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Too Strong To Die

Levi x Sakura | Kakashi x Mikasa
von

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letter.

Eigentlich hatte Mikasa Kakashi Hatake lediglich den Brief überreichen und sich anschließend ein Zimmer in der Stadt suchen wollen. Schließlich erwartete sie nicht, dass Kakashi innerhalb einer Stunde seine Tasche packen und das Leben, das er sich hier in Trost aufgebaut hatte, einfach aufgeben würde. Viel eher rechnete sie damit, dass es mindestens ein paar Tage dauern würde, bis sie sich gemeinsam auf den Rückweg machen würden. Das hatte sie im Gefühl. Mikasa konnte es auch aus den Zügen des ehemaligen Scouts ablesen, die zur Hälfte von einer dünnen Stoffmaske bedeckt waren. Seltsam war dies ohnehin. Hatte er etwas zu verbergen? Eine hässliche Narbe vielleicht?

Mikasa tat es Kakashi aus Höflichkeit gleich und stieg aus ihren Schuhen, um nicht überall auf dem harten Boden Dreck und nasse Fußspuren zu hinterlassen.

Die Wohnung war verhältnismäßig klein, da sie nur aus einem Wohnraum bestand, der eine Kochecke besaß. Zwei weitere Türen gingen davon ab, die wahrscheinlich in das Schlaf- und Badezimmer führten. Ob diese auch so kahl und unpersönlich wirkten?

Die Wohnung mit ihren nackten Wänden und leeren Schränkchen erinnerte Mikasa unweigerlich an ihre Räumlichkeiten im Schloss, obwohl Temari, TenTen und Sasha regelmäßig Dinge und Klamotten achtlos herumliegen ließen. Wenn man ihr Zimmer betrat, sah man, dass er von Menschen bewohnt wurde. Hier war dies nicht der Fall. Stattdessen waren der Tisch sowie sämtliche anderen Ablagen von einer feinen Staubschicht bedeckt, als ob Kakashi nicht allzu viel Zeit hier verbrachte.

„Ich habe nicht viel da“, kommentierte Kakashi trocken, als er zur Küche hinüberging. „Ist Tee in Ordnung?“

„Okay.“

Kakashi warf ihr einen Blick zu, bevor er sich abwandte, um Wasser aufzusetzen. Muskeln zeichneten sich unter seiner gepressten Uniformjacke ab, als er den Kessel zur Hand nahm.

Was genau Mikasa für eine Person erwartet hatte, konnte sie nicht genau sagen, aber keinen Soldaten, der es lebend aus dem Trupp geschafft hatte und trotzdem so ernst und beinahe bedrückt wirkte.

Natürlich hatte sie seine Akte gelesen, die Hanji ihr gegeben hatte, doch dort hatte sie nichts über sein Motiv gefunden, das ihn veranlasst hatte, dem Aufklärungstrupp zu verlassen.

„Pfefferminze oder Kamille?“, erkundigte sich Kakashi tonlos und holte zwei Tassen aus dem Hängeschrank über dem Herd hervor.

„Spielt keine Rolle“, antwortete Mikasa.

Abermals folgte ein Blick und Kakashis Augen nahmen eine schmalere Form an, als er sie betrachtete. „Du kannst dich setzen, wenn du willst“, meinte er, da sie noch immer mitten im Wohnraum stand, die Hände sorgfältig hinter dem Rücken verschränkt.

Mikasa kam seiner Aufforderung nach und nahm auf einem der Stühle Platz, die um den kleinen Tisch herumstanden. Die Satteltaschen hing sie dabei über die Stuhllehne hinter sich. „Ich hoffe, ich störe nicht“, entrann es ihr ausdruckslos, da Kakashi wie jemand wirkte, der eher eine Unterhaltung führte, anstatt zu schweigen.

Zudem wirkte er furchtbar angespannt, seit er sie im Hausflur entdeckt hatte. Selbst die kleine Nudelpackung, die er dabeigehabt hatte, saß nun verloren auf der Anrichte. Für ihn schien ihr Auftauchen unwillkommen zu sein, aber Mikasa nahm es nicht persönlich. Immerhin wollte sie auch nicht in Trost sein, obwohl sie dem Auftrag um einiges neutraler gegenüberstand.

„Manche Nachrichten können nicht warten“, erklärte Kakashi, als er mit zwei Tassen zum Tisch kam und sich ihr gegenübersetzte. Er schob ihr eine Tasse zu und Mikasa schloss ihre Hände darum.

Die Hitze bahnte sich den Weg durch das Porzellan und erwärmte ihre kalten Finger, während Dampf aus der Tasse stieg, in dem ein Beutelchen mit Teeblättern schwamm. Sie beobachtete es für einige Momente, bevor sie den Blick hob, aber Kakashis Augen galten seiner Tasse.

„Wie ich bereits erwähnte, Hanji Zoe schickt mich“, wiederholte sie. „Trost bekommt nicht viele Informationen von Wall Sina, aber es gab einen Angriff auf die Festigkeiten im Schloss und-“

„Der Gründungstag der Militäreinheiten“, unterbrach Kakashi nachdenklich und legte eine Hand an das bedeckte Kinn. In seinem Blick überwog die Ernsthaftigkeit die allgemeine Traurigkeit, die Mikasa dort vor kurzem noch gesehen hatte.

„Ein paar unserer Soldaten waren ebenfalls anwesend“, fügte Mikasa hinzu, als Kakashi einen Schluck von seinem Tee nahm, der noch nicht richtig durchgezogen sein konnte.

„Dabei ist sie umgekommen?“, fragte er schließlich.

Mikasas Augenbrauen hoben sich, denn im ersten Moment verstand sie nicht. Erst nach einigen Sekunden realisierte sie, dass er offenbar von etwas ganz anderem sprach als sie. Er war der ehemalige Ausbilder und ein Bekannter von Sakura Haruno, der Ärztin, die ebenfalls die Festigkeiten besucht hatte. Sie erinnerte sich, dass Sakura ebenfalls in seiner Akte erwähnt worden war.

Mikasa fühlte einen Stich in ihrer Brust und zittrige Finger berührten den roten Stoff an ihrem Hals, der inzwischen zu einem Teil von ihr geworden war. „Es geht ihr gut. Sakura, meine ich“, sagte sie und ihre Stimme erklang in ihren eigenen Ohren höher und leiser als gewöhnlich.

Kakashi sah sie verdutzt an. Seine Hand schloss sich fester um den Tassenhenkel, bis die Knöchel hervorstanden. „Warum bist du dann...?“ Doch er beendete seine Frage nicht, als Wissen Einzug in sein halbverdecktes Gesicht erhielt. „Erwin.“

Mikasas Stirn kräuselte sich in ihrer eigenen Verwirrung. „Erwin Smith liegt im Koma“, sagte sie dann und schob die Hand in ihre Uniformjacke, um den Brief hervorzuholen, der für Kakashi bestimmt war. Sie schob ihn über den Tisch zu ihm hinüber, ehe sie die Hand zurückzog.

Anstatt ihn aufzunehmen, starrte Kakashi ihn an. Der Griff um den Henkel der Tasse lockerte sich nicht.

Erst nach einigen Sekunden entfloh seiner Kehle ein frustrierter Seufzer und seine Hand schnellte hervor, um den Brief zu ergreifen. Unvorsichtig öffnete Kakashi ihn. „Er ist von Erwin“, meinte Kakashi, als er die verschnörkelte Schrift auf dem Umschlag betrachtete, die seinen Namen enthielt. „Er hat ihn geschrieben, bevor er nach Wall Sina aufgebrochen ist?“

Mikasa antwortete nicht, aber sie nahm an, dass dies ohnehin eine rhetorische Frage war, da Kakashi sie nicht ansah.

Stattdessen entfaltete er den Brief und überflog ihn.

Vorsichtig trank sie ihren Tee, der heiß auf ihrer Zunge schmeckte und einen Schauer durch ihren Körper schickte. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal Tee getrunken hatte. Für gewöhnlich genügte ihr Wasser.

Doch der Moment der Harmonie und der Kindheitserinnerung an eine Mutter, die nicht offiziell ihre gewesen war, aber regelmäßig süßen Tee für Eren und sie gekocht hatte, waren nicht von Dauer.

Unter ihrem Blick nahm Kakashis Gesicht etwas Hartes an, bis er schließlich das Papier vor sich ablegte und aufstand. Die Hände stützte er auf dem Tisch ab, während seine Augen auch weiterhin auf die kleine Schrift gerichtet blieben.

„Ich möchte, dass du gehst“, verkündete er nach einem langen Moment der Stille.

Mikasa schluckte das bisschen Tee in ihrem Mund nur schwerfällig hinunter. „Aber—“

Ein zweites Mal wurde sie unterbrochen, harscher diesmal. „Geh.“

Mikasa zuckte zusammen, obwohl nicht einmal Titanen ihr Angst einjagen konnten. Nur hatte sie mit dieser Art von Reaktion nicht gerechnet, nicht nachdem sie ihm gerade noch versichert hatte, dass es seiner ehemaligen Schülerin gutging.

Langsam stellte Mikasa die Tasse zurück auf den Tisch und stand auf. Sollte sie den Brief mitnehmen?

Aber Mikasa entschied sich dagegen. Sie nahm die abgelegten Satteltaschen auf und kehrte zu ihren Stiefeln zurück, um in sie hineinzuschlüpfen, bevor sie mit einem letzten Blick auf Kakashi, der nicht in ihre Richtung sah, die Wohnung verließ.

Die Tür schloss sie hinter ihr, bis sie verloren auf dem Treppenabsatz stand.

Was sollte sie nun tun?
 


 


 

Sakura hatte erwartet, dass es bergauf gehen würde, sobald sie Erlaubnis von Shizune bekommen hatte, die Krankenstation zu verlassen. Zugegeben, die Wunde an ihrem Oberschenkel war nicht komplett verheilt, aber es hatte seine Vorteile eine Ausbildung als Ärztin genossen zu haben. Eine Infektion des Gewebes würde sie im Notfall erkennen und ebenso wusste sie, dass der Verband täglich gewechselt werden musste. Doch all diese Dinge waren im Moment ihr kleinstes Problem.

Ein dumpfes Klacken ertönte jedes Mal, wenn Sakuras Gehstock auf dem Steinboden aufkam, um ihr Bein ein wenig zu entlasten. Jeder Schritt sorgte dennoch für ein Ziehen, das ihrer Wade hinaufschoss.

Sakura biss die Zähne aufeinander, während ihr Herz in ihrer Brust vor Aufregung und Anspannung hämmerte. Wie konnte ein einziger Angriff nur so eine Lawine an Konsequenzen mit sich bringen? Und wie sollten sie all die Steine, die man ihnen in den Weg legte, wieder forträumen? Waren es vielleicht doch nur Gerüchte und sie machte sich umsonst verrückt? Sakura hoffte es.

Mit schnellerem Atem, der auf die Anstrengung zurückzuführen war, erreichte Sakura die abgelegene Bibliothek, die Levi, sie und das restliche Team wieder auf Vordermann gebracht hatten.

Einige Laternen waren entzündet worden, um etwas Licht zu spenden, da es draußen bereits dunkel wurde. Zusammen mit den Wintermonaten kam die Dunkelheit, die sich nun rascher über das Land legte.

Ihr Team fand sie an einem der langen Tische im Leseraum vor, der fernab der Bücherregale stand. Jeder von ihnen hatte jedoch einen kleinen Bücherstapel neben sich zu liegen, während sie alle Informationen suchten, die sie auf ihre nächste Expedition vorbereiten konnten.

Wenn es diese geben sollte, ging es Sakura durch den Kopf, als sie auf den Tisch zuhumpelte.

Levi sah über den Buchrand zu ihr hinüber, bevor die anderen sie ebenfalls bemerkten. Mit einem strahlenden Lächeln stand Petra auf, um ihr ihren Stuhl anzubieten. „Sakura, solltest du schon auf den Beinen sein?“

„Shizune hat mich heute entlassen.“

Ein Knall ertönte, als Oluo mit der Hand auf die Tischplatte schlug. „Das ist wenigstens mal eine gute Nachricht!“

„Die Beste“, versicherte Eld ihr und klopfte Oluo, der direkt neben ihm saß, auf den Rücken, während er Sakura ein warmes Lächeln schenkte.

„Ehrlich gesagt bin ich hier, um mit Captain Levi zu sprechen“, gestand Sakura und schulte ihren Gesichtsausdruck. Obwohl die anderen eigentlich nicht wissen konnten, was sich zwischen Levi und ihr abgespielt hatte, spürte sie dennoch eine Verlegenheit in ihrem Inneren aufkeimen.

Nur kurz flackerte ihr Blick zu Petra hinüber, die wieder ihren Stuhl einnahm. Ihre Augen galten dem aufgeschlagenen Buch vor ihr auf dem Tisch, ein schmales Lächeln auf den Lippen bewahren. Es wirkte künstlich auf Sakura, aber vielleicht hing das auch mit den bleischweren Schuldgefühlen zusammen, die sich in ihrem Bauch festsetzten.

Sakura blinzelte heftig, um die Kontrolle über sich zu behalten und nicht zu erröten. Schließlich wusste sie um die Gefühle, die sie für Levi hegte, auch wenn Petra offiziell nie ein Wort über sie verlor und stattdessen Sakura wortlos den Rücken stärkte. Womöglich fühlte sie sich deshalb so schlecht und vermied das Thema in ihrer Gegenwart. Verletzten wollte sie Petra keinesfalls. Petra brachte es immer noch über das Herz, um sie besorgt zu sein, obgleich es so wirken musste, als schnappte sie Petra Levi direkt vor der Nase weg. Sie war so fürchterlich selbstlos, dass es Sakura das Herz brach. Petra war netter und besser als sie, so viel besser.

„Also?“, unterbrach Levi ihre Gedanken, der sein Buch zuschnappen ließ und sich schwunghaft aus dem Stuhl erhob. „Willst du da Wurzeln schlagen oder reden?“

Sakura löste die Augen von der rothaarigen Soldatin, die ihren Blick mied. „Reden.“ Sich in Bewegung setzend folgte sie Levi tiefer in die Bibliothek hinein, bis die Regale, die mit allen möglichen literarischen Werken gefüllt waren, ihnen die Sicht auf ihre Kameraden nahmen und ihnen Privatsphäre gaben.

Auch hier standen vereinzelt Stühle, während Leitern Zugang zu den höheren Regalen boten. Einen von diesen Holzstühlen steuerte Levi an und zog ihn schabend mit dem Fuß näher heran. „Setz dich.“

Hinter den schroffen Worten vermutete Sakura Rücksichtnahme und nahm mit einem zittrigen Lächeln Platz. Das Laufen strengte sie noch immer an und trieb ihr den Schweiß auf die Stirn, aber alles war besser, als weiterhin unfähig im Bett zu liegen. Ganz besonders, wenn Sasuke Uchiha auf dem Weg hierher war.

„Ist es wahr?“, erkundigte sich Sakura, als sie zu Levi aufsah, der sich nonchalant gegen eines der Buchregale lehnte.

In seinem Blick ließ sich nichts herauslesen. „Ist was wahr?“

„Du weißt, was ich meine“, erwiderte Sakura und lehnte den Gehstock neben sich gegen den Stuhl. „Ich habe Gerüchte gehört. Hat die Militärpolizei tatsächlich den Aufklärungstrupp übernommen?“ Ihre Stimme war nicht mehr als ein lautes Flüstern, obwohl sie wusste, dass keiner in ihrem Team sie jemals belauschen würde. Sie vertraute den drei Menschen dort am Tisch mit ihrem Leben, denn sie hatten bewiesen, dass sie nicht weniger von ihr verdienten. Dennoch gab es einige Sachen, die sie nicht von Sakura wussten. Dinge, von denen Sakura nicht wollte, dass sie jemals davon erfuhren. „Ist Sasuke wirklich auf dem Weg hierher?“

Vielleicht war ihre Besorgnis darüber auf ihrem Gesicht ablesbar, denn für einen langen Moment musterte Levi sie, anstatt ihr eine Antwort zu geben. Er verschränkte die Arme vor dem Oberkörper und beugte sich ein wenig vor. „Wieso? Hast du Angst, dass deine Gefühle für ihn wiederkehren?“

Sakuras Augen weiteten sich unter seinem Blick, bevor sie das Gesicht verzog. „So wenig traust du mir also zu?“ Sie schnaubte, um der plötzlichen Wut in ihrem Bauch Luft zu machen. „Ich habe den Aufklärungstrupp gewählt“, versicherte sie ihm. Ob es nur Eifersucht seinerseits war oder Bedenken, dass sie Sasuke irgendwelche wichtigen Informationen zuspielen konnte, wusste sie nicht, aber das sollte ihren Standpunkt deutlich machen.

„Sag mir lieber, was wir dagegen machen“, fügte sie ruhiger hinzu. Immerhin war sie nicht gekommen, um einen Streit mit Levi zu entfachen. Sie wollte das warme Kribbeln in ihrem Bauch, das seine letzten Worte in der Krankenstation in ihr ausgelöst hatten, ein wenig länger am Leben erhalten. Ganz besonders, da sie nicht wusste, wie es um sie stand und ob es überhaupt ein Wir gab. Unter den Umständen war sie sich sicher, dass sie es auch nicht so schnell erfahren würde, da sie andere Probleme hatten.

Levi lehnte sich zurück und schloss die Augen, eine müde, resignierte Geste, die im starken Kontrast zu seiner Feindseligkeit von eben stand. „Die Vorbereitungen für die Expedition im Frühling wird fortgesetzt. Nur... nicht mehr ganz so offiziell.“

Sakura lächelte schmal und grimm.

„Im Moment können wir sie nur hinhalten, bis wir eine Lösung gefunden haben, um die Militärpolizei loszuwerden“, erklärte Levi weiter. „Hanji hat ein Meeting für morgen Nacht einberufen. Unten in ihrem Labor. Ich muss dir wohl nicht sagen, dass es ungünstig wäre, wenn einer von den Uchihas davon Wind bekommt.“

„Warum holst du mich nicht ab und wir gehen gemeinsam?“, kam es Sakura über die Lippen, obwohl sie nicht sicher war, ob sie sich damit nicht zu weit aus dem Fenster lehnte. Levi war kein Mann, den man manipulieren konnte oder der etwas tat, was er nicht wollte.

Zu ihrer Überraschung zuckte er mit den Schultern. „Solange du nicht trödelst. Ich warte nicht auf dich.“

Sakura spürte, wie ein Lächeln an ihren Mundwinkeln zupfte. Auf seine sehr eigenwillige Art und Weise konnte Levi manchmal ganz nett sein. In diesen Augenblicken war das Kribbeln ihrem Bauch unheimlich stark und einnehmend. „Ich werde mir Mühe geben, Captain.“

Levi schenkte ihr einen genervten Blick, doch dieser perlte an Sakura ab. „War es das denn?“, erkundigte er sich.

„Ja. Danke, dass du dir Zeit für mich genommen hast.“

Er brummte etwas Unverständliches auf ihre Worte hin, bevor er sich zum Tisch zurückbegab. Auch Sakura griff nach ihrem Gehstock, um ihm zu folgen, um ebenfalls für den restlichen Abend über ein paar Bücher zu brüten.
 


 


 

Diese Soldatin schien von der sturen Sorte zu sein, denn eigentlich hatte er sich deutlich ausgedrückt.

Kakashi stand vor dem Fenster in seinem Schlafzimmer, welches eine perfekte Sicht hinunter auf den Eingang des Wohngebäudes bot. Doch obwohl er dort stand, seit er die Nachrichtenüberbringerin weggeschickt hatte, hatte er sie nicht durch die Tür treten sehen. Da es nur einen Ausgang gab, musste sie noch immer im Hausflur sein.

Ein Blick ging über seine Schulter und durch die offene Zimmertür zur geschlossenen Wohnungstür hinüber. Dachte sie, dass sie ihn so dazu bekam, Erwins Bitte, die eher einer Anweisung gleichkam, Folge zu leisten und zum Aufklärungstrupp zurückzukehren?

Kakashi konnte es ihr nicht übelnehmen. Sie war jung und wahrscheinlich idealistisch. Vermutlich glaubte sie noch immer, dass es irgendetwas hinter den Mauern gab, wofür sich das Kämpfen lohnte. Wofür sich das Sterben lohnte.

Doch Kakashi wusste nicht, ob er auch nur einen Funken Hoffnung für eine Zukunft außerhalb dieser Mauern in sich trug. Dafür war er zu alt. Er hatte schon zu viel Leid gesehen, als dass er noch großartig Ambitionen hatte, die darüber hinausgingen, das, was noch existierte, beschützen zu wollen.

Dem Fenster den Rücken zudrehend kehrte er in den Wohnraum zurück, zu dem Tisch, auf dem noch immer der Brief lag.

Erwin Smith war schon in ihrer Jugend allen stets einen Schritt voraus gewesen und hatte heimliche Strategien und Pläne in seinem Kopf geschmiedet. Daher wunderte es ihn nicht, dass Erwin vorgesorgt hatte und ausgerechnet ihn als seinen Nachfolger auserwählt hatte. Wie lange hatte er diese Idee schon im Kopf gehabt? Seit Kakashis Ausstieg aus den Scouts? Hatte er Kakashi deshalb damals unterstützt? Hatte er damals auch schon die Fäden gezogen?

„Hast du mich deshalb besuchst, als du Sakura rekrutiert hast?“, fragte Kakashi den Brief, als könnte dieser ihm eine Antwort auf seine Frage geben.

Die Ruhe seiner Wohnung wurde von einem leisen, monotonen Geräusch durchbrochen, welches an Lautstärke gewann. Sein Blick wandte sich dem Fenster über dem Waschbecken seiner Küche zu. Die Scheibe wies Wasserspritzer auf, zu denen sich mehr dazu gesellten, als mehr Schneeregen vom bewölkten Himmel fiel.

Kakashi beobachtete es, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Doch der Eisregen verschwamm vor seinen Augen, als er sich daran erinnerte, wie er die junge Soldatin vor seiner Tür vorgefunden hatte. Sie hatte verloren gewirkt, verlassen und allein.

Ein Seufzen bahnte sich den Weg über seine bedeckten Lippen. Langsam wanderte er zur Eingangstür hinüber und öffnete sie, um hinaus in den Hausflur treten zu können. „Du bist ausharrend, dass muss ich dir lassen“, meinte er trocken, als er Mikasa an der Wand gegenübersitzend entdeckte.

Dunkle Augen durchbohrten ihn, die Arme um die angezogenen Knie geschlungen.

„Ich werde nicht zum Aufklärungstrupp zurückkehren“, meinte Kakashi, als sie ihn anschwieg. Er schuldete ihr keine Erklärung, aber es war unfair von ihm, sie einfach ohne Begründung fortzuschicken, wenn sie lediglich den Auftrag ihres Vorgesetzten ausführte. „Jemand, der mir wichtig gewesen ist, ist dort draußen umgekommen.“ Etwas zog sich in seiner Brust zusammen, obwohl die Worte sich furchtbar fremd auf seinen Lippen anfühlten. Für gewöhnlich sprach er nicht darüber, hatte es seit seinem Verlassen des Trupps nicht laut ausgesprochen, auch wenn die Erinnerungen ihn selbst heute noch verfolgten und ihm Albträume bescherten. Er hatte sich nicht einmal Sakura anvertraut, obwohl er ihr doch mehr als alle anderen vertraute.

„Jedenfalls glaube ich nicht, dass irgendetwas Gutes hinter den Mauern für uns existiert“, fügte er mit einem Schulterzucken hinzu. „Wie soll ich da die Mission des Aufklärungstrupps ankurbeln?“

Die Frage war rhetorisch gemeint, doch die Soldatin löste die Umarmung ihrer Knie, um sich aufzurichten. „Viele haben jemanden verloren“, meinte sie mit eisiger Stimme, die ihrem Blick in nichts nachstand. Plötzlich wirkte sie um einiges älter, obwohl Kakashi sie in ihren Zwanzigern schätzte. „Ich habe jemanden verloren. Das sogar auf dieser Seite der Mauern, aber ich bin immer noch hier.“ Ihre Finger berührten den roten Schal, der um ihren Hals gebunden war. „Und im Notfall werde ich auch mein Leben für alles und jeden geben, der sich hier befindet.“

Sakura hatte ihn kurz vor ihrem Aufbruch nach dem Grund gefragt, weshalb er sich entschieden hatte, dem Aufklärungstrupp beizutreten. Damals hatte er ihr gesagt, dass seine Motive nicht edel gewesen waren und es stimmte. Anders als die Soldatin vor ihm, hatte sich Kakashi nie Gedanken um Menschenleben gemacht, als er sich bei der Militärakademie eingeschrieben hatte. Erst durch einige schmerzliche Erfahrungen hatte er gelernt, dass die Leben anderer wichtig waren und er sie vor den Titanen bewahren wollte.

„Wie heißt du?“, erkundigte er sich.

Die junge Frau vor ihm salutierte stramm. „Mikasa Ackermann.“

Ein schmales Lächeln kroch auf Kakashis Lippen, als er zurücktrat, um die Tür weiter zu öffnen. „Warum kommst du nicht rein und wir reden noch einmal darüber, Mikasa?“

Einem Déjà-vu gleich, nahm Mikasa ihre Satteltaschen auf und trat ein, um ihre Stiefel abzustreifen und zu ihren inzwischen kaltem Tee zurückzukehren.

Kakashi betrachtete ihren Rücken, bevor er die Tür schloss und ebenfalls wieder am Tisch zurückkehrte. So hatte er sich den Abend nicht vorgestellt, als er sich von Ayame verabschiedet und auf den Weg nach Hause gemacht hatte...

Er nahm einen Schluck von seinem kalten Tee, ehe er Mikasas Blick suchte. „Ehe ich auch nur darüber nachdenken kann, mit dir zum Stützpunkt zurückzureiten, gibt es noch einige Dinge zu erledigen“, erklärte er schließlich, wobei seine Gedanken an einen besonders lästigen Stapel Papierkram für eine neue Kanone für die Mauern hängen blieb, welche die Garrison wahrscheinlich sowieso nie erhalten würde.

„Ich verstehe.“

„Bist du sicher?“, fragte Kakashi. „Dann verstehst du nämlich mehr als ich.“

Verwirrung zeigte sich in ihren braunen Augen, aber jede Art von Emotion stand Mikasa mehr als diese Unnahbarkeit, die sie innerlich tot erscheinen ließ und die ihn zu sehr an ihn selbst erinnerte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Swanlady
2019-03-30T14:15:17+00:00 30.03.2019 15:15
Ich war schon sehr gespannt, wie die Dynamik zwischen Kakashi und Mikasa werden würde und sie gefällt mir wirklich gut! Sie haben einige Gemeinsamkeiten, aber auch genügend Unterschiede – und ich kann sie mir sehr leicht als Ship vorstellen. :D Ich bin froh, dass sie wenigstens gleich das Missverständnis aus der Welt geschafft haben. Sakura geht es nämlich wirklich gut, so oft wie sie in diesem Kapitel gelächelt hat. <3 Levi versteckt seine Eifersucht nicht besonders subtil, aber er hat wohl einfach keinen Nerv für diesen Mist. *lach* Er kann sehr unkompliziert sein, was hin und wieder sehr angenehm ist. XD
Ich gehe davon aus, dass Kakashi von Rin gesprochen hat? Oder Obito? Von beiden? :'D Ich gehe aber definitiv davon aus, dass er noch Schwung in die Sache bringen kann, auch wenn er sich zu alt fühlt und ihm die Motivation fehlt.


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