Zum Inhalt der Seite

Grauzone

Was sonst noch passiert ist
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

eine kleine Hoffnung

Kapitel 7
 

Eine kleine Hoffnung
 

New York, September 1753
 

„Glaubt ihr wirklich, ich würde euch nicht bemerken?“ Hope klang belustigt und leicht beschämt verließ ich mein Versteck. Die Sonne stand schon tief. Bald würde es dunkel werden. Eine gute Zeit um jemanden in den Straßen zu verfolgen doch für heute hatte ich es wieder einmal verpatzt.

Noch immer fiel es mir schwer ihr unbemerkt zu folgen und immer erwischte sie mich. Wie auch dieses Mal. „Ihr müsst noch eine Menge lernen, Shay“, sagte sie und lächelte. Allein dieses Lächeln war es wert von ihr ertappt zu werden.

Seit ich von meinem letzten Auftrag zurück war, hatte ich begonnen mich Hope zu nähern. Ganz vorsichtig, denn egal was Liam sagte, wirklich glauben konnte ich es nicht. Bislang hatte keiner meiner Versuche Wirkung gezeigt. Vielleicht ging ich die ganze Angelegenheit auch falsch an. Da ich es mir nicht mit ihr verscherzen wollte, war ich möglicherweise zu vorsichtig.

„Wie habt ihr mich dieses Mal bemerkt?“ fragte ich und strich die Haare nach hinten, „Es muss doch eine Möglichkeit geben sich an euch heran zu schleichen.“

Darauf lachte sie nur, doch sie lachte mich nicht aus. „Ich werde euch immer bemerken, wenn ihr zu nah an mich heran kommt, Shay. Habt ihr vergessen, dass ich euer Lehrer bin? Alles was ihr übers Anschleichen und Verstecken wisst, habt ihr von mir und ihr seid nicht gerade ein fleißiger Schüler.“

Da hatte sie recht. Ich war wirklich ein wenig faul. So wie sie es sagte klang es noch etwas schlimmer als es war. „War ich zu laut, zu auffällig oder einfach nur im falschen Versteck?“ Ein wenig frustriert war ich schon, denn dies war mein nahezu zwanzigster Versuch gewesen.

„Ich habe euch gesehen. Ihr könnt noch immer nicht ganz mit eurer Umgebung verschmelzen.“ Bei diesen Worten schwang wieder der übliche, leicht überhebliche, Ton in ihrer Stimme mit, was mich ein wenig deprimierte. Hope lächelte jedoch. „Ihr ward allerdings besser als bei eurem letzten Versuch.“ Sie legte mir kurz eine Hand auf die Schulter und ihr Lächeln wurde breiter. „Ihr seid konzentrierter bei der Sache. Das macht sich bemerkbar.“

War das ein Lob? Besser wenn ich es nicht als solches auffasste. „Wohl noch nicht konzentriert genug. Sonst hättet ihr mich nicht bemerkt.“ Darauf schwieg sie und ich strich mir, etwas unsicher geworden, ein paar Haare aus dem Gesicht. Bald würde ich sie stutzen müssen um nicht ganz so ungepflegt auszusehen.

Es trat eine unangenehme Stille ein. Während ich fieberhaft überlegte was ich sagen konnte spürte ich ihren Blick auf mir ruhen. „Warum folgt ihr mir?“ Hope lehnte sich an einen Baumstamm und neigte leicht den Kopf zur Seite. „Ist es nur aus Trainingsgründen, oder verfolgt ihr dabei ein anderes Ziel?“

Damit hatte sie den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich spürte, wie mir eine leichte Röte den Hals hinauf kroch. Nur gut, dass man es nicht so schnell sehen würde, denn etwas peinlich war es mir schon so durchschaubar zu sein. „Nun, zum Teil ist es Training, ja.“

Sie machte Anstalten weiter zu gehen und lud mich mit einer Geste der Hand dazu ein, sie zu begleiten. „Und der andere Grund? Hattet ihr vor mich hinterrücks zu überfallen?“ Der Gedanke schien sie zu amüsieren. Mich machte er nervös, wenn sie mir so etwas zutraute.

„Überfallen ist wohl nicht das richtige Wort dafür.“ Langsam gingen wir die Straße entlang, die zu dem Anwesen führte, in dem Hope lebte. „Eher hatte ich die Hoffnung euch überraschen zu können.“

„Überraschen? Womit?“ Möglich dass sie sich nur etwas dumm stellte, oder das Gespräch am Laufen halten wollte ohne mich wieder wie einen Idioten aussehen zu lassen. Sicher konnte sie sich denken, mit was ich sie hatte überraschen wollen.

„Mit dem wachsen meiner Fähigkeiten, auch wenn sie wohl noch nicht so weit sind, das ich euch damit beeindrucken kann.“ Hätte sie mich nicht entdeckt, dann wäre es wirklich etwas gewesen um ihr zu imponieren. Nun war ich nur wieder der Schüler, der nichts dazu gelernt hatte.

Hope lachte leise. „Eure Fähigkeiten sind gewachsen, Shay. Nicht soweit wie erhofft, aber doch schon deutlich bemerkbar.“ Sie blieb stehen und ließ ihren Blick über mich gleiten. „Wir können ja testen, ob ihr wirklich besser geworden seid oder einfach nur einen besseren Tag hattet als sonst.“

Etwas verwirrt sah ich sie an. „Und wie wollt ihr...“ doch statt zu antworten deutete sie auf etwas hinter mir. Irritiert drehte ich mich um, doch da war nichts, was hätte von Interesse sein können. „Was ist...“ Ich wandte mich wieder Hope zu, doch diese war schon ein gutes Stück von mir entfernt, weiter die Straße hinunter und sie rannte noch immer.

Sollte das nun ein Scherz sein? Lief sie vor mir weg oder... Und ich begriff. Ich sollte sie einholen. Ein Spiel. Eine Verfolgungsjagd, bei der ich zeigen sollte was ich wirklich konnte.

Ich rannte los, doch Hope hatte einen gewaltigen Vorteil. Sie lebte hier, kannte jede Straße, jedes Haus und jeden Schuppen. Zu dem war dies ihr Spezialgebiet. Doch auch ich hatte einen Vorteil ihr gegenüber. Sie konnte mit ihren Schuhen und dem Kleid weniger gut klettern als ich.

Ihr Vorsprung schrumpfte etwas, als sie auf die Dächer wechselte. Ich behielt recht mit meiner Vermutung, dass ihre Schuhe sie etwas behinderten. Dennoch schaffte sie es aus meinem Blickfeld zu verschwinden. Als ich die Stelle erreichte, wo ich sie zuletzt gesehen hatte, war von ihr nichts mehr zu sehen. „Verdammt.“

So schnell gab ich mich nicht geschlagen. Sie musste sich irgendwo in der Nähe verstecken. Durch die Verfolgung war ich leicht außer Atem und brauchte einen Moment um mich konzentrieren zu können. Vielleicht konnte ich sie mit dem Adlerauge aufspüren.

Die Welt um mich herum wurde schärfer, die Geräusche klarer, doch egal in welche Richtung ich auch blickte, von Hope war keine Spur zu entdecken. So musste ich mich wohl auf andere Fähigkeiten verlassen. Den gesunden Menschenverstand zum Beispiel.

Aufmerksam musterte ich die Umgebung. Wo konnte man sich verstecken wenn es schnell gehen sollte? Hier oben gab es keine Kisten, hinter denen man sich verbergen konnte und keine Schornsteine. Das einzige, was ein gutes Versteck bieten würde, war ein kaputtes Fenster, eines verlassenen Gebäudes zu meiner linken.

Würde Hope wirklich in ein verlassenes Haus einsteigen? Einen Versuch war es zumindest wert. Aufgeben konnte ich danach noch immer.

Möglichst leise schlich ich an das Fenster heran und lauschte nach innen. Nichts war zu hören und ich konnte drinnen auch nicht wirklich etwas erkennen, zumal es langsam dunkel wurde. Vorsichtig, um mich nicht an einem Stück Glas zu verletzen das noch im Rahmen steckte, kletterte ich hinein.

Drinnen war es stickig und staubig. Unter meinen Stiefeln knirschte Glas und ich blieb stehen um meine Augen an das Dämmerlicht zu gewöhnen. Rechts von mir bewegte sich etwas, doch bevor ich reagieren konnte wurde ich zur Seite gezogen und mit dem Rücken an die Wand gedrückt.

Vor mir, nur Schemenhaft zu erkennen, stand Hope. So nah, wie wir uns noch nie gewesen waren. Ihre Hand hielt meine am Gelenk fest, so dass ich mit der Rechten nichts machen konnte. „Ihr habt mich gefunden. Wenigstens das habt ihr geschafft.“ Ihre Stimme war leise und ein klein wenig bedrohlich, „Aber wenn ich ein Gegner gewesen wäre, dann wärt ihr nun tot, Shay.“

Ich sah an mir runter und erkannte, dass sie mir ihre verborgene Klinge vor die Brust hielt, was mich schwer schlucken ließ. Die ganze Situation begann mir ein wenig Angst zu machen. Mein Puls beschleunigte sich und es fiel mir schwer ruhig zu atmen.

„Allerdings muss ich zugeben, dass ihr euch besser geschlagen habt als erwartet.“ Die Klinge verschwand von meiner Brust und wurde durch ihre Hand ersetzt. Das ließ mich noch etwas schneller atmen.

„Dann bin ich also kein hoffnungsloser Fall?“ fragte ich mit leicht belegter Stimme und spürte, wie ihr Griff an meinem Handgelenk noch etwas stärker wurde.

„Nein, das seid ihr nicht.“ Sie kam noch etwas näher und dann, ohne Vorwarnung, hauchte sie mir einen Kuss auf die Wange. „Aber ihr müsst noch eine Menge lernen, wenn ihr mehr wollt.“ Schon ließ sie mich los und trat einen Schritt zurück und entzog sich damit einer Erwiderung von meiner Seite.

Als sie sich dem Fenster näherte, um wieder hinaus zu schlüpfen, hielt ich sie auf. „Wartet, bitte.“ Hope blieb stehen und wandte sich mir zu. „Ich...“ Doch ich hatte keine Ahnung was genau ich sagen sollte. „Es ist ungerecht. Immer wieder bekomme ich nur wage Andeutungen von euch.“

Langsam trat ich auf sie zu. Sie sagte nichts, machte aber auch keine Anstalten zu verschwinden, was mir ein wenig Mut machte. „Diese Ungewissheit macht es nicht leichter. Ich weiß nicht mehr, wie ich mich in eurer Gegenwart verhalten soll.“

Durch das Dämmerlicht konnte ich ihre Gesichtszüge nicht all zu deutlich erkennen, doch meinte ich sie lächeln zu sehen. „So wie sonst auch, Shay. Höflich, mit Respekt“, sie kam näher und stand gleich darauf vor mir, „Und ihr solltet möglichst keine anderen Frauen erwähnen, wenn wir uns unterhalten oder ich in Hörweite bin. Sonst bekomme ich noch das Gefühl, dass ihr es nicht ernst meint.“

Dann war sie eifersüchtig? Das passte so gar nicht zu ihr. Zumal sie oft so unnahbar war, dass es völlig ausgeschlossen schien überhaupt von ihr bemerkt zu werden. „Ich meine es durchaus ernst.“ Ich kam nur nicht all zu gut mit einer Zurückweisung zurecht. Hope hatte, soweit ich wusste, bisher jeden abgewiesen, der ihr hatte näher kommen wollen.

„Nun“, erneut legte sie ihre Hand auf meine Brust, „Dann hoffe ich, dass es so bleibt.“ Ihre Lippen trafen auf die meinen und vorsichtig legte ich die Arme um sie. Sie wich nicht zurück, versuchte nicht, sich aus meiner Umarmung zu lösen und ich zog sie an mich.

Der Kuss währte nicht lange doch kam er mir wie eine Ewigkeit vor. Hope war es, die ihn unterbrach und mich sanft, aber bestimmt von sich schob. „Es gibt noch einiges zu erledigen. Sowohl für euch, als auch für mich.“

Wie konnte sie in so einem Moment nur an Aufträge denken? Gab es denn nichts anderes für sie? Vielleicht hatte sie meine Endtäuschung bemerkt denn ein kurzes Lächeln huschte über ihre Lippen. „Wir wollen doch nichts überstürzen“, sagte sie sanft. „Und ihr seid, soweit ich weiß, noch für ein paar Tage in der Stadt.“

Das konnte ich nicht bestreiten. Ich hatte die Morrigan nach New York gebracht um sie überholen zu lassen. „Es dauert nun einmal, ein Schiff zu pflegen und die Handwerker hier sind geschickter als die in der Siedlung.“ Entschuldigend hob ich die Schultern. „Oder habt ihr etwas dagegen, dass ich hier bin?“

„Dagegen? Nein. Immerhin bietet es euch die Möglichkeit mich, unter irgendwelchen Vorwänden, besuchen zu kommen.“ Darauf musste ich lachen. Bisher hatte ich immer, dieses hinterher schleichen mal ausgenommen, einen guten Grund gehabt wenn ich sie aufgesucht hatte.

„Wenn das so ist, werde ich sicher einen Grund finden um euch zu besuchen.“ Ich machte den Versuch sie noch einmal in die Arme zu schließen, doch Hope entwischte mir. Schon war sie am Fenster.

„Das hoffe ich, Shay. Und lasst mich nicht zu lange warten.“ Mit diesen Worten verschwand sie aus dem Gebäude und ließ mich zurück. 'Frauen', dachte ich und ging ebenfalls zum Fenster. 'Wie sollte man sie nur verstehen wenn sie so... kompliziert waren?' Meine Laune war jedoch ausgesprochen gut, als ich mich auf den Weg, zurück zur Morrigan machte. Ich hatte eine Chance bei ihr.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Blue_StormShad0w
2019-03-27T09:39:35+00:00 27.03.2019 10:39
Und fertig.
Ein unterhaltsames und auch schönes Kapitel!
Ja, die Sache mit Shay und Hope. Aber am Ende wissen wir ja wie es letzlich enden wird ...
Gut, dann bis zum nächsten Mal wieder! (^^)/


Zurück