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Die Welt am Rande des Abgrunds

von

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Nur eine Nacht in München

„Unser Schicksal wird sich bis in alle Ewigkeit wiederholen. Das ‚Jetzt’ ist in Wahrheit nur das Leuchten eines sterbenden Sterns.”
 


 

„W-w-wie bitte was?!”, dröhnte es durch die gesamte Cafeteria der International University of Duel Academy in Japan, „Du wirst heiraten!?”

Der braunhaarige junge Mann und die schwarzhaarige junge Frau nickten gleichzeitig als Antwort auf Manjoume Juns entsetzte Frage. Beide grinsten ihren Freunden teils frech, teils verlegen entgegen.

„Du wirst Saotome Rei heiraten!?”

Die Überraschung stand Jun ins Gesicht geschrieben. Er erblasste sogar noch ein wenig mehr, so dass sein Gesicht weißer Kreide ähnelte. Sein Gegenüber kicherte verlegen und nickte erneut: „Ja, das werden wir, wir heiraten schon bald. Ich werde die Einladungen für die Feier bald abschicken.”

„Hmm…. Das ist so was wie vom Schicksal bestimmt, findet ihr nicht? Aniki und Saotome-kun passen super zusammen und bei den beiden sollte es auch keine Probleme geben. Obwohl sie ihre Eltern nicht mehr einladen kann…”, bemerkte Shou als sei er ein wenig in Gedanken versunken. Ein wenig unsensibel erschien die Aussage des jüngeren Marufuji, denn der frühe Tod ihrer Eltern in ihrem abschließenden Schuljahr steckte Rei noch immer in den Knochen.

„Dafür hat sie sowas wie einen großen Bruder gewonnen und der hat nichts dagegen”, kommentierte Fubuki mit einem breiten Grinsen im Gesicht, „Also Juudai-kun sieh zu dass du sie auch glücklich machst.”

„Meister!”, widersprach Jun den Älteren gewandt. Jun nannte Fubuki noch immer ‚Meister’ obwohl die Tage auf der Akademie schon länger hinter ihnen lagen und Fubuki ihm auch keine Ratschläge mehr gab wie man am besten an Asukas, oder überhaupt das Herz eines Mädchens eroberte.

„Juudai passt doch eigentlich zu niemandem! Wie soll man mit so einem Duellverrückten lange aushalten können?”, motzte Jun in gewohnter Manier. Nun war es Rei die kicherte und nicht mehr verbergen konnte, dass sie die Situation sehr lustig fand. Fubuki sah einen nach dem anderen genau an. Dann betrachtete er die beiden Liebenden, die demnächst ihre Heiratspläne in die Tat umsetzen wollten. Rei hatte ihren Abschluss an der Duel Academy ebenfalls in der Tasche und nahm ihr Studium an dieser Universität bereits auf. Ihr Wunschberuf ähnelte Asukas Berufswahl, doch wollte sie es zu noch weit mehr bringen. Die Pro-League aber gleichzeitig wollte sie sich auf Duellstrategien spezialisieren und irgendwann promovieren. Rei dachte nicht ganz so negativ über die von Männern dominierten Branche. Irgendwann musste jemand den Mut aufbringen dies zu verändern.

Juudai hingegen hatte sich nicht weiter um irgendeine Form von Ausbildung gekümmert. Stattdessen reiste er als ein Vagabund durch das ganze Land, mal verschlug es ihn in wärmere Gefilde, mal suchte er das Abenteuer in gefährlichen Landen. Selbst wenn sie sich in Schulzeiten einmal ähnlich gewesen sind, im Augenblick unterschieden sich sowohl ihre Lebensstile als auch ihre Persönlichkeiten von Grund auf. Sie entsprachen dem Gegenteil des jeweils anderen. Rei glänzte mit ihren formellen Leistungen und liebte es in der Gesellschaft von anderen Menschen zu sein. Juudai aber hasste Regeln und sich ständig sagen lassen zu müssen, was er tun sollte und was nicht. Ein richtiger Kindskopf eben.

„Ich habe nachgedacht, dass es schon überraschend kommt, dass du alles über Bord wirfst, was dir Mal wichtiger war, als andere, Juudai-kun. Du hast jeglichen Egoismus abgelegt und willst jetzt eine Familie gründen, das ist wirklich beeindruckend”, meinte Fubuki und sein Gesicht sprach Bände darüber wie zufrieden er mit der Entscheidung seines Kumpels war. Juudai nickte mit einem Lächeln auf den Lippen: „Ich weiß, für mich kommt es aber genauso unerwartet, wie für euch. Also, Fubuki-san hat meine Ansichten schon richtig beim Namen genannt und erkannt. Aber wenn ich immer nur das täte, wozu ich Lust habe, würde Rei-chan irgendwann anfangen zu weinen.”

„Juudai!”, ermahnte eben diese ihren Verlobten, wobei sie sichtbar errötete. Weinen, so etwas käme überhaupt nicht in Frage.

„Ich habe mir überlegt, vor allem durch meine vielen Reisen, dass es auch ganz toll ist, einen festen Wohnsitz zu haben. Besonders eine Reise ist mir in Erinnerung geblieben, die zwar auch gefährlich war, aber ich habe da jemanden kennen gelernt der mir gezeigt hat wie wichtig eine Familie neben den Freunden ist. Sein Name ist Fudou Yuusei und mit ihm musste ich gegen einen merkwürdigen Verrückten duellieren… und genau dieser Kerl hat mir die Augen geöffnet. Es hat auch seinen Reiz, wenn man sich sesshaft macht, also, wenn ihr versteht. Eine Familie gründen und so leben wie die meisten anderen auch, das würde ich gern ausprobieren”, erklärte Juudai die Situation weiter und brachte Rei nun an den Rand der Rührung. Sie versuchte ihre Tränen zu unterdrücken und bloß niemandem zu zeigen, dass sie in diesem Moment sehr froh war. Juudai strich ihr leicht durch das schwarzblau glänzende Haar und grinste ihr keck zu, damit sie sich wieder beruhigte. In allem was er sagte lag die pure Wahrheit und tatsächlich tat Juudai nichts anderes als seinem Herzen zu folgen. Aus diesem Grunde fand er es auch nicht schwer so ernst zu erscheinen wie es die Situation verlangte, so dass auch Fubuki zufrieden und überzeugt war.

Dieser Ergriff das Wort nickend: „So lange du es bist, kann ich beruhigt sein. Gut dass du von jetzt an auf Rei aufpasst, sie ist immerhin fast so viel kleine Schwester wie Asurin und mindestens genauso niedlich.”

Er fing sich von seiner ebenfalls anwesenden Schwester einen strengen Blick ein, während Rei sich verlegen am Hinterkopf kratzte. Fubuki ignorierte allerdings Asukas Reaktion und ergriff Juudais Hände mit ernstem Blick. Dieselbe Ernsthaftigkeit lag auch in Juudais Miene und dies war der Augenblick als sich eine wunderbare familiäre Atmosphäre im Raum ausbreitete. Die Verbindung, die Asuka, Fubuki und Rei über die Jahre zueinander aufgebaut hatten, wirkte auf Juudai noch etwas befremdlich. Seine eigene Familie war ihm beinahe fremd geworden und das bereits als er ein kleiner Junge gewesen war. Von nun an aber, wollte Juudai das Abenteuer Familie auf seine Art kennenlernen und genauer erkunden. Mit Sicherheit brauchte es keine lange Zeit bis Fubuki es mit Juudai genauso tat wie mit Rei und ihn quasi adoptierte und in die Familie Tenjouin aufnahm. Auch ohne Blutsverwandtschaft, denn das Band der Freundschaft zählte mindestens genauso viel. Zunächst ersehnte Juudai sich den Moment, wenn er Rei heiratete und vielleicht, wenn das Schicksal es gut mit ihnen meinte, bekämen sie auch ein neues Leben geschenkt. Ein Leben, dass zumindest die Familien Yuuki und Saotome miteinander verband. Juudai empfand diesen Gedanken als äußerst wundersam. Obwohl ein solcher Plan für die Zukunft den meisten Menschen völlig normal vorkäme und diese Art von Glück auch vollkommen durchschnittlich war, musste Juudai zugeben, dass es für ihn etwas ganz anders war. Zum einen, weil diese Art von Leben und natürlichen Ereignisse ziemlich furchterregend erschienen und zum anderen, da er selbst schon lange kein gewöhnlicher Mensch mehr war.
 

Juudai unterschied sich vom Organismus wenig von gewöhnlichen Menschen. Erlitt er Verletzungen, dann empfand er Schmerzen und sein Körper wurde schwächer. Mit jedem Jahr wurde er Älter und Gott sei Dank entwickelte er sich damit auch weiter. Der springende Punkt war der Inhalt seines Körpers und dessen Anzahl von verschiedenen Seelen. Einst verschmolz er seine eigene Seele mit der eines recht verrückten Monsters. Durch diese Fusion waren die mysteriösen Fähigkeiten Yuberus auf Juudai übergegangen. Deshalb färbten sich die Augen des jungen Mannes manchmal orange und grün, es waren vorübergehend heterochrome Augen. Durch das Licht der Heterochromie kam die außergewöhnliche Fähigkeit zur Erscheinung, dass das Duel Monsters Kartenspiel in die Wirklichkeit hineinmaterialisiert wurde. In den falschen Händen käme es in ihrer Dimension zu gefährlichen Ereignissen. Beispielsweise könnte die Aktivierung der Fallenkarte Gekiryuusou - Reißender Tribut das Verhängnis mit sich führen, dass die Geburt eines Säuglings die gesamte Menschheit ausgelöscht würde. Mit der Menschheit zerbrach ganz sicher auch ihre gemeinsame Welt. Wenn man den Einsatz von Juudais außergewöhnliche Fähigkeiten in Gedanken zu Ende führte, dann konnte man sich ausmalen wie verrückt und verheerend die Ausmaße sein konnte, sollte er einmal diese Kräfte aus den falschen Beweggründen einsetzen. Genau genommen war dies schon einmal geschehen. Vor vielen Jahren als sie sich in der Isekai verirrt hatten kam diese Macht zum ersten Mal zum Ausdruck. Diese Macht entsprach auch der des Haou und als dessen Wiedergeburt, besaß auch Juudai einen Teil davon, doch mit Yuberu perfektionierte sich seine Kraft.

Als Juudai um Reis Hand anhielt, hatte er es in aller Höflichkeit getan und nicht zuletzt darum gebeten, ihm zuzuhören, bevor sie auf seine Frage antwortete. Wenigstens ihr wollte er alles erklären, und hoffte, dass sie diese Fähigkeiten verstand. Juudai erklärte ihr bis ins kleinste Detail, dass er ein Monster sei. Rei lächelte aber daraufhin undentgegnete ihm diese wohlüberlegten Worten:

„Schon damals, als ich Ryou-senpai nachgelaufen bin, habe ich erkannt, dass du schon immer ein wenig anders warst. Deshalb ist es mir auch ebenso lange bewusst! Ich hab schon immer gewusst, dass du anders bist, das ist auch einer der Gründe, warum ich dich mag, Juudai. Einer der Gründe, warum ich dich am allermeisten auf dieser Welt liebe!”

Beide waren für einige Sekunden still, so dass Rei weiter fortfuhr: „Ich denke, der Teil von dir, der überhaupt nicht eigenartig ist, der ist wirklich ein sehr freundlicher und umgänglicher Mensch. Nur weil deine Augen manchmal die Farbe wechseln, bedeutet das nicht, dass du weniger Mensch bist, als alle anderen. Sollte das mal irgendjemand behaupten, dann sag es mir. Ich werde so’nem ungehobelten Kerl schon einen Denkzettel verpassen!”

Für Juudai kam diese Aussage sehr überraschend und wollte gern etwas passendes, aber keckes daraufhin sagen. Es blieb vorerst still. Seine eigenen, unbewussten Tränen hinderten ihn daran, die Bemerkung auszusprechen, denn diese Tränen kamen wie ein langersehnter Regenschauer aus seinen Augen hervor. Er war glücklich und freute sich so sehr, dass ihm das Herz mit Tränen überlief.

„Rei.”

„Was ist?”, antwortete die junge Frau lächelnd während sie Juudai dabei beobachtete wie er sich die Augen leicht wischte.

„Danke. Ich danke dir dafür, dass du mich immer noch als menschlich genug ansiehst, um mich zu heiraten und dass du mich liebst. Ich bin wirklich überglücklich und…”, Juudai unterbrach sich selbst, wobei er ziemlich verlegen wirkte, „Und ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich bin immer ziemlich ignorant gewesen. Dabei habe ich auch nicht bemerkt, dass du Gefühle für mich hattest. Es wird sicher auch nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich etwas Dummes tue oder so… und ich denke ich habe dich oft in Schwierigkeiten gebracht.”

Bevor Juudai die Schule verlassen hatte, war er nicht in der Lage gewesen zu erkennen, dass dieses Gefühl wirklich Liebe war. Er kannte es einfach nicht und deshalb konnte er Rei nicht folgen. Natürlich kannte er die Schriftzeichen des Wortes 恋 (koi/ren) und sah sich in der Lage es zu schreiben. Das Gefühl selbst kannte er allerdings nicht und somit verstand Juudai auch Reis Bemühungen nicht. Erst nachdem ein paar Jahre ins Land gingen, wurde er sich über seine eigenen Empfindungen und auch Reis bewusster. Erst als Juudai aus der Isekai zurückkehrte, konnte er die Bedeutung des Wortes Liebe verstehen. Dennoch entschied er sich dafür, so zu tun als sei alles beim Alten und er habe kein Interesse an menschlichen Beziehungen. Für ihn war es einfach viel zu früh gewesen zu akzeptieren, dass auch er Gefühle für einen ganz bestimmten Menschen hegen konnte. Juudai mangelte es in dieser Hinsicht an Selbstvertrauen. Dachte er heute an diese Zeit zurück, erinnerte er sich daran, dass er einfach nur davor weglaufen wollte. Nein, es war ein überwältigenderes Gefühl, als einfach nur weglaufen zu wollen. Juudai hatte Angst. Er hatte sich davor gefürchtet jemand anderen zu lieben, denn von seiner Seite aus konnte er mit großer Wahrscheinlichkeit sagen, dass er diejenigen welche er liebte verletzen könnte.
 

„Ich war ein Idiot, deine Gefühle nicht zu bemerken”, erklärte Juudai weiter, „Aber endlich konnte ich es eben doch einsehen, ...vor zwei Jahren. Na ja, zugegeben, ich habe versucht es zu verstecken denn… weißt du, ich dachte eigentlich, dass jemand anderes, der eher zu dir passt an deiner Seite sein sollte. Außerdem hatte ich die Meinung, dass ich gern nicht mehr so eigenartig wäre, bis ich es dir sage. Ich dachte, wenn ich dieses Anderssein nicht abschütteln kann, dann sei ich nicht gut genug für dich. Am allermeisten habe ich mich aber davor gefürchtet dich zu verletzen. Am einfachsten wäre es gewesen, wenn du mich einfach vergessen hättest.”

„Du bist wirklich ein ganz großer Idiot, Yuuki Juudai. Wie hätte ich, oder irgendjemand sonst, in der Lage vergessen zu können. Niemand von deinen Freunden könnte das. Sobald man sich auf dich einlässt, kann man seinem Schicksal nicht mehr entkommen. Niemand kann das”, entgegnete Rei sofort etwas streng, „Aber ich war zu Weilen wirklich ein wenig lästig. Also habe ich dir die Zeit gegeben, die du brauchst um dich selbst zu verstehen. Und die Zeit deiner Abwesenheit ist für alle ziemlich schwer gewesen, vor allem für mich.”

„Ja. Ich denke ich hab das während der zwei Jahre auch kapiert”, stimmte Juudai zu. Er nahm erneut Reis Hände in seine eigenen. Nicht zu fest, aber doch stark genug, dass sie ihre gegenseitige Wärme spüren konnten. Juudai hatte auch in seinen Mannesjahren einen recht zierlichen Körper, dennoch überragte er Rei um einige Zentimeter an Körpergröße. Trotzdem war sie nicht unbedingt schmaler als ihr zukünftiger Ehemann. Nur anhand seiner Silhouette hätte man ihn leicht verwechseln können.

„Wenn es dir überhaupt nichts ausmacht, dann denke ich, kann ich es mir auch erlauben dich zu lieben. Nicht wahr?”, harkte Juudai nach worauf Rei ihm einen leichten Knuff verpasste und antwortete ihm: „Ist doch wohl klar!”

Sie umarmte ihn so fest sie konnte, denn eine lange Zeit der Unsicherheit und indirektes umeinander Werben lag hinter ihnen. Kurzzeitig hatte Rei versucht etwas mit Martin anzufangen, doch es passte einfach nicht. Sie hatte immer nur Juudai gesehen. „Weißt du, Juudai, du bist eben du. Niemand kann so sein wie du. In meinen Augen und in meinem Herzen bist du immer noch der gleiche unschuldige Junge von früher”, meinte sie. Eine haltlose Untertreibung, denn unschuldig war Juudai noch nie gewesen.
 

„Ich bin froh darüber, dass Rei-chan mich ausgewählt hat und dass ich endlich erkannt habe, dass auch ich reif genug für eine Familie bin. Natürlich müsst ihr beiden, Asuka, Fubuki-san mich nicht darauf hinweisen, dass ich gut auf sie aufpasse. Dessen bin ich mir wohl bewusst. Da müsst ihr euch absolut keine Sorgen machen”, versicherte Juudai schließlich und streckte sich ganz nach seinen Gewohnheiten.

„Du bist ganz schön sesshaft geworden. Nebenbei gesagt, ich möchte auch irgendwann eine “Nichte” oder einen “Neffen”! Damit das klar ist!”, erklärte Shou ein wenig fordernd.

„Hm. Das wird sicher ein wenig schwieriger… jedenfalls vorerst”, meinte Juudai, wissend, dass es durch die Umstände seiner ständigen Inkarnationen schwierig war, an Nachwuchs zu denken. Selbst nachdem er das Licht der Zerstörung für hoffentlich Johans gesamtes Leben in einem Schlaf versiegelt hatte. Fubuki kicherte leise, in einer neckenden Art und Weise: „Ist das so? Wie schade.”

Dabei zuckte er leicht mit den Schultern, so als ob er sich damit abfände: „Weißt du Juudai-kun, langsam wird mir klar warum du so bist, wie du eben bist. Wenn ich dich richtig verstehe, dann hattest du relativ viel Angst vor der Liebe an sich hattest. Kein Wunder bei deinen Familienverhältnissen. Aber glaub mir, jetzt wo du weißt, dass jeder Topf einen Deckel hat, wird sich der Rest schon ergeben. Du musst nur dein Herz öffnen, glaub mal jemandem dessen Philosophie besagt, dass Liebe zu einer gewaltigen Kraft werden kann.” Asuka nickte beeindruckt von der Rede ihres Bruders. Sie hatte vielleicht eine gewisse Skepsis gehabt, doch mittlerweile musste sie zugeben, dass es gar nicht so abwegig war, dass Juudai eine Familie gründete.

„Tenjouin-kun, Meister, jetzt seid doch mal ernst”, nörgelte Manjoume schroff wie eh und je, „Ihr wollt das doch nicht zulassen, oder? Ich meine, dass dieser Grünschnabel heiratet!?”

„Wir haben’s kapiert, Manjoume-kun, du bist und bleibst eifersüchtig”, neckte Shou den Anderen ein wenig. Mittlerweile hatte Shou dazugelernt und traute sich mittlerweile auch andere in seinem Umfeld verbal zu necken.

„Shou, du darfst Manjoume nicht so gemein foppen, sonst weint er noch”, ging nun auch Juudai auf das Wettnecken ein.

Shou winkte ab wobei er einen beleidigten zwischen Manjoume und Juudai gleiten ließ: „Lass mal, so ergeht es eben Leuten, die nicht damit klarkommen, dass Aniki glücklich wird.”

Shou stockte kurz: „Wo wir schon dabei sind…”

Plötzlich hatte Shou das ewige Gemecker seines Freundes vergessen und widmete sich einer anderen Frage: „Der Junge… mit den Rüschenärmeln ist gar nicht da. So eine Neuigkeit freut ihn doch ganz sicher. Wo er doch so auf… Kitsch und Happy Ends steht.”

„Ah… du meinst Johan?”, fragte Juudai und fühlte sich ein wenig ertappt. Shou das nie enden wollende Gestichel gegen Johan abzugewöhnen hatte Juudai schon lange aufgegeben. Wobei der Spitzname „die Rüschen” oder auch „der Rüschenjunge” oder etliche andere Variationen waren nicht die schlimmsten seiner Frechheiten. Zum Glück konnte Johan ihn nicht hören, denn es hätte ihn sicher traurig gestimmt, dass Shou ihn immer noch nicht leiden konnte.

„Johan ist gerade mit seinen Universitätsexamina beschäftigt. Sobald er die hinter sich hat, werden wir einen Abstecher nach Deutschland machen und ihn besuchen gehen”, antwortete Juudai schließlich.

„Um ihm von euren Hochzeitsplänen zu erzählen?”, wollte Shou wissen.

„Jepp.”

„Hmm…”, ließ Shou verlauten, wobei sein Blick sagte, dass er über Johan triumphieren wollte. Er ließ seiner Antipathie vollkommen freien Lauf. „Schade eigentlich, ich hätte sein Gesicht gern gesehen, bei dieser Neuigkeit. Ich wette er wäre total zusammengebrochen.”

„Zusammenbrechen? Johan? Wieso denn das?!”, wollte Juudai verwirrt wissen. Er verstand nicht, wie Shou darauf kam. Es wirkte befremdlich, wenn Johan niedergeschlagen wäre.

„Ist schon okay, du musst das nicht, verstehen Aniki”, entgegnete Shou sofort. Fubuki versuchte erst gar nicht Shou ein wenig zu beschwichtigen, sondern reagierte nur mit einem leichten Lächeln. Im Gegensatz zu Juudai wusste Fubuki genau was der Kleinere damit meinte und trotzdem wollte er es Juudai nicht erklären. In manchen Dingen veränderte sich Juudai einfach nicht.
 


 


 

Er hatte München seit über eineinhalb Jahren nicht mehr besucht. Zumindest meinte Juudai, dass es ungefähr so lange her war. Damals streifte Juudai noch ziellos in der Weltgeschichte herum und ohne Verpflichtungen war es ihm möglich Johan zu besuchen. Umgekehrt gestaltete sich alles etwas schwieriger, denn Johan musste sich seinem Studium widmen. Vor anderthalb Jahren kam Juudai leichtfüßig bei Johan vorbei und bestaunte auch die Universität von innen, in der nun immatrikuliert war. Damals hegte Juudai die Absicht das Problem mit dem Licht der Zerstörung sofort zu lösen. Er hatte die Absicht verfolgt, dass dieses zerstörerische zweite Ich in Johans Brust niemals erwacht. Hauptsächlich aus diesem Grund Johan einen Besuch abzustatten erfüllte Juudai zwar mit Bitterkeit, aber er wollte auf jeden Fall verhindern, dass Johan ihm noch einmal seine ganze Liebe beteuerte. Diese Worte sollten dem von Yuberu besessenen Johan in der Isekai vorbehalten werden. Es war einfach eine zu bittere Erfahrung für Juudai gewesen. Johan war sein bester Freund. Darüber hinaus sollte er nichts sein.
 

„Juudai!”, rief Johan ihm zu, als dieser zum Café gerannt kam an dem sie sich verabredet hatten. Zwar hatte Juudai ihn schon lange nicht mehr in der Studienheimat besucht, allerdings war es erst drei Monate her, dass sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Wie immer wirkte Johan heiter und erfreut seinen besten Freund wiederzusehen. Er winkte ihm gut gelaunt zu. Seine Laune war wohl kein Wunder, wenn man bedachte, dass er gerade erst ein paar Examen hinter sich gebracht hatte. Ein überraschter Ausdruck huschte über Johans Gesicht, denn normalerweise kam nun Mal er immer pünktlich und Juudai chronisch zu spät. Dies hing damit zusammen, dass Johan sowohl gute Einflüsse aus Japan als auch aus Deutschland bekommen hatte. Juudai hingegen verspätete sich stets, da es viel besser zu seinem lockeren und ungebundenen Lebensstil passte. Irgendetwas schien sehr ungewöhnlich zu sein.

„Johan!”, begrüßte er seinen besten Freund.

„Ist schon wieder ‘ne Weile her. Schön dass du gekommen bist”, antwortete Johan erfreut und stutzte kurz darauf noch einmal, „Nanu, Rei! Du bist ja auch hier!”

„Genau. Mit so einem Klassentreffen hast du wohl nicht gerechnet. Du siehst gut aus!”, begrüßte auch Rei ihren alten Schulkameraden. Johan grinste immer noch, denn mit solch einer Überraschung hatte er wirklich nicht gerechnet.

„Es ist wirklich ungewöhnlich, dass du außer Yuberu und diesen Daitokuji-sensei mitbringst. Ist irgendwas im Busch?”, wollte Johan wissen während er Rei den Stuhl bereitete. Sobald ein Mann und eine Frau zusammen ausgingen, deutete es bei sehr vielen Japanern darauf hin, dass sie sich in einer Liebesbeziehung befanden. Zu Juudai passte aber diese Art der Beziehung überhaupt nicht. Nach Johans Einschätzung blieb Juudai wohl ein ewiger Weltenbummler.

Juudai lachte etwas verlegen und eine Spur Unsicherheit lag in seinem Blick bevor er antwortete: „Na ja also. Um ehrlich zu sein, Rei-chan und ich werden bald heiraten.”

Im selben Augenblick streckte das Paar die Hände aus um die Verlobungsringe zu vorzuzeigen.

„Wie bitte?!”, entfuhr es Johan sichtlich überrascht.

„Wir heiraten bald! Ich werde Rei-chan heiraten. Die Eintragung ins Familienregister haben wir uns schon eintragen lassen”, erklärte Juudai mit ein wenig Nachdruck. Johan weitete die Augen vor Überraschung. Hätte er nicht gerade eben die beiden Ringe an den Fingern seiner Freunde gesehen, hätte Johan es immer noch für einen Scherz gehalten. Jeder, der Juudai ein wenig besser kannte, hielte diese Aussage zunächst für einen Witz, so lange man nicht solch einen aussagekräftigen Beweis erhielt. In diesem Fall blieb jedoch kein Zweifel an der Richtigkeit dieses Faktes. In seinem Herzen aber wünschte sich Johan ein wenig, dass die beiden lauthals loslachten und ihm erklärten, dass sie ihn nach Strich und Faden reingelegt hatten. Nein, nichts Dergleichen geschah. Dieses wundervolle Thema galt wohl auch für Juudai als absolut ungeeignet um damit zu scherzen. Verständlicherweise aber wollte auch Johans bester Freund sich langsam sesshafter machen und im Gegensatz zu Fubuki hatte er schon lange verstanden warum Juudai dieses langjährige Vagabundendasein gefristet hatte. Einerseits mit der Absicht endlich erwachsen zu werden und Shou auf keinen Fall zu enttäuschen, auf der anderen Seite machte dieses furchterregende Gefühl namens Liebe, ihm doch viel Angst. Nicht einmal seine guten alten Freunde während seiner Zeit auf der Akademie kamen vollkommen an ihn heran. Nur er selbst, Johan, verstand Juudai ohne verbal kommunizieren zu müssen.
 

Johan verzog das Gesicht zu einer niedergeschlageneren Miene, als es ihm eigentlich zustünde. Er fühlte sich einfach nicht glücklich bei dem Gedanken, dass Juudai sich an ein anderes Mädchen binden wollte. Dabei sprach nicht die mysteriöse, schlummernde Kraft, das Licht der Zerstörung aus ihm heraus. Nein, sein Herz mochte den Gedanken an das bevorstehende Ereignis wirklich nicht. Obwohl Juudai ihn so oft besucht hatte, eröffnete er ihm nicht vorher, dass er vorhatte Rei zu heiraten. Es war einfach in diesem Augenblick unglaublich. Johan wusste schließlich nicht, dass Juudai viele seiner Besuche als geheime Kontrolle machte um zu sehen, ob die Versiegelung welche er über das Licht der Zerstörung gelegt hatte noch bestand. Letztendlich blieb auch die Kraft als Haou so gering wie möglich, denn so lange Johan stärker blieb als das Licht der Zerstörung, hielt auch Juudai seine geheime Macht als Haou im Zaum. Glücklicherweise gab es auch noch die sieben Kristallbiester und deren Gott, den Rainbow Dragon, welche darauf achteten das Licht der Zerstörung im Auge zu behalten.

„Was ist plötzlich mit dir los, Johan? Hat es dir vor lauter Überraschung die Sprache verschlagen?”, fragte Juudai und in seiner Stimme lag noch immer ein heiteres Lächeln. Johan erwachte derweil aus seiner Schockstarre: „Ah-... jaah das kannst du wohl laut sagen. Ich bin ziemlich baff! Kaum zu glauben, dass du dich mal bindest, Juudai!”

„Oh du hast mir wohl nicht sofort geglaubt!”, winkte Juudai mit einem leichten Zwinkern ab, „Ist schon okay, die anderen wollten es auch nicht glauben.”

Johan wirkte allerdings nicht nur milde oder ziemlich überrascht, er wirkte geschockt und auch seine Stimme gehorchte ihm so wenig, dass man nichts anderes als einen Schicksalsschlag vermuten konnte.

Juudai und Rei tauschten heimlich rätselnde Blicke aus. Johans Reaktion fiel einfach zu irrational aus, sowie sein Körper, welcher ganz leicht zu zittern begann. Er hatte doch nicht selbst auch schon einen Blick auf Rei geworfen? Die junge Frau blickte den Norweger eindringlicher an, wobei sie sich selbst fragte, wieso er dermaßen enttäuscht erschien.

‚Es wird das typische sein, Johan! Torschlusspanik. Irgendwann tickt auch bei Jungs mal das Uhrwerk und Juudai fühlt sich sicherlich alt! Gib schon auf und such dir auch eine süße Braut’, bemerkte ein kleiner Duellgeist der neben dem Tisch erschien.

‚Topaz, wie redest du denn!? Das ist wirklich sehr, sehr unsensibel. Ich bin zwar auch deiner Meinung, aber man kann es anders ausdrücken. Ne, Johan ich denke, du solltest ihn dir aus den Kopf schlagen. Außerdem… du weißt schon… er ist…’, mischte sich nun auch Amethyst Cat ein.

‚Ruby. Rubyyy.’

„Woah, ihr Kristallbiester kommt ja wirklich alle hervor”, bemerkte Juudai noch immer heiter. „Tja, mach dir um die keine Gedanken. Sicher sind sie auch alle recht überrascht. Man hört so was nicht alle Tage. Aber sagt mal, ihr beiden, habt ihr denn schon ein Datum für die Hochzeitszeremonie gefunden? Ich hoffe davon berichtet ihr mir zeitiger und ladet mich ein. Ich werde mir garantiert den Tag freihalten damit ich kommen kann!”, forderte Johan mit strenger Stimme und versuchte nun so normal wie möglich zu erscheinen. So ganz glaubten seine beiden Freunde nicht an die Wiederherstellung seines Gemütszustandes. Ganz im Gegenteil, Johan erschien ihnen noch merkwürdiger, als er sich vom Tisch erhob und sich höflich entschuldigen ließ. Er habe noch etwas Dringendes zu erledigen, was er total vergessen habe. Wenn er es nicht täte, dann habe das große Konsequenzen für sein Studium.
 

Heiraten?

Yuuki Juudai wird Saotome Rei heiraten!

Warum zur Hölle wollte Juudai ausgerechnet Rei heiraten?!
 

Diese Fragen rasten Johan auf dem Heimweg immer wieder durch den Kopf. Jedes Mal redete er sich gut zu, denn es war überhaupt nichts Merkwürdiges daran, dass die beiden etwas füreinander empfanden. Immerhin kannten sie sich schon seit ihrer Schulzeit. Rei kannte Juudai sogar länger als Johan es tat. Außerdem hatte Rei nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie Juudai auch als Jungen gut fand.

Und Juudai?

Zumindest verstand er sich eben gut mit der Schülerin. Damals macht er zwar noch keine Unterschiede ob er sich nun gut mit Jungen oder Mädchen verstand und gab generell keinerlei Interesse an Liebesbeziehungen zum Ausdruck. Trotzdem gab es keinen Grund sich so über diese Heirat zu wundern, wenn man bedachte, dass sich die beiden schon über fünf Jahre kannten. Schon gar nicht, wenn sie ein paar Jahre zusammen waren, auch wenn es von Zeit zu Zeit in einer Fernbeziehung ausartete.

Aber warum war es nur für ihn ein inneres Disaster, dass Juudai heiratete? Warum schnürte sich seine Brust so unangenehm zu? Kam es daher, dass er dachte einen ganz besonderen Platz in Juudais Herzen zu haben?

Ja. Niemand sonst hatte ihn so gut verstanden, wie Johan es tat.

„Wie unschön… Was für ein unheimlich fieses Gefühl das gerade ist… Dabei… dabei ist es doch eine ganz gewöhnliche Entwicklung. Nichts daran ist abnormal… der einzige, der hier nicht normal ist, bin ich”, murmelte Johan wie zu sich selbst, als er die Wohnungstür hinter sich ins Schloss krachen ließ und sich an sie lehnte, „Aber… tja nach alledem… hab ich doch…”
 

Ich habe Juudai schon immer geliebt.
 

„Wie lächerlich… Natürlich wird mein Märchen nicht wahr. Aber… im Herzen habe ich doch darauf gehofft”, sprach Johan weiter als musste er sich eine eigens erstellte Abhandlung zu Gemüte führen damit er sich selbst verstand, „Ich hoffe immer noch, dass Juudai meine Gefühle auf die gleiche Weise erwidert. Aber das ist Quatsch. Ich weiß es doch schon so lange… dass es niemals sein wird. Das es nichts weiter als eine Phantasie bleiben wird.”

‚Johan!’, Sapphire Pegasus kam hervor. Das weiße, geflügelte Pferd bedachte den jungen Mann mit einer sorgenträchtigen Miene. Irgendetwas stimmte nicht ganz mit diesem bodenzerstörten Johan. Sein Gesicht erschien verzerrt, so sehr versuchte Johan seine Eifersucht zu verstecken und die damit verbundenen Schmerzen zu unterdrücken. Obwohl Sapphire Pegasus ahnte, dass Johan sich nicht sehr versuchte zu beherrschen und der Welle an Emotionen nachgeben wollte. Johans finstere Miene formte sich zu einem Lächeln um. Es war kein ehrliches Lächeln, sondern erinnerte an die Fratzen von Götzen, die kleinen Kindern Angst machen sollten.

„Wir sollten feiern! Alle miteinander sollten wir uns versammeln, denn so etwas muss einfach gefeiert werden! So was ist doch ein freudiges Ereignis! Erst heiraten sie und dann werden sie wahrscheinlich Kinder bekommen. …Mann bin ich neidisch. Am aller meisten beneide ich Rei…”, sagte er.

‚Johan… du bist-...’, begann Sapphire wieder zu sprechen, doch er wurde von Johan unterbrochen: „Keine Sorge, Sapphire. Ich weiß, was ich zutun hab. Im Moment fühlt sich das alles nur so… so… unglaublich giftig an. Bis ich Juudai das nächste Mal wiedersehe, muss ich dieses ekelhafte Gefühl loswerden. Ich muss dieses Gefühl einfach wieder bereinigen, aus mir herausschreien oder herausschneiden… Ich will wieder so werden, wie Juudai mich kennt!”

Bei Johans wilden Gestikulieren wurde es Sapphire Pegasus ein wenig unheimlich und es konnte nichts anderes tun als einen Seufzer auszustoßen. Für das Kristallbiest Sapphire Pegasus war die Situation klarer, als für Johan selbst, denn es wusste, dass das Licht der Zerstörung in ihm schlief. Und dieses Licht der Zerstörung liebte die Sanfte Dunkelheit schon seit vielen hunderten und tausenden von Jahren. So lange Johan lebte, sollte diese zweite Macht in ihm verweilen sollte es keine andere Lösung geben. Auch wenn das Licht der Zerstörung so lange es in Johan lebte nicht erwachte, bereitete es allen Kristallbiestern große Sorgen. Genau dieser Gedanke schoss Sapphire Pegasus durch den Kopf, denn wenn es in Johans Augen sah, dann konnte er erkennen, dass die Barriere immer dünner und dünner wurde. Sapphire Pegasus konnte es gut an der Farbe seiner Augen erkennen. Sie färbten sich trübe ein, wie in ein merkwürdiges Orange anstelle eines frischen smaragdgrüns. Sie hatten dieselbe Farbe wie damals, als Yuberu den Körper des Jungen besetzt hatte.

Es waren die Augen des Lichtes der Zerstörung.

‚Johan, es ist besser wenn du dich jetzt ausruhst und vielleicht sogar schlafen gehst. Ich denke du bist einfach nur müde. Kein Wunder, du hast in letzter Zeit viel Stress an der Uni gehabt mit all diesen Prüfungen... Sobald du so richtig ausgeschlafen bist, kannst du deinen Kopf wieder richtig ordnen und dich beruhigen’, meinte Sapphire Pegasus motivierend, auch wenn es zweifelte ob Johan noch so vernünftig genug war um rationale Dinge zu tun. Glücklicherweise nickte er, wobei sich sein Gesicht wieder etwas entspannte.

„Ja, du hast wohl Recht. Heute werde ich sicher keinen normalen Gedanken mehr fassen können. Irgendwie fühle ich mich auch etwas schlapp…”, entgegnete Johan und machte sich daran, den Tag ausläuten zu lassen.

‚Das wird das Beste sein’, stimmte der Duellgeist zu. Es folgte Johan so lange, bis dieser in seinen Pyjama geschlüpft war und sich zur Ruhe begab. Draußen schimmerte der Abendhimmel in wilden rötlichen Farben und schien in das Schlafzimmer des Studenten. Eine bizarre Stimmung, fand Sapphire Pegasus, dem es ohnehin bereits nervös machte, dass Johan sich schlapp fühlte.

‚Komm bloß nicht zum Vorschein, Licht der Zerstörung. Denn unser Meister wird-...’, ging es dem Duellgeist durch den Kopf, aber gleichzeitig wollte es seinen Gedanken nicht zu Ende spinnen. In dieser Nacht befanden sich das Licht der Zerstörung und die Sanfte Dunkelheit in der gleichen Stadt. Eine gefährliche Kombination, wenn man bedachte, dass Johan emotional geschwächt war. Wenn das Licht der Zerstörung heute Nacht erwachte, wüssten sie ganz genau, dass die Dunkelheit ebenfalls nah war. Letztendlich war die Dunkelheit, die Rechtschaffene Dunkelheit, die einzige Macht, die das Licht der Zerstörung unterdrücken konnte. Sapphire Pegasus war eines der Wächtergeister, die das Licht der Zerstörung bewachen sollten. Natürlich liebten die Kristallbiester auch Johan und wollten auf keinen Fall, dass dessen Persönlichkeit durch das Licht zerstört wurde. Haous Siegel, welches Juudai vor ein paar Jahren heraufbeschworen hatte, lag zwar auf Johans Körper und hielt die andere Seele im Zaum, doch der Zeitpunkt war denkbar schlecht um Johan zu erzählen, dass er Rei heiraten würde. Johans Eifersucht könnte das Siegel zum Schmelzen bringen und es ginge in diesem Fall mit Sicherheit auch für Rei nicht gut aus.
 

Ein unerklärlich beklemmendes Gefühl ergriff Juudais Herz als er mit offenen Augen im Bett lag. Eine merkwürdige Vorahnung ereilte ihn und es hatte schon begonnen als sie das Abendessen beendet hatten. Schon in der Badewanne fühlte sich Juudai nervös und rastlos. Rei schlief bereits seelig neben ihm. Das regelmäßige Ticken der Uhr auf dem Nachtisch, begleitete die gleichmäßigen, tiefen Atemzüge der jungen Frau. Ein Blick verriet Juudai, dass es ein Uhr in der Früh war. Allerdings konnte er sich nicht von der Uhrzeit beeinflussen lassen, denn die Erkenntnis fiel ihm wie Schuppen von den Augen.

„Verdammt...das kann doch nicht wahr sein!?”, flüsterte er aufgebracht, aber leise.

‚Kuri. … Kurikurii’, der kleine Duellgeist kam zum Vorschein um das ungute Gefühl des jungen Mannes zu bestätigen.

„Also doch?! Ist das wirklich wahr, Hanekuribou? Ist das Licht der Zerstörung dabei… ist Johan...!?”, Juudai ersparte sich seinen Satz zu beenden. Er brauchte nicht zu sagen, dass das Licht der Zerstörung dabei war langsam die Oberhand zu gewinnen. Aus welchen Gründen auch immer das Licht plötzlich die Kraft bekam. Ohne Rei zu wecken, schlich Juudai sich aus dem Bett heraus. Dabei machte er nicht einen Laut, sondern lief in den Flur um sich Schuhe und seine rote Jacke anzuziehen. Juudai konnte sich noch genau an Johans kleine Studentenwohnung erinnern und da er wohl kaum umgezogen war, musste Juudai sich selbst davon überzeugen, dass seine böse Vorahnung nur Unsinn war. Im Schlimmsten Falle, brauchte Juudai den Wohnort seines besten Freundes gar nicht zu kennen. Es wäre genug der ausströmenden Macht des Lichtes der Zerstörung zu folgen. Bevor Juudai das Hotel verließ, wandte er sich noch einmal zu seiner schlafenden Zukünftigen um: „Tut mir leid, Rei-chan, ich muss dich nochmal kurz weg. Ich versuche bis zum Morgengrauen wieder hier zu sein. Bis später.”

Doch eine Antwort erhielt Juudai nicht darauf und so brach er auf, ohne sich noch einmal umzudrehen.
 

Wie erwartet wohnte Johan noch immer in dem gleichen Haus. Es war ein mehrstöckiges Haus, mit vielen, hellen und vor allem geräumigen Wohnungen. In Japan wären solche Studentenbuden mindestens halb so groß gewesen und das Gebäude mit Sicherheit um zehn Stockwerke höher. Die kleine Wohnung, welche Johan mietete befand sich im zweiten Stock auf der linken Seite und war niedlich europäisch eingerichtet. Es sah ziemlich geordnet und geschmackvoll eingerichtet aus, auch wenn Johan stets behauptete, dass er kein Interesse an Inneneinrichtung hatte. Juudai sah sich in der Wohnung um, bis er zum Schlafzimmer gelang, in dem Johan vor seinem Bett stand und anscheinend schon auf Juudai wartete.

„Johan..”

„Juudai?”, mehr brachte Johan nicht hervor. Juudai fragte sich, ob Johan überhaupt richtig wach war. Eigentlich erwartete man bei so unerwarteten, nächtlichen Besuch, dass der Bewohner des Hauses fragte, warum man dort war und auch wieso man sich wohl einfach ins Schlafzimmer schlich. Juudais dunkle Vorahnung wurde noch stärker und so beschloss er etwas näher zu gehen um seinem besten Freund vernünftig in die Augen zu sehen. Juudai gelang es nicht, das Gesicht des Anderen näher zu betrachten, doch dieser stand mit dem Rücken zu ihm.

„Warum?”

„Johan?”

„Warum heiratest du Rei!? Das ist meine Frage. Dieser Körper…”, Johans Stimme murmelte lediglich. Dennoch wandte er sich langsam um, mit festen Schritten, so als habe er Angst, dass sein Körper vielleicht den Kontakt zum Boden verlassen konnte. Als Johan und Juudai sich endlich gegenüberstanden, erkannte Juudai, dass er Recht behielt. Sein Gefühl täuschte ihn nicht, denn die Augen seines Freundes starrten ihn aus einem orangen Licht an.

„Du?! Licht der Zerstörung!?”, Juudai schnappte nach Luft, „Warum!? Ich habe sollte dich eigentlich vollständig weggesperrt haben!”

„WIe schade. Willst du mich etwa nicht mehr Johan nennen? Deine Stimme ist stets erfüllt von Wärme, wenn du den Namen dieses rührseligen Trottels aussprichst. Es hilft wohl nichts”, Johan seufzte herablassend, als habe er mehr von Juudai erwartet, „Wie soll ich deine Frage beantworten… Am einfachsten lässt sich wohl behaupten, dass ich Johans Körper bewege, weil er es so möchte. Er hat es sich so stark gewünscht, dass er deine blöde Versiegelung einfach bei Seite gestoßen hat”

In Juudai kochte eine ungeahnte Wut hoch. Johan hatte keine Ahnung von ihrem Zwist und am liebsten hätte er ihn davon befreit. Juudai hasste es seinen besten Freund zu verheimlichen, dass er eine unheimliche Macht in sich verschlossen hielt und überhaupt nichts dagegen tun konnte. Am allermeisten hasste Juudai aber, dass das LIcht der Zerstörung ihm weismachen wollte, dass Johan sich wünschte, dass die Welt schon wieder in Gefahr geriet.

„Was soll das heißen, Johan wünscht sich das?! Seit wann hörst du darauf, was sich jemand anderes wünschst?! Du glaubst doch nicht wirklich, dass Johan sich wünscht, dass du erwachst, denn dann…”, schrie Juudai den anderen erzürnt an.

„Verstehst du nicht? Herrje, du bist echt ein unverbesserlicher Dummkopf. Du hast einfach keine Ahnung von der Liebe… aber das Witzigste daran ist, dass du dir auch noch ein Mädchen nimmst”, entgegnete das Licht der Zerstörung unverändert monoton, verfiel dann jedoch in ein ketzerisches Kichern, „Dein Siegel hätte weit besser gehalten, wenn dein Timing deiner kleinen Affäre nicht so beschissen gewesen wäre.”

Die beiden jungen Männer standen sich gegenüber. Jeder von ihnen hatte eine zweite Seele in sich und eins ums andere Mal endete ihr Zusammenstoß in einer Tragödie. Sobald eine der beiden Mächte in einem der Gefäße erwachte, war die andere dazu bestimmt ebenfalls zu erwachen und den jeweils anderen zu finden. Sie zogen sich gegenseitig an wie Motten vom Licht angelockt wurden. Sobald die beiden Mächte sich fanden, waren sie dazu bestimmt sich gegenseitig zu bekämpfen, bis zum Tod. Die beiden Mächte verließen ihr Gefäß erst, wenn der Körper starb. Deshalb hatten sie keine Zeit für Gefühlsduseleien wie Liebe. Juudais Heiratspläne und sein Vorhaben ein ganz gewöhnliches Leben zu führen passte nicht in das Schicksalsbild dieser beiden Kräfte. Schon aus diesem Grund hätte das Licht der Zerstörung keinen Grund gehabt zu erwachen.

„Reg dich ab und lehn dich zurück”, kam es plötzlich von Johan, dessen Miene zeigte wie missgelaunt er plötzlich war, „Meine Kraft wird bei Morgengrauen versiegen und ich muss wieder schlafen gehen. Deine Versiegelung zehrt an meinen Kräften und dagegen komme ich nicht gänzlich an. Selbst mit dir hier zu sprechen ist ziemlich anstrengend und braucht viel Energie. Deshalb habe ich vorerst nicht vor dir Ärger zu machen, Haou.”

„Deshalb frage ich dich nochmal: warum erwachst du gerade jetzt, und bringst unser Leben durcheinander!?”, brüllte Juudai durch die Wohnung, wobei ihm gerade noch klar wurde, dass man die Nachtruhe tunlichst einhalten sollte. Das Licht der Zerstörung zuckte mit den Schultern wobei es ein arrogantes Grinsen zeigte:

„Hab ich doch gesagt, um Johans Wunsch zu erfüllen. Warst du eigentlich schon immer so ein Begriffsstutziger Kerl?”

Das Licht der Zerstörung gekleidet in der Gestalt seines besten Freundes, ging mit kleinen Schritten auf ihn zu. Dann hielt er inne. Langsam streckte das Licht seine Hand aus um ein wenig mit Juudais braunem Haar zu spielen. So wie Johan es in ihrer gemeinsamen Schulzeit gern getan hatte und das Licht der Zerstörung hatte es sicher auch schon bei anderen Inkarnationen so getan. Manche Dinge übertrugen sich auf die neuen Verkörperungen. Juudai hingegen bewegte sich weder vor noch zurück. Er tat es nicht, weil er es nicht wollte. Juudai sah sich nicht in der Lage sich zu bewegen und gab dem Licht der Zerstörung damit die freie Hand für eine Weile zu tun was er wollte. Verärgert schnalzte Juudai abfällig mit der Zunge. Wieso fühlte sich sein eigener Körper so verkrampft und unbeweglich an?!

„Um dieses Siegel aufrecht zu erhalten nutzt du Yuberus Kraft, nicht? Der Haken ist nur, dass du auch davon beeinflusst wirst. Du kommst nicht an mich ran ohne Yuberus Kraft gegen Johan einzusetzen. Ich kann verstehen, dass du das nicht möchtest, aber leider musst du dann unter dieser dummen Nebenwirkung leiden, mein Lieber”, stichelte das Licht der Zerstörung weiter. Juudai kam es so vor als las das Licht der Zerstörung in seinen unausgesprochenen Gedanken. Bei der momentanen Macht des Lichtes, war es eine von vielen Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung standen. Juudai verärgerte es immer noch, dass sein Geheimnis nun erkannt war. Noch mehr verstimmte es ihn, dass er sich augenblicklich nicht aus dieser Bredouille retten konnte.

„Hm. Oh ja, du bist wunderschön. So unglaublich schön, dass ich mich glatt in dich verliebe. Kein Wunder, dass Johan selbst sich schon in dich verliebt hat. Aber du hast ja mit Füßen auf seinen Gefühlen getreten…”, bemerkte das Licht der Zerstörung in einem melodischen Singsang, welcher Juudai einen furchtbaren Schauer über den Rücken jagte, „Soll ich dir die Wahrheit sagen, Juudai? Ich erkläre es dir. Der Grund warum ich heute Nacht erwacht bin ist, dass Johan sich Vorwürfe gemacht hat, dass er dich liebt. Mit Haut und Haar. Ist das nicht süß? Er liebt dich so sehr, dass sich selbst dafür angefangen hat zu hassen und zu verzweifeln.”

„Was für einen Mist erzählst du da? Du glaubst doch wohl nicht, dass ich dir so einen Quatsch abnehme?”, entgegnete Juudai mit noch immer erhitzten Gemüt. Das Licht der Zerstörung aber antwortete darauf mit einem verträumten Kichern:

„Bist du wirklich noch so verpennt?! Bist wohl auf die friedlichen Tage hin ein bisschen senil geworden… Aber Yuberu scheint sich damit auch zufrieden zu geben wie es scheint. Du hast es doch sicher bemerkt?”

In aller Gemütlichkeit streckte das Licht der Zerstörung seine Hand nach Juudai aus. Die Hand gleitete unter dessen T-Shirt und im nächsten Moment bemerkte Juudai bereits, dass die kräftige Hand des Lichtes seine Haut versuchte aufzureißen. In Wahrheit war dies nur ein Gefühl, bis sich etwas aus ihm zu lösen schien, und endlich verstand Juudai. Es war Yuberu.

„Yuberu!!”, brachte er etwas gequält aus zusammengepressten Zähnen hervor.

‚Juudai-... mach dir keine Sorgen, ich bin okay. Aber wir sollten irgendetwas gegen ihn tun…’, warnte das Monster, welches nun neben Juudai zum Vorschein kam. Das Licht der Zerstörung verzog sein Gesicht zu einer leicht bekümmerten und gleichermaßen enttäuschten Miene: “Irgendetwas gegen mich tun? Mich? Dabei habe ich nicht mal mehr ein paar Stunden in diesem Körper. Kann man da nicht ein klein bisschen mehr Freundlichkeit erwarten? Ich bin doch für keinerlei Schäden verantwortlich… Wie auch in diesem Zustand?”

„Lügner!! Du bist ein verdammter Lügner!! Du missbrauchst Johans Körper um solchen Unsinn zu erzählen und…!”, schimpfte Juudai noch immer wütend auf seinen Gegner ein, welcher ihn noch immer in seiner Hand hatte.

„Ich lüge nicht, Juudai. Hab ich nicht Recht, Yuberu?”, fragte das Licht an das Monster gewandt. Das Grinsen auf dem Gesicht des Lichtes der Zerstörung kehrte in diesem Moment zurück und er tätschelte Juudais Kopf wie Eltern es bei einem enttäuschten Kleinkind taten um es zu trösten. Dabei tauschten Yuberu und das Licht kurze Blicke aus. Das Monster verblieb ein wenig unschlüssig bevor es dann doch zustimmend nickte.

‚Er sagt leider die Wahrheit. …. Johan hat… Johan hat dich schon immer mit anderen Augen gesehen. Ich habe nichts gegen deine Verbindung mit Rei-chan, weißt du doch sicher, nicht wahr? Ich musste nichts Grobes gegen eure Verbindung tun, weil sich die Verbindung zwischen Männern und Frauen irgendwann wieder legt. Aber Johan, er hat mir stets Sorgen bereitet. Er sieht dich mit dem gleichen Blick an wie dieser Dummkopf vor dir’, erklärte Yuberu ein wenig bekümmert, denn xier fühlte sich ein wenig unbehaglich bei diesem Thema. Juudai hingegen fiel es wie Schuppen von den Augen. Er begann langsam zu verstehen, dass nicht alles mit dem Licht der Zerstörung in Verbindung stand. Johan war doch aber sein allerbester Freund. Derjenige, dem er am allermeisten Vertaute-... So lange das Licht der Zerstörung in ihm nicht erwachte, dann…

War Johan etwa schon immer in ihn verliebt?!

„Wie kann sowas nur sein?”, fragte Juudai rhetorisch.

„Ich sag dir doch, dass ich dir immer die Wahrheit sage. Na ja, sagen wir Mal so, Johan ist zur Hälfte noch ein blauäugiger Grünschnabel und wird kein Chaos anrichten. So viel ist sicher, er wird dir sicherlich nicht so viele Probleme bereiten wie ich es täte. Nein, Johan hat ein großes, verständnisvolles Herz und wird dich und deine kleine, süße Freundin nicht weiter belästigen oder schädigen. Vielleicht wird er irgendwann auch eine Frau finden, die verständnisvoll genug ist um ihn zu heiraten. So einfach und gewöhnlich ist Johan”, erklärte das Licht der Zerstörung und legte beide Hände an Juudais Wangen, „Deshalb brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Er wird sich höchstens selbst im Weg stehen.”

Das Licht der Zerstörung kam Juudai gefährlich nahe und er spürte wie sich die kleinen Nackenhaare langsam aufstellten. Juudai hatte wieder eine böse Vorahnung. Diese war noch grausamer, als die, welche ihn vorher geplagt hatte. Trotzdem konnte Juudai sich nicht bewegen, egal was er versuchte und auch Yuberu konnte ihm in diesem Augenblick überhaupt nicht behilflich sein. Immerhin hatte xier überhaupt keinen eigenen Körper mehr.

„Natürlich ist er ganz gewöhnlich, Johan ist eben ein Mensch! Zugegeben, er ist speziell, aber immer noch ein Mensch! So psychopathisch besessen wie du könnte er niemals sein!”, meinte Juudai wobei er Gift und Galle spuckte. Das Licht der Zerstörung grinste überlegen: „Nun ja, wenn man so gewöhnlich ist, erreicht man seine Ziele nie.”

Juudai antwortete nichts darauf. Es hätte keinen Sinn gehabt sich mit dieser Macht zu unterhalten. Das Licht der Zerstörung aber sprach im gleichen süßlichen Singsang weiter: „Und weißt du, weil ich so ein netter Kumpel bin und vollkommen psychotisch, habe ich mir gedacht… bereite ich diesem einfachen Kerl, Johan, den einen Moment, auf den er so lange gehofft hat. Es ist auch wirklich ganz einfach, weißt du? Und vor allem, das einzige was ich noch tun kann. Also, halt still und weise mich nicht ab!”

Dies waren vermutlich die letzten Worte des Lichtes für diesen Abend. Er zog Juudai näher an sich heran, zog dessen Kopf am Kinn leicht hoch und küsste ihn. Ohne eine Vorwarnung drückte er ihm seine Lippen leidenschaftlich auf Juudais, sog an ihnen und leckte sanft darüber. Yuberu knirschte mit den Zähnen und brummte:

‚Verdammt noch Mal! Wenn ich mich nur bewegen könnte, dann…’

Für Juudai waren die Worte kaum noch hörbar. Sie verschwanden in der Ferne, denn er fühlte eine unbekannte Kälte in sich. Er war das Küssen allgemein nicht so gewöhnt, auch wenn es vielleicht nicht sein aller erster Kuss war. Juudais Körper fühlte sich ein wenig flatterhaft an. Da Juudai sich nicht wehren konnte, war er auch nicht in der Lage sich dagegen zu wehren. Dabei fühlte es sich so falsch an sich nicht dagegen zu wehren. Es fühlte sich beinahe wie ein Betrug an Johan an. Juudai empfand die ganze Situaton als äußerst ärgerlich.
 

Juudai wollte den ewigen Kreislauf des Wahnsinns durchbrechen und wollte dafür sorgen, dass das Licht der Dunkelheit nicht erwachte damit sie ein friedliches Leben führen konnten. Bis zum natürlichen Tode jedenfalls. Nun hatte diese merkwürdige Macht doch die Macht über Johans Körper ergriffen - wenn auch nur für kurze Zeit - und küsste ihn auch noch. Auch wenn der Kuss nur für ein paar Sekunden hielt, für Juudai fühlte es sich an wie eine Ewigkeit. Johans Lippen berührten ihn sanft und es fühlte sich nicht unbedingt schlecht an. Es war ein frischer Kuss, den Juudai lange nicht vergessen konnte oder auch wollte. Aber es war nichts, dass er wiederholen wollte.

„Und, Juudai? Was ist, willst du nicht endlich wieder zu meiner geliebten, der Sanften Dunkelheit werden und dich mit deinem besten Freund, Johan Andersen zusammentun?”, fragte das Licht der Zerstörung als es endlich von ihm abgelassen hatte, „Oder bist du nun desillusioniert? Du müsstest doch jetzt auch vollkommen erschöpft sein und… ich denke du musst jetzt wirklich angewidert von Johan sein, oder?”

„W-...was ...redest du da?”, brachte Juudai etwas atemlos hervor, „Johan hat nichts Böses getan, immerhin küsst du mich…” Juudai machte sich noch einmal bewusst, dass das Licht der Zerstörung eine ganz andere Persönlichkeit hatte als Johan. Sein bester Freund hätte sich niemals so aufgedrängt und ihn dazu gezwungen. Auch Johan hätte ein solch ungehobeltes Verhalten missbilligt. Selbst wenn Johan in Juudai verliebt war. Gerade weil die beiden so gut befreundet waren, erwiesen sie sich gegenseitig so viel Respekt, dass sie sich nicht bedrängten. Das Licht der Zerstörung machte erneut ein verärgertes Gesicht. Egal was er versuchte um Juudai zornig auf Johan zu machen, es schien ihm wohl auch dieses Mal nicht gelingen.

„Aber Juudai, meinst du nicht auch, dass Johan die Kraft gehabt hätte mich aufzuhalten? Wenn er gewollt hätte, dann wäre er im Stande gewesen aufzuwachen… So geschwächt ist er nämlich noch nicht, deshalb sage ich dir doch. Er wünscht es sich so sehr. Er will dich, Juudai. Und in einem solchen Falle… jeder würde sich von einem solchen Kerl abwenden... Und sag mal Juudai, hättest du mir so lange zugehört, wenn ich nicht zufällig aussehen würde wie er? Ich schätze… du empfindest auch etwas anders, als du es dir eingestehen möchtest.”

„Das-...!?”

„Ah… was für eine Realitätsflucht! Manchmal ist so ein Eskapismus notwendig um etwas Neues zu beginnen. Merk dir dieses Eine sehr gut, Juudai: Du magst in diesem einen Leben gewonnen haben. Dieses eine Leben magst du unter Kontrolle haben und die Tragödie unterbrechen. Aber siegen kannst du nicht. Wir beide, du und ich, wir sind dazu bestimmt unser Schicksal bis in alle Ewigkeit zu wiederholen. Das ‘Jetzt’ ist in Wahrheit nur das Leuchten eines sterbenden Sterns”, bemerkte das Licht der Zerstörung. Immer wieder sollten sie sich begegnen. In vielen hundert, in vielen tausend und in vielen hunderttausend Jahren wieder. Sie würden sich immer wieder begegnen und einander mit Ablehnung bestrafen.

„Wie dem auch sei, lass mich dir das eine noch sagen. Johan wird sich an diesen Tag nicht erinnern können. Das einzige woran er sich erinnern wird ist, dass er einen wunderschönen Traum hatte. Einen glücklichen Traum. Meinst du nicht auch, dass wir ihm diese eine Freude bereiten können?”, sagte das Licht etwas gelangweilt, beinahe schon gleichgültig. Er entließ Juudai allerdings noch immer nicht frei, sondern legte seine Lippen an Juudais Ohr und flüsterte kaum hörbar: „Es is so weit.”

Bei diesen Worten fühlte sich Juudai viel leichter und beinahe erleichtert. Es gingen ihm einige flotte Gedanken durch den Kopf, wie beispielsweise, dass das Licht der Zerstörung endlich vor seinen Augen verschwinden würde. Von jetzt an gäbe es ein Problem weniger um dass sich Juudai kümmern musste. Anstatt dem Licht der Zerstörung zu antworten schwieg er. Er wollte, dass es endlich vorüber war. Juudai erkannte dieses wunderbar leichte Gefühl, sobald das Licht der Zerstörung seinen Wirt verließ. Während Juudai sein Gegenüber weiter anstarrte, dachte er bei sich, dass er ihn nie wiedersehen wollte. Das Licht der Zerstörung grinste breit, so als wüsste er ganz genau, was er bei sich dachte. Wieder lachte er und sprach seinen letzten Satz aus: „Wir treffen uns im nächsten Leben wieder, meine große Liebe.”
 

Im selben Moment stieg die Sonne am Horizont empor und in der Ferne krähte ein einsamer Hahn. Durch das Schlafzimmerfenster drang ein wunderbar frisches Licht, welches mit den Gardinen spielte. Ein ganz gewöhnlicher, neuer Tag begann. Zu Juudai Füßen auf dem Boden lag ein ganz gewöhnlicher Johan. Nichts anderes als die Normalität blieb zurück.
 

Fortsetzung folgt.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo alle zusammen. Hier ist also nun das fünfte Kapitel und ich hoffe es hat euch gefallen. Dies ist nun eines der Kapitel in dem ich Dinge umgesetzt habe, von denen ich nicht unbedingt der allergrößte Fan bin. Also, Juudai x Rei zum Beispiel, aber ich brauche dieses Detail eben zu Plotzwecken. Wer ebenfalls nicht unbedingt zu den Fans von Charmershipping gehören, da müssen wir durch, es wird auch nicht unbedingt großen Fokus darauf gelegt und es wird auch nicht so richtig in zukünftigen Kapiteln eingegangen. Auch dieses Kapitel befindet sich auf der gewöhnlichen GX-Zeitachse. Das folgende Kapitel wird wieder in der Zukunft spielen und ich hoffe Mal jeder weiß noch was sich zugetragen hat. Wieder möchte ich mich bei allen bedanken, die bis hierhin gelesen haben, die Geschichte klicken und favorisieren.
So, das war’s auf jeden Fall für die nächsten drei Wochen von mir :)
Eure Ruki. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Jitsch
2018-08-05T14:43:49+00:00 05.08.2018 16:43
Puh, wirklich leicht machst du es den Charakteren ja wirklich nicht. Johan tut mir leid und Judai tut mir ehrlich gesagt auch sehr leid weil ihn die Situation offenbar völlig überfordert. Und anscheinend wird das ganze ja auch in der Timeline kein gutes Ende nehmen wenn ich danach gehe dass Judai letzten Endes doch lange vor seiner Zeit gestorben ist und Johan vermutlich auch...

Daher freue ich mich irgendwie auf das nächste Kapitel weil zwischen Juudai und Johan aus der Zukunft bisher keinerlei Drama ist sondern die sich bisher einfach nur gut verstehen. Ich hoffe das bleibt so ó.ò

Mich verwirrt die Szene am Anfang aber trotzdem, weil es ja in einem früheren Kapitel von Sho hieß dass sie alle Judai nach seinem Weggang von der DA nicht wieder gesehen haben. Hat da wohl jemand an ihren Erinnerungen herummanipuliert?

Liebe Grüße,

Jitsch
Antwort von:  YukimuraRuki
10.08.2018 09:20
Was wäre eine Geschichte die ohne Schwierigkeiten x'D Meine Lieblinge haben bei mir nie was zu lachen, während Charaktere, die mir ziemlich egal sind nie schwierigkeiten bekommen, müssen meine Lieblinge wirklich leiden :D

Aber gut, dass du mich darauf hinweist, dass sich im früheren Kapitel noch eine Stelle befindet, in der Shou sagt Juudai habe nicht mehr seine alten Freunde besucht. Das wollte ich in der Planung anfangs wirklich so gestalten, aber es hätte so viel mehr Probleme bereiten und da wollte ich eigentlich drauf achten, dass ich es berichtige. Nope, niemand hat an Shous Erinnerungen gedreht, das war nur meine Schusseligkeit - leider XD Ich muss noch mal drübergehen :)

Ich kann dich beruhigen noch ist alles supercool zwsichen Johan jr. und Juudai jr. Vorerst weil die beiden werden noch sehr, sehr viel zu kämpfen haben. Leid wird sicherlich auch noch dabei sein, sonst wirds ja langweilig. Aber bevor ich Spoiler raushaue:

Noch mals vielen, vielen Dank für deien ganzen Kommentare! Ich bin irgendwie fasziniert, dass du es durchgehalten hast an einem Nachmittag diese Geschichte zu inhalieren :D Danke für deine Geduld mit mir! Und vielen Dank, dass du auch auf Details achtest, die mir dann helfen fragwürdige Fehler zu finden, damit ich die dann noch mal irgendwie raushauen kann :)
Danke für deine Mühne <3


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