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vergiss-mein-nicht

Magister Magicae 11
von

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Informant

Sie hatten noch eine ganze Weile mit dem Reaper geplaudert und ihm einiges an Informationen aus der Nase gezogen. Auch er hatte noch ein paar alte Kontakte aus Motus-Zeiten in der Rückhand gehabt, die Victor sehr nützten. Victor hatte ihm im Gegenzug versprechen müssen, ihn nicht mehr zu jagen, so wie er andere Motus-Häscher jagte. Zum Dank hatte Sascha ihm die Flasche Vodka gesponsort, denn Victor war erst viel zu spät aufgegangen, daß er gar kein polnisches Geld bei sich hatte, um sie selber zu bezahlen. Rubel hätten die hier wohl kaum genommen. „Und? Hast du jetzt wieder deinen Seelenfrieden?“, wollte Urnue wissen, als sie spät in der Nacht die Kneipe endlich verließen.

„Nicht wirklich“, gestand Victor.

„Du weißt jetzt immerhin, daß es keinen gibt, der mit den Toten sprechen kann. Und du weißt, daß dein Anatolij nicht böse auf dich ist. Das ist doch schonmal was.“

„Ja, immerhin. Aber ich weiß immer noch nicht, wer Cord und Third Eye nun an die Polizei verpfiffen hat.“

Urnue rollte mit den Augen. Immer noch dieses leidige Thema. „Naja, gehen wir doch mal nach dem Ausschluss-Prinzip vor. Die Idee mit dem Totenflüsterer kannst du von der Liste streichen. Welche Theorien hast du noch?“

„Ich werde Seiji von den FABELS fragen, ob er für mich rauskriegen kann, woher der Hinweis an die Polizei kam.“

„Klingt nach einem Plan“, stimmte Urnue zufrieden zu und ging weiter. „Was machen wir jetzt? Bleiben wir über Nacht in Krakau oder willst du jetzt noch zurück?“

„Da wir kein polnisches Geld für ein Hotel haben und jetzt auch keine Bank mehr zum Geldwechseln finden werden, erübrigt sich die Frage.“

„Ich könnte mit EC-Karte bezahlen.“

„Das wirst du bleiben lassen“, bat Victor ruhig. „Kartenzahlungen können zurückverfolgt werden. Es muss keiner wissen, daß wir hier sind.“

„Ist ja nicht so, als ob wir hier recht lange bleiben und auf 'die' warten würden.“

„Trotzdem. Es muss auch keiner wissen, wo wir gewesen sind.“

„Du bist echt paranoid“, seufzte der Wiesel-Genius.

„Das ist der Grund, warum ich noch lebe.“

„Wie schaffst du es an der Universität nur, als Professor vor den Studenten zu stehen und zu unterrichten? Noch dazu unter deinem richtigen Namen?“

„Noch ein Grund, warum wir über Nacht nicht in Krakau bleiben können: Ich muss morgen früh wieder in Düsseldorf im Lesungssaal stehen und Seminare halten“, griff Victor das Thema direkt auf, um es gegen Urnue zu verwenden, ohne die Frage zu beantworten. Die Uni war was anderes. Der Dekan der Zutoro wusste, wer er war, und deckte ihn. Auf dem Kampus der Uni war er sicherer als irgendwo sonst, weil dort etliche Vorkehrungen zu seinem Schutz und zum Schutz der Studenten getroffen worden waren. Daß dort irgendjemand auftauchen und Rabbatz machen konnte, der hinter Victor her war, war denkbar ausgeschlossen.

Urnue sah unmotiviert auf die Armbanduhr. „Das heißt, wir fliegen jetzt direkterweise nach Düsseldorf?“
 

„Guten Morgen, liebe Studenten.“

„Guten Morgen, Professor“, kam es aus dem Lesungssaal etwas verunsichert aber fast einstimmig zurück. Von allen außer einem. Urnue lag in der ersten Reihe vornüber gebeugt auf dem Tisch und schlief. Der hockte sonst selten mit in den Vorlesungen herum. Meist nutzte er die Zeit, die Victor an der Uni verbrachte, um ins Trainingscenter zu gehen. Aber dazu hatte es heute offensichtlich nicht mehr gereicht. Naja, Victor konnte es ihm nicht verdenken. Sie beide hatten immerhin die Nacht durchgemacht, noch dazu war viel Vodka im Spiel gewesen. Mit einem amüsierten Lächeln entschied Victor, seinen schlafenden Getreuen zu ignorieren und wandte sich wieder den Studenten zu. „Ich bin Professor Akomowarov. Ich unterrichte eigentlich die Flüche und Verwünschungen. Eure Dozentin, Professor Zimmermann, ist leider krank geworden und ich wurde gebeten, heute ihr Seminar zu übernehmen. Das hat man nun davon, wenn man eher auf Arbeit kommt“, scherzte er und brachte die Studenten damit zum Lachen. „Wenn ich das richtig sehe, geht es bei uns heute um sogenannte 'Faule Zauber', oder?“

Ein paar der Studenten nickten, die meisten warteten einfach nur apathisch darauf, weiter berieselt zu werden.

„Wer von euch hat schon eine Vorstellung davon, was das ist?“, fragte Victor weiter, in der Hoffnung, seine Zuhörer ein bisschen wach zu kriegen. Er hasste es, die als Alleinunterhalter bespaßen zu müssen, auch wenn es noch so früh am Morgen war. In seinen Fluch- und Verwünschungs-Seminaren ließ er das auch nie durchgehen.

Es dauerte eine Weile, dann meldete sich zögerlich ein Mädchen. „Faule Zauber sind Abwehr-Zauber aus dem Bereich der Hexerei. Wenn jemand einen anderen behext und ihm mutwillig einen bösen Zauber auf den Hals hetzen will, kann der andere mit einem 'faulen Zauber' bewirken, daß die böse Magie auf den Anwender zurückfällt. Der Angriff wird quasi retour geschickt.“

„Gut“, lobte Victor sie. „Beginnen wir bei den Basics, beim Begriff der 'Schwarzen Magie'. Was unterscheidet Schwarze Magie von Weißer Magie?“

Stille im Saal.

Victor seufzte leise. Er hatte gerade den Eindruck, daß nicht er derjenige war, der die Nacht durchgezecht hatte, sondern die, alle miteinander. „Kommt schon, Jungs und Mädels. Wisst ihr es nicht oder schlaft ihr noch?“

Wieder keine Antwort. Nur ein paar Blicke richteten sich vielsagend auf Urnue, der immer noch ungerührt mit dem Kopf auf der Bank lag.

„Es gibt keinen Unterschied“, begann Victor also selber zu erklären. „Es gibt keine Schwarze und Weiße Magie. Es gibt nur Magie. Wofür wir sie einsetzen, ob wir damit irgendwem nützen oder schaden, bleibt uns überlassen. Alles, was wir tun, hat Einflüsse von beidem. Auch eine gute Tat kann Schaden verursachen, und eine schlechte Tat kann auch Positives in sich bergen. Es ist alles eins, ein großes Ganzes.“ Er ließ abermals den Blick über die ausdruckslosen Gesichter der Jugendlichen schweifen. Die wussten das wirklich nicht, wurde ihm mit Erschrecken klar. Was hatte Professor Zimmermann denen bisher nur beigebracht? Diese Studenten waren bereits im 3. Semester und wussten sowas nicht? In den Fluch- und Verwunschwissenschaften wären die schon längst untergegangen, mit so grottenschlechtem Basiswissen. Victor unterdrückte den Impuls, sich mit der Hand verzweifelt durch das Gesich zu fahren, und nahm sich vor, nie wieder in der Bann-Magie zu unterrichten. Weder vertretungsweise noch sonst irgendwie.
 

Als die letzten Studenten den Lesesaal verließen, legte Victor Urnue friedlich und sachte eine Hand auf die Schulter, um ihn nicht zu derb zu wecken.

Urnue regte sich müde schnaufend auf seiner Tischplatte, hob langsam den Kopf und sah ihn mit kleinen Augen an.

poydem“, schlug der Russe mild vor. „Lass uns gehen.“

Urnue rieb sich die Augen und streckte den Rücken durch. „Oh Mann, hab ich ernsthaft deinen ganzen Unterricht verpennt? Tut mir leid.“

„Schon okay. Du hast ja die ganze Nacht nicht geschlafen.“

„Ihr braucht mal bequemere Tische. Auf denen hier schläft es sich nicht schön.“

Victor holte tief Luft, um etwas zu erwidern, ließ es dann aber doch bleiben und wandte sich ab, um einfach kommentarlos voraus zu gehen.

„Wo geht´s hin?“

„In mein Büro.“

„Nicht nach Hause?“

„Ich habe nachher noch Unterricht zu geben. Das hier war nur eine Krankheitsvertretung. Meine eigentlichen Studenten kommen erst noch. ... Aber zum Glück kann´s ja nur besser werden. Meine Fluch-Studenten haben mehr auf dem Kasten.“

„Naja, im Büro sieht mich wenigstens keiner, wenn ich schlafe.“

Victor lächelte belustigt. „Tut mir leid, daß ich kein Sofa drinstehen habe. Du kannst dir höchstens drei Besucherstühle zusammenstellen und dich drauflegen.“

„Bist du gar nicht müde, sag mal?“

„Doch, ein bisschen schon. Aber ich bin es gewohnt, ganze Nächte in meinem Studierzimmer zu sitzen und nicht von meinen Büchern loszukommen. Ich hau mich zu Hause aufs Ohr.“

Den Weg zu Victors Vorbereitungszimmer verbrachten sie schweigend, weil Urnue zu müde für geistreiche Unterhaltungen war. Victor schloss die Tür auf, stieß sie auf und ging hinein. Urnue würde sie hinter ihm schon wieder zumachen, wenn er eingetreten war. Der Russe pflanzte sich direkt an seinen PC, der von heute früh noch angeschalten war. Und ihm sprang auch sofort das Briefumschlag-Symbol mit der Zahl 1 auf dem Bildschirm ins Auge. Er hatte eine e-mail bekommen. Erwartungsfrei klickte er sie auf und war dann doch überrascht, als er den Absender las. „Na, Mensch!?“, murmelte er halblaut. „Du hast aber schnell geantwortet, Seiji“

„Seiji Kami von den FABELS? Hast du ihm geschrieben?“

„Ja, heute früh vor der ersten Vorlesung erst.“

Urnue schüttelte nur den Kopf. „Du bist echt besessen von diesem Fall.“

Statt das zu kommentieren, konzentrierte sich Victor auf den Text. Da er wie immer in Englisch war, musste er seine Gedanken etwas zusammen nehmen.
 

Guten Tag, Victor
 

Ich habe lange nichts mehr von Ihnen gehört. Ich wäre erfreut darüber, wenn Sie mir freundlicherweise mitteilen würden, wo Sie sich zur Zeit aufhalten und was Sie aktuell treiben. Ich habe Sie über meine ganzen anderen Fällen ein wenig aus den Augen verloren. Ich hoffe Sie sind wohlauf und lassen noch ein paar ehemalige Motus-Funktionäre für die Gerichtsbarkeit übrig. Es wirft ein schlechtes Licht auf uns, wenn wir nur noch Leichen einsammeln können, anstatt Verbrecher zu überführen.
 

Ihre Anfrage betreffend, kann ich Ihnen folgendes mitteilen:

Der Hinweis ging in der deutschen Polizeistation Düsseldorf, Bezirksdienststelle Oberkassel, in Form eines Briefes ein. Absender war ein Niilo Mäkinen aus Nuorgam, Finnland. Die deutsche Polizei hat den Hinweis aufgrund internationaler Zusammenhänge (Opfer in Schottland, Täter zu diesem Zeitpunkt in Deutschland, Hinweis aus Finnland) an die FABELS abgegeben, in deren Zuständigkeit er immer noch bearbeitet wird. Cord und Third Eye wurden inzwischen tot an der Steilküste einer der Orkney-Inseln aufgefunden, zusammen mit ihrem Opfer, welches enthauptet war.
 

Ich nehme an, Sie haben mir zu diesem Fall noch etwas zu erzählen?
 

Da Sie sowieso danach fragen werden, habe ich mich direkt nach Niilo Mäkinen erkundigt. Er ist von Beruf Wildhüter und ist bis dato nicht straffällig oder anderweitig polizeilich registriert worden. Verbindungen zu Opfer oder Täter sind nicht zu erkennen.
 

In der Annahme, daß Sie mich vorab über Ihre nächsten Schritte informieren werden, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen,
 

Kami-san“ *
 

Victor musste grinsen, als er die e-mail las. Diese formvollendete Balance zwischen förmlicher Höflichkeit, verstecktem Zynismus und wohldosiertem Befehlston, ohne dabei versehentlich die Grenzen des achtungsvollen Umgangstons zu überschreiten, hatte er schon immer an Seiji bewundert. Er schaute auf die Uhr, wieviel Zeit ihm noch blieb, und machte sich direkt an die Antwort. Er war ja mittendrin gewesen. Natürlich würde er Seiji alles erzählen, was er über den Fall wusste. ... Naja ... fast alles. Den Teil, wo Urnue Cord von den Klippen gestoßen hatte, ließ er vielleicht weg. Und natürlich würde er Seiji nicht nach der Adresse dieses Niilo Mäkinen fragen. Damit hätte er die FABELS nur unnötig in Alarmbereitschaft versetzt. Die Adresse bekam er schon selber raus. Nuorgam sagte ihm was. Das war das Nordkapp, der nördlichste Ausläufer am obersten Ende von Finnland. Eines der weltweit nördlichsten, besiedelten Gebiete überhaupt, wenn er sich recht erinnerte. Das war der buchstäbliche Arsch der Welt. Wie kam jemand von dort dazu, sich in Mordfälle von Schottland mit einzumischen?

Als es Zeit wurde, zur nächsten Vorlesung zu gehen, lag Urnue schon wieder mit dem Gesicht auf dem Besuchertisch und schlief tief und fest. Victor schüttelte leicht den Kopf, ging zur Tür, schloss von innen ab und kam dann zurück, um den Schlüsselbund gut sichtbar vor Urnues Nase auf den Tisch zu legen. Damit der sich selber befreien konnte, wenn er hier raus musste. Danach nahm er seine Fliegengestalt an und quetschte sich unter der Tür hindurch, um das von innen verriegelte Büro zu verlassen. Durch das Schlüsselloch passte er leider nicht, weil das schon so ein neumodisches Steckschlüssel-System mit Zentralzylinder hatte, und keine alten, stiftförmigen Chubbschlüssel mehr.
 

„Bei deinen Flüchen und Verwünschungen blühst du immer richtig auf“, merkte Urnue an, als er am frühen Nachmittag mit Victor das Gelände der Universität verließ. Der Russe war trotz seiner Übermüdung allerbester Laune.

„Ich liebe sie eben.“

„Wieso hast du bei der Motus nicht mit Flüchen gearbeitet?“

„Wobei?“

„Als du Jäger warst“, präzisierte Urnue.

„Flüche sind denkbar ungeeignet, wenn man jemanden im Rahmen eines Attentats umbringen will.“

„Ich könnte mir nichts vorstellen, was geeigneter wäre! Geeigneter jedenfalls als eine Kugel im Kopf. Die ist ja wohl viel auffälliger und bietet der Polizei mehr Beweise.“

„Fassen wir nochmal zusammen. Flüche wirken indirekt. Das verfluchte Objekt nimmt selbst keinen Schaden, sondern schadet anderen. Will man jemandem einen Fluch reinwürgen, muss man also irgendwas verfluchen, was zwar ein Fremdkörper ist, was derjenige aber nur schwer loswerden kann“, referierte Victor los. Er erklärte Urnue immer gern irgendwelche Sachen, wenn er Fragen hatte. Dann redete er mit ihm wie mit einem Studenten im Lehrsaal. „Kleidungsstücke kann man problemlos entsorgen. Eine Brille funktioniert schon besser, weil man ohne die teilweise nicht mehr handlungsfähig ist. Die kann man nicht mal eben wegschmeißen. Implantate im Körper gehen immer gut, sowas haben aber die wenigsten. Zahnblomben wären eine Option. Oder die Tattoo-Farbe in der Haut, wenn derjenige tätowiert ist. Wenn es ein Fluch ist, der nur kurz wirken muss, kann man das verfluchte Objekt auch mit dem Essen verabreichen, aber das wird auch verhältnismäßig schnell vom Körper wieder ausgeschieden. ... Was ich damit eigentlich sagen will: Auf die Schnelle einen vernünftigen Träger für einen Fluch zu finden, ist relativ schwer, wenn man jemandem nur auf der Straße begegnet und keinen Zugang zu seiner Wohnung oder seinen privaten Besitztümern hat.“

„Aber sind Flüche nicht so konzipiert, daß sie fortwirken, wenn man einmal mit ihnen in Kontakt gekommen ist? Ich dachte immer, Flüche, die man sich einmal eingehandelt hat, wirken weiter, auch wenn das verfluchte Objekt schon längst nicht mehr in der Nähe ist. Wie eine Infektion mit der man sich angesteckt hat, und die man behält, auch wenn die Ansteckungsquelle schon wieder weg ist.“

„Nein. Das würde ja bedeuten, daß der Fluch vom Trägerobjekt direkt auf den Menschen überspringt. So funktionieren Flüche nicht. Flüche wirken immer indirekt. Das Ding, das verflucht wurde, nimmt selber keinen Schaden, sondern schadet nur anderen“, betete er nochmal seine Standard-Definition herunter. „Wenn eine Person einen Fluch auf sich trägt, dann nimmt sie selber auch keinen Schaden mehr, sondern schadet nur noch anderen. Soll eine Person sowohl Träger des Zaubers sein, als auch selber zu Schaden kommen, dann muss man auf eine Verwünschung zurückgreifen. Dann nützen Flüche nichts mehr. Damit ein Fluch wirkt, muss man zumindest im Besitz des verfluchten Objektes bleiben, besser noch das Objekt am Körper tragen.“

Urnue überlegte. „Aber als Salome und diese beiden Selkie-Zwillinge mit dem Gegenfluch rumexperimentiert haben ... Nagut, der ist ja schiefgegangen“

„Eigentlich nicht. Die haben einen verkorksten Tauschfluch gebastelt, der durchaus funktioniert hat. Nur halt nicht so, wie die drei es gewollt hatten. Und der basierte auf einem Fluchpapier, das die ganze Zeit im Zimmer der beiden rumlag.“

„Aber Salome war ja nicht ständig in dem Zimmer der Selkies.“

„Der hatte eine Übersetzung davon.“

„Das reicht schon, um von dem Fluch erfasst zu werden?“, machte Urnue fassungslos.

Victor schmunzelte leicht. „Ja, das reicht schon. Die Gesetzmäßigkeiten, nach denen Flüche funktionieren, sind reichlich kompliziert. Darum ist das ja auch ein eigener Studiengang und ist mit hohen Abbrecher- und Durchfaller-Quoten belegt. Flüche sind nicht einfach.“

Urnue nickte und starrte nachdenklich vor sich hin. „Und hätten Verwünschungen für die Jagd besser geklappt?“

„Wohl kaum. Es gibt nur sehr wenige Verwünschungen, die tödlich enden, und die sind allesamt sehr kompliziert und zeitaufwändig.“

„Verstehe.“

„Wieso fragst du das?“, wollte Victor lachend wissen.

„Ach, nur so. Du weißt, daß ich ein Problem mit Schusswaffen habe. Ich hab immer noch die Hoffnung, dir diese blöde Knarre mal abgewöhnen zu können.“

„Tot ist tot. Macht es für dich einen Unterschied, wie meine Opfer sterben?“

„Irgendwie schon, ja. Seitdem wir mit Sascha über die Wiedergeburt gesprochen haben. Bei einem Kopfschuss wird das ganze Gehirn vernichtet. Irgendwie mache ich mir Gedanken, ob die Seele dabei nicht Schaden nimmt. Ob sie da unbeschadet wieder in den Kreislauf zurückkehren kann. Das ist ne sehr radikale Todesart. Sie verursacht ne Menge Zerstörung am stofflichen Körper, also wieso nicht auch am Astralkörper? Leute, die so gestorben sind, können vielleicht nicht wiedergeboren werden. Weil da zuviel kaputt gegangen ist.“

„Jetzt wirst du aber echt esoterisch“, seufzte Victor.

„Flüche und Verwünschungen sind zwar auch nicht schön, aber trotzdem irgendwie natürlicher. ... Verstehst du, was ich meine?“

„Das ist Unsinn, U. Und selbst wenn du Recht hast, dann ist es sicher kein Verlust, wenn die nicht in den Kreislauf zurückkehren, sondern endgültig weg sind. Wahrscheinlich tue ich denen einen Gefallen damit. Die haben so viel schlechtes Karma gesammelt, was glaubst du als was die wiedergeboren werden? Als Menschen oder Genii bestimmt nicht.“

„Und du bist Gott, um darüber ein Urteil fällen zu dürfen?“

„Urnue, das ist komplette Spekulation“, stöhnte der Gestaltwandler, langsam genervt aber trotzdem bemüht, freundlich zu bleiben. Er hatte seinen Getreuen noch nie ernsthaft angepflaumt oder ihn schlechte Laune spüren lassen. „Wenn es wirklich sowas wie Wiedergeburt gibt, wie dieser Reaper uns einreden will, dann wird ein Kopfschuss das nicht aufhalten. Glaub mir, der hat schon genug Seelen auf die andere Seite gelotst, die mit einem Kopfschuss umgenietet wurden. Wäre da irgendwas Außergewöhnliches dabei gewesen, hätten wir das erfahren.“

Der Wiesel-Genius diskutierte nicht mehr weiter und wich Victors Blick aus.

„Saschas Geschwätz über das Jenseits hat dich aus dem Gleichgewicht gebracht, das ist alles. Das tut mir leid. Das habe ich nicht gewollt, als ich dich dort hingeschleppt habe, um mit ihm zu reden. Und ich kann dich verstehen. Ruppert wurde mit einem Kopfschuss getötet. Ich verstehe, daß du dir Sorgen um ihn machst, oder um das, was nach dem Tod von ihm geblieben ist. Ich mache mir auch bis heute Gedanken um Anatolij. Aber es ist einfach Unsinn, okay?“


Nachwort zu diesem Kapitel:
* Text der e-mail wurde von Salix beigesteuert, da Seiji ihr Charakter ist (an dieser Stelle nochmal danke für die Co-Produktion) Komplett anzeigen

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