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Knicks vs. Celtics

Boston Boys 2
von

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Violation

Mein erster Blick, nachdem ich aus Boston zurück war, galt dem Briefkasten. Doch natürlich war dieser leer. Enttäuscht ging ich hoch in mein Zimmer. Eigentlich hätte ich es mir denken sollen, immerhin war unser letztes Telefonat nicht sonderlich gut geendet. Vermutlich war es sogar gut, dass ich Peter nichts von Roger erzählt hatte. Anderseits würden Roger und ich uns ja auch am Wochenende wieder sehen. Warum sollte er mir da überhaupt etwas schicken? Trotzdem hatte ich darauf gehofft. So wie mittlerweile fast jeden Tag.

Seufzend stellte ich meine Tasche auf dem Schreibtisch ab und räumte sie direkt aus. Ich wollte mich nicht gleich amwieder mit meinen Eltern wegen der Wäsche streiten. Nachdem ich alles in die Waschmaschine gestopft hatte, ging ich nach unten.

„Hast du deine Tasche schon ausgeräumt?“, fragte Mum auch direkt.

„Ja, ist schon alles in der Wäsche. Wann gibt’s denn Essen?“

„Hast du dich wieder nicht getraut, richtig zu essen?“, fragte mein Vater. Ich seufzte nur, statt zu antworten.

„Schon gut, das Essen ist gleich fertig. Hilfst du mir? Dann kannst du auch gleich erzählen, wie es Peter und Mat geht“, schlug meine Mutter vor.

„Ja klar.“ Ich war dankbar, dass sie nicht weiter auf das Thema Essen einging.

 

„Achso, hast du eigentlich die Karte gesehen, die ich dir auf den Schreibtisch gelegt hab?“, fragte Mum mich, als wir gerade den Tisch wieder abräumten. Da das Abendessen auch gleichzeitig das offizielle Thanksgiving-Essen unserer Familie war, hatten wir natürlich auch entsprechend lange gesessen und geredet.

„Nein, was für ’ne Karte?“ Warum hatte sie nicht schon früher etwas gesagt?

„Die lag gestern im Briefkasten. Es stand nur dein Name drauf, deswegen hab ich sie dir auf den Schreibtisch gelegt.“

„Ah, danke. Ich geh gleich mal schauen.“ Schon der Gedanke, dass sie von Roger sein könnte, machte mich so hibbelig, dass ich am liebsten direkt nach oben gestürmt wäre, um sie zu suchen. Doch zuerst musste ich noch fertig helfen. Immerhin wollte ich ja auch nicht, dass es zu offensichtlich wurde.

„Toby hat ’n heimlichen Verehrer“, flötete Lena dennoch.

„Halt die Klappe, du kleine Kröte!“ Ich schlug ihr leicht gegen den Oberarm.

Doch das hielt sie nicht davon ab, weiterzumachen. „Hahaha, du streitest es ab! Also hast du wirklich einen!“

„Achja? Und was ist mit dem kleinen rosa Briefchen, das letztens aus deiner Jacke gefallen ist? Von wem war das denn?“, schlug ich zurück. Schockiert sah sie mich an. Natürlich, immerhin hatte sie versucht, es vor uns zu verheimlichen. Sie konnte ja nicht wissen, dass ich es ihr wieder in die Jacke gesteckt hatte, nachdem ich es darunter auf dem Boden hatte liegen sehen. Vermutlich war es einfach nur aus der Tasche gefallen.

„Du bist voll blöd! Das geht dich gar nichts an!“, schrie sie und rannte nach oben.

„Toby! Musste das sein?“, tadelte mein Vater, während ich ihr verwundert nach sah. Mit so einer heftigen Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Früher hätte sie einfach beschämt den Kopf eingezogen. Scheiß Pubertät, war ich auch so schlimm gewesen?

„Was denn? Sie hat doch angefangen“, verteidigte ich mich dennoch. „Ich geh mal nach oben.“

„Vergiss nicht, dich bei deiner Schwester zu entschuldigen“, rief Mum mir hinterher.

 

Fluchend suchte ich den ganzen Schreibtisch ab. Und das schon zum dritten Mal! Irgendwo musste diese verdammte Karte doch sein! Oder hatten meine Eltern mich zum Narren halten wollen? Wohl kaum. Wenn dann hätten sie es direkt aufgelöst. Wo konnte das Ding also noch sein? Unterm Schreibtisch hatte ich auch bereits alles abgesucht.

Überlegend streifte mein Blick über den Boden. Da sah ich etwas Helles unter dem Bett hervorschauen. Ich zog an dem kleinen Zipfel und beförderte tatsächlich eine Karte hervor. Scheinbar war sie vom Tisch gesegelt und dann dort gelandet.

Zuerst sah ich nur die Rückseite. Auf ihr stand in der üblichen, schwungvollen Handschrift mein Name, jedoch keine Nachricht. Als ich die Vorderseite sah, war eine solche aber auch gar nicht mehr notwendig. Dort war ein altes Wählscheibentelefon zu sehen, dessen Hörer von einem Hund mit treudoofem Blick im Maul gehalten wurde. Die Aufforderung war eindeutig, auch ohne Text, und brachte mich zum Schmunzeln. Dieser Kerl war so süß.

Ich stand auf dem Gang, um das Telefon zu holen, da hörte ich Lena in ihrem Zimmer schluchzen. Verwundert wandte ich mich in diese Richtung und horchte noch einmal genauer. Tatsächlich, es klang deutlich danach, als würde sie weinen. Roger musste also noch einen Moment warten.

Ich klopfte an ihre Tür. „Kröte, kann ich reinkommen?“

„Nein!“, kam ein bockiges Schluchzen zurück, das mich jedoch nicht aufhielt.

„Hey, was ist denn los?“ Ich setzte mich zu ihr aufs Bett und streichelte über ihren Rücken. Sie hatte sich bäuchlings aufs Bett geworfen und schluchzte ins Kissen.

„Nichts“, murmelte sie. „Lass mich in Ruhe!“

„Tut mir leid, ich wollte nicht böse sein. Aber du hast angefangen, da musst du auch das Echo vertragen.“ Ich strich ihr einige nasse Strähnen aus dem Gesicht. „So schlimm war es doch auch nicht. Selbst wenn es wirklich ’n Liebesbrief von ’nem Jungen war, ist das doch nichts Schlimmes.“

Doch statt sie zu beruhigen, ließ meine Aussage sie noch stärker weinen. Jetzt war ich doch alarmiert. Das hatte schon nichts mehr mit einem schiefgelaufenen, geschwisterlichen Witz zu tun. Und auch nicht mit pubertärer Sensibilität. „Hey, Kröte, komm schon. Was ist passiert?“

„Die haben mich geärgert!“, kam es dumpf durch das Kissen.

„Wer hat dich geärgert? Der Junge, von dem der Brief war?“ Ich sah es einfach nicht als Zufall, dass sie gerade jetzt so weinte.

Noch einmal schniefte sie, bevor sie antwortete. „Der war nicht von ’nem Jungen.“

„Was?“, fragte ich deutlich verwirrt nach. Man mochte meinen, gerade ich hätte anders reagieren können, aber es verwunderte mich eben doch sehr.

„Ich dachte, er ist vom Riley aus meinem Geschichtskurs. Aber ein paar andere haben den geschrieben. Und dann haben die meine Antwort an eine Riley an der High School gegeben.“ Die Kleine schniefte herzerweichend. Da sie schon sehr verrotzt klang, holte ich ihr ein Taschentuch. Beruhigend streichelte ich ihr über den Rücken.

„Und dann?“ Ich hatte nicht das Gefühl, dass das schon alles war.

Sie schnäuzte kräftig, bevor sie weiter sprach. „Sie wollte nett sein und mir zumindest selbst sagen, dass sie kein Interesse an jüngeren Mädchen hat. Deswegen ist sie gekommen. Die anderen haben dann Photos gemacht und in der Stufe rumgereicht. Selbst einige der Kleineren haben mich schon damit geärgert.“

Ich strich Lena weiter über den Rücken. Scheiße, das war übel. „Und was hat Riley dazu gesagt? Hat sie das mitbekommen?“

„Ich weiß nicht. Sie ist ja in der High School.“

„Komm mal her.“ Vorsichtig drehte ich sie an den Schultern herum und zog sie dann in meine Arme. „Das ist echt mies, was die da gemacht haben. Warum hast du Mum und Dad nichts davon gesagt?“

„Was sollen die denn machen?“, fragte sie und vergrub dann ihr Gesicht in meinem Shirt. „Außerdem sagen sie dann nur, dass es nicht so schlimm ist. Haben sie doch bei dir auch.“

„Mich haben die aber nicht zum Weinen gebracht. Das hier ist wirklich richtig gemein. Wie kamen diese Idioten überhaupt darauf?“ Wieder strich ich ein paar Haare aus ihrem Gesicht.

„Ein Mädchen aus dem Kurs hat eine Schwester, die mit dir in die High School gegangen ist. Sie haben gesagt, wenn du auf Jungs stehst, dann muss ich ja auf Mädchen stehen.“

„So ein Blödsinn. Komm, wir gehen das Mum und Dad erzählen“, forderte ich sie auf und zog sie dabei mit hoch. Doch statt mitzukommen, wehrte sie sich. „Jetzt komm schon, lass den Scheiß!“

„Ich will aber nicht!“ Sie versuchte ihre Hand wegzuziehen, doch ich hielt sie beharrlich fest.

„Entweder du sagst es Mum und Dad oder ich tu’s!“ Ich öffnete die Tür und zog sie hinter mir her in den Flur und die Treppe hinunter. Die ersten Schritte stemmte sie sich noch mit aller Kraft dagegen, doch schon an der Tür gab sie ihre Gegenwehr auf und stolperte mir hinterher.

 

Unsere Eltern saßen gerade vor dem Fernseher und sahen sich irgendeine Sendung an. Völlig verwirrt betrachteten sie mich, wie ich mit der verheulten Lena an der Hand ins Wohnzimmer kam. „Toby, lass deine Schwester los! Du sollst sie doch nicht ständig ärgern!“

Ich schob sie auf den Platz neben unserer Mutter, die sie direkt in den Arm nahm. „Ich hab sie nicht geärgert. Aber wohl einige aus ihrem Geschichtskurs.“

„Was?“ Mum strich ihr über den Kopf und sah ihr ins Gesicht. „Was ist denn passiert?“

Während Lena unter Tränen nun endlich auch unseren Eltern erzählte, was passiert war, setzte ich mich auf die andere Couch. Als Lena fertig war, fragte mein Vater: „Weißt du denn, wie Riley mit Nachnamen heißt? Oder in welchen Kurs sie geht? Immerhin war es auch ihr gegenüber nicht fair und sie ist ja auch auf den Bildern drauf. Und weiß der Riley aus deiner Klasse davon?“

„Ich weiß nicht, wie sie heißt“, murmelte Lena, die schon wieder mit den Tränen kämpfte.

„Ist doch nicht schlimm, Schätzchen“, tröstete Mum sie sofort. „Weißt du denn, wie sie ausgerechnet auf das Mädchen gekommen sind?“

„Sie hat kurze Haare und ganz viele behaupten, dass sie auf Mädchen steht“, erklärte Lena, ließ dabei aber offen, ob es stimmte. „Ich hab dann irgendwann mal gesagt, dass das nicht stimmen muss und doch auch egal ist. Ich wusste aber nicht, wie sie heißt.“

„Dann wissen die Lehrer bestimmt, wer sie ist“, überlegte mein Vater laut. „Weißt du denn, wer den Brief geschrieben und die Photos gemacht hat?“

Lena schüttelte sofort den Kopf. Das war nun wirklich nicht der richtige Zeitpunkt zum Lügen. Daher fragte ich: „Wie heißt denn das Mädchen mit der großen Schwester?“

„Vanessa“, flüsterte sie. „Vanessa Farrell.“

Bei dem Nachnamen stöhnte ich genervt. „Heißt ihre Schwester zufällig Marla?“

„Kennst du sie etwa?“, fragte Mum überrascht.

„Ja. Lena hat oben gesagt, dass eines der Mädchen in ihrem Kurs eine ältere Schwester hat, die mit mir zur Schule gegangen ist“, klärte ich meine Eltern auf, worum es ging. „Marla Farrell gehörte zum Cheerleadertrupp, war aber nicht sonderlich beliebt. Deswegen hat sie immer mitgemacht, wenn es darum ging, andere zu ärgern. Nachdem ich abgenommen habe, fing sie dann plötzlich an, von wegen sie fand mich schon immer süß et cetera. Sie hat dann eine Weile Stress gemacht, als ich ihr gesagt hab, dass ich nichts von ihr will. Ich denk mal, dass ihre Schwester das angezettelt hat.“

„Gut, ich ruf morgen in der Schule an und klär das“, bestimmte Dad. Vorsichtig nickte Lena. So ganz schien ihr das noch nicht zu gefallen. Irgendwann würde sie froh sein, im Moment war sie nur einfach noch zu traurig.

„Ich bin dann mal wieder oben. Ihr braucht das Telefon heute nicht mehr, oder?“, fragte ich und stand auf.

„Du willst jetzt noch telefonieren?“ Entschlossen nickte ich. Wir schauten morgen zwar wieder gemeinsam bei Darius Basketball, aber die Karte sagte deutlich, dass Roger vorher noch mit mir reden wollte. „Dann mach aber nicht mehr so lange.“

„Mach ich nicht.“ Ich wuschelte Lena noch einmal liebevoll durch die Haare. „Gute Nacht, Kröte. Schlaft gut.“

 

Bereits nach dem ersten Freizeichen wurde abgenommen. „Hi, Toby.“

„Hi. Du hast doch nicht etwa sehnsüchtig neben dem Telefon gewartet?“ Schon der Gedanke ließ mein Herz höher schlagen, auch wenn er natürlich Blödsinn war. Ich ließ mich auf mein Bett fallen.

„Vielleicht“, gab er mit einem Grinsen in der Stimme zur Antwort.

Meinte er das wirklich ernst? „Was hättest du getan, wenn nicht ich es gewesen wäre?“

Roger lachte. „Dann hätte ich mich normal gemeldet. Ich seh ja mittlerweile, wenn du es bist.“

„Oh, muss ich mich jetzt geschmeichelt fühlen, weil du meine Nummer gespeichert hast?“ Er steckte mich mit seiner Fröhlichkeit an. Doch ich redete weiter, bevor er antworten konnte. „Tut mir leid, dass es so spät geworden ist. Meine Schwester hatte ein paar Probleme in der Schule.“

„Oh, was ist denn passiert?“ Obwohl er sie nicht wirklich kannte, klang er ehrlich besorgt. Kurz fasste ich ihm zusammen, was ich gerade erfahren hatte.

„Das ist echt mies!“, regte er sich auf. „Sowohl für deine Schwester als auch für das andere Mädchen.“

„Stimmt“, stellte ich überrascht fest. Ich hatte nicht mit so einer heftigen Reaktion von ihm gerechnet. Und auch noch gar nicht daran gedacht, wie es für die andere sein musste. „Da hab ich gar nicht dran gedacht. Die High School ist ja gleich nebenan. Wenn deren Mitschüler das mitgekommen... Die Arme.“

„Ja, das ist echt scheiße. Das wird sie bestimmt nicht so einfach los. Sie hat sich ja immerhin wissentlich mit deiner Schwester getroffen. Das wird richtig schlimm für sie.“

„Mhm. Du hast recht. Ich hab da gar nicht dran gedacht“, murmelte ich. Was sollte ich auch dazu sagen? Roger meckerte noch etwas, dann unterbrach ich ihn. „Du klingst, als hättest du selbst Erfahrung damit.“

„Ja. Mir haben sie einen ähnlichen ‚Streich‘ in der High School gespielt. War aber zum Glück das letzte Jahr“, erzählte er, wirkte jedoch, als wollte er das nicht weiter ausführen.

Doch eine Frage erlaubte ich mir noch dazu. Immerhin hatte er doch gesagt, dass er nur vor seinen Eltern geoutet war. „Das klingt echt mies. Woher wussten sie das?“

„Wussten sie nicht. Sie haben einfach mal ins Blaue geraten, weil ich nie ’ne Freundin hatte.“

„Ach scheiße, das tut mir leid für dich, dass du mit solchen Idioten zur Schule gehen musstest. Du wolltest doch aber sicher nicht, dass ich dich anrufe, um über meine Schwester zu sprechen. Was wolltest du denn?“, lenkte ich auf ein anderes Thema. Zwar hätte ich gern mehr über ihn erfahren, aber nicht, wenn ihm das schlechte Laune bereitete und ich ihn nicht wirklich trösten konnte.

„Du hast doch erzählt, dass du gerne mal Hockey spielst. Fährst du auch so gern Schlittschuh?“, ging er darauf ein.

Ich richtete mich etwas im Bett auf. Klang er gerade leicht nervös? Nein, das musste ich mir einbilden. Meine Phantasie ging mal wieder mit mir durch. „Ja klar.“

„Cool. Ich hab gesehen, dass eine Bahn hier in der Nähe auch unter der Woche recht lange auf hat. Wollen wir da nächste Woche mal zusammen hin?“

„Klar gern“, stimmte ich ohne weiteres Überlegen ein. „Wollen wir dann morgen die Jungs fragen, ob sie mitkommen?“

Kurz herrschte Stille am anderen Ende. Dann antwortete Roger leicht zögernd: „Ja klar. Lass sie uns morgen fragen. Wann hast du denn nächste Woche frei?“

„Montag und Dienstag. Ausnahmsweise mal zwei Tage hintereinander und nur drei Tage arbeiten.“ Das hatte ich nach den letzten Tagen aber auch echt nötig. Die nicht einmal achtundvierzig Stunden in Boston waren verdammt anstrengend gewesen. Am liebsten hätte ich ja zusammenhängend frei gehabt, aber das war wegen des anstehenden Thanksgivingwochenendes nicht möglich gewesen. Ich konnte froh sein, dass ich Mittwoch freibekommen hatte. Heute hatte das Studio wegen des Feiertages zum Glück geschlossen.

„Wollen wir uns dann Montag treffen?“ Ich stimmte zu, doch Roger ging recht schnell darüber hinweg und fragte direkt: „Magst du danach zu mir? Dann musst du abends nicht mehr schauen, wie du nach Hause kommst.“

Alarmiert richtete ich mich vollständig auf. Das gerade konnte nicht mehr eingebildet gewesen sein. Er klang wirklich verlegen! Verdammt, hatte er eigentlich als Date mit mir auf die Bahn gehen wollen? „Ja. Ja gern! Tut mir leid... Ich hab nicht damit gerechnet... Wir müssen die anderen auch nicht fragen.“

„Doch, du hast schon recht. Es wäre besser. Wenn wir allein gehen, sieht es komisch aus“, murmelte er.

„Auch zu zweit sind wir nur Freunde, die zusammen Schlittschuh laufen“, erinnerte ich ihn daran, wie wir auf Außenstehende wirkten. Doch ich konnte nicht anders, ich musste ihn fragen: „Oder wolltest du mich eigentlich nach einem Date fragen?“

„Ja“, hauchte er leise. Schnell schob er lauter hinterher: „Aber es ist besser, wenn die anderen auch dabei sind. Dann kommt sicher niemand auf falsche Ideen.“

Ich hörte ihm jedoch kaum zu. Das erste Wort hatte mir eine Gänsehaut auf dem ganzen Körper bereitet. Roger hatte mich nach einem Date fragen wollen! Roger wollte ein Date mit mir! Ich atmete tief durch. Irgendwie musste ich aus dieser Nummer wieder rauskommen. Angestrengt dachte ich nach, bis mir etwas einfiel. „Wir kommen aber nicht drumrum, den anderen zu sagen, dass ich bei dir schlafe. Ich müsste zumindest mit Anthony und Bobby in dieselbe Richtung.“

„Und wenn du sagst, dass du noch in ’nen Club willst?“, fragte Roger vorsichtig, fast schon ängstlich.

„Was ist wenn jemand mit will?“ Nein, das klang nicht gut. Er sollte jetzt nur nicht aus Angst, sie könnten dahinter kommen, einen Rückzieher machen. Scheiße, das hatte ich total verbockt.

„Magst du lieber mit mir allein gehen?“ Die Frage kam langsam, ganz vorsichtig über seine Lippen, ließ meinen Atem kurz stocken.

Diesmal war es an mir, nur ganz leise zu antworten. „Ja... Und ich fühle mich nicht wohl dabei, die anderen anzulügen. Es verheimlichen, okay, aber ich will sie nicht anlügen, wo ich hingehe.“

„Ist okay“, murmelte er. „Dann nur wir beide?“

„Sehr gern“, raunte ich. Schon der Gedanke ließ mich nervös werden.

„Gut.“ Roger klang ebenso nervös. „Aber Toby: Bis zu mir wirklich nur als Freunde, okay?“

„Klar, nur als Freunde.“ Ich musste lächeln, als er die Einschränkung machte. Er war eben doch noch nicht so weit. Dennoch gefiel mir die Vorstellung, einen Nachmittag als Freund und einen Abend als Lover mit ihm zusammen zu sein. Es weckte Hoffnungen, dass es vielleicht doch irgendwann mehr werden könnte. Ich schob den Gedanken wieder zurück in die hinterste Ecke. Den konnte ich jetzt wirklich nicht gebrauchen.

„Dann sehen wir uns morgen?“

„Ja, bis morgen. Ich freu mich schon auf Montag“, raunte ich.

Bevor er auflegte, hörte ich noch ein geflüstertes „Ich mich auch.“, dann war die Leitung tot.



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