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Casino Wonderland

Between midnight and tomorrow
von

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The Girls Desire

Ah, da seid ihr ja wieder. Gut, gerade rechtzeitig zum Tee. Nehmt euch doch eine Tasse und setzt euch zu mir, ich habe viel zu erzählen. Wie wäre zum Beispiel die Geschichte von Fürst Winter und wie er den Juli bezwang? Oder soll ich euch vom Rabenmann und seinen 14 Töchtern erzählen? Oh nein, ich sehe schon, ihr wollt mehr von dem Mädchen ohne Herz hören und den Dingen die ihm im Haus begegneten. Alles zu seiner Zeit, alles zu seiner Zeit. Seltsame Ausdrucksweise, nicht wahr? Alles zu seiner Zeit. Zu wessen Zeit? Wer ist er? Oder es? Spielt das Sprichwort in diesem Zusammenhang vielleicht auf das Mädchen an? Denn Sprichwörter müssen stets im Zusammenhang betrachtet werden. Nun, das wäre in diesem Falle aber schlicht falsch, denn das Mädchen hatte nicht viel Zeit. Ihr müsst wissen, die Zeit gab jedem von uns ein wenig von sich selbst. Manchen mehr, manchen weniger. Das Mädchen hatte nicht sehr viel Zeit bekommen und das meiste auch schon zurück gegeben, übrig war nicht mehr als ein klein wenig Bodensatz. Vielleicht noch einige Wochen, mehr nicht. Interessanterweise ahnte sie davon nichts, schließlich weiß niemand wie viel Zeit ihm gewährt wurde. So sehr die Zeit auch versucht uns zu verstehen, sie wird nie ganz begreifen was die Menschen ausmacht. Sie werden niemals ein Geschenk annehmen können ohne mehr zu wollen. Die Zeit ist nicht grausam, sie dachte sie macht uns eine Freude mit der Zeit die sie uns schenkt. Niemals hätte sie geahnt, dass wir so darunter leiden würden. Denn es sind nicht die Dinge die einem fehlen die Leid verursachen. Es sind die Dinge die man verliert.

Also, was bedeutet hier alles zu seiner Zeit? Nun, ich weiß wessen Zeit hier gemeint ist. Ihr kennt doch sicher den Spruch im Bezug auf Kasinos "Das Haus gewinnt immer", oder? Nun, im Kasino Wonderland trifft dies nicht mehr zu. Schon lange gewinnt jemand anders immer. Ich bin sicher der Spruch meint seine Zeit.

Also, alles zu seiner Zeit.
 

Kaum war das Mädchen durch die Tür getreten, zaghaft wie ein junges Reh, begann es bereits sich zu wundern. Wo war sie hier gelandet? Was war dieser Ort? Und wieso war er hier unten, am Boden dieses kolossalen Loches? Er wirkte viel zu vornehm. Er war dunkel und...groß. Wie groß genau der Raum war, der vor ihr lag, konnte das Mädchen nur erahnen. Die Wände aus dunklem Stein liefen links und rechts von ihr in die Schatten, verschwammen zunächst ehe sie vollkommen unsichtbar wurden. Wenn man seine Gedanken nur ein wenig zu weit schweifen ließ, konnte man sich leicht vorstellen das der Raum einfach rechts und links bis ins unendliche weiter ging. Doch was wenn man seine Gedanken noch weiter schweifen ließ und sie nicht mehr wieder fand? Wenn sie sich in den unendlichen Weiten dieses Raumes verloren gingen und nie mehr wieder zurück kamen? Das Mädchen erschauderte bei dem Gedanken.

"Unmöglich!" wisperte sie, um sich selbst Mut zuzusprechen.

Das eine Antwort kam, damit hatte sie nicht gerechnet.

"Bist du dir da sicher?"

Erschrocken sah das Mädchen auf, vergaß für einen Moment die Wände und die unendlichen Schatten welche sie warfen. Stattdessen blickte sie vor sich. Der Boden war ein Parkett aus dunklem Holz, geradezu übermäßig dunkel in diesem ohnehin recht schattenreichen Milieu. Im starken Kontrast dazu war ein leuchtend roter Teppich, welcher von der Tür aus weit in den gigantischen Raum reichte. Wie ein roter Faden führte er, schnurgerade, durch die Schatten hin zu einem Tresen, welcher in der Ferne winzig und unbedeutend wirkte. Doch das er bedeutend war, daran zweifelte das Mädchen nicht. Wieso sonst sollte dieser rote Teppich dort hin führen? So weit weg wie der Tresen war, würde sie sicher Stunden brauchen um ihn zu erreichen.

"Hab keine Angst, manchmal trügt der Schein"

"Manchmal aber auch nicht"

"Manchmal schon"

"Manchmal nicht"

Das Mädchen reckte den Kopf um zu sehen zu wem die Stimmen gehörten, doch der Tresen war einfach zu weit weg. Unmöglich dort hin zu kommen, vollkommen unmöglich. Besser wäre es, es gar nicht erst zu versuchen. Oder noch besser, umzudrehen und wieder zu gehen. Wieder durch die Tür hinaus, zurück zur Uhr. Die könnte ihr vielleicht sagen wie sie wieder hoch kam, raus aus dem Loch und...

...und was dann? Zurück in ihr Bett und darauf warten das ihr Herz irgendwann tatsächlich aufhört zu schlagen? Auf den Tod warten? Nein, das war falsch, falsch in jeder Hinsicht. Man wartete nicht auf den Tod, man lief vor ihm davon und versteckte sich. So war es doch, oder? Also gab es nur einen Weg, vorwärts.

"Die Uhr hat gesagt ist träume..." sagte das Mädchen erneut zu sich selbst, um sich Mut zu machen, und schritt voran.
 

Es brauchte nur drei Schritte und sie war dort.
 

Vor ihr ragte ein Tresen auf, der ihr bis zur Brust ging und über den das Mädchen nur knapp hinweg schauen konnte. Es war unschön und sie mochte diesen Tresen nicht, er gab ihr das Gefühl ein kleines Kind zu sein. Wie ein kleines Kind lugte sie, dennoch neugierig, über den Tresen auf die beiden Gestalten die dahinter standen. Sie glichen sich wie ein Ei dem anderen, wobei Ei ein sehr passender Vergleich war. Sie waren hochgewachsen und stämmig, um nicht zu sagen fett, und ihre Köpfe waren vollkommen rund, bleich und kahl. Kleine, stechende Augen lugten zwischen den feisten Wangen und der wulstigen Stirn hervor. Sie waren gekleidet in Anzüge die vermutlich mehr Stoff verbrauchten als zehn normale Anzüge. Sie mussten Zwillinge sein, wirklich ausnehmen hässliche Zwillinge. Einer der beiden trat von einem Bein aufs andere und lächelte das Mädchen nervös an, der andere blätterte abwesend in einem Buch.

"Ah, da bist du ja. Gut gut, ich dachte schon du hättest vergessen wie man läuft" sagte der lächelnde Zwilling.

"Wir dachten das" fügte der lesende Zwilling hinzu.

"Ich bin Dideldum und das hier ist Dideldei"

"Idiot. Ich bin Dideldum, du bist Dideldei"

"Wir sind zuständig für den Empfang..."

"...und Abschied..."

"...im Kasino..."

"...Gefängnis..."

"...Wunderland!"

Der lächelnde Zwilling hüpfte zufrieden mit sich auf und ab während der lesende Zwilling eine Partytröte hervorholte und halbherzig hinein pustete. Das Mädchen war nach dieser sprunghaften Vorstellung nur noch verwirrter als vorher, es schaute mit nach Hilfe suchendem Blick von einem zum anderen. Der lächelnde Zwilling, scheinbar hieß er Dideldei, rieb sich die Hände und ergriff erneut das Wort.

"Und du? Wie heißt du?"

"Ich heiße ..." antwortete das Mädchen, erleichtert zumindest die Antwort auf diese Frage zu wissen.
 

Im Gegensatz zu mir. Ich muss leider gestehen, ich habe den Namen des Mädchens vergessen. Nicht weil ich vergesslich bin, ich erinnere mich üblicherweise an alles was in und um das Haus geschieht. Nein, der Grund wieso ich den Namen des Mädchens nicht mehr benennen kann ist ein anderer. Doch ich kann ihn euch nicht sagen. Noch nicht. Wie gesagt, alles zu seiner Zeit.
 

Dideldei blickte das Mädchen verwundert an und sogar Dideldum hob seinen Kopf vom Buch.

"Das ist aber ein überaus faszinierender Name. Heißen bei euch alle so?"

Das Mädchen schüttelte den Kopf.

"Nein, nur ich. Ich kenne noch nicht einmal jemanden mit diesem Namen"

Dideldei und Dideldum schauten sich gegenseitig an und rieben ihre fleischigen Wangen.

"Seltsam, überaus seltsam. Nun Mädchen, wieso bist du hier? Was ist es wonach du suchst?"

Verwundert starrte das Mädchen Dideldei an, welcher die Frage gestellt hatte. Dieser merkte ihre Verwirrung und hob einen dicken Finger.

"Nun, alle die ins Kasino Wunderland kommen suchen etwas..."

"...etwas was sie mehr als alles andere begehren..."

"...es beschäftigt sie..."

"...verschlingt sie..."

"...doch sie können es nicht bekommen"

"Vollkommen unmöglich"

"Darum finden sie her..."

"...in ihren Träumen..."

"...und spielen darum. Wenn sie es nirgends sonst bekommen können, dann können sie es hier bekommen"

"Hier, im Kasino, kann man Alles bekommen"

Da war es wieder. Das Wort, welches das Mädchen draußen bei der Uhr lassen wollte. Alles. Nun, jetzt war es zu spät. Jetzt musste sie es mit sich herum schleppen bis sie die Uhr wieder finden und ihr das Wort zurück geben könnte. Doch bis dahin, vielleicht könnte das Alles ihr nützlich sein.

"Alles? Wirklich alles?" fragte das Mädchen, nun etwas mutiger.

Dideldum und Dideldei nickte synchron.

"Auch ein..." das Mädchen zögerte. Was wenn sie nein sagten? Doch halt, sie sagten Alles. Wirklich alles.

"...neues Herz?"

Dideldei lächelte verständnisvoll während Dideldum seinen Blick wieder auf sein Buch senkte.

"Du wirst darum spielen müssen..."

"...oder es lassen..."

"...wenn du ein neues Herz haben willst. Pass jedoch auf, der Einsatz wird hoch sein..."

"...geradezu unbezahlbar..."

"...also überlege dir gut wen du herausforderst"

Das Mädchen war verwirrt. Spielte man in einem Kasino nicht gegen das Haus? Das hatte sie zumindest in einem Film gesehen, den ihre Mutter ihr ins Krankenhaus gebracht hatte als sie alt genug dafür war.

"Ist dies nicht ein Kasino? Ich dachte in einem Kasino spielt man gegen das Haus"

Ihre Frage brachte nichts als ein spöttisches Grunzen von Dideldum und ein nahezu beschämtes Kopfschütteln von Dideldei hervor.

"Nicht mehr. Es haben sich Dinge geändert..."

"...drastisch, könnte man sagen..."

"...und nun hat das Haus keine Zeit mehr gegen jeden zu spielen. Nur noch wenig Zeit, in der Tat"

Dideldum und Dideldei schauten zeitgleich auf die goldenen Uhren an ihren feisten Handgelenken.

"Du musst nun gehen. Wir haben nicht die Zeit hier mit dir zu reden..."

"...und können sie uns auch nicht nehmen..."

"...aber du wirst sicherlich verstehen wenn du erstmal drin bist"

Daran zweifelte das Mädchen nicht, dennoch hätte sie noch gerne mehr erfahren. Doch es schien tatsächlich so als würden Dideldum und Dideldei nicht weiter reden wollen, stattdessen wandten sie sich einander zu und zupften sich gegenseitig die Anzüge gerade. Sobald die beiden Anzüge tadellos saßen, was erstaunlich bei solch unförmigen Leibern war, wandten sie sich wieder dem Mädchen zu und hoben ihre Hände über zwei für das Mädchen nicht sichtbare Knöpfe.

"Halt dich gut fest..."

"...und lass los..."

"...aber was das wichtigste ist..."

Damit drückten sie auf die Knöpfe, woraufhin sich unter dem Mädchen der Boden auftat. Sie kam nicht einmal mehr dazu zu schreien, sie riss nur die Arme in die Höhe und stürzte in die bodenlose Tiefe.
 

"...hüte dich vor dem weißen Kaninchen!"



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