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My Love Is Your Love

- Blind Date -
von

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Die Welt ist wirklich klein

Die Stimme der Dozentin war sanft und klar. Hitomi hörte ihrem Unterricht gerne zu. Der Kurs setzte sich mit der Geschichte von Mode und Design auseinander und Frau Yazuki konnte den Inhalt nicht nur perfekt wiedergeben, sondern auch interessant vermitteln.

Die Uni hatte bereits seit zwei Wochen angefangen und Hitomi hatte seit dem Ausflug auf Okinawa nichts mehr von Iji oder Ryoske gehörte. Einerseits war es für sie verständlich, weil die beiden ein ziemliches Chaos angerichtet hatten, jenes sich nicht so einfach wiedergutmachen ließ, andererseits wollte sie nicht glauben, dass es so enden sollte. Trotz allem, was geschehen war, konnte sie die beiden nicht abhaken und sich mit der Tatsache anfreunden, dass sie die Zwillinge nie wiedersehen würde. Vielleicht sollte sie sich selbst melden. Aber was, wenn die beiden wirklich nichts mehr mit ihr zu tun haben wollten?

Hitomi setzte ihren Ellbogen auf dem Tisch ab und stützte ihr Kinn in die Hand, während ihr ein bedrückendes Seufzen entglitt.

„Was hast du?“, fragte ihre Sitznachbarin flüsternd in ihre Richtung.

„Was? - Ach, nichts.“

Hitomi setzte sich aufrecht hin und warf kurz einen Blick auf ihr Handy, das am Rand des Tisches lag.

„Erwartest du etwa eine Nachricht? Von deinem Freund vielleicht?“

Das Mädchen neben ihr grinste und stieß Hitomi leicht in die Seite.

„N-nein.“ Hitomi verkrampfte sich. „Ich habe keinen Freund.“

„Aha. Unerwiderte Liebe also?“

Hitomi sah zu der hübschen jungen Frau neben sich und wunderte sich zum unzähligen Mal, wie diese sie so leicht durchschauen konnte.

„Ich kenne diesen Gesichtsausdruck, Hito.“ Sie streckte ihren Zeigefinger aus, den ein Paar Silberringe zierten, und machte kreisende Bewegungen vor Hitomis Gesicht. „Eins sag ich dir. Er ist es nicht wert, wenn du dich wegen ihm so mies fühlst.“

„Yamaguchi“, ertönte die Stimme der Dozentin, „möchten Sie etwas zu meinem Vortrag beitragen?“

Hitomis Sitznachbarin lächelte charmant und schüttelte den Kopf.

„Dann würde ich vorschlagen, dass Sie Ihre Privatgespräche bis nach dem Unterricht vertagen.“

Als die Dozentin sich abwandte und ihre Erzählung fortsetzte, verschwand das Lächeln aus ihrem Gesicht und sie wandte sich wieder Hitomi zu.

„Hexe“, flüsterte sie und Hitomi musste sich ein Grinsen verkneifen, „wegen ihres langweilen Unterrichts bin ich durchgefallen.“ Das Mädchen strich sich eine lange Strähne hinters Ohr. „Also. Heute nach der Vorlesung gehe ich mit ein paar Freunden zum Karaoke und du kommst mit. Das lenkt dich sicher ein wenig ab.“

Maki Yamaguchi grinste breit und zeigte ihre perfekten weißen Zähne. Sie hatte ein hübsches Lächeln, was die Anzahl ihrer Verehrer sicher bestätigen würde.

Am ersten Tag an der Uni hatte Hitomi die junge Frau angesprochen, als sie auf der Suche nach ihrem Hörsaal war. Es stellte sich heraus, dass sie einige gemeinsame Vorlesungen hatten, da Maki im schriftlichen Teil durchgefallen war. Ich bin eben der praktische Typ, hatte sie gesagt und gleichgültig mit den Schultern gezuckt.

Hitomi und Maki waren wie zwei Gegensätze, die sich anzogen. Wo die eine freundlich, aufrichtig und natürlich war, war die andere frech, sarkastisch und aufgedonnert. Aber trotz der Unterschiede verstanden sie sich auf Anhieb ziemlich gut.

Irgendwie mag ich dich, Hito, hatte Maki eines Tages zu ihr gesagt, als sie beim Mittagsessen in der Kantine saßen, du bist das totale Gegenteil von mir. Aber ich glaube, genau deswegen mag ich dich.

Hitomi hatte sich gefreut, so schnell eine Freundin gefunden zu haben. Besonders weil sie sich seit geraumer Zeit sehr einsam fühlte.

 

Nach der Vorlesung machten sie sich wie geplant auf dem Weg zu der Karaokebar, doch vorher machten sie Halt an einer Modeboutique. Hitomi sah Maki fragend an.

„Wolltest du noch shoppen?“

Maki grinste vielsagend.

„Ja, so in der Art.“

Sie ergriff Hitomis Hand und zog sie hinter sich her in den Laden. Es war einer dieser schicken Boutiquen in Ginza, die exklusive Kleider für ihre Kundschaft boten zu entsprechend exklusiven Preisen. Die Verkäuferin begrüßte Maki beim Namen und verneigte sich höflich.

„Du bist wohl öfters hier“, stellte Hitomi fest, war aber keineswegs überrascht. Maki konnte sich praktisch alles leisten.

Das Mädchen zuckte ungerührt mit den Schultern.

„Ab und zu“, sagte sie und ging einige Kleiderständer durch. „Oh schau mal!“ Sie zeigte Hitomi ein kurzgeschnittenes, schwarzes Kleid mit eingenähten Mustern an der Seite.

„Wow. Sieht toll aus“, rief Hitomi begeistert, „das wird dir sicher stehen.“

Maki lachte und schüttelte den Kopf.

„Das ist doch nicht für mich, Dummerchen. Probier's mal an!“

Perplex nahm Hitomi das Kleid entgegen und tat wie ihr geheißen. Es saß perfekt und ließ sie irgendwie reifer wirken. Aber... Sie sah sich das Preisschild an und seufzte innerlich.

Maki stieß einen begeisterten Ruf aus, als Hitomi aus der Umkleidekabine trat.

„Genau, wie ich es mir vorgestellt habe! Wir nehmen es.“

Hitomi sah sie unsicher an.

„Ich habe nicht so viel Geld“, sagte sie leise zu Maki, da die Verkäuferin ganz in der Nähe stand. Es war Hitomi unangenehm, dieses schicke Kleid anzuprobieren, das sie sich am Ende ja doch nicht leisten konnte.

„Wer sagt denn, dass du es bezahlen wirst?“ Maki zog ihren Geldbeutel aus der Tasche. „Ich schenke es dir.“

Hitomis Augen weiteten sich ungläubig.

„Nein! Das kann ich nicht annehmen!“

Maki schnalzte nur mit der Zunge und wollte nichts mehr hören.

„Willst du etwa mein Geschenk nicht annehmen? Das ist aber sehr unhöflich von dir!“, sagte sie und bezahlte an der Kasse. Sie bat die Verkäuferin das Preisschild zu entfernen, damit Hitomi es gleich anbehalten konnte.

„Das Geld gebe ich dir irgendwann zurück!“, versprach Hitomi, der es immer noch unangenehm war, so ein hochwertiges Kleidungsstück zu tragen.

„Ein einfaches Danke reicht mir“, erwiderte Maki lächelnd. Auch Hitomi musste lächeln und bedankte sich.

 

Vor der Karaokebar trafen sie auf Makis Freunde, unter denen Hitomi ein bekanntes Gesicht entdeckte.

„Aya!“

Das Mädchen, jenes sie bei Sou zu Hause kennengelernt hatte und mit der sie danach in dem Club gewesen war, drehte sich überrascht um. Erkennen blitzte in ihren Augen auf und ein übertrieben fröhliches Lächeln legte sich auf ihre Lippen.

„Hitomi!“

Maki sah zwischen den beiden hin und her.

„Ihr kennt euch?“

Aya nickte.

„Könnte man sagen. Die Welt ist wirklich klein.“

Maki stellte Hitomi ihren anderen Freunden vor, bevor sie die Bar betraten und sich an den reservierten Tisch setzten.

Das Trinken wurde schnell bestellt und danach fingen ein paar von Makis Freunden sofort mit dem Singen an. Es war um diese Uhrzeit nicht viel los, sodass sie die Bar praktisch für sich alleine hatten. Wie versprochen, konnte Hitomi ihre Gedanken an Iji und Ryoske beiseite schieben und den Tag genießen. Allerdings spürte sie ab und zu giftige Blicke von der Seite und sie bekam das Gefühl nicht los, dass es Aya war. Leider hatte Hitomi nicht den blassen Schimmer, was die junge Frau gegen sie haben könnte. Schließlich hatten sie sich beim ersten Treffen ganz gut verstanden.

„Bin gleich wieder da“, sagte Maki zu Hitomi und ging Richtung Toilette. Aya schloss sich ihr an. Hitomi sah den beiden nach und bekam ein ganz mulmiges Gefühl, das sie sich nicht erklären konnte.

 

„Willst du gleich auch singen?“, fragte Hitomi an Maki gewandt, nachdem sich diese wieder zu ihr gesetzt hatte. Hitomi betrachtete sie von der Seite und erkannte sofort, dass etwas nicht stimmte. Makis Gesichtsausdruck hatte sich schlagartig verändert. Vor wenigen Minuten war sie noch gut gelaunt und jetzt lag ein dunkler Schatten über ihrem Gesicht.

„Die Welt ist wirklich klein“, meinte Maki vielsagend und blieb Hitomi eine Antwort schuldig.

„Was meinst du?“

Langsam drehte sie sich zu Hitomi um und sah sie mit einem eiskalten Blick an.

„Du bist also die Schlampe, die mir meinen Freund ausgespannt hat.“

Hitomi sah sie perplex an und war einen Augenblick sprachlos.

„Was?“

„Jetzt tu nicht so unschuldig! Iji Kagawa. Den kennst du doch, oder?“

Dass jetzt Ijis Name fallen würde, damit hätte Hitomi nie im Leben gerechnet.

„Ja, ich kenne ihn“, sagte sie vorsichtig. Hitomi erkannte bei Maki einen Anflug von Enttäuschung, der sofort wieder verschwand. „Aber... ich wusste nicht, dass ihr zusammen seid... wart.“

„Tja, jetzt weißt du es.“

Hitomis Gehirn versuchte die neue Information zu verarbeiten, doch kriegte es nicht richtig hin. War Iji die ganze Zeit über vergeben, während er sich mit ihr getroffen hatte? Und als sie ihn geküsst hatte? War Maki der Grund, warum er ihre Gefühle nicht erwidern konnte? Aber warum sprach Maki dann in der Vergangenheit?

„Maki, hör mir bitte zu. Es ist nicht so, wie du denkst.“

Maki lächelte bitter.

„Das hatte er auch gesagt.“

Sie schnappte sich ihre Tasche und machte Anstalten zu gehen, doch Hitomi hielt sie auf.

„Bitte, lass es mich dir erklären!“

„Mit Schlampen wie dir, will ich nichts zu tun haben.“

Hitomi spürte einen Kloß im Hals und schluckte diesen runter.

„Sag mir nur eins“, fügte Maki hinzu und wandte sich noch einmal zu ihr um, „hast du dich extra mit mir angefreundet, um dich über mich lustig zu machen?“

„Nein!“

Maki schnaubte.

„Lügen aus dem Mund einer Lügnerin. Du bist echt das Letzte.“

Mit diesen Worten drängte sie sich an Hitomi vorbei und verließ die Karaokebar. Diejenigen, die an ihrem Tisch saßen, haben den Streit mitbekommen und schauten Hitomi abwertend an. Ebenso Aya.

„Selbst schuld“, sagte diese, „du solltest die Finger von vergebenen Jungs lassen. Und wenn du schon dabei bist, lass auch deine dreckigen Finger von Sou.“

Hitomi fragte sich kurz, wie sie plötzlich auf Sou kam, aber dann schoss die Erinnerung wie ein Geistesblitz ein. Hitomi hatte an jenem Abend mit Sou getanzt und wurde von Aya angeblich aus Versehen angerempelt. Jetzt ergab alles einen Sinn.

Hitomi griff nach ihrer Tasche und verließ ebenso die Bar. Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich zu verteidigen, wenn niemand einem glauben wollte.

 

~*~

 

Hitomi saß niedergeschlagen auf der Schaukel. Sie war immer noch aufgewühlt und wollte in dem Zustand nicht nach Hause gehen. Immer wieder spielte sie das Gespräch mit Maki ab und fragte sich, ob sie nicht einfach hätte die Wahrheit sagen und alles richtig stellen sollen. Aber zum einen gab ihr Maki nicht die Gelegenheit dazu und zum anderen wollte sie die beiden Brüder nicht vor allen anderen bloßstellen. Was Iji für seinen Bruder getan hatte, würde vielleicht nicht jeder verstehen.

Dass Iji überhaupt eine Freundin gehabt hatte, machte alles nur noch schlimmer und unerträglicher. Nur wegen ihrer dummen Idee hatte sich Hitomi in den falschen verliebt, in einen, der zu dem Zeitpunkt sogar vergeben war. Liebte sie nicht eigentlich Ryoske? Sie hatte ihn zuerst kennengelernt, sie hatte sich mit ihm angefreundet. Galt ihre Liebe nicht ihm? Hitomi war richtig verwirrt.

Sie hatte in Ijis Handlungen mehr hineininterpretiert, als sie tatsächlich waren. Dieser hatte nur die Rolle seines Bruders übernommen, mehr nicht. Hitomi bedeutete ihm nichts.

Die Erkenntnis hatte lange auf sich warten lassen, aber nun traf sie sie wie ein Schlag.

Und zu allem Übel hatten sie alle drei auch noch Maki hintergangen, ob bewusst oder unbewusst. Auch sie wurde in die Irre geführt und hintergangen.

Erst jetzt begriff Hitomi so richtig das Ausmaß dieser Täuschung. Was hatten die Zwillinge nur angerichtet...

„Hito.“

Hitomi hatte gar nicht mitbekommen, wie er an sie herangetreten war. Sie blinzelte ihre Tränen weg und sah zu ihm auf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Tasha88
2018-04-17T12:11:52+00:00 17.04.2018 14:11
Mein liebes vielleicht,

Ich fände es auch nicht so gut, wenn Hitomi die Zwillinge abhacken würde... Was genau? Arme? Beine? Oder sogar den Kopf? O.o
Abhaken wäre vermutlich besser...

Und singen da ein paar der der Freunde oder nur 2,also ein Paar?

Entschuldigung, das hat mir beim Lesen gerade so Spaß gemacht, also musste ich es weiter geben XD

Ausgerechnet Maki... Das hätte ich nicht erwartet... Und die Aya ist eine falsche Schlange >.>

Ach ja, Drama, genauso, wie es sein sollte ;p

Bis bald <3
Antwort von:  May_Be
17.04.2018 16:09
Danke, hab's sofort verbessert :D
Trotz mehrmaligen Lesens ist mir das nicht aufgefallen. Abhacken ey... Haha das wäre echt nicht so gut XD

Unerwartet aber gut, oder? xD ich hab hitomi nicht umsonst auf dieselbe Uni geschickt wie Maki :D nichts passiert hier ohne Grund *muhahaha

Bis bald :*
Antwort von:  Soralai
17.04.2018 19:44
Sogar die R inne haltende KellneRin ist nicht grundlos so.... hätte ja auch ne Bedienung sein können (kein r drinnen)

ja die Welt ist klein.... find es nicht fair von Maki was sie Hito vorwirft....

Aja und wehe das ist jetzt nicht Iji! *Twix drohend schwing*


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