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Hundstage

Kein Hund wie jeder andere
von

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Hochzeitsnacht


 

I

zayoi hatte Schluck um Schluck das Mineralwasser getrunken, sich dabei bei ihrer neuen Zofe erkundigt, was eigentlich deren Aufgabe wäre. Zeit gewinnen, hatte sie unwillkürlich gedacht. „Ich hatte bislang keine,“ hatte sie zugegeben. Sie saß an dem kleinen Tischen im Wohnzimmer, die beiden Dienerinnen knieten an der Tür. Sie hatten versichert, dass dort ihr Platz wäre und oyakata-sama alles andere als Missachtung seiner Gemahlin auslegen könnte. Izayoi lag nichts ferner als die Zwei einer ungewissen Strafe auszuliefern und hatte zugestimmt.

„Oh, dann binden Sie allein den Kimono?“ Misako hatte den prompt gemustert.

„Nein, eben das Hausmädchen. Sie und ich lernten es von Takeshi-sama. Mein Vater hatte sie angestellt, damit sie mir beibringen solle, wie ... nun, wie man sich unterhält und Tee zubereitet.“

„Ah, dann wird Ihnen das Teehaus im Garten gefallen, Izayoi-sama.“ Akiko lächelte. „Ich war ja noch nie drinnen, aber von außen sieht es reizend aus. Man geht durch ein Tor, durch den Garten, über einen Bach.“

Misako nickte kurz. „Ich verstehe, was oyakata-sama an Ihnen fand. Es gibt nicht viele moderne Mädchen, die das können, schön sind und wohl auch Mitgift haben. Die meisten modernen Mädchen haben Dummheiten im Kopf, Fernsehgucken und so etwas.“

Das klang mehr nach Erzieherin als nach Dienerin und Izayoi beschloss ihre DVDs erst einmal im Koffer zu lassen.

„Misako!“ Akiko hatte einen Blick auf die Armbanduhr geworfen. „Es ist schon halb sechs Uhr!“

„Es wird Zeit, ja. - Izayoi-sama, was möchten Sie essen?“

Die junge Dame hatte seit dem Frühstück nichts zu sich genommen, aber das Wechselbad der Gefühle heute war auch nicht danach gewesen ihren Appetit anzuregen. Allerdings sollte sie wohl höflich sein. „Nur eine Kleinigkeit. Ich … ich bin sehr aufgeregt.“

„Ich werde Ihnen eine Schüssel Ramen besorgen, sättigend und leicht.“ Die Zofe erhob sich. „Es ist normal, dass Sie aufgeregt sind, Izayoi-sama.“

Sie ging und Akiko sah ihre neue Herrin an. „Sie sind aufgeregter als Sie es bei einem Menschen wären, nicht wahr?“

„Verständlich, oder?“ Izayoi entsann sich, dass Akiko mit einem Youkai verheiratet war. „Warst du das auch?“

„Nein, aber das war auch mehr … spontan. Ich hatte meinen Mann schon öfter gesehen, abends am Strand. Er sah so gut aus und ich hatte mich in ihn verliebt. Wir hatten uns schon öfter unterhalten, und eines Abends … naja.“ Akiko wurde etwas rot. „Wir haben später geheiratet, aber seine Familie war mit einem Menschen nicht so ganz einverstanden. Deswegen leben wir hier, bei oyakata-sama. Er war schon immer sehr tolerant gegenüber Menschen. - Sie sind eine junge Dame, sicher sehr behütet erzogen, aber ich denke doch Sie wissen aus der Schule oder dem Internet ungefähr wie es abläuft.“

Izayoi zögerte. Sollte sie fragen, was sie befürchtete? Aber Akiko klang so ehrlich verliebt in ihren Mann, so gar nicht verschreckt. So erkundigte sie sich: „Ist dein Mann auch ein Inuyoukai, wenn er hier in der Wache ist?“

„Nein, eine Fledermaus.“ Sie sah den Blick ihrer jungen Herrin und lachte auf. „Ja, so gucken alle immer. Ich habe ihn noch nie fliegen sehen. Nur seine Eltern. In Menschenform sieht er wirklich nur wie ein Mensch aus. - Essen Sie und dann machen Sie sich ein wenig frisch. Ich bin sicher, dass oyakata-sama um halb neun hier sein wird. Er hält stets sein Wort.“

 

Izayoi hatte nicht gewusst wie groß ein Teller Ramen sein konnte, aber unter den besorgten Blicken ihrer neuen Dienerinnen zwang sie sich jede Nudel mit den Stäbchen einzusammeln, den Rest zu trinken. Zugegeben, danach war ihr wärmer und sie fühlte sich besser. „Ich gehe dann duschen,“ verkündete sie, als ihr etwas Grässliches einfiel. „Oh, ich Närrin! Ich habe vergessen mir Nachtkleidung einzupacken!“

„Es liegt einiges im Ankleidezimmer,“ beruhigte Misako sofort. „Ich werde Ihnen etwas in das Bad bringen, nachdem ich Ihnen mit dem Kimono geholfen habe.“

Eine Zofe zu haben war ein Vorteil, dachte Izayoi. Misako beherrschte diese Bewegungen ebenso gut wie Takeshi-sama, vermutlich konnte man sie um drei Uhr nachts wecken und sie würde noch immer keinen Fehler begehen. Der Taishou war wirklich großzügig gewesen. Sogar an Nachtkleidung hatte er gedacht. Und das, obwohl er doch, wie er selbst gesagt hatte, widerwillig in diese Ehe gegangen war. Immerhin hatte auch Akiko gemeint, dass er menschenfreundlich sei. Vielleicht würde er ihr nicht so arg wehtun? Sicher, er hatte gesagt, er würde sie nicht schlagen, aber, was wusste sie schon von den abartigen Sitten, die Youkai bei der Paarung haben mochten? Inuyoukai, zumindest, wenn Akiko nicht gelogen hatte und ihr Fledermausmann nicht so grässlich war? Bissen sich Hunde nicht ins Genick oder so etwas? Vielleicht hatte der Taishou Akiko auch nur herbestellt, um mit dieser Erzählung seine Braut ruhig zu stellen, dass sie nicht davon lief? Wohin hätte sie denn sollen?

 

Sie drehte das warme Wasser mit einem inneren Seufzen ab, da sie hörte, dann Misako bereits wieder neben der Dusche stand. „Was ist?“ Sie öffnete die Augen und suchte durch die beschlagene Glasscheibe nach der anderen Frau.

„Es ist Zeit, Izayoi-sama, wir müssen Ihre Haare noch föhnen, und, so wundervoll sie auch sind, ich denke, das dauert.“

Das stimmte freilich, aber irgendwie stieß es die junge Braut ab, dass sie so perfekt gemacht werden sollte. Nicht um ihretwillen, das war wohl am Schlimmsten. Sie langte hinaus und fühlte sofort ein Handtuch an sich gedrückt, um sich geschlungen. Nun ja, es half ja wohl nichts. Wenn sie sich ihrem Ehemann nicht als Vogelscheuche präsentieren wollte, ihn damit möglicherweise verärgern wollte, musste sie sich wohl Misako überlassen. „Eine Creme?“

„Keine Creme. Und, wie Sie vielleicht bemerkt haben, auch kein Parfüm im Duschgel oder Haarwaschmittel. Youkai mögen intensive Gerüche nicht so. Das ist im gesamten Schloss verboten.“

„Er … er hatte nichts zu meinem Parfüm gesagt.“ Aber das sollte sie dann wohl weglassen. Izayoi entdeckte jetzt auf einem Hocker das bereit gelegte Nachthemd aus hauchfeiner Spitze. „Oh nein, das … das ziehe ich nicht an! Es muss doch etwas anderes geben? Suche etwas … etwas Besseres. Ich föhne mich inzwischen.“

„Nicht so durchsichtig, meinen Sie, Izayoi-sama?“ Aber die Zofe ging. Sie hatte schwer vermutet, dass der Hausherr genau für diese Nacht an dieses Gewand gedacht hatte, aber wenn die Dame nicht wollte … Es gab auch ein Seidennachthemd, das der anscheinend recht keuschen Izayoi eher gefallen würde. Schön, wenn es noch altmodisch erzogene Mädchen gab, die Anstand, Moral und Sitte kannten. Es hatte schon seinen Grund gehabt, warum sie sich in einen fürstlichen Haushalt der Youkai beworben hatte, auch, wenn es sie zugegeben überrascht hatte, dass die neue Herrin ein Mensch sein würde.

 

Genau zehn vor halb neun stand Izayoi in ihrem Schlafzimmer, bis fast zu den Füßen und den Handgelenken in einen weißen, seidenes Hemd gehüllt, das lange, schwarze Haar glänzend gebürstet. Ihre Dienerinnen verneigten sich.

„Wir gehen nach Hause. Oyakata-sama wird gleich kommen,“ verhieß Misako, ehe die Beiden verschwanden und die Tür zuzogen.

 

Für die junge Braut hörte sich der leise Laut der Schiebetür wie der eines Tors an. Ja. Er würde gleich kommen. Und dann, dann war sie mit ihm allein und …? Sie unterdrückte mühsam ihre Tränen. Hatte sie nicht gedacht, sie würde sich eben in der Hochzeitsnacht umbringen? Nur wie? Es gab in diesen so wohl aufgeräumten, altmodischen, Räumen nichts. Selbst dieser Ausweg war ihr versperrt. Es lag allein an ihr. Vielleicht gelang es ihr ihn mit Worten zu besänftigen, ihm klar zu machen, dass sie sich fast zu Tode fürchtete, vor ihm, vor den Youkai, vor der neuen Situation?

Vielleicht musste sie sich auch damit trösten, dass wenigstens Vater und Bruder noch ihre Ehre behalten hatten, das Haus, die Bank, aber sie musste auch daran denken, als heute Mittag, auf dem Parkplatz vor dem Rathaus, der Taishou gesagt hatte, er wolle ihre Augen, und sie sich so gefürchtet hatte, weil sie ihn missverstanden hatte, Vater und Naraku gegangen waren. Sie hatten nicht einmal nachgefragt. War es ihnen so gleich gewesen? Oder hatten sie gewusst, dass es sich um einen Irrtum handelte?

Ihr Blick fiel auf den Wecker auf dem Nachttisch. 8.27.

Hörte sie IHN schon?

In jäher Panik flüchtete sie hinter einen Stuhl, der, wie sein Pendant an einem kleinen Tischchen stand, ohne dass sie darin einen Sinn begriff. Lächerlich, geradezu, das würde keinen Youkai, erst recht keinen Daiyoukai, aufhalten, aber es war der einzige, jämmerliche, Halt, den sie noch hatte, und so umklammerte sie fest die Lehne.

 

Der Inu no Taishou schritt langsam vom Eingang des Schlosses hinüber zu dem kleinen Pavillon. Er wusste, dass sich alle Youkai höflich zurückgezogen hatten. Nun ja, er hätte es auch keinem durchgehen lassen ihn zu bespannen, und auch den Pavillon zur Tabuzone erklärt.

Er spürte, dass er noch immer zornig auf Onigumo war, aber er sollte das zurückdrängen, Selbstbeherrschung wahren. Izayoi war dessen Tochter, aber sie war jetzt auch und vor allem seine Ehefrau.

Wieder eine Hochzeitsnacht. Nun, er war älter und würde hoffentlich nicht mehr den gleichen Fehler begehen, für den er dann so bestraft worden war.

Brennend stieg die Erinnerung auf, an eine wunderschöne Inuyoukai auf ihrem Lager.

„Tun Sie mit mir, was Sie wollen,“ hatte sie gesagt. Und er war jung und unerfahren genug gewesen zu glauben, das sei ein interessantes Angebot für den frischgebackenen Herrn der Hunde. Narr, der er gewesen war. Es war ihr Vater gewesen, den er getötet hatte, ihr Schloss, das er erobert hatte, sie, die er zur Heirat gezwungen hatte. Sie hatte genau getan, was sie gesagt hatte. Er konnte kommen, sich nehmen, was er wollte, und wieder gehen.

Das war alles. In dieser Nacht und allen folgenden.

Sie bewegte sich nie. Er wurde stumm, mit geschlossenen Augen, erduldet, erlitten.

Als er das verstand, begriff, dass sich das nie wieder ändern würde, hatte er ihr geschworen, dass seine Besuche mit einer Schwangerschaft aufhören würden und sie nach der Geburt eines Sohnes sich zurückziehen könnte, wohin auch immer. Endlich hatte sie sich etwas entspannt, wenngleich noch immer nicht bewegt.

Nach Sesshoumarus Geburt hatte er sie gehen lassen, offiziell verbannt. Er hatte einen Ruf zu wahren. Sie waren allerdings tatsächlich zu einer Art Freunden geworden.

Aber diese Beschämung seines männlichen Stolzes brannte noch immer in ihm und die Umarmungen hundert anderer hatten das nicht auslöschen können.

Jetzt hatte er wieder eine Ehefrau. Es ging um gemeinsame Jahre, Jahrzehnte, selbst mit einem Menschen. Und er hatte gelernt, dass eine Vergewaltigung ein verdammt schlechter Anfang war.

 

Izayoi zuckte zusammen. War das nicht die Tür draußen gewesen? Jetzt die zum Wohnzimmer? Behutsam aufgeschoben und wieder geschlossen. Sonst lautlos näherte er sich, unaufhaltsam wie das Schicksal. Ihre Schlafzimmertür wurde beiseite geschoben. In dem Tränenschleier vor ihren Augen konnte sie nur eine weiß gekleidete, weißhaarige Gestalt entdecken. Instinktiv wich sie zurück an die Wand, presste ihre Hände dagegen. Am Liebsten wäre sie darin verschwunden.

Der Taishou musterte sie. Ein Kaninchen, das sich in einer Falle gefangen hatte – oder eine in die Enge getriebene Ratte? Was wusste sie von den Machenschaften ihres Vaters? Auf jeden Fall sollte er sie erst einmal beruhigen, für den Fall, dass sie unschuldig war. Er benötigte zu diesem Thema eine klare Antwort. Und die würde er jetzt bekommen. „Guten Abend, Izayoi.“

Sie hob abwehrend die Hände, als ob diese Verteidigung ihn auch nur aufhalten würde. „Bitte nicht, bitte, tun Sie mir nicht weh!“

Er sah sich kurz um, nahm dann den anderen Stuhl und setzte sich, demonstrativ Meter von ihr entfernt. „Schön, dann reden wir. Hier kann uns niemand zuhören, hier sind nur wir beide. Ich denke doch, wir haben einiges zu bereden. Setzen Sie sich. Und erklären Sie mir, warum ich Ihnen wehtun sollte. Ich habe Ihnen doch mein Wort gegeben, dass ich Sie nicht schlagen werde.“

Er saß Meter weg von ihr. Wie ein ängstliches Tier nahm sie es als Zusage, dass er ihr für den Moment wirklich nichts tun wollte, nicht ahnend, dass er sie auch auf diese Distanz mit einer Bewegung töten könnte. So löste sie sich von der Wand und setzte sich, noch immer zitternd, auf den Stuhl und verschränkte die Hände im Schoss um sich zu beruhigen, atmete tief durch.

„So ist es besser,“ meinte der Taishou, der wittern konnte, dass sie von vollständiger Panik zur Furcht zurückgekehrt war. „Nun, wie kommen Sie auf die törichte Idee, ich würde Sie verletzen wollen? Weil ich ein Youkai bin? Ein Mann? Oder hat das einen anderen Grund?“

„Einen anderen Grund, nein,“ stammelte sie verwirrt. Dann fiel ihr ein, dass ihr Vater ihn wohl zu dieser Ehe getrieben hatte. Vermutete der Taishou etwa, sie habe Angst, er wolle sich an ihr rächen? Ach, es ging doch bestimmt nur um etwas Geschäftliches. „Ihre Hände,“ gestand sie dann verlegen. Sie sollte ihn nicht anlügen.

Er hob die Klaue. „Glauben Sie mir, ich kann damit sehr feinfühlig handeln. Und weiter? Ich dachte, in diesen modernen Zeiten wissen auch junge Frauen, was körperliche Liebe ist.“ Zumindest hatten seine letzten menschlichen und dämonischen Geliebten es behauptet. Ein Vergnügen, das er sich versagen würde, solange Izayoi lebte.

Sie wurde rot. Doch er bemühte sich offensichtlich freundlich zu sein, sie zu beruhigen, da sollte sie ihn nicht verärgern. Aber, das war so peinlich. „Ich weiß, wie es bei Menschen geht … Ich meine, Sie sind ein Inuyoukai.“

Er blinzelte etwas, um sie nicht durch ein Lächeln zu kränken, als ihm bewusst wurde, auf welches Körperteil sie vermutlich anspielte. „Ich verstehe. Bei einem Menschenmann wären Sie aufgeregt, aber nicht ängstlich?“

„Ich … ich denke, ja.“ Hoffentlich fragte er nicht weiter.

„Warum haben Sie in diese Ehe eingewilligt, wenn Sie solche Angst vor Youkai haben?“

Izayoi starrte auf ihre Hände. Was sollte sie dazu sagen?

„Ich werde auf einer Antwort bestehen.“ Es klang sanft, war aber eine eindeutige Drohung.

So gab sie nach. „Mein Vater, mein Bruder ...“

„Sie stecken in einer finanziellen Klemme, ich weiß,“ half er.

„Sie sagten, wenn ich heirate, würden sie die Zeit überbrücken können, bis wieder Geld da ist. Sonst müssten sie rituellen Selbstmord begehen, um die Familienehre zu retten.“

„Und Sie sollten stattdessen das Opfer sein?“ Sie hatten sie also emotional erpresst.

„Mein Großvater war Fürst Toko. Er … er hinterließ mir einiges Geld, das zum Teil ja Sie bekommen, zum Teil meine Familie. - Können Sie meinem Vater nicht helfen die Bank zu halten?“ Sie sah zu ihrem Ehemann hinüber und begegnete einem goldenen, und doch so eisigem, Blick, der sie schaudern ließ. „Ich frage nicht mehr,“ beteuerte sie. „Bitte, verzeihen Sie mir.“

Der Taishou streifte seinen Zopf und die Fellteile über der Stuhllehne gerade, ehe er langsam bemerkte: „Sie haben da etwas nicht ganz verstanden, meine liebe Izayoi. Ihr Vater ist offenbar dabei betrügerischen Konkurs zu begehen, eine Straftat, für die man im Gefängnis landet. Ihr Halbbruder spielt um hohe Geldsummen, die natürlich auch irgendwo der Firma abgenommen werden müssen. Um sich beide aus diesen Problemen zu befreien, nehmen sie Sie, ihr eigen Fleisch und Blut, und werfen es einem Youkai vor. - Die Gegenfrage, warum ich Sie heiratete, ist einfach. Ihr Vater erpresste mich mit einer Aussage Ihres Bruders. Um meinen Sohn zu retten, ja, die Verträge, musste ich zustimmen. Wie ich Ihnen bereits sagte: ich habe Sie geheiratet, ich werde Sie beschützen und für Sie sorgen. Aber erwarten Sie nicht, niemals, dass ich Ihrer Familie das verzeihe. Auch nicht die Ängste, die Sie heute und wohl auch gestern durchgestanden haben, übrigens.“

Sie hob ruckartig des Kopf, als ihr der letzte Satz ins Bewusstsein drang. Er meinte das wirklich ernst. Sie war seine Ehefrau und er würde sie beschützen, gegen jeden. Nein, er würde ihr nichts tun, nicht sie schlagen, vermutlich nicht einmal gegen ihren Willen in ihr Bett gehen. „Danke,“ war die einzig richtige Antwort darauf.

Endlich einmal diese dunklen Augen ohne Tränen zu erblicken freute ihn Aber er sah sich zu einer Warnung gezwungen. „Ich möchte Sie daher dringend ersuchen, wenn Sie in der Stadt einkaufen oder sich mit Freundinnen zusammenfinden, sich nicht ohne meine Kenntnis mit Ihrer Familie zu treffen oder gar das Haus oder die Bank zu betreten.“ Nun, nicht, bis beides ihm gehörte, aber wozu sie wieder erschrecken. Aus diesem Wirtschaftskrieg sollte er sie heraushalten.

Izayoi atmete tief durch. Nun, das war keine Bitte, das war ein klarer Befehl. Aber, wenn es stimmte, was er eben gesagt hatte, und sie sah keinen Grund daran zu zweifeln … So sachlich wie möglich antwortete sie mit geradem Rücken: „Ich kenne jetzt Ihre Ursache für unsere Heirat. Und ich werde Ihnen keine Veranlassung geben meine Loyalität zu Ihnen in Frage zu stellen, Taishou. Ich habe Ihnen Gehorsam und Pflichterfüllung im Vertrag zugesagt und das werde ich halten. Ich werde außer dem Leibwächter auch stets eine der Damen mitnehmen.“ Vater hatte diesen Mann mit seinem Sohn erpresst sie zu heiraten? Es war beeindruckend, dass der Daiyoukai das nicht sie entgelten ließ. Ihre Angst hätte einen guten Grund gehabt, hätte sie das gewusst. Und sie hatte sich ausgenutzt gefühlt?

Der Inu no Taishou erlaubte sich ein leises Lächeln. „Sie sind schön, klug und ehrlich, Izayoi. Ich frage mich gerade wirklich, wie ein Mann wie Onigumo das in die Welt setzen konnte. Ich hätte gern Ihre Mutter kennengelernt. Prinzessin Miharu Toko, nicht wahr?“

„Ja.“ Natürlich hatte er sich über sie vor der Eheschließung erkundigt. Sie sah ihn an. Er lehnte da nachlässig auf dem Stuhl, diese seltsamen Fellteile und den Zopf hinter sich, ohne Zweifel elegant, selbstbewusst. Aber er wirkte auf sie nicht mehr bedrohlich. Sie war sicher, dass er Ehre besaß und sich an sein Wort halten würde. So lächelte sie ihn an, wenngleich etwas zögernd.

 

Der Herr der Hunde sah es zufrieden. Sie war unschuldig und kam etwas näher. Gut. Weiter sollte er wohl heute nicht gehen. Er stand auf und bemerkte gleich, dass sie instinktiv zusammenzuckte. „Nun, Sie hatten einen langen Tag voller Aufregungen, meine Liebe. Ich würde Sie daher gern schlafen lassen.“ Wie sie sofort aufatmete. „Es gibt nur ein kleines Problem – der ewige Klatsch der Dienstboten. Beide Arten, muss ich leider sagen. Es würde meinem Ruf und dem Ihrer Schönheit schaden, fände Misako morgen kein Blut in Ihrem Bett. Ich werde dafür sorgen.“ Er ging hinüber und schob sich den Ärmel empor.

„Warten Sie!“ Izayoi erhob sich, bemüht zu helfen, als sie verstand, dass er wieder vorhatte, diesmal sie beide, zu beschützen. „Ich meine, ich weiß, dass die Frau dabei verletzt wird. Aber, man kann doch das Blut eines Youkai und eines Menschen unterscheiden?“

Er sah sie etwas erstaunt an. „Ja, Youkai sicher. Aber ich werde Ihnen nicht wehtun. Und ein Youkai sollte hier nicht hereinkommen.“

Sie musterte ihn kurz, dann streckte sie entschlossen den Arm aus. „Nehmen Sie mein Blut. Das ist wirklicher. Niemand kann dann etwas behaupten.“

„Sie sind tapfer.“ Der Taishou dachte eine Sekunde nach. „Sie haben überdies Recht, meine Liebe. Neugierige Hundenasen könnten auf Ideen kommen. Warten Sie.“ Er schlug die Decke zurück. „Legen wir uns gemeinsam hier hin. Und dann, wenn Sie noch den Mut haben, geben Sie mir Ihre Hand.“

Izayoi zögerte kurz. War das nur ein Mittel gewesen, um sie in ihr Bett zu bringen? Nein, entschied sie dann couragiert. Das wäre eine überaus komplizierte Methode. Aber sie legte sich von der anderen Seite hin, ehe sie ihm ihren linken Arm reichte. „Tun Sie, was Sie wollen.“

In dem Daiyoukai stieg abermals die bittere Erinnerung an eine andere Hochzeitsnacht auf. Nur mühsam verdrängte er sie. Er durfte nicht erneut versagen. So sagte er, bemüht ruhig: „Ich werde, wenn Sie gestatten, Ihre Hand küssen. Das wird Sie ein wenig von dem, sehr kurzen, Schmerz ablenken. Das Blut muss hier auf das Laken. Einverstanden?“

„Ja,“ hauchte Izayoi, von den Gefühlsumwälzungen der letzten Minuten mitgenommen und zugleich fasziniert, als sie spürte, wie er behutsam ihre Hand etwas drehte, dann warme, weiche Lippen an ihrem Handgelenk. Ein scharfer, jäher, Schmerz an ihrem Unterarm ließ sie aufstöhnen.

„Es ist vorbei.“ Er gab sie frei. „Schlafen Sie gut, meine Liebe. Ich sage, dass Sie nicht geweckt werden sollen. Später am Nachmittag wird ein Flohgeist namens Myouga zu Ihnen kommen. Er ist mein engster Vertrauter und Berater und ich hätte gern, dass Sie ihn entsprechend behandeln. Er wird Ihnen einiges über Ihre Pflichten als Hausherrin erklären. Sie sollten sich allerdings etwas einfallen lassen, um Ihrer Zofe den Riss an Ihrem Arm zu erklären.“

Izayoi betrachtete den Kratzer. „Ja, danke. Gute Nacht, Taishou.“ Was für eine Gefühlsachterbahn an Hochzeitsnacht!
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das nächste Kapitel heißt: Es beginnt. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Teilchenzoo
2018-03-11T15:12:25+00:00 11.03.2018 16:12
Oh, er hält sich zurück und ist so rückstichsvoll wie zuvor schon angedeutet.

Immer dieses "blutbefleckte Laken nach der ersten Nacht", das ärgert mich immer so. Nicht speuiell bei dir, mehr generell. Es MUSS nicht so sein, und vor allem ist es kein Beweis gegen Jungfräulichkeit. Es ist so traurig, dass sich das so hartnäckig hält. Logisch, dass dann auch der Taishou und die Zofe daran festhalten.

Die Geschichte seiner ersten Ehefrau tut mir ehrlich leid. Es ist so schade, dass es so gelaufen ist. Gut für Izayoi, dass er dadurch viel gelernt hat, aber schade, dass es auf so tragische Weise passieren musste.

Immerhin sind jetzt aber alle Spekulationen über die Gründe für die Heirat beendet und es herrscht Klarheit. Von hier an können sie gemeinsam kämpfen. Das ist doch schon mal gut.
Von:  Saynaya
2018-03-05T13:08:43+00:00 05.03.2018 14:08
Kyaaa wie erwartet!! Und so geschickt gemacht! Das hält wirklich die Spannung^^ und Izayoi kommt nicht nur als verängstigtes Kücken rüber. Ich erwarte die nächsten Kapitel mit Spannung! Vielen lieben Dank!!!
Antwort von:  Hotepneith
06.03.2018 07:50
Danke für den Kommentar.

Izayoi war in Panik, weil sie a, nichts von Youkai weiß, nun, herzlich wenig, noch weniger über dere Paarungssitten und drittens nichts über ihren Ehemann - naja, und viertens noch nicht beruhigt wurde.
Dem Taishou gefällt ja schon mal, dass sie ehrlich ist und sich beruhigen konnte. Mal sehen, wie das nächste Zusammentreffen abläuft. Immerhin plant er ja, ihren Vater zu ruinieren.

hotep
Von:  Miyu-Moon
2018-03-03T17:35:16+00:00 03.03.2018 18:35
Nice, nice. Interessant zu wissen, dass die Schlosswachen nichtnur Hundedämonen sind, sondern scheinbar alle Arten von Dämonen eintreten dürfen? Aber der Fledermausdämon und Akiko sind nicht Shioris Eltern, sondern nur eine Referenz/eigene NPC, nicht? Ich vermute das zumindest, weil die Mutter im Canon einen anderen Namen hatte.

Die kleinen Hinweise wie pflegebedürftig so langes Haar ist, ist ein nettes, realistisches Detail, obwohl ich zuerst dachte, das so ein Fokus eher Hinweis auf göttliche Abstammung wäre. Izayois Sorgen sind auf der einen Seite erheiternd zu lesen als Leser, aber wäre man in ihrer Situation, wäre das Denken wohl nicht anderst.
Oje, der Taishou ist zu bemitleiden. Die erste Frau war schon nicht begeistert über den Prospekt der Heirat mit dem Mörder des Vaters und die zweite ist es auch nicht. Muss ein Fluch sein. Aber er wird wohl das Glück haben, dass mit der zweiten Ehefrau es sich zumindest bessern wird.
Und interessant zu hören, das er vorher Geliebte hatte. Wobei ich nicht weiß ob das psychologisch besser ist, sich kaufbare Gesellschaft zu besorgen. Oder gab es zu den Zeiten des Taishou etwas schon das Groupie-Phänomen mit dem sich die heutigen Berühmtheiten herumschlagen dürfen?

Die Idee mit dem Blut ist clever und Izayois Mut zu sehen ist erfrischend. ( oder zu wissen, dass zumindest einige der modernen Unterhaltungen zu schätzen weiß, wie DVD. )

Ah, nochmal zu "die Schöne und das Biest", weil es erwähnt wurde. Ist es weiterhin die Story über einen verzauberten, menschlichen Prinzen oder ist es in diesem Universum, eher ein Youkaiprinz, der die Zauberin verärgert hat? Wobei die verzauberte Dienerschaft, erinnert mich jetzt an Tsukumogami und das wiederum eröffnet die Möglichkeiten, für Blicke und Theorien außerhalb von Japan.
Wie ob Bram Stokers Dracula, dann in Wahrheit ein Fledermausdämon gewesen wäre oder europäische Werwölfe das Equivalent zu japanischen Wolfsdämonen oder ob die europäischen Länder auch von Dämonen regiert werden ( und ob es eine französische Revolution gegeben hat und ob es gegen Dämonen oder Menschenherrscher ging. Oder gegen einen Hanyouherrscher? ) War "das Biest" einer der Überlebenden der vorher herrschenden dämonischen Oberschicht? Oder schlicht ein Ausländer/Botschafter, der sich verguckt hat? Ah, sorry, ich schweife zu sehr ab.
Antwort von:  Hotepneith
03.03.2018 19:24
Danke für den sehr ausführlichen Kommentar.
Fangen wir mal an:
Ja, Akiko und ihr Ehemann sind eine Referenz an Shiori und ihre Eltern, Shiori ist ja einiges jünger als Inu Yasha, aber ich dachte daran.
Das pflegebedürftige, lange Haar wird von der Zofe reflektiert, es ist ja auch auffallend.

Bezüglich der Geliebten. nun ja, Macht war zu allen Zeiten attraktiv und sicher wünschte sich so manche Youkai einen Sohn, der Sesshoumaru ausstechen könnte. Schliesslich kann jeder Herrscher viele Frauen haben aber nur eine Mutter ... Und kaufen war im Mittelalter relativ. Sicherheit und Schutz, dazu Versorgsein war durchaus attraktiv.

Zur "Schöne und das Biest", ich dachte zugegeben an den Disney-Film. Onigumo hat sich Mühe gegeben seine Tochter zu einer gefälligen Ehefrau zu erziehen, da wird er ihr kaum einen Youkaiprinzen serviert haben. Sie wurde ja auch zuhause gut überwacht.

Deine Idee bringen mich allerdings auf ertwas, aber das gehört hier nciht her....Hm


hotep




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