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Der Magier

In Dunkelheit gehüllt
von

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Kapitel 1

Nein, das geht so nicht! Genervt zerknüllte ein junger Mann ein Blatt Papier. Ganz anders jedoch behandelte er sein Schreibutensil. Den Füllfederhalter schloss er vorsichtig und hielt in ein paar Sekunden länger in der Hand, als unbedingt nötig, bevor er ihn vorsichtig an seinen Platz legte. So werde ich niemals gut werden. Er atmete einmal tief durch. Diese Aufgabe war nun wirklich schwierig. Aber er stand ja auch nicht mehr am Anfang. Er erhob sich von seinem Schreibtisch und trat in den Flur. Dort griff er ein paar schwarze Stiefel und zog sie sich an. Kurz danach fiel die Tür hinter dem Schwarzhaarigen ins Schloss. Der Wind wehte ihm seinen Pony vor die Augen. Doch das störte ihn nicht. Er trug ohnehin eine Augenbinde. Schon lange war er blind - Und dennoch war er es nicht, nicht wirklich.

Der junge Mann schlug den Weg Richtung Stadtpark ein. Er wohnte nicht weit von dort entfernt, von daher bot sich dieser gut für einen Spaziergang an, um sich einen klaren Kopf zu verschaffen. Einmal die große Runde außenherum. Dabei genoss er einfach die Stille und die Sonnenstrahlen. Er liebte es, wenn es kalt war und seine Haut durch die warmen Strahlen gewärmt wurde. Eine Weile lief er gedankenverloren den Weg entlang.

Plötzlich blieb er stehen und blickte nach links. Er hörte fröhliches Kinderkreischen. Ach ja… Der Spielplatz… Mit einem leicht traurigen Gesichtsausdruck ging er auf den Spielplatz zu und stellte sich dort etwas Abseits hin. Wie geht es jetzt wohl Kouhei? Er seufzte. Eine Weile lauschte er den Kinderstimmen. Er hörte ihr Lachen. Hörte wie sie rumrannten. Sich gegenseitig fingen. Wie ein Kind zu weinen anfing, weil ein anderes seine Sandburg zertrampelt hatte. Ein Junge schrie vor Schmerz, weil er beim Rennen hingefallen ist. Kurz darauf verstummte er. Seine Mutter war zu ihm geeilt und sprach beruhigend auf ihn ein.

He, du…?“ Damit wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Diese zarte Kinderstimme richtete sich an ihn. „Ja?“, antwortete er freundlich fragend.  Warum hast du da ein Band vor deinen Augen? Kannst du da überhaupt  durchsehen?“ Er dachte einen Moment nach. Seine Mundwinkel verzogen sich leicht nach oben. Das war eine wirklich ausgezeichnete Frage. So leicht ließ sie sich eigentlich gar nicht beantworten. Er konnte ein wenig durchsehen, doch nicht so gut wie ohne Augenbinde. Dennoch gehörte sie zu ihm. Er legte sie nur selten ab. Viele hielten ihn daher für blind. Meistens hielt er es für am einfachsten, sie in diesem Glauben zu lassen. So auch dieses Mal. „Als ich klein war, habe ich mich mal an meinen Augen verletzt. Seitdem bin ich blind. Ich kann also auch ohne das Band nichts sehen. Ich finde es aber schön, deshalb trage ich es.“ Das Mädchen sah ihn mit gemischten Gefühlen an. Sie versuchte sich vorzustellen, wie es war ohne Augenlicht zu leben.

 „Wie kannst du dann alleine draußen rumlaufen, wenn du gar nichts siehst?“

„Ich habe gelernt besser zu hören. Und mein Tastsinn ist auch geschärft.“ Er überlegte einen Moment. „Wenn du schlafen gehst, dann ist doch dein Zimmer dunkel, oder?“

„Nicht ganz. Dann würde ich ja nichts mehr sehen. Dann  hab ich Ang-“ Sie stoppte plötzlich und dachte kurz nach. Dann fragte sie mitfühlend: „Hast du auch Angst, weil du nichts siehst?“

Er lächelte sie freundlich an. „Nicht mehr. Ganz am Anfang schon. Es hat eine Weile gedauert, bis ich Verstanden habe, dass es nicht schlimm ist nichts zu sehen. Ich kann hören und ich kann fühlen.“ Einen Moment schwieg er. „Und das Essen schmeckt auch viel besser, wenn man es nicht vorher sieht. Man konzentriert sich dann ganz auf den Geschmack und nicht mehr darauf wie es aussieht.“

„Schmeckt dann auch Blumenkohl?“, fragte sie, das letzte Wort angewidert aussprechend.

„Nein. Blumenkohl nicht.“ Er machte kein Geheimnis daraus, dass er diese Abneigung mit dem kleinen Mädchen teilte.  De facto musste er sogar zugeben, dass ihm Blumenkohl seither sogar noch schlechter schmeckte. So wie ihm gutes Essen nun besser schmeckte, mochte er das Essen, was er nicht mag, nun noch weniger.

„Wirst du auch gezwungen ihn trotzdem zu essen?“ 

Noch bevor der junge Mann zu einer Antwort ansetzen konnte, ertönte eine weitere Stimme. „Mia, nun lass den jungen Mann doch mal in Ruhe und hör auf ihn mit Fragen zu löchern!“, rief diese. Das Mädchen seufzte. Zu gerne hätte sie noch viel mehr Fragen gestellt, doch sie wusste, dass es besser war, auf ihre Mutter zu hören. „Dein Band ist wirklich toll“, sagte Mia noch kurz als eine Art Verabschiedung und lief dann zu ihrer Mutter. Sie musste ihr jetzt unbedingt ganz dringend erzählen, dass sie gar nicht die einzige Person war, die Blumenkohl nicht mag. Außerdem wollte sie ab jetzt ganz ohne Licht schlafen.

Der junge Mann blieb leise seufzend stehen. Er mochte Kinder und hat dem Mädchen gerne alle ihre Fragen beantwortet. Ihre Fragen und ihr Interesse waren ehrlich. Ihm gefiel das. Erwachsene waren für gewöhnlich nie so offen und direkt. Diese Mutter war das beste Beispiel. Sie ging einfach so davon aus, dass er sich gestört fühlen würde. Vermutlich auch davon, dass er sich unwohl fühlt, wenn man ihm solche Fragen stellt. Zumindest war nicht zu überhören, dass SIE sich unwohl fühlte.

Kurz darauf setzte er sich wieder in Bewegung. Er lief zurück auf den Hauptweg und setzte seine Runde fort. Währenddessen dachte er über das Mädchen nach und dann über Kouhei. Kouhei… Ehe er sich versah, stand er vor dem Waisenheim der Stadt. Er blickte auf das Große, etwas heruntergekommene, Gebäude. In der Ferne schlug gerade die Turmuhr. Sie verriet ihm, dass die Besuchszeit im Heim vorbei war. Dennoch trat er an das Eisentor heran. Unmittelbar vor dem Tor blieb er stehen. Die Kinder waren nun vermutlich beim Abendessen. Eine Weile blieb er vor dem Tor stehen. Auf einmal bemerkte er Schritte. Eine Person bewegte sich genau auf ihn zu. Er bewegte seinen Kopf in Richtung der Person.

„Was wollen Sie so spät hier? Sie wissen doch, dass die Besuchszeit vorüber ist“, erreichte ihn eine wohlklingende Frauenstimme. 

„Ja…“, antwortete er etwas geistesabwesend. „Geht es  Kouhei gut?“

„Soweit ja. Das übliche halt.“

Der junge Mann nickte verstehend.

„Haben Sie schon was  Neues vom Jugendamt gehört?“

Er schüttelte den Kopf. „Immer das gleiche. Student, ledig, zu jung“, gab er seufzend von sich.

Auch die Frau seufzte. Sie wollte ihm so gerne helfen. Doch da waren ihr die Hände gebunden.

„Nun denn“ , meinte der junge Mann, „bestellen Sie ihm schöne Grüße von mir.“

Damit wandte er sich ab und trat den Rückweg an. Er hing den Rückweg lang seinen Gedanken nach. Es war wirklich zum Haare raufen. Er musste in den ganzen Gesetzen irgendwie eine Lücke finden. Oder aber…

Kaum, dass er wieder zu Hause war, setzte er sich erneut an den Schreibtisch. Er nahm seinen Schreibblock und schrieb einige Wörter in merkwürdigen Zeichen nieder. Er nutzte das Thebanische Alphabet.

Das kann doch nicht so schwierig sein. Denk nach, Junge, denk nach! Mein Meister hat mir alle Grundlagen beigebracht. Alles wissen, was ich benötige, um das Problem zu lösen, trage ich in mir. Das kann doch nicht so schwierig sein!

Plötzlich hörte er ein dumpfes miauen. Er horchte auf. Das miauen wiederholte sich. Draußen auf dem Fensterbrett saß eine schwarze Katze. Laice trat an das Fenster heran. Die Katze wirkte etwas hilflos und schien Hunger zu haben. Erfahrung hatte ihn gelernt, dass Katzen sehr ausdauernd miauen konnten, also öffnete er seufzend das Fenster und ließ die Katze hinein. Die Katze sprang ihm sofort entgegen und strich eine Weile bezirzend um seine Beine. Laice sah sie ruhig an. Ihm war bekannt, dass er eine starke Anziehungskraft auf Katzen ausübte.

Dann jedoch veränderte sich die Katze plötzlich. Sie wurde größer, Fell und Schwanz verschwanden. Stattdessen war ihr Körper nun bekleidet. Ihr menschlicher Körper. Wie eine Katze sah sie nun gar nicht mehr aus. Laice stand nur still mit vor Schreck geöffnetem Mund da. Er hatte schon viel erlebt, aber das war neu für ihn. Dann schoss ihm ein Gedanke in den Kopf, doch bevor er diesen vertiefen konnte, spürte er einen pochenden Schmerz am Hals. Seine Hände verkrampften und er biss die Zähne zusammen. Es war die fremde Person. Sie hatte spitze Fangzähne, die sie in seinen Hals gerammt hatte. Ehe er es richtig realisiert hatte, war es auch schon wieder vorbei.

Die Fremde trat nun ein paar Schritte zurück und sah Laice an während sie genüsslich mit der Zunge über ihre Zähne fuhr. Dieser wiederum Verstand langsam was geschehen ist. Er fasste sich an den noch immer etwas pochenden Hals.

„Läuft draußen schon kein Mensch mehr rum, dass ihr Vampire jetzt in Häuser einfallen müsst?“, fragte er etwas düster. 

„Wieso einfallen? Du hast mich reingelassen“, antwortete die Fremde mit einem Grinsen. „Außerdem  bedien ich mich nicht wahllos bei irgendwelchen Menschen. Ich hab da schon meine Präferenzen! Und ich trinke nicht ohne Gegenleistung. Schmeiß mich nicht mit dem Abschaum auf einen Haufen!“

„Ist ja gut…“  Laice seufzte. „Und was ist nun die Gegenleistung? Sag mir nicht, dass war das umgarnen als Katze…“ Er ging in seinem Kopf durch, wie viele Katzen das bei ihm schon Taten. Bald gab er es auf, es waren zu viele. Das entscheidende jedoch war, dass sich die Katzen bisher damit zufriedengegeben haben, wenn er ihnen anschließend etwas Katzenfutter gegeben hatte. Bei dem Gedanken, dass sein eigenes Blut so viel Wert sein sollte wie eine kleine Dose Katzenfutter, wurde ihm ein wenig schlecht.

„Nein, nein. Nochmal: Ich gehöre NICHT zu dem Abschaum!  Ich hab ein paar Infos für dich. Ich weiß, dass du hinter einer Gruppe her bist – Magier. Sie haben dein Dorf ausgerottet und nun sind sie hier. In der kleinen Kapelle am Waldrand haben sie Unterschlupf gefunden.“

Für einen kurzen Moment verkrampfte Laice. Seine Stirn legte sich in Falten und seine Fäuste waren geballt. Dann entspannte er sich wieder.

„Warum sollte ich dir glauben? Ich kenne nicht mal deinen Namen.“ 

„Kendra.“

Laice seufzte. Wirklich weiter war er nun auch nicht. Es wäre zu schön, um wahr zu sein. Seit Jahren suchte er nach ihnen, doch bisher war es ihm nicht gelungen eine Spur zu finden. Er musste wohl einfach hingehen und nachsehen, es war zu riskant, die Chance ungenutzt verstreichen zu lassen. Kendra einfach stehen lassend griff er zu dem verzierten Holzstab, der in einer Fassung einen Edelstein hielt und nahm ihn aus seiner Wandhalterung. Dann lief er in den Flur, schlüpfte in seine Stiefel und legte sich einen bodenlangen Umhang an.

Er öffnete die Tür, als er schon fast draußen war, drehte er sich nochmal um. „Kendra?“, rief er. Er wollte nicht unbedingt jemand fremdes alleine in seiner Wohnung lassen. Doch er erhielt keine Antwort. Also trat er nochmal ins Wohnzimmer. Niemand war zu sehen. Vermutlich ist sie wieder zum Fenster raus. Danach verließ er endgültig seine Wohnung. Kaum, dass er draußen war, zog er die Kapuze seines Umhanges tief in sein Gesicht und verschob dann seine Augenbinde so, dass sein rechtes Auge frei lag und nur von der Kapuze verdeckt wurde. So konnte er unter der Kapuze durchsehen. Anschließend spurtete er zur Kapelle.

Ohne zu zögern öffnete er die Tür und trat ein. Er brauchte nur den Bruchteil einer Sekunde, um zu merken, dass es sich nicht um die Leute von damals handelte. Ihnen fehlte das dunkle Tattoo am Hals. Zwei parallele Striche, dazwischen ein Kreuz, welches am oberen Ende der Striche begann und bis ungefähr zur Mitte der Striche reichte. Mannaz – die Rune der Menschheit. Des Weiteren handelte es sich nicht einmal um Menschen. Ihre spitzen Zähne wiesen sie einwandfrei als Vampire aus. Und sie schienen es auf ihn abgesehen zu haben. Sie kamen sofort Angriffsbereit auf ihn zu.

Eine Falle… Na klasse… Aber warum?

Er beschloss sich da später Gedanken drüber zu machen und zückte seinen Stab.

Er hielt ihn gerade und streckte seinen Arm in die Richtung einer der Vampire. „Brenne!“ Nichts passierte. Er hielt ihn noch einen Moment so und wurde stetig unruhiger. Schließlich zog er seinen Arm ruckartig zu sich und streckte ihn ebenso ruckartig zu einer anderen Person. „Brenne!“, gab er erneut von sich. Wieder passierte nichts. Die Fremden begannen zu lachen und näherten sich ihm allmählich.

Wieso funktioniert das nicht?! Er begann zu schwitzen. Mittlerweile war er eingekreist. Es war nicht möglich zu flüchten und die Magie wollte nicht funktionieren. In seiner Verzweiflung versuchte er den Stab wie eine Lanze einzusetzen. Er rammte ihn mit voller Wucht, demjenigen, der vor ihm stand, in die Brust. Dieser taumelte ein paar Schritte zurück, doch hatte sich dann bereits gefangen und stand wieder vor ihm. Vielleicht hätte ich mich damals doch zu dem Selbstverteidigungskurs mitschleifen lassen sollen… Und warum verdammt funktioniert meine Magie nicht?! Er unternahm noch einmal einen Versuch, eine der Personen, mit Hilfe seiner Magie in Brand zu stecken. Doch wieder passierte nichts.

Verzweifelt und vor Angst sowie Anstrengung schwitzend, versuchte er weiter sein bestes, die Schläge und Tritte der Fremden mit seinem Stab abzuwehren. Doch schon bald ließ seine Kraft merklich nach und er wurde langsamer. Einer der anderen erwischte ihn mit einem Baseballschläger am Hinterkopf. Laice spürte noch kurz einen dumpfen Schmerz, doch ehe die Kopfschmerzen so richtig durchkamen, sackte er bewusstlos in sich zusammen.



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