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Secrets

von

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Port of sunsets

Red und ich hatten uns darauf geeinigt, nichts über Bills Unfall und unsere Theorie diesbezüglich zu sagen. Wir machten uns gemeinsam auf den Weg zurück und trafen gleich auf Green, der uns ein wenig angenervt von einem weiteren Rüpel von Team Rocket erzählte, der offenbar eine TM geklaut und dafür ein Loch in eine Hauswand gesprengt hatte, welches uns einen direkten Weg hinaus aus der Stadt offenbarte.

Allerdings waren wir noch nicht ganz aufbruchsbereit. Green musste uns natürlich offenbaren, wie einfach der Kampf gegen Misty gewesen wäre und präsentierte uns stolz seinen Orden, den Red sich als einziger von uns noch verdienen musste. Da Green auf ihn warten wollte, um später zu erfahren, wie sein Freund und Rivale sich geschlagen hatte, und ich hingegen keine Zeit verlieren wollte, machte ich mich vorerst allein auf den Weg. Ich musste die Zeit nutzen, um weiter zu trainieren. Also legten wir los.

Auf dem Weg nach Orania City geschah zur Abwechslung mal nichts Ungewöhnliches. Ich trainierte vorwiegend mit Fukano und Bisaknosp und sorgte dafür, dass auch Karpador zumindest ein paar Erfahrungspunkte abbekam. Wir nahmen daher erst spät den unterirdischen Tunnel nach Orania City, um kurz vor der Stadt unser Training fortzusetzen. Schließlich durften wir nicht nachlassen. Denn schon bald würden wir dem nächsten Arenaleiter gegenüberstehen.

Es war ein angenehmer Vormittag, als ich unser Training beendete und wir endlich die Stadt erreichten.

Orania City, die Hafenstadt der einmaligen Sonnenuntergänge.

Unser erstes Ziel war das Pokémon-Center. Ich musste sichergehen, dass meine Partner auch fit waren - zumindest Fukano und Bisaknosp. Dass Karpador mir eine Hilfe in einem Arena-Kampf sein würde, wagte ich zu bezweifeln.

Nur wenig später, nach einer umfangreichen Untersuchung und dem Ergebnis, dass meine Pokémon in einem recht guten Zustand waren und sich schnell wieder erholten, trat ich wieder hinaus an die frische Luft. Ich sah mich um und überlegte gerade, wo ich als erstes hingehen sollte, da hörte ich eine Stimme: "Hey, Rei! Hier bin ich!"

Es war Red, der einige Meter von mir entfernt stand und fröhlich winkte. Na dann hatte ich wenigstens einen von ihnen schon mal gefunden.

Ich ging ohne ein Wort zu ihm hinüber, doch Red schien das keineswegs zu stören, er schien unheimlich gut gelaunt und voller Energie. Als ich ihm einen skeptischen Blick versetzte, sagte er sofort: "Und, freust du dich auch schon?"

"Worauf?", fragte ich verdutzt.

"Na auf die Party!", sagte Red hellauf begeistert und nickte mit dem Kopf in Richtung Hafen. "Dank Bill haben wir ja die Karten dafür bekommen. Ich hab mich schon mal umgehört, dort soll es auch einige Trainer geben! Die kommen bestimmt von weit her und haben seltene Pokémon, die ich bisher noch nicht gesehen habe. Ich kann es kaum erwarten, gegen sie zu kämpfen!"

Ich konnte mir wieder mal ein grinsen nicht verkneifen,. "Freak durch und durch. Du nimmst die Sache mit dem Pokédex ziemlich ernst, was?"

Red nickte bestimmt. "Ich habe mir ein Ziel gesetzt. Ich will diesen Pokédex vervollständigen, und das werde ich auch!"

"Nur für den Alten? Das wäre es mir nicht wert."

Sein Gesichtsausdruck veränderte sich. "Was hast du gegen Professor Ōkido?"

"Er ist ein wahnsinniger Schwachkopf."

"Das stimmt doch gar nicht!"

Ich hob die Brauen und sah Red scharf an. "Er kennt nicht mal den Namen seines Enkels. Findest du das normal?"

"Ach, er ist doch schon was älter", entschuldigte er ihn und tat meine Worte mit einer Handbewegung ab. Doch ich hob bloß die Schultern. "Mir ist es egal. Ich kann ihn nicht leiden, aber wenn du ihn magst, dann ist das so. Ich meine nur, dass ich für so jemanden niemals eine solche Aufgabe erfüllen würde. Dafür wäre mir meine Zeit und Energie zu schade."

"Du klingst fast so wie Green. Ich dachte eigentlich, er würde auch an seinem Pokédex arbeiten, aber da hab ich wohl falschgelegen. Ihn interessiert das kein Stück, mich hingegen schon. Und außerdem tu ich das nicht nur für den Professor, sondern auch, weil ich das will. Es ist mein persönliches Ziel, unabhängig davon, dass es auch sein Traum ist. Ich liebe Pokémon, und ich will jedes einzelne von ihnen sehen, ich will jedes von ihnen zumindest einmal gesehen haben!"

"Na dann ist es ja gut", sagte ich und wandte mich ab. "Dann wünsche ich dir viel Erfolg."

"Hey, wo willst du hin?"

"Mal in der Arena vorbeischauen. Je schneller ich die Herausforderung annehme, umso besser."

"Aber die Party!"

Ich drehte mich wieder um. "Was ist damit?"

"Die fängt gleich an, deshalb hab ich extra hier gewartet und nach dir Ausschau gehalten. Ich dachte schon, du würdest zu spät kommen … ich meine, wenn wir diese Karten schon mal haben, dann sollten wir sie doch nicht verfallen lassen, oder?" Er starrte mich erwartungsvoll, vielleicht sogar hoffnungsvoll, an und wartete meine Antwort ab. Ich seufzte. "Na gut, du hast Recht. Dann los, gehen wir. Bringen wir die Sache hinter uns."

Jetzt war Red wieder so fröhlich wie vorhin. Er ging voran, ich folgte ihm, und während wir durch die Stadt in Richtung Hafen gingen, konnte er keine Minute ruhig sein.

"Ich hab irgendwie das Gefühl, du freust dich kein bisschen. Gehst du nicht gern auf Partys?"

"Nein."

"Warum?"

"Ich kann Menschen nicht leiden."

"Oh", machte Red und schwieg zunächst. Dann sagte er: "Kann ich verstehen. Ich mag auch nicht zu viele Menschen um mich herum, wenn ich sie nicht kenne. Aber als Trainer kommt man da wohl leider nicht ganz drum herum. Außerdem sind wir ja zu zweit, dann wird es sicher nicht so schlimm."

"Wo ist Green eigentlich?", fragte ich ihn, um das Thema zu wechseln. "Er hat doch extra auf dich gewartet, weil er wissen wollte, ob du den Orden kriegst. Hast du ihn?"

"Ja, ich hab ihn", sagte Red und sah nachdenklich zum Himmel hinauf. "Aber wo Green ist, keine Ahnung. Wir haben ausnahmsweise mal im Pokémon-Center übernachtet, aber er ist schon früh aufgestanden und verschwunden. Ich hab keine Ahnung, wo er hin sein könnte, denn in die Arena wollten wir eigentlich zusammen."

"Hm … hast du ihm von der Party erzählt?"

"Nein…" Jetzt sah er zu Boden, als ob es ihm unangenehm wäre. "Ich wollte nicht, dass er sich ausgeschlossen fühlt. Ich meine … weil wir beide ja eine Karte haben und er nicht … findest du das albern?"

"Nein", sagte ich bestimmt und meinte es auch so. Ich wandte ihm das Gesicht zu und versuchte es mit einem Lächeln. "Ich denke zwar nicht, dass es irgendwas ändern würde, ob er es nun wüsste oder nicht. Aber es ist toll von dir, dass du dir Gedanken um solche Dinge machst und nicht willst, dass er sich benachteiligt fühlt. Du bist ein echt netter Kerl, und daran ist nichts albern. Hm, sieht aus, als wären wir da."

Ich konnte das riesige Schiff im Hafen sehen, das die Aufschrift M.S. ANNE trug. Auch Red sah nun wieder auf. "Ja, sieht aus, als wären wir da."

"Na dann komm. Schauen wir mal, was da oben so los ist. Vielleicht triffst du ja tatsächlich ein paar Trainer mit seltenen Pokémon."

Wir gingen den Hafen entlang und über den Steg, der uns zur M.S. Anne brachte. Den Geräuschen auf dem Schiff nachzuschießen, hatten die Leute dort eine Menge Spaß.

"Willkommen auf der M.S. Anne!", rief ein Matrose uns freudig entgegen, als wir ankamen. "Verzeihung, habt ihr eure Tickets?"

"Na sicher", strahlte Red und wir zeigten dem Matrosen unsere Karten.

"Großartig! Dann wünsche ich euch viel Spaß!"

"Danke!"

Und wir betraten das Schiff. Und kaum waren wir drin, da sah Red schon voller Vorfreude rechts und links den Gang entlang, als ob er darauf wartete, dass ein Trainer um die Ecke kam, gegen den er kämpfen konnte. Ich klopfte ihm kurz auf die Schulter. "Sei nicht so ungeduldig, du wirst sicher noch zu deinen Kämpfen und neuen Pokémon kommen. Ich schlage vor, wir sehen uns überall mal um und schauen auch nach, was in den Kabinen so los ist."

Red schien schockiert. "Du … willst einfach so in fremde Kabinen reinplatzen?"

"Ja klar."

"Aber … das tut man nicht."

Ich wandte den Kopf und grinste. "Du bist echt viel zu anständig. Was glaubst du denn, was dich dort erwartet? Die M.S. Anne legt nur einmal im Jahr in Orania City an, und schließlich ist die Party in vollstem Gange, mal ganz abgesehen von den Trainern, die vielleicht dort warten. Willst du dir diese Chance wirklich entgehen lassen?"

Er zögerte. Lange. Er starrte mich verbissen an, doch dann nickte er. "Gut, in Ordnung. Aber du gehst vor! Ich will nicht schuld sein, wenn sich jemand beschwert!"

"Mit Vergnügen", sagte ich amüsiert und ging voran. "Schauen wir uns doch einmal um."

"Wo willst du anfangen?", sagte Red hastig und lief mir nach, während ich zum Ende des Ganges ging und mich einmal umsah. "Hm. Ich würde sagen, wir gehen erst mal bis zum Ende durch diese Tür, kommen dann wieder zurück und nehmen die Treppe, und anschließend knöpfen wir uns die ganzen Kabinen vor und gehen zur anderen Seite. Was sagst du?"

"Ist ein Plan…"

Ich hätte wahrscheinlich alles sagen können und er wäre mir gefolgt. Wahrscheinlich wollte er wirklich nur, dass ich voranging. Aber das machte mir nichts. Ich mochte mich zwar nur ungern mit Menschen auseinandersetzen, doch ich wusste, sie gekonnt zu ignorieren.

Wir betraten den ersten Raum und fanden uns offenbar in der Küche wieder. Überall wurde unter Hochdruck gearbeitet, und die Köche liefen eilend hin und her.

"Aus dem Weg, ihr Leichtmatrosen!", rief uns einer entgegen, als wir mitten durch den Raum gingen, und sauste an uns vorbei. "Wir sind schwer beschäftigt!"

"Wahrscheinlich sollten wir wirklich besser wieder gehen…", murmelte Red mir zu, doch ich ignorierte ihn und ging einfach weiter. Ich sah mich um und fasste die Mülleimer ins Auge. In dem Moment beugte sich ein anderer Koch von seinem Arbeitsplatz zu uns herüber. "Ihr solltet vielleicht wirklich besser von hier verschwinden, wir sind ziemlich im Stress. Aber vielleicht gibt es noch was Interessantes für euch, ich habe eben einen seltsamen Ball im Müll gesehen…"

"Aha", sagte ich leicht triumphierend und schritt geradewegs auf die Mülleimer zu. "Wusste ich doch, dass es nicht umsonst war."

"Was meinst du?", fragte Red und lief mir weiterhin hinterher. Ich ging an den Mülleimern vorbei und warf jeweils einen Blick hinein. "Aha, da haben wir doch was."

Ich griff in einend er Eimer hinein und zog einen Ball hervor. "Na sieh mal einer an. Ein Superball. Und noch voll funktionsfähig. Siehst du, Red? Aus dem Grund solltest du dich immer gründlich umsehen. Es gibt heutzutage viele Leute, die sehr verschwenderisch leben und oft Sachen wegwerfen. Ein Blick in die Mülleimer schadet also nie."

Und so machten wir uns wieder auf dem Weg, vorbei an all dem duftenden Essen - es gab offensichtlich Lachs-Filet - und begaben uns über die nächste Etage hinweg an Deck. Hier war die Stimmung deutlich ausgelassener und fröhlicher als unten in der Küche.

"Hach, sieh dir nur mal diese Aussicht an!", rief Red und ließ den Blick über das Meer schweifen. "Das ist echt toll, ich -"

"Hey, ihr das!", rief uns plötzlich jemand zu. Wir wandten die Köpfe. Ein Matrose baute sich vor uns auf. "Ihr seid doch Pokémon-Trainer, nicht wahr? Wie wäre es mit einem Kampf?"

"Au ja!", sagte Red hoffnungsvoll und zog seinen ersten Pokéball. "Ich bin dabei! Du erlaubst doch, Rei?"

"Nur zu", sagte ich und machte eine ausladende Geste. "Ich bin nicht scharf drauf. Du willst den Pokédex vervollständigen, nicht ich."

"Okay, auf geht's!"

Ich sah den beiden beim Kämpfen zu und beobachtete dabei vorzugsweise Reds Kampfstil. Schließlich konnte es nie schaden, ihn zu kennen. Mit Sicherheit würden wir noch öfter gegeneinander antreten.

Der Kampf dauer jedoch nicht allzu lange. Red war zweifellos stärker als der Matrose und besiegte mit Pikachu beide Pokémon. Kein Wunder, denn die Pokémon des Matrosen waren Wasser-Typen, denen ein paar Donnerschocks ordentlich zusetzten.

"Mist, da hatte ich wirklich keine Chance", sagte der Matrose ein wenig niedergeschlagen. "Dein Pikachu ist echt toll! Hier in der Gegend sieht man sowas eher selten. Mein Vater sagt, es gäbe hundert verschiedene Pokémon. Ich denke, es gibt mehr…"

Ich wandte mich ab, als Red schließlich seinen Pokédex hervorholte und mit dem Matrosen ziemlich angeregt über die verschiedenen Pokémon sprach, die beide bereits gesehen und gefangen hatten. Gerade sah ich hinüber zur Stadt, als ich jemanden erkannte, der wohl ebenfalls die Aussicht genoss.

"Misty?"

Sie wandte sich um, als ich näherkam. Ihr zunächst träumerischer Gesichtsausdruck wandelte sich zu einem freudigen Strahlen, als sie mich erkannte. "Hey, Rei! Du bist also auch hier, damit hab ich gar nicht gerechnet. Wie geht's dir?"

"Gut", sagte ich und stellte mich neben sie, um mit ihr zusammen die Aussicht zu genießen. "Ich hab durch einen guten Freund Karten bekommen, und da dachte ich, ich schau mal vorbei."

"Verstehe", sagte Misty und warf einen kurzen Blick über die Schulter. "Red ist ein Freund von dir?"

"Ja. Wir haben jeweils eine Karte bekommen, daher sind wir gleich zusammen hierher."

"Er ist gut", sagte Misty anerkennend. "Sein Pikachu hat meine letzten beiden Teampartner ziemlich fertiggemacht, die anderen vier sind ja schon deinem Bisaknosp und dem Tauboga und Schillok von diesem Green zum Opfer gefallen."

Es brachte mich zum Grinsen. "Ich wette, er war sehr von sich überzeugt, dass er diesen Kampf ohne Probleme gewinnt."

"Wer, Green? Er ist also auch ein Freund von dir?"

"Jep."

"Verstehe." Jetzt zeigte auch sie ein amüsiertes Lächeln und versetzte mir einen vielsagenden Blick. "Ja, er war sehr von sich überzeugt. Aber ich hab es ihm nicht zu leicht gemacht. Zumal er kein Pokémon hatte, das wie dein Bisaknosp oder Reds Pikachu gegenüber dem Typ Wasser im Vorteil war. Er hatte zumindest ein bisschen an meinem Starmie zu knabbern."

"Na wenigstens."

Misty sah mich fragend an. "Höre ich da eine gewisse Schadenfreude? Man könnte fast meinen, du wolltest, dass er den Kampf verloren hätte?"

Ich drehte mich um und lehnte mich lässig an das Geländer, wobei ich Red einen kurzen Moment beobachtete, der gerade noch mit dem Matrosen gesprochen hatte und nun von einem weiteren zum Kampf aufgefordert wurde. "Nein, eigentlich nicht. Ich wünsche ihm nicht unbedingt, dass er einen Kampf verliert, allerdings sollte er es auch nicht immer so leicht haben wie bisher. Tatsächlich hat er sich gleich den ersten Orden im wahrsten Sinne des Wortes abgeholt. Drei Attacken und Rocko war besiegt."

"Wenn er da schon sein Schillok hatte, kein Wunder. Schließlich ist es doppelt im Vorteil."

"Zweifellos. Nun, es war noch ein Schiggy, aber auch das hat vollkommen gereicht. Wie auch immer, bisher gewinnt er so ziemlich jeden Kampf mit Leichtigkeit. Und das lässt ihn natürlich nicht daran zweifeln, dass er der Beste ist."

Wir tauschten kurze, vielsagende Blicke, dann mussten wir beide lachen. Ich hatte den Eindruck, dass Misty wenigstens genau wusste, dass ich es nicht böse meinte. Ich mochte Green tatsächlich, doch konnte ich es nicht abstreiten, ein wenig Schadenfreude zu genießen. Ich hätte diesen Kampf gerne gesehen, den er mit etwas weniger Leichtigkeit gewonnen hatte. Sie zwinkerte mir zu und nickte in Richtung Stadt. "Wenn er die hiesige Arena besuchen will, wird er wohl auf einen Gegner treffen, den er wohl nicht so leicht schlagen wird."

Ich wandte den Kopf und folgte ihrem Blick. Ich sah die Arena am Rande der Stadt. Tatsächlich hatte ich mir noch keine Gedanken darüber gemacht, um welche Arena es sich eigentlich handelte. Ein besonders ausgeglichenes Team hatte ich bisher schließlich nicht, da es bisher nur aus Fukano und Bisaknosp bestand, wenn man Karpador mal nicht mitzählte. Denn letzteres würde ich erst nach seiner Entwicklung im Kampf einsetzen können.

"Was ist das für eine Arena?", wollte ich wissen.

"Elektro."

"Verstehe." Ich musste wieder grinsen. "Tja, das würde ich mir gerne ansehen. Mit Tauboga und Schillok wird er da wohl nicht weit kommen."

Misty nickte eifrig und weitete die Augen. "Da wird er sich eine andere Strategie überlegen müssen. Zumal Major Bob ziemlich hart im Nehmen ist, an ihm werden sich einige die Zähne ausbeißen."

Ich sah Misty an. Ein eigenartiges Gefühl beschlich mich, als ich eines ihrer Worte wiederholte: "Major?"

"Ja, Major Bob heißt er", antwortete sie verwirrt. "Er war beim Militär, danach hat er die Orania-Arena übernommen und den Titel Major auch in seinen Namen als Leiter einfließen lassen."

Ich wandte mich ab und ging wieder in Richtung Red.

"Was ist los?", rief Misty mir nach, doch ich warf nur kurz einen Blick über die Schulter. "Ich habe etwas zu erledigen. Ich danke dir, Misty. Komm, Red. Wenn du fertig bist, gehen wir weiter."

"Ist gut", sagte Red ein wenig verwundert, doch er fragte nicht. Ich sah noch zu, wie er den Kampf beendete und sein Preisgeld kassierte, dann kehrte ich ohne ein Wort ins Innere des Schiffes zurück und drehte mich dabei nicht einmal um.

"Warum hast du es so eilig?", fragte Red, der jetzt rennen musste, um mich mit meinen zügigen Schritten einzuholen. Ich verzog keine Miene. "Ich will nur schnell hier raus. Das ist alles. Bevor wir die Treppe hier hochkamen, waren doch auch noch einige Kabinen. Vielleicht sollten wir dort weitermachen, bevor wie wieder ganz zurückgehen."

"Ist gut…"

Ohne überhaupt einmal nachzufragen, betrat ich die erste Kabine. Red schien nicht besonders angetan von meinem Verhalten, doch er brauchte sich nicht groß darum zu kümmern. Denn jetzt war ich an der Reihe. Zugegeben, ich hätte vielleicht freundlicher sein und auch etwas sagen sollen. Doch im Augenblick hatte ich nur eins vor Augen. Ich wollte kämpfen. Gegen jeden, der mir in die Quere kam.

Vielleicht machte ich Red ein wenig Angst damit, denn ich konnte seine starren Blick in meinem Nacken spüren, während ich die Trainer herausforderte. Doch es war mir in diesem Moment gleich. Mistys Worte klangen mir immer noch in den Ohren, und es löste etwas bei aus, das nur selten zum Vorschein kam.

"Na das ging ja recht einfach", sagte ich schließlich, als wir aus der letzten Kabine traten. "Das dürfte Fukano und Bisaknosp gut Erfahrung gegeben haben. Wenn wir hier fertig sind, werde ich der Arena einen Besuch abstatten."

"Den Orden wollen wir doch alle", meinte Red und ich spürte wieder eine gewisse Unsicherheit in seiner Stimme. Ich machte ein abwertendes Geräusch. "An diesem Müll bin ich nicht interessiert."

Wir bogen um eine Ecke, und stießen dabei gleich mit jemandem zusammen. Ich konnte gerade noch so gut ausweichen, dass ich weiteren Bodenkontakt vermied, doch Red stolperte rückwärts und fiel über seine eigenen Füße.

"Au!"

"Pass doch auf! Ach, ihr seid es."

Red und ich sahen beide auf. Und wir waren beide nicht weniger überrascht als der andere.

"Green! Was machst du denn hier?!"

"Dasselbe könnte ich euch beide fragen." Er stand mit hochgezogenen Brauen und sah uns abwechselnd an, als erwartete er eine klare Antwort.

"Bill hat mir Karten geschenkt", sagte ich unbekümmert. "Er wollte nicht kommen, und da er ein guter Freund von mir ist, hat er mir die beiden überlassen."

Red rappelte sich wieder auf und sah zu Boden.

"Und zufällig war Red dabei, also hab ich ihm die zweite Karte überlassen. Du warst ja ohnehin beschäftigt." Ich grinste. Green grinste ebenfalls. "Verstehe. So landeten wir also alle hier. Wieso hast du nichts gesagt, Red?"

Red starrte immer noch zu Boden. Ich stieß ihn an. "Hey, jetzt schau nicht so. Das kannst du ihm doch ruhig sagen, ist dich schließlich vollkommen logisch."

"Was ist denn?"

"Ich wollte nicht, dass du dich ausgeschlossen fühlst…", murmelte Red, mehr zu seinen Füßen als zu Green, der ihn jetzt verdutzt anstarrte. Und schließlich lächelte er. "Ach, Red, du bist wirklich süß."

"Was?" Vollkommen perplex hob er den Kopf und starrte ihn an. Green lachte. "War doch nur ein Scherz. Lieb von dir, dass du an mich denkst."

Er zwinkerte dem immer noch perplexen Red zu, dann wandte er sich an mich. "Und, warst du schon in der Arena?"

"Nein, noch nicht. Darum kümmere ich mich später noch. Ich wollte nur schnell diese Party über mich ergehen lassen. Und du?"

"Bisher auch noch nicht. Ich wollte ebenfalls schnell hier vorbeischauen und die Karte einlösen, die mir meine Schwester geschickt hat. Ich hab gehört, der Leiter soll ein harter Typ sein."

Wieder verspürte ich so ein komisches Gefühl. Doch ich bewahrte die Fassung und verzog keine Miene. "Das werden wir noch sehen. Du warst also schon oben?"

"Ja, war ich", sagte Green und seine Miene verdüsterte sich. "Ich kam eigentlich hierher, weil ich hörte, dass hier ein Meister im Umgang mit dem Zerschneider sein soll. Nun, ich habe ihn gefunden. Allerdings ist der alte Mann offenbar seekrank. Er hat mir die VM gegeben und hing dann gleich wieder über seinem Mülleimer. Ich weiß nicht, ob ihr da hoch wollt."

Doch mich kümmerte es nicht. Ich ging an ihm vorbei direkt auf die Treppe zu. Ich spürte die Blicke der anderen beiden, reagierte jedoch nicht. Ich hörte Green noch hinter mir sagen: "Na gut, dann sind wir nur noch zu zweit. Also, was hältst du von einem Kampf, wenn wir schon mal hier sind? Wäre ein gutes Training."

Ich stieg die Stufen hinaus und ließ die beiden allein. Oben angekommen sah ich mich um. Ich stand in einer großen Kabine, die offensichtlich die des Kapitäns war. Und eben dieser musste es wohl sein, der dort in einer Ecke auf dem Boden hockte, den Kopf über einem Mülleimer hängend, den er fest umklammert hielt.

"Hey, sind Sie in Ordnung?", fragte ich und kam näher. Der Kapitän sah auf. Sein Gesicht wirkte schon kränklich.

"… es geht mir gar nicht gut!" Er würgte. "Anscheinend vertrag ich doch nicht mehr so viel, wie ich dachte…"

"Ich weiß, was hilft", sagte ich und machte ihm damit einen Vorschlag. Der Kapitän würgte erneut, dann sah er mich fragend an. "Was denn?"

Ich stellte mich hinter ihn und begann, seinen Rücken zu massieren. Er war furchtbar verspannt.

"Ahh, das tut gut…", sagte der Kapitän. Ich war äußerst amüsiert. "Ich sag doch, ich weiß, was hilft. Man muss nur wissen, was man tun muss."

Ich massierte ihn einige Minuten, bis ich schließlich merkte, dass es ihm langsam besser zu gehen schien. Der Kapitän ließ den Mülleimer stehen, richtete sich langsam auf und drehte sich zu mir um. "Ich danke dir! Es geht mir schon viel besser …"

"Kein Thema", gab ich zurück und steckte die Hände in die Hosentaschen. Er musterte mich abschätzend. "Möchtest du den Umgang mit dem Zerschneider lernen? Ich könnte ihn dir beibringen, aber ich kann dir auch die VM mitgeben. Dann kannst du deinen Pokémon die Attacke selbst beibringen."

"Nur keine Umstände, die VM würde mir völlig reichen", sagte ich freundlich. Der Kapitän nickte. Er öffnete eine Schublade seines Schreibtischs und zog eine CD, ähnlich der, die ich bereits von Rocko und Misty erhalten hatte, und reichte sie mir.

"Danke", sagte ich und nahm sie entgegen. Der Kapitän atmete tief durch. "Gern geschehen. So, da es mir nun wieder bessergeht, können wir auch bald abreisen. Ich bin bereit!"

"Sie reisen jetzt wieder ab?", fragte ich und steckte die VM in meinen Rucksack.

"Jaja, diese Party ist sozusagen immer unsere Abschiedsfeier. Schließlich kommen wir erst in einem Jahr wieder. Schade eigentlich …"

"In der Tat. Ein Jahr ist eine lange Zeit … nun denn, dann mache ich mich mal auf den Weg und sammel die Jungs unten ein. Dann gute Fahrt!"

"Vielen Dank nochmal!", sagte der Kapitän glücklich. Ich wandte mich ab und stieg die Stufen hinunter. Ich hatte eigentlich erwartet, die anderen beiden noch dort kämpfen zu sehen, doch sie waren beide verschwunden. Der Gang war leer.

Ein wenig verdutzt streifte ich weiter durch das Schiff, wandte mich zu den letzten Kabinen, die ich mit red erkunden wollte, doch auch hier traf ich keinen der beiden. Ich forderte die letzten Trainer heraus und holte mir so noch ein paar Erfahrungspunkte für meine Partner ein, doch Red und Green waren nirgends zu finden. Offenbar hatten sie die M.S. Anne bereits verlassen.

Letztendlich ging ich allein von Bord und wartete am Steg. Es vergingen Minuten, lange Minuten, in denen auch die letzten in die Stadt zurückkehrten, die nicht mitfuhren. Und schließlich setzte sich die die M.S. Anne langsam in Bewegung, dem Sonnenuntergang entgegen, und unter Beobachtung vieler Menschen, die der Besatzung zuwinkten und sich verabschiedeten. Es machte sogar mich tatsächlich traurig. Denn ich wusste genau, dass solch ein Abschied für sehr lange Zeit sein würde…

"Vater…"



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