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Pretty Boy

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Teil 18- Der Kaiser ist zurück

Pretty Boy

 

Teil 18- Der Kaiser ist zurück

 

Mit meinem Po voran werde ich in die Trainingshalle getragen. Ich habe meinen Widerstand längst aufgegeben. Alles fluchen und strampeln hat nichts daran geändert das Shiba mich wie seine Kriegsbeute über die Schulter buckelt. Unser Gang führte nicht die Hauptwege lang, dennoch haben wir eine Menge Aufmerksamkeit erregt. Unauffällig ist scheinbar unmöglich mit den Jungs.

„Ihr seit zu spät.“ Ich kann sie nicht sehen, aber am Akzent höre ich sofort raus wer uns empfängt.

„Hab gesagt ich bring sie her.“ Erst jetzt setzt Shiba mich auf meine Füße. „Das ist hiermit erledigt.“ Sein Glück das er mich nicht ansieht, mein böser Blick würde ihn vernichten.

„Watanabe, deine Trainingssachn sind in der Umkleide. Ich versorg die andern noch mit Aufgabn dann helf ich dir.“

„Nein!“, platzt es aus mir raus, wofür ich irritierte Blicke ernte. Der Zaubertrick des Jahrhunderts findet nicht in dieser Umkleide statt. Lass dir was einfallen. Schnell greife ich Shiba am Kragen und ziehe ihn zu mir. „Shiba weiß auch wie das geht. Er macht das. Kümmere dich in Ruhe um die andern.“ Meine Worte überschlagen sich beinahe, so schnell wie ich spreche. Sie hebt eine ihrer perfekt gezupften Augenbrauen. Ich weiß was du denkst, behalt´s für dich.

Hinter mir beugt sich der große Zottelkopf dicht heran und flüstert in mein Ohr. „Dir ist schon klar, dass du dich dann vor mir ausziehen musst?“

Meine Härchen kämpfen um Stehplatz, als sein heißer Atem mich streift. Zögerlich drehe ich meinen Kopf zu ihm. Fehler. Viel zu nah. Die Gänsehaut breitet sich schlagartig weiter aus. Es braucht einen Moment zu lange bis ich meinen Blick von dieses blassen Lippen lösen kann, denn das Bild wie er Haruno küsste flackert mir augenblicklich wieder vor Augen. Ich krächze meine Antwort mehr schlecht als recht heraus. „Wäre nicht das erste mal oder?“

 

Kritisch inspiziere ich die Trainingssachen in der Umkleide und halte sie mit den Fingerspitzen hoch, als würde ich mir etwas einfangen, wenn ich sie zu nahe an mich ran lasse. Begeisterung für den Sport wird es schon mal nicht werden. „Okay, wie schwer kann das schon sein Hemd und Hose anzuziehen? Ich hatte befürchtet hier liegt die komplette Ritterrüstung, wie das was die anderen gerade anhatten.“

Das Pantherchen schnaubt amüsiert. „Das sind Keiko-Gi und Hakama und diese Ritterrüstung ist die Bógu. Die ist notwendig im Zweikampf, auch wenn das Schwert aus Holz ist kann es mehr als Prellungen verursachen, wenn man seine Kraft nicht kontrolliert einsetzt.“ Er tigert durch den Raum während er spricht und schaut alles genau an. Ein paar Ausrüstungsteile sind hier gelagert, die er in die Hand nimmt und drüber streicht.

Still beobachte ich ihn einen Moment. Er wirkt nicht gerade sehr sentimental, aber irgendwas arbeitet da in ihm hinter seinem zotteligen Pony. „Vermisst du es?“

Als hätte ich ihn bei etwas verbotenen erwischt legt er es augenblicklich räuspernd zurück. „Kendo?“ Unschlüssig zuckt er mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Ich hab nie darüber nachgedacht ob ich es tue. Liegt wahrscheinlich daran wie ich damit aufhörte.“ Sein Blick bleibt am Brustpanzer hängen, den er gerade zurück legte.

„Der streit mit Mishiro?“ Er nickt. Würde er mir Antworten, wenn ich frage, worum es in dem Streit ging? Unwahrscheinlich. Geduld ist nicht unbedingt meine stärke, aber durch ihn werde ich vielleicht noch zum Meister. „Okay. Umdrehen und nicht gucken.“

Er nimmt es sich mich frech an zu grinsen. „Wie soll ich dir dann helfen?“

„Keine Ahnung. Lass dir was einfallen.“ Augenrollend holt er sein Handy hervor. „Suchst du jetzt ernsthaft eine Anleitung für mich raus?“

Sein schweigen hält nur kurz an, denn es wird von einer Melodie abgelöst die aus seinem Handy erklingt. Ich kenne es und nehme unweigerlich einen tieferen rot Ton an als je zuvor. Das Striplied schlecht hin von Joe Cocker. „Das ist nicht hilfreich!“, quieke ich ihm nervös über die Musik von you can leave your hat on zu. Mein Herz überspringt einen Schlag, als die schönste Melodie der Welt erklingt, sein kraftvolles Lachen. Oh scheiße. Mein Herz. Sterbe ich? Darf das überhaupt so schnell schlagen?

Nachdem Shiba sich eingekriegt hat, wagt er einen Blick über seine breite Schulter hinweg. Das amüsierte lächeln liegt noch auf seinem Gesicht und ich muss zugeben, dass ihm das unglaublich gut steht. Es lässt ihn jünger wirken. Verdammt, er ist ja auch jünger als ich. Krieg dich ein. Steh nicht so da wie die Jungfrau vom Lande.

Mit zittrigen Händen greife ich den Saum der Matrosenuniform und ziehe sie in einem Ruck über meinen Kopf. Achtlos werfe ich das Hemd auf die Bank und greife nach dem Verschluss des Rockes. Im freien Fall landet der Stoff auf dem Boden. Tadaaa, der Zaubertrick ist geglückt. Aus dem Mädchen wurde ein Junge. Ein Junge mit stark überdehnten Stoff der Boxershorts, die sonst eng anliegt, aber nun dabei ist ein eigenes Zirkuszelt zu erbauen. Auch wenn mir diese Art von Baukunst unglaublich peinlich ist, habe ich tatsächlich nicht das Bedürfnis augenblicklich die Flucht zu ergreifen. Zum einen, weil es schlimmer wäre wenn mich draußen jeder so sehen würde und zum anderen, weil die Art wie Shibas wunderschöne Augen über meinen Körper tanzen mir viel zu gut gefällt. Viel. Zu. Gut.

Mit der Gesichtsfarbe einer überreifen Tomate und der Stimme eines leisen Zirpens wende ich mich an ihn. „Mir wird kalt.“ Gelogen. Mir ist kochend heiß.

Shiba reagiert nicht sofort. Sein Blick haftet noch immer an mir, bis ein Ruck durch ihn geht und er sich blinzelnd abwendet, als hätte er geträumt oder gar etwas vorgestellt. Diese Denkweise jagt elektrisierend durch meine Hoden. Es wäre bitter nötig jetzt aufs Klo zu verschwinden, nur würde Shiba mir nie abkaufen das ich nur pinkeln muss, da der gegenteilige Beweis ihn quasi entgegen springt.

Schweigend greift er den dunkelblauen Stoff und hält das offene Hemd so das ich nur rein schlüpfen muss. Unweigerlich zucke ich zusammen als seine Fingerknöchel meine nackte Haut am Bauch streift und mich nur noch weiter aufreibt, während er sich dran macht Bänder an den Seiten zu verschnüren. Er zupft, bindet kleine Schleifen, glättet den Stoff mit seinen Händen und beginnt endlich zu reden, auf was ich beim anziehen alles achten muss. Das einzige worauf ich mich jedoch zwanghaft konzentriere ist nicht augenblicklich meine überstrapazierte Boxershorts einzusauen, während Zirkusmusik in meinem Kopf dudelt. Hätte nie geglaubt wie erregend es sein kann von einem Mann angezogen zu werden.

„Fertig.“ Seine Stimme klingt leise und rau, aber für mich wie geschmolzene Butter auf meinen gereizten Nerven. Erneut spricht er mich an als ich nicht reagiere. „Misaki?“

Zittrig entweicht mein Atem. „J-Ja... Nein... Ich... Ich kann gerade nicht.“ Ich klammere mich an den letzten funken Selbstbeherrschung den ich besitze und an die Garderobe in meinem Rücken. Ich werde ganz sicher nicht vor meinem Freund den Zauberstab schwingen. Auch wenn ich mir gerade jetzt wünschte er wäre mehr als das. Mehr als nur ein Freund. Wie oft hat mein Körper schon so unpassend auf ihn reagiert? Wie oft habe ich mich schon angefasst und ihn vor meinem inneren Auge gehabt? So wie er mich ansieht scheine ich ihm auch zu gefallen. Oder bilde ich mir das ein? Wäre Haruno hier um mich umzuziehen, wäre er sicher vor mir auf die Knie und hätte-

Gefährlicher Gedanke. Ablenkung. Schnell. „Wie kam es das du... na ja... zum Kendo kamst?“ Vernünftige Sätze bilde ich dann wieder, wenn mehr Blut vorhanden ist.

Die Anspannung in seinen Gesichtszügen lässt nach. Beim überlegen gleiten seine Augen zur Seite und für den Moment eines Wimpernschlages deutet sich ein lächeln auf seinen Lippen an. Eine Falte zwischen seinen Brauen übernimmt stattdessen. „Meine Familie war gerade erst nach Tokio gezogen. Das war ein ziemlicher Kulturschock vom Land in die Großstadt. Neue Gegend, neue Schule, neue Menschen und auch noch so viele. Ich hatte meine Probleme mich zurecht zu finden.“ Er schnauft, was sich wie ein abfälliges lachen anhört. „Das ist vielleicht sogar untertrieben. Gleich an meinem ersten Tag geriet ich an ein paar Spinner, die den großen Boss markierten, weil es ihnen nicht schmeckte, dass sich ein paar der Mädchen für mich interessierten, auf die sie scheinbar ein Auge geworfen hatten. Nach ihren ersten Schlag tauchte Yosuke wie aus dem nichts auf und verhinderte den nächsten.“

Nervös gleitet seine Hand durch das zottelige Haar und schenkt mir einen flüchtigen Blick auf sein Gesicht. Wer würde dieses Gesicht nicht mögen? Shiba hat nicht diese makellose Schönheit wie Haruno, der die besten Aussichten darauf hätte, das bestbezahlteste Model Japans zu werden. Ach was denk ich da? Der ganzen Welt natürlich.

Shiba ist rau, männlich, wild. Das mag zum Großteil an seinen scharfgeschnittenen Augen liegen, aber mit diesem kantigen Kieferknochen, dem unglaublich gut ein Bartschatten stehen würde, seinen hohen Wangenknochen und diesem kleinen unscheinbaren huckel auf der Nase, als ob sie schon mal angeknackst gewesen wäre, lassen ihn zu diesem Bild von einen Mann werden, dass ich gerne wäre.

„Ähm... Yosuke ist Mishiros Bruder. Er war in der Abschlussklasse als ich an die Mittelschule kam. Nach Schulschluss fing er mich am Ausgang ab und schleifte mich in ihren Kendo Club. Ich blieb. Erst nur als Zeitvertreib, damit ich nicht nach Hause musste, aber irgendwann war ich mit dem Herzen bei.“ Unerwartet presst er seine Lippen fest aufeinander, als hätte er erkannt zu viel erzählt zu haben. Noch immer fällt es ihm schwer mir etwas über sich zu erzählen.

Ich zwinge mich zu einem lächeln, weil ich nicht sicher bin was ich davon halten soll. „Diese Mishiros sind sich ziemlich ähnlich, was?“ Kumpelhaft stupse ich meine Faust gegen seinen Oberarm und komme mir selten dämlich vor.

Grinsend verdreht er die Augen. „Du ahnst ja nicht wie sehr. Diese Familie lebt für Kendo. Seit Generationen führen sie einen eigenen Dojo und ihr Verein staubt bald jeden Preis bei Turnieren ab. Ihr ältester Bruder übernimmt bald die Leitung-“ Abrupt stockt er in diesem seltenen Redefluss. „Oder... hat es vielleicht schon... Ich weiß nicht.“ Das offene Fenster schließt sich so schnell wie es sich öffnete und augenblicklich versinkt er wieder in seinen Gedanken. Die Falte zwischen seiner Stirn wurde tiefer, da ist wieder etwas. Scheinbar hatte er tatsächlich keinerlei Kontakt mehr zu ihnen, obwohl er sie wirklich zu mögen scheint. Worum ging es nur in dem Streit?

„Wow. Zwei große Brüder. Ich würde gerne tauschen“, lenke ich ab und lache schwach.

„Vier.“

„Was?“, frage ich irritiert.

„Sie hat vier ältere Brüder.“

„Du verarscht mich!“, platzt es lauter als gewollt aus mir. „Haben ihre Eltern solange weiter gemacht bis endlich ein Mädchen bei raus kam?“

Er atmet tief durch. „Wahrscheinlich hätten sie sogar noch weiter gemacht, aber als Mishiro... also sie-“, mit einem Nicken deutet er in Richtung Trainingshalle. „Als sie noch klein war, verstarb ihre Mutter bei einem Unfall. Ich hab sie also nicht mehr kennen gelernt, aber sie soll großartig gewesen sein. Nimm bitte Rücksicht was das Thema angeht.“

Ich nicke schwach. „Klar... danke für die Vorwarnung.“

 

 

Hektisch zupfe ich an Shibas Hemdsaum und presse mich seitlich an ihn. „Lass mich nicht allein mit diesen Verrückten!“ Selbst das Pantherchen kriegt den Mund nicht zu. Als wir den Dojo, so heißt es richtig laut Shiba, betreten, erstreckt sich vor uns eine Szene die ich mein Leben lang nicht vergessen werde.

Haruno, die Mitte des Geschehens, erhebt sich über allen anderen die um ihn herum stehen und er röchelt, während er eines der Holzschwerter auf den großen der Truppe richtet, der mit erhobenen Händen am Boden liegt. Er hält einen langen Monolog und als er plötzlich sagt Ich bin dein Vater wird mir klar was das soll. Der große spielt mit und erwidert wiederum den Dialog des Jedis, was überwiegend aus vielen neins besteht, während alle lachen, außer Mishiro die abseits mit verschränkten Armen steht.

„Kennt er etwa die ganze Stelle auswendig?“

„Ähm... ja, okay. Sagen wir die Stelle“, antwortet Shiba mit erhöhter Tonlage.

Das Igelchen bemerkt uns als erster und winkt uns begeistert zu. Er trägt ebenfalls diese dunkelblaue Kluft.

Mishiro tritt an meine Seite. Ihr Pokerface ist gut, dennoch erkenne ich das sie genervt ist, aber nicht von Shiba und mir. „Wir fangen mit einer gemeinsamen Begrüßung an, so beginnen wir immer das Training. Schau was die anderen machen und mach es ihnen nach. Als eure Trainerin stehe ich vor euch.“ Zögerlich wendet sie ihre Schultern ein wenig zu Shiba. Ihre Augen heben sich, jedoch nicht weit genug um ihn ins Gesicht zu sehen, bevor sie ihren Blick wieder senkt. Sie wirkt so unsicher trotz ihrer stolzen Haltung. Was auch immer sie ihm sagen möchte, sie behält es für sich. Haruno hatte recht, als er behauptete, ihr aufeinander treffen wird interessant. Ich platze vor Neugier was da los war.

Laut klatscht Mishiro in die Hände und ruft in die Gruppe. „Okay, aufstellen. Lasst uns anfangen.“ Die kleine Arme aus Holzschwert Kriegern reiht sich brav auf.

Sachte stupse ich Shiba mit der Schulter an. „Du solltest mit machen. Herausfinden ob du es vermisst hast.“ Er öffnet seinen Mund, doch wie der Roadrunner hinterlasse ich nur eine Staubwolke an der Stelle an der ich eben noch stand und reihe mich mit auf bevor er mir auch nur ein Wort entgegnen kann.

Mishiro stellt uns den anderen noch mal offiziell vor, dann beginnt die Begrüßung und nein, ein einfaches “Hi“ ist nicht ausreichend. Sie knien sich hin, legen das Schwert längs neben ihre Beine, verbeugen sich tief und stehen wieder auf. Zugegeben, es sieht respekteinflößend aus wie synchron die kleinen Krieger sich bewegen mit einer Körperspannung die mir Muskelkater verursachen würde. Heißt aber noch lange nicht, dass ich so beeindruckt bin das ich Teil davon sein möchte. Nur Heute und dann sehen die mich nie wieder. Wirklich nur Heute.

Die anderen drei Mitglieder des Clubs lösen sich in ihre Gruppe auf und beginnen mit ihrem festen Training.

Mishiro widmet sich ganz uns. Haruno grinst wie eh und je, trotz der offensichtlichen Abneigung die ihm Mishiro entgegen bringt. Wir bekommen einen langen, wirklich langen, Vortrag über Etikette, Geschichte und Unmengen an Fachbegriffen zu hören. Wie bei meinem Vater verstehe ich kaum ein Wort und nicke einfach lächelnd. Klappt bei ihm ja auch. Mein Interesse ist geweckt als sie die Schwerter holt. Die Versuchung ist groß damit herum zu albern, aber ich habe gerade keinen Monolog aus Star Wars parat.

„Am Anfang kommt natürlich viel auf euch zu. Kendo is mehr als nur Sport. Es fordert Disziplin, Hingabe, Konzentration, Beherrschung.“ Haruno verklemmt sich ein lachen, dass nur durch unterdrückte laute zwischen seinen Lippen hervor quellt. Wenn Blicke töten könnten. Mishiro zwingt sich tief durch zu atmen bevor sie weiter spricht. „Unser Club is klein, aber wir sind wie eine Familie zueinander. Wir unterstützn uns, stehn für einander ein und helfn uns in jeder Lage.“ Ich kann nicht verhindern das mein Blick zu Shiba wechselt, der es sich am Rande gemütlich macht und seine Schulsachen hervorholt. Soviel zu mitmachen. Enttäuschung macht sich in mir breit. Haruno ist immer bei allen Blödsinn dabei, ohne das man ihn fragen muss und Shiba verweigert sich allem und schießt sich selbst ins Abseits. Wäre das denn so schlimm heute mal mit zu machen? Mir zu liebe? Ich will hier schließlich auch nicht sein.

Mit einen leichten Kopfschütteln werfe ich diesen Gedanken ab und widme mich wieder Mishiros Erklärungen, die jedoch meinem Blick zu Shiba gefolgt ist. „Er wird nich mitmachn“, sagt sie so leise, dass es fast von den Geräuschen der Trainierenden aus der anderen Ecke des Dojos übertönt wurde. Kaum merklich sinken ihre Schultern, als sie für einen Moment ihre Haltung fallen lässt und ein trauriges Lächeln sich auf ihr Gesicht stiehlt.

„Warum bist du dir da so sicher?“, wundere ich mich.

Ruckartig strafft sie ihre Schultern und wendet sich uns wieder zu. „Weil ich ihn kenn“, nuschelt sie eher für sich selbst, als an mich gerichtet, während sie mir meinen überdimensionalen Zahnstocher überreicht. „Das Shinai ist sowohl für Übungn als auch für den Zweikampf.“

Haruno mischt sich ein. „Warum bekommen wir das? Die andern da hinten haben ein Katana.“ Dabei hält er sein Schwert hoch, dass aus mehreren dünnen Bambusstöckern zusammengebunden ist und wedelt herum.

Sie verdreht die Augen. „Das is ein Bokutó und kein Katana. Dieses Schwert is ausschließlich für Katas, die sie gerad einübn.“

Interessiert schaue ich rüber und sehe wie Nori-Augenbraue die große Bohnenstange in einen Affenzahn mit seinem Holzschwert attackiert, ohne ihn tatsächlich zu berühren und einen lauten Schrei von sich gibt der mich erschrocken zusammenzucken lässt. Das niedliche Mädchen redet sofort auf den kleinen ein und hat scheinbar Verbesserungsvorschläge die er verständnisvoll abnickt.

Mishiros Stimme lenkt meine Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Ich bringe euch zuerst die Grund- und Bereitschaftsstellung bei. Kamae.“ Wieder höre ich Harunos unterdrücktes prusten. „Zu diesem Sport gehört auch Ernst bei der Sache. Wie wäre es wenn du damit anfängst, während ich Watanabe die ersten wichtigen Dinge beibringe?“ Ihre Stimme bebt erzürnt, was man ihrem Gesicht nicht ansieht.

Ergeben hebt Haruno die Hände und grinst breit. „Nicht meine Schuld. Du hast Stellung gesagt, da musste ich nun mal an was anderes denken.“ Und zwinkert mir zu, was mich prompt rot anlaufen lässt. Hat er jetzt herumgealbert oder war das ein Versuch zu flirten? Verdammt, was sagt das über mich, wenn ich nicht mal den Unterschied erkenne? Hat er schon öfter mit mir geflirtet und es ist mir nicht aufgefallen? Oder bilde ich mir schon wieder zu viel ein?

Bevor ich mir selbst Kopfschmerzen verursache ruft Mishiro zu der kleinen Gruppe Krieger, „Sakuragi!“ und hat sofort ihre Aufmerksamkeit. „Kümmere dich bitte um Haruno. Vielleicht ist er bei dir lernbegieriger.“ So kann man es auch umschreiben das sie ihn nur loswerden will.

Eilig kommt das Mädchen zu uns. Sofort stößt es mir sauer auf, als ich sehe wie sie ihn mit ihren großen Augen fast ungläubig anstarrt, als könne sie es nicht fassen, dass sie tatsächlich mit ihm reden darf.

„Sakuragi, ja?“ Haruno setzt sein einstudiertes perfektes Zahnpastalächeln auf. „Freut mich dich kennen zu lernen. Ich heiße Ren Haruno.“

„Oh, ich weiß wer du bist“, erwidert sie postwendend mit leuchtenden Augen und einen zarten rosa Ton um ihre kleine runde Nasenspitze. Vor einer Woche hatte ich behauptet sie wären das perfekte Paar, als ich das kleine niedliche Mädchen das erste mal sah, jetzt sehe ich wie recht ich hatte und wie wenig mir das gefällt. Er legt einen Arm um ihre Schultern und führt sie einige Schritte von uns weg. „Wusstest du auch, dass ich in einem Host-Club arbeite?“

Fest beiße ich die Zähne zusammen und nestle unruhig an der dunkelblauen Kluft. Er zieht nur sein Prinz Charming Programm durch. Krieg dich ein. Und wenn sie ihm gefällt? Unsicher schaue ich auf und versuche ein Blick mit Haruno aus zu tauschen, der mich im besten Fall beruhigt, aber er ist zu abgelenkt mit seiner neuen Bekanntschaft, die ihn liebenswert anhimmelt. Verdammt, sogar ich finde sie super niedlich. Wie ein kleines Kaninchen Baby, dass gerade alt genug ist um die Augen zu öffnen.

Mishiro stellt sich in die Quere und unterbricht meinen kläglichen versuch der Gedankenübertragung. In mir steckt wirklich kein Jedi. „Watanabe, ich möcht das du dem hier eine echte Chance gibst.“

Tief seufzend senke ich den Blick. „Okay aber versprich mir mich in Ruhe zu lassen, wenn ich wirklich kein Interesse habe.“ Sie nickt mir zu ohne zu zögern. Entweder ist sie sehr von sich überzeugt oder sie kann es tatsächlich akzeptieren.

 

Zunächst bin ich nur darum bemüht nicht das Gleichgewicht zu verlieren wenn ich mit hintereinander gestellten Füßen einen Angriff starten soll. Das Training besteht aus vielen Wiederholungen. Ein paar dieser Fachbegriffe sind sogar bei mir hängen geblieben. Leider muss ich zugeben, dass der Teil, in dem ich mit meinem Schwert auf Mishiros einschlagen darf ziemlich spaß macht. Dieses Gefühl scheint zu ihr herüber zu schwappen. Mishiro hat sich im laufe des Trainigs verändert. Ihre stolze Haltung verliert sie nicht, aber dieses unnahbare ist fast verschwunden. Sie lächelt tatsächlich.

Spannend wird es als Haruno und ich zusehen wie die anderen tatsächlich gegeneinander Kämpfen. Sie schlagen so wahnsinnig schnell zu, dass man nur den Knall des Holzes hört das auf die Rüstung trifft. Aber wer wen zu erst getroffen hat braucht mich keiner Fragen. Mishiro ist geübter und kann als Schiedsrichter Punkte verteilen.

„Was meinst du wie lange wir bräuchten so was zu können?“, frage ich an Haruno. Als er keinerlei anstalten macht zu Antworten sehe ich zu ihm auf. Er sieht sich den Kampf gar nicht an, sondern nach hinten. Neugierig folge ich seinem Blick und stelle fest, dass er statt des Kampfes Shiba beobachtet. Mit lang ausgestreckten Beinen sitzt er an der Wand, die Schulsachen ruhen in seinem Schoß. Er verfolgt die Kämpfe mit diesem Blick, mit dem er mich gelegentlich auch betrachtet. Wie meine kleine Schwester ein Blech voller heißer Kekse frisch aus dem Ofen die sie nicht essen darf. Ich glaube Sehnsüchtig trifft hier am besten. Er will kämpfen. Warum, verdammt, macht er es dann nicht?! „Das ist doch idiotisch.“ Abrupt springe ich auf und stampfe zu ihm. „Du machst jetzt mit. Geh dich umziehen.“

„Wa-“

„Keine Wiederrede“, unterbreche ich seinen versuch des Protestes umgehend. „Wenn du jemand bist der einen Arschtritt braucht um in die Gänge zu kommen, bitte schön, ich biete mich gerne dafür an und jetzt los.“ Ruckhaft wende ich mich der Gruppe zu, die völlig verstummt uns anstarrt. „Hey du, Nori-Augenbraue... Äh... Junge dessen Name ich vergessen habe, sorry, wir brauchen diese Bógu Dinger da.“

Unsicher ob ich ihn meine schaut er sich um und zeigt mit dem Finger auf sich. Nach meinem Nicken kommt er zögerlich auf uns zu. „Du wirst kein nein akzeptieren, hörst du? Wenn er sich weigert sich umzuziehen holst du mich und dann mach ich das.“

Schwerfällig erhebt sich Shiba und überragt mich einen Kopf. „Ich werde nicht mitmachen.“

Ganz nach Mishiro zum Vorbild strecke ich meinen Rücken und straffe die Schultern. Irgendetwas in mir schreit danach diesen Kampf gewinnen zu müssen, im Boden versinken kann ich später. Ich recke mein Kinn vor. „Doch wirst du verdammt. Weil du es vermisst und jetzt seh zu das du fertig wirst.“

Es ist mucksmäuschen still. Keiner wagt zu atmen. Shibas pantherhafte Augen starren in meine, aber ich weiche nicht zurück. Dieses mal gebe ich nicht nach. Wenn er danach nicht mehr mit mir reden mag dann ist das so. Ich gehe einen weiteren Schritt auf ihn zu. „Ich kann akzeptieren, dass du aus deiner Vergangenheit ein großes Geheimnis machst.“ Das mache ich schließlich auch. Ein weiterer Schritt. „Ich akzeptiere es, dass du mir nicht genug vertraust.“ Auf mal werden seine Augen ganz groß. Mit meinem nächsten Schritt weicht er einen zurück. „Ich Akzeptiere nicht, dass du dich selber fertig machst. Also schluck deinen Stolz runter, pack dein gekränktes Ego ein und marschiere in diese Umkleide und leg deine Ritterrüstung an.“

Des Panthers Augen verlieren an trotz. Kurz schaut er zu dem Nori Jungen, der bereits die Tür auf hält, bevor er sich noch mal mir zu wendet. „Aber ich vertraue dir doch...“, sagt er leise und scheinbar verletzt.

Der Drang ihn zu knuddeln bis alles wieder gut ist drückt unbarmherzig auf mein schmerzendes Herz. Zittrig entweicht mein Atem. „Dann vertrau mir auch, dass ich nur das beste für dich will.“ Es ist schwer hart zu bleiben, wenn er mich ansieht wie ein geschlagener Welpe.

Nur widerwillig verlässt er den Raum, aber er verlässt ihn, ein kleiner Sieg. Die Tür fällt hinter ihnen zu und ich sacke augenblicklich zusammen. Mein Herz wummert so stark, dass ich es überall in meinem Körper spüre. Ein befremdlicher Drang breitet sich in mir aus, bei dem ich nicht weiß ob ich lachen oder weinen soll. Shiba hat auf mich gehört.

Harunos Füße poltern laut auf dem Boden, als er zu mir eilt. Sanft legt er eine Hand in meinen Nacken, als er neben mir in die Knie geht. „Wo kam das denn her?“, fragt er beeindruckt.

„Keine Ahnung. Ich...“ Als mir wieder bewusst wird, dass ich nicht allein in dem Raum bin kocht das Blut in meinen Adern und lässt mein Gesicht rot leuchten. Mit einem undefinierbaren Laut verstecke ich mein Gesicht, dass mit einem Pavianarsch Konkurrieren könnte, hinter meinen Händen. „Oh Gott! Hab ich das gerade tatsächlich getan? Ich hab mich mit Shiba angelegt. Er wird mich hassen.“

Haruno lacht leise und massiert sanft meinen Nacken. „Quatsch. Im schlimmsten Fall redet er ein, zwei Tage nicht mit dir, aber im besten...“ Grinsend beißt er sich auf die Lippe und lässt diesen Satz unausgesprochen.

Mishiro klatscht laut in die Hände. „Okay, weiter geht’s. Wenn er rein kommt und sieht das wir nur auf ihn wartn, rennt er womöglich noch weg wie ein aufgescheuchtes Reh. Aufstellung. Sakuragi und Hidaki.“

 

Das Holz knallt laut aufeinander und jedes mal wenn sie ihren Kriegsschrei loslassen erschrecke ich mich aufs neue. Beruhigend streichelt Haruno über meinen Rücken und muss immer wieder über meine Reaktion schmunzeln. Sie kämpfen bereits einige Runden, während wir alle nur ungeduldig auf Shiba warten. Falls er denn kommt. Vielleicht hat er Nori-Augenbraue in der Umkleide mit einer dieser weiten Hosen gefesselt und ist auf und davon.

Nervös knautsche ich immer wieder den dunkelblauen Stoff des Hemdes zwischen meinen Fingern, dass es schon ganz knitterig ist. Ich fühl mich als würde ich auf die Ergebnisse eines wichtigen Testes warten. Ein Test der mein Leben verändern könnte.

„Du hast mich überrascht“, gibt Haruno zu. „Aber nicht zum ersten mal. Jedes mal wenn ich davon überzeugt bin zu wissen wie du tickst, ziehst du solche...“, suchend nach dem richtigen Wort kreist seine Hand unbestimmt vor seiner Brust.

Ich helfe ihm auf die Sprünge. „Halsbrecherische Taten? Idiotisches Gelaber? Ober peinliche Wahnvorstellungen?“

Haruno schenkt mir ein breites lächeln. Seine Augen strahlen dabei so viel wärme aus, dass dieser kleine wütende Tornado aus Angst, Nervosität und Beklemmung in mir die Intensität genommen wird. „Das trifft es nicht so ganz.“ Seine Hand wandert von meinem Rücken hoch in meinen Nacken und krault durch meinen Haaransatz. Das fühlt sich verboten gut an.

Ich erlaube mir die Augen zu schließen und einfach nur zu spüren. Wenn sich seine Finger gegen den Haarwuchs vorarbeiten kribbelt meine Haut und ich merke wie sich eine Gänsehaut ausbreitet. Mit jedem strich ein wenig mehr und mit jedem mal kehrt mehr ruhe in mir ein. Der wahre Magier sitzt genau neben mir.

Die plötzliche Stille im Raum lässt mich aufmerken. Aus meiner Trance gerissen, befürchte ich der Grund zu sein den alle anstarren, aber weit gefehlt. Ich drehe mich zur Tür, zu der alle Blicke führen und mein Mund klappt auf.

Mishiro und die Anderen sind vielleicht kleine tapfere Krieger, aber hier kommt ihr über alles erhabener Kaiser. Die Bógu macht einen völlig anderen Menschen aus ihm. Vorher immer ein wenig in sich eingesunken, streckt er jetzt seinen Rücken durch und scheint ein gutes Stück gewachsen zu sein. Es wirkt als würde diese Ritterrüstung ihm eine andere Art von Sicherheit schenken. Eine die er im Alltag zu vermissen scheint, wenn dann das aus ihm werden kann. Ein Tuch um seinen Kopf hat alle Haare aus seinem wunderschönen Gesicht geholt und offenbart uns seine gesamte vollkommene Wildheit. Sein erster Blick in den Raum trifft mich und meine Herz setzt einen Schlag aus, nur um mit doppelter Leistung fortzusetzen.

„Wow“, höre ich Haruno neben mir, was genau das ist, was mir zuerst in den Sinn kam. „Es live zu sehen ist überhaupt nicht zu vergleichen mit den Aufnahmen von seinen Turnieren.“

Shiba schreitet in den Dojo, erhobenen Hauptes und gerade zu sprühend vor Selbstvertrauen. Das ist nie und nimmer derselbe Mann, dem ich eben noch in den Hintern treten musste um in die Gänge zu kommen. Er kommt vor Mishiro zum stehen, die ihm lediglich zu nickt, statt sich auf die Knie zu werfen und ihm zu huldigen. „Gegen wen möchtest du antreten?“, fragt sie ihn und ist nicht überrascht als Shiba auf sie deutet. Nori-Boy überreicht seinem Kaiser voller Respekt eins der Shinais.

Fasziniert beobachte ich wie Shiba das Schwer übernimmt und andächtig betrachtet. Wieder einmal wünsche ich mir in diesen verworrenen Gedanken des Panthers blicken zu können. Doch so wie seine Augen glänzen, müssen es mehr schöne Erinnerungen sein, die dieses wiedersehen von scheinbar alten Freunden in ihm hervorruft. Die anderen helfen ihnen den Helm fest zu schnüren und dann geht es endlich los.

Sie stehen weit voneinander entfernt, als sie sich voreinander verbeugen. Wie bei den anderen auch schon treten sie weiter in die Mitte und gehen in die Hocke. Sakuragi gibt das Zeichen für den Start und beide springen auf, doch keiner schlägt zu. Hochkonzentriert scheinen sie umeinander zu tänzeln. Ihre Schritte verborgen unter den weit geschnittenen Hosen. Die behandschuhten Hände fest um den Griff des Holzschwerts. Und dann wie aus dem nichts der erste Schlag. Shibas Kampfschrei schießt durch meine nerven und erfüllt mich mit diesem kribbelndem Gefühl der Euphorie. Sakuragi hebt ein weißes Tuch, was bedeutet das Shiba einen Punkt erzielt hat. Begeistert klatsche ich in die Hände.

Sie nehmen wieder die Grundstellung ein und die Spitzen der Shinais tippen mehrmals aneinander. Ich platze vor Spannung. Harunos Hand legt sich auf meine, von der ich nicht mitbekommen habe, wie ich meine Finger in sein Knie bohre. Entschuldigend will ich sie ihm entziehen, doch er hält sie weiter fest. Knallendes Holz zieht meine Aufmerksamkeit zurück aufs eigentliche Geschehen.

Sie sind so wahnsinnig schnell in ihren Bewegungen. Die Luft zischt bei besonders flinken Schlägen. Unfassbar wie viel Kraft in ihren Angriffen liegt. Mishiro ist gut, Shiba ist besser. Er holt mehr Punkte als sie und Gewinnt das Duell.

Nach ihrer Verbeugung springe ich auf, doch die anderen waren schneller bei ihm. Sie sind völlig aus dem Häuschen von diesem grandiosen Kampf. Mishiro zieht sich den Helm vom Kopf und strahlt übers ganze Gesicht. „Ich hab nichts anderes erwartet vom zweifachn Sieger der Nationalmeisterschaft.“ Klänge des Erstaunens sind von den anderen drei zu hören. Nein vier. Mich eingeschlossen, denn das wusste ich auch nicht.

„Nur der U20“, verteidigt sich Shiba und zieht dabei den Helm vom Kopf. Er lächelt wie ich ihn noch nie habe lächeln sehen. Völlig im Einklang mit sich selbst und seinen neuen Freunden. Er ist tatsächlich glücklich. Er wird geradezu mit fragen über seine Erfahrungen bei den Meisterschaften bombardiert und es stört ihn überhaupt nicht. Er fühlt sich sichtlich wohl in ihre Mitte.

Nur warum fühle ich mich dabei so schlecht? Mein Magen krampft schmerzlich, während ich an der Seite stehe und das wilde treiben beobachte. Er hat mich nicht mal angesehen. Ich sollte froh sein, dass er endlich über seinen Schatten gesprungen ist, doch ich habe das Gefühl ihn zu verlieren. Ich muss Haruno schon mit den Scharen von Frauen teilen und nun verliere ich auch noch Shiba an den Kendo.

Die niedliche Sakuragi tänzelt aufgeregt mit ihrem Handy in der Hand vor Shiba. „Das heißt du bist eine Berühmtheit. Ich brauch ganz unbedingt ein Foto.“ Wobei sie zum Schluss jedes Wort wie mit einem unsichtbaren Ausrufezeichen betont. Sie tatscht nur ein paar mal aufs Display und plötzlich friert sie völlig fest. „Ähm... Mishiro?“

Sie sieht mit aufs Handy. „Ich wusste es.“ Aus schmalen Augen sieht sie strafend zu Haruno, der sich wiederum keiner Schuld bewusst ist. Ich mache einen langen Hals und sehe das Foto, dass noch nicht mal zwei Stunden alt ist und schon seine Runden schlägt. Das Foto das Haruno und Shiba bei ihrem öffentlichen Kuss zeigt.

 

 

„Ihr seit ein Paar?“, fragt Sakuragi erstaunt und ein wenig zu laut.

Nervös schaut Haruno sich um, ob unerwünschte Zuhörer in der nähe stehen. Wir warten vor der Trainingshalle im Schatten der Bäume. Shiba ist noch mit Mishiro drinnen. Sie bat ihn um ein Gespräch.

Harunos Plan hatte noch nicht genug Zeit zum reifen. Das ist der einzige Grund für mich das er jetzt diese Behauptung aufstellt, die eigentlich alles nur schlimmer macht. „Ja und das schon sehr lange, aber er vertraut mir immer noch nicht. Er hat sozusagen sein Revier markiert.“

Sachte haut Sakuragi ihn mit ihren Shinai gegen den Oberarm. „Ist ja auch kein Wunder, wenn du dauernd mit Mädchen flirtest, du Schuft.“

„Und du wusstest die ganze Zeit davon, Watanabe?“, fragt mich der große.

„Ähm...“ Nicht sicher was ich darauf Antworten soll sehe ich zu dem Igelchen, der jeden Augenblick droht in Schweiß auszubrechen und das nicht nur wegen der Hitze.

„Ja, Misaki hat es vom ersten Tag gewusst, weil sie gute Freunde in der Schwulen Szene und wohl ein Gespür dafür entwickelt hat. Wir waren auch überrascht, dass sie uns so schnell durchschaute.“ Er legt einen Arm um meine Schulter und zieht mich zu sich heran. „Das war der beginn einer wundervollen Freundschaft.“

„Wir haben eine Schulen Szene?“, fragt Nori-Boy erschrocken, als hätte er den Anteil der Schwulen in ganz Japan auf Null geschätzt.

Sakuragi lacht zuckersüß über sein entsetzen. „Vielleicht sollten wir mal ein Club Ausflug dahin machen. Da gibt es sicher mehr zu sehen, als du dir vorstellen kannst.“

Er schluckt schwer. „Nein danke, dass was ich mir Vorstellen kann reicht mir schon völlig aus. Ich kann schon nicht bei Mädchen landen, da will ich es nicht riskieren auch noch am anderen Ufer zu versagen.“ Das bringt tatsächlich alle zum lachen und lockert die Stimmung ungemein auf. Sie reagieren richtig gelassen mit dieser Offenbarung. Ich befürchtete sie zünden ihre Holzschwerter an und jagen uns aus der Stadt. Wie sie wohl reagieren würden, wenn sie wüssten das ich kein Mädchen bin?

„Misaki wo ist deine Tasche?“ Suchend schaut Haruno um mich herum.

Ich sehe in meine leeren Hände und dann zu Haruno. „Die hab ich bei der Aufregung ganz vergessen. Ich glaub die liegt in der Umkleide.“

„Die Türen müssten noch offen sein. Mishiro schließt als letzte immer alles ab. Darf ich dir beim suchen helfen?“; fragt mich Sakuragi. Irgendwie fang ich jetzt doch an sie zu mögen. Ihr offensichtliches Interesse an Haruno ist Schlaghaft abgeebbt nachdem sie das Bild sah und ich bemerke mehr und mehr ihre eigentlich liebenswerte Art.

Ablehnend schüttle ich den Kopf. „Schon gut, dauert keine Minute.“ Schnell schlüpfe ich durch die schwere Eisentür und gehe direkt auf die Umkleide zu. Doch ich finde meine Tasche nicht. Suchend gehe ich weiter Richtung Trainingshalle und leise Stimmen werden immer deutlicher. Meine Schritte verlangsamen sich. Ich kann noch nicht mal ein genaues Wort verstehen und habe jetzt schon ein schlechtes Gewissen, dass ich es überhaupt hören kann. Mit großer Vorsicht öffne ich die Tür einen Spalt und sehe gerade so die Bänke an der Wand. Shibas Tasche und Unterlagen liegen dort verteilt und mit ihnen auch meine Tasche.

„Was kann ich tun damit du mir verzeihst?“

Erschrocken zucke ich zusammen. Jetzt da die Tür offen ist, verstehe ich sie. Innerlich wäge ich ab, ob ich diese verdammte Tasche, mit meinem Schlüssel und Handy tatsächlich so dringend brauche, dass ich sie bei diesem dringenden Gespräch stören muss.

„Es geht überhaupt nicht ums verzeihen, Mishiro. Du hast mein Vertrauen verspielt.“

„Er is mein Bruder“, verteidigt sie sich sofort. „Er hat geschworen, dass es nur eine einmalige Sache war. Ich wollt nicht das sich etwas zwischen uns ändert und hab das beste gehofft. Ich wusste ja nich, dass das schon länger geht.“

Shiba atmet schwer aus. „Und dein Hoffen hat dazu geführt, dass er mich ein Jahr betrogen und sein neuer mich in aller Öffentlichkeit gedemütigt hat. Ich weiß nicht, was es da noch zu bereden gibt.“

Das aufkommen von Schritten lässt mich zusammenfahren und ich ergreife die Flucht. Auch draußen mache ich nicht halt und rase an den anderen vorbei. Ich kann Haruno noch rufen hören, aber drehe mich nicht um. Weg. Ich muss einfach weg. Ich hätte das nie hören dürfen.

 

Ende von Teil 18



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  -Chiba-
2019-07-21T08:32:58+00:00 21.07.2019 10:32
Juhuuuu....ein neues Kapitel *freu*

Ich bin vor einiger Zeit über deine FF's gestoßen und war sofort hin und weg. Du hast einen tollen Schreibstil und es macht riesigen Spaß die Kapitel zu lesen. Und ich hab mich total gefreut, als ich heute das neue Kapitel entdeckt habe. Ich hatte ja schon befürchtet, dass du die FF nicht mehr fortsetzt.
Die Story mit den dreien ist total süß und ich hoffe, dass du noch viele weitere Kapitel hochlädst ^^

Ich wünsche dir noch einen schönen Tag!

LG
Chiba
Antwort von:  Serato
21.07.2019 12:42
Hey Chiba ^^
Awww ein schönes Lob, vielen Dank! ♡
Es wird definitiv noch viele Kapitel geben, es muss ja noch wahnsinnig viel aufgelöst werden.
Allerdings schreibe ich hauptsächlich an meiner anderen Geschichte, weil deren Ende mittlerweile absehbar ist und das Ende von dieser Geschichte noch weit in der Ferne. Und wenn ich die eine Geschichte fertig habe, habe ich mehr Zeit für diese. ^^
Es kann also mal länger dauern, aber nicht enden, bis im aller letzten Kapitel wirklich Ende steht statt ende von teilXX ^^
Würde mich sehr freuen wenn du auch weiterhin dabei bleibst und die Geschichte von Misaki weiter erfährst
Liebe Grüße
Sersto
♡♡♡


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