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Psycho-Pass | Ω

Wrath of the Wraith
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier ist es endlich! Ich musste das Kapitel in zwei Teile spalten, weil es sonst noch länger mit der Veröffentlichung gedauert hätte und der Titel dann nicht mehr zum ersten Teil gepasst hätte.
Tut mir leid für die lange Wartezeit. Ich hoffe doch, sie hat sich gelohnt. Ich musste mir noch über einige künftige Twists und Charakterentwicklungen klar werden.
Dann also viel Vergnügen!

Theme song:
Ten Thirty - Inside Man OST Komplett anzeigen

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Σίβυλλα τί θέλεις

Public Safety Bureau

Freitag, 4. November 2118

18:00 Uhr Ortszeit
 

Sie kam sich vor wie ein Hund, den man zwang, ein Strickjäckchen zu tragen. Weil sie sich in eine Situation hinein gezwängt fühlte, in die sie nicht hinein gehörte und aus der sie wieder entkommen wollte.

Mit Daumen und Zeigefinger rieb Akane sich den Nasenrücken und atmete tief durch - zum fünfzehnten Mal.

Es war nicht das erste Mal, dass sie eine Besprechung mit ihrer eigenen Einheit hatte, aber das erste Mal, dass sie vor sämtlichen Inspektoren und Vollstreckern aller vier Einheiten sprach.

Den Blick auf ihre Füße gerichtet schaffte sie es durch den Saal bis zu dem Podium, auf dem ein holographisches Display und dahinter eine große Videomembran warteten.

Erst als sie dort stand, wagte sie einen Blick in die Gruppe. Die Inspektoren saßen in der ersten Reihe, dahinter die Vollstrecker - von Einheit 1 aufwärts.

“Guten Abend. Wir sind hier zusammen gekommen, weil wir einer Irritation der öffentlichen Ordnung Herr werden sollen.

Es tut mir leid Sie alle nach den Vorfällen um Kirito Kamui bereits wieder beanspruchen zu müssen, doch die Lage ist ernster als sie scheint. Sie alle werden inzwischen von einem Phänomen gehört haben, das in den öffentlichen Netzwerken begann und sich langsam seinen Weg in die physische Öffentlichkeit bahnt: Der Name Wraith, das englische Wort für Geist oder Gespenst.

Da uns genauere Informationen fehlen, müssen wir annehmen, dass es sich dabei um eine Gruppe aus mehreren Personen handelt.

Es hat in den vergangenen Monaten einige Aktionen gegeben, die zu dieser Gruppe gepasst hätten, doch sie haben sich erst am 14. Oktober offiziell zu einer ihrer Aktionen bekannt.”
 

Akane sah einen Vollstrecker aus Einheit 3 die Hand heben und erteilte ihm das Wort.

“Bei allem Respekt: Wieso machen wir so ein Aufhebens um ein paar maskierte Kids, die mit Hoverboards durch die Nacht brausen und Häuserwände mit Graffitis beschmieren?”

Sie verneigte sich gegen den Vollstrecker.

“Danke, Hatano-san, das war eine gute Frage. Tatsächlich könnte man die erste offizielle Aktion von Wraith für einen Jungenstreich halten.”

Akane rief über das Holo-Display das Tatort-Bild auf, eine Häuserfassade, an der ein riesiges Graffiti prangte.

Dieses zeigte ein grinsendes Gehirn mit Hut und Reisekoffer und darunter den Schriftzug:

S.I.B.Y.L. - Since It’s your Brain You Loose

Amüsiertes Schmunzeln war zu sehen und zum Grunzen abgeschwächte Lacher wogten durch den Raum.

Akane fiel auf, dass Mika Shimotsuki als einzige nicht lächelte, sondern eher schockiert aussah.

So schockiert wie sie selbst damals beim ersten Anblick des Bildes gewesen war.

“Selbst, wenn dieser Streich zu vernachlässigen gewesen wäre, hat Wraith zwei Wochen später erneut eine Aktion durchgeführt, die uns allen erheblich mehr Schwierigkeiten bereitet hat.”
 

Akane ließ nun zwei nebeneinander geschaltete Videos über die Leinwand laufen.

“Dies sind zwei Videos die so nebeneinander im CommuField verbreitet wurden. Wie Sie sehen zeigt das Eine die Erschießung flüchtender Menschen an der Grenze der ehemaligen deutschen DDR. Das Andere zeigt die Aufzeichnung der Erschießung flüchtender Geiseln aus der Mentalpflegeeinrichtung im Kamui-Fall. Der Titelschriftzug: The perfect society.

Sie werden sich sicher erinnern, dass das Amt für öffentliche Sicherheit nach Verbreitung dieser Videos einem nie da gewesenen Proteststurm ausgesetzt war.”

“Inspektorin Tsunemori”, unterbrach nun Inspektorin Maya Haragi, die die verblichene Inspektorin Aoyanagi ersetzt hatte, “was, denken Sie, sollen diese Aktionen?”

Akane wusste, dass diese Frage irgendwann kommen und ihr detektivisches Gespür herausfordern würde. Sie spielte am Knopf ihres Jacketts, als sie antwortete.

“Jemand… Jemand, der mir viel beigebracht hat, hat einmal gesagt, dass man sich nicht mit dem offensichtlichen Motiv einer Tat zufrieden geben sollte, sondern es sich lohnen kann, wenn man tiefer gräbt.

Nun, das offensichtliche Motiv in diesem Fall ist, Sibyl und auch uns in einem möglichst schlechten Licht erscheinen zu lassen. Das Sibyl-System - soll das heißen - sei ein diktatorisches Regime, das unbewaffnete und offensichtlich traumatisierte Menschen wie altersschwache Tiere zum Abschuss freigibt.

Wraith hat aber mit diesem Video noch etwas anderes gezeigt, nämlich durch die der Verbreitung folgenden Proteste. Sie haben bewiesen, dass selbst in einer Gesellschaft wie der unseren, in der ein Mensch mit einem Kriminalkoeffizienten über 300 ein potentieller Schwerverbrecher ist und seine Tötung vom Gesetz autorisiert, die Tötung eines solchen Menschen nicht akzeptiert wird, wenn er unbewaffnet ist und kein Verbrechen begangen hat.

Die Aussage ist die, dass dem Menschen ein Sinn für Gerechtigkeit innewohnt, dem auch Sibyl nichts anhaben kann.”

“Gab es noch mehr solcher Aktionen”, fragte ein weiterer Vollstrecker.

“Wie schon zu Anfang gesagt, ähneln einige Ereignisse der Vergangenheit dem Muster der ersten offiziellen Aktion von Wraith. Unsere Analytikerin Shion Karanomori ist im Augenblick dabei eben jene Fälle zu analysieren. Und es gibt da noch etwas…“
 

Akane sah Ginoza in der zweiten Reihe leicht den Kopf schütteln als wolle er sie davon abhalten.

Sie aber rief über das Display ein weiteres Bild auf die Leinwand. Es war das Bild einer Glasflasche, in der eine kleine gesichtslose Holzpuppe steckte. Um das Glas herum schlängelten sich blutrote sonderbare Symbole:

“Σίβυλλα τί θέλεις”
 

Akane befeuchtete sich die Lippen mit der Zunge, nicht etwa aus Nervosität, sondern aus Schuldgefühlen, weil Ginoza ihr davon abgeraten hatte dieses “Beweisstück” vorzuzeigen.

“Dieses Objekt hier wurde vor einer Woche bei mir abgegegen. Es stand einfach - in Papier gewickelt - vor meiner Türe.

Natürlich habe ich keinen Beweis, dass diese Puppe in der Flasche von Wraith stammt, doch mein Instinkt als Polizistin sagt mir, dass es nur von ihnen kommen kann. Sie musste innerlich schmunzeln, als sie den Begriff ‘Bulle’ vermied.

“Leider kann ich weder sicher sagen, dass es von Wraith kommt noch kann ich - für den Fall, dass es doch so ist - sagen, was es zu bedeuten hat. An diesem Puzzlestück arbeite ich noch.

Ich möchte Sie alle bitten, in der Zukunft auf Dinge wie die eben Gezeigten zu achten. Je eher wir die Mitglieder dieser Gruppe aufspüren und in Gewahrsam nehmen desto unwahrscheinlicher ist, dass sie Schaden anrichten können.”

“Glauben Sie”, fragte Inspektor Nagano aus Einheit 4, “dass Wraith in Zukunft öffentliche Aktionen durchführen könnte.”

Akane nickte entschlossen.

“Ja, davon bin ich überzeugt. Sie haben in den vergangenen Fällen immer mehr die Öffentlichkeit gesucht. Es kann nur noch eine Frage der Zeit sein, ehe sie sich erstmals öffentlich zeigen. Genau dann müssen wir zugreifen. Je mehr ihrer Mitglieder wir festnehmen und verhören können umso mehr Informationen bekommen wir.”
 

18:30 Ortszeit

“Ist doch gut gegangen oder nicht?” Akane blickte zu Ginoza auf, als er ihr einen Kaffeebecher reichte.

“Shimotsuki wäre nicht begeistert, wenn du einen Vollstrecker nach seiner Meinung fragst.”

“Weichen Sie nicht aus, Ginoza-san. Shimotsuki-san ist nicht hier. Ich habe ihr den Abschlussbericht über Shambala übertragen-”

“Und ihr damit wohl effektiv den Abend ruiniert. Nicht, dass ich etwas dagegen hätte.“

“Sie weichen wieder aus. Sagen Sie mir, was Sie denken.”

“Ich weiß nicht, ob es so klug war ihnen die Flasche zu zeigen. Du hast keine Beweise. Wenn die Fährte kalt ist, vergeudest du deine Energie und die Anderen suchen nach Indizien, die keine sind.“

Akane seufzte und lehnte sich gegen die Wand im Vorraum zu den Büros des Amtes für öffentliche Sicherheit. Es war spät genug, dass inzwischen die Reinigungsdrohnen an ihr emsiges Werk gingen.

“Es fühlte sich einfach nicht richtig an diese Information zu verschweigen und dadurch einen entscheidenden Hinweis zu verpassen. Ich weiß einfach, dass die Flasche von Wraith stammt.”

“Diese…” Ginoza presste die Lippen zusammen. “Diese Besessenheit den Täter zu fassen, du wirst noch genau wie-”

Er unterbrach sich und wandte beschämt den Kopf ab.

Einige Sekunden des Schweigens verstrichen.

“Entschuldige, ich wollte nicht-”

“Nein”, unterbrach ihn nun Akane, “es muss Ihnen nicht leid tun. Ich merke es ja selbst. Aber irgendwie kann ich es nicht verhindern. Er war da, verstehen Sie. Er war da, als meine Großmutter gestorben war. Ich habe ihn so deutlich gesehen wie ich Sie jetzt sehe, Ginoza-san.”

Ihr Lächeln wurde bitter.

“Ich lerne selbst jetzt noch von ihm, wo er ein von der Gesellschaft ausgestoßener Verbrecher und außerdem so weit weg ist.”

Ginoza rang sich ein Lächeln ab, das nicht weniger bitter war als ihres.

“Klingt fast so als sei er dein persönlicher Geist, Tsunemori. Wie ironisch, dass jetzt jemand auftaucht, der sich Wraith nennt.

Aber zurück zu unserem Fall. Nehmen wir wirklich einmal an, die Flasche kommt von Wraith: Was soll eine Puppe in einer Flasche?”
 

Akane hob besagte Flasche vom Boden auf und betrachtete sie.

“Das gerade ist mein Problem, sie könnte alles bedeuten. Steht die Puppe in der Flasche für Sibyl? Also, ein beschränktes System, das nicht wahrnimmt, was um es herum geschieht. Oder steht sie für die Menschen in dieser Gesellschaft? Ist sie deshalb gesichtslos? Keine Augen, um zu sehen, was falsch ist. Keine Ohren, um zu hören wie die Menschen um Hilfe rufen. Kein Mund, um die Stimme gegen die falschen Götter zu erheben.”

Ginoza nahm die Flasche von ihr entgegen und sah sie sich selbst an.

“Jedenfalls hat sich wer auch immer viel Arbeit damit gemacht. Die Puppe ist zu groß, um durch den Flaschenhals zu passen. Sie muss also direkt in der Flasche zusammen gebaut worden sein.”

“Mhm.”

“Ich denke”, sinnierte Ginoza weiter, “wir kommen am weitesten, wenn wir herausfinden, was diese Symbole zu bedeuten haben.”

Er fuhr die die Flasche umlaufenden roten Zeichen mit dem Finger ab und hielt plötzlich bei einem an.

“Moment. Dieses Zeichen hier kenne ich. Das auf dem Kopf stehende Ypsilon. Das ist kein Symbol, das ist ein Lambda, ein griechischer Buchstabe.”

Erkenntnis durchflutete Akane plötzlich, die elektrische Aufregung, wenn sie der Lösung eines Rätsels ganz nah war.

Sie schnappte Ginoza die Flasche aus der Hand und spurtete los, nicht ohne den verdutzten Vollstrecker mit sich zu zerren.
 

Shion Karanomori war stolz darauf, dass sie sich durch nichts aus der Ruhe bringen ließ. Allerdings musste sie zugeben einigermaßen verblüfft zu sein, als Akane Tsunemori vor Energie strotzend in ihr Labor platzte. Shion quittierte diesen Aufmarsch jedoch lediglich mit einem Anheben der Augenbrauen.
 

“Akane-chan! Schön, dass du vorbeischaust. Ich habe die Daten über die hypothetischen Wraith-Fälle. Es sind etwa zwei Dutzend Fälle aus den letzten zwei Jahren, die die gleiche oder eine ähnliche Handschrift tragen. Die Informationen dazu befinden sich bereits auf euren Rechnern.”

“Danke, Karanomori-san”, sagte Akane mit hastiger Verbeugung und zeigte ihr im gleichen Zug die Flasche.

“Ich muss Sie leider um noch einen Gefallen bitten.”

“Das ist doch die Flasche, die du gefunden hast. ”

Shion nahm sie nachdenklich entgegen und betrachtete sie.

“Ginoza-san hat erkannt, dass diese Zeichen auf der Flasche griechische Buchstaben sind. Ich muss wissen, was sie bedeuten.”

Shion stellte die Flasche auf eine holografische Analyse-Plattform. Diese hüllte das Objekt in blaues Leuchten und digitalisierte die auf die Flasche geschrieben Buchstaben.

Σίβυλλα τί θέλεις

Die Analytikerin ließ ihre Finger über die Tastatur fliegen und hatte wenige Sekunden später die Antwort.

“Ergeben diese Buchstaben einen Sinn”, fragte Akane, “Ein Wort vielleicht?”

“Mehr noch”, antwortete Shion, “sie ergeben einen Satz, noch genauer: eine Frage. Auf der Flasche steht geschrieben: ‘Was willst du, Sibyl?’“

Akane zog die Augenbrauen zusammen und knabberte an ihrer Unterlippe, während sie die Frage in ihrem Kopf hin und her drehte als sei sie ein Zauberwürfel dessen Seiten geordnet werden mussten.

Ginoza dagegen machte seinem Ärger mit einem Seufzen Luft.

“Das wirft doch wieder nur mehr Fragen auf, als es beantwortet. Lass uns die Flasche für heute vergessen und werten wir Shions Daten aus.”

“Ginoza-san, bitte. Ich bitte Sie, helfen Sie mir beim Nachdenken. Wir sind auf dem richtigen Weg, das weiß ich.”

Als sie ihn mit diesem flehenden Bernstein-Blick ansah, konnte er nicht verhindern, dass seine Lippen sich zu einem Lächeln verzogen.

Er hatte plötzlich das unwillkommene Bild eines jüngeren schmollenden Kogami vor sich, damals, als sie beide noch Inspektoren waren.
 

“Komm schon, Gino. Nur noch eine Viertelstunde an diesem Fall. Ich verspreche dir, du kannst noch oft genug in deinem Leben Feierabend machen.“
 

“Also gut. Ganz davon abgesehen, dass du es mir befehlen könntest.”

Akane verzog das Gesicht.

“Jetzt reden Sie wie Kogami-san das getan hätte.”

“Wir wissen jetzt, was auf dieser Flasche steht. So weit, so gut. Was wäre die erste Frage, die man dazu stellen könnte”, frage Ginoza.

“Warum es in griechischer Sprache auf die Flasche schreiben, so dass es kaum ein Japaner auf Anhieb versteht”, fragte Shion in den Raum hinein.

“Genau. Wenn er nur fragen wollte ‘Was willst du, Sibyl?’, warum schreibt er es dann nicht auf Japanisch”, stimmte Akane zu.

“Möglicherweise”, überlegte Ginoza, “weil er diese Frage ursprünglich gar nicht gestellt hat. Vielleicht gibt er nur das wieder, was jemand anderes gesagt oder geschrieben hat.”

“Ein Zitat”, schlussfolgerte Akane, “das ergäbe Sinn. Wir suchen also nach einer solchen Frage, die irgendwo in der Literatur gestellt wurde.”

“Irgendwo in der Literatur”, schnaubte Ginoza, “Hast du eine Vorstellung davon wie lange wir brauchen würden, um so etwas zu finden? Wir wissen nicht einmal, wo wir zu suchen anfangen sollen.”

Er bekam diesmal keine Antwort und als er aufblickte, sah er Akane tief in Gedanken versunken so als habe sie eine präzise Ahnung davon, wo sie zu suchen anfangen sollte.

Sie überraschte ihn jedoch wieder, als sie unvermittelt den Kopf schüttelte.

“Sie haben Recht, Ginoza-san. Lassen Sie uns diese Sache jetzt vergessen und uns den bisherigen Sichtungen von Wraith zuwenden.

Noch einmal herzlichen Dank für Ihre Mühen, Karaonomori-san.”

Mit einem anerkennenden Winken von Shion verließen sie das Labor und Ginoza hatte das starke Gefühl, dass Akane mit dem Fallenlassen des Themas die Tatsache verschwieg, dass sie etwas in dieser Hinsicht plante.

Und wenn immer sie etwas plante, das sie ihm vorenthielt, war es etwas, das ihm gar nicht gefiel.
 

Im Büro der Einheit 1 wurden beide bereits von Mika erwartet, die lautstark mit ihrem Lackschuh auf den Boden tappte als wolle sie die durch die beiden säumigen Mitglieder verlorenen Sekunden zählen.

“Wo waren Sie, Tsunemori-senpai? Wir können die ganze Arbeit nicht allein machen. Außerdem haben wir einen Gast.“

Akane war der fremde Mann sofort aufgefallen, weil er größer war als jedes gerade anwesende Mitglied von Einheit 1. Er war sogar ein Stück größer als Ginoza, hatte kurzes schwarzes Haar und - sehr ungewöhnlich - grüne Augen.

“Bitte keine Umstände”, entschuldigte sich der Fremde und rieb sich den Hinterkopf.

Er verneigte sich vor Akane und fuhr fort:

“Ich bin Inspektor Kojirou Mitsuba und unterstütze Inspektor Domoto von Einheit 3. Da ich gerade meine erste Woche hier habe, dachte ich, es wäre höflich mich vorzustellen.”

“Das ist es”, antwortete Akane mit einem Lächeln und erwiderte die Verbeugung, “Es freut mich Sie kennen zu lernen, Mitsuba-san. Auf gute Zusammenarbeit.”

“Nun, dann werde ich mich besser zu meiner Abteilung begeben. Ich weiß, dass Domoto-senpai länger hier ist als ich. Trotzdem habe ich immer das Gefühl ihn nicht allein lassen zu können.”

Womit er Recht haben könnte, dachte Akane.

Mitsuba empfahl sich und alle gingen an die Arbeit die bisherigen Fälle auf ihre “Wraith-Wahrscheinlichkeit” zu prüfen.
 

22:00 Ortszeit

Sie massierte ihre pochenden Schläfen mit den Fingern.

Seit zweieinhalb Stunden wälzten sie nun die von Shion gefundenen Fälle aus den vergangenen zwei Jahren.

Natürlich konnten maskierte Menschen, die nachts Graffitis versprühten, auf Wraith hindeuten… mussten sie aber nicht.

Die Pause draußen vor dem Hauptquartier hatte sie sich redlich verdient.

Akane suchte einen Augenblick in ihrer Handtasche nach dem Objekt der Begierde und führte es zu ihren Lippen.

Die erste Zigarette an diesem Abend - endlich!

Sie sah den Rauch zusammen mit ihrem Atem in dem Abendhimmel aufsteigen und erinnerte sich daran wie sie mit dem Rauchen - dem richtigen Rauchen - angefangen hatte.

Nicht lange nach dem Fall Kamui hatte Akane probiert die Zigaretten nicht mehr nur abbrennen zu lassen, sondern sie so zu rauchen wie Kogami das getan hatte.

Als sie nach der ersten Zigarette ihren Mageninhalt von sich gab, hatte sie sich plastisch an ihre Zeit als Frischling erinnert gefühlt: nämlich, als sie das erste Mal einen Menschen durch den Lethal Eliminator sterben sah.

Nachdem sie sich daran gewöhnt hatte, war das Rauchen jedoch noch entspannender und denkfördernder geworden.

Die Herbstluft, die schon die ersten Zeichen des nahenden Winters trug, linderte ihre Kopfschmerzen und für einen kurzen Moment verspürte sie Frieden.
 

“Tsunemori!”

Und der Frieden war vorüber.

Als sie sich aber Ginoza zuwandte, erkannte sie an seiner angespannten Miene, dass es etwas Ernstes sein musste.

“Was ist passiert?”

“Ich glaube, du hattest Recht”, erwiderte Ginoza.

“Recht womit?”

“Mit Wraith. Es scheint als seien sie erschienen.”

Akane ließ die halb aufgerauchte Zigarette fallen und eilte an Ginozas Seite zurück in das Büro.

“Gerade vor zehn Minuten wurde ein Area Stress Level in einem Einkaufszentrum in Shinjuku ausgelöst”, berichtete Shion über einen holographischen Bildschirm “Die Kameras haben mehrere Personen mit Umhängen und Geistermasken erfasst, die Graffitis versprühen und Nebelgranaten zünden. Aus irgendeinem Grund sind die Kameras im Einkaufszentrum außer Betrieb.”

“Das sind sie”, sagte Akane, “Alle hergehört: Wir rücken aus!”

Sie verspürte eine seltsame Art der Euphorie wie selten bei einem Fall.

“Auf zur Geisterjagd.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Der griechische Satz Σίβυλλα τί θέλεις liest sich in der lateinischen Transkription, wenn ich es korrekt recherchiert habe, etwa: "Sibylla ti theleis", also "Sibylle, was willst du?"

Zitat aus Kapitel 3: Ghosts of the Past
"Wir wind Wraith, der Geist im System. Ihr könnt uns jagen, doch ihr könnt uns nicht sehen." Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kurayko
2017-11-02T06:30:36+00:00 02.11.2017 07:30
Gab es im alten Griechenland nicht eine die Sibyl hieß und besondere Merkmale hatte, was darauf schließen läst weswegen das System ihren Namen trägt?!
Klasse Kapi, ich mag Ginoza einfach :3
Antwort von:  Rigel
02.11.2017 08:08
Sie sind auf der richtigen Spur, Mr Holmes.


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