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Uncertain Heart

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hi, ihr Lieben! Ich entschuldige mich im Voraus für Tais kindisches Verhalten :D Aber es hat so Spaß gemacht, ihn Mimi ein bisschen ärgern zu lassen ;P
Viel Spaß beim Lesen! Komplett anzeigen

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Ausflug

Die kommenden Tage vergingen eher schleichend und während ich Tai größtenteils aus dem Weg ging, kam Kari das ein oder andere Mal zu mir rüber, um Hope mitzunehmen. Ich hatte eingesehen, dass ich sie nicht einfach von Tai fernhalten konnte und ihn nicht von ihr. Also erlaubte ich, dass sie täglich für ein paar Stunden zu den Yagamis durfte, damit die zwei ein wenig Zeit miteinander verbringen konnten. Tai allerdings hatte ich seit unserem letzten Zusammenprall nicht mehr gesehen – und das war auch besser so. Ich konnte die Zeit nutzen, um zu verarbeiten, was geschehen war. Dass es ausgerechnet Sora war, mit der Tai etwas hatte, wollte einfach nicht in meinen Kopf. Und mir vorzuwerfen, ich wäre nicht ganz unschuldig daran gewesen, dass es überhaupt passiert war, war die absolute Krönung. Und je mehr ich darüber nachdachte, umso wütender wurde ich. Wie konnte Tai es wagen mir derartige Vorwürfe an den Kopf zu knallen? Ich wusste, wir mussten früher oder später versuchen, ernsthaft über diese Sache zu reden, aber momentan zog ich es vor, dies zu vermeiden. Ich war einfach zu wütend auf ihn, um ein anständiges Gespräch mit ihm führen zu können.

Allerdings sah Tai das etwas anders …

Ich stand gerade unter der Dusche, als es an der Tür klingelte. Ich dachte, es wäre Kari, die mir Hope wiederbringen wollte, deswegen wickelte ich mir nur schnell ein Handtuch um meinen nassen Körper und eilte zur Tür. Es klingelte noch mal.

„Ich komme schon“, rief ich und öffnete erwartungsvoll die Tür, um meine Tochter zu empfangen. Mein Lachen erstarb, als Tai mir entgegenblickte.

„Was machst du denn hier?“, fragte ich schnippisch und zog mein Handtusch ein Stück höher.

Sein Blick war geradezu unverschämt – er wanderte meinen Körper hinab und wieder zurück, ehe sich ein verschmitztes Grinsen auf seine Lippen legte.

„Netter Aufzug“, bemerkte er. „Nicht unbedingt das perfekte Reiseoutfit, aber na ja …“

Ich verzog die Lippen zu einer schmalen Linie. „Was soll das? Was machst du hier? Und wo ist Hope?“

Ich reckte meinen Kopf und schielte an ihm vorbei. Hinter ihm standen zwei große Reisekoffer, ein schwarzer und ein roter. Ich wusste gar nicht, dass Tai denselben Koffer wie ich hatte, aber … Moment mal. Das war mein Koffer!

„Hast du es schon vergessen?“, fragte Tai mich schief grinsend. „Wir sind für dieses Wochenende verabredet. Ich hatte dich auf einen Ausflug eingeladen.“

Ich hob den Kopf und funkelte ihn böse an.

„Denkst du ernsthaft, ich fahre mit dir in den Urlaub, nach allem was passiert ist? Momentan würde ich mit dir noch nicht mal den Müll runterbringen.“ Provokant hielt ich seinem Blick stand.

„Du wirst keine andere Wahl haben“, zuckte Tai mit den Schultern. „Dein Koffer ist gepackt und Hope ist gerade mit Frau Hanada auf einen Spaziergang. Sie wird das Wochenende über bei ihr bleiben. Du musst dir also keine Sorgen machen.“

„Sorgen?“, fuhr ich ihn an. „Ich hab Sorge, dass du nicht mehr alle Tassen im Schrank hast. Wie kommst du überhaupt an meine Sachen?“

Er zog eine Augenbraue nach oben, als müsste ich die Antwort darauf selbst kennen.

„Du lässt Kari ziemlich oft auf Hope aufpassen. Ich habe immer noch einen Schlüssel. Es war nicht schwer, deinen Koffer zu nehmen und ein paar Sachen für dich zu packen.“

Verdammt! Warum hatte ich das nicht bemerkt? Und Kari steckte auch noch mit diesem Verräter unter einer Decke.

Trotzig verschränkte ich die Arme vor der Brust. „Na, dann wünsche ich dir viel Spaß auf deinem Ausflug. Ich komm nicht mit.“

Tais Mundwinkel zuckten.

„Bist du sicher, dass du nicht mitkommen möchtest?“, fragte er herausfordernd und wedelte mit meinem Schlüsselbund vor meiner Nase rum.

Perplex sah ich ihn an. „Wie bist du da rangekommen?“, empörte ich mich.

Er legte den Kopf schief und sein Mund verzog sich zu einem triumphierenden Lächeln. „Du hast eben sehr lange geduscht, Mimi.“

Ich presste die Zähne aufeinander. Schnappte er jetzt völlig über? Nicht mit mir. „Na, und? Ich lasse mich doch nicht von dir erpressen, was denkst du dir denn? Dann hast du eben meine Schlüssel. Ich muss übers Wochenende nicht rausgehen. Es gibt schließlich Lieferdienste“, sagte ich überlegen.

Tai nickte, als hätte er es geahnt. „Ich konnte mir denken, dass es nicht so leicht sein würde, dich zu überzeugen, also …“

Seine Hand glitt in seine Hosentasche und mein Handy kam zum Vorschein.

„Und du willst nicht wissen, was ich noch alles von dir habe“, grinste er schief und herausfordernd, während ich immer wütender wurde.

Dieser Mistkerl! Ich musste unbedingt das Schloss austauschen lassen.

„Du hinterlistiger … Was willst du überhaupt von mir? Du bist doch neulich abgehauen, nachdem du mir an den Kopf geworfen hast, ich hätte mich nie wirklich in dich verliebt“, sagte ich spitz.

Seine Miene wurde ernster. „Falsch. Ich bin gegangen, nachdem du mir gesagt hast, dass du meinen besten Freund geküsst hast.“

Allein bei der Erinnerung wurde mir schlecht. Es war mir immer noch unangenehm. Doch das wollte ich vor Tai nicht zeigen.

„Lass uns dieses Wochenende nutzen, um zu reden. In Ruhe“, schlug er nun etwas sanfter vor, doch ich verzog nur das Gesicht zur Antwort.

„Mach doch deinen doofen Ausflug alleine“, brummte ich. Erst wirkte er etwas vor den Kopf gestoßen, doch dann lockerte sich seine Miene und er zuckte mit den Schultern, ehe er mein Handy zurück in seine Tasche gleiten ließ.

„Gut, wenn du es nicht anders willst.“ Er schnappte sich beide Koffer und schlenderte damit den Flur entlang. „Ach, und falls du deinen roten Spitzen BH suchst und … all deine andere Unterwäsche … du weißt ja, wo du sie findest“, flötete er. Wie vom Blitz getroffen sprang ich hinaus auf den Flur und rannte ihm hinterher.

„Du Idiot“, schrie ich ihm nach. „Gib mir sofort meine Sachen zurück, du hinterhältiger Unterwäschedieb … oh, verdammt!“ Ich wirbelte herum und eilte zurück zur Wohnung, weil just in diesem Moment einer unserer Nachbarn die Tür öffnete und ich immer noch halb nackt und nur in ein Handtuch gewickelt auf dem Flur herumspazierte.

„Ich warte dann unten auf dich“, rief Tai mir über die Schulter hinweg zu, wofür ich lediglich ein Knurren übrighatte. Aufgebracht schlug ich die Tür hinter mir zu. So ein verdammter … Argh! Verflucht – was sollte ich denn jetzt nur tun? Ich war absolut noch nicht bereit, mit ihm zu reden, geschweige denn ein ganzes Wochenende mit ihm zu verbringen. Aber … vielleicht musste ich das ja auch gar nicht.
 

Eine halbe Stunde später stapfte ich angesäuert die Treppen unseres Wohnblocks hinab, wo Tai vor dem Eingang bereits auf mich wartete. Er hatte mir tatsächlich fast all meine Sachen gestohlen. Gerade noch so fand ich einen BH, ein Höschen, ein schwarzes Shirt und eine blaue Jeans. Tai lehnte an dem Wagen seines Vaters, den er sich offensichtlich ausgeliehen hatte und grinste mir entgegen. Er trug eine Jeans, ein weißes Shirt und eine Lederjacke, worin er unglaublich gut aussah – aber das zählte in diesem Moment nicht.

„Du hast es dir anders überlegt“, stellte er fest, woraufhin ich verächtlich zischte.

„Meinst du, ich lasse zu, dass du mit all meinen Sachen verschwindest?“, entgegnete ich trocken. „Dir ist wohl jedes Mittel recht.“

Ich wollte an ihm vorbei um den Wagen drum rum gehen, doch er hielt mich am Handgelenk fest und zog mich zurück.

„Um mit dir zu reden? Ja.“

„Du hast sie doch nicht mehr alle! Ich habe überhaupt keine Lust mit dir zu verreisen. Also lass mich gefälligst los, du blöder Idiot“, giftete ich ihn an und entzog mich seiner Hand. Das Kribbeln, was seine Finger auf meiner Haut hinterließen, ignorierte ich.

„Wie wär’s, wenn du mir einfach meine Sachen zurückgibst und wir uns diese Farce ersparen?“

„Du bist wirklich süß, wenn du zornig bist“, grinste er jedoch nur schief, was mich nur noch mehr in Rage versetzte.

„Sag mal, willst du mich verarschen? Nimm mich gefälligst ernst“, forderte ich bissig. Womit ich nicht gerechnet hatte war, dass er auf einmal so dicht an mich herantrat, dass ich mich mit dem Rücken gegen das Auto gelehnt wiederfand. Er kerkerte mich ein, indem er seine Hände links und rechts neben mir abstützte und mich eindringlich ansah.

„Ich nehme dich ernst – sehr sogar“, sagte er mit rauer Stimme. „Deswegen tue ich das hier. Es tut mir leid, was ich neulich zu dir gesagt habe. Und ich kann nicht mehr länger mit ansehen, wie du zwanghaft versuchst dich von mir fernzuhalten. Du weißt, dass das nicht geht. Du gehörst zu mir und ich gehöre zu dir. Also, bitte … steig endlich in diesen verdammten Wagen.“

Seine Stimme war so liebevoll, wie fordernd, was mich nur noch mehr dazu anstachelte, seiner Bitte nicht nachzukommen. Ich schluckte schwer, bevor ich ihm fest in die Augen sah und mich ihm entgegen reckte.

„Nein“, sagte ich bestimmt.

Tai zog bedächtig eine Augenbraue in die Höhe und ein Blick in seine Augen verriet mir, dass er sich nicht so einfach geschlagen geben würde.

„Du hast es nicht anders gewollt“, sagte er verheißungsvoll. Plötzlich packte er mich und hob mich auf seinen Armen hoch.

„Hey, was soll das?“, fing ich sofort an zu protestieren, nicht ohne mit den Füßen wild in der Luft zu strampeln. Doch natürlich war er stärker als ich.

Er trug mich auf die andere Seite des Wagens, bei der die Tür bereits offenstand. Dann setzte er mich auf dem Beifahrersitz ab, ignorierte meine wüsten Beschimpfungen und Proteste und schnallte mich an.

„Man, sag mal, spinnst du? Das ist Entführung!“, schrie ich ihn aufgebracht an.

Seufzend stützte er sich am Sitz ab, als er mich angeschnallt hatte und sah mich durchdringend an, mit einem wild entschlossenen Blick, der mich augenblicklich verstummen ließ. Ich kannte diesen Blick nur all zu gut.

„Nenn es, wie du willst. Von mir aus beschimpfe mich solange wie du möchtest – das ist mir egal. Aber wenn du dann mit meckern fertig bist, reden wir.“

Er erhob sich, trat einen Schritt zurück und schloss die Tür neben mir, bevor er selbst zur Fahrerseite ging und sich anschnallte. Diesmal widersetzte ich mich ihm nicht mehr.
 

Was mich jedoch nicht davon abhielt, die ganze Fahrt über trotzig aus dem Fenster zu starren und ihn keines Blickes mehr zu würdigen. Wir waren mehrere Stunden unterwegs, doch das war mir so ziemlich egal. Er hatte es geschafft, dass ich in diesem Auto saß – mehr konnte er erst mal nicht erwarten.

Zum Glück schien er das zu wissen und ließ mich vorerst in Ruhe. Als wir am Hotel ankamen, staunte ich jedoch nicht schlecht über die schöne Landschaft und das Hotel war auch nicht zu verachten. Gott, er musste unglaublich viel dafür springen gelassen haben.

„Stürzt dich dieses Wochenende nicht in den Ruin?“, fragte ich zweifelnd, als ein Portier unsere Koffer auslud und reinbrachte.

„Nicht wirklich. Ich habe ein wenig gespart. Außerdem ist es mir die Sache wert“, antwortete mit einem zuversichtlichen Blick in meine Richtung. Ich wich seinem Blick aus und ging vor ihm rein zum Empfang.

„Hallo“, begrüßte Tai die Empfangsdame. „Taichi Yagami. Wir haben ein Doppelzimmer für dieses Wochenende gebucht.“

„Herzlichen Willkommen, Herr und Frau Yagami“, erwiderte die Empfangsdame überfreundlich. Ich runzelte die Stirn. Herr und Frau Yagami? Na, da hatte wohl jemand bei der Anmeldung etwas geflunkert.

„Wir haben für Sie ein sehr schönes Doppelzimmer im obersten Stockwerk reserviert, mit einer grandiosen Aussicht auf den Fuji. Frühstück ist ab 07:00 Uhr und wenn Sie möchten, können Sie …“

„Ich habe da eine Frage“, unterbrach ich die nette Dame in ihrem Vortrag, die mich nun fragend ansah. Überrascht wandte Tai den Kopf.

„Wäre es möglich, dass ich ein Einzelzimmer bekomme?“

Tai zuckte zurück. „Was?“

Ich ignorierte ihn und sah einfach weiterhin die Empfangsdame an. „Also, wie ist das jetzt mit dem Zimmer? Sie müssen wissen, Herr Yagami und ich haben ein paar Differenzen und ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn ich deshalb ein Einzelzimmer bekommen könnte.“

Völlig perplex sahen mich beide an. Tai hatte es die Sprache verschlagen und auch die Empfangsdame wirkte etwas irritiert.

„Nun … ehm. Ja, wenn das ihr Wunsch ist“, stammelte sie und tippte etwas in ihrem Computer ein. Unterdessen spürte ich Tais Blicke auf mir haften und ich glaube, er wäre mir am liebsten an die Gurgel gesprungen. Doch was hatte er erwartet? Dass er meine Unterwäsche als Druckmittel benutzen, mich hierher verschleppen konnte und ich mit ihm in einem Bett schlief? Das konnte er vergessen. So weit war ich noch lange nicht.

„Ja, da ist tatsächlich noch ein Zimmer frei. Leider …“, sie stockte und sah mich entschuldigend an. „Leider ist es direkt nebenan. Ich hoffe, das ist okay für Sie?“

Ich nickte einverstanden. „Das ist es.“

„Gut, dann werde ich Ihnen jetzt ihre Zimmerkarten aushändigen“, sagte sie leicht verunsichert und reichte uns statt nur einer Karte zwei.

„Danke“, sagte ich und ging. Tai folgte mir zum Fahrstuhl.

„Ist das dein Ernst?“, knurrte er hinter zusammengebissenen Zähnen.

„Wieso?“, entgegnete ich trocken. „Ich weiß überhaupt nicht, was du hast. Ist doch genau wie zu Hause.“
 

Die nächsten Stunden schaffte ich es meinen Zimmernachbarn zu ignorieren. Tai schien es mir wirklich übel zu nehmen, dass ich seinen Plan vereitelt und mir ein eigenes Zimmer genommen hatte, denn er ließ mich in Ruhe. Wahrscheinlich schmollte er gerade allein in seinem viel zu großen Doppelzimmer, doch das war mir relativ egal. Wenn ich schon mal hier war, konnte ich die Zeit wenigstens sinnvoll nutzen. Nämlich mit einem Nachmittag im Spa. Tai hatte wirklich ein schönes Hotel ausgesucht, das musste man ihm lassen. Außerdem hatte ich mich schon viel zu lange nicht mehr entspannt, also hatte ich auch kein schlechtes Gewissen, als ich mir eine mehrstündige Massage gönnte.

Zutiefst erholt schlenderte ich danach auf mein Zimmer zurück und seufzte entspannt auf, als ich die Tür hinter mir schloss und ins Bad ging. Da es ein Einzelzimmer war, war es mit Sicherheit kleiner als Tais Bad, doch das war nicht schlimm. Ich hatte trotzdem eine Badewanne und gegen ein entspannendes Bad nach der Massage hatte ich nichts einzuwenden. Ich ließ mir die Wanne voll laufen und stieg in das warme Wasser. Es fühlte sich so gut an, endlich mal wieder etwas für mich selbst zu tun. Das war viel zu lange zu kurz gekommen. Es war so schön, dass mir sogar kurz die Augen zufielen. Als ich wieder aufwachte, war das Wasser bereits ausgekühlt, also stieg ich aus der Wanne und trocknete mich ab. Ich ging zurück in mein Zimmer und wollte mir frische Sachen anziehen.

„Oh, nein“, stöhnte ich und schlug mir mit der flachen Hand gegen die Stirn. Verdammt. Mein Koffer wurde ja mit auf Tais Zimmer gebracht. Ich kaute auf meiner Unterlippe und überlegte.

„Scheiß drauf“, meinte ich schließlich schulterzuckend zu mir selbst und warf mir einen weißen, flauschigen Bademantel über. Ich trat vor die Tür und vergewisserte mich zunächst, ob sich auch kein anderer Gast auf dem Flur befand, bevor ich mich nach nebenan schlich und an die Tür klopfte.

„Ist offen“, kam es von drinnen und ich drückte die Klinke, um schnell rein zu huschen. Ich staunte nicht schlecht über das geräumige Zimmer, was tatsächlich viel größer war als meines. Um nicht zu sagen: luxuriöser. Tai lag auf dem Rücken in der Mitte seines Bettes und tippte auf seinem Handy rum. Er hatte einen Arm hinter den Kopf gelegt und war ganz vertieft. Ich durchquerte das Zimmer und trat vor ihn.

„Wo sind meine Sachen?“, fragte ich ohne Umschweife.

Er hob den Kopf und sah mich an. Ein leichtes Grinsen legte sich auf seine Lippen, bei dem Anblick meines Aufzugs.

„Soll das etwa ein Versöhnungsangebot sein?“, fragte er und legte das Handy zur Seite, um beide Arme hinter dem Kopf zu verschränken.

Ich schnaubte und stemmte die Hände gegen die Hüfte. „Hättest du wohl gern.“

Die Antwort war ein eindeutiges Grinsen.

„Ich brauche meine Sachen, Tai“, sagte ich noch ein Mal und versuchte Ruhe zu bewahren.

„Ich weiß nicht, was du meinst. Ich hab deine Sachen nicht“, antwortete er leichtfertig und griff wieder nach seinem Handy.

Ich funkelte ihn böse an. Wollte er mich verarschen?

„Ich weiß genau, dass du meinen Koffer hier hast“, entgegnete ich wissend, woraufhin Tai leicht seufzte.

„Ich habe ihn nicht. Wieso ist er nicht auf deinem Zimmer?“

„Weil du nun mal dieses Zimmer für uns gebucht hast und unsere beiden Koffer hierhergebracht wurden.“

Ich ging zu seinem Kleiderschrank und öffnete ihn. Nichts zu sehen von meinen Sachen.

Dann kniete ich mich hin und lugte unter sein Bett. Irgendwo musste er ihn doch versteckt haben.

„Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragte Tai grinsend, der sich inzwischen auf den Bauch gedreht hatte und von der anderen Seite aus ebenfalls unters Bett sah.

Ich verzog meine Lippen zu einem schmalen Strich und stand auf.

„Na, schön. Wenn du sie mir nicht geben willst, werde ich eben das ganze Wochenende im Bademantel verbringen“, drohte ich an, doch das schien ihn nicht zu stören.

„Ich denke, es gibt schlimmere Anblicke“, konterte er. Ha, ha. Er hielt sich wohl für sehr gewitzt. Stinkesauer wandte ich mich ab und stapfte aus dem Zimmer. Ich schloss die Tür hinter mir und stieß einen Wutschrei aus. Die anderen Gäste auf dem Flur sahen mich irritiert an, weswegen ich schnell nach nebenan flüchtete. Frustriert schmiss ich mich aufs Bett und schaltete den Fernseher ein.

Warum machte es ihm nur so viel Spaß mich vorzuführen? Meinte er ernsthaft, damit erreichte er irgendwas?

Ich zappte mich durch das Programm, ohne wirklich hinzugucken. Es ärgerte mich ja selbst, dass ich immer noch nicht über meinen Schatten springen und mit Tai reden konnte. Und es tat mir auch leid. Immerhin hatte er den ersten Schritt getan und war auf mich zugegangen – wenn auch etwas unverfroren. Aber war ich dann nicht an der Reihe, den nächsten Schritt zu tun?

Ich schaltete den Fernseher aus und ging auf den Balkon. Inzwischen war es dunkel geworden und wir hatten den ersten Tag dieses schönen Wochenendes komplett vertan. Gefrustet über mich selbst lehnte ich mich gegen die Brüstung und betrachtete das wunderschöne Bild, dass sich mir bot. Man hatte von hier aus tatsächlich einen grandiosen Blick auf den Fuji, der bei Nacht noch viel geheimnisvoller wirkte als am Tag. Ich seufzte in mich hinein.

„Es ist schön hier, nicht?“, hörte ich jemanden neben mir sagen. Ich hob überrascht den Kopf und sah Tai direkt neben mir stehen. Ach ja, auch unsere Balkone grenzten natürlich aneinander. Auch er hatte den Blick verträumt in die Ferne gerichtet.

Ich nickte. „Ja, das ist es.“

Wir schwiegen eine Weile, was in Ordnung war. Doch irgendwie überkam mich plötzlich das Gefühl, mich entschuldigen zu müssen.

„Es tut mir leid“, wisperte ich. Tai wandte den Kopf zu mir.

„Was denn?“

„Dass ich uns den ersten Tag schon jetzt verdorben habe. Du hast dir solche Mühe gegeben mit der Reise und ich verhalte mich total kindisch und bringe es einfach nicht fertig mit dir zu reden. Über uns. Über Hope. Über Sora …“

Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie Tai sich auf die Lippe biss, als ihr Name fiel und er den Blick von mir abwandte.

„Es muss dir nicht leidtun“, sagte er schließlich ruhig. „Ich verstehe, dass du mir ausweichst. Aber wir müssen darüber reden, wie es weitergehen soll, vor allem wegen Hope. Es tut mir leid, dass ich dir vorgeworfen habe, du hättest dich nur in mich verliebt, weil ich mich um euch gekümmert habe. Ich glaube, da hat die Verzweiflung aus mir gesprochen.“

Ich spürte, wie ehrlich er es meinte und wenn Tai es schaffte, sich aufrichtig zu entschuldigen, dann konnte ich das doch auch, oder?

„Ich entschuldige mich auch bei dir. Es tut mir leid, dass ich Matt geküsst und es dir dann unter die Nase gerieben habe.“

Tai grinste leicht und schüttelte den Kopf. „Ist schon gut. Ich denke, das hab ich verdient, was?“

Irritiert sah ich ihn an. „Du bist nicht sauer auf Matt?“

Tai lehnte sich nach vorn auf die Brüstung des Balkons und lächelte in die Nacht hinein. „Wie könnte ich sauer auf ihn sein? Was ich gemacht habe, ist doch viel schlimmer.“

Er drehte sich zu mir und zog bedächtig eine Augenbraue in die Höhe. „Was nicht heißt, dass er dich jetzt ständig küssen darf. Das kann er vergessen“, sagte er und ich musste lachen.

„Tut er sicher nicht“, warf ich seine Bedenken über Bord. „Es war ihm genauso unangenehm wie mir, das kannst du mir glauben.“

„Na, da bin ich ja beruhigt“, gab Tai grinsend zurück.

Irgendwie tat es gut, dass wir plötzlich so ungezwungen darüber sprechen konnten. Das war tatsächlich das erste anständige Gespräch, dass wir seit unseres Streits zustande brachten und es fühlte sich jetzt schon erleichternd an.

„Ich möchte dir gerne einen Vorschlag machen, Mimi“, durchbrach Tai die Stille und ich sah ihn interessiert an.

„Du weißt, ich hab dich hierher verschleppt, damit wir über alles reden können. Aber bevor wir das tun, würde ich gerne morgen den Tag mit dir verbringen“, sagte er, was mich aufhorchen ließ.

„Wieso? Was hast du vor?“, fragte ich.

Tai zuckte mit den Schultern, doch seine Augen verrieten etwas anderes. „Na ja, wir sind immerhin hier, oder? Wir sollten wenigstens ein bisschen Spaß haben, wenn ich schon so viel Geld hierfür ausgebe. Und außerdem …“ Seine Stimme brach und ich konnte sehen, wie schwer es ihm fiel, die nächsten Worte auszusprechen. „Wenn du nach unserem Gespräch entscheidest, dass du nicht mehr mit mir zusammen sein möchtest, wäre es schön, wenigstens einen letzten Tag mit dir verbringen zu dürfen.“

Ich schluckte schwer. Darum ging es ihm also. Ich biss mir auf die Unterlippe, denn der Gedanke daran war durchaus ein wenig beängstigend – auch für mich.

Also nickte ich einverstanden. „Ich würde mich freuen, wenn wir den morgigen Tag zusammen verbringen.“

Tai lächelte zufrieden. „Das finde ich gut.“

Auch ich schenkte ihm ein letztes Lächeln und zog dann den Saum des Bademantels enger an meinen Körper, da ich immer noch nichts anderes anhatte und es allmählich kalt draußen wurde. „Ich werd dann mal reingehen“, sagte ich leicht fröstelnd und wandte mich ab.

„Mimi, warte“, sagte Tai und ich drehte mich zu ihm um. „Ich hab noch was für dich.“

Er ging zurück in sein Zimmer und kam wenige Sekunden später wieder heraus. Mit meinem Koffer in der Hand.

„Was … Wo?“, stammelte ich perplex, als er ihn mir über die Brüstung auf meine Seite reichte.

„Du hast nicht im Badezimmer nachgesehen“, grinste er triumphierend und hielt mir dann auch noch mein vermisstes Handy entgegen. So ein hinterlistiger …

Ich streckte ihm die Zunge raus, konnte mir jedoch ein Grinsen nicht verkneifen.

„Ich wusste gar nicht, dass du so gerissen sein kannst, Taichi Yagami.“

„Man tut, was man kann. Also, bis morgen?“

„Bis morgen“, verabschiedete ich mich lächelnd und zog meinen Koffer hinter mir her in mein Zimmer.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Hallostern2014
2018-04-17T16:45:31+00:00 17.04.2018 18:45
Huhu Liebes ❤

Hihi, während Mimi stehst Tai aus dem Weg gehen will. Plant er sein eigentlichen schönes Wochenende mit Mimi. Ihn dem er seine kleine Schwester mit ein bindet. Aber Kari will auch nur, dass beide sich wieder vertragen. Alleine schon wege Hope. Da finde ich es schön, dass Mimi ein gesehen hat das Hope den Papa braucht.

Und wie er sie gezwungen hat mit zu kommen. Kleidung ist eine andere Sache aber Handy. Wo sie Erreichbar ist alleine wegen Hope ne andere. Da hat er sehr gut gespielt. Und natürlich zickt sie schön weiter rum.

Als sie dann am Hotel ankam war sie ja erstmal baff. Das sie ein eigenes Hotelzimmer genommen hat ist doof. Aber natürlich hat sie das Glück, dass sie ein Zimmer dirket nebnen ihr eigentliches Bekommt. Die Empfangsdame denkt bestimmt die beide haben ihre erste Ehekriese weil Tai ja unter Yagami gebucht hatte.

Das kleine Gespräch zwischen den beiden auf dem Balkon war schön dennoch traurig. Mimi hat zugestimmt Tai einen Tag zu geben wo beide ohne Problemen den Tag verbringen und Genießen. Bevor die beide über ihre Zukunft reden. Den Gedanken, dass Mimi sagt sie kann es nicht und somit schluss macht tut auch mit weh. Mal sehen wie es läuft ich hoffe gut. Wegen Hobe alleine. Macht sich überhaupt nicht gut wenn sie sagen sie seihen getrennt.

Ich freue mich schon aufs nächste Kap.😍😍.
Gannnz liebe grüße und ich hoffe du hattest einen schönen Wochenstart.❤❤😘🌷🌷🌷
Antwort von:  Khaleesi26
27.05.2018 12:18
Hallo Liebes :)

Tut mir ehrlich leid, dass ich jetzt erst antworte :( Hatte einiges zu tun hier :'D
Aber jetzt gehts weiter :)

Da hast du recht. Kari will ja auch nur, dass alles wieder gut wird und man kann ja auch verstehen, dass sie da ihren Bruder unterstützt. Und Hope braucht Tai. Umso wichtiger, dass die beiden sich wieder annähern.

Stimmt :D Da hat Tai echt ziemlich schwere Geschütze aufgefahren. Hope ist untergebracht und Mimi hat keine andere Wahl als mitzukommen :D Gegen ihren Willen.

Haha :D Also Tai war das sicher sehr unangenehm, aber Mimi ist eben ein Dickkopf und wollte ihm wahrscheinlich auch eins auswischen damit. Vielleicht kriegt sie sich ja wieder ein und aus zwei Zimmern können auch schnell mal wieder eins werden ;P

Die Idee ist schön oder?! <3 Auch, wenn beide noch nicht wissen, was am Ende des Tages dabei rauskommt ... aber immerhin haben sie einen gemeinsamen Tag zusammen, den sie hoffentlich genießen können.

Bin sehr gespannt, was du zum nächsten Kapitel sagst :3

Danke für dein Kommi :* und liebe Grüße <3
Von:  Kaguya
2018-04-15T19:49:52+00:00 15.04.2018 21:49
Guten Abend meine Liebe <3

Oh man Tai, der ist so kindischXD
Aber auch irgendwie total süß <3

Mimi ist mir mit ihrem Verhalten dieses mal ein wenig auf die Nerven gegangen.
Sie hat alles bis aufs kleinste verneint.
Der arme Tai hat ganz schön kämpfen müssen, bis er sie dann endlich hatte:)
Ich fand es richtig geil, das er Mimi schlussendlich gehoben und ins Auto gepackt hat.
Am Besten wäre ja gewesen, er hätte die Beifahrertür noch mit ner Kinderversicherung verriegeltXD
"Mimi es gibt kein entkommen hörst du! Tai hat dich fest in der Hand!!!" :3

Das mit dem Einzelzimmer fand ich ehrlich gesagt ein wenig doof.
Woher nimmt Mimi das Geld, dieses bezahlen zu können?
Oder hat Tai so viel Geld dabei, um das zweite Zimmer auch zahlen zu können.
Schade, das Mimi sich so verwehrt hat.
Wenigstens diese Sache hätte sie bedenken & ihm enteggen kommen können.
Sie hätte ja auch im Doppelzimmer rum zicken und schmollen könnenXD
Ich bin jedoch froh, das die beiden jetzt bevor sie reden, einen Tag gemeinsam verbringen wollen.
Hoffentlich kommt es nicht wirklich dazu, das sich Mimi schlussendlich gegen Tai entscheidet.
Das wäre so schlimm für Hope. Sie würde ihren Vater verlieren.
Außerdem wäre die Trennung doch auch ein negativer Aspekt fürs Jugendamt.
Nicht das ihr Hope am Ende weg genommen wird :(
Damit würde sie ja das genaue Gegenteil bewirken...

Wie dem auch sei, mir hat dieses Kapitel sehr gut gefallen, auch wenn ich mir hier eine weniger protestierende Mimi gewünscht hätte :D
Freue mich schon mega auf das nächste Kapitel <3

Ich wünsche dir einen schönen Sonntag Abend! :*

Liebe Grüße

Kaguya
Antwort von:  Khaleesi26
27.05.2018 12:10
Hallo Liebes :)

Sorry, dass ich erst jetzt antworte. Hatte einiges um die Ohren xD
Aber danke für dein Kommi :) Hab mich sehr gefreut!

Haha :D Mir auch ein wenig. Aber andererseits ist es auch nicht verwunderlich, dass sie sich so verhält, nachdem was Tai ihr da an den Kopf geworfen hat. Da hätte ich auch keine gesteigerte Lust mit ihm in den Urlaub zu fahren :D
Haha, das grenzt schon beinahe an Entführung, aber was hätte er auch machen sollen, wenn sie so stur ist ... :D Da kennt er eben nichts xD

Das hat sich Mimi vorher sicher nicht überlegt :D
Wobei ichs schon ein bisschen verstehen kann... er schläft mit ihrer besten Freundin und dann soll sie sich einfach wieder zu ihm ins Bett legen? Na ja :'D Das mit dem gemeinsamen Tag fand ich allerdings auch ziemlich süß von Tai, das ist eine tolle Idee <3
Da hast du recht :( Das wäre gar nicht gut für Hope und sicherlich auch nicht für Mimi und ihre Situation. Aber mal sehen, wie das Wochenende ausgeht...

Hihi, ich hab so eine Ahnung, dass dir das nächste auch gut gefallen könnte #michi ;D

Hab einen schönen Sonntag :*

Liebe Grüße <3


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