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Bloody Eternity 2

von

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Lass Blumen sprechen

Als der Samstag und somit ihr Geburtstag anbrach, wurde Jane bereits am Morgen von ihrer Mutter und vom hauseigenen Vampir begrüßt und beglückwünscht. Sie bedankte sie sich bei den beiden und setzte sich an den Küchentisch, um zu frühstücken.

Wie gewohnt setzte Aiden sich zu den Damen, als diese gemeinsam aßen. Als Elizabeth aufstand, um sich eine Tasse Kaffee zu holen, sprach Aiden das Geburtstagskind nochmal an: "Ich weiß, dass das jetzt sehr spontan ist... Aber würdest du mich heute Nachmittag auf einen Ausflug begleiten? Ich habe eine Überraschung für dich vorbereitet. Es ist zwar nichts Besonderes, aber es würde mir viel bedeuten, wenn du das als Geburtstagsgeschenk annehmen könntest."

Jane zog kurz die Augenbrauen hoch. Hätte sie es nicht besser gewusst, dann hätte sie wahrscheinlich behauptet, dass er sie zu einem Date ausführen wollte.

"Genau deshalb wollte ich dir nichts sagen...", seufzte sie leise und nippte kurz an ihrer Tasse. "Es bringt wahrscheinlich nichts, wenn ich dir sage, dass das nicht nötig gewesen wäre, oder?" Sie musste nicht auf seine Antwort warten, um zu wissen, dass er verneinen würde. Schließlich wusste sie, wie dickköpfig er sein konnte und so, wie sie ihn in der Hinsicht kannte, war alles bereits schon geplant.

Wie erwartet lachte er nur, sagte fröhlich: „Natürlich nicht“, und beobachtete sie abwartend.

"Nun, da es unhöflich wäre, ein angebotenes Geschenk abzulehnen, nehme ich es an. Danke", fuhr die Vampirjägerin fort, wobei sie ihn sogar kurz anlächelte. Sie beendete das Frühstück, unterhielt sich mit ihrer Mutter, bevor das Geburtstagskind sich um die letzten Vorbereitungen für das abendliche Treffen mit ihren Freunden kümmerte. Die Gruppe würde sich gegen neun am Hafen treffen, denn diesmal hatte Kate Karten für eine elegante Party auf einer Fähre organisiert.

Gegen Mittag schneite Logan herein und sie aßen zusammen mit Elizabeth. Als Nachtisch gab es eine üppige Schokotorte und danach Geschenke für das Geburtstagskind. Ihre Mutter überreichte Jane ein wunderschönes Medaillon, in dem sich bereits ein Foto der Ärztin befand. Den zweiten Teil hatte sie absichtlich offen gelassen, sodass die Jüngere selbst entscheiden konnte, wessen Bild sie reinmachen wollte. Gerührt über das Geschenk, bedankte sie sich bei ihrer Mutter und drückte sie liebevoll an sich.

„Gut, dass ich keinen Schmuck besorgt habe“, meinte Logan lächelnd, der näher trat, um das Schmuckstück zu betrachten. Er küsste seine Freundin, dann zog er aus der Jackentasche ein kleines Päckchen und hauchte: „Happy birthday, Jane.“

Überrascht und erfreut machte die junge Frau sich daran, das Papier zu lösen. „Du hast doch schon bei der Karte für heute Abend mitgezahlt“, protestierte sie halbherzig.

„Ich dachte, ich mache dir unabhängig von den anderen noch eine Freude“, erklärte er und zuckte die Schultern. Schließlich hielt sie eine trichterförmige Schatulle mit antik aussehendem Zahlencode in der Hand, die sie ein wenig hin und her drehte. „Du musst das Rätsel lösen, um an das Geschenk zu kommen“, erklärte Logan und sah amüsiert zu, wie Jane sich im Schneidersitz auf der Couch niederließ, um daran herumzuschrauben.

Sie war hochkonzentriert und hatte bereits nach wenigen Minuten den Code geknackt, sodass sie einen Gutschein für einen Escape-Room in Händen hielt. Jane war von dieser Idee begeistert, und das Paar plante bereits einen gemeinsamen Besuch bei einem Veranstalter, als Aiden zögernd ins Wohnzimmer trag.

„Ich möchte euch nicht unterbrechen, aber wir müssten los“, erklärte er mit einem Nicken in Logans Richtung.

Dieser küsste seine Freundin auf die Schläfe und erhob sich. „Kein Problem. Ich muss sowieso noch ein paar Sachen für später erledigen“, erklärte er und machte sich mit den anderen beiden auf den Weg zur Garderobe. „Schade, dass du nicht mitkommen kannst, Aiden.“

Es war wirklich süß, dass man Logan anhörte, dass er das ernst meinte, und Jane konnte gar nicht anders, als ihm einen Kuss zu geben. Aiden trat schon mal nach draußen, um dem Paar beim Abschied etwas Zweisamkeit zu gönnen, dann schüttelte er Logan die Hand und sah ihm nach, als er davonfuhr.

"Verrätst du mir wenigstens, wohin es geht?", wollte Jane wissen, als sie ihm die Autoschlüssel in die Hände drückte und sich auf dem Beifahrersitz ihres Audis niederließ. Sie konnte sich nicht wirklich vorstellen, was er vorhatte.

Aiden grinste Jane schief an und gab sich erwartungsgemäß geheimnisvoll. "Das ist ein Teil der Überraschung, also nein", erklärte er, bevor er den Motor startete und losfuhr.

Jane lehnte sie sich im Sitz zurück und besah sich die Umgebung, an der sie vorbeifuhren. Doch sie kannte die Gegend, in die es sie verschlug, nicht wirklich und hatte keine Ahnung, was Aiden hier geplant haben könnte. Nach einer Weile hielten sie, und da gerade niemand da war, umschritt Aiden das Auto schnell genug, um Jane die Tür öffnen zu können. Er schloss sie gleich wieder hinter ihr, während das Geburtstagskind sich verwirrt umblickte. Soweit sie erkennen konnte, waren sie am botanischen Garten… Aber was genau hatte Aiden hier vor?

Er holte einen ominös aussehenden Korb aus dem Kofferraum, dann führte er sie über den Kiesweg zum Haupteingang des Gartens, der spätherbstlich-verlassen vor ihnen lag. Sie mussten ein wenig laufen, bevor sie zum kuppelförmigen Gewächshaus gelangten.

Am Eingang sprach Aiden kurz mit dem Mann im Kartenhäuschen, der Jane ziemlich neugierige Blicke zuwarf. Jane vermutete, dass er ihr etwas in dem Gewächshaus zeigen wollte oder eben einen Spaziergang darin mit ihr machen wollte. Das war ein… Nun, nettes Geschenk. Immerhin hatte er gerade mal vor zwei Tagen erfahren, dass heute ihr Jahrestag war, und sie war immer noch der Meinung, dass er ihr überhaupt nichts hätte schenken müssen.

Die beiden Männer unterhielten sich kurz, dann kehrte Aiden zu Jane zurück, der inzwischen in der warmen Gewächshausluft ziemlich warm geworden war.

"Bitte warte einen Moment", sagte Aiden, nachdem er ihr die Jacke abgenommen hatte. Der Vampir verschwand nochmal, und während sie wartete, ließ Jane ihren Blick über die Gegend schweifen, wobei ihr auffiel, dass der Mann, mit dem ihr Mitbewohner vorhin geredet hatte, zurück war, diesmal in Begleitung einer Frau. Beide lächelten sie wohlwollend an. Sie nickte ihnen ein wenig verwirrt zu. Was zum Teufel hatte Aiden hier für ein Komplott geschmiedet…?

Kurz darauf kam Aiden aus einer anderen Richtung ohne ihre Mäntel zurück, wobei er die junge Frau gut gelaunt, aber ein wenig aufgeregt angrinste. "Gehen wir ein bisschen spazieren?", fragte er dann und bot ihr den Arm zum unterhaken an.

Jane kam dem Angebot nach, und das ungleiche Gespann schlenderte los. Immerhin gab es einiges zu sehen und es war nicht viel los, sodass nur wenige kreischende Kinder oder andere drängelnde Gäste ihren Spaziergang störten.

"Warst du schon mal hier?", fragte Aiden, während sie gemeinsam durch die liebevoll angerichteten Blumenrabatten schlenderten.

Sie schüttelte den Kopf und blieb vor einem mannshohen Busch mit üppigen, blauen Blüten stehen, über die sie vorsichtig strich. "Ich habe schon davon gehört, aber nie die Gelegenheit gehabt, hierhin zu kommen", erklärte sie, wobei sie es ein wenig bereute, noch keinen Besuch hierher unternommen zu haben. Es war ein wundervoller, höchst entspannender Ort und wirklich einen Ausflug wert. "Wie sieht es bei dir aus? Warst du schon mal hier oder war das eher ein spontaner Einfall?", wollte sie von ihm wissen.

"Ich war schon ein paar Mal hier, aber meistens eher draußen. Die Anlage ist wirklich schön, wenn sie bepflanzt ist, und es gibt immer mal wieder Gruppen, die verschiedene Sportarten auf den Grünflächen ausprobieren oder Vorführungen zeigen. Im Frühjahr haben sie eine sehr schöne Rosenschau, die solltest du dir unbedingt mal ansehen“, fügte der Vampir hinzu, der ihre Vorliebe für diese Blumenart natürlich kannte.

Sie näherten sich einer Treppe an einem künstlichen Wasserfall, die jedoch gesperrt war. Als Aiden das Band ganz nonchalant abmachte und sie durchwinkte, runzelte die Vampirjägerin die Stirn. „Ich glaube nicht, dass wir da hoch sollten.“

„Oh, ach so, das habe ich noch gar nicht gesagt“, fügte Aiden mit einem verlegenen Lachen hinzu, bevor er sich räusperte. „Ich habe den Bereich dort oben gemietet. Wir können drei Stunden lang in Ruhe essen“ – Er hob vielsagend den Korb hoch – „Und uns umsehen, soviel wir wollen.“

Erschrocken und völlig überrumpelt von der ganzen Situation blieb die Vampirjägerin stehen und sah ihn mit geweiteten Augen, sowie auch zunächst komplett sprachlos an. Natürlich war es eine ungeheuer rührende Geste und etwas, was noch nie jemand für sie getan hatte - nicht einmal annähernd.

"Was... aber... wie konntest du...? Sag mal, spinnst du?!", kam es vergleichsweise stockend über ihre Lippen, nachdem sie das Ganze einigermaßen verdaut und sacken gelassen hatte. Als wohlhabende, junge Frau und einzige Erbin der McCollins-Familie war sie sich sicherlich einiges gewöhnt, doch das hier, sprengte gerade mächtig den Rahmen, sodass sie derzeit wirklich an seiner psychischen Verfassung zweifelte.

"Ähm...", machte er unschlüssig. "Na ja, ich habe gestern hier angerufen und vorbei geschaut, um mit den Leuten zu reden. Die waren zwar ziemlich irritiert, aber ich konnte sie überzeugen." Er lächelte etwas zerknirscht, was darauf hindeutete, dass er seine vampirischen Fähigkeiten eingesetzt hatte, um seine Ziele so kurzfristig umzusetzen.

Zwar wusste Jane, dass sie dem Vampir wohl einiges bedeutete, doch wäre sie nicht im Traum darauf gekommen, dass er solche Längen gehen würde. Selbst jetzt, wo sie eigentlich einen handfesten Beweis für seine Zuneigung hatte, waren ihr seine Beweggründe noch immer rätselhaft. Ob es nun unbewusst oder bewusst war, war egal. In der Hinsicht konnte man ihr Verhalten fast schon als ignorant bezeichnen oder von ihr behaupten, dass sie eine Meisterin der Verdrängung war. Im Moment wusste sie jedenfalls wirklich nicht, was sie sagen sollte, und als ihr Schweigen sich immer weiter in die Länge zog, wurde Aiden sichtlich verlegen.

"Tut mir leid... Gefällt es dir nicht? Wir... Können auch wieder gehen...", stammelte er peinlich berührt und rieb sich den Nacken.

Jane blickte Aiden mit gerunzelter Stirn an. Wie kam er bloß darauf? Welche Frau würde sich denn bitte schön nicht über ein solches Geschenk freuen? Jedoch war sie - in ihren Augen - die falsche Person dafür. So etwas sollte man immerhin der Liebsten schenken und nicht... na ja... einer Bekannten? Einer Mitbewohnerin? Egal, was sie momentan waren, sie hielt die Größe des Geschenks für nicht angemessen.

"Nein, also... Wir müssen nicht gehen", erwiderte das Geburtstagskind dann sofort, nachdem sie sich vom anfänglichen Schock erholt hatte, ehe sie sich daran machte, mit ihm weiterzugehen. Sie erreichten eine erhöhte Ebene, von der aus man den Garten überblicken konnte, der sich in bunten Flächen unter ihnen erstreckte. Neben ihnen erstreckte sich ein künstlicher Teich mit großen, runden Blättern.

Aiden deutete auf das abseitige Ufer. "Da hinten habe ich ein Picknick vorbereitet. Aber wenn du nicht willst, ist das ok. Ich meine... Das... Ich wollte dir nur eine Freude machen. Entschuldige", sagte er nochmal.

Seine unsicheren Worte und sein Gesichtsausdruck ließen in ihr Schuldgefühle aufkeimen, sodass sie kaum merklich seufzte. Er hatte sich solche Mühe gemacht, das alles für sie zu organisieren, und sie hatte vorhin tatsächlich offen seine psychische Verfassung angezweifelt? Zugegeben, es war wirklich alles andere als normal, aber dennoch etwas, in das er Herzblut gesteckt und nur für sie auf die Beine gestellt hatte.

"Nein... ich... mir tut es Leid. Du hast dir so viele Gedanken darum gemacht und das alles arrangiert und ich... na ja...", begann sie leise, bevor sie sich die Haare hinters Ohr strich, kurz durchatmete und ihn mit einem kleinen, warmen Lächeln ansah. "Ich würde gerne noch ein bisschen hier bleiben und picknicken."

Noch immer unsicher erwiderte er ihr Lächeln, als Jane sich wieder bei ihm unterhakte. Sie ließ sich von ihm zu besagtem Platz bringen und erblickte einen liebevoll hergerichteten Picknickplatz mit allem Drum und Dran. Eine Laube mit Rankengewächsen spannte sich über dem feinsäuberlich ausbereiteten Picknicktuch und war mit Lichterketten hübsch dekoriert worden. Das Licht sah man, weil das Gewächshaus beleuchtet war, nur schwach, sodass es nicht übermäßig ´romantisch` wirkte. Während Jane sich umsah, packte Aiden edel aussehende Dosen mit sorgfältig ausgesuchten Essen aus seinem Korb, zusammen mit einer Flasche Rotwein und einem Glas. Er hatte anscheinend einfach an alles gedacht.

"Hast du das hier alles selbst gemacht?", wollte Jane wissen, als sie sich auf dem Stoff niederließ und sich den Inhalt des Korbes begutachtete.

"Nein. Ich hatte es überlegt, aber dann hätte ich deine Mutter wohl um Hilfe bitten müssen, und ich wollte ihr keine Umstände machen", erklärte er, als er ihr das Getränk reichte. Er entschuldigte sich, dass sie alleine trinken musste, und wünschte ihr nochmal alles Gute zum Geburtstag. Dann packte er den Rest der Speisen aus.

"Das ist vom Lieferdienst eines Restaurants. Ich hoffe, es schmeckt dir." Man sah schon der Verpackung an, dass sie nicht aus der Pizzeria um die Ecke stamme; es handelte sich um hochwertige, schwarze Styropor-Behälter, aus denen Aiden zuerst verschiedene Sorten wunderschön angerichtetes Antipasti als Vorspeise befreite, dann Spinatlasagne als Hauptgang.

Noch während er erklärte, erinnerte Jane sich an den Tag vor gut einem Jahr, als sie gemeinsam in der Küche gestanden und gekocht hatten. Dabei fiel ihr ein, dass er ihr damals das Dressing zum Probieren gegeben hatte, weil er es selbst nicht gekonnt hatte.

"Du hast in den vergangenen Monaten also nicht ausprobiert, wie ein Mensch zu essen?", wollte Jane von ihm wissen, als sie dann begann, ein wenig vom Essen zu probieren. Natürlich konnte man bei ihr mit der italienischen Küche nicht wirklich etwas falsch machen, doch anhand ihres erhellten Gesichtsausdrucks konnte man sehr schnell erkennen, dass ihr die Gerichte wirklich schmeckten. Na, wenn das so weiterging, würde sie am morgigen Tag bestimmt einige Pfunde mehr auf den Rippen haben...

Aiden lehnte an eine Säule der kleinen, überdachten Laube, und sah zu dem gläsernen Dach auf, über dem der weißliche Himmel zu sehen war. "Hm?", machte er, ein wenig aus seinen Betrachtungen gerissen. "Oh. Nein, ich hatte nicht wirklich die Gelegenheit dazu. Und selbst wenn, weiß ich nicht, ob es dazu gereicht hätte, ein angemessenes Essen zusammen zu stellen."

„Hm… Dann muss ich dir wohl danken, dass du das Essen hier bestellt hast“ meinte sie und nippte an ihrem Glas. Sie zögerte kurz, lächelte ihn dann aber nochmal an. „Es ist nett von dir, dass du das alles organisiert und dir so viele Gedanken gemacht hast."

Aiden setzte sich ein wenig gerader hin und lächelte sie sanft an. "Gern geschehen... Immerhin ist es schon peinlich genug, dass ich mich nicht von selbst an das Datum erinnert habe", fügte er ein wenig leiser hinzu.

Jane hielt mit einer Gabel Lasagne im Mund inne. Aidens vorsichtige Worte münzten schließlich offensichtlich auf sein unangekündigtes Verschwinden. Doch sie fing sich schnell wieder und lächelte ihn schwach an. Schließlich wäre es ziemlich unangebracht, sich jetzt an die Gurgel zu gehen und die ganze Atmosphären und das Geschenk zu ruinieren.

"Das macht nichts. Schließlich besteht ein Geburtstag - in meinen Augen - nicht nur aus Geschenken und außerdem... ist es lange her. Von daher wäre es wirklich nicht nötig gewesen, so große Geschütze auszufahren", erwiderte sie leise und aß dann weiter von der Lasagne.

"Na ja, du hast schon Recht, an Geburtstagen geht es nicht wirklich um die Geschenke. Obwohl die Kette von Liz wirklich hübsch ist", wechselte er dezent das Thema, wobei er auf ihren Hals deutete, an dem das Medaillon baumelte. "Und heute Abend triffst du dich noch mit deinen Freunden, oder? Tut mir leid, dass du jetzt so einen vollen Tag hast"

"Du brauchst dich deswegen nicht entschuldigen. Ich habe nachher genug Zeit, um mich ein wenig auszuruhen und für den Abend vorzubereiten. Außerdem hätte ich Zuhause ohnehin nicht wirklich etwas Spezielles gemacht, weshalb das hier viel besser ist", versicherte die Brünette ehrlich. Wahrscheinlich hätte sie nur wieder ein paar Dinge für die Universität erledigt oder sich über Neuigkeiten im Zirkel informiert, bis sie am Abend aufgebrochen wäre. Von daher war der Besuch - wenn auch das ganze Drum und Dran übertrieben war - eine willkommene Abwechslung.

Er lächelte, offensichtlich erfreut von ihrer Antwort, dann schwiegen sie eine Weile, während derer Jane ihre Lasagne weiter aß. Wegen des recht üppigen Mittagessens, das sie mit ihrer Mutter und Logan gehabt hatte, schaffte sie es nicht ganz. Allerdings würde sie nichts vom Picknick wegwerfen, sondern feinsäuberlich einpacken und mit nach Hause nehmen, um es am morgigen Tag zu essen. Es sollte schließlich nichts verschwendet werden. Da sie nachher noch ausgehen und vermutlich Alkohol konsumieren würde, war es sowieso ganz gut, dass sie eine Grundlage im Magen hatte.

"Erzähl mir, was du letztes Jahr gemacht hast, außer den Abschluss“, griff Aiden nach einer Weile das Gespräch wieder auf. „Warst du nur in Italien? Du hattest mal erwähnt, dass du länger reisen wollen würdest, wenn du deinen Bachelor hast.“

Seine Frage ließ Jane schwach lächeln. Lustigerweise regte sie sich nicht darüber auf, wie sie erwartet hatte. Wahrscheinlich lag es daran, dass sie über die Hintergründe seiner plötzlichen Abreise in Kenntnis gesetzt worden war und wusste, dass es ihm furchtbar leidtat. Zudem hatten seine (ungebetene) Hilfe und diese Geste mit dem gemieteten Gewächshaus dazu beigetragen, ihr Gemüt ein wenig zu besänftigen. Hätte er diese Frage vor zwei oder drei Wochen gestellt, hätte sie ihm eiskalt gesagt, dass ihn das nichts anginge. Heute aber wollte sie ihm antworten.

"Nein, ich war nicht nur in Italien", begann sie zu erzählen und ließ ihren Blick zum Teich schweifen. "Ich habe direkt nach dem Abschluss ein halbjähriges Praktikum als Assistentin eines Managers absolviert, bevor ich dann auf Reisen ging. Zunächst war drei Monate mit Logan in Australien, Vietnam, China und Japan unterwegs, wo wir uns hauptsächlich die bekannten Städte oder bestimmte Sehenswürdigkeiten und Orte angesehen haben, die uns mehr interessierten. In Australien waren wir zum Beispiel im Great Barrier Reef tauchen und in Vietnam haben wir uns mit dem Schiff die Haolong Bucht angesehen. In China waren wir dann natürlich auf der chinesischen Mauer, wo die Straßenverkäufer fleißig versucht haben, uns abzuzocken. In Japan waren wir unter anderem beim goldenen Tempel in Kyoto." Sie hielt kurz inne, dachte über die wundervolle Zeit und Reise nach, wobei sie nicht umhin kam, ein wenig zu lächeln. Es war so befreiend gewesen, an nichts denken zu müssen und einfach nur genießen zu dürfen.

"Nachdem wir uns Japan angesehen haben, ist Logan zurück nach London, weil er ein Praktikum absolvieren musste. Ich bin dann zwei weitere Monate alleine gereist und habe mir Indien, Saudi-Arabien und Griechenland angesehen, bevor ich nach Italien kam und dich in Rom getroffen habe", fuhr sie fort, wobei ihr Blick zu ihm wanderte und sie gerade noch so sehen konnte, wie er sich den rechten Arm rieb. Vermutlich erinnerte er sich an den Schmerz, als das silberne Messer sich in seinen Arm gebohrt hatte. Es war... wirklich ein unschöner Zufall gewesen und wahrscheinlich wäre alles anders gekommen, wenn sie sich nicht in einer der alten Gassen der Vatikanstadt begegnet wären. Wenn die Zusammenkunft niemals stattgefunden hätte, dann wäre sie heute bestimmt noch voller Groll und Hass ihm gegenüber gewesen und hätte ihr Leben ganz normal, ohne ihn weitergeführt.

"Nach unserem Zusammentreffen war ich dann noch ein bisschen mehr als eine Woche in Rom, ehe ich nach London zurückgekehrt bin und kurz darauf das Masterstudium begann", beendete Jane schließlich ihren persönlichen Reisebericht und strich sich die Haare hinters Ohr.

"Du und Logan... Freut mich, dass es bei euch so gut läuft“, meinte Aiden ein wenig vorsichtig.

Unwillkürlich legte sich ein kleines Lächeln auf ihre Lippen, als sie an ihren Freund dachte. Sie war glücklich mit ihm, fühlte sich in seiner Nähe geborgen und konnte sich momentan schlichtweg nicht vorstellen, mit jemand anderem zusammen zu sein. Zwar waren die beiden nicht einmal ein Jahr zusammen, doch hatte ihre Beziehung ein solides Fundament, auf dem sie diese weiter aufbauen konnten. Schließlich waren sie seit Jahren sehr gut miteinander befreundet und hatten viel miteinander erlebt.

Als Jane nicht böse wurde, wagte der Vampir schmunzelnd hinzuzufügen: „Irgendwie war ich mir nicht sicher, ob er nochmal den Mut aufbringt, dich anzusprechen."

Die junge Frau stutzte und sie kam nicht umhin, kurz die Augenbrauen anzuheben. Waren Logans Avancen damals so deutlich und sie so blind gewesen? Offensichtlich schon, denn Aiden war nicht der Erste, der ihr so etwas sagte.

"Nun, ich schätze, er hatte seine Gründe, weshalb er gezögert hat. Ich meine... es ist nicht unbedingt leicht und wenn man gut miteinander befreundet ist, geht man in der Hinsicht ein Risiko ein“, meinte sie, ehe sie kurz mit den Schultern zuckte. Egal, was es gewesen war, dass ihren Freund dazu verleitet hatte, zu zögern - es spielte keine Rolle mehr. Sie hatten zusammengefunden und das war im Augenblick das, was wirklich zählte.

"Du findest, dass es ein Risiko ist? Ich weiß nicht. Man kann ja auch mit jemandem befreundet sein, obwohl der in einen verliebt ist, und wenn man nichts sagt, verschwendet man doch eher seine Zeit. Und Menschen haben so wenig Zeit...“

"Ich meine Risiko im Sinne von: Was, wenn man eine Beziehung eingeht und es dann nicht klappt? Schließlich führen gescheiterte Beziehung nicht oftmals zu einem Freundschafts- und Kontaktabbruch", erklärte die Brünette die Sichtweise, die sie gesehen hatte. Jedoch hatte sie zum Teil eine Meinung. Allerdings musste jeder selbst wissen, wie er oder sie das handhaben wollte - immerhin gab es gravierende oder unschöne Umstände, die dazu führten, die Gefühle besser nicht zu zeigen oder offen darzulegen.

"Wenn man es so sieht, dürfte man aber gar keine Beziehung eingehen, auch keine Freundschaftlichen. Immerhin besteht immer die Gefahr, dass man sich aus den Augen verliert - Ob jetzt durch einen Streit oder einen anderen Lebensweg. Und wenn man nicht bereit ist, dieses Risiko für den anderen einzugehen, weiß ich nicht, ob es wirklich Liebe ist", erläuterte er eine ziemlich alte und steife Vorstellung von Partnerschaft.

"Es überrascht mich irgendwie, dass du mit dieser Einstellung noch ... allein unterwegs bist", meinte die Brünette leise und mit einem kleinen Schmunzeln, da dieser Standpunkt ja eigentlich ziemlich direkt war und von Aktivität zeugte. Jedoch fiel ihr unmittelbar nach der Äußerung Lady Grey, seine verstorbene Geliebte, ein. Es wäre irgendwie logisch, wenn sie der Grund war, weshalb er keine Frau an seiner Seite hatte - vor allem, wenn man bedachte, wie er auf sie fixiert war, weil sie deren direkte Nachfahrin war und ihr ähnlich sah. Allerdings erinnerte sich die junge Frau dann an das Gespräch während ihrer Shoppingtour vor gut einem Jahr, als er ihr erzählt hatte, dass es durchaus die eine oder andere feste Freundin nach dem Ableben der Neuntagekönigin gegeben hatte, mit der er für einige Zeit liiert gewesen war. Irgendwie ... widersprüchlich, dachte sie sich.

Ein verlegenes Lächeln schlich auf seine Lippen. "Na ja, es mangelt nicht unbedingt an Interessentinnen. Eher an der… Ambition, die Richtige zu finden."

"Wenn du bisher keine Ambitionen hattest oder auch jetzt keine hast... wie war das dann mit den Freundinnen, von denen du mir vor etwa einem Jahr erzählt hast?", wollte sie mit einer hochgezogener Augenbraue von ihm wissen. Immerhin erschien er ihr nicht der Typ dafür, einfach aus Lust und Laune oder spontan eine Beziehung einzugehen. Wenn ihm nun die Ambition fehlte, die Richtige zu finden, dann war für sie nicht ersichtlich, weshalb er die Beziehungen mit seinen Ex-Freundinnen eingegangen war.

Während die Brünette so darüber nachdachte, fiel ihr auf, dass sie ihre Nase wohl zu tief in diese Sache reinsteckte und es erschien ihr ein wenig unhöflich, ihn so zu löchern.

"Du musst nicht darauf antworten. Es geht mich ja eigentlich gar nichts an", sagte sie folglich sofort, damit er sich nicht dazu gezwungen fühlte. Zwar interessierte es sie schon, doch hatte sie als Außenstehende kein Recht, ihn darüber auszufragen oder ihn sogar in der Hinsicht zu einem Gespräch zu drängen. Wen er wie liebte und wie er in eine Beziehung geriet, war allein seine Privatsache.

"Du kannst alles fragen, was du möchtest. Die meisten ´düsteren Geheimnisse` kennst du sowieso schon." Aiden lachte, als er das sagte, aber Jane hatte das Gefühl, dass er es durchaus ernst meinte. Sie runzelte kurz die Stirn, vermerkte sich diese Aussage jedoch, da sie ihr in der Zukunft womöglich nützlich sein konnte.

Aiden überlegte kurz, wo er anfangen sollte, bevor er zu sprechen begann: "Also meine Beziehungen nach Jane... Die erste war ein Vampir, und ich habe sie vielleicht fünfzig, sechzig Jahre nach meiner Verwandlung getroffen. Sie mochte mich ziemlich sofort, aber ich habe sie lange abgewiesen. Wir sind trotzdem eine Weile zusammen gereist und irgendwann ein Paar geworden. Leider ist sie gestorben", sagte er mit einem traurigen Lächeln, wobei er unwillkürlich über seine Kette strich.

"Die zweite war ein Mensch, aber ich habe herausgefunden, dass das einfach nicht sein soll." Er stockte bei dieser Aussage kurz, bevor er fortfuhr: "Die letzte ist ein Vampir. Wir haben uns kennengelernt, als sie noch sehr jung war, noch keine siebzig. Wir waren lange nur befreundet, bis ich gemerkt habe, dass ich mich in sie verliebt hatte." Er schmunzelte, offensichtlich in Erinnerung an eine gute Zeit. "In dem Fall hat sie sich ziemlich bitten lassen. Wir waren lange zusammen, aber irgendwann wollten wir andere Dinge von der Beziehung, und wir haben uns getrennt... Das war jetzt recht ausführlich, entschuldige, dass ich dich damit so zutexte", fiel ihm auf, als er schon fertig war, und er kratzte sich lachend am Kopf.

Irgendwie ... hatten seine Beziehungen alle den einen oder anderen dramatischen Touch gehabt - wenn nicht sogar einen tragischen.

"Das... tut mir Leid zu hören", sprach sie leise, als er schließlich das Ende der dritten Beziehung verkündet hatte, ehe sie auf seine Entschuldigung hin den Kopf schüttelte. Natürlich gab es noch die eine oder andere Frage, die sie ihm gerne gestellt hätte, doch hielt sie es nicht für richtig, dies zu tun - zumal die einzelnen Partnerschaften alle irgendwie zu Bruch gegangen waren. Außerdem waren sie keine wirklich 'guten Freunde', sodass sie in dieser Hinsicht hätte weiterbohren können. Wahrscheinlich wäre Aiden es für okay gewesen, wenn sie nachgehakt hätte, doch sie selbst sah es anders und hielt es für besser, es dabei zu belassen. Immerhin würde Jane es nicht unbedingt für gut heißen, wenn er sie über eine Auseinandersetzung mit Logan ausgefragt hätte - wenn es denn eine gegeben hätte.

"Und du?“, beschloss sie stattdessen, das Thema von sich abzulenken. „Warst du das ganze Jahr über in Italien oder bist du ebenfalls gereist?"

"Ich war eine Weile auf Thailand und in Südkorea, bevor ich wieder nach Europa gekommen bin. Ein paar Monate hab ich in Spanien gearbeitet, dann bin ich ein bisschen Richtung Norden durch Frankreich gezogen, bis ich in Rom angekommen bin. Bevor wir uns gesehen haben, war ich aber erst... Drei Monaten oder so dort."

"Du warst tatsächlich in Südkorea?", kam es schmunzelnd über ihre Lippen, da sie sich noch gut daran erinnern konnte, wie sie sich darüber unterhalten hatten und er sie über ihren Aufenthalt dort ausgefragt hatte.

Etwas verlegen lachte er und kratzte sich am Kinn. "Jaaa, nachdem du davon erzählt hast, war ich neugierig. Es war auch wirklich schön, aber ich mag Europa trotzdem lieber. In Thailand hatte ich einen kleinen Kulturschock - Davor war ich nämlich lange nicht in Asien."

Ihr Schmunzeln wurde ein wenig breiter, fast schon zu einem Grinsen, als er seine Erfahrungen zu Südkorea und Thailand äußerte. Nur zu gerne hätte sie sein Gesicht und seine Reaktion gesehen, als er dort angekommen und herumgeirrt war. Dabei überraschte es Jane überhaupt nicht, dass er Europa bevorzugte, da er - in ihren Augen - eher der Typ dafür zu sein schien. . Ihr Blick schweifte dann wieder zum Korb und sie konnte ein paar sorgfältig eingepackte mit Schokolade überzogene Erdbeeren erblicken. Überrascht nahm sie die hochwertige Schachtel heraus und blickte dann auch ihren Gegenüber an.

"Woher wusstest du, dass ich die mag?", wollte die Brünette von ihm wissen, als sie dann schon eine nahm und aß. Kaum hatte sie einen Bissen genommen, erhellte sich ihr Gesichtsausdruck, da es einfach nur unglaublich lecker war und sie es sichtlich genoss. Natürlich erinnerte sie sich noch an den gemeinsamen Ausflug in den Freizeitpark, doch da hatte sie gemischte Schokofrüchte gegessen und nicht explizit erwähnt, dass sie die Erdbeeren ganz besonders mochte. Dass es sich hierbei um Zufall handelte, bezweifelte sie allerdings.

Bei ihrer Frage setzte Aiden sich im Schneidersitz hin, um zu sehen, was für eine Box sie überhaupt hatte. Als er es sah, legte er den Kopf schief und schüttelte diesen. "Das wusste ich nicht. Ich fand es nur interessant, dass so etwas als Nachspeise angeboten wird... Da hatte ich wohl Glück", endete er mit einem breiten, selbstzufriedenen Grinsen.

Sie hielt beim Griff nach einer zweiten Erdbeere inne. Eigentlich war sie davon ausgegangen, dass er seine 'Hausaufgaben' als ihr persönlicher Stalker geflissentlich nachgegangen und es irgendwie herausgefunden hatte. Dennoch änderte es nichts an der Tatsache, dass er ihren Geschmack voll getroffen hatte und ihr wohl eines der besten Essen beschert hatte, welches sie seit langem gehabt hatte.

Um sich ein wenig die Beine zu vertreten, stand er auf und schlenderte zu dem nahegelegenen Teich, durch dessen kühles Wasser er die Finger gleiten ließ. "Übrigens... Am Montag habe ich eine Wohnungsbesichtigung", bemerkte er beiläufig.

"Hm?", kam es leise über ihre Lippen, während sie sich kurz über die Lippen leckte und ihm mit ihrem Blick folgte. Für einen Moment schwieg die Jägerin, da ihr erst jetzt wieder bewusst wurde, dass sie dieses Thema in den letzten zwei Tagen gar nicht wieder aufgenommen hatten, obwohl sie über sein Geständnis ziemlich überrumpelt gewesen war - nicht zuletzt wegen Worten, die eine gewisse Zuneigung ihr gegenüber angedeutet hatten.

"Das freut mich zu hören... schätze ich?", meinte die junge Frau, wobei sie sich den letzten Teil nicht hatte verkneifen können, da sie nicht wirklich wusste, was sie wirklich von dem Ganzen halten sollte. Zwar hatte sie nun eine gewisse Zeit gehabt, um darüber nachzudenken oder es zumindest sacken zu lassen, doch war die Meinungsbildung diesbezüglich nicht so einfach.

Einerseits war sie froh darüber, dass er ausziehen und nicht mehr mit ihr unter einem Dach leben wollte, doch andererseits missfiel es ihr ziemlich, dass er auszog und wahrscheinlich trotzdem in ihrer unmittelbarer Nähe bleiben und es nicht auf zufällige Begegnungen belassen würde.

Er lehnte sich an den Rand des Teichs, um zu Jane zurückblicken zu können und fragte: „Hast du eigentlich Liz gesagt, dass ich ausziehe?"

"Nein, ich hatte noch keine Gelegenheit dazu. Außerdem empfand ich es als unhöflich von mir, wenn ich dir das vorweggenommen hätte. Ihr... versteht euch ja so gut", erklärte sie ihm nach einem kurzen Kopfschütteln, wobei es in gewisser Weise daran lag, dass sie tatsächlich nicht daran gedacht hatte. Eine Tatsache, die sie gerade ein wenig irritierte und ihr unmissverständlich aufzeigte, dass sie sich wieder soweit an ihn gewöhnt hatte, dass sie seine Anwesenheit Zuhause als fast schon selbstverständlich ansah. Wäre dies nicht der Fall, dann hätte sie ihn schon längst selbst darauf angesprochen und ihn wohl hochkantig aus dem Haus geschmissen.

"Gefällt dir das nicht?", wollte Aiden mit hochgezogenen Brauen wissen.

"Das wollte ich damit nicht sagen. Es ist vielmehr... ungewöhnlich, das so zu sehen", gab die junge Frau ehrlich zu. Allerdings war das keineswegs verwunderlich, wenn man die Umstände bedachte: Zum einen wurde ihr Vater, also Elizabeths Ehemann, von einem Vampir umgebracht und zum anderen wiederum hatten sie (laut ihren Erinnerungen) noch nie Kontakt mit einem Blutsauger gehabt, sodass es einfach eigenartig war. Zwar empfand Jane die gute Beziehung zwischen Aiden und ihrer Mutter mittlerweile nicht mehr als so negativ wie zu Beginn, doch war noch immer eine gewisse Skepsis und Vorsicht vorhanden, die dazu führte, das Ganze ein bisschen im Auge behalten zu wollen.

"Das stimmt schon... Ich habe mich auch gewundert, dass sie mir gegenüber so offen ist. Sie ist ein sehr gütiger und warmherziger Mensch. Ich bin jedenfalls froh, sie kennen zu dürfen", meinte er, fast schon ein wenig demütig, auf jeden Fall aber ziemlich melancholisch.

Über seine Aussage betreffend ihrer Mutter nickte sie leicht, wobei sie die Charakterisierung keineswegs überraschte. Schließlich entsprach es der Wahrheit. Elizabeth war durch und durch warmherzig und gutmütig, so dass sie für viele Wesen - ganz egal ob Vampir oder etwas Anderes - ein leichtes Opfer darstellte und umso besser beschützt werden musste. Was natürlich leichter wäre, wenn kein übermenschlicher Stalker sich in ihrer Heimatstadt herumtreiben würde.

"Und du bist dir sicher, dass es London sein muss?", wollte Jane daher wissen, da sie wusste, dass sie kein Recht hatte, ihn dazu zu zwingen, woanders zu leben. Dementsprechend versuchte sie es mit einer normalen Frage und ohne ihn gleich mit bösen Worten anzufahren. Möglicherweise würde er es ja überdenken und an einen anderen Ort ziehen. Schließlich war England groß und es gab viele andere Orte, die genauso schön und faszinierend sein konnten wie die Hauptstadt selbst.

"Ja." Aiden lächelte nur mitfühlend und nickte, fast ein wenig bedauernd.

Für einen klitzekleinen Moment zog sie sogar einen Umzug in Erwägung, doch da sie aufgrund ihrer Ausbildung, Freunde und ihres Nebenjobs praktisch an London gebunden war, verwarf sie diese Idee wieder. Sie sah auch nicht ein, weshalb sie wegen ihm wegziehen sollte, wo er doch derjenige war, der sich so penetrant in ihr Leben einmischte. Außerdem bezweifelte sie, dass ein Ortswechsel ihr irgendetwas bringen würde. Sie hatte die leise Ahnung, dass er ihr wohl auch in eine andere Stadt folgen würde.

"Die Universität hat einen sehr guten Ruf und bietet ein paar Studiengänge an, die mich interessieren könnten. Außerdem mag ich die Stadt einfach."

"Sogar die gleiche Universität?", fragte die junge Frau mit einer hochgezogener Augenbraue, als er ihr offenbarte, sich erneut ins King's College einschreiben zu wollen und dort zu studieren. Sie konnte nur hoffen, dass seine neue Bleibe nicht nur zwei oder drei Straßen von ihrem Anwesen entfernt war. Immerhin würde dies dem Ganzen noch das Krönchen aufsetzen.

Als Aiden auf ihre Frage hin nur nickte, stand Jane auf, klopfte den Staub von ihren Klamotten und schritt ebenfalls zum Teich, um sich neben ihn zu stellen und ebenfalls mit dem Rücken an den Rand zu lehnen.

"Und du bist dir wirklich sicher, dass du in der Hinsicht nicht überstürzt handelst? Ich meine ... es könnte so viel schief gehen. Damit meine ich nicht nur das"- Sie machte eine kurze Handbewegung zwischen sich und ihm, um die noch teilweise 'kaputte' und gestörte Beziehung anzudeuten - "sondern generell. Wer weiß, was du woanders sonst noch erleben könntest." Sie wusste, dass ihre Worte wohl ein wenig verzweifelt klingen mochten, doch vielleicht schaffte sie es ja, ihn damit zumindest ein wenig ins Wanken oder Grübeln zu bringen.

"Jane…“ Aiden musterte sie mit einer Zärtlichkeit, die ihr ein wenig unangenehm war, bevor er über das Wasser blickte und seine folgenden Worte eine Weile abwägte. „Ich habe alle Zeit der Welt, um etwas anderes auszuprobieren, wenn es mir hier nicht mehr gefällt, aber ich habe nur dein Leben lang Zeit, dich kennenzulernen. Und ich glaube, ich würde es mehr bereuen, das zu verpassen, als irgendetwas anderes."

"Du hast mich doch schon kennengelernt - vor einem Jahr", kam es dann etwas frustriert und fast schon anklagend über ihre Lippen, da ihr zunehmend und deutlich bewusster wurde, dass er sich von seinem Vorhaben nicht abbringen lassen würde und sie sich wohl oder übel damit abfinden musste. Dementsprechend konnte sie gar nicht anders als zu seufzen.

"Nein, vor einem Jahr habe ich dich getroffen. Ich würde mir nie anmaßen, zu behaupten, dass ich alles über dich weiß. Außerdem ist es bestimmt interessant, dich groß werden zu sehen... Obwohl in der Hinsicht wohl schon alles verloren ist", grinste er schief.

"Du hast bei mir gewohnt, praktisch jeden Tag an meiner Seite verbracht und mich genervt. Das war nicht nur ein 'Treffen'. Du hast mich damals sehr wohl 'kennengelernt'", entgegnete die Vampirjägerin sofort, wobei sie leicht die Augen verdrehte, als er meinte, dass er nicht alles über sie wusste. Wieso sollte er denn bitte schön auch? Er hatte keinen ersichtlichen Grund dazu - außer eben, dass sie seiner Verflossenen so ähnlich und ihre Nachfahrin war. Kein wirklich guter, sondern vielmehr ein nerviger Grund, wie sie fand.

Na ja, kann schon sein, dass ich dich kennengelernt habe, aber das reicht mir nicht", gab er ganz offen zu. „Und ich weiß wirklich nicht, wieso du nicht verstehst, dass ich dich einfach interessant finde.“

Wahrscheinlich war es eine rein instinktive Abwehrreaktion der Brünetten, die dazu führte, dass sie grundsätzlich so misstrauisch war und nicht wirklich glauben bzw. wahrnehmen konnte, dass man sie für 'interessant' erachtete. Jedoch war das in seinem Fall deutlich prekärer. Zum einen war er ein Vampir und gehörte so der Rasse an, die ihr überaus verhasst war und zum anderen hatte er sie auf der persönlichen Ebene verletzt beziehungsweise sitzen gelassen. Zwar hatte er sich zum Letzteren erklärt, doch war noch immer ein gewisser Zweifel tief in ihr verankert und wollte so schnell nicht mehr weichen. Dementsprechend glaubte die Jägerin immer noch irgendwie daran, dass er das alles nicht nur aus purem und reinem Interesse, sondern womöglich aus anderen, unschöneren Motive tat.

"Und wieder übergehst du meine Meinung dazu...", merkte sie leise murmelnd und mit einem vorwurfsvollen Unterton an, als er meinte, dass das Wissen über sie noch nicht reichte. "Fein", gab sie sich schlussendlich geschlagen, weil ihr nichts anderes übrigblieb. "Aber versuch dich ein wenig zurückzuhalten, was das Stalking angeht."

Er lachte leise und wuschelte ihr durch die Haare. "Ich tue mein Bestes."

Sie wich einen Schritt zurück, als er ihr durch die Haare wuschelte und sah ihn böse an, bevor sie sich daran machte, diese wieder ein wenig zu richten. Schließlich wollte sie nicht wie eine Vogelscheuche herumlaufen. Apropos, herumlaufen ... Ihr Blick schweifte dann wieder über die wunderschöne und friedliche Gegend, die sie gerade umgab und ihr kam in den Sinn, dass die Zeit hier drin nur begrenzt war.

"Wie lange hast du den Ort gemietet? Drei Stunden, oder?", wollte sie von ihm wissen, bevor sie zur Uhr sah und bemerkte, dass ihnen nicht mehr allzu viel Zeit blieb. "Da diese bald um sind, würde ich vorschlagen, wir packen den Rest des Picknicks zusammen und schauen uns noch ein wenig um. Es gibt so einige Dinge, die ich mir hier noch gerne ansehen würde."

Sie räumten zusammen, bevor sie sich auf den Weg durch den botanischen Garten machten. Dabei blieb sie immer mal wieder stehen, um die exotischen Pflanzen genauer zu betrachten oder über die schönen Blumen zu staunen. Bei dem Spaziergang vermisste Jane ein wenig die Ruhe, die sie in dem abgeschiedenen Bereich gehabt hatten, aber sie war froh, dass Aiden nicht das ganze Gebäude gemietet hatte – was sie ihm inzwischen sogar beinahe zutraute. Als die Zeit schließlich um war, kehrten sie zu Janes Wagen zurück, mit dem sie nach Hause fuhren.

Die Sonne näherte sich bereits dem Horizont, aber noch hatte der Feierabendverkehr nicht eingesetzt, sodass sie verhältnismäßig flüssig durch die Stadt kamen. Als er geparkt hatte und sie ins Haus gingen, fragte Aiden leicht besorgt: "Ich hoffe, es hat dir gefallen?"

Dabei konnte sie einen leicht besorgten Ausdruck in seinem Gesicht sehen, worauf sie schwach, aber liebevoll lächelte. Ohne etwas zu sagen, winkte sie ihn mit der Hand zu sich und gab ihm so zu verstehen, dass er sich zu ihr runterbeugen sollte. Nachdem er ihrer stillen Aufforderung gefolgt und nah genug war, stellte sie sich ein wenig auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen kleinen Kuss auf die rechte Wange.

"Obwohl ich mir gewünscht hätte, dass die Überraschung kleiner ausgefallen wäre, war es ein wirklich schönes und einzigartiges Geschenk", versicherte sie ihm weiterhin lächelnd, bevor ein leises, aber aufrichtiges 'Danke' folgte und sie sich daran machte, ins Haus zu kommen. Immerhin hatte sie noch eine Verabredung mit ihren menschlichen Freunden vor sich.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben! :)
Ich hoffe, ihr seit gut in 2019 gerutscht und habt zu Weihnachten so außergewöhnliche Geschenke bekommen wie unsere Liebe Jane ;)

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