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Schlaflos

Wenn deine Träume beginnen dich umzubringen
von

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Verzweiflung


 

„Verzweiflung befällt zwangsläufig die, deren Seelen im Ungleichgewicht sind.“

~ Marc Aurel ~
 

Erschossen. Erhängt. Aufgespießt.

 

Ein Genickbruch. Zerrissene Organe. Zerfetztes Herz.

 

Atemlosigkeit.

 

Schwindel.
 

Schmerz und Pein.

 

Ständige Angst.

 

Es gab wohl kaum eine Todesart, die Nami in den letzten Tagen nicht durchmachen musste, mit immer dem gleichen Muster. Immer den gleichen Schmerzen und Qualen. Mit dem stätig wachsenden Gefühl der Einsamkeit. Der Hilflosigkeit. Mit einem Gefühl des Wahnsinns.

 

Denn, wenn sie nicht schlief und im Traum starb, so war sie wach und hörte Geräusche, wie leises Knacken der Wände und Decken oder ein ohrenbetäubendes Knallen aus dem Rumpf des Schiffes. Sie sah Schatten und Augen, spürte Hände auf ihrer Haut, wo nichts war.

 

Es war verrückt!
 

Sie war…einfach…

 

Nami wollte es nicht wahrhaben, doch hätte ihr ein Anderer von diesen Erlebnissen erzählt, so hätte sie keinen Zweifel an dessen Verstandeszustand gehabt.

 

Doch…wer sollte es ihr übelnehmen?

 

Tag und Nacht stand sie unter Beobachtung ihrer Freunde, war nur noch allein, wenn sie es musste, oder wenn sie den Abstand suchte. Und den suchte sie mit jedem Tag mehr und mehr. Schließlich bemerkte sie doch die besorgten, traurigen Blicke. Merkte, wie es auch ihnen die Nerven raubte. Wusste, dass es keine Heilung geben würde, egal wie sehr Chopper versuchte seinen Fehlschlag zu verheimlichen.

 

Ja…, sie wusste, was das alles für sie – für ihr Leben heißen würde.

 

Ja…, sie wusste, dass mit jedem schlaflosen Tag und jeder schlaflosen Nacht ihr mehr und mehr ihrer Energie – ihres Lebenswillens gestohlen wurde.

 

Und nun…war es bereits der 13. Tag…

 

„Iss nur ein bisschen…“, flüsterte Sanji besorgt neben ihr, der ihr bereits den frischgebackenen Orangenkuchen hingestellt und aus Sahne kleine Herzen geformt hatte, während sich die Kerle beschwerten, dass Nami bereits den Nachtisch bekam. „Bitte…“

 

Nami hörte die Sorge und Traurigkeit in seiner Stimme. Und ein zusätzlicher Stein in ihrem Bauch war seine Besorgnis, was ihr das Essen noch unmöglicher erscheinen ließ.

 

„Sanji hat Recht…“, stimmte Robin zu und auch Chopper nickte eifrig. „Du hast schon ganz schön an Gewicht verloren, das ist nicht gut…“

 

Nami seufzte.

 

„Ich habe doch gar keinen Hunger…“

 

„Dann ess ich den Kuchen einfach!“, erklang nun Ruffys Stimme, der seinen Arm bereits ausstreckte, um sich den Kuchen zu schnappen, aber von Brook, Franky und Lysop gleichsam weggeschlagen wurde, bevor er die Süßigkeit überhaupt erreichen konnte.

 

„Das ist Namis!“, sprachen sie, gemeinsam mit Sanji, im Chor, während Ruffy nur mit den Schultern zuckte und stattdessen sich noch eine Fleischkeule nahm.

 

„Sollen wir dich füttern? Damals, als ich-“, begann Lysop eifrig zu erzählen, verstummte aber, als Nami ihn finster und mit tiefen, dunklen Augenringen ansah.

 

„Wenn mir noch einer mit einem dummen Ratschlag kommt, kratze ich demjenigen die Augen aus“, knurrte sie gleich verärgert und zeigte damit, dass sie wesentlich verstimmter war, als sie es üblicherweise war.

 

Jemand schluckte aus Angst am Tisch, bevor sie weiteraßen. In Stille, während nur noch das Geräusch von Schmatzen und Besteck auf dem Porzellan den Raum erfüllte. Sogar Ruffy traute sich nicht mehr, ein Wort zu sagen.

 

Nami hingegen bereute gleich ihren Ausbruch, doch entschied sich dagegen sich zu entschuldigen, da ihre traurige und verzweifelte Stimmung es nicht zu lassen wollten.

 

„I-ich bringe Zorro auch mal schnell sein Essen…“, erklang Sanjis Stimme plötzlich und nach einiger Zeit, riss somit die junge Frau wider aus ihren Gedanken und auch wenn dies als Information für alle dienen sollte, so nickte die Navigatorin trotzdem.

 

Mit trägem Blick sah Nami dem Smutje noch lange nach, auch wenn er schon durch die Tür seiner Kombüse verschwunden war und zum Krähennest hinauskletterte, wo der Schwertkämpfer bereits Ausschau hielt. Schließlich versuchte dieser sie, aufgrund ihrer außerordentlichen Zickigkeit, schon seit einigen Tagen zu meiden. Schließlich machte ihn die orangehaarige Frau nach seinen eigenen Aussagen „Schlichtweg wahnsinnig!“

 

Traurig sah Nami zu den Kuchen, den der junge Koch so liebevoll für sie dekoriert hatte, wissend, dass viel Wahrheit in den Worten des Schwertkämpfers lagen.

 

Wie wahnsinnig war sie schließlich schon geworden und wie lange würden es ihre Freunde noch mit ihr aushalten?

 

Mit zittrigen Händen griff Nami zu der Gabel, die neben dem Teller lag und piekte ein Stück der Köstlichkeit auf deren Zinken. Mit noch zittrigeren Händen führte sie diese wenigen Krümel zu ihren trockenen Lippen.

 

Ja, es war nicht viel und doch spürte sie gleich, wie ihr Magen rebellierte, auch wenn dieser wohl nicht mehr wusste, ob die junge Frau hungrig war oder nicht und viel zu verwirrt war durch den Verstand, der ihn beherrschte.

 

Und wieder spürte sie die besorgten Blicke ihrer Freunde, als sie die Gabel niederlegte und ihren Augen vollends von dem Dessert vor ihr abwendete.

 

Sie hatte einfach keinen Appetit…Und seit zwei Tagen spürte sie auch keinen wirklichen Durst mehr…

 

„Naja…immerhin ein Bissen…“, sagte Sanji, als er wiedergekehrt war und versuchte dabei so euphorisch wie möglich zu klingen. „Hier…ich habe dir einen frischen Saft gemacht. Damit kannst du den Kuchen gleich noch runterspülen!“

 

„Sanji…“, seufzte Nami, im Versuch sich zu weigern, doch trank dann doch einen Schluck durch den blauen Strohhalm, den er ihr in das Glas gesteckt hatte. Schließlich konnte sie seinem bittenden Blick kaum standhalten.

 

„Wir wollen auch!“, bettelten Chopper, Lysop und Ruffy auch gleich, als sie das leckere Getränk sahen und hielten dem Smutje die Krüge entgegen, damit er sie befüllen konnte. „Und für mich eine Cola, wenn du einmal dabei bist!“

 

Nami sah diese Ablenkung als ihre Chance, den Tisch zu verlassen.

 

Schließlich war der Druck einfach zu groß und sie würde eh keinen Bissen und keinen Schluck mehr runterkriegen. Vor allem nicht unter Beobachtung dieser Wachhunde.

 

Langsam stand sie auf und presste die Augen zusammen, als ein erneuter Schwindelanfall sie übermannte.

 

„Warte…“, sagte nun Robin und stand ebenfalls hastig auf, „…, ich werde dir helfen. Ich bin doch heute eh mit Nachtwache dran…“

 

„Schon gut…“, brummte Nami und entriss ihren Arm Robins fürsorglichen Händen „…, ich bin doch schließlich kein Baby mehr! Ich mache mich schon allein fertig und komme dann ins Krankenzimmer. Kein Grund zu Sorge!“

 

Langsam und auf wackligen Beinen brachte Nami das Glas mit Fruchtsaft zur Spüle, lächelte dann beim Drehen Sanji an, um ihn zu versichern, dass sie es später trinken würde. Den Kuchen hingegen brauchte sie nicht mehr wegräumen – den hatte sich Ruffy schließlich nun doch gekrallt und bereits in seine Backen geschoben.

 

Nun…immerhin brauchte sie sich darum nicht mehr kümmern.

 

Doch dann senkte Nami den Blick und ging leise hinaus in die Kälte, um ihre Schlafsachen zu holen.
 

Auch wenn sie in der Nähe einer Sommerinsel waren, so zerrte der laue Wind sehr an ihr, ließ sie frieren und zittern. Normalerweise liebte sie solch ein Lüftchen am Abend, vor allem nach solchen heißen Temperaturen am Tag, doch nun zeigte es ihr einmal mehr wie sehr die Müdigkeit ihr zu schaffen machte. Doch jetzt…, jetzt fühlte es sich einfach an, als würde ihr jemand mit einem stumpfen Messer die Haut von den Knochen schälen.

 

Mit einem traurigen Blick hinauf zum Krähennest, in welchem Zorro saß, der sie mied, musste sie zugeben, dass es wohl das Schlauste war, was er eh getan hatte.

 

Sie meiden…

 

Sie selbst fand sich sogar schon unausstehlich. Außerdem gaben ihr all diese lauten Geräusche, wenn ihre Freunde sich miteinander unterhielten, unendliche Kopfschmerzen. Verursachte Schwindel und Übelkeit.

 

Nein…gesellschaftstauglich war sie wirklich nicht mehr.

 

Mit diesen und ähnlichen Gedanken zog sie sich um und lauschte an und an dem Knarren und den unheimlichen Schritten hinter ihr, die mittlerweile Normalität geworden waren. Dann schlich sie sich zurück in die Küche und traf bereits die Archäologin an, die auf sie zu warten schien.

 

„Alle schon fertig?“, fragte Nami müde, als sie mit viel Verwunderung sich in der verwaisten Kombüse umsah. Nicht einmal Sanji war zu sehen.

 

„Ja…, sie haben bereits aufgegessen und tun das, was sie eben am liebsten tun.“
 

Robin wirkte, wie immer, sehr gelassen, wie sie da am Tresen lehnte und ihren Kaffee trank. Und das war eine Eigenschaft, die Nami schon immer an ihrer Freundin bewundert hatte – schließlich würde sie bei so viel Koffein zu solch einer späten Uhrzeit nie schlafen können.

 

„U-und Sanji?“, fragte die junge Navigatorin verlegen.

 

Die Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern und Nami seufzte, während sie sich neben Robin auf den Tresen setzte und die Beine baumeln ließ.

 

„Ach Robin…, was soll nur aus mir werden…?“, fragte sie schließlich, als die Verzweiflung sie wieder einmal übermannte. Als ihre Freundin nichts hinzufügte, sah Nami dies als ein Zeichen, fortzufahren:

 

„…, mit meinen Launen vergraule ich echt alle… Aber ich kann einfach nicht anders. I-ich…Ich weiß doch auch nicht, was mit mir los ist. Ich will doch auch wieder normal sein. Einfach schlafen. Und nicht ständig Halluzinationen haben… Ich wünschte nur, dass Chopper endlich eine brauchbare Information findet…irgendwas…was ihm hilft, ein Heilmittel herzustellen.“

 

Robin hörte ihrer Freundin still zu.

 

Dieses Mal kamen keine lindernden Worte. Kein Ratschlag. Nichts. Etwas, was für die Archäologin bei solchen Unterhaltungen sehr unüblich war.

 

Nami schloss daher ihre Augen und biss sich auf die Lippe. Denn normalerweise hätte sie in solch ausweglosen Situationen geweint. Doch die Tränen waren schon seit Tagen versiegt.

 

„Was soll ich nur tun…?“

 

Wieder keine Antwort.

 

Stattdessen fuhr schlagartig ein unendlicher Schmerz durch ihre Hand, welche sie auf der Oberfläche stützte und als Namis Augen aufschossen und sie zu ihrer Hand sah, erblickte sie ein Messer. Und dessen Klinge hatte ihre Hand aufgespießt und in das Holz unter ihr gerammt.

 

Und der schwarze Griff wurde von der feinen, wohlmanikürten Hand ihrer Freundin gehalten, die das Messer wieder aus dem Fleisch zog.

 

Namis Atem kam stockend, während sie die ältere Frau ansah, die noch immer keine Miene verzogen hatte.

 

„R-robin?“, keuchte Nami voller Angst, sprang vom Tresen herunter, während Blut den Boden benetzte. „W-was-?“

 

„Dein ständiges Geheule geht mit ganz schon auf die Nerven…“

 

Endlich sprach sie.

 

Doch ihre Stimme hatte die übliche Wärme verloren. War kalt und ohne jede Emotion.

 

„Wir alle sind es langsam satt – und ich glaube, dass es besser ist, wenn ich mich mal um dich kümmere!“
 

Nami wich zurück, als diese Frau, die sie jetzt schon so lange kannte, die mit ihr in einem Zimmer schlief und deren intimste Geheimnisse sie kannte, immer näher glitt. Mit eiskalten, blauen Augen auf sie gerichtet und dem bereits blutroten Messer in der Hand.

 

„Es-es tut mir doch leid! Das bin nicht ich, das ist einfach die Müdigkeit, die da aus mir spricht!“

 

„Wir finden schon eine neue Navigatorin! Ich gebe dir jetzt das, wonach du dich so gesehnt hast! Und dieses Mal werden deine Schreie die anderen nicht mehr wecken!“

 

Weiter zurück.

 

Fliehen!

 

Verschiedenste Gedanken kamen ihr in den Sinn, um diesem Albtraum zu entkommen.

 

Doch dann ließ Robin Hände erscheinen, hielten die junge Frau an Beinen und Armen fest, sodass sie sich nicht mehr bewegen konnte.

 

„Robin, du wirst doch nicht-“

 

„Schlaf wohl, Prinzessin!“

 

Das Messer sauste in ihren Bauch. Einmal. Zweimal. Dreimal. Dann in ihr Herz und bevor es schwarz wurde, waren da diese eiskalten, blauen Augen, während noch jemand anders zu beobachten schien.

 

Tränen und Schreie entkamen ihren eigenen Augen und Lippen.

 

Diese unendlichen Schmerzen.

 

Chopper war sofort an ihrer Seite.

 

Robin, die Nachtwache halten sollte, ebenso.

 

Und kurz darauf auch die Anderen.

 

Besorgt drängten sie sich durch die Tür, an die Krankenkoje, machtlos, über diesen erneuten Albtraum.

 

„Nami!“, hörte sie ihren Namen, gesprochen von verschiedenen Freunden.

 

Doch dieses Mal war Anders. Dieses Mal war sie schneller bei Verstand und war sich schneller ihrer Umgebung bewusst.
 

Sah die Schwarzhaarige, die noch Augenblicke zuvor ihren Tod wünschte und in die eigene Hand nehmen wollte, nun aber ebenso verzweifelt und verängstigt über den Zustand der Jüngeren.

 

„Geh weg!“, fachte Nami gleich und stieß die Archäologin von sich, als diese ihr eben noch eine Träne von der Wange wischen wollte.
 

„Verzieh dich und pack mich nicht an!“

 

Noch bevor jemand anderes etwas sagen konnte, sprang Nami vom Bett auf, stieß Rentier und Koch zur Seite, während der Schütze und der Cyborg zur Seite sprangen.

 

„Wisst ihr was – wenn euch mein Zustand so auf die Nerven geht, dann lasst es doch einfach endlich, mir helfen zu wollen! Es funktioniert doch eh nichts“, geiferte die junge Frau, schubste dann in all dem Wahnsinn sogar ihren Käpt’n gegen den Türrahmen.

 

„Lasst mich einfach in Ruhe und kommt mir nicht zu nahe, bevor mich noch einer von euch töten will! Ich bin es einfach leid. Es gibt kein Heilmittel und damit Basta!“

 

Sich den schmerzenden Bauch haltend stampfte Nami davon, während ihre Freunde nun nur noch mehr verzweifelt und am Ende ihrer guten, freundschaftlichen Ratschläge waren.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  WeAreBlank
2018-04-10T20:58:56+00:00 10.04.2018 22:58
Mal wieder sehr gut gelungen :D Freut mich sehr, dass du so schnell die Zeit gefunden hast weiter zu schreiben. Das ihre eigenen Freunde sie schon in ihren „Träumen (?)“ angreifen passt sehr gut in eine solche Entwicklung. Ich persönlich glaube das am Ende irgendwie eine Teufelsfrucht damit zu tun hat. Wirst du natürlich besser wissen als ich xD Bin schon gespannt wie es weitergeht ^^


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