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„Was er mir wohl mitteilen will?“, fragte sich Luan. Den Tag vor ihrem Date hatte sie sich nahezu den Kopf zerbrochen. Doch sie würde es ja bald erfahren. Erwartungsvoll stand sie vor seiner Haustür. Die Adresse hatte ihr Jules gegeben. Mit zittrigen Fingern betätigte Luan die Klingel. „Hey“, grüßte sie ein überschwänglicher Jules. Obwohl er eigentlich schüchtern war, schloss er sie in eine innige Umarmung. Luan konnte sein Parfüm riechen. Es war ein angenehmer Geruch. Erfrischen, anders und auf eine bestimmte Art und Weise sinnlich. „Der Duft passt zu ihm“, dachte sie. Ein Lächeln huschte über ihre Lippen. „Also ich habe einiges im Vorfeld gekauft, aber wenn etwas fehlen sollte, sag einfach Bescheid. Dann werde ich nochmals los gehen.“ „Ach was“, sie zwinkerte ihm zu. „Lass mal sehen. Was hast du denn alles?“ Jules zeigte ihr seinen Vorrat. Ihr imponierte das ziemlich. Fast kam es Luan so vor, als hätte er für ein Vier-Gänge-Menü eingekauft.
 

„Ui, sogar Wein“, sie pfiff. „Ja“, Jules grinste verlegen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Nicht, dass du denkst ich will dich abfüllen. So einer bin ich nicht. Ich will nur, dass es dir an nichts fehlt.“ „Süß.“ Sie ging auf ihn zu und gab ihm einen Stups auf die Nase, was Jules überraschte. Dies erkannte Luan an seiner Reaktion, denn er wich kurz zurück. Sie entschieden sich zusammen für ein Gericht. Da sie ein Faible für italienische Küche hatten, gab es Parmesan-Risotto. Zufrieden beobachtete Luan, dass sich Jules allmählich in ihrer Gegenwart entspannte. Während der Reis vor sich ihn köchelte, öffnete er ihnen die Flasche Wein und schenkte jedem ein Glas ein.
 

„Ganz ehrlich?“, Luan lachte bitter auf. „So sehr hat sich bisher noch kein Mann um mich bemüht.“ „Du machst Witze oder?“ Seine Augen weiteten sich. Luan schüttelte langsam den Kopf. „Nein.“ „Krass. Du bist eine unglaubliche Person und eine sehr attraktive Frau. Innerlich wie äußerlich.“ „Hm, das sahen viele nicht so.“ Vorsichtig rückte Jules zu ihr. „Die scheinen alle blind zu sein. Es gibt wenige Menschen, in deren Gegenwart ich mich so wohl fühle wie in deiner.“ Er stellte sein Glas ab und nahm Luans Hand. „Ich komme mir gerade schlecht vor.“ „Wieso?“, sie sah ihn an. „Na, wegen dem, was ich dir mitteilen möchte.“ „Oh man. Ich glaube eher weniger, dass du meine Ex Freunde übertreffen kannst. Schlimmer geht es kaum.“ Jules schluckte. „Hey“, Luans Stimme wurde sanfter. „Ich rechne es dir hoch an, dass du mich so frühzeitig einweihen möchtest. Du unterscheidest dich von dem Rest, den ich bisher kennengelernt habe. Egal was es ist. Ich mag dich und zwar so wie du bist.“ Diese Worte schienen Jules Mut zu machen. Sein Blick wurde fester.
 

Er holte tief Luft. Schließlich begann er. Aufmerksam lauschte Luan seinen Worten. Jules erzählte ihr von einer Person, die er nie gewesen war, in deren Rolle er jedoch gedrängt wurde. Von seiner angeblichen Abnormalität. Sei es seine Hormonstörung oder die Sache, die seine wahre Identität betraf. Er schilderte ihr seine erste Operation und die Glücksgefühle, die er hatte nachdem er zum ersten Mal in den Spiegel sah. „Ich bin trans, Luan. Bestimmt hast du davon schon mal gehört. Ja, mein Körper sah mal anders aus. Aber ich bin ein Mann. Auch wenn ich mich etwas von denen unterscheide, die du kennst. Ich bin es gewohnt, abgelehnt zu werden. Viele können damit nicht umgehen oder ekeln sich gar vor mir. Ich bin kein Monster. Selbst wenn dies manche behaupten. Transidentität ist etwas völlig normales. Ich stehe zu mir, denn das bin eben ich. Und man selbst zu sein, sollte nichts Außergewöhnliches darstellen.“ Seine Hand ließ von Luans ab. Lange Zeit wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Sie musste die Worte erst verdauen und im Kopf rekapitulieren.
 

Klar, wusste sie was Transgender sind. Bisher hatte Luan aber noch keinen kennengelernt. „Im Endeffekt ist er einfach Jules“, sprach ihre innere Stimme es aus. Luan hatte so viele Lügner und Betrüger getroffen. Warum sollte sie nicht einen neuen Schritt wagen? Obwohl ihre Eltern ziemliche Hinterwäldler waren, folgte Luan alles andere als einen eingeschränkten so wie vorgegebenen Weg. „Darf ich es sehen?“, entfuhr es ihr. Sofort schämte sie sich und schlug eine Hand vor den Mund. Jules lächelte nur. „Ich habe damit gerechnet, dass du das sagst. Ja, darfst du.“ Sie sah ihm zu, wie er das T-Shirt über den Kopf streifte und somit seinen Oberkörper freilegte. Seine Muskeln waren zart aber dennoch sichtbar. Luan beeindruckte dies sichtlich. So sehr, dass sie fast nicht die zwei länglichen Narben unter seinen Brüsten bemerkte. Diese zeugten von einem operativen Eingriff. Jener Anblick widerte sie nicht an. Eher war sie fasziniert von Jules Aussehen. Ihre Fingerspitzen berührten ihn wie von selbst. „Du bist wunderschön“, offenbarte sie ihm.
 

Schier regungslos saß Jules da. Sein Mund öffnete sich, allerdings entkamen ihm keinerlei Worte. „I-ich“, stotterte Jules. „Nein, ich scherze keineswegs“, erriet Luan seine Gedankengänge. Für sie war er perfekt. „Dein Körper zeugt davon, dass du dir stets treu geblieben und deinen Weg gegangen bist. Ganz gleich, wie andere dich auch beurteilen.“ Sie rückte nun ebenfalls näher zu ihm. Ihre Gesichter berührten fast das des jeweils anderen. Letztendlich geschah es. Luan küsste Jules. Noch nie hatte sie die Initiative ergriffen. Aber bei ihm fühlte sie sich frei. Sie musste sich nicht länger verstellen. Vorsichtig knabberte Luan an seinen Lippen und genoss es. „Warte, ich-.“

„Entschuldige, ich war da wohl zu schnell“, bemerkte sie. Ein Zischen ertönte und Jules eilte zum Herd. „Puh, gerade noch rechtzeitig“, atmete er auf. „Du hast mich ganz schön aus dem Konzept gebracht.“ Damit deutete er auf den Reis hin, den sie vergessen hatten. Ihr war das ein wenig peinlich. Außerdem konnte Luan nicht verstehen, wieso sie dermaßen fasziniert von ihm war. Bis es ihr mit einem Mal dämmerte. Luans Ex-Freunde bekamen nie etwas gebacken. Im Gegensatz zu Jules, der alleine schon für sein wahres Ich kämpfen musste. Sie war neugierig und wollte mehr über das Thema an sich wissen. Jules stand ihr Rede und Antwort. Es beeindruckte sie, wie informiert er über gewisse Sachen war. Ebenso die geschlechtliche Vielfalt, die von der Gesellschaft gerne tot geschwiegen wurde. „An sich sind Körper völlig individuell. Leider schreibt dir die Gesellschaft bewusst eine Rolle zu. Du kannst dich sogar weder als Mann noch Frau identifizieren, als beides oder mehr. Und das ist völlig legitim. Nur du allein weißt, wer du bist.“
 

„Ich finde es ohnehin traurig, wie sehr man für bestimmte Sachen kämpfen muss. Was ist für manche Menschen so schlimm daran, man selbst zu sein?“ „Hmm, das frage ich mich ehrlich gesagt seit Jahren. Wahrscheinlich sollte man sich da nicht zu sehr nach der Gesellschaft richten sondern seinen Weg gehen.“ „Ja“, sie seufzte. „Was soll´s“, er zuckte mit den Schultern. „Ich wollte die Stimmung nicht runter ziehen.“ „Tust du nicht. Ich unterhalte mich gerne mit dir. Durch dich kann ich eine Menge lernen.“ Jules blinzelte und starrte verlegen zur Seite. „Du bist die erste Person, die das sagt.“ „Der Rest hat halt keine Ahnung“, resultierte Luan daraus. Sie widmeten sich wieder dem Risotto. Damit Jules nicht noch mehr Arbeit hatte, schlug sie vor einfach Eis vom Supermarkt zu holen. Erst wollte er dagegen halten, ließ sich dann aber auf ihren Vorschlag ein. Luan war ein harter Verhandlungsgegner. Bei allem was sie bisher erlebt hatte, verlor sie nie die Durchsetzungskraft. Ihm gefiel das. Luan schaffte es, Jules aus der Reserve zu locken und er gab ihr die Ruhe, die sie brauchte. Wie sie es empfand, war das ein ziemlicher Ausgleich.
 

Obwohl sie abgelenkt waren, hatten sie Glück gehabt und der Risotto war überaus gelungen. Nach dem Essen blieb Luans Blick an Jules Spielen hängen. „Da wir letztens ja beim Thema Dead or Alive waren … ich sehe gerade, dass du es besitzt.“ Er lachte. „Willst du etwa eine Runde zocken? Ich warne dich, man nennt mich auch Meister des Controllers.“ „Pah“, Luan streckte ihm die Zunge raus. „Das musst du mir erst beweisen.“ „Gerne doch.“ Jules drückte ihr einen Controller in die Hand, legte das Spiel in seine Playstation ein und nahm den anderen Controller, der neben seiner Konsole lag. Als es zur Charakterwahl überging, musste Luan schmunzeln, denn sie wählte jene Figur aus, die Jules an sie erinnerte. „Hmm“, pfiff er. „Ich werde trotzdem keine Gnade walten lassen.“ „Sollst du auch nicht. Ich erwarte einen fairen Kampf“, sprach Luan. Die erste Runde begann. Obwohl sie ewig keine Beat em ups mehr gezockt hatte, fand sie schnell wieder rein. Leider verging die Zeit viel zu schnell. Jules erwähnte, dass er ihr noch viele Sachen erzählen wollte. „Das holen wir nach“, Luan beugte sich vor und gab ihm einen Kuss auf die Lippen.



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