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Too Strong To Die

Levi x Sakura | Kakashi x Mikasa
von

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arrivals.

Der Morgen brach an, doch Mikasa erinnerte sich nicht an die Nacht. Hatte sie Alpträume gehabt? Waren die anderen wieder durch sie aufgewacht? Selbst wenn Mikasa hätte fragen wollen, wäre es unmöglich gewesen. Die anderen Betten waren bereits verlassen und gemacht. Auch davon hatte sie nichts mitbekommen. Die Erschöpfung musste zu groß gewesen sein.

Für eine Weile blieb Mikasa im Bett liegen und besah sich die sonnengeflutete Zimmerdecke. Nur ihre Hand wanderte über das Laken, bis sich ihre Finger um den bekannten Stoff des roten Schals schlossen.

In den letzten zwei Tagen war eine Menge geschehen. Was Eren wohl dazu sagen würde, dass sie der kindlichen Königin begegnet war, die mehr an eine Soldatin erinnerte. Mikasa war sich fast sicher, dass Eren sie gemocht hätte.

Es war dieser Gedanke, der ihr letztendlich die Energie gab, um sich aufzusetzen und sich aus dem Bett zu hieven. Die Müdigkeit hielt noch immer an ihr fest, doch die Tatsache, dass sie bereits eine neue Mission auferlegt bekommen hatte, half ihr die Ketten zu sprengen.

Schweigend sammelte sie ihre Sachen zusammen und steuerte das Gemeinschaftsbad am Ende des Flügels an. Sie traf eine Soldatin an einem der Waschbecken an, als sie auf dem Weg zu den Duschen war. Sie wechselten keine Worte miteinander.

Das kalte Wasser der Dusche ließ auch die letzte Müdigkeit verfliegen, bevor Mikasa sich zum Frühstückssaal begab. Es war spät und die meisten Tische waren bereits verlassen, doch sie entdeckte Armin und Jean.

Armin anzusehen versetzte ihr noch immer einen Stich in ihrer Brust, weshalb sie den Blick stattdessen herrenlos durch den Raum wandern ließ, in dem einige junge Rekruten sich um das Geschirr kümmerten und die langen Tische säuberten.

Mikasa setzte sich zu ihnen.

„Guten Morgen, Mikasa“, begrüßte Armin sie. „Alles in Ordnung bei dir? Wir haben gehört, was passiert ist. Oder eher-“

„Armin“, mahnte Jean und nahm einen Schluck aus seiner Tasse. „Die Leute reden. Wie immer eben. Aber du musst nicht darüber sprechen, wenn du nicht willst“, sagte Jean anschließend an sie gerichtet. In seinen Augen befand sich nicht dieselbe Sorge, die sie in Armins finden würde, hätte sie aufgesehen. Jeans Nachdenklichkeit und Vorsicht waren einfacher zu akzeptieren, als Armins Besorgnis, als seine eigene Trauer.

„Ich werde bald ausreiten. Hanji hat mich beauftragt, Kakashi Hatake aus Trost abzuholen. Er soll Erwins als Kommandant ablösen“, sagte Mikasa mit tonloser Stimme, während sie sich das vorletzte Brötchen aus dem Korb nahm und es schmierte. Sie aß langsam, mehr mechanisch, als vom Hunger angetrieben.

Jean und Armins Augen weiteten sich.

„Kakashi Hatake?“, entwich es Armin. „Der Kakashi Hatake?“

„Du kennst ihn, Armin?“, erkundigte sich Mikasa. Sie selbst hatte von diesem Mann noch nie gehört, doch Hanji hatte ihr gestern Abend noch eine Akte mit Informationen über ihn zukommen lassen, die noch immer in ihrem Zimmer lag.

„Natürlich”, verkündete Armin. „Kakashi Hatake ist so etwas wie eine Legende im Aufklärungstrupp. Er ist einer der wenigen Soldaten, die überlebt haben. Außerdem hält er den Rekord für die meist getöteten Titanen.“

„Jemand zählt das?“, platzte es aus Jean heraus, der die Stirn runzelte.

Armin nickte. „Ja. Bis jetzt hat noch keiner seinen Rekord gebrochen. Nur einer kommt annährend an Kakashi heran. Nur Captain Levi. Inzwischen besteht aber kein Zweifel darin, dass Levi diesen Rekord schon bald brechen wird.“

„Wahrscheinlich bei der nächsten Mission…“, raunte Jean. „Wie lange war Kakashi überhaupt ein Mitglied des Trupps?“

„Gute Frage…“, antwortete Armin und starrte auf seinen leeren Teller hinab, hinab auf die zurückgebliebenen Krümel. „Es weiß auch niemand so genau, warum er den Trupp verlassen hat. Es gibt eine Menge Gerüchte, aber nichts Konkretes. Ich frage mich, ob das mit Kommandant Erwin zu tun hat.“

Jean hob eine Augenbraue. „Warum sollte es?“

Doch da nahm Mikasa bereits ihren Teller und stand auf, wodurch die Unterhaltung zu einem abrupten Ende kam. Sie hatte kein Interesse an sinnlosen Spekulationen. „Ich muss noch mit Hanji sprechen, bevor ich aufbreche.“ Mit diesen Worten ging sie davon und reichte ihren Teller im Vorbeigehen an einen der jungen Soldaten weiter.

Kakashi Hatake…

Wenn Armin sagte, dass er bekannt hier war, dann musste es stimmen. Sie beteiligte sich selten an den Unterhaltungen der anderen Soldaten, aber vielleicht hätte sie besser zuhören sollen.

Dieser Gedanke war flüchtig, als Mikasa die Akte aus ihrem Zimmer holte und sich auf den Weg zu ihrer Kommandantin machte.

Hanjis Büro befand sich im ersten Stockwerk des Schlosses, nicht unweit von ihrem kleinen, fast versteckten, Labor entfernt. Mikasa hatte von ihm gehört, aber nie Gelegenheit gehabt, es zu betreten. Sie klopfte.

Hinter der Tür folgte ein mehrfaches Poltern, bevor ein schrilles „Herein“ erklang. Eine frische Brise wehte Mikasa um die Nase, als sie die Tür aufschob. Diese drang durch all die geöffneten Fenster in den Raum und ließ die losen Blätter rascheln und ruckartig über den Steinboden sowie den Schränken und Tischen krauchen. Auch der Schreibtisch sah nicht viel besser aus, sondern war vollgeladen von Büchern und Akten und irgendwelchen Modellen von wissenschaftlichem Equipment.

Eines von ihnen versuchte Hanji in diesem Moment hastig zusammenzubasteln, nach dem es ihr wahrscheinlich aus der Hand gefallen war. „Ah, Mikasa! Was gibt es?“, erkundigte sich Hanji und setzte sich aufrechter in ihrem Stuhl, als Mikasa sich den Weg zu ihrem Schreibtisch bahnte. „Die Brise hilft mir beim Denken“, fügte sie ungefragt hinzu. „Ich hatte auch gerade an dich gedacht. Perfektes Timing also!“

Sie legte das kleine Modell beiseite und griff nach einem ungeöffneten Brief, der vor ihr auf dem Schreibtisch und zwischen einigen Büchern lag. „Bist du bereit, um aufzubrechen?“, plapperte sie weiter, ohne Mikasa die Zeit zum Antworten zu lassen. „Hier. Erwin hat Kakashi diesen Brief hinterlassen. Ich weiß zwar nicht, was in ihm steht, aber ich bin sicher, dass der Inhalt dir helfen wird, ihn zu überzeugen mit dir hierher zurückzukehren.“

Mikasa nahm den Brief an sich, bevor sie Hanji die Akte über Kakashi zurückgab. „Ich werde mich auf den Weg machen.“

„Mikasa“, rief Hanji ihr hinterher, ehe sie die Tür erreichte. „Pass auf dich auf“, sagte sie und ihre sonst so gewohnte Heiterkeit war von ihr abgefallen, das Gesicht merkwürdig ernst. „Der Aufklärungstrupp hat mehr Feinde als uns lieb ist. Wir wissen auch noch immer nicht, was es mit dem Attentat wirklich auf sich hat.“

Mikasa antwortete mit einem Nicken und einem letzten Salut, bevor sie das Büro verließ, um ihre Satteltaschen zu packen und nach Trost zu reiten. Sie verstand, was Hanji ausdrücken wollte: Sie wussten gar nichts und befanden sich dadurch in einem strategischen Nachteil.
 


 


 

Kakashi wusste nicht, wie es in den anderen Städten und Distrikten aussah, aber hinter den Mauern von Trost war es in den letzten Wochen merkwürdig ruhig gewesen. Auf den Straßen hörte er die Leute flüstern, dass der Aufklärungstrupp mit seinen ständigen Exkursionen der Grund für die ständigen Titanenangriffe auf die Mauern waren und dass es nun, da sie nicht ausritten, vergleichsweise friedlich war. Abstreiten konnte Kakashi diese Tatsache nicht, doch er wusste auch, dass es komplizierter war, als er die Einwohner von Trost annahmen. Nichts war schwarz und weiß; alles war grau.

Doch hier oben auf den Mauern erschien die Welt dort unten mit ihren dreckigen und kaputten Straßen und ihren oftmals hungernden Menschen nicht mehr allzu wichtig, obwohl dies nicht der Wahrheit entsprach. Hier oben betrafen ihn diese Probleme nur weniger, vor allem wenn er den Blick auf die wilde Natur richtete, die sich weit und endlos hinter den Mauern auftat.

Vielleicht sprach aber auch nur die Nostalgie aus Kakashi. Die Erinnerungen an das weite Land, das er nicht nur von hier oben sehen konnte, sondern hautnah erlebt und gesehen hatte, ließ sich nie komplett abschütteln. Ganz besonders, wenn keine Titanen den Weg an die Mauern gefunden hatten und die Sonne schien. Kakashi genoss Tage wie diese, selten wie sie waren.

„Captain Hatake“, rief eine Stimme und Kakashi blinzelte, bevor sich seine Augen auf den Soldaten richteten, der soeben aus der Gondel stieg, die ihn hinauf auf die Mauer gebracht hatte.

Wulleman salutierte, als er vor Kakashi zum Stehen kam. „Die Untersuchung der Kanonen ist abgeschlossen. Zwar sieht man einigen ihr Alter durchaus an, aber bis auf eine sind sämtliche anderen noch operationstauglich.“

Kakashi verschränkte die Arme vor der Brust, das eigene 3DM-Gear schwer an seiner Hüfte hängend. „Gut. Sag Votra, dass wir sie runterschaffen, während ich mich um den nötigen Papierkram kümmern werde, damit sie uns ersetzt wird.“ Resigniertheit schlich sich in seine Stimme, denn Kakashi machte sich keine großen Hoffnungen, dass dieser Ablauf schnell und reibungslos von statten gehen würde. Wahrscheinlich würde sein Formular nur irgendwo verloren gehen, so wie es schon bei den Scouts und während seiner Arbeit an der Akademie geschehen war. Da alle Militärstränge letztendlich zusammenflossen, landeten alle Anfragen vermutlich bei derselben Person, welche diese sofort in den Mülleimer entsorgte.

„Sofort, Sir!“, verkündete der junge Mann vor ihm, der noch volle Elan und Optimismus war und abermals salutierte, als ob Kakashi dies von ihm verlangte. Er marschierte davon, zurück in die Gondel, bevor er den Männern unten ein Handzeichen gab, damit er hinuntergelassen wurde.

Mit einem Seufzen auf den Lippen, die von dünnem Stoff bedeckt waren, schlenderte Kakashi der Mauer entlang. Erst nach einer Weile, als die Sonne bereits am Untergehen war und Dunkelheit über die Landschaft kroch, sprang Kakashi hinab und seilte sich mit seiner Ausrüstung ab.

Auf dem Weg zu seiner Wohnung hielt er bei dem kleinen Ramenimbiss an, um sich dort eine Portion Nudeln einpacken zu lassen. Er duckte sich unter dem Vorhang hinweg, als er sich unter den überdachten Stand schob, in dem ihn Ayame mit einem Lächeln begrüßte.

„Das Übliche, Kakashi?“, erkundigte sie sich, als sich Kakashi auf den erst besten Stuhl setzte. Er nickte und sah ihr bei der Arbeit zu, während er einige Gesprächsfetzen einiger anderer Gäste aufschnappte.

„Du siehst müde aus.“

Sein Blick huschte zu dem hübschen Gesicht und den besorgten, braunen Augen hinauf. „Nicht mehr als sonst.“

„Wie sieht es auf den Mauern aus?“, fragte sie, denn das tat sie immer. Sie hatte das Herz eines Scouts und erinnerte ihn oft an Rin. Manchmal fragte er sich, ob sie nicht vielleicht dem Militär beigetreten wäre, wäre es nicht um die Kontrolle ihres strickten Onkels gewesen. Doch so war es besser. Das dort draußen befand sich keine Welt für Ayame. Für keinen von ihnen. Und ganz sicher nicht für ihn.

Kakashis Blick richtete sich in den Topf vor Ayame, in dem sie die Nudeln würzte. „Relativ ruhig. Im Moment scheinen sich keine Titanen in der Nähe zu befinden. Aber wir wissen ja, wie schnell sich das ändern kann.“

Ein nachdenklicher Zug legte sich um Ayames Mund, als sie einige Ramen in eine Pappschachtel füllte und den Deckel zuklappte. „Wir sollten den Moment genießen. Jedenfalls schlafe ich zur Zeit ruhiger. Ohne die ständigen Kanonenschüsse.“

„Du hast recht.“ Kakashi lächelte und der plötzliche Rotschimmer auf ihren Wangen sagte ihm, dass es durch seine dünne Maske hindurch sichtbar war.

Als er den Weg nach Hause wieder aufnahm, kreisten Ayames Worten noch immer durch seinen Kopf. Sie hatte natürlich recht und sie war nicht die einzige, der es aufgefallen war. Das verregnete Trost wirkte glatt weniger grau in der letzten Zeit.

Vor seinem Wohngebäude blieb Kakashi stehen, den Nudelkarton in der Hand tragend und den Blick zum bewölkten Himmel hinaufwandernd. Es sah nach Schneeregen aus. Schon wieder, obwohl in den schattigen Ecken der Stadt noch immer grauer Matsch vom Vortag lag.

Seufzend betrat Kakashi das Gebäude und stieg die dreckigen, knarrenden Stufen hinauf. Seit Sakura dem Aufklärungstrupp beigetreten war, verbrachte Kakashi zu viel Zeit in seiner Wohnung, die er davor in dem kleinen Zimmerapartment und in einem anderen Bett verbracht hatte.

Kakashis Gedanken kreisten um die Ärztin mit den rosafarbenen Haaren, als er seine Haustür im zweiten Stockwerk ansteuerte, jedoch bei dem unerwarteten Gast dort zu einem verfrühten Stillstand kam.

Kakashi blinzelte. „Hallo“, entrann es ihm, als die junge Frau, die direkt an seine Haustür gelehnt saß und die Arme um die angezogenen Knie geschlungen hatte, aufsah.

Sie trug eine Militäruniform, doch das Abzeichen auf ihrem Oberarm verriet, welchem Bereich sie angehörte: dem Aufklärungstrupp. Ihr roter Schal war zu ihrer Nase hochgezogen, als sie ihn aus dunklen, kühlen Augen heraus betrachtete. Kakashi las Abneigung aus ihnen heraus, obwohl sie einander nicht kannten. Er war sich sicher, dass er sich ansonsten an sie erinnern würde.

„Kakashi Hatake?“, erkundigte sie sich, als sie den Schal nach unten zog, lautlos vom Boden aufstand und die Satteltaschen an ihrer Seite aufhob. Sie schwang sie problemlos über ihre Schulter, bevor sie vor ihm salutierte.

Kakashi antwortete mit einem Nicken, während sein Herz sich in seinem Brustkorb zusammenzog. Er hatte sich immer gefragt, wie es sich wohl anfühlen musste, auf der anderen Seite zu stehen.

In der Vergangenheit war er auch schon Überbringer schlechter Nachrichten gewesen, aber er hatte bisher nie jemanden gehabt, den er hätte verlieren können. Niemanden außerhalb der Scouts und diese Menschen waren zu früh und direkt vor seiner Nase gestorben. Doch nun stand er hier, der Mund staubtrocken und der kleine, warme Karton mit Ramen in seiner Hand so gut wie vergessen.

Sakura...

„Ich habe eine Nachricht vom Aufklärungstrupps für Sie“, erklärte die Soldatin mit monotoner Stimme. „Hanji Zoe schickt mich.“

Abermals nickte Kakashi und trat an die junge Frau vorbei, um die Tür aufzuschließen. Der Name ihrer Kommandantin sagte ihr nichts, aber das verwunderte ihn nicht. Das war nach seiner Zeit beim Trupp. Wahrscheinlich waren auch die letzten Soldaten, mit denen er zusammengearbeitet hatte, bereits tot. Immerhin war es kein Geheimnis, dass die Soldaten des Aufklärungstrupps wie die Fliegen starben.

„Erzähl mir drinnen davon. Nicht hier im Hausflur.“ Seine Nachbarn waren zu neugierig, als dass er das bisschen Privatleben, welches er besaß, hier draußen breittreten wollte. Außerdem hatte Sakura etwas Besseres von ihm verdient.
 


 


 

In der Feste war es ruhig geworden. Eine stille Anspannung herrschte, seitdem sie Erwin in seinem Zimmer untergebracht hatten. Dort hatte er die Ruhe, die sein Körper benötigte, um sich zu reparieren und zu erholen. Shizune wachte täglich über ihn, während sie in Medizinbüchern wühlte, um sich womöglich doch noch irgendeine Wunderheilung aus dem Ärmel zu schütteln. Aber manchmal, wenn Levi vor Erwins Bett stand und auf seine leblose Form hinuntersah, bezweifelte er, dass es mit Ruhe getan war. Stattdessen schlich sich ihm die leise Ahnung auf, dass die wahrscheinlich die Endstation für Erwin war. Vielleicht sogar für den gesamten Aufklärungstrupp.

Levi setzte die Tasse mit brühendem Kamillentee an seine Lippen, während sein Blick fahrig über den Trainingsplatz wanderte. Dieser erstreckte sich unter dem Fenster seines Zimmers und wirkte unberührt. Schnee von letzter Nacht lag noch immer gefroren in den schattigen Mauerecken, aber die Sonne mit ihrem hohen Stand hatte das meiste schmelzen lassen. Die Temperaturen waren niedrig und fast in die Minusgrade hinabgesunken, doch es hatte bisher keinen einzigen Winter gegeben, in dem keine Rekruten dort den Umgang mit ihrer Ausrüstung geübt hatten. Obwohl sich Levi nie für einen besonders abergläubigen Menschen gehalten hatte, wertete er die Leere auf dem Platz instinktiv als ein schlechtes Omen.

Die Kutsche fuhr fast wie auf das Stichwort durch den hohen Torbogen und das Wiehern der Pferde war selbst hoch oben durch das geschlossene Fenster hörbar. Levi runzelte die Stirn, als er beobachtete, wie die geschlossene Karosserie auf den Hof vorfuhr und vor den steinernen Treppen, die hoch in die Eingangshalle führten, zum Stillstand kam. Er musste sich etwas näher zum Glas hinüberlehnen, um die Kutschentür im Auge zu behalten, da der Schlosseingang sich seitlich von seinem Fenster befand.

Doch allein die beiden Personen auf dem Kutschbock verrieten, dass es kein einfacher Besuch von irgendjemanden war, der dem Aufklärungstrupp freundlich gegenüberstand. Gab es solche Leute überhaupt noch?

Das Abzeichen, welches auf die braune Uniformjacke gestickt war, sprach für sich. Die Soldaten gehörten der Militärpolizei an.

Als die Türen des Wagens sich öffneten, kletterten weitere Soldaten heraus, einige davon mit besonders dunklem, schwarzem Haar, wofür die Uchihafamilie bekannt war. Berüchtigt wohl eher, ging es Levi durch den Kopf, als die Soldaten die Steinstufen hinaufstiegen und aus seinem Sichtfeld verschwanden.

Auf dem Weg zu seinem organisierten Schreibtisch hinüber, trank Levi einen großzügigen Schluck Tee, der ihm fast die Zunge verbrannte. Den Schmerz nahm er kaum wahr.

Das letzte Mal, dass sie etwas von der Militärpolizei gehört hatten, war nach dem Anschlag auf die Festigkeiten in Mitras gewesen. Man hatte ihnen, wohl eher gesagt Erwin, einen Brief zukommen lassen, in dem sie informiert wurden, dass eine Ermittlung in Gang gesetzt worden war, um die verantwortlichen Täter ausfinden zu machen und hinter Gittern zu bringen. Allerdings bezweifelte Levi, dass irgendjemand tatsächlich in einer Zelle landen und nicht viel eher auf dem Schaffot würde.

Obwohl sich alles in ihm sträubte, stellte er die noch halbvoll Teetasse neben einigen strategisch sortierten Akten auf dem Tisch ab, bevor er nach seiner Uniformjacke griff und diese anzog.

Nach dem der anfängliche Auffuhr ein Ende gefunden hatte, hatte sich alles hier in einer Art von Limbo befunden, doch mit der Ankunft der Militärpolizei tickte die Zeit schlagartig weiter. Erwin lag im Koma, aber scheinbar konnten sie dies nicht länger vor der Welt geheim halten und selbst Levi mit seinem eingravierten Pessimismus konnte sich die Konsequenzen dessen nicht ausmalen.

„Was soll das heißen?“ Hanjis Stimme ähnelte einem Donnerschlag, der von kahlen, kalten Steinmauern davon getragen und wiederholt wurde. „Ist das euer Ernst? Von allen Leuten-“

Levi umrundete die breite Säule, welche sich links und rechts von dem Eingang ihrer Feste befanden und die Decke stützten. „Was ist nicht ihr Ernst?“, erkundigte er sich tonlos.

Die Blicke der Soldaten richteten sich auf sie, kühl und erhaben, während etwas in Hanjis dunklen Augen glühte, das Levi nicht oft in ihnen sah: Panik.

„Wir sind hier, um Erwin Smith abzuholen, damit er seiner Gerichtsverhandlung beiwohnen kann“, sagte ein Mann im mittleren Alter, der einige Abzeichen auf Brusthöhe seiner Uniform trug. Das Haar des Kommandanten war schwarz, jedoch schon mit Grau durchzogen, aber Levi nahm an, dass er nur ein sehr weit entfernter Verwandte von der Hauptfamilie der Uchihas war. Dafür war sein Gesicht zu braungebrannt und seine Gesichtszüge zu rund.

„Was ist der Grund für die Anklage?“, erkundigte sich Levi.

Hanji ruderte mit den Armen, bis ihr fast die Brille von der Nase rutschte. „Sie vermuten, dass der Aufklärungstrupp etwas mit dem Anschlag zu tun hat. Kannst du das glauben, Levi? Wahrscheinlich hat er es auch geplant, halb von einer Säule erschlagen zu werden und im Koma zu landen. Und das nur, um der Verhandlung zu entgehen.“ Ein hysterisches Lachen steckte in ihrer Kehle, doch sie schluckte es hinunter, um die Soldaten stattdessen genauso verwirrt anzusehen, wie sie Hanji anstarrten. „Was denn? Wusstest ihr das etwa nicht? Habt ihr unsere Nachricht denn nicht erhalten? Das Vögelchen, das wir euch geschickt haben?“

Die Soldaten tauschten einen Blick miteinander aus und Levi unterdrückte das Mundwinkelzucken. Hanji war schon immer eine gute Schauspielerin gewesen, denn den dramatischen Effekt hatte sie gepachtet. In dieser Situation war es zwar kein großer Vorteil, aber es räumte ihnen eine Chancengleichheit ein.

„Das ändert nichts“, sagte eine weibliche Soldatin mit feuerrotem Haar, die eine nicht ganz so eckige Brille wie Hanji trug, diese jedoch wichtigtuerisch nach oben schob. „Wir müssen Erwin Smith wenigstens sehen, um Bericht zu erstatten.“

Der Kommandant nickte. „Ausserdem ändert das nichts.“ Er schob die Hand in die Innentasche seiner Uniformjacke und holte einen weißen Umschlag hervor, der das Siegel der Militärpolizei und der Regierung auf sich trug. „Die Leitung des Aufklärungstrupps untersteht von nun der Militärpolizei zu, bis die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen worden sind.“

„Wir brauchen keinen Kommandanten. Wir haben bereits einen“, gab Levi zu bedenken, doch die Frau mit der auffallenden Haarfarbe, die ihrer Augenfarbe in nichts nachstand, schnaufte abfällig.

„Euer Kommandant wird ab sofort alle Entscheidungen mit unserem absprechen. Keine Alleingänge mehr. Bis Sasuke Uchiha eingetroffen ist, wird Kiun Uchiha eure Ansprechperson sein“, erklärte sie und deutete auf den älteren Kommandanten, dessen Blick von Levi zu Hanji wanderte, als ob er sichergehen wollte, dass sie diese Informationen verinnerlicht hatten.

„Wir benötigen angemessene Räumlichkeiten im Schloss“, sagte er, als gäbe es nichts weiter zu besprechen. Aber auch Hanji war für einen Moment die Spucke weggeblieben, so dass sie die Kiun mit einem starren Blick bedachte.

Levi packte ihren Unterarm. „Kümmere du dich um die Räumlichkeiten“, sagte er an sie gerichtet, um die Soldaten selbst zu Erwin zu führen zu können und ihnen im Notfall die Nasen zu brechen, sollten sie ein dummes Wort über seinen Zustand verlieren.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Swanlady
2018-12-27T20:12:13+00:00 27.12.2018 21:12
Kakashi, da ist er ja! :D Ich frage mich, wie alle anderen auch, weshalb er aus dem Aufklärungstrupp ausgetreten ist. Und ob das so einfach ist. o_o Aber wenn er vorher ein hohes Tier war, dann hatte da Erwin ganz sicher die Finger im Spiel. Erwin hat überall die Finger im Spiel! XD
Der Moment, in dem Kakashi erst glaubte, dass Mikasa ihm schlechte Nachrichten überbringen will, war echt gut und nachvollziehbar. Natürlich denkt man in einer solchen Welt sofort an das Schlimmste, auch wenn es mir irgendwie das Herz gebrochen hat. ;o; (Obwohl ich weiß, dass es Sakura gut geht, haha.)
Ich amüsiere mich immer wieder über Hanjis theatralische Art, die du echt wunderbar drauf hast. :D Generell mag ich die POV-Wechsel total, weil einfach jeder Charakter toll geschrieben ist. *-*


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