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Camembert und Kekse

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo alle zusammen,

heute gibt es ein neues Kapitel. Und zu aller erst gibt es tolle Neuigkeiten. Es hat sich die liebe Imaginis auf meine Anfrage nach einem Betaleser gemeldet. Das Kapitel heute, ist das Erste von ihr überarbeitete, die anderen folgen demnächst. Ganz lieben Dank dafür.

Ein großes Dankeschön auch für die Kommentare und die Favoeinträge.

Zum Titel dieses Kapitels gibt es, denk ich nicht viel zu sagen. Teenagerparty in Frankreich, ich glaub weiter muss ich nicht ausholen. Das hat einfach gepasst. :)

Ich wünsche euch wie immer viel Spaß. Komplett anzeigen

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La Boum

„Hallo Rose, hallo Juleka!“ Freudestrahlend öffnete Alya die Tür und ließ ihre ersten Gäste in die Wohnung. Marinette und sie hatten den Nachmittag damit verbracht, alles vorzubereiten. Die Wohnung war mit Luftballons geschmückt, Getränke standen bereit und Marinette hatte mit Hilfe ihrer Eltern ein kleines Snackbuffet zusammengestellt.
 

Innerhalb kürzester Zeit folgten die anderen Klassenkameraden, die Ayla eingeladen hatte. Max, Nathanaël, Kim, Alix, Ivan, Mylène und eine Hand voll Mitschüler aus der Parallelklasse. Alle waren gekommen, nur Nino fehlte noch. Während die Mitschüler sich schon begeistert unterhielten und sich an den Tischen bedienten, tigerte Alya etwas ungeduldig durch die Wohnung. Sie überprüfte, ob die eine oder andere Luftballonkette richtig befestigt war oder schaute zum hundertsten Mal, ob genug Getränke da waren. Marinette, die das bemerkt hatte, kam nun auf sie zu. „Was ist los? Haben wir noch was vergessen?“
 

Ungeduldig blickte Alya auf die Küchenuhr und erwiderte etwas genervt: „Ich kapier nicht was man an -sei bitte pünktlich- nicht verstehen kann.“

     
 

***
 

„Plagg beeil dich bitte. Wir müssen gleich los.“ Adrien stiefelte ungeduldig durch sein Zimmer und wartete darauf, dass der Kwami seine Mahlzeit beendete.
 

„So eine Delikatesse wie Camembert sollte man eigentlich genießen“, erwiderte Plagg pikiert. Aber als er in Adriens vorwurfsvolles Gesicht schaute, ergänzte er schnell: „ Ich esse schon so schnell ich kann.“ Und das stimmte allerdings. Käseecke um Käseecke verschwand in seinem gierigen Maul. Ein schwarzes Loch war nichts gegen ihn.
 

Adrien verschwand gut gelaunt im Bad und betrachtete sich im Spiegel. Er zupfte hier und da noch etwas an seinen Haaren herum und stellte den Kragen seines weißen Hemdes wieder auf. Dann überlegte er noch einmal angestrengt und schnappte sich den blauen Schal, der immer griffbereit auf einer Kommode lag. Es war das letzte Geburtstagsgeschenk von seinem Vater, sein Lieblingsaccessoir, und jedes Mal, wenn er über die feinen Maschen strich, war er glücklich. Er drückte den Stoff gegen sein Gesicht, danach wurde immer ganz warm ums Herz. Schließlich legte er ihn sich locker um die Schultern und überprüfte die Wirkung noch einmal im Spiegel.
 

Plagg schwebte zur Tür herein: „Jetzt trödelst du aber.“
 

„Was meinst du Plagg, mit oder ohne?“
 

„Der Herr fragt mich nach seiner Meinung zum Partyoutfit? Wie ungewöhnlich für den Sohn eines Modezaren. Aber wenn du es wirklich wissen willst, lass ihn hier. Das ist eine Party und kein Laufsteg. Und außerdem wird auf Feiern getanzt, du schwitzt dich noch kaputt.“ Eines musste man Plagg lassen, er dachte praktisch.
 

Etwas widerwillig legte er ihn zurück, beschloss aber ihn bei nächster Gelegenheit wieder zu tragen. Dann öffnete er sein Hemd und Plagg verschwand wie immer darin. Er rannte die Treppe hinunter ins Foyer der großen Villa, wo Nathalie schon auf ihn wartete, den Gorillabodyguard bei Fuß. „Ich soll dir von deinem Vater mitteilen, dass du Ausgang bis Mitternacht hast. Unter der Bedingung, dass deine Leibwache dich hinbringt, abholt und vor der Lokalität wachehält.“
 

„Ok.“ Etwas genervt von seinem Babysitter war er ja schon, aber das war besser als nichts. „Haben sie besorgt, was ich wollte?“
 

Nathalie streckte ihre Hand aus und hielt ihm ein Kuvert hin. „Ein Gutschein für die Boutique deines Vaters.“
 

„Danke Nathalie.“ Er nahm den Umschlag entgegen. Viel zu spät war ihm eingefallen, dass er für eine Geburtstagsparty ein Geschenk benötigte. Und mit Klamotten machte man bei Mädchen selten etwas verkehrt.
 

Er stieg in die Limousine und sie fuhren los.

 
 

***
 

„Alter, wo warst du so lange?“ Nino wartete ungeduldig vor dem Haus auf Adrien.
 

„Entschuldige.“ Verlegen fasste er sich an den Hinterkopf, wie er es immer tat.
 

„Schnell rein oder Alya köpft mich!“ Er klang etwas verärgert. Und es war ja auch nicht unbegründet. Alya hatte ihn gebeten, sich um die Musik zu kümmern. Und es machte keinen guten Eindruck, wenn der DJ Verspätung hatte.
 

Die beiden Jungen betraten den Hausflur, wobei Adrien mit einem Blick über die Schulter feststellte, dass der Bodyguard wirklich im Auto vor der Tür warten würde. Für seinen Vater zu arbeiten, war ein echter Fluch. Sie klingelten oben an der Wohnungstür und Alya öffnete diese augenblicklich schwungvoll: „Wo hast du solange ge …?“, setzte sie energisch an, verstummte aber und starrte die beiden verdutzt an.
 

Nino, der nicht wollte, dass sein Schwindel vor Adrien auffiel, stürzte sich auf Alya und umarmte sie wieder. Anschließend zog er sie, mit dem Arm um die Taille, weiter in die Wohnung hinein und redete schnell auf sie ein, während er Adrien mit der anderen Hand hereinwinkte.
 

Schüchtern trat Adrien ein und sah sich verlegen um. Er wusste nicht so recht, was er jetzt machen sollte. Alya unterhielt sich mit Nino und er wollte jetzt nicht dazwischen Platzen, um ihr sein Geschenk zu geben. Die Wohnung war klein, aber hübsch eingerichtet und gemütlich. In einer Ecke stand ein voll beladener Tisch mit schon geöffneten und noch verpackten Geschenken. In der anderen Ecke waren über die Länge der Küchenzeile Essensplatten und Getränke aufgestellt. Er beschloss, dass es höflich war die anderen Gäste zu begrüßen. Also gesellte er sich rüber zu dem großen Sofa, an dem sich alle gerade tummelten und sagte: „Hey Leute.“ Mit großen Augen sahen ihn seine Klassenkameraden an, erwiderten aber den Gruß freundlich.
 

„Bist du wahnsinnig!“ Alya versuchte zwar zu flüstern, aber ihre Stimme erreichte ungeahnte Oktaven.
 

„Wieso? Alya, komm schon. Er wäre der einzige in der Klasse gewesen, der nicht eingeladen war. Von Chloé und Sabrina mal abgesehen.“
 

„Warum hast du mich nicht gefragt?“, setzte sie erneut zu einer Standpauke an. Doch Nino legte eine bittende Miene auf und erwiderte im Ton eines bettelnden Kleinkindes: „Er ist mein bester Freund und ich wollte, dass er mal einen schönen Abend mit uns allen hat.“
 

„Aber... aber...“ Alya wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hatte Marinette nicht im Detail gesagt, wen sie alles eingeladen hatte. Aber sie war sich sicher, dass es in einer Katastrophe enden würde, wenn sie ihn entdeckte. Andererseits, wenn sie es sich richtig überlegte, war es eine Gelegenheit für Marinette. Sie atmete tief durch und funkelte ihn sauer an. „Ich weiß genau, was du damit bezwecken willst. Wenn das schiefgeht, Gnade dir Gott.“ Sie bohrte ihm drohend den ausgestreckten Zeigefinger in die Brust. „Und du trägst die Verantwortung! Jetzt leg los!“, sagte sie bestimmt und stapfte hinüber zu ihrer Freundin am Büffet. Das war knapp gewesen. Nino beschloss, dass es gesünder für ihn wäre, wenn er Alya heute keinen Grund mehr dafür gäbe, wütend auf ihn zu sein und werkelte geschäftig am Mischpult.
 

„Ich hab eine Überraschung für dich!“, rief Alya trällernd und hielt Marinette die Augen zu, drehte sie mit dem Blick in Richtung Couch und nahm die Hände weg.
 

„Adrien!“, piepste sie entsetzt und machte einen Satz zurück. „Wierum, washalb, weso … ich meine, du hast ihn eingeladen?“
 

„Ich hab die ganze Klasse eingeladen, bis auf du weißt schon.“ Sie druckste etwas herum. Ungern belog sie ihre Freundin. „Und er ist Ninos bester Freund“, schloss sie in der Hoffnung, sie damit überzeugen zu können.
 

„Warum hast du mir das nicht erzählt?“, fragte sie verzweifelt und spürte bereits die aufsteigende Panik.
 

Alya wusste nicht, wie sie ihr das erklären sollte, denn als ihre beste Freundin hätte sie ihr das definitiv erzählen müssen. Darum wiederholte sie noch einmal überschwänglich, aber etwas nervös: „Überraschung?“
 

„Aber ich kann doch nicht einfach so mit ihm reden!“, sagte Marinette kleinlaut. Sie machte sich schon wieder viel zu viele Gedanken. Bevor Alya etwas erwidern konnte, wurde die Musik leiser gedreht und Ninos Stimme, verstärkt durch ein Mikrofon, ertönte. „Seid ihr alle gut drauf?“ Die Gäste pfiffen und johlten zur Bestätigung. „Alles klar, dann drehen wir jetzt mal die gute Musik auf!“, sagte Nino begeistert und legte eine neue Platte auf. Gut gelaunt begannen ihre Mitschüler zu tanzen und auch Adrien wippte grinsend im Takt mit.
 

„Du brauchst nicht zu reden, tanz mit ihm“, erläuterte Alya grinsend.
 

„Waaas? Nein!“
 

Aber sie ließ keine Widerrede zu und schubste Marinette in Richtung der anderen. Sie folgte ihr und begann neben dem kleinen Pult zu tanzen, an dem Nino stand und machte eine Handbewegung zu Marinette, die ihr bedeuten sollte näher ran zu kommen.
 

Es sah einfach verboten aus, wie steif Marinette sich bewegte. Ihr brach der Schweiß aus und panisch versuchte sie so wenig wie möglich Raum zu beanspruchen, um ja nirgendwo anzustoßen. Die anderen tanzten entweder zu Zweit oder Dritt zusammen und unterhielten sich hier und da über die Musik hinweg. Marinette schluckte gequält einen großen Kloß im Hals herunter und versuchte um Myléne und Ivan herumzutanzen, denn nahe der Wand bewegte sich Adrien locker im Takt der Musik. Kurz bevor sie ihn erreichte, schlotterten ihre Knie so stark, dass sie fast zusammengesackt wäre. Ihr wurde heiß, ihre Handflächen waren verschwitzt und in ihren Gedanken reihte sich ein Horrorszenario nach dem anderen. Um wieder einen klaren Kopf zu bekommen, machte sie einen Schlenker zurück und ging an den Tisch mit den Getränken, um sich ein Glas Bowle einzugießen.
 

Tikki streckte vorsichtig den Kopf aus der kleinen, runden Umhängetasche, die Marinette immer bei sich trug. „Warum bist du weggelaufen?“
 

„Das verstehst du nicht. Ich kann es einfach nicht. Sobald ich den Mund aufmache, kommt doch nichts Gescheites dabei raus.“ Marinette war geknickt, so hatte sie sich den Abend nicht vorgestellt. Reichte es nicht, dass sie sich in der Schule regelmäßig vor ihm lächerlich machte? Aus dem Augenwinkel sah sie, das Alya Anstalten machte zu ihr zu kommen und sie konnte sich schon denken, was sie sagen würde.
 

„Versteck dich Tikki“, hauchte sie ihrer Freundin zu und schloss unauffällig die Tasche.
 

„Bevor du etwas sagst“, begann Marinette ohne sich umzudrehen. „Vergiss es!“ Sie klang resolut, denn sie würde sich nicht noch einmal blamieren, indem sie versuchte locker zu sein.
 

„Hallo Marinette, was soll ich vergessen?“, antwortete die Person hinter ihr perplex.
 

Marinette gefror das Blut in den Adern. Sie zog ihre Schultern hoch bis an die Ohren und ihre Hand mit dem Bowleglas zitterte gefährlich. Sie drehte sich wie in Zeitlupe zu Adrien um. Der stand etwas unschlüssig hinter ihr und Alya spähte ihm über die Schulter. Eine Hand hatte sie vor den Mund gehalten, der zweifellos zu einem breiten Grinsen verzogen war, denn ihre Augen verrieten ihr, dass sie sich gerade köstlich amüsierte.
 

„Äh nichts, du sollst nichts vergessen …öhm …, weil ich dich nicht vergessen kann, ich meine …das war nicht …also ich dachte …vergiss das bitte ganz schnell, … Bowle?“, sagte sie verlegen und viel zu schnell, hielt ihm aber tapfer das Glas hin.
 

Adrien schaute etwas verwundert und den Kopf hielt er leicht schräg. „Oh, danke.“ Er nahm es ihr ab und als sich ihre Hände berührten war es, als würde Marinette ein Stromschlag durchlaufen. Fast wie an dem Tag im Regen, als er ihr seinen Schirm angeboten hatte. Ihre Fingerspitzen kribbelten dort, wo seine Hand sie flüchtig berührt hatten. Unfähig sich zu bewegen, sah sie zu, wie er trank. Dann realisierte sie wie bescheuert sie aussehen musste und goss sich selbst auch ein Glas ein.
 

Nino legte eine neue Platte auf und spielte nun einen Song, den Marinette nur zu gut kannte. Es war Jagged Stones erste Single von dem Album, für das sie das Cover entworfen hatte. Sie entspannte etwas und wippte sachte mit. Sie hatte es bisher noch nie geschafft sich diesem Lied zu entziehen.
 

Adrien hatte das Glas geleert und seine Augen strahlten, als er lauschte. „Ich liebe dieses Lied“, sagte er wohl mehr zu sich selbst als zu ihr. Auch sein Kopf nickte vor und zurück.
 

„Ich auch“, gestand sie und spürte wie sich ihr Puls normalisierte und ihre Laune besser wurde.
 

Er wusste, das Jagged auch ihr Lieblingskünstler war. Das war etwas, das sie gemeinsam hatten. Und es war nicht das Einzige, wenn er genauer darüber nachdachte.
 


 

„Marinette und ich nehmen an dem Ultimate Mecha Strike III Turnier teil“, erzählte er gerade Marinettes Eltern. Der Vater hatte den riesigen Arm um seine zierliche Frau gelegt, die ihrer Tochter sehr ähnlich sah. Die beiden wirkten wirklich sehr nett.
 

„Wie schön!“, sagt ihr Vater begeistert und nahm eine alberne Siegespose ein. „Nun sie hatte ja auch einen guten Lehrer. Tom den Großen! Bujaa!“
 

„Marinette hat uns gar nichts von dem Turnier erzählt“, warf ihre Mutter ein.
 

„Wir haben es erst heute erfahren.“
 

„Ihr seid ein Team, ja? Das überrascht mich nicht, Marinette redet ja dauernd von dir“, erwiderte sie mit einem verschmitzten Grinsen.
 

Überrascht riss er die Augen auf. Hatte er sich gerade verhört? Allem Anschein nach nicht, denn es ertönte ein vorwurfsvolles: „Maman!“ Marinette kam gerade die schmale, weiße Treppe aus dem oberen Stockwerk herunter. Sie kicherte nervös. „Komm doch rauf Adrien.“ Sie drehte sich um und ging vor in ihr Zimmer. Mit einem höflichen: „War nett sie kennenzulernen“ in Richtung ihrer Eltern folgte er ihr.
 

Der Raum hatte einen verwinkelten Grundriss und viele Dinge darin waren rosa. Ein typisches Mädchenzimmer. Eine weitere Treppe führte hinauf zu einer Bettstatt. Um eine Zimmerecke verlief ein Schreibtisch. Auf dem Bildschirm des Computers entdeckter er bereits das Startbild des Spiels und zwei Kontroller lagen auf dem Tisch bereit. Sie setzten sich davor und er griff nach einem davon. Ebendiesen wollte auch Marinette nehmen und als sich ihre Hände berührten, zogen sie sie zeitgleich und verlegen wieder zurück. Der zweite Anlauf verlief genauso, bis sie es schließlich schafften, sich vorlehnten und starr geradeaus auf den Monitor blickten. Er versuchte etwas Smalltalk, denn für ein paar Minuten herrschte peinliches Schweigen. „Deine Eltern sind sehr nett.“
 

„Oh, ja sind sie, aber manchmal …“ Sie lehnte sich etwas zurück und wollte gerade fortfahren, als sie an Adriens Rücken vorbeischaute und Tikki entdeckte, die sich mit einem gerahmten Foto von Adrien abmühte, welches sie vergessen hatten zu verstecken. Panisch entfuhr ihr ein erstickter Schrei und sie schnappte sich das Bild, um es mit einer zügigen Bewegung hinter sich zu werfen und so zu tun als kratze sie sich nur am Kopf.
 

„Manchmal was?“, fragte Adrien verwundert und wandte sich vom Bildschirm ab um sie anzuschauen. Doch sie wurden abgelenkt, als Marinettes Vater in der Bodenklappe erschien, ein Tablett mit frischen Croissants in der Hand. Adriens Augen leuchteten, als er das sah, denn das Gebäck duftete herrlich. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen. Doch Marinette schickte ihren Vater energisch hinaus. Es war ihr sichtlich peinlich und sie seufzte.
 

„Manchmal sind meine Eltern ganz schön neugierig“, beendete sie ihren angefangenen Satz. Er lächelte, aber innerlich war er niedergeschlagen. Sowas kannte er von zu Hause nicht. Im Gegenteil, sein Vater interessierte es nicht was er so trieb, solange er seine vorgeschriebenen Termine einhielt.
 

Sie trainierten eine Weile und so sehr er sich auch anstrengte, sie gewann jedes Mal mit Leichtigkeit. Es war frustrierend, aber als er sie darauf ansprach, ruderte sie verzweifelt zurück und versuchte ihr Talent herunterzuspielen. Doch dann tat sie etwas, was ihn verblüfft hatte. Sie gestand ihm peinlich berührt, dass einfach nur Glück hatte und zeigte ihm ein selbstgemachtes Perlenarmband, ihren Glücksbringer. Sie bot ihm sogar lächelnd an, es selbst zu probieren. Er war von dieser Geste so überrumpelt, dass es einfach nur sprachlos entgegen nahm. Dann platzten Marinettes Eltern zum insgesamt dritten Mal herein. Und diesmal traute er sich nach einer Pause zu fragen, denn Marinettes Mutter hatte ihnen eine Quiche gebacken und er hatte wirklich Hunger bekommen bei all den leckeren Düften, die das Haus durchströmten. Er wusste natürlich, dass sie eine Bäckerei im Erdgeschoss betrieben, aber der Geruch machte alles so gemütlich und familiär. Er fühlte sich ziemlich wohl hier und wünschte sich insgeheim, dass es zu Hause auch so sein könnte.
 

Sie saßen im Park auf einer Bank und das war das beste Essen, das er seit langem genossen hatte. Marinette wirkte abwesend, sie hatte ihr Stück Quiche nicht angerührt und entschuldigte sich fast unentwegt für ihre Eltern. Aber er fand, dass es dazu keinen Grund gab. Denn er beneidete sie dafür. Ihre Eltern waren nur neugierig und interessiert an ihrem Leben. Was sollte schlimm daran sein? Sie liebten sie. Frisch gestärkt und mit dem guten Gefühl, das ihm das Perlenarmband in seiner Hand vermittelte, wollten sie das Training fortsetzen. Doch auf einmal erschien ein riesiger Roboter und griff sie an. Adrien schwante Böses. Nachdem der Angreifer sein großes, grünes Auge auf sie gerichtet hatte und einen Laserstrahl abfeuerte, von dem sie gesehen hatten, dass er Menschen absorbierte, stieß Adrien Marinette von der Bank auf den Boden und warf sich schützend über sie. Sie wurde rot und rührte sich nicht. Sie blickte ihn nur mit ihren blauen Augen an, das schwarze Haar leicht zerzaust von dem Sturz. Zwischen ihren Gesichtern war nur eine Hand breit Platz und er zog mit jedem Atemzug ihren süßen Duft ein. Frischgebackene Kekse, Karamell und Vanille. Sie roch nach Geborgenheit und auch er spürte, wie ihm ein Hauch von Röte in die Wangen stieg.
 


 

Er musste unwillkürlich an das Gespräch mit Plagg denken. Sie war das einzige Mädchen, welches er kannte, das Ladybug so ähnlich sah. Es war verblüffend, aber nicht zu übersehen, jetzt wo er so lange darüber nachgedacht hatte. Aber das war sicherlich nur ein dummer Zufall. Er sah sie jeden Tag in der Schule und er betrachtete sie nicht nur als Mitschülerin, sondern auch als eine Art Freundin. Aber jetzt durchströmte ihn ein seltsames Gefühl. Eine ungekannte Sympathie überkam ihn. Er lächelte warm, blickte sie gut gelaunt an und seine Augen strahlten, als er fragte: „Hast du Lust zu tanzen?“ Und bevor sie etwas antworten konnte, hatte er ihr das Glas abgenommen und zog sie sacht an der Hand zu den andern, die sich begeistert zu der Musik bewegten.
 

Alya klappte die Kinnlade herunter und sie stieß Nino abwesend in die Seite. Er, eine Hand am Mischpult und mit der anderen die Kopfhörer an seinem Ohr haltend, blickte verwirrt auf. Alya deutete nur stumm auf ihre Gäste. Nun sah auch Nino, was sie meinte und lächelte breit. Adrien und Marinette tanzten einander gegenüber und was noch besser war, sie unterhielten sich hin und wieder kurz miteinander.
 

Es war gar nicht so schlimm wie Marinette gedacht hatte. Sie war verblüfft. Mit der Musik von ihrem Lieblingskünstler war sie vertraut, sie kannte sich damit aus und fühlte sich sicher. Und darüber hinaus hatte sie auch kein Problem zu sprechen, nicht einmal mit Adrien. Es war leicht. Warum fiel es ihr sonst so schwer? Weil sie sonst nicht wusste, worüber sie mit ihm sprechen sollte? Weil sie ohne die Musik nichts hatte, was sie beruhigte oder entspannte in seiner Gegenwart? Sie wusste es nicht. Unsicher wurde sie nun nur noch, wenn er sich nah zu ihr herüber beugte um neben ihrem Ohr etwas zu ihr zu sagen. In diesen Momenten stand die Zeit für sie still und ging erst weiter, als sich Adrien wieder zurück lehnte. Sie sprachen über alles Mögliche: die besten Lieder, die Alben und seine Konzerte. Die Zeit hatten sie völlig vergessen und bemerkten auch nicht das nach drei Liedern des Künstlers wieder andere Musik gespielt wurde, bis plötzlich alles um sie herum langsamer und gediegener tanzte und sich Paare bildeten. Sogar Nino verließ sein Pult und schnappte sich Alya, die kurz mit den Augen rollte, dann aber etwas zögerlich ihre Arme auf seine Schultern legte und lächelte.
 

Adrien sah sich etwas verhalten um, alle hatten sich schon zusammengefunden. Er beobachtete kurz, was sie taten und ging dann langsam auf Marinette zu. Mit jedem Zentimeter, den er an Abstand verlor, wurden ihre Augen immer größer. Etwas zögerlich legte er seine Hände an ihre Taille und spürte wie sie unter seiner Berührung kurz zusammenzuckte. Marinette atmete tief durch und verschränkte ihre Hände zaghaft in seinem Nacken. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, aber sie sagte sich, sie hatte es geschafft mit ihm zu reden, sie hatte mit ihm getanzt und nun würde sie auch das überstehen. Hatte sie das nicht immer gewollt? Ihm nahe sein? Ihr Herz drohte abzuheben, so schnell pochte es. Ausnahmsweise, fühlte sie sich einmal mutig und abenteuerlustig, ein Gefühl , das sie sonst nur als Ladybug kannte. Sie musste grinsen, als sie sich vorstellte, wie sie sich als Ladybug in dieser Situation verhalten würde. Sie wäre als Marinette furchtbar gern so selbstbewusst, aber das schaffte sie nur selten. Abgelenkt von ihren Gedanken wäre sie beinahe gestolpert, als sich ihr Fuß in einer Teppichkante verfing. Doch da sie die Arme beide um Adriens Nacken geschlungen hatte, konnte sie sich nicht richtig abfangen. Sie lehnte sich mit dem Kopf an seine Schulter und ihr Griff wurde reflexartig etwas enger. In der Hoffnung, dass er den Fehltritt nicht bemerkt hatte, versuchte sie es so natürlich wie möglich aussehen zu lassen, schloss die Augen und verfluchte ihre eigene Tollpatschigkeit.
 

Überrascht von diesem Vorstoß weiteten sich Adriens Augen. Sie hatte ihn ohne Vorwarnung enger an sich gezogen und nun lag ihr Kopf an seiner Brust. Erst wusste er nicht recht, was er tun sollte. Aber es fühlte sich sehr gut an, wie sie sich an ihn drückte. Auch er umschlang sie nun fester und drückte seine Nase in ihr Haar. Den süßen Duft, den er einatmete, löste bei ihm ein Gefühl von Wärme und Sicherheit aus. Er konnte es sich nicht erklären, aber so hatte er noch nie empfunden. Es war eine Art Zuneigung, eine Verbindung, unmöglich zu beschreiben. Nie zu vor war er ihr so nah gewesen. Sie, die kleine, tollpatschige Marinette, die immer stammelte und stotterte, wenn sie mit ihm sprach. Jetzt in diesem Moment war sie so anders, er erkannte sie fast gar nicht wieder.
 

Die letzten Töne des Liedes klangen aus und Nino ergriff wieder das Mikrofon. „Leute, wer möchte, dass Alya jetzt ihre Geschenke auspackt?“
 

Nur langsam lösten sich die Paare voneinander, gaben dann aber Kund, dass sie einverstanden waren. Alya setzte sich auf das Sofa und einer nach dem anderen holte sein Geschenk und überreichte es ihr zum Auspacken. Marinette setzte sich in Alyas Nähe und beobachtete sie lächelnd. Sie zitterte zum Glück nicht mehr so heftig. Nachdem sie sich von Adriens warmen Körper gelöst hatte, fühlte sich die Luft um sie herum furchtbar kalt an.
 

Als Alya alle Geschenke ausgepackt und sich bedankt hatte, stand Adrien etwas unschlüssig vor ihr und reichte ihr den Umschlag, den er die ganze Zeit mit sich herumgetragen hatte. Überrascht sah Alya ihn an, als hätte sie von ihm nichts erwartet. Sie zog den Gutschein heraus und quietschte vor Freude. „Vielen Dank! Da wollte ich schon immer mal einkaufen gehen.“ Erfreut lächelte Adrien sie an.
 

Marinette spähte herüber und war etwas neidisch auf Alya. Sie verehrte Gabriel Agreste und hätte diesen Gutschein auch toll gefunden. Ihre Freundin stupste sie überschwänglich an: „Du musst unbedingt mitkommen und mir beim Aussuchen helfen!“, sagte Alya glücklich. Freudestahlend trug sie das Geschenk zu ihrem Tisch: „Ich lege ihn gleich neben deine Tasche, da finde ich bestimmt etwas Passendes, um sie demnächst auszuführen.“
 

Neugierig beäugte Adrien den Tisch. Die Tasche war ihm vorher schon aufgefallen, aber er hätte nicht gedacht, dass es eine war die Marinette gemacht hatte. Natürlich wusste er, dass sie Kleidung entwarf und herstellte. Aber fertige Arbeiten hatte er bisher nur eine gesehen. Es juckte ihn immer in der Nase, wenn er an die federbesetzte Melone dachte, die Marinette im Zuge eines Wettbewerbes designt und gefertigt hatte. Er ging hinüber und betrachtete sie eingehend. Sie war sehr schön und hätte auch von einem großen Modehaus sein können. Ja, sie könnte sogar seinem Vater das Wasser reichen.
 

Plagg lugte aus seinem Hemd heraus und schaute ihn skeptisch an. „Sag mal Adrien, was war denn das eben?“
 

„Was meinst du?“, flüsterte er, tat so, als wisse er nicht, wovon er sprach und versuchte sich so hinzustellen, dass niemand auf den Gedanken kam, er führe Selbstgespräche.
 

„Gerade beim dem Tanz hattest du einen Herzschlag wie ein Presslufthammer. Und dabei war es nicht Ladybug, mit der du getanzt hast.“ Er wackelte frech mit den Augenbrauen und grinste verschwörerisch.
 

Genervt verdrehte er die Augen. „Sie ist nur eine Freundin.“
 

„Das hast du schon mal gesagt. Aber ich glaub dir das nicht wirklich, weil du es nicht mal selbst glaubst.“
 

Elender Besserwisser. Mit dem ausgestreckten Zeigefinger schob er den kleinen Kwami wieder zurück in sein Hemd, ohne darauf zu antworten.
 

Alle zuckten zusammen, als ein durchdringendes Klingeln die Stille durchbrach. Auch Adrien war kurz abgelenkt und schaute zur Tür.
 

Mit einem verwunderten: „Wer das bloß ist?“, ging Ayla unter den Blicken aller zur Wohnungstür und öffnete sie.
 

Dort stand allerdings niemand, also wollte sie hinunter zur Haustür gehen und nachsehen. „Ich bin gleich wieder da“, sagte sie noch bevor sie die Tür hinter sich offen ließ.
 

Sie war nur wenige Sekunden weggewesen, als ein lautes Krachen die gespannte Stille durchbrach. Entsetzt quiekten einige der Mädchen, vorne dran Myléne, die schon immer die Ängstlichste war. Sie drückte sich hilfesuchend an Ivan, der die gigantischen Pranken um sie legte. Rose und Juleka hatten sich an die Hand genommen und schauten sich unsicher um. Selbst der mutige Kim blickte erschrocken drein. Die anderen standen mehr oder weniger paralysiert da. Bis auf Nino der nun ebenfalls durch die Tür verschwand.
 

Marinette, die sich unheimliche Sorgen um Alya machte, schlich sich hinüber zur Balkontür, in der Hoffnung niemand würde ihr Fehlen bemerken. Ein Glück verdeckten große, schwere Vorhänge den Blick nach draußen. Sie schloss die Tür leise hinter sich. Sie spähte vorsichtig über den Rand des Geländers und wusste instinktiv, dass da etwas im Busch war. Ein Blick in ihre Tasche verriet, dass auch Tikki alarmiert war. „Was ist hier los?“, fragte sie besorgt.
 

„Ich vermute, es ist nichts Gutes. Wir müssen nach Alya sehen. Tikki verwandel mich.“ Es war jedes Mal ein berauschendes Gefühl, wenn Tikki in ihren Ohrringen verschwand und sie sich verfärbten. Innerhalb weniger Sekunden schloss sich der enge, rote Anzug mit den schwarzen Punkten um ihren Körper und eine passende Maske verschleierte ihre Identität. Ihre Waffe, ein Jojo, schlang sich griffbereit um ihre Hüfte. Die Kraft die sie verspürte, wenn sie Ladybug wurde, war phänomenal und verlieh ihr nicht nur Stärke und Schnelligkeit, sondern brachte auch andere Eigenschaften zum Vorschein. Mut und Kreativität zeichneten jetzt ihren Kampfstil und ihre Persönlichkeit aus. Sie sprang mit Leichtigkeit auf das steinerne Geländer des Balkons und schaute hinunter.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Rinnava
2017-01-14T20:01:33+00:00 14.01.2017 21:01
gutes kapi
die Story gefällt mir immer mehr
und ich hoffe das bald ein neues kapi hochgeladen wird
Lg Rin
Antwort von:  Bloonaa
14.01.2017 21:51
Hey, ich danke dir für dein Kommentar. ;) Freut mich wenn sie dir gefällt. Ich arbeite so schnell es mir möglich ist.
Wahrscheinlich in ein oder zwei Wochen geht es weiter. ^^
Schönen abend noch
Viele Grüße Bloonaa


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