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Bloody Eternity 2

von

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Versuchung Nr. 1

Noch immer völlig verblüfft von Janes Angebot, kurzfristig wieder hier einzuziehen, starrte Aiden ihr nach, wie sie humpelnd die Treppe hochpolterte. Sie schien in ihrer Entscheidung unschlüssig, und Aiden wartete, ob sie es sich nicht doch nochmal anders überlegen würde. Jedoch tat sie das nicht, sondern warf nur etwas lauter als nötig ihre Zimmertür ins Schloss.

Beklommen sah er sich auf dem Flur um und erinnerte sich daran, wie seltsam die erste Zeit ihm vorgekommen war, während der er hier gewohnt hatte – und damals hatte er keine drei Wochen heftiger Streits mit Jane hinter sich gehabt, sondern sich im Gegenteil gut mit ihr verstanden. Dennoch zog er es vor, im McCollins-Haus zu schlafen statt auf der Straße.

Er gab Jane genug Zeit, sich bettfertig zu machen und zurückzuziehen, bevor er mit seinem Koffer, den er in der Zwischenzeit hereingeholt hatte, nach oben ging. Wäre es nicht ihre Schuld gewesen, dass er noch bleiben musste, hätte er ihr Angebot wohl nicht so einfach angenommen. So aber stellte er seine Sachen vor den Schrank und sah sich zum zweiten Mal in dem Raum um, den er zumindest für kurze Zeit wieder beziehen würde. Es war ein seltsames Gefühl.

Schock und Frustration über Janes Verrat ließen ihn keine Ruhe finden, als er später zu Bett ging. Wie hatte er nur so unsagbar dumm sein können? Und wie konnte sie so ein hinterhältiges kleines Miststück sein? Er hatte gewusst, dass sie eine Show abzog, und es war wahnsinnig erniedrigend, wie er trotzdem darauf angesprungen war. Noch dazu hatte sie ihn, ob wissentlich oder nicht, wirklich in Gefahr gebracht. Wäre er ihr gedankenlos nachgelaufen - immerhin war er seit zweihundert Jahren daran gewöhnt problemlos in der Sonne zu wandeln - wäre er jetzt tot. Ganz davon abgesehen, dass diese Kette der einzige seiner Besitztümer war, an denen ihm etwas lag, weil er ihm eine gewisse Freiheit von seiner Blutbürde bescherte. Aber nicht nur, dass er jetzt im Haus festgesessen hatte, er fühlte sich ohne den schützenden Schmuck von der Sonne geschwächt, davon, dass sie ihn hintergangen hatte, ganz zu schweigen.

Während er gewartet hatte, war er eine Weile unruhig durch Janes Zimmer getigert, in der vagen Hoffnung, sie würde zurückkommen. Schließlich hatte er aufgegeben und war rausgegangen. Eigentlich hatte er sich ins Wohnzimmer setzten wollen, doch als er vor der Tür stand, hinter der er gewohnt hatte, hatte er gezögert und sie schließlich geöffnet. Aiden hatte während seiner Anwesenheit nicht viel verändert, aber soweit er erkennen konnte, war noch alles so, wie bei seiner Abreise. Sogar der Stuhl, auf dem er in dieser letzten, durchwachten Nacht einige Stunden nach draußen gestarrt hatte, stand noch vor dem Fenster. Und, auffälliger als das, das Bild mit ihm und seinem Vater hing an der Wand. Der schlaflose Vampir drehte sich um und starrte durch die Dunkelheit zu dem Gemälde und betrachtete die kleinen Figuren. Wenn Joshua das mitbekommen hätte: sein Sohn, eingesperrt von einem kleinen Mädchen...

Seine Wut verrauchte langsam und wurde von Verlegenheit abgelöst. Er war so ein Trottel. Und nur deswegen hatte er seinen Flug nach Dubai verpasst, von wo aus es nach Sydney hätte weitergehen sollen.

Da er sowieso nicht schlafen konnte, gab Aiden sich redliche Mühe mit seiner Internetrecherche bezüglich der Flüge, aber irgendwann gab er auf und legte sich wieder hin. Es war einfach zu frustrierend, und er beschloss, ganz altmodisch ein Reisebüro aufzusuchen, die sich dann um alles weitere für ihn kümmern sollten. Natürlich hätte er auf Janes Angebot, das für ihn zu regeln, zurückkommen können, doch das ließ sein Stolz nicht zu. Zumal sie dafür gesorgt hatte, dass er länger als geplant in London festsaß. Jetzt sollte sie mit den Konsequenzen leben, dachte er gehässig, während er endlich in den Schlaf abdriftete.
 

Am nächsten Morgen war Aiden zuerst ein wenig verwirrt, wo er sich überhaupt befand, doch schnell nahm er den eindeutigen Geruch wahr und erinnerte sich an alles, was passiert war. Ärger kochte erneut in ihm hoch, doch nicht so intensiv und dauerhaft, wie es vielleicht angemessen gewesen wäre. Oder wie es angemessen gewesen wäre, wenn er selbst Jane nicht so sehr verletzt hätte. Der Vampir redete sich zwar ein, dass mit seiner Entschuldigung und ihrem Einlenken alles zu seinem Abgang gesagt war, doch eigentlich hatte er nach wie vor ein schlechtes Gewissen. Ja, ein Teil von Aiden gönnte es Jane, sauer auf ihn zu sein und sogar so etwas dreistes wie den Diebstahl seines Sonnenschmucks. Da das jedoch genau der von Selbsthass getränkte Teil von ihm war, der ihn damals zur Flucht getrieben hatte, wollte er eigentlich lieber nicht auf ihn hören. Deshalb gab er Jane jetzt Kontra, sparte nicht mit bissigen Kommentaren und ließ sich ihren (eigentlich verdienten) Zorn nicht gefallen.

Während er aufstand, versuchte Aiden, diese Gefühle zu sortieren. So war er ein wenig ruhiger, als er in die Küche ging, wo bereits Elizabeth frühstückte. „Oh, ähm, guten Morgen“, stammelte er ein wenig verwirrt. Er hatte nicht mit der Ärztin gerechnet, obwohl dies natürlich ihr Haus war. „Tut mir leid, dass ich hier so reinplatze…“

Doch die Hausherrin lächelte nur und bot ihm mit einer einladenden Geste einen Platz neben sich. „Jane hat mir schon erzählt, was passiert ist. Mir tut es leid, dass sie dich aufgehalten hat.“

„Ah, das macht doch nichts. Ich schätze, ich hab´s verdient.“ Immerhin hatte er sich ungefragt in die Angelegenheiten der Vampirjägerin eingemischt, und wenn er an den Dolch dachte, den sie ihm in Rom in den Arm gerammt hatte, hatte er es mit der temporären Freiheitsberaubung noch gut getroffen.

„Womit hattest du es denn verdient?“, fragte Elizabeth scharfsinnig, woraufhin ihr Hausgast leicht gequält lächelte.

„Ich wollte ihr helfen, diese Schatulle zurück zu bekommen, obwohl es mich nichts angeht.“

„Oh, aber das ist doch nett von dir.“ Missbilligend runzelte die Mutter die Stirn, dann seufzte sie. „Nun, ein paar Tage länger in London zu bleiben, ist für dich ja keine große Sache, nicht wahr? Immerhin steht dir unendlich viel Zeit zur Verfügung.“

Sie lachten beide, dann fragte Elizabeth Aiden über dessen Reisen aus. Er hatte fast vergessen, wie angenehm es war, dass die Ärztin sogar Witze über seine Rasse machte und den Umgang keineswegs zu scheuen schien. Allerdings weckte diese Offenheit wieder das schlechte Gewissen bei dem Vampir, denn er erinnerte sich daran, was er ihr und ihrer Tochter angetan hatte. Nein, er konnte es sich wirklich nicht erlauben, wieder Teil des Lebens dieser beiden Frauen zu werden….

In dem Moment erschien die Tochter des Hauses für ein stippvisitenhaftes Frühstück in der Küche. „Ich muss in den Zirkel, Mom. Bin wahrscheinlich gegen Mittag wieder da.“

Dabei dachte sie natürlich nicht im Geringsten daran, Aiden mitzunehmen, wie sie es früher ständig getan hatte. Folglich schnappte sie ihre Sachen, grüßte den Hausgast schlicht und wollte schon aus der Küche verschwinden. Aiden stand ebenfalls auf, da er selbst das Haus verlassen wollte. Erstens hatte Elizabeth ihm erzählt, dass sie später noch verabredet war, und er wollte nicht alleine in der Villa sein. Und zweitens wollte er, wie gesagt, einen Flug buchen.

Als Jane ihn finster anstarrte, beschwichtigte er sofort: „Keine Angst, ich gedenke nicht, dir zu folgen. Ich kümmere mich um meine Abreise.“

Also verließen sie gemeinsam das Haus, doch während Jane in ihren Wagen stieg, lief Aiden wie versprochen genau in die entgegengesetzte Richtung. Er fragte sich, was Eldric von seinem Schützling wollte, doch eigentlich ging es ihn nichts an. Wahrscheinlich hatte er irgendwelche Informationen über den Schatullen-Dieb.

Ein paar Stunden später kehrte Aiden mit der Erkenntnis, dass seine Abreise so, wie sie am letzten Tag geplant gewesen war, erst in einer Woche wieder möglich wäre. Natürlich hätte er zwischendurch einen Flug aufs Festland buchen können, aber irgendwie sah er nicht ein, sich einzuschränken, nachdem Jane ihn aufgehalten hatte. Die Vorstellung, sich zu rächen, indem er sie noch ein paar Tage nervte, war sogar relativ verlockend, und das einzige, das ihn davon abgehalten hätte, war die Tatsache, dass er ihrer Mutter mit seinem Besuch nicht zu nahe treten wollte. Er hatte sich beide Angebote mitgeben lassen und wollte erst mal Elizabeths Stimmung abschätzen, bevor er entschied. Sie hatte sich für den Diebstahl ihrer Tochter entschuldigt, aber das hieß ja nicht, dass er ihr für sieben Tage willkommen war, immerhin hatte er auch sie einfach sitzen gelassen.

Als er wieder am Anwesen ankam, bemerkte er, dass er keinen Schlüssel hatte. Irgendwie hatte er das wohl mit dem letzten Jahr durcheinandergebracht. Jedenfalls musste er klingeln, und er bemerkte sofort, dass Jane schlechte Laune hatte, als sie humpelnd an die Tür kam und ihn einließ.

"Ist alles in Ordnung?", fragte er überflüssigerweise. Das war es natürlich nicht, aber er stellte sie bewusst vor die Wahl, ob sie es ihm sagen wollte oder eben nicht - wobei er hoffte, dass sie ihn mit Details verschonte, wenn es um ihren Freund ging, das wollte er wirklich nicht wissen.

"Ja. Alles in bester Ordnung", zischte sie ungehalten sarkastisch und verdrehte die Augen.

Aus ihrem Ton schloss Aiden, dass ihn ihr Problem nichts anging, also zuckte er nur die Schultern, murmelte: "Wie schön für dich", und wollte sich auf sein Zimmer begeben.

Doch da ging sie an eine Kommode, auf der eine weiße Schatulle stand, griff hinein und warf ihrem Gegenüber einen Ersatz-Hausschlüssel in die Hände. Sie vermied es, dazu etwas zu sagen oder ihn anzusehen, und Aiden ersparte ihnen beiden unnötige Kommentare. Er spielte etwas mit dem Schlüssel, beschloss aber, ihn vorerst anzunehmen. Es wäre wirklich unpraktisch, die halbe Nacht draußen verbringen zu müssen, wenn er spät von der Jagd kam und die Damen bereits im Bett waren. Wenn er heraushörte, dass Elizabeth sich von seiner Anwesenheit zu gestört fühlte, konnte er ihn ja immer noch zurückgeben.

"Ich darf mich nicht mehr auf die Jagd begeben, bis meine Verletzungen verheilt sind. Jedoch bin ich vom Fall nicht gänzlich ausgeschlossen, sondern darf einen gewissen Schreibtischdienst zu diesem verdammten Vampir führen", erklärte Jane angesäuert, wobei es klar war, dass sie - so sehr es sie nervte - dieser Aufgabe nachkommen würde.

Mit verschränkten Armen hörte er sich diese - Sehr vernünftige, wie er fand - Order von Eldric an, doch als Jane fertig war, kam er nicht umhin, leise aufzulachen. "Eldric bestraft dich?", wiederholt er, ohne sein Amüsement zu verbergen. Kein Wunder, dass sie grantig war, immerhin war sie eine Spezialbehandlung gewohnt. Und dann auch noch Schreibtischdienst, wo sie so schlecht die Füße stillhalten konnte - Herrlich!

"Da es bis zur Heilung dauern wird, kann man davon ausgehen, dass Gabe bis dahin wieder putzmunter sein und mir unter die Arme greifen wird. Dementsprechend ist deine weitere Anwesenheit in London überflüssig", fügte sie hinzu, nachdem sie die Augen über seine Belustigung verdreht hatte.

"Und du willst wirklich bis in drei, vier Wochen den Vampir nicht mehr jagen?", fragte er skeptisch. Eigentlich hätte er nicht mal geglaubt, dass sie sich an die Befehle ihres Mentors halten würde. Eldric hatte eine Delight-Strafe gewählt, indem er seinen Schützling trotzdem noch an dem begehrten Fall arbeiten ließ, das war wohl doch schon wieder eine Sonderbehandlung.

"Er hat gesagt, dass ich ihn nicht jagen darf. Allerdings hat er kein Verbot gegenüber eigenen Recherchen ausgesprochen, die außerhalb des Schreibtischdienstes stattfinden können", erwiderte die Brünette.

Ihre spitzfindige Auslegung des Befehls amüsierte ihn nur noch mehr, obwohl Aiden sich fragte, ob Eldric überhaupt bewusst war, was für ein besserwisserisches, starrköpfiges ´Monster` er mit dieser Behandlung erschaffen hatte. Sicher war der alte Vampir nicht alleine schuld daran, dass Jane so drauf war, aber geholfen hatten diese Extrawürste sicher nicht.

"Die Frage ist nur, ob du ihn jemand anderem überlassen könntest, wenn du einmal herausgefunden hast, wo der Dieb sich befindet", überlegte er mit einem schmalen Lächeln auf den Lippen. Immerhin hatte dieser Vampir es schon geschafft, sie zu verletzen, als sie noch auf der Höhe war, in einem geschwächten Zustand würde ihm noch leichter fallen.

"Eine berechtigte Frage", erwiderte die Brünette schlicht und zuckte dabei mit den Schultern. Offensichtlich wusste sie nicht, ob sie in der Lage wäre, die Jagd einem Kollegen zu überlassen.

"Bis dahin könnte der Dieb schon längst mit der Schatulle deines Vaters über alle Berge sein. Er weiß jetzt immerhin, dass er gejagt wird. Ich muss sowieso bis nächste Woche warten..." - Das hatte er soeben beschlossen... - "Also kann ich dir genauso gut suchen helfen, oder? Und wenn Gabe wieder auf den Beinen ist, übernimmt er einfach. Dabei hast du nichts zu verlieren - außer einem Erbstück deines Vaters, wenn du zu lange zögerst."

Letzteres betonte der Vampir mit Absicht, da er wusste, dass ihre Familie das stärkste Argument war, das man Jane gegenüber anschlagen konnte. Er wusste, dass sie seine Hilfe nicht annehmen wollte, aber vielleicht würde sie dafür ihren Stolz runterschlucken. Sie musste ja nicht mal ´Bitte`, sondern einfach ´Ja` sagen, dann würde er - nach wie vor - alles für sie tun, egal, wie aufsässig er sich im Moment ihr gegenüber benahm.

Für einen kleinen Moment blickte sie ihn an, knirschte dann aber mit den Zähnen und strich sich leise fluchend durch die Haare. Abwartend erwiderte Aiden Janes finsteren Blick, als sie überlegte, wie sie gegen seine Hilfe argumentieren sollte. Er konnte es richtig hinter ihren Augen rattern sehen und sein Grinsen wurde breiter, als ihm klar wurde, dass er bekommen würde, was er wollte. Er hatte ihr doch gesagt, dass er sowieso immer kriegte, was er wollte, und da hatte sie den Beweis~ Dass sie dafür ihren Stolz überwinden musste, sah er einfach als Ausgleich dafür, dass sie ihn hier eingesperrt hatte.

"Okay. Meinetwegen", kam es trotz allem etwas gepresst und ziemlich knapp über Janes Lippen, nachdem sie sich das Ganze durch den Kopf hatte gehen lassen.

Sie ging auf die Treppen zu, deutete ihm mit einer kleinen Geste an, ihr zu folgen und begab sich auf ihr Zimmer, wo sie eine Akte mit den bisherigen Informationen des Vampirs hervorkramte und ihm in die Hand drückte. Äußerst zufrieden mit sich selbst folgte er seiner unfreiwilligen Gastgeberin in den ersten Stock und in ihr Zimmer. Die neueste Erinnerung aus diesem Raum war nicht gerade angenehm, aber er dachte nicht weiter darüber nach, während er sich in die Akte einlas. Darin waren detaillierte Beschreibungen zu seinem Äußeren und bisherigen Einbrüchen zu lesen. Zu seiner Herkunft, sowie zu seinem Namen und Alter konnte man allerdings nicht wirklich etwas Eindeutiges sagen. Diverse Einbrüche in Kunstgalerien, Museen, aber auch Privathäuser, nicht nur in London und sogar vermutete Zusammenhänge im Ausland. Der Herr schien ja ganz wild auf Sammlerstücke aller Art zu sein.

"Hier stehen die wichtigsten Sachen drin. Ich gehe davon aus, dass du dir sein Geruch bekannt vorkommen wird, wenn du ihm irgendwie über den Weg läufst?", meinte die Brünette. Immerhin hatte Aiden ja gesagt, dass er ihn gerochen hatte. "Wenn du weitere Anhaltspunkte brauchst: Sag Bescheid. Ich werde dafür sorgen, dass man die irgendwo auftreiben kann."

"Mhm, klar…", murmelte er Aiden, weil er noch mit lesen beschäftigt war, da die Liste der Diebesgüter echt lang war. „So eine große Sammlung muss doch auffindbar sein. Es ist ja nicht so, als könnte man eine 500 Jahre alte Holzskulptur oder dergleichen in einem windigen Schuppen unterbringen", überlegte er, als er fertig war und den Bericht zuklappte.

"Wo hast du ihn denn gestellt gehabt? Vielleicht finde ich dort ja ein paar Hinweise. Wohin er verschwunden ist oder dergleichen… Und hat er gestern auch wieder etwas gestohlen?", plante er sofort das weitere Vorgehen, immerhin hatte er nur eine Woche Zeit, etwas zu erreichen. Vielleicht würde in der Zwischenzeit der Welpe wieder gesund, aber eigentlich könnte er auf dessen Unterstützung getrost verzichten. Der Ausschlag, den er von seinen Bissen bekommen hatte, war Aiden noch sehr genau in Erinnerung und er hoffte nur, dass das auf Gegenseitigkeit beruhte.

"Als ich ihn gesehen habe, kam er gerade aus einer Villa in der Gegend des Westends und hatte wohl ein riesiges Gemälde entwendet", erklärte ihm die Vampirjägerin. "Bevor ich ihn angegriffen habe, war er augenscheinlich im Begriff einen weiteren Einbruch zu begehen - und das, nur zwei Straßen weiter. Es wäre gut möglich, dass er es bald wieder versuchen wird, weil sich dort etwas befindet, was er haben möchte."

"Gut, dann sollten wir die Gegend auf jeden Fall im Auge behalten." Er verwendete bewusst eine Redensform, die sie mit einbezog, immerhin waren das hier nach wie vor Janes Fall und ihre Ermittlungen. Er stellte sich nur als ausführendes Organ zu Verfügung.

Sie ließ sich dann auf dem Stuhl an ihrem Schreibtisch nieder und verschränkte die Arme vor der Brust. "Das Problem ist... dass es keinen wirklichen roten Faden gibt. Seine Diebstähle sind ziemlich zusammenhangslos und es scheint, als ob er einfach das stiehlt, was ihm gefällt."

Und wie es aussah, hatte er eine relativ große Spannweite, wenn es um den Geschmack ging - etwas, was man ja sogar an seinem Äußeren erkennen konnte. Tatsächlich hatten die Kunstgegenstände, die im Bericht erwähnt wurden, keinen epochalen oder lokalen Zusammenhang, obwohl eher ältere Dinge entwendet worden waren. Er selbst vermutete einen Zusammenhang mit dem Alter des Vampirs, da doch mehr Reliquien aus dem Zeitraum Mitte das neunzehnte Jahrhundert gestohlen worden waren und er vielleicht zu diesem Zeitpunkt erschaffen beziehungsweise geboren worden war, aber das waren natürlich nur Spekulationen. Weiter half ihnen diese Erkenntnis nicht, weshalb er nichts dazu sagte.

"Hast du schon mal mit solchen Vampiren zu tun gehabt?", wollte die junge Frau mit einer hochgezogenen Augenbraue von ihm wissen.

Aiden zuckte die Schultern. "Nicht direkt, nein. Aber ich schätze, er leidet unter einer Mischung aus Kleptomanie und Größenwahn... Ist ein Reinblütiger, nehme ich an?" Als sie bejahte, lächelte er, als würde das alles erklären. Tatsächlich neigten gebürtige Vampire oftmals zu Arroganz und Herrscherkomplexen – was man ja schon an seiner kleinen Geschichte über Aidens Erschaffer heraushören konnte: ´Du gehörst mir` und dergleichen.

Da es wohl nichts mehr zu sagen gab, machte Aiden sich auf den Weg zur Tür. "Ich werde mich jetzt im Westend umsehen und versuchen, eine Spur zu finden. Bis morgen."

Zum ersten Mal seit ihrem Gespräch auf dem Dach lächelte er sie an, dann drehte er sich um und verließ das Haus.

Einige Zeit später fand der Vampir sich am Tatort ein, wo er rasch die verblassende Fährte der Verfolgungsjagd aufspürte. Er konnte den Geruch von Janes Blut riechen an der Wand, gegen die sie geknallt wurde. Ein leises Knurren rollte über Aidens Lippen. Jetzt schon wusste er, dass der Einbrecher es bereuen würde, dass er sich das Haus der McCollins ausgesucht hatte, wenn er ihn in die Finger bekommen sollte. War er wütend auf Jane gewesen, weil sie unvorsichtig gewesen war, so war das nichts verglichen mit seinem Groll gegen den Mann, der sie verletzt hatte.

Er wandte sich ab, um die schwache Spur zu untersuchen, die in den Wald führte. Dabei wurde schnell klar, dass der Dieb im Zickzack gelaufen war, um eventuelle Verfolger abzuschütteln. Es dauerte Stunden, bis Aiden am anderen Ende des Waldes wieder herauskam, und als er der Fährte weiter folgte, verlor diese sich schließlich an einer viel befahrenen Straße. Sogar während er verfolgt wurde hatte der Einbrecher also die Geistesgegenwart besessen, eine Spuren gekonnt zu verwischen.

Nachdem er seine Suche aufgeben musste, kehrte Aiden zurück zu dem letzten Tatort, also dem Haus, in das er wegen Jane nicht mehr hatte einbrechen können. Die Villa war inzwischen zusätzlich gesichert, sodass er sie nicht ohne weiteres hätte betreten können, aber da niemand wusste, dass es hier zu einem weiteren Überfall hätte kommen sollen, konnte er sich in Ruhe umsehen. Wenn sie nur gewusst hätten, was genau ihr Zielobjekt hatte mitgehen lassen wollen.

Um ein paar Stunden zu schlafen, kehrte Aiden nach Hause zurück, jedoch stand er auf, bevor seine beiden Gastgeberinnen wieder wach waren. Er wollte eine Idee verfolgen, die er in der letzten Nacht gehabt hatte. Dafür besuchte er eine Kunstausstellung und unterhielt sich ein wenig mit den Sicherheitsleuten. Dabei erfuhr er, dass die Galerie zur Zeit wohl vom Unglück gebeutelt wurde, denn abgesehen von einem Diebstahl, der sich vor etwa einem Monat ereignet hatte, war der Kurator vor wenigen Wochen tot in seiner Wohnung aufgefunden worden. Überaus neugierig erkundigte Aiden sich weiter zu diesen Umständen, bis die Wachmänner misstrauisch wurden und er sich zurückziehen musste.

Mit diesem Stand der Informationen kehrte er zu Jane zurück, die jedoch nur enttäuscht schien, dass er ihr nicht das gewünschte Kleinod präsentierte. Ein Gefühl von Unzulänglichkeit wallte in ihm auf, das er jedoch sofort unterdrückte. Er würde ihr diese verdammte Schatulle schon noch bringen, da brauchte sie sich keine Sorgen machen...

„Na gut… Danke“, sagte die Jägerin dennoch überraschend, als sie aufstand und die Zeitung zusammenfaltete, die sie gerade gelesen hatte. „Ich werde jetzt in den Zirkel gehen. Schreibtischarbeit.“

Sie verdrehte die Augen und Aiden lächelte. Dann machte Jane sich schon auf den Weg zum Auto und er folgte ihr, um ihr von dem mysteriösen Tod des Ausstellungsleiters zu erzählen. Er wusste selbst nicht, wieso ihn das so verwunderte, aber irgendwie kam es ihm zu spanisch vor, um ein einfacher Zufall zu sein. Eigentlich hätte er Jane gerne begleitet, aber dann hatte er wiederum nichts mehr im Zirkel zu suchen, also fragte er sie nicht. Sie wollte ja sowieso nur, dass er ihr brachte, was er versprochen hatte, und dann verschwand.
 

Die folgenden Tage verbrachte Aiden mit einer Mischung aus Reisevorbereitungen und Ermittlungen, wobei Erstere mit der Zeit immer halbherziger wurden. Das lag wohl daran, dass er sich zusehends mit dem Fall identifizierte und Jane ihr Erbstück zurückbringen wollte. Natürlich sagte er ihr nichts von diesen persönlichen Ambitionen, die sie sicher nicht gerne gehört hätte. Sie ging ja davon aus, dass er sich Ende der Woche verabschieden würde. Für immer...

Er gestand es sich zwar nicht gerne ein, aber wieder mehr Zeit mit Jane zu verbringen, ließ ihm die Vorstellung, sie nie wieder zu sehen, ziemlich bitter erscheinen. Egal, wie unfreundlich sie war (Und er schenkte ihr da weiterhin rein gar nichts, sondern behandelte sie genauso kühl wie sie ihn), irgendetwas war an ihr, das ihn anzog.

Zwar versuchte er, sich einzureden, dass das an Lady Jane lag und er darüber hinwegkommen würde, aber eigentlich wusste er es besser. Für diese irrationalen Gedankengänge hätte er sich regelmäßig ohrfeigen können. Sie behandelte ihn wie einen verdammten Aussätzigen, duldete ihn nur, weil er für sie Botenjunge spielte, und er lag ihr praktisch schon wieder zu Füßen – Obwohl er ihr das nicht zeigte, ganz im Gegensatz zu früher. Er hatte es ja schon gesagt, als sie ihn eingesperrt hatte: Er war ein verdammter Trottel.

Als jedoch der Tag bevorstand, an dem Jane zur Kunstausstellung wollte, stand Gabriel vor der Tür, der sich - im Gegensatz zu ihr - praktisch gänzlich erholt hatte. Kurz weihte sie ihren Kindheitsfreund in die Sache ein, ehe sie sich an den 500 Jahre alten Vampir wandte, der eigentlich als Begleitung geplant war.

"Nun, da Gabe wieder gesund ist, besteht für dich kein Grund mehr, mitzukommen, oder?", meinte die Brünette direkt und schritt anschließend ohne zu zögern mit dem Spanier zu ihrem Wagen, um einzusteigen und zur Galerie zu fahren.

Aiden fühlte sich ziemlich vor den Kopf gestoßen. Nur, weil der Welpe wieder vor der Tür stand, wollte sie ihn einfach absägen. Sie hatten das hier zusammen geplant, er hatte ihr mehr oder weniger sämtliche Informationen zu Füßen gelegt, und jetzt ersetzte sie ihn durch jemanden, der verdammt nochmal unqualifizierter war als er selbst.

Das konnte sie ja wohl vergessen.

Kurzentschlossen folgte er den Partnern und ließ sich auf den Rücksitz von Janes Wagen fallen. Als sie ihn beide anschauten wie Ufos, zuckte er unbeeindruckt die Schultern und sah kühl aus dem Fenster. "Ich habe jetzt die ganze Zeit für dich gearbeitet, also will ich wissen, wie es weiter geht", erklärte er gelassener, als er sich fühlte. Gabriel protestierte zwar, und er warf ihm einen geringschätzigen Blick zu, aber dann sah er nur noch Jane an, der wohl klar sein dürfte, dass sie A) nicht mehr aus dem Auto bekommen würde und er B), wenn sie es doch schaffen sollte, einfach hinterher laufen würde. Er tat, was sie wollte - Unter der Prämisse, dass es ihm selbst in den Kram passte.

Schwer seufzend startete die Brünette den Motor und fuhr dann, als der eher unliebsame Begleiter nicht aussteigen wollte, in die entsprechende Richtung. Gabriel schnaubte daraufhin zwar missmutig, worauf sie ihn nur schwach anlächelte. "Sicher, dass du dadurch nicht deine wertvolle Zeit zum Packen verschwendest?", wollte Jane schließlich wissen, als sie an einer roten Ampel hielten und sie kurz über den Rückspiegel zum Vampir blickte.

Aiden hörte mit Sicherheit nicht schlechter, als der andere Mann im Auto, aber er zog es vor, so zu tun, als hätte er Janes gehässigen Kommentar nicht mitbekommen und starrte nur weiter aus dem Fenster. In Erwartung, nicht lange zu bleiben - Und weil er sich nicht zu häuslich hatte einrichten wollen - Hatte er gar nicht erst ausgepackt, aber darum brauchte sie sich ja keine Sorgen machen. Viel beunruhigender hätte sie wahrscheinlich seine neuen Abwägungen gefunden, hier zu bleiben. Vielleicht nur ein paar Wochen. Nur, bis er sicher war, dass die Sache mit dem Einbrecher geklärt war und nichts mit Vincent zu tun hatte…

Tief in diese Überlegungen versunken, schwieg das Dritte Rad am Wagen während der Autofahrt und auch, als sie die Galerie betraten. Es war nicht dieselbe, in der er schon gewesen war, jedoch war hier eine ganz ähnliche Geschichte zu hören, die sein ungutes Gefühl, was den Tod des anderen Kurators anging, hervorrief.

Die beiden Wachhunde hatten ihre Lady zu beiden Seiten flankiert, als sie die Ausstellung betreten hatten, ließen sie aber alleine, sobald sie sich umschauen ging. "Bist du sicher, dass du wieder gesund bist? Vielleicht hättest du noch ein paar Tage im Bett bleiben sollen", bemerkte er an Gabriel gewandt.

"Ich bin gesund genug, um Janie allein beschützen zu können. Wieso bist du noch hier? Hast du nicht einen Flieger zu erwischen?", konterte der Werwolf mit einem spöttischen Unterton in seiner Stimme.

Doch wenn Aiden schon nicht auf Janes Bemerkungen bezüglich seiner Abreise einging, so würde er das erst recht nicht bei Gabriel tun. Mit einem überheblichen Lächeln ließ er diesen stehen ließ, um in eine andere Richtung zu schlendern. Trotzdem hatten seine Worte ihn ein wenig aufmerken lassen. Janie… Das hatte er ja noch nie gehört, wobei das wohl daran lag, dass der Werwolf in den letzten Tagen außer Gefecht gesetzt gewesen war. Dass die zwei sich nahe standen, hatte er schon gewusst, aber das überraschte ihn doch. Irgendwie hatte die junge Frau auf ihn nie wie jemand gewirkt, dem man einen Spitznamen gab. Vielleicht war er voreingenommen, aber er fand nicht, dass diese Verniedlichung zu ihr passte. Natürlich ging ihn das, wie so vieles, rein gar nichts an, aber ein wenig Neugierde, woher die beiden sich kannten, konnte er sich nicht erwehren. Immerhin hatte Gabriel vor einem Jahr noch keine Rolle in ihrem Leben gespielt, und jetzt klebte er an ihr wie Kaugummi an einem Schuh. Nervig.

Scheinbar ziellos schlenderte Aiden umher, wobei er jedoch nie zu weit von Jane entfernt blieb. Wie geplant ging die Brünette direkt zu der Stelle, an dem das gestohlene Kunstwerk gestanden hatte und sah sich ein wenig um. Allerdings war - wie erwartet - nichts Auffälliges zu finden, da einfach zu viel Zeit vergangen war und man mittlerweile aufgeräumt hatte. Ihr Blick schweifte über die Galerie, blieb teilweise an gewissen Kunstwerken hängen, wobei sie einen Sicherheitswachmann erblickte, auf den sie zuging, um ihn ein wenig auszufragen. Von seinem Standpunkt aus konnte der Vampir genau hören, wie sich die Brünette als Kunstliebhaberin ausgab und wissen wollte, was mit dem Bild geschehen war, welches gestohlen wurde. Im Gespräch setzte sie ihren Charme ein, indem sie ihren Kopf leicht zur Seite neigte und den Mann lieblich anlächelte, um mehr Informationen aus ihm herauszupressen. Selbst ihre Tonlage wählte sie ein wenig höher, damit sie überzeugender wirkte und strich sich zweimal mit einer kleinen Handbewegung das Haar hinters Ohr. Da Aiden selbst vor kurzem in dieser Situation gewesen war, tat ihm der Mann leid, aber immerhin wusste Aiden jetzt, dass er nicht der einzige Volltrottel war, der auf diese offensichtlichen Flirtversuche hereinfiel. Als hätte so ein alter Sack irgendeine Chance bei einer Frau wie Jane… Die Erkenntnis, dass er selbst ein noch älterer Sack war, ignorierte er dabei gekonnt.

Der arme Wachmann fiel darauf rein, erzählte ihr von den Gerüchten, die besagten, dass man mit dem Kunstwerk auf dem Schwarzmarkt handelte und womöglich der Kurator selbst Interesse daran gehabt hatte.

"Hmm... wirklich ein Jammer und ein tragischer Vorfall", sprach Jane leise seufzend, ehe sie sich mit einem weiteren Lächeln bei ihm bedankte.

Er wurde abgelenkt, als zwei Frauen mittleren Alters auf ihn zutraten und mit ihm über das Gemälde plaudern wollten, dass er augenscheinlich seit zehn Minuten studierte. Höflich lächelnd unterhielt er sich ein wenig mit ihnen, aber als er sah, dass Jane sich von ihrem Opfer löste und auf Gabriel zutrat, verließ er die Damen ziemlich abrupt. Er hörte sie etwas sehr Unfreundliches über seine Mitbewohnerin sagen, als sie diese mit den zwei attraktiven Männern sahen, lächelte die beiden eisig an, bevor er über Janes Frage nachdachte.

"Ziemlich eigenartig", murmelte Gabriel gerade, als Aiden zu seinen beiden Begleitern trat.

"Stimmt. Ich höre zum ersten Mal davon, dass sich Vampire angeblich mit Kunstwerken auf dem Schwarzmarkt rumtreiben", meinte die junge Frau leise

"Ich schaue mich mal ein bisschen draußen um", meinte Gabriel, der den Blutsauger in ihrer Mitte bisher geflissentlich ignoriert hatte. Die Vampirjägerin runzelte kurz die Stirn. Allerdings verstand sie sofort, als er auf die Sicherheitstür deutete und nickte leicht, so dass er sich an die Arbeit machte und die Galerie verließ, um in der unmittelbaren Nähe des Gebäude herumzuschnüffeln.

Jane dagegen blickte zu Aiden. "Hast du in deinen Kreisen mal irgendwie etwas in die Richtung vernommen?"

"Nun, Kunstinteresse ist wohl nichts Ungewöhnliches. Viele der älteren, reinblütigen Familien haben das Geld, um sich derartiges zu leisten. Und ich schätze, wo wertvolle Gegenstände sind, wird es immer einen Schwarzmarkt dafür geben."

"Hm... dann müssen wir wohl herausfinden, wo dieser Schwarzmarkt ist oder jemand finden, der diesen regelmässig aufsucht...", murmelte die Brünette nachdenklich. "Kennst du solche Schwarzmärkte?", wollte sie vom 500 Jahre alten Vampir wissen und verschränkte die Arme vor der Brust.

Aiden sah seine Begleitung amüsiert an, als sie von einem Schwarzmarkt sprach, als würde so etwas tatsächlich in einer Einkaufshalle stattfinden. Wahrscheinlich konnte er froh sein, dass sie gerade verwirrt die grantigen Frauen ansah, die sie immer noch beobachteten, denn als sie sich abwandte und sie gemeinsam in den ersten Stock gingen, hatte er sein Gesicht bereits wieder unter Kontrolle.

"Du scheinst gewissen Frauen mal wieder den Kopf verdreht zu haben", sprach sie beiläufig das Verhalten der Galerie-Besucherinnen an, mit denen Aiden zuvor gesprochen hatte.

Doch Aiden schätzte er es nicht besonders, abfällige Kommentare über Personen zu hören, an denen ihm etwas lag, weshalb er einen gewissen Widerwillen gegen die beiden entwickelt hatte. Obwohl die zwei ja nicht wissen konnten, dass er ihr Gespräch belauscht hatte. An Jane gewandt zuckte er jedenfalls nur die Schultern. "Wer nicht viel im Kopf hat, lässt ihn sich wohl leicht verdrehen."

Jane mochte nur ein gelangweiltes Geräusch, ohne auf den Scherz einzugehen. Sein Liebesleben interessierte sie einfach nicht.

"Ich persönlich kann jedenfalls mit Kunst aus rein praktischen Gründen nichts anfangen, wenn du dich erinnerst", setzte er das Gespräch fort, als wären sie nie unterbrochen worden. Immerhin hatte er deshalb abgelehnt, das Bild seines Vaters mitzunehmen, das sie ihm angeboten hatte. "Also nein, ich kenne mich nicht mit Orten illegalen Verkaufs aus. Aber vielleicht kann ich etwas herausfinden, wenn ich mich ein bisschen umhöre. Könnte halt etwas dauern", merkte er beiläufig an, als sie schon auf der zweiten Etage angelangten.

"Mein Gedanke war, dass wir uns nach dem Schwarzmarkt oder dessen Besucher zu erkundigen. So kommen wir vielleicht an wichtige Daten ran - wie zum Beispiel sein Name und Wohnort. Immerhin tappen wir hier praktisch im Dunkeln“, erklärte Jane ruhig, während sie sich mit verschränkten Armen vor einer roten Statue stellte, die aussah, wie das Klettergerüst eines naheliegenden Spielplatzes. Die Tatsache, dass sie sich hier in einer Galerie aufhielten, trug wahrscheinlich dazu bei, dass sie ihre Stimme und ihr Gemüt ein wenig dämpfte. Schließlich wollte sie nicht, dass sie auffielen.

"Findest du?", fragte er. "Wir haben zwei augenscheinlich zusammenhängende Morde, nach nicht mal einer Woche… Und wenn du noch ein bisschen weiter mit ihm geflirtet hättest, hätten wir zumindest die Adresse dieses Sicherheitsmannes", konnte Aiden sich zu sagen nicht verkneifen.

"Unnötig, wenn man bedenkt, dass wir den Namen des Ermordeten haben und so auch seine Adresse herausfinden können", entgegnete die Brünette leicht augenverdrehend, ohne auf seinen scherzhaften Ton einzugehen. Stattdessen wandte sie sich ganz praktisch wieder dem Fall zu: " Nun, es wäre gut, wenn du dich ein wenig erkundigen könntest. Allerdings nur soweit es dir möglich ist. Wenn du nicht fertig wirst, bevor du weiterreist, ist es nicht weiter schlimm. Bis dahin werde ich wohl wieder gesund genug sein, um aktiver zu werden und Gabe ist mittlerweile ja auch wieder auf den Beinen", fügte sie leise hinzu, wobei es natürlich offensichtlich war, dass sie ihn mit ihren Worten wieder dezent auf die baldige Abreise hinweisen wollte.

"Wie großzügig, dass ich nur im Rahmen meiner Möglichkeiten arbeiten darf", pampte Aiden sie unwillkürlich an. Er fuhr nicht mit den beiden nach Hause, sondern machte sich auf die Suche nach weiteren Spuren oder seinem Hirn, das er wohl in den letzten Tagen irgendwo verloren hatte.

Er wusste doch ganz genau, dass sie ihn am liebsten in einem Flugzeug sehen würde, wieso traf es ihn dann jedes Mal wieder so sehr, sie diesen Wunsch aussprechen zu hören? Genervt von sich selbst ging er erstmal jagen, bevor er sich wieder an die Ermittlungsarbeiten machte, wobei diese recht lustlos ausfielen und schließlich auf der Millennium Bridge ein Ende fanden. Er musste sich Ende der Woche in diesen bescheuerten Flieger setzen, denn er konnte nicht erwarten, dass sie ihm verzieh, geschweige denn, für seine aufgezwungene Hilfe dankte. Und dabei war er noch nicht mal wirklich eine Hilfe. Ein altbekannter Druck auf der Brust, der eine aufkeimende Panik begleitete, zeichnete sich ab, aber er schloss die Augen und holte tief Luft, um ruhig zu bleiben.

Er fing schon wieder an, sich viel zu sehr auf Jane zu fixieren. Das war nicht gesund, und er musste aufpassen. Aber jetzt war er schon mal hier, hatte ihr seine Hilfe angeboten, und er würde sich nicht erlauben, schon wieder einfach die Flucht zu ergreifen - Auch, wenn sie es diesmal wohl tatsächlich begrüßen würde.

Außerdem, dachte er, und der Trotz, der ihn in letzter Zeit so oft begleitet hatte, meldete sich zurück, hatte dieses Mädchen nicht zu bestimmen, wo er sich aufhalten durfte. Und wenn er in London bleiben wollte, würde er das eben tun, egal, ob es ihr passte oder nicht.
 

"Ein paar Spuren weisen auf ein Viertel in der Nähe des Hafens", erklärte er Jane nach einer knappen Begrüßung, als sie am nächsten Morgen in die Küche kam. Er hatte, während er auf die junge Frau gewartet hatte, schon Elizabeth Kaffee gemacht, und stellte jetzt auch deren Tochter ungefragt eine Tasse hin. Ihre Mundwinkel zuckten verräterisch, nachdem sie den ersten Schluck getrunken und gemerkt hatte, dass er noch wusste, dass sie ihren Kaffee schwarz und mit zwei Löffeln Zucker trank. Allerdings verschwand das ansatzweise Lächeln schnell wieder, als sie hörte, was er zu sagen hatte.

"Gehst du heute in den Zirkel? Ich würde gerne ein paar Dinge nachsehen… Wenn ich darf", fügte er hinzu, denn sie hatte ihn nach wie vor nicht in den Untergrund mitgenommen.

"Ja, ich hatte vor da vorbeizuschauen", sprach die Vampirjägerin leise, ehe sie zögerte und offenbar darüber nachdachte, ob es eine gute Idee war, ihn mitzunehmen. "Also gut. Wir treffen uns nach den Vorlesungen auf dem Parkplatz", meinte sie schließlich schlicht, bevor sie sich daran machte, zu frühstücken.

Sobald er ihr widerwilliges Gesicht gesehen hatte, hatte Aiden bereut, sie gefragt zu haben. Er hatte auch sofort zurück gerudert, dass es nicht unbedingt sein müsse, aber da hatte sie bereits zugestimmt. Und jetzt wartete er seit einer halben Stunde unruhig auf dem Universitätsparkplatz auf Jane. Er machte sich nämlich, vor allem, was ihren Mentor anging. Allerdings befürchtete er eher, dass Eldric wütend auf ihn sein könnte, da er seinen Schützling ´im Stich gelassen` hatte. Jedenfalls wäre es ihm sehr lieb, wenn er das Zirkeloberhaupt bei seinem Besuch nicht sehen müsste.

Seine Reue, was diesen Vorschlag anbelangte, nahm noch zu, als er Jane mit ihrem Freund auf sich zukommen sah. Bisher war es ihm ganz gut gelungen, dem Jungen aus dem Weg zu gehen, aber jetzt nickte Aiden Logan notgedrungen zu, ehe er das Gesicht wegdrehte, um den Abschiedskuss des Paares nicht sehen zu müssen. Es war nicht so, als hätte er etwas gegen die Beziehung. Sie schien Jane glücklich zu machen, und Logan liebte sie offensichtlich abgöttisch. Aber direkt bei ihren Turteleien zuzusehen, löste in ihm Gefühle aus, die er lieber nicht gehabt hätte.

Jedenfalls war der Vampir froh, als er mit Jane im Wagen saß und sie sich wie in alten Zeiten gemeinsam auf den Weg zum Zirkel machten. Kurz setzte er dazu an, sie nach ihrer Beziehung zu fragen, ließ es dann aber doch bleiben.

"Was genau willst du eigentlich nachschauen?", wollte die Brünette wissen, als Aiden, eingestiegen war und sie losgefahren war - diesmal ohne Gabriel, da dieser noch bis zum späten Nachmittag Vorlesungen hatte.

Aiden sah mal wieder aus dem Fenster, während er antwortete: "Ich hab gerüchteweise gehört, dass eine Gruppe Vampire Verschiedenes aus einigen Lagern am Pier vor der Polizei der Menschen in Sicherheit bringen sollte - Darunter diverse Kunstgegenstände. Ich möchte nachsehen, ob ihr jemanden gelistet habt, der auf die Beschreibungen passt, oder jemanden, der in der Gegend wohnhaft ist."

Sie schwieg verbissen, und Aiden konnte sich denken, dass es ihr gewaltig gegen den Strich ging, nicht selbst mit den Ermittlungen fortfahren zu können. Doch natürlich erörterte Jane diese Gefühlslage nicht mit ihm, sondern parkte den Wagen und machte sich auf den Weg zum versteckten Aufzug, den sie mit ihrem Ring entriegelte und der sie wenig später unter die Erde beförderte. Zum ersten Mal seit fast einem Jahr begab er sich unter Tage, und es gefiel ihm noch genauso wenig wie damals. Mit verschränkten Armen wartete der Vampir, bis die Aufzugtüren sich öffneten, dann folgte er der Jägerin durch die Straßen.

"Seid ihr eigentlich schon länger ein Team? Du und Gabriel, meine ich." Seit er den vollen Namen des Werwolfs kannte, nannte er ihn nicht mehr bei seinem Spitznamen, immerhin kannte er ihn weder gut, noch konnte er ihn besonders leiden. Trotzdem war er neugierig, weil es ja auch Janes Schutz etwas anbelangte.

Mit einer leicht hochgezogenen Augenbraue blickte die Vampirjägerin zu ihrer Begleitung, ehe sie erklärte: "Wenn ich mich richtig erinnere, arbeiten wir aber jetzt schon seit gut 8 Monaten zusammen. Wir sind allerdings noch nicht offiziell ein Team. Wie du wahrscheinlich weißt, dauert der Reifeprozess eines Werwolfes bis zu seinem 25. Lebensjahr an, weshalb wir noch mit dem Pakt warten

Ihm fiel auf, dass sie langsam anfing, wieder längere Antworten zu geben und nicht mehr nur über den Auftrag sprach. Das hatte sie schon vor einem Jahr getan, und diese Tatsache munterte ihn enorm auf. In dem Moment war auch schon ein leises 'Pling!' zu vernehmen war, welches signalisierte, dass sie unten angekommen waren. Ohne zu zögern trat die junge Frau nach draußen und begab sich in die Richtung eines mehrstöckigen Gebäudes, wo das Büro lag, in dem sie den temporären Schreibtischdienst verrichtete. Auf dem Weg gab es natürlich ein paar Gaffer, die Aiden bereits schon vor einem Jahr regelmäßig ein- und ausgehen gesehen hatten, doch ignorierte Jane diese gekonnt und ging zielstrebig weiter. Dennoch kam sie nicht umhin, irgendwo im Hintergrund einen Mann zu vernehmen, der irgendetwas wie 'neue, alte Partnerschaft?!' rief. Das Gebäude, in das sie jetzt gingen, hatte der Vampir noch nie betreten, sodass er sich interessiert umsah. Die Lästereien, insbesondere den Kommentar von Janes Bekanntem - Lue, Ludwig, oder wie der geheißen hatte - ignorierte Aiden genauso wie seine Begleiterin. Damit war zu rechnen gewesen, und er hatte es sich fast schon schlimmer vorgestellt. Außerdem waren sie mit einem Ziel hier.

"Stimmt, das könnte recht unpraktisch sein... Und was ist mit seinem Rudel? Wenn er so weit ist, wird er ihnen gegenüber doch die größere Verantwortung haben, nicht?", setzte er ihr Gespräch fort, denn seine Kritik an Gabriel als ihrem Partner war durchaus nicht ausschließlich (aber schon größtenteils) persönlicher Natur.

"Das stimmt wohl. Jedoch scheint es im Rudel bisher keine Einwände diesbezüglich zu geben und ich verstehe mich sehr gut mit ihnen, weshalb ich mir sicher bin, dass wir eine passende Lösung finden werden, wenn es mal zu einem Problem kommt. Außerdem verfolgen sie unter anderem auch das Ziel, auffallende und gefährdende Blutsauger aus dem Weg zu schaffen", erwiderte sie, als sie im Gebäude angekommen waren und sie die ältere Empfangsdame begrüßt hatte.

Die Wölfe hatten also kein Problem damit, ihren künftigen Anführer zu teilen? Nun, er als Mitglied einer recht einzelgängerischen Rasse musste dieses Gemeinschaftsgefühl wohl nicht nachvollziehen können. Außerdem wäre da noch die Tatsache, dass er Jane, wäre sie seine Partnerin geworden, als Seins betrachtet hätte und sie garantiert nicht an jemand anderen abgetreten hätte. Dieses Gefühl hatte er ja jetzt schon, obwohl er stark dagegen ankämpfte. Sie war ja eben nicht seine Partnerin, also konnte sie arbeiten, mit wem sie wollte... Rein theoretisch.

"Hm... Und darf ich fragen, wie du ihn überhaupt kennengelernt hast? Du hast nie von ihm..." Er brach ab, weil es ziemlich dünnes Eis war, von ihrer alten Bekanntschaft zu sprechen. Bisher hatten sie das geflissentlich vermieden, und wahrscheinlich war das besser so. Außerdem sollte das kein Vorwurf sein und er hoffte, dass sie es nicht so auffasste sondern einfach auf die Frage antwortete.

"Unsere Eltern kennen sich seit ihrer Jugend", antwortete die Brünette schlichter als vor wenigen Augenblicken, was Aidens Verdacht bestätigte, dass dies kein gutes Thema war.

Während sie in den hinteren Teil des dritten Stocks gingen, überlegte Aiden, wie er sie wieder in sicheres Fahrwasser bringen konnte, und fragte schließlich: "Und er studiert auch BWL?"

"Nein, er studiert Biologie. Er hat nur im Nebenfach BWL und folglich nur einige Vorlesungen mit mir", antwortete die Brünette nach einem kurzen Zögern, da sie nicht umhin gekommen war die Stirn zu runzeln.

Sie betraten einen größeren Raum in dem sich drei weitere Personen befanden, die sich um die Dokumenten, Akten und Informationen kümmerten. Jedoch waren diese, im Gegensatz zu Jane, Festangestellte und kümmerten sich um die verschiedensten Aufträge, wie die Vampirjägerin ihrem Begleiter auf dessen geflüsterte Nachfrage hin erklärte. Kurz grüßte die Brünette ihre Kollegen, ehe sie weiterging und vor einer Tür stehen blieb, die sie mit einem Schlüssel aufschloss. Es handelte sich um ein kleines, abgeschottetes, mit Glaswänden versehenes Zimmer. Auch hier konnte man deutlich erkennen, dass der jungen Frau so etwas wie eine Sonderbehandlung zukam. Sie ließ sich auf dem Sessel nieder, fuhr den Computer hoch und blickte zu Aiden.

"Interessante Mischung. Aber wie sieht es bei dir aus? Du warst doch ziemlich am Ende des Bachelor-Studiums, oder? Wie ist es gelaufen? Machst du den Master auch in BWL?" Ein paar Details hatte ihm Elizabeth zwar erzählt, ihm dann aber geraten, doch lieber selbst mit ihrer Tochter zu sprechen. Bisher hatte er erstens nicht die Gelegenheit gehabt und zweitens nicht erwartet, dass Jane antworten würde, aber jetzt schien sie in einer leichten Plauderlaune zu sein, in der er seiner Neugierde bezüglich ihr ein kleines Bisschen nachgab.

"Ganz gut. Ich habe zwar nicht ganz die Bestnoten erreicht, aber es muss gereicht haben, da ich relativ schnell ein Praktikum erhalten habe", erwiderte die junge Frau, während sie wartete, bis der Rechner geladen hatte. „Und ja, nachdem ich im Managementbereich tätig war, denk ich, dass ich nun weiß, dass ich vorerst in die Richtung gehen will.“

Endlich war der PC betriebsbereit, und bevor Aiden weitere persönliche Fragen stellen konnte, verlangte Jane: "Beschreib mir mal die Leute, die am Pier tätig waren.", sprach Jane, als sie mit dem Tippen begann und bereits, die Personen herausfilterte, die in der angesprochenen Gegend wohnhaft waren. Als ihr Gegenüber mit den Details zu den Verdächtigen begann, gab sie diese in den Computer ein und druckte die passenden Informationen heraus, um ihm diese gleich in die Hände zu drücken. Jedoch blickte sie anschließend selbst wieder auf den Bildschirm und besah sich die Treffer, die dabei herausgekommen waren. Es waren nicht unbedingt viele und wenn man schnell handeln würde, würde man bestimmt rasch herausfinden, welche Parteien dort tätig gewesen waren.

"Hmmm... der hier würde doch ins Bild passen: Randal Carter. Zu Lebzeiten war er ein Schmuggler, spezialisiert auf Kunstfälschungen", meinte sie und las die weiteren Informationen durch, die weiterhin aussagten, dass es sich hierbei um jemanden handelte, der sein Handwerk verstand, da er - neben seinem Job als Schmuggler - als Restaurator beschäftigt gewesen war.

Als sie auf einen der Verdächtigen zu sprechen kam, blätterte er seine Zettelwirtschaft durch, bis er Randal gefunden hatte. "Ja, aber seit er verwandelt wurde, scheint er sich ruhig verhalten zu haben... Meinst du, er hat sein altes Hobby wieder aufgenommen?", fragte Aiden, der die weiteren Angaben zu der Person durchsah. Nun, ein Gespräch würde sicher nicht schaden.

"Es wäre nicht verwunderlich, oder? Ich meine, für so etwas braucht man erfahrene Leute und wenn man ihm eine entsprechende Entlohnung bietet, würde er sicher nicht nein sagen", meinte Jane etwas nachdenklich als sie wieder auf den Computer blickte.

"Sag mal... Ich komm mir blöd vor, erst jetzt zu fragen, aber was genau für eine Schatulle ist das eigentlich? Wie genau sieht sie aussieht, habt ihr mir ja auf dem Foto gezeigt, aber weißt du, wo dein Vater sie herhatte? Und von wem?"

Es ist eine uralte Musikschatulle. Sie wird seit Jahrhunderten in der Familie meines Vaters von Generation zu Generation weitergegeben und von daher von fast unmessbarem Wert für mich...", erklärte sie leise. In ihrem Blick war so etwas wie Trübsinn zu sehen, während sie sprach.

Neugierig geworden horchte er auf, als Jane meinte, die Musikbox sei ein Erbstück der Familie Väterlicherseits. Das hieß, dass sie aus dem Geschlecht der Greys stammte... Und jemand wagte es, ihr Andenken mit seinen dreckigen, gierigen Fingern zu besudeln... Er war zuvor schon nicht gut auf den Einbrecher zu sprechen gewesen, weil er Jane verletzt hatte, aber jetzt würde er ihn mit Sicherheit nicht davonkommen lassen. Dabei spielte der traurige Blick, der sich in die Augen der jungen Frau geschlichen hatte, eine tragende Rolle.

"...außerdem befindet sich noch was anderes darin, was ich gerne zurückhaben würde", fügte sie leise hinzu.

„Wir finden sie. Bestimmt", versicherte er ihr mit einem aufmunternden Lächeln, wie er es schon so oft getan hatte.

Ihr Gespräch wurde unterbrochen, als Janes Telefon klingelte. Bei ihrer Reaktion zog Aiden zunächst die Brauen hoch, bevor er schwach lächelte. So reagierte sie eigentlich nur auf ihn selbst - Und auf den ´anderen Vampir in ihrem Leben`, wenn man es so bezeichnen wollte: Eldric hatte wohl davon gehört, dass sein Schützling im Hause war.

"Ja? Mhm... Was zum...-?! Wieso sollte es mir nicht gut gehen?! Wenn du nur deswegen angerufen hast, dann kannst du dir das sparen! Ich hab Besseres zu tun!", schnauzte die Brünette sofort in den Hörer, bevor sie auflegte.

„Was wollte er denn?", fragte Aiden vorsichtig nach. Er konnte sich zwar denken, dass Jane die unwichtige Neuigkeit seiner Rückkehr noch nicht weiter erzählt hatte (In Italien hatte sie das ja auch nicht getan), aber inzwischen war er immerhin fast einen Monat hier, da hätte sie ja zumindest Mal erwähnen können, dass er sich in London aufhielt. Ein Nebensatz hätte schon genügt. Aber das zeigte wohl, wie wenig sie sich darauf einlassen wollte, wieder mit ihm zu tun zu haben.

"Nichts. Er hat herausgefunden, dass du wieder in London bist, weil es sich sofort wie ein Lauffeuer verbreitet hat, als du den ersten Fuß in den Zirkel gesetzt hast", grummelte die Vampirjägerin genervt.

Fast ein wenig nervös sah er über die Schulter zur Tür, aber natürlich würde Eldric nicht plötzlich hier auftauchen, immerhin hatte er genug zu tun. Als das geklärt war, konnte er sich auf Janes Worte konzentrieren, die wohl implizierten, dass Jane zu Beginn nicht nur sauer auf ihn gewesen war, sondern tatsächlich verletzt. Er hatte sich das schon gedacht, aber zu erfahren, dass es so offensichtlich gewesen war, traf ihn noch mal zusätzlich. Am liebsten hätte er sich erneut entschuldigt, aber sie wollte sicher nicht, dass er sie auf ihre Gefühle ihm gegenüber ansprach, also hielt er die Klappe.

"Wenn es zu große Umstände macht, kann ich wieder gehen", schlug er vor, obwohl er nicht glaubte, dass ihr Gegrummel diesmal explizit ihn meinte. "Ich habe jetzt sowieso alles, was ich vorerst brauche."

"Umstände macht es keine. Dazu ist es jetzt ohnehin schon zu spät. Allerdings halte ich dich nicht auf, wenn du weiter Pläne hast und losziehen willst", erwiderte die Brünette leise seufzend, bevor sie in der Bewegung innehielt und ihn ansah. „Du hast wahrscheinlich sowieso zu tun. Hast du den Flug eigentlich definitiv gebucht?", wollte die junge Frau beiläufig wissen, als sie sich wieder an ihren Computer gewandt und angefangen hatte, ein paar Dinge in die Tastatur zu tippen. Für einen kleinen Moment schwieg sie, doch hing sie noch zwei weitere Fragen an: "Weißt du eigentlich, wohin du willst oder fliegst du einfach mal los und entscheidest dich spontan?"

Aiden zuckte leicht zusammen, obwohl Jane ganz sachlich sprach. Warum musste sie das auch ausgerechnet hier ansprechen, wo er ihr nicht ausweichen konnte? Aiden beschloss, ihre erste Frage zu ignorieren und die zweite zu beantworten, die ihm sehr gelegen kam: "Erst nach Dubai und von da aus nach Australien. Langstreckenflüge sind spontan eher schwierig zu gestalten, immerhin muss ich zwischendrin was trinken." Sie war intelligent, sie würde mit Sicherheit merken, dass er sich herauswinden wollte, aber wie hätte er ihr einfach sagen können, dass er noch keinen Flug gebucht hatte und stark mit dem Gedanken spielte, noch zu bleiben? Obwohl das potentiell eine größere Gefahr für sie bedeutete...

"Du hast den Flug definitiv gebucht, nicht wahr?", wiederholte Jane ihre Frage dementsprechend direkt, wobei sie sich in ihrem Sessel zurücklehnte und die Arme vor der Brust verschränkte. Dabei ließ sie ihn nicht aus dem Blick.

Zuerst sah er etwas verlegen auf den Boden, doch dann blickte der Vampir seinem Gegenüber trotzig in die Augen. "Bisher noch nicht", antwortete er, mürrisch den Wutanfall herausfordernd, der mit Sicherheit kommen würde.

"Liegt es daran, dass du dich so sehr auf den Fall fixiert hast und besorgt bist, dass irgendetwas schief geht? Ich habe dir doch gesagt, dass wir das wieder im Griff haben. Du kannst deine Reise nach Down Under wirklich antreten. Wenn du willst, kann ich dir nach dem Abschluss auch eine Nachricht zukommen lassen, damit du dann auch weißt, wie es ausgegangen ist“, sprach die junge Frau überraschend ruhig.

"Ihr habt es im Griff, aber ich habe die meisten Recherchen gemacht und kenne mich am besten aus. Außerdem kannst du nach wie vor nicht jagen, sodass ich das dem… Dass ich das Gabriel überlassen müsste, und das… Widerstrebt mir", drückte er seine Aversion sehr milde aus.

"Oder liegt es daran, dass du das technisch nicht hinkriegst?", wollte die sie wissen, ehe sie sich wieder an den Computerbildschirm wandte. Schließlich war es kein Geheimnis, dass der 500 Jahre alte Vampir nicht gut mit dem modernen Schnickschnack zurechtkam. Immerhin hatte er damals schon riesige Probleme mit dem neuen Smartphone gehabt, welches sie ihm während der kleinen Shoppingtour besorgt hatte.

Aiden hatte schon fest mit einem Messer gerechnet, das in seine Richtung fliegen würde, als er ihr sagte, dass er noch nicht für seine Abreise gesorgt hatte. Immerhin war er es gewesen, der ihr versprochen hatte, zu gehen. Ganz davon abgesehen, dass er sie durch seine Anwesenheit möglicherweise in Gefahr brachte. Ungeachtet dieser Punkte wurde sein Wunsch, zu bleiben, immer größer, was wohl an der irrationalen Hoffnung lag, dass Jane ihn irgendwann wieder akzeptieren könnte. Sie hatte es schon mal geschafft. Jetzt würde sie aber nicht nur generelle Vorurteile überwinden müssen, sondern eine ganz persönliche Abneigung beziehungsweise Vorbehalte gegen ihn, und er sah ein, dass das äußerst schwer würde.

Jane jedenfalls schien seine eigentlichen, egoistischen Motive nicht mal in Betracht zu ziehen. Unbehaglich rieb Aiden sich über den Nacken, nicht sicher, ob und wie er sie aufklären sollte. Eigentlich war ihre Erklärung sogar ziemlich praktisch, zumindest so lange, bis er ihr gestehen musste, dass er nicht gehen würde. Sie wollte sich sogar die Mühe machen, ihn zu kontaktieren, aber das reichte ihm eben nicht.

Als sie auch noch meinte, er würde nicht mit der Buchung zurechtkommen, lachte er und fuhr sich durch die Haare. "Ich habe schon Flüge, Schiffe und Züge gebucht, bevor du geboren wurdest, Jane. Ich komme zurecht", lächelte er schmal. Wahrscheinlich war es aber besser, das Pflaster gleich abzureißen, als damit zu warten, sodass er murmelte: "Daran liegt es nicht... Jedenfalls nicht nur."

Sobald Jane ihn jedoch wieder ansah, wurde Aiden unruhig und machte einen Rückzieher. "Vergiss es einfach, ich… Sollte jetzt wieder los, diesen Randal suchen. Je schneller ich deine Schatulle finde, desto besser, oder?", beendete er das Gespräch mit einem Argument, das sie wohl kaum widerlegen konnte.

Jane schien ihn jedoch nicht gehört zu haben, denn sie hatte gerade etwas gedruckt und war aufgestanden. Fragend runzelte sie kurz die Stirn, doch er wiederholte es nicht.

"Was auch immer“, wiegelte Jane den kurzen Zwischenfall als für sie belanglos ab. „Sag Bescheid, wenn du noch etwas brauchst. Außerdem würde Gabe dich sicher gerne begleiten, wenn du den Aufenthaltsort des klauenden Blutsaugers ausfindig gemacht hast", meinte Jane, ihre Aufmerksamkeit mittlerweile mehr auf dem Dokument lag, welches sie ausgedruckt hatte. "Ich werde schnell unten anrufen, damit dich jemand zum Lift begleitet und diesen für die entriegelt."

Mit diesen Worten setzte sie sich wieder an den Schreibtisch, um mit ihren Arbeiten fortzufahren. Aiden warf ihr einen letzten, schuldbewussten Blick zu, dann verdrückte er sich möglichst schnell aus dem Büro. Oh, sie würde toben, wenn sie herausfand, was er vorhatte…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  TigerNagato
2018-04-13T05:40:09+00:00 13.04.2018 07:40
500 Jahre und der Mann hat null Selbstbeherschung. Gut das ist jetzt etwas übertrieben, aber in Punkto Jane passt es. Wobei ich soll ich auf ein Gespräch mir Eldric gespannt bin. Eine Standpauke a la 'du hast meiner Tochter das Herz gebrochen' ist bestimmt interessant. Und sie denkt doch nicht ernsthaft, dass er Habe irgendwohin mit nimmt? Wobei er sich mit ihm gutstellen sollte, um bei Jane zu bleiben.
LG Tiger


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