ähnelten. Auf Drakes fragende Blicke schüttelte der Schwarzhaarige nur den Kopf.

Seine Stimme zitterte als er zu sprechen begann „Die Kombination… es waren unsere Geburtstage… meiner und der von Chris...“ fast wäre Victor erneut von seinen Schuldgefühlen überwältigt worden, doch Drakes Hand die er auf seine Schulter legte lies ihn zurück in die Realität kehren.

 

Drake versuchte die schweren Türflügel aufzuziehen, doch sein verletzter Arm behinderte ihn, sodass Victor ihm zur Hilfe kam und sie zusammen die schwere Tür aufzogen.

Insgeheim war Drake überrascht – Angel musste über unglaubliche, körperliche Kräfte verfügt haben, um diese schweren Türen alleine zu öffnen – auch wenn man es ihm nie angemerkt hatte, außer natürlich wenn er mal wieder ausgetickt war.

 

*

 

Ein Windstoß hauchte den beiden frische Luft ins Gesicht.

Ihre Lungen füllten sich mit dem Gefühl der Freiheit.

Der Schrei eines Greifvogels hallte wieder über die Ebene, die sich hinter dem kleinen Waldstück vor ihnen auftat.

Sie hievten den leblosen Körper hoch und schleppten sich ins helle Licht des Tages und stolperten geradezu einer ungewissen Zukunft entgegen.
 

*

 

Drake war mehr als überrascht wie schnell alles gegangen war. Sie waren nicht lange unterwegs, als ihnen auf einmal ein bewaffneter Polizist mit Suchhund über den Weg lief. Nachdem sie realisierten dass sie gerettet waren, geschah alles ganz schnell. Sanitäter wurden zu ihrem Standort gerufen, versorgten ihre Wunden. Der Suchtrupp war durchaus überrascht einen vermisst gemeldeten Jugendlichen, einen aufgegebenen jungen Forscher und einen ihnen völlig unbekannten Toten zu finden.

 

Als sie am Lager der Einheiten eintrafen, rannte Drake los als ihm eine ihm bekannte Person entgegeneilte.

„Matt!“

Die Freunde sprangen sich regelrecht in die Arme, beide liesen ihren Emotionen freien Lauf und weinten Tränen der Freude und Erleichterung.

 

Drake strahlte seinen Freund aus seinen grünen Augen an „Matt.. ich bin so froh dass es dir gut geht…“ er strich behutsam über den Kopfverband, der hinter Matts blonder Wuschelmähne hervorspitzte.

„Und ich erst… Ich bin froh dass du lebst… die anderen… hatten leider nicht so viel Glück wie ich...“ Matt verstummte. Drake hatte es geahnt. Angel hatte seine Freunde getötet, da sie ihm im weg gewesen waren.

„Wie… hast du das ganze überlebt?“ Drake blickte etwas ungläubig zu dem Größeren. Dieser versuchte ein optimistisches Grinsen aufzusetzen und klopfte sich leicht an den Vorderkopf. „Hätte nie gedacht dass es mir mal das Leben rettet, dass ich mir beim Skateboarden fast den Schädel gebrochen hab und nun ne Metallplatte im Kopf hab. Irgendwie ist die Kugel wohl daran abgeprallt. Idiotenglück würde ich mal sagen.“

 

Die beiden Jungs hatten sich viel zu erzählen. Matt war wohl nach dem nächtlichen Überfall vorerst bewusstlos gewesen. Angel hatte ihn wohl totgeglaubt und einfach bei den Anderen liegen lassen. Als er wieder zu sich kam hatte er sich blutüberströmt neben den Leichen seiner Freunde wiedergefunden. Irgendwie hatte er es geschafft sich zu einer Straße zu schleppen. Und das Schicksal wollte es wohl, dass ihn ein Autofahrer in dieser abgelegenen Gegend fand. So wurde sofort die Polizei eingeschaltet um Drake zu finden und den Killer zu fassen.

 

Plötzlich kam eilig ein Beamter auf die beiden zu, während er ein Mobiltelefon vor sich trug. Er streckte es Drake mit den Worten entgegen „Deine Mutter. Wir konnten sie endlich erreichen.“

Drake schluckte schwer und drückte sich zitternd das Gerät ans Ohr. Es kostete ihm alle Kraft um ein Wort aus seiner Kehle zu pressen, die wie zugeschnürt war „Mum?“

 

*

 

Victor sah dem Staub hinterher der von dem Wagen aufgewirbelt wurde welcher Chris Leiche fort brachte.

Er hatte den Beamten nicht erzählt dass er wusste wer Chris gewesen war, oder dass er der Verantwortliche war. Er hatte den Beamten nur erzählt dass ihn ein Unbekannter gefangen gehalten hatte. Ihn und Drake. Er hatte ihnen erzählt dass Chris sie gerettet hatte bevor er an einer Vergiftung starb. So war es schließlich auch gewesen – hätte Chris nicht zum Schluss die Oberhand gewonnen und ihnen den Code verraten würden sie wohl noch immer eingesperrt in dem Anwesen sitzen.

Doch vielmehr überraschte ihn das Drake seine Version der Geschichte unterstützte. Drake hatte nicht für sich selbst, sondern für ihn gelogen. Er hatte für ihn gelogen, weil er nicht wollte dass Chris wie ein Verbrecher behandelt wurde, selbst nach seinem Tod.

Dazu… bedeutete er ihm noch immer zu viel.

 

Er kuschelte sich noch tiefer in die Decke, die ihm um die Schultern gewickelt wurde. Vor einigen Minuten hatte er Drake gesehen. Mit einem Freund. Dann telefonierend, wobei es weniger ein Gespräch sondern mehr einem verheulten Schluchzen geähnelt hatte – doch er wollte ihn nicht stören.

Ihm selbst hatte dieser Moment der Ruhe auch sehr geholfen, denn er hatte über vieles nachdenken können.

Erst als Drake sich neben ihm räusperte, merkte Victor dass der Rotschopf inzwischen neben ihm stand – seinen verletzten Arm verbunden und provisorisch geschient. Doch seine linke Hand Griff nach der von Victor, während sein Blick in der Ferne lag.

 

„Man hat meine Mum erreicht. Sie ist wohl von dem Schock erst einmal zusammengebrochen und musste im Krankenhaus behandelt werden.

Aber ich konnte jetzt mit ihr sprechen. Beziehungsweise ins Telefon schluchzen, wobei es ihr nicht anders ging. Sie hat sich tausend Mal für alles entschuldigt. Anscheinend bedeute ich ihr doch etwas...“

 

Er stellte sich vor Victor, noch immer seine Hand haltend. Der sonst so impulsive, junge Mann schien die richtige Worte zu suchen „Vic, ich….“

Sein Griff wurde fester „Wie… soll es jetzt… weitergehen?“

 

*

 

Victor blicke zu ihm auf – die Unsicherheit stand wörtlich in den eisblauen Augen geschrieben, doch dann blickte er zu Boden. Drake befürchtete, dass Victor andere Pläne hatte als er sich selbst erhoffte, doch auf einmal platzte es aus dem stillen Mann heraus

„Ich… ich will bei dir bleiben!“

Er wirkte wieder ein ein begossener Pudel, als er den Kopf wieder hob

„Aber… ich weis nicht ob du nach all dem, was passiert ist… mich noch bei dir haben möchtest...“

 

Der Ältere kam gar nicht dazu weiter zu reden – denn Drake schloss ihn in seinen Arm und küsste ihn sanft auf seine Lippen.

Als er sich wieder von Victor löste, gab er dem Schwarzhaarigen noch eine spielerische, kleine Kopfnuss „Du bist ein Idiot.“

Victors verständnisloser Gesichtsausdruck sah zum Brüllen aus – doch nach Drake's „Ich lass dich nie wieder alleine...“ sprang er ihm regelrecht schluchzend in die Arme.

 

Denn sie hatten zusammen gekämpft. Zusammen gelitten. Zusammen gehofft. Nichts würde sie nun je wieder trennen. Solange sie Einander hätten, brauchten sie nichts zu befürchten.

Epilog

EPILOG

 

Du kannst deine Augen schließen,

wenn du etwas nicht sehen willst,

aber du kannst nicht dein Herz verschließen,

wenn du etwas nicht fühlen willst.

 

- Johnny Depp

 

 

Victor starrte auf den Bildschirm vor sich und lies sich schließlich seufzend zurück in den bequemen Bürostuhl mit schwarzen Lederpolstern rutschen.

Obwohl seit dem Vorfall nun schon fast zwei Jahre vergangen waren, kam ihm dieses normale Leben noch immer vor wie ein Traum. Die Realität hatte ihn schneller wieder eingeholt als er anfangs erwartet hatte, doch nun saß er hier – in seinem neuen Zuhause und hatte gerade die letzten Zeilen seiner neuesten Dissertation getippt.

Drakes Verletzungen waren ohne weitere Spätfolgen verheilt, was ihn enorm beruhigte.

Er selbst war auch nach vielen Behandlungen noch immer auf einem Auge blind, doch daran hatte er sich inzwischen schon gewöhnt. Ab und an kämpfte er mit Folgeerscheinungen der Drogen, die Angel ihm immer wieder verabreicht hatte, doch er hatte das Gefühl dass er sich durchaus gut schlug. Inzwischen war es auch seltener geworden, dass er sich in plötzlichen Panikattacken und Verfolgungswahn verlor. Einzig seine Alpträume die ihn immer wieder heimsuchten belasteten ihn, doch auch diese würden mit Sicherheit vergehen.

Er spielte mit einer seiner langen, schwarzen Haarsträhnen als er seufzte „Ich sollte mir ein Hobby suchen… irgendwas zum ablenken...“

 

Nachdem er sein Leben wieder selbst bestimmte, hatte sich nach den endlos erscheinenden Verhören und Untersuchungen beschlossen sich nicht mehr aktiv in seiner alten Arbeit zu betätigen.

Früher hatte er den Menschen helfen wollen. Er hatte geforscht um sie von Krankheiten zu heilen. Jetzt jedoch hatte er mit seinem Wissen jemanden bewusst getötet. Allein diese Tatsache wog schwer auf seinen schmalen Schultern, auch wenn ihm bewusst war dass dies damals das Einzige war das er hatte tun können.

Lange Zeit über hatte er jeden Tag Nachrichten und Anrufe bekommen. Von Bekannten und Arbeitskollegen, von bekannten Firmen und neuen Einrichtungen die seine Fähigkeiten nutzen wollten – doch er hatte sie alle abgewiesen.

Das Einzige das er sich überwinden konnte zu tun war, sein erlangtes Wissen an eine nächste Generation motivierter Männer und Frauen weiter zu geben.

Sollten sie sich doch um die Probleme der Menschheit kümmern.

 

Er war es leid.

Er hatte keine Kraft mehr für diesen Kampf.

Er wollte damit nichts mehr zu tun haben.

Er wollte einfach in Ruhe gelassen werden und sein Leben mit---

 

Das Klacken des Türschlosses lies ihn aufhorchen und aus dem Sessel regelrecht aufspringen, als eine ihm wohlbekannte Person durch die Eingangstür trat und und ihn freundlich lächelnd begrüßte „Hey, ich bin zu Hause~“

Nichts liebte Victor mehr als den Moment, wenn der junge Mann mit den Piercings und Side-Cut nach einem langen Arbeitstag zur Tür herein kam.

Der Grund warum er überhaupt heute hier sein konnte stand direkt vor ihm. Drake.

Inzwischen trug er einen frechen Side-Cut, doch es passte zu ihm.

Aber egal wie er auch aussehen würde, Victor liebte ihn wie er war und wollte den Rest seines Lebens mit dieser wundervollen Person verbringen.

 

*

 

Drake überraschte es nicht dass Victor von seinem Platz vor dem PC aufsprang und ihm zur Begrüßung schon fast um den Hals fiel.

„Willkommen daheim… ich hab dich vermisst...“ begrüßte ihn Victor mit einem strahlenden Lächeln. Drake küsste ihn sanft auf die Wange und hielt ihm eine große Plastiktüte vor die Nase „Ich hab gekocht.“

Neugierig schnupperte Victor und linste vorsichtig in die Tüte „Chinesisch?“ Drake lachte nur während er leicht mit den Schultern zuckte „Sorry, ich bin einfach nicht dran vorbei gekommen – das hat so verführerisch gerochen...“

Doch der Schwarzhaarige lächelte ihn nur an „Na dann lass uns essen… wenn ich das so rieche bekomme ich einen Bärenhunger…“

 

Drake stimmte es mehr als glücklich Victor um sich zu haben. Zu sehen wie viel Freude er trotz dem vergangen wieder begann am Leben zu finden. Sicher, ihm war bewusst dass sein Freund immer wieder depressive Episoden hatte und unter neurotischen Anfällen litt. Doch dass er hier an seiner Seite war, machte ihn trotz allem sehr glücklich – auch weil es dem jungen Mann mit den eisblauen Augen scheinbar ebenso erging.

Er selbst hatte inzwischen das erste Jahr auf einem anerkannten College hinter sich gebracht, nicht zu vergessen dank Victors geduldiger Nachhilfe. Nicht nur einmal wollte er alles hin schmeissen und sich einfach einen Job auf dem Bau suchen, doch Victor hatte ihn jedes mal ermahnt wie wichtig eine gute schulische Ausbildung für seine Zukunft wäre.

Noch jetzt musste er grinsen wenn er an Victors rotes Gesicht zurückdachte als er endlich eingesehen hatte dass der Ältere Recht hatte „Nein. Für unsere Zukunft.“

Es hatte ihn anfangs überrascht doch Victor hatte einiges an finanziellen Rücklagen – er hatte immerhin damals einen gut bezahlten Job und nur eine billige Wohnung, da er sowieso Tag und Nacht auf seiner Arbeit verbracht hatte. Im Moment reichte Drakes Minijob gut aus um sein College zu finanzieren und Victor einen Beitrag zum Zusammenleben zu geben.

Drake war überrascht gewesen, dass seine Mutter keinerlei Einwände gehabt hatte, als er ihr Victor vorgestellt und ihr eröffnet hatte, dass er mit ihm zusammenleben will. Die einzige Bedingung war, dass sie sich regelmäßig besuchen würden, was er auch mit Freude tat. Seine Mutter war beinahe wieder so lebensfroh wie vor ihrer Scheidung – es machte ihn nur traurig dass so ein Chaos dafür nötig gewesen war um sie aus ihrer Lethargie zu reissen.

 

Während er selbst noch mit den Essstäbchen kämpfte, beobachtete er Victor wie die dieser genervt aufgab und aufstand um sich eine normale Gabel zu holen. Als er in Drakes breit grinsendes Gesicht blickte, nahm sein Gesicht schmollende Züge an „Ich kann das einfach nicht… eher verhungere ich noch vor einem vollen Teller.“

Drake grinste nur weiter in sich hinein „Ich hab doch gar nichts gesagt…“

Nachdem sie eine zeitlang aßen und sich über verschiedene Dinge unterhielten die heute passiert waren, sprach Drake ein scheinbar sensibles Thema an.

 

„Hattest du heute nicht eine Sitzung? Wie war's?“

Victors Lächeln verebbte und er starrte auf seine ausgebreitete Pappschachtel mit scheinbar nicht kleiner werdenden Berg gebratener Nudeln. Lustlos stocherte er in dem Fertiggericht herum bis er endlich zu sprechen begann. „Ich… ich muss wohl weitersuchen… ich habe das Gefühl dass Dr. Rennings mir nicht weiterhelfen kann...“

ein tiefes Seufzen entfuhr ihm, als als er lustlos seine Gabel beiseite legte.

 

Drake biss sich auf die Lippen. Victor strengte sich so sehr an die vergangenen Schrecken zu verarbeiten. Er wollte optimistisch sein und hatte sich Hilfe bei verschiedenen Therapeuten gesucht, doch früher oder später kamen sie immer nicht weiter. Als wäre in seinem Kopf eine unüberwindbare Mauer die etwas beschützte, doch ihn auch davon abhielt endlich mit allem abschließen zu können. Drake hatte bei der neuesten Psychologin ein gutes Gefühl gehabt, aber scheinbar war dies nur ein weiterer Schuss in den Ofen gewesen.

 

Mit einem Mal leuchteten Victors Augen auf, als wäre ihm etwas wichtiges eingefallen und er klang geradezu fröhlich „Drake, ich hab vorhin gesehen dass heute Abend ein Film im Fernsehen kommt, den ich schon ewig sehen wollte! Schaust du ihn mit mir?“

Drake wusste nicht recht was er von der Stimmungsschwankung seines Partners halten sollte, doch auf dessen Blick der an einen Hundewelpen erinnerte nickte er nur grinsend „Klar, warum nicht? Ich hab morgen frei, wir können von mir aus die halbe Nacht fern sehen...“

 

*
 

„Uarrghhh… man… Victor, du bist eindeutig schuld wenn ich heute Nacht vor Angst ins Bett mache...“ scherzte Drake hörbar verunsichert, während er mit Victor zusammengekuschelt auf der Couch dem verstörenden Film folgte.

Victor grinste keck zu ihm auf „Hat mein starker Held etwa Angst?“

Vielleicht war es wirklich etwas verstörend, doch Victor schaute gerne Psycho-Thriller.

Auf Drakes Nachfragen hin, hatte er schließlich einmal geäußert 'Ich habe schlimmeres gesehen und erlebt, da macht mir das doch keine Angst.'

Wann immer Blut spritzte spürte er wie Drake leicht zusammenzuckte, und schließlich griff er nach der Hand des Jüngeren „Hey… lass uns danach was Lustiges sehen, dann ist alles wieder gut, ja?“

Der junge Mann mit den grünen Augen nickte nur verstört, es tat Victor fast schon leid dass er ihn gebeten hatte mit ihm diesen Film zu schauen. Aber nur fast.

Er streckte sich etwas und gab Drake einen zarten Kuss „Keine Sorge, ich pass auf dich auf~~~“

 

*

 

Würde Victor in diesem Moment nicht so seelenruhig auf seinem Schoß schlafen, hätte Drake das dringende Bedürfnis verspürt bei dem Disney-Marathon jedes einzelne Lied lauthals mitzusingen, nur um die letzten Erinnerungen an diesen Horrorfilm zu verdrängen.

Aber er wollte den Schlafenden nicht wecken, also sog er lieber all die Freude und bunten Farben in sich auf, die ihm von dem Flachbildfernseher entgegen gestrahlt wurden.

Drake war sich nicht sicher, doch er vermutete das Vic irgendwann zwischen Arielle der Meerjungfrau und der Eiskönigin eingeschlafen war. Nachdem nun Hercules sich entschieden hatte seinen Platz bei seiner Götterfamilie für sein sterbliches Leben mit seiner liebsten Meghara zu tauschen, griff er nach der Fernbedienung und schaltete aus.

 

Müde rieb er sich die Augen als Victor im Halbschlaf leise murmelte „… ich… schlaf gar nicht…“ Drakes Blick wanderte verwundert zu Victor, doch dieser war schon wieder erneut im Reich der träume. Er konnte nicht anders als verschmitzt zu grinsen, als er vorsichtig aufstand und den schlafenden Victor behutsam auf seine Arme geladen hatte.

„Zeit fürs Bett Prinzessin...“

So tappte er mit dem Schlafenden vorsichtig in Richtung Bett.

 

*

 

Als Victor die Augen aufschlug kitzelten ihn die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne. Nachdem er sich den Schlaf aus den Augen gerieben hatte, stellte er überrascht fest das Drake in seiner Boxershorts am Fenster stand und hinaus starrte.

„Du bist ja schon wach...“ Victor streckte sich etwas und schlüpfte aus dem Bett und tappste an Drakes Seite. Der gefärbte Rotschopf lächelte ihn an und begrüßte ihn mit einem „Guten Morgen Schlafmütze...“ und einen Kuss auf seine Stirn.

Victor schlang seine Arme um Drakes Brust und kuschelte sich an ihn. Sie verharrten einige Zeit so, bis Victor schließlich losließ und fröhlich in Richtung Küche tappen wollte „Ich mach uns Frühstück, ja?“

Doch Drake antwortete nicht. Verunsichert ging Victor zu seinem Freund zurück und griff nach dessen Hand, als dieser sich umdrehte und ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte.

 

Drake stand direkt vor ihm. Er sah ihn mit seinen grünen Augen eindringlich an und strich ihm mit einem traurigen Lächeln über seine Wange. Victor wusste nicht was der Grund für den Blick seines Partners war, doch es versetzte ihn einen Stich in sein Herz. Er war scheinbar schon wieder der Grund dafür, dass Drake traurig war.

„Es… es tut mir leid...“ stotterte er flüsternd über seine Lippen, doch der Größere zog ihn nur in seine starken Arme und hielt ihn. Der Rotschopf küsste ihn sanft und sein Griff wurde noch fester. Obwohl es eine sanfte und liebevolle Geste war, fühlte sich Victor beengt. Drakes Umarmung war anders ans sonst.

 

Mit einem Mal nahm er irgendeinen Geruch wahr, den er erst nicht zuordnen konnte.

Kalter Schweiß sammelte sich auf seinem ganzen Körper als er realisierte was er da roch. Blut.

„Das sollte es dir auch. Schließlich hast du mich umgebracht.“

Es war nicht Drakes Stimme die Victor hörte. Panisch blickte er auf und sah in das blutüberströmte Gesicht, welches eindeutig Angel gehörte.

Er wusste nicht warum an Drakes Stelle nun der Weißhaarige stand, doch er konnte sich nicht aus der Umarmung des Weißhaarigen befreien.

„Lass mich… los! Du… du tust mir weh!“ keuchte es aus Victor heraus, denn Angels Griff um den Oberkörper des Schwarzhaarigen wurde immer fester und schien nicht nachzulassen.

 

Die raubtierartigen, roten Augen des Anderen funkelten gefährlich auf, während sein blutverschmiertes Gesicht ihm nur noch näher kam.

„Das ist nichts… im Vergleich zu den Quahlen die du mir bereitet hast. Ich liebte dich so sehr. Doch du hast mir immer nur Schmerzen bereitet.“

Victor war vor Angst erstarrt, denn die Worte des Anderen trafen ihn unerwartet tief. Er wusste dass es so war, dass Angel die Wahrheit aussprach die er versuchte zu verdrängen. Wäre er damals stärker gewesen, hätte alles anders verlaufen können. Mit jedem seiner Atemzüge schien der Totgeglaubte ihn nur noch fester zu umgreifen und ihm jegliche Luft aus seinen Lungen zu pressen.

 

„Ich werde dich nie verlassen. In jedem Schatten, in jedem Winkel deines Verstandes werde ich lauern und warten. Du wirst mir niemals entkommen. Wir werden für immer vereint sein, mein Liebster...“

Victor konnte die Worte des Anderen kaum noch verstehen. Der Ohnmacht nahe konnte er nichts tun, als Angel seine Lippen auf die seinen presste. Der metallische Geschmack von Blut war überwältigend und am liebsten hätte er Angel von sich gestoßen und sich übergeben, doch er konnte nicht. Sein Blickfeld wurde tiefschwarz und alles was er hörte war das tiefe, durchdringende Geräusch von seinen brechenden Knochen welches durch seinen Körper jagte.

 

*

 

Drake wurde von Victors Schrei aus dem Schlaf gerissen und blickte erschrocken auf den Schwarzhaarigen, der starr vor Angst aufrecht im Bett saß.

Kalter Schweiß bedeckte den blassen Körper des Anderen und funkelte hier und da leicht in dem Licht der Straßenlaterne, welche schummrig zwischen den Vorhängen hindurch ins Zimmer leuchtete.

Panik lag im Blick der eisblauen Augen, Blut tropfte aus seiner Nase.

Drake warf seine Bettdecke von sich und griff nach Victors zitternden Händen.

„Hey… hey Vic… ganz ruhig… du hattest einen Alptraum...“

 

Erst jetzt blickte ihn Victor an. Seine apathisch klingende Stimme flüsterte leise „Ein… ein Traum… war es das?...“

Verwirrt wischte er über seine Nase, nur um erschrocken auf seine blutverschmierte Hand zu blicken. Seine Atmung ging schwer und sein Körper verkrampfte sich je länger er auf die rote Flüssigkeit sah, daher griff Drake schnell nach einer Packung Taschentücher die auf seinem Nachtkästchen lagen und zog hastig einige der Tücher heraus.

„Du hattest wohl im Schlaf Nasenbluten. Komm her, ich helf dir...“

Er wartete gar nicht auf Victors Reaktion, sondern zog den Anderen sanft zu sich um behutsam das Blut aus dem blassen, vernarbten Gesicht zu wischen.

 

Victors verstörter Blick lag all die Zeit auf ihm bis er schließlich fertig war. Drake nickte aufmunternd und lächelte Victor liebevoll an „Fertig. So gut wie neu würde ich sagen~“

Mit einem Mal warf sich Victor an seine Brust und umklammerte ihn zitternd. Seine bebende Stimme machte nur noch deutlicher, wie sehr ihn sein Traum wohl verängstigt hatte. „Du… du bist wirklich hier?“

„Natürlich… wo sollte ich denn sonst sein?“ doch auf Drakes Antwort hin, umklammerte ihn sein Partner nur noch fester „… Du bist wirklich hier… bei mir… ich… ich bin so froh...“

Drake erwiderte mit einem traurigen Ausdruck Victors zitternde Umarmung. Sanft strich er über das weiche, schwarze Haar des Anderen und flüsterte „Ich werde immer bei dir sein. Hab keine Angst.“

 

Es schmerzte ihn dass er Victor nicht helfen konnte. Diesen Kampf gegen seine inneren Dämonen und Schuldgefühle musste er allein bestreiten. Ihm war klar das niemand auch nur annähernd verstehen konnte, welche Emotionen in dem einstigen Forscher miteinander um die Oberhand kämpften. Doch alles was er nun tun konnte, war für ihn da zu sein. Ihn seine Nähe und Liebe spüren zu lassen – Victor zu zeigen dass er mit dieser Last nicht allein sein würde, solange er leben würde.


Nachwort zu diesem Kapitel:
so langsam erreicht toxic seinen höhepunkt.
wie wird victor reagieren? hat er drake wirklich verraten?

antworten gibts im nächsten und letzten kapitel

'Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn,
dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird.
Und wenn du lange in einen Abgrund blickst,
blickt der Abgrund auch in dich hinein.'

- Friedrich Nietzsche Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
überraschung ----- es gibt sogar endlich einen epilog ;)
irgendwie... wollte ich einfach noch zeigen dass es den beiden nach dem erlebten alptraum zwar gut geht, aber jeder trotz allem für sich noch lange damit zu kämpfen haben wird

auf jeden fall danke an alle, die die geschichte bis hier her verfolgt haben (vermutlich keiner :'D) Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (12)
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Von:  Ravenchild
2021-01-30T01:03:13+00:00 30.01.2021 02:03
Huii auch der Epilog ist wirklich gelungen, und ich finde es klasse das nicht alles friedefreude eierkuchen ist, sondern wieder an den realitätsgehalt nach sowas gedacht wurde, das sind immerhin schwer Traumatisierende erlebnisse gewesen die lange brauchen um verarbeitet zu werden und wohl auch nie ganz verschwinden werden, sondern nur gelernt werden damit um zu gehen. Der Epilog rundet das ganze noch Perfekt ab und ich werde die Geschichte bei Zeiten sicher noch mal Lesen, gefiel mir wirklich gut. ^^ Und ich freue mich das du mich darauf gestupst hast, sonst wäre ich vielleicht gar nicht in den genuss dieser wirklich gut geschriebenen Story gekommen. Insgesammt hat mir alles gut gefallen, es war Stimmig und wie bereits erwähnt war auch die Atmosphäre immer passend und kam gut beim Lesen rüber. ^^ Und auch die Charaktere hinterlassen ein deutliches gefühl von tiefe und sind alles andere als Flach was das ganze nur noch besser macht. ^^
Von:  Ravenchild
2021-01-30T00:48:04+00:00 30.01.2021 01:48
Das Kommentar fang ich mal an bevor ich zuende gelesen habe weil ich es los werden muss: ICH WUSSTE ES! Und hab mir nicht umsonst an Kop gefasst auch wenn Drakes Handlungen durchaus verständlich sind xD
....
(nun zu Ende gelesen)
Man ist regelrecht mit erleichtert in dem Moment wo der ganze Alptraum zu ende geht, und es tut einem so leid um Chris und es ist schön das er so nun erlöst is was er ja wollte. Und das Vic dann im letzten Moment bei ihm war. =) und fast möchte man auch ein tränchen weg drücken. Schön is auch das Drake den Moment nicht stören will und sieht und versteht was los ist und dann eine gute stütze ist für Victor, obwohl auch er selbst so viel mist jetzt erfahren hat in kurzer Zeit. Das spricht ganz schön für einen starken Charakter. ^^ Und was für eine überraschung das Matt am Leben ist. Und schön dass das ganze wohl nun wirklich ein gutes Ende wird. x3
Von:  Ravenchild
2021-01-30T00:22:53+00:00 30.01.2021 01:22
WOW, man merkt das wir uns dem Ende der Geschichte nähern, dieser umschwung der Atmosphäre und man weiß nicht genau wie es nun weiter geht, wobei ich hoffe das ich mich nicht zu sehr an einen Satz aus dem kapitel aufhänge nun bei diesem Cliffhänger. Man will wirklich das die sache noch gut ausgeht, und irgendwie will ich auch gar nicht das die Geschichte zu Ende geht. Es ist so spannend das ich einfach immer weiter Lesen will. Hut ab.
Von:  Ravenchild
2021-01-29T23:55:05+00:00 30.01.2021 00:55
Uff das war ein extrem Heftiges Kapitel muss ich sagen. oo und man hofft immer mehr das die da weg kommen x.x diesmal ein sehr kurzer Kommentar, muss das Kapitel mal eben verarbeiten. ^^; Weiterhin extrem spannend.
Von:  Ravenchild
2021-01-29T23:39:22+00:00 30.01.2021 00:39
Hui das war jetzt unerwartet, aber schön das es nicht ganz entgleist ist, was sehr für Drake spricht das er es nicht ausnutzen wollte. was ich vorher schon mal sagen wollte, ganz schön extrem was Angel so alles tut, was die ganze geschichte um so spannender macht. Und ich finde auch schön das sich zwar recht schnell was entwickelt hat zwischen Drake und Vic aber nicht so als das es unglaubwürdig wirkt, sondern dennoch glaubhaft was bei der Zeitspanne auch eine Kunst für sich ist. Nach wie vor alles sehr mitreißend. Und wieder auch ein bischen was zum grinsen dabei. =D
Von:  Ravenchild
2021-01-29T23:12:51+00:00 30.01.2021 00:12
ARGH! und ich sitz hier und denk mir nur "and now kiss." und was passiert... logisch xD es ist eben einfach wirklich nachvollziehbar wiedermal. Und ich finde es wirklich wieder ein sehr gelungenes Kapitel. x3 Man fiebert immer mehr mit den beiden mit. ^^
Von:  Ravenchild
2021-01-29T22:58:39+00:00 29.01.2021 23:58
Und nochmehr Infos x3 und auch gefällt mir wieder die Atmosphäre sehr gut. Sie ist zwar düster aber doch nicht ganz in diesem Kapitel. Und kurz kann man ja gerade zu mit träumen und hofft das es zu einem Happy End kommt in dieser Geschichte. Ich bin gespannt weiterhin. ^^ Und auch sind die Handlungen der Charaktere recht gut nach vollziehbar. ^^
Von:  Ravenchild
2021-01-29T22:48:38+00:00 29.01.2021 23:48
hmm kaum gedacht schon bekommt man etwas einblick, oder eher eine grobe Idee was da Kauptt sein könnte, man kann sich zumindest mit den Informationen ein wenig was zusammen reihmen. Und ansonsten kann man auch wieder sehr schön mit den Charakteren Mitfühlen, also zumindest mit Vic und Drake. Angel kommt wirklich beängstigend rüber und seeehr Psysho. Auch wieder ein Super Kapitel ^^
Von:  Ravenchild
2021-01-29T22:36:41+00:00 29.01.2021 23:36
Oh das is verdammt Interessant und weiterhin baust du super die Atmosphäre auf, weißt die aber auch etwas zu lockern. Und das ließt sich in jedemfall fast so als hätte da jemand eine leicht gespaltene Persönlichkeit, bin gespannt heraus zu finden wie es dazu kam, denn scheint das offenbar ja nicht immer so gewesen zu sein. x3 auch finde ich schön wie weiterhin die Dynamik zwischen Drake und Victor sich entwickelt und etwas leichtigkeit mit hinein bringt.
Von:  Ravenchild
2021-01-29T22:11:44+00:00 29.01.2021 23:11
Da bekommt man nun einen einblick in den Hintergrund und dem was Victor so ertragen muss und hat wirklich Mittleid, man spürt schon beim Lesen wie Krankhaft Angel ist in seinem verhalten. Aber schön finde ich auch die jetzt bereits bestehende Dynamik bei Drake und Victor. Und das eher seichte unterschwelige britzeln. Die ganze eher leicht drückende Atmosphäre kommt beim Lesen wieder sehr gut rüber. Und auch die Gefühlslage hier vorallem von Angel und Victor ist sehr deutlich nicht nur zu Lesen.


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