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Am I not human?

von

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Der Ort an dem niemand sein wollte

Am frühen Morgen hatte Obito Itachi für den Morgenappelle eingeteilt, er würde diesen heute bewachen und darauf achten, dass sich kein anderer SS-Mann an den Häftlingen vergriff, zudem sollte er sich im Nachhinein mit Sasori beraten und eine Lagerselektion durchführen.

Itachi gehorchte und verschwand mit dem Klemmbrett auf welchem Name und Nummer der Häftlinge vermerkt waren.
 

Deidara sah dem jungen Mann nach und wandte sich dann wieder an Obito, welcher sich seinen grauen Mantel schnappte und sagte: „Wir werden uns heute um die Rampe kümmern. Wir kriegen einen neuen Zug mit Häftlingen und du wirst heute bei der Selektion mit dabei sein.“

Deidara nickte verstehend, Obito deutete dann auf den Kleiderhaken hinter der Tür und gab dem Blonden so zu verstehen sich auch einen Mantel zu nehmen. Er warf sich diesen über und gemeinsam schritten die Männer nach draußen auf den Platz. Sie überquerten das Häftlingsgelände und liefen gemeinsam in die Richtung der sogenannten „Rampe“.
 

„Was meinen Sie eigentlich mit Selektion?“, fragte Deidara neugierig und fast schon ein wenig naiv nach.

„Selektion ist die Aussonderung der Häftlinge. Eine erfahrene Ärztekommission nimmt sich dieser Aufgabe an und sortiert die Ankömmlinge in „Arbeitsfähige“ und „Arbeitsunfähige“ aus. Wir selber sondieren nicht, wir sind für die Registration der arbeitsfähigen Häftlinge zuständig aber heute gucken wir den zuständigen SS-Männern für die Registration über die Schultern“, erklärte Obito ihm sachlich.

„Mhm. Und was passiert mit den Arbeitsunfähigen?“

„Du bist ganz schön neugierig, mein Junge.“
 

Deidara schwieg daraufhin und senkte seinen Blick, er schlang den dicken Stoff des schweren Mantels enger um sich, während ihm der kühle Wind entgegen wehte. Eine Gänsehaut breitete sich auf ihm aus und er erlitt einen leichten Schüttelfrost.
 

Ihm kamen die Wintertage noch nie so kalt vor, wie sie es jetzt taten.
 

Er dachte über das nach, was anstehen würde und wieso Obito ihm nicht einfach sagen konnte was mit den arbeitsunfähigen Menschen passieren würde.

Oder wollte er es ihm einfach nicht sagen?
 

Deidara verstand es jedenfalls nicht aber er würde es vermutlich rausfinden, sobald sie da waren.

Er ließ den Blick über das große Gelände vor sich schweifen und konnte schon die Gleise ausmachen, sowie eine kleine Traube von Menschen die sich dort versammelt hatten.
 

„Die Gutachter sind also bereits vor Ort, genauso wie unsere SS-Männer“, sagte Obito mehr zu sich selbst, als zu Deidara.

Der Schwarzhaarige kam schließlich zum stehen und wandte sich an Deidara: „Das was gleich kommt, wird dir vielleicht sehr auf den Magen schlagen aber es gehört nun mal dazu. Du als Adjutant, und somit stellvertretender Lagerkommandant, musst über jeden Aufgabenbereich hier Bescheid wissen, nur aus diesem Grund zeige ich dir das Ganze hier überhaupt.“

Deidara nickte nur verstehend, traute sich nichts darauf zu antworten, da Obitos Stimme so schneidend klang und einen Ton aufwies, den Deidara kurz zusammenfahren ließ.

Doch Obito lächelte ihn auf diese Reaktion hin nur leicht an.
 

Zielstrebig gingen sie auf die Gleise zu, wo im selben Moment ein roter Güterwagen angerollt kam und schließlich stehen blieb.

Deidaras Muskeln spannten sich an.

Seine Sinne schärften sich und nervös wartete er auf das, was ihn nun erwarten würde.
 

Die SS-Männer, welche hier bereits stationiert waren, schoben die Türen der Wagons auf und Deidara erhaschte einen Blick in das Innenleben des Wagons.
 

Zusammengekauert auf engstem Raum saßen die Menschen beisammen.

Verängstigt blickten sie nach draußen. Keiner wagte es irgendwas zu sagen oder zu tun, bis einer der uniformierten Männer mit lauter peitschender Stimme, die Leute nach draußen scheuchte. Grob halfen sie nach, zogen die zitternden Menschen nach draußen und schubsten sie achtlos weiter. Einige verloren den Halt, fielen zu Boden und wurden von den nachkommenden getreten und nieder getrampelt. Andere wiederum kamen nur wackelig voran und hoben sich schützend die Arme vor die Augen, um das grelle Licht der Scheinwerfer nicht sehen zu müssen, welche dem Platz einen unnatürlich sterilen Schein verlieh.
 

Deidaras Herz hämmerte gegen seinen Brustkorb, die aufsteigende Nervosität schoss ihm durch die Nervenbahnen und er spürte wie sich seine Körpertemperatur automatisch runter kühlte.

Mit geweitetem Auge sah er sich das Szenario vor sich an, er schluckte den Kloß in seinem Hals schmerzlich hinunter, versuchte seinen Blick nicht davon abzuwenden. Er zwang sich zum hinsehen, denn den Blick abwenden, bedeutet Schwäche zeigen und er zeigte keine Schwäche.
 

Nicht mehr zumindest.
 

Die Menschen wurden angewiesen sich auf zwei Reihen zu verteilen, Männer und Jungen ab 14 Jahren links und Frauen und Kinder rechts. SS-Männer leiteten sie harsch an, rissen Familien gnadenlos auseinander und stießen sie in ihre zugeteilten Reihen hinein. Kinder begannen zu weinen und zu wimmern, während die Erwachsenen versuchten krampfhaft still zu sein und sich nichts anmerken zu lassen. Einige unter ihnen jedoch wimmerten und weinten.
 

Die Gutachter positionierten sich, blickten kühl auf die Menschen herab und nickten dann. Wie auf Kommando traten die Menschen nun einzeln hervor und unterzogen sich dem Blick der Gutachter, zitternd wie Espenlaub standen sie da, den Blick vor Scham gesenkt und die Ärztekommission bedachten sie kritisch.
 

„Schau nun genau hin“, flüsterte Obito und Deidara wandte seinen Blick nicht vom Geschehen ab. Er beobachtete wie ein Mädchen vor der Kommission stand. Sie war Schätzungsweiße 14 Jahre alt. Ihre großen Augen blickten durch die Ärzte hindurch und ihr zierlicher Körper zuckte unkontrolliert, ihre Hände hatte sie verkrampft zu Fäusten geballt.
 

Der Arzt der vor ihr stand, ein groß gewachsener Mann mit dunkelblonden kurzen Haaren und einer Brille auf der Nase, beäugte sie forschend, dann hob er seine Hand und schickte sie zur linken Seite, an welcher zwei bewaffnete SS-Männer vor einem schwarzen Bus der sogenannten Gekrat standen. Die Männer sprachen mit dem Mädchen, der Blonde konnte nicht ganz verstehen, was sie sprachen aber einer der SSler packte das Mädchen schließlich zornig und grob am Arm, zerrte sie in den Bus und setzte sie auf einen der Plätze.
 

Der blonde Adjutant riss seinen Blick von dem Bus los und folgte dann Obito zu den SS-Männern die die Arbeitsfähigen Häftlinge registrierten, er sah ihnen über die Schultern und versuchte ausfindig zu machen was sich die Männer wichtiges notierten.

Name und Alter stand dabei an erster Stelle der Wichtigkeit, wie Deidara feststellen konnte.
 

Deidara sah schließlich wieder auf und erblickte wie die Ärzte immer mehr Leute in die Richtung des Busses schickte, zum Großteil gingen Frauen und Kinder in diese Richtung, einige alte gebrechliche Menschen und Menschen mit offensichtlichen Beeinträchtigungen.
 

„Wo bringen die Busse die Menschen hin?“

„Hm? Die Gemeinnützige Krankentransport GmbH bringt die Sondierten nach Hartheim“, sagte Obito und er beugte sich etwas zu Deidara hinunter und flüsterte ihm ins Ohr: „Eine Tötungsanstalt.“
 

Deidaras Auge weitete sich geschockt.
 

Diese Menschen waren also dem Tode geweiht?
 

Am meisten aber schockierte ihn die Tatsache, dass die Ärztekommission wie Gott über Leben und Tod dieser Menschen entschied.

Kaltherzig sortierten sie diese auf. Stellten ihnen keine Fragen oder sonstiges, ein Blick schien zu reichen und sie wussten, wen sie als Arbeitsfähig einstufen konnte und wen nicht.
 

Deidara wurde schlecht, er spürte wie seine Beine drohten unter ihm nachzugeben. Sämtliche Farbe wich ihm aus dem Gesicht und er fasste sich an die Schläfe, ein Schwindel übermannte ihn plötzlich und Obito sah ihn fragend an: „Ist alles in Ordnung bei dir?“
 

Deidara hob beschwichtigend die Hand und meinte: „Ja, geht gleich wieder.“

Obito richtete sich auf und schüttelte den Kopf, er legte seine Hand auf die Schulter des Kleineren und schob ihn dann vom Geschehen der Rampe weg. Er zwang Deidara sich zu setzen, er biss sich auf die Unterlippe und versuchte das aufkommende Übelkeitsgefühl zu unterdrücken.
 

Obito kniete sich vor ihn hin und musterte ihn eindringlich aus seinen dunklen Augen: „Geht’s langsam?“

„Ja, denke schon. Ich… Es tut mir leid, ich wollte nicht so schwach wirken, verzeihen Sie mir diesen Aussetzer bitte“, murmelte Deidara und schützend schlang er seine Arme um seinen Oberkörper.
 

Vor seinem inneren Auge tauchten Bilder auf.

Bilder aus seiner Gefangenschaft in dem Sowjetischen Lager.

Auch dort entschied man über Leben und Tod.

Jedoch in einem weitaus brutalerem Ausmaß.
 

Er ermahnte sich innerlich nicht zu hyperventilieren, zwang sich zu einer ruhigen Atmung und mit viel Willenskraft gelang ihm dies schließlich auch.

Die Übelkeit verschwand langsam und Deidara konnte wieder einen einigermaßen klaren Blick fassen.
 

„Weißt du, es gibt hier nur zwei Optionen“, setzte Obito plötzlich zu reden an, seine Stimme klang warm und weich, seine Augen strahlten Wärme aus und seine Lippen waren zu einem sympathischen Lächeln verzogen, doch sein nächster Satz war alles andere als nett gesinnt: „Entweder du spielst hier Gott und entscheidest über Leben und Tod, so wie die Ärzte, Schutzhaftlagerführer und Rapportführer, oder“, er legte eine kleine Kunstpause ein: „Du endest wie der jüdische und sowjetische Abschaum da drüben.“
 

Scharf sog Deidara die Luft ein, hatte er mit diesen harten Worten Seitens Obito nicht gerechnet.

Er brachte nur ein schwaches nicken zustande. Obito erhob sich schließlich wieder und Deidara tat es ihm gleich.

Immer noch leicht wackelig auf den Beinen folgte er Obito zurück auf die Rampe, während der Blonde über dessen Worte nachdachte.
 

Das hier war Krieg.

Das hier war das Konzentrationslager, hier gab es nur diese zwei Optionen.

Und er befand sich nun Mal eindeutig in der Machtposition.
 

Er wollte auf keinen Fall so Enden wie die Häftlinge die nicht mal mehr über ihr eigenes Leben entscheiden durfte.

Denn er wusste wie das war.

Er kannte diese Seite des Krieges.

Und er war froh, dass er es lebend da raus geschafft hatte.
 

Und er würde sich sicherlich nicht noch einmal in so eine Position drängen lassen.
 

Selbstsicher straffte Deidara seine Schultern. Hob sein Kinn leicht an und trat dann hinter Obito.

Er legte einen kühlen Blick auf und folgte den letzten Schritten der Rampenselektion, bis der letzte seinem Schicksal zugeteilt wurde.
 

Ein älterer Herr, buckelig ging er auf die Gutachter zu welche ihn ohne mit der Wimper zu zucken als „Arbeitsunfähig“ einstuften.
 

Das leben und sterben vieler Menschen wurde somit besiegelt.

Mit nur einer einzigen leichtfertigen Handbewegung.
 

Und er war dabei gewesen.
 

Nichts worauf man wirklich stolz sein konnte, doch für seine Arbeit als Adjutant war es nun mal unabdingbar.
 

Deidara schloss seine Augen und atmete einmal tief ein und wieder aus.

Er wiederholte den Vorgang ein paar Mal, bis er langsam spürte, wie sich sein aufgeregtes Herz beruhigte.

Es hatte nachwievor wie wild gegen seinen Brustkorb gehämmert und drohte sicher einige Male beinahe rauszuspringen.

Der Blonde spürte wie sich eine warme Hand auf seinen Rücken legte und diesen vorsichtig entlang strich.

Er öffnete seine Augen und drehte seinen Kopf, sah über seine Schultern und erblickte Obito, welcher hinter ihn getreten war und nur beruhigend flüsterte: „Es ist okay. Mein erster Tag damals an der Rampe sah ungefähr genauso aus, nur mit dem Unterschied, dass mich mein Lagerkommandant damals dazu beorderte mit zu selektieren.“
 

Obitos Stimme veränderte sich und er klang verbittert, als er das anmerkte. Betreten wandte Deidara seinen Blick von ihm ab.

„Das tut mir leid zu hören“, murmelte er leise und Obito meinte nur: „Muss es nicht.“
 

Schweigen legte sich über die Männer und sie starrten auf den Güterzug vor sich.

Er war leer.

Die Gutachter berieten sich noch mit den SS-Männern der Registratur, während sich der Bus des Gemeinnützigen Krankentransportes in Bewegung setzte und wegfuhr.

Sein Blick sprach Bände, mitfühlend sah er dem Wagen nach, seine Gedanken kreisten sich um die Menschen die keine Ahnung hatten wo es nun für sie hinging, vielleicht war es auch besser so dass sie es nicht wussten.
 

Doch Angst müssten sie trotzdem verspüren, oder?
 

Er senkte seinen Blick, drehte sich um und sah an den Horizont. Die Sonne kämpfte sich langsam hervor und es wurde zunehmend heller.

Deidara hatte ganz die Zeit vergessen und jegliches Gefühl für die Zeit verloren. Die Erfahrung eben hatte ihn viel zu sehr eingenommen und wog auf seinen schmalen Schultern wie schwerer Blei.
 

„Lass uns gehen“, sagte Obito und ging bereits vor, in die Richtung zurück zum Lager.

Deidara lief ihm schweigend nach, er hob den Kragen von seinem Mantel über seine Nase und vergrub die Hände tiefer in den Taschen von eben diesem. Der Wind wehte ihm durch seine Haare und betreten sah er den Weg vor sich an.
 

Selbst wenn er es wirklich wollen würde, konnte er die Gedanken an das Erlebte von eben nicht so einfach abschütteln. Er konnte es einfach nicht. Sein Blick wanderte schließlich zu Obito, welcher stur geradeaus sah, sein Blick war kühl und es wirkte als hätte ihn all das von eben kalt gelassen.
 

Dieser Mann musste in Auschwitz einiges erlebt und gesehen haben, schoss es Deidara durch den Kopf und er dachte daran wie sich Obitos Stimmung in den letzten Minuten oder gar Stunden gewandelt hatte.

Er war fürsorglich und verständnisvoll mit ihm umgegangen und doch hatte er etwas an sich, was ihn so kalt hat wirken lassen, dass Deidara für einen kurzen Moment geglaubt hatte das er jemand Fremdes vor sich hatte.
 

Der Schwarzhaarige öffnete schließlich die Türe zu einer Baracke und Deidara bemerkte erst jetzt das sie soeben beim Sanitätswesen angekommen waren.
 

Was wollten sie hier?
 

„Herr Lagerkommandant und Adjutant, wie gut das Sie hier sind, ich brauche etwas von Ihnen“, ertönte eine kühl schneidende Stimme, die Deidara einen Schauer über den Rücken jagte.

Es war die Stimme des Lagerarztes.

Er hob seinen Blick und sah wie der rothaarige Arzt auf sie beide zu ging, sein Blick war gefestigt und ließen nicht den Funken einer Emotion erspähen.

Obito nickte nur als Zeichen dafür, dass er dem Arzt zuhörte. Sasori kam vor ihnen zum stehen und dämpfte seine Stimme: „Ich brauche Häftlinge. Ausgesonderte am Besten.“

„Dann scheint ja heute dein Glückstag zu sein, Itachi ist gerade beim Zählappell, er sondiert heute dort aus und sollte sich ohnehin mit dir kurz schließen, vielleicht könnt ihr ja von denen welche entwenden.“

Sasori nickte nur und meinte: „Sehr schön, werden Sie dann später auch hinzukommen, wir müssten heute noch eine wichtige Beobachtung durchführen und für ihn hier“, er nickte mit dem Kopf in die Richtung von Deidara: „Könnte es auch durchaus interessant sein, sowas zu erfahren.“
 

Obito erhaschte einen Seitenblick auf Deidara, welcher fragend in die Runde sah. Ein Lächeln schmückte die Lippen des Uchihas und er meinte: „Wir werden da sein.“

„Gut, dann sehen wir uns später, ich werde Itachi aufsuchen“, verabschiedete sich der Arzt schließlich und verließ im Stechschritt das Sanitätswesen.
 

Verwirrt sah Deidara ihm nach und zog seine Augenbrauen zusammen, dann fragte er Obito, was er denn von den Häftlingen will, er dachte, sie würden alle nach Hartheim ausgesondert werden.

Obito schüttelte den Kopf, er beugte sich an Deidaras Ohr hin und flüsterte unheilvoll: „Medizinische Forschung.“



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