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Nur mit dir, für dich

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Missverständnis

Etwa um die Zeit, als Oscar und André in ihrer Liebe verglühten, war Rosalie mit dem Aufwasch in der Küche fertig. Sie trocknete das Geschirr ab und stellte es in die Regale. Das alles tat sie so leise wie möglich, um niemanden von Bewohnern des Hauses zu wecken. André kam nicht wie gewöhnlich zu ihr in die Küche und sie ahnte, dass er noch eine ganze Weile bei Lady Oscar bleiben würde. Wenn nicht gar die ganze Nacht. Wie eigenartig! In ganz Frankreich kursierten Gerüchte über die Affäre zwischen der Königin und dem Grafen von Fersen, ohne geringsten Ahnung, dass es parallel zu ihnen noch eine ähnliche Affäre im Gange war. Direkt hier, vor der Nase der Familie de Jarjayes. Vielleicht hatte es deshalb noch keiner gemerkt, weil an aller ersten Stelle die Augen auf die Königin gerichtet waren. Sie war eben die hohe Persönlichkeit und hatte mehrere Prioritäten. Nun, nachdem Graf von Fersen fort war, würde die Gerüchteküche nachlassen und sich ein neues Opfer suchen. Oscar und André sollten daher besser, noch mehr auf der Hut sein.

 

Rosalie trocknete ihre Hände an der Schürze und schaute sich in der Küche, ob alles in Ordnung war. Ihr Herz zerbarst schon lange nicht mehr wegen der unerwiderten Zuneigung zu Lady Oscar. Sie bewunderte sie und wünschte ihr insgeheim alles Glück der Erde mit ihrem André. Rosalie nahm die einzige Kerze vom Tisch und verließ die Küche. Unterwegs zu ihrem Zimmer warf sie noch einen flüchtigen Blick auf die Treppe. Hoffentlich würde die zwei niemand erwischen. Es wäre schade um sie beide. Sie gaben doch so ein schönes Paar ab und passten so gut zusammen, wie kein anderer. Rosalie atmete tief durch und ging auf ihr Zimmer. Sie würde darauf achten, dass wenigstens in diesem Haus die Liebe zwischen Lady Oscar und André unentdeckt bleiben würde.

 

 

 

 

 

Kaum dass der Morgen graute, war Rosalie schon auf den Beinen. Nach der Morgenwäsche und dem Ankleiden, eilte sie in die Küche und bereitete für Oscar das Frühstück zu, bevor das ein anderes Dienstmädchen oder gar Sophie tat.

 

Die alte Haushälterin erschien schon kurz darauf, als sie den frischzubereiteten Tee in einer Kanne auf das Silbertablett stellte. „Oh, du bist ja schon wach, Rosalie“, grüßte Sophie die junge Frau überrascht.

 

„Guten Morgen.“ Rosalie lächelte freundlich und machte mit ihrer Arbeit weiter. „Ich dachte mir, lieber bereite ich schon mal das Frühstück für Lady Oscar, anstatt bis Sonnenaufgang untätig da zu sitzen.“ Sie holte eine Tasse aus einem Regal, einen Unterteller, sowie einen Teelöffel und stellte das alles neben der Teekanne auf dem Tablett ab.

 

Sophie beobachtete sie wohlwollend bei ihrer Geschäftigkeit und griff ihr gern unter die Arme. Sie holte die fertigen Croissants aus dem Offen und lobte die junge Frau dabei: „Du bist ein herzensgutes Mädchen. So hilfsbereit und tüchtig. Aus dir wird irgendwann eine gute Ehefrau.“

 

„Eine Ehefrau?“ Rosalie schüttelte unglaublich den Kopf. Sie nahm die fertig gebackene Croissants der alten Dame ab, stellte die Platte auf dem Tisch und legte zwei von ihnen auf einen Teller, für Lady Oscar. Die Restlichen legte sie in eine separate Schale.

 

„Ja, eine Ehefrau“, hörte sie Sophie ruhig weiter reden. Sie beschäftigte sich mit anderen Croissants und legte sie nebeneinander auf die Platte. „Hast du schon mal überlegt zu heiraten, Rosalie?“

 

„Nein, das habe ich nicht.“ Rosalie beschaffte ein Glas Konfitüre und löffelte sie in ein kleines Schälchen.

 

„Du bist aber schon zwanzig!“, merkte Sophie milde an. Sie schob die Platte mit den letzten Croissants in den Offen. „Ich will dich zu nichts drängen, aber überlege es dir gut.“

 

„Das werde ich.“ Rosalie räumte das Glas mit der Konfitüre weg.

 

„Was soll denn unsere Rosalie sich überlegen, Großmutter?“, ertönte es neugierig von der Türschwelle.

 

„Guten Morgen, André.“ Rosalie grüßte ihn, ohne ihn wirklich anzusehen. „Ich soll mir überlegen, ob ich mich nicht schon langsam nach einem Ehegatten umschaue.“ Sie erreichte den Tisch und nahm das Tablett in Augenschein, ob da nicht noch etwas fehlte, was Lady Oscar zum frühstücken zu essen beliebte.

 

„Lass dir Zeit. Oder gefällt es dir bei Oscar etwa nicht mehr?“, neckte André sie von der Türschwelle. Er schien förmlich gutgelaunt zu sein.

 

Rosalie warf ihm doch einen Blick zu. Er strahlte sichtlich mit dem Glanz neues Lebens. So sah man also aus, wenn man eine Liebesnacht verbracht hatte. Die Kleider an ihm waren frisch und ordentlich angezogen. Er musste also noch tief in der Nacht Oscars Gemächer verlassen haben und auf sein eigenes Zimmer geschlichen sein. Feines Rot überzog Rosalies Wangen, als sie sich das alles vorstellte. „Es gefällt mir sehr bei Lady Oscar“, sagte sie wahrheitsgemäß und um den anstößigen Gedanken auszuweichen.

 

„Was stehst du da noch an der Tür, du einfältiger Nichtsnutz!“, mischte sich Sophie verärgert ein. Sie stand bei dem Ofen, jetzt drehte sie sich um und fixierte ihren Enkel streng. „Du solltest dir lieber ein Beispiel an Rosalie nehmen!“

 

„Verzeiht, Großmutter.“ André grinste breit, ging auf den Tisch zu und betrachtete darauf stehende Silbertablett mit Tee, Croissants, Konfitüre und Geschirr. „Ah, Oscars Frühstück ist also fertig! Ich bringe es ihr sofort hoch.“ Er fasste das Tablett von beiden Seiten, aber da tauchte urplötzlich seine Großmutter auf und schlug ihm auf die Finger. „Lass das sofort stehen!“

 

„Aua!“ André entzog überrascht seine Hände und rieb sich die Fingerknöchel. Gut, dass er das Tablett noch nicht hochgehoben hatte, sonst müsste Oscar noch eine Weile auf ihr Frühstück warten und er die Scherben aufkehren. „Für was war denn das, Großmutter?!“

 

„Das weißt du nicht?“ Sophie kam bedrohlich auf ihn zu und fuchtelte mit ihrem Zeigefinger ihm vor seinem Gesicht herum. „Wo bleibt dein Anstand?! In dieser frühen Stunde darfst du ihr Zimmer noch nicht betreten! Das ist unverschämt! Sie könnte noch im Bett liegen oder sich umziehen oder...“

 

„Ist ja gut, Großmutter. Ich habe es verstanden...“, beschwichtigte André sie und wich ihr mit einem Schritt zurückgehend aus. Sie behandelte ihn noch immer wie einen kleinen Jungen. Wenn sie nur wüsste, was er in manchen Nächten mit Oscar anstellte und wie oft er seine Geliebte schon ohne Kleider gesehen hatte, dann wäre ihm die Hölle auf Erden sicher.

 

Sophie schien mit seiner Aussage zufrieden zu sein und entspannte sich etwas. „Ich will dich nur daran erinnern, dass ihr keine kleine Kinder mehr seid. Und in deinem Alter solltest du schon eigentlich nach einer passenden Braut Ausschau halten.“

 

„Ich will aber noch nicht heiraten!“, protestierte André kategorisch.

 

„Das musst du selber entscheiden. Aber lass es nicht in die Länge ziehen, mein Junge.“ Sophie wandte sich von ihm ab und schaute zu Rosalie. Zu ihr wählte sie einen sanften, beinahe mütterlichen Ton: „Sei so lieb und bringe du Lady Oscar ihr Frühstück.“

 

„Ich bin schon unterwegs.“ Rosalie griff nach dem Tablett, warf André einen mitfühlenden Blick zu und ging los. Sie merkte nicht, dass ihre Wangen sich noch röter verfärbten.

 

„Rosalie!“, rief ihr Sophie verzückt nach.

 

Die junge Frau drehte sich verwundert um. „Habe ich etwas vergessen?“

 

Sophie kam auf sie zu und ihr Gesicht erhellte sich mit jedem Schritt. Sie hob ihre faltige Hand und tätschelte ihr sanft die Wange. „Jetzt wird mir klar, warum du nicht heiraten willst! Mein lieber Enkel scheint dir zu gefallen!“

 

„Was?!“, empörten sich Rosalie, so auch André, in einem Ton und kreidebleich: „Nein... aber... Ihr irrt Euch!“, stotterten sie beide gleichzeitig.

 

„Ich bin zwar alt, aber nicht blind!“ Sophie überhörte alle beide gewisslich. „Deine roten Wangen verraten mir mehr als Worte, liebe Rosalie!“, gluckste sie vor sich hin. Sie ließ von Rosalie ab und zwinkerte ihr zu. „Geh schon zu Lady Oscar. Lass sie mit dem Frühstück nicht noch länger warten und ich rede derweilen mit meinem Enkel!“

 

„Aber...“, setzte Rosalie verstockt an, aber wurde schon von Sophie aus der Küche geschoben: „Keine Sorge, Kindchen! Ich regle das schon, es wird alles gut!“

 

Rosalie schluckte. Ihr blieb nichts anderes übrig, als zu gehen. Ein wunder, dass sie noch das Tablett in ihren Händen hielt. Sie zitterte nicht einmal. Dafür war sie vielleicht zu überrascht. Sie musste vorerst das Gehörte verdauen. Sophie glaubte doch nicht wohl allen ernstes, dass sie für ihren Enkel heimlich schwärmte, oder? André gehörte doch zu Oscar! Rosalie wusste weder ein noch aus. Armer André! Seine Großmutter würde ihm bestimmt sehr zusetzen! Aber würde er ihr eigentlich glauben? Das konnte Rosalie auch nicht sagen. Sie musste das unbedingt Lady Oscar mitteilen! Vielleicht würde ihrer Schutzpatronin eine Lösung dafür einfallen?!



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  MilchMaedchen
2016-11-24T07:11:45+00:00 24.11.2016 08:11
Verdammt verzwickte Situation, in der du Rosalie und André jetzt rein schlittern hast lassen. Bin mal gespannt, wie Beide sich da wieder raus reden werden. Bzw. wie Sophie jetzt versucht auf André einzuwirken.
Antwort von:  Saph_ira
25.11.2016 18:37
Dankeschön und ich bin gespannt, wie dir die Lösung gefallen wird. ;-)
Von:  YngvartheViking86
2016-11-23T21:55:13+00:00 23.11.2016 22:55
Ochsen wie fies ist das denn :D
Arme Rosalie und armer Andre.
Bin gespannt wie sich Omma Sophie mit Andre unterhält.
Mir schwahnt etwas :D
Sehr schönes Kapitel:)
LG Chris
Antwort von:  YngvartheViking86
23.11.2016 22:55
Das Ochsen sollte eigentlich Och heißen.
Mein Handy....
Antwort von:  Saph_ira
25.11.2016 18:36
Kann passieren, halb so schlimm und vielen lieben Dank für deinen Kommentar. ;-)
Liebe Grüße,
Ira


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