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Was sonst noch passiert ist
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Glücksmoment

Kapitel 8
 

Glücksmoment
 

Die Reparatur der Morrigan dauerte länger als erwartet. Erst fehlte es an Material und dann kam es zu einem Unfall, der zwei Männern beinahe das Leben kostete. Liam, dem das Ganze zu lange dauerte, hatte sich über Land auf den Weg zurück zur Siedlung gemacht, so das ich nun alleine in der Stadt war.

Nun, nicht ganz allein. Hope war noch immer hier, doch durch die Probleme mit dem Schiff, konnte ich nicht so häufig zu ihr, wie ich es wollte und es kam vor, das sie nicht zu Hause war, wenn ich sie abends besuchen wollte.

Zwei ganze Wochen dauerte es, bis wir wieder ablegen konnten, doch abends wollte ich nicht auslaufen. Mir war es lieber das früh am Morgen zu tun, zumal es nach einem Unwetter aussah. Ich persönlich hatte nichts gegen etwas rauere See, doch ohne Liam war es mir zu riskant. Da wartete ich lieber noch etwas länger.

An diesem Abend machte ich mich noch einmal auf den Weg zu Hope. Nur ein weiteres Mal hatte ich es in der ganzen Zeit geschafft sie zu treffen. Nicht gerade das, was unter „Nicht zu lange warten lassen“ fiel, doch irgendwie war in diesen Wochen alles gegen mich gewesen.

Selbst das Wetter war gegen mich. Noch bevor ich bei Hopes Anwesen anlangte fing das Unwetter an und ich war klatsch nass als ich läutete. Natürlich war es möglich, dass sie nicht zu Hause war, doch zumindest wollte ich ihr bei einem ihrer Angestellten einen Nachricht da lassen. Nur damit sie Bescheid wusste, dass ich abreisen würde.

Doch ich hatte Glück. Sie war nicht nur zu Hause, sie hatte sogar Zeit. Während ich dem Dienstmädchen folgte, welches mich zum Arbeitszimmer führte, kam ich nicht darum herum zu bemerken dass sie recht hübsch war. Innerlich schlug ich mich. An so etwas sollte ich nicht denken wenn ich wirklich vor hatte mit Hope eine ernstere Verbindung einzugehen als dieses bisherige bloße Andeuten.

„Shay. Schön, dass ihr Zeit gefunden habt.“ Hope klang, wie üblich, kühl und herablassend. Der Tonfall kränkte mich. Als wäre es ganz allein meine Schuld, dass wir uns nur so selten gesehen hatten. Sie hätte mich auf der Morrigan besuchen können, wenn sie gewollt hätte.

„Du kannst für heute Feierabend machen“; sagte sie an das Dienstmädchen gewandt. „Ich reche heute mit keinen weiteren Besuchern.“ - „Sehr wohl, Miss. Vielen Dank. Einen angenehmen Abend.“ Sie machte einen leichten Knicks und verließ das Zimmer.

Kaum hatte sich die Tür geschlossen stand Hope auf und kam auf mich zu. „Ihr seid ganz schön nass geworden. Da Draußen bahnt sich ein Unwetter an.“ Ich sah an mir runter. Meine Kleider tropften vom Regen und hinterließen Flecken auf dem Boden.

„Stimmt, doch heute war meine letzte Gelegenheit her zu kommen.“ Trotz der Kapuze waren meine Haare feucht geworden und ich strich sie zurück. „Da nehme ich ein bisschen Regen gerne in Kauf.“

„Ein bisschen Regen? Sieht mir eher nach einer Sintflut aus. Kommt. Zieht die nassen Sachen aus und wärmt euch auf.“ Ihr Ton hatte sich komplett verändert. Nun, da wir alleine waren, klang sie um so vieles freundlicher.

Sie wies auf einen Stuhl nahe dem Kamin und ich zog die Jacke aus, hängte sie über die Lehne, damit sie trocknen konnte.

„Ich hatte es die letzten zwei Abende schon einmal versucht, doch ihr wart nicht zu Hause.“ Verteidigte ich mich im Nachhinein. Immerhin hatte es bei ihrer Begrüßung so geklungen, als würde sie sich darüber ärgern.

„Ich weiß“, sagte sie, holte einen Becher aus einem der vielen Schränke und eine Flasche. Sie goss etwas ein und reichte mir den Becher. „Mein Dienstmädchen hat mir gesagt, dass ihr hier wart.“

Zögernd nahm ich den Becher entgegen und nahm einen Schluck. Es war Rum. Damit hatte ich nicht gerechnet. Warum hatte sie so etwas im Haus? Sicherlich nicht um ihn selbst zu trinken. Mir tat er nach der nassen Kälte dort draußen jedoch gut.

„Ihr habt also vor, morgen abzureisen. Sind die Reparaturen abgeschlossen?“ Sie ließ sich an dem selben kleinen Tisch nieder, an dem wir schon einmal, zusammen mit Liam gesessen hatten, und ich setzte mich zu ihr.

„Wir sind vor etwa zwei Stunden fertig geworden. Ich wollte jedoch nicht bei dem Wetter auslaufen. Das ist zu riskant.“ Erneut nahm ich einen Schluck. Der Rum wärmte und er machte mich auch etwas lockerer. Noch immer hatte ich Probleme mich in Hopes Nähe zu entspannen. Sie war eine Dame. Ich wollte keine Fehler machen.

„Eine kluge Entscheidung.“ Sie legte eine Hand auf die meine und ich spürte ihre Wärme. Meine Finger waren dagegen regelrecht kalt. „Ein Sturm ist nicht zu unterschätzen. Ihr habt zwar einiges an Erfahrung aber auch die Verantwortung für eure Mannschaft. Da ist es besser keine unnötigen Risiken einzugehen.“

Darauf fiel mir wie so oft keine passende Antwort ein. Ich sah nur auf ihre Hand, die noch immer auf der meinen lag. Wieso nur war ich bei ihr so unsicher? Sie hatte doch schon deutlich gemacht, dass es von ihrer Seite her durchaus Interesse an mir gab.

Vorsichtig drehte ich meine Hand und ihre Finger glitten in die Handfläche hinein. Zarte Finger, denen man nicht anmerken konnte zu was sie in der Lage waren. Auch wenn Hope nicht danach aussah, sie war Assassine.

„Für so schüchtern hatte ich euch nicht gehalten.“ Ihre Worte rissen mich aus meinen Gedanken und ich spürte, wie mir eine leichte Röte ins Gesicht stieg.

„Ich möchte es nur nicht verderben“, gab ich zu was sie lächeln ließ. Schüchtern war ich normalerweise nicht. Das hier war jedoch kein Spiel. Wenn ich es vermasselte würde ich ihr nicht mehr in die Augen sehen können, was sich negativ auf zukünftige Missionen und Aufträge auswirken konnte. Zu dem hatte ich keine Lust mir etwaigen Spott von Liam anhören zu müssen.

Hopes Blick wurde weich. „Ich hatte genügend Zeit euch zu beobachten und mir ein Bild von euch zu machen. Ich bezweifle, dass ihr es verderben werdet.“ Mit der freien Hand stupste sie den Becher an und ich nahm einen weiteren, kleinen Schluck. Übertreiben sollte ich es nicht mit Trinken, auch wenn ich einiges ab konnte.

„Doch ich glaube“, fuhr sie fort, „dass ihr wirklich aus diesen nassen Kleidern heraus solltet.“ Sie stand auf und trat an mich heran. „Ihr sollt euch nicht erkälten.“

Ich sah an mir herunter. Die Jacke hatte zwar einiges abgehalten, doch nicht alles. An Kragen und Ärmelsäumen war das Hemd feucht und noch immer lief ab und an ein Tropfen aus dem Haaren am Hals entlang. Zu dem war auch die Hose von den Knien abwärts durchweicht. Nur sah ich keine Möglichkeit mich hier umzuziehen. Immerhin hatte ich keine trockene Kleidung mitgebracht.

Ihre Finger glitten über meine Schulter und lösten einen angenehmen Schauer aus. War das ganze gerade eine Andeutung? Als sie eine leichte Bewegung mit dem Kopf machte stand ich auf und sie ging voran. Nicht all zu schnell. Ganz gemächlich, mit wiegendem Gang.

Sie führte mich aus dem Arbeitszimmer, zurück in die Eingangshalle und dort eine Treppe hinauf. Schweigend folgte ich und spürte, wie sich mein Herzschlag beschleunigte. Hier oben war ich noch nie gewesen. Hier waren ihre Privaträume in die sie, soweit ich wusste, noch nicht einmal Liam gelassen hatte.

Im ersten Zimmer brannte nur das Feuer im Kamin. Sonst gab es kein Licht, doch es reichte aus um zu erkennen was sie hier aufbewahrte. Schemenhaft erkannte ich Regale mit Büchern und Vitrinen, die einzelne Sammlerstücke beinhalteten. Hope hatte eine Leidenschaft für schöne, mehr oder weniger wertvolle Dinge.

Da es so dunkel war konnte ich keine der zur Schau gestellten Objekte betrachten. Dazu hatte ich auch keine Zeit, denn Hope ging durch dieses Zimmer hindurch in ein weiteres, kleineres, in dem es noch dunkler war. Ich konzentrierte mich auf ihre Schritte, denn viel konnte ich nicht mehr von ihr sehen und wollte nicht in irgend etwas hinein laufen.

Wieder öffnete sie eine Tür und ich fand mich in einem warmen, wieder durch einen Kamin, erhellten Zimmer wieder, in dem es angenehm nach Flieder duftete. Ich erkannte den Geruch nur, weil Hope mir vor einiger Zeit gesagt hatte, dass sie Flieder mochte. Ein großes Himmelbett stand an der Wand, dazu ein Kleiderschrank in dem meine gesamte Ausstattung mehr als zwei mal Platz gefunden hätte, eine Kommode und ein Frisiertisch. Sie hatte mich in ihr Schlafzimmer geführt.

Sachte schloss ich die Tür hinter mir, ließ dabei den Blick nicht von Hope, die lächelnd mitten im Raum stand. Meine Unsicherheit war verflogen. Ich musste nicht fragen warum sie mich hier her gebracht hatte. Langsam trat ich auf sie zu und als ich dieses Mal meine Arme um sie legte kam sie mir entgegen. Unsere Lippen trafen sich und während meine Hände auf die Suche nach der Verschnürung ihres Kleides waren schoben ihre Finger sich zu meinem Kragen hinauf, wo sie die Knöpfe an meinem Hemd öffneten.

Draußen tobte noch immer das Unwetter und der Wind rüttelte an den Fensterläden. Ich spürte einen Luftzug, der über meine nackte Haut strich und zog die Decke ein wenig höher. Das Feuer war heruntergebrannt und es war merklich kühler geworden. Unter der Decke dagegen war es warm.

Hope lag, den Kopf an meiner Schulter, neben mir und schlief. Es war zu dunkel um etwas erkennen zu können, doch ich ahnte, dass sie noch immer das leichte Lächeln auf den Lippen hatte, mit dem sie eingeschlafen war.

Ich dagegen war wach geblieben, hatte ihren Schlaf bewacht und sie beobachtet, bis das Licht vom Kamin erloschen war. Danach hatte ich nur noch ihrem Atem gelauscht und mich nicht getraut mich zu bewegen um sie nicht zu wecken. Auch jetzt versuchte ich möglichst wenig an meiner Lage zu verändern, als ich die Decke höher schob um sicher zu gehen, dass auch sie nicht fror.

Leicht regte sie sich, schmiegte sich jedoch nur enger an mich, was mich lächeln ließ. Die schöne, stolze Hope, die sich von keinem etwas bieten ließ und wie eine wütende Katze die Krallen ausfahren konnte, war nun ganz sanft und verletzlich. Sie war eine Frau, die „Mann“ beschützen wollte. Sie würde es nicht zulassen, dass ich sich schütze, wenn sie wach war. Daher tat ich es während sie schlief.

Irgendwann musste ich eingeschlafen sein, denn als ich die Augen öffnete fiel Licht durch die Spalten der Fensterläden und das Bett neben mir war kalt und leer. Ich hatte nicht bemerkt, dass Hope aufgestanden war und wusste daher nicht, ob sie schon länger fort war oder erst seit ein oder zwei Minuten.

Etwas mühsam richtete ich mich auf. Meine Schultern schmerzten leicht. Ich war es nicht gewohnt auf dem Rücken zu schlafen und hatte die Decke wohl nicht hoch genug gezogen. Das machte mir jedoch keine Sorgen. Sicher würde der Schmerz bald nachlassen, sobald ich ein wenig Bewegung in die Muskulatur gebracht hatte.

Mein Blick glitt umher. Auf dem Boden lagen meine Kleider verstreut. Letzte Nacht hatte ich mir keinerlei Gedanken darüber gemacht wo welches Kleidungsstück von mir landete und so brauchte ich eine Weile um alles zusammen zu suchen und mich anzuziehen. Gänzlich trocken waren die Hosen nicht, doch es gab schlimmeres. Nasse Füße zum Beispiel und die Socken waren trocken, wenn auch kalt.

Gerade als ich den zweiten Socken anzog hörte ich vor der Tür Schritte und sah auf, als die Tür geöffnet wurde. Mit einem Becher, aus dem es leicht dampfte, trat Hope ins Zimmer und blieb abrupt stehen als sie mich auf der Bettkante sitzen sah.

„Ihr seid schon auf.“ Sie klang enttäuscht und ich begriff. Sie hatte mich mit dem Becher Tee oder was es auch war, wecken wollen. Hätte ich das geahnt, wäre ich liegen geblieben. Nun hatte ich ihr diesen Moment verdorben.

„Ihr seid ebenfalls schon auf, und offenbar länger als ich.“ Denn Hope war komplett angezogen, frisiert und hatte sich in der Küche betätigt. Oder jemanden darum gebeten sich dort zu betätigen. Ich hatte keine Ahnung wie viel Personal sie beschäftigte und wann diese hier auftauchten. Möglicherweise blieben auch einige im Haus.

Ich stemmte mich vom Bett hoch und trat auf sie zu. „Es war ein sehr einsames Aufwachen.“ Etwas, das ich als kein gutes Zeichen deuten konnte. Vielleicht hatte sie es heute morgen bereut was in der letzten Nacht zwischen uns gewesen war.

„Ihr saht sehr friedlich aus, als ich aufgewacht bin. Da wollte ich nicht stören.“ Sie hielt mir mit einem Lächeln den Becher hin. Es war Kaffee darin. Bislang hatte ich erst ein Mal Kaffee getrunken und das war Jahre her. Für gewöhnlich hielt ich mich an Tee und selbst den bekam ich nicht jeden Tag.

Das Gebräu war heiß und süß. „Zucker?“ fragte ich daher und nahm schmunzelnd einen weiteren Schlucke. Hope lächelte noch etwas breiter.

„Damit schmeckt er gleich viel besser“, gab sie zurück. Offenbar erleichterte es sie, dass es mir zusagte. „Unten ist das Frühstück fertig. Sicher habt ihr nichts gegen eine Stärkung, bevor ihr euch auf See begebt.“

Wieder auf See... Ich hatte nun wirklich keine Lust mich auf den Weg zur Siedlung zu machen. Nicht nach der letzten Nacht. Sicher sah sie mir das an, denn sie gab mir einen sanften Kuss auf die Wange. „Schaut nicht so traurig, Shay. Wir sehen uns bald wieder.“

Diese Worte hatte ich noch immer im Kopf als ich gut eineinhalb Stunden später den Befehl zum Ablegen gab. „Wir sehen uns bald wieder.“ Ich hoffte, dass sie Recht behielt. Es gab einfach zu viele Dinge die sie daran hindern konnten zur Siedlung aufzubrechen. Oder aber Schiffe, die sich dazu entschlossen uns zu versenken.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Blue_StormShad0w
2019-03-28T12:36:28+00:00 28.03.2019 13:36
Guten Tag.
Sehr romantisch! (^^)
Na, das lief für Shay ja ziemlich gut, dass er seiner Angebeteten näher kommen konnte.
Werd' mal weiterlesen, bis gleich.


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