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Zum Zuschauen verdammt

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Kapitel 36 - Hilfestellungen

Zabini hatte völlig recht. Harry war simpel. Der arme Junge war kaum mehr als ein Monat aus seinem Schrank heraus und hatte bis dahin gedacht es wäre völlig normal schikaniert zu werden; und allen das Verhalten auch noch zu verzeihen. Evelyns Gedanken kreisten darum, wie Harry immer derjenige hatte sein müssen, der sich entschuldigte. Wie ihm eingebläut worden war, dass er es war, der falsch gelegen hatte und nicht Dudley. Er konnte elf Jahre dieser Erziehung nicht einfach vergessen, nicht jetzt; noch nicht. 
 

Wenn Draco das tat, was Evelyn vermutete, würde Harry ihm verzeihen, egal wie mies Draco heute und die Tage zuvor zu ihm gewesen war. Das durfte nicht passieren. 
 

"Das sollte nicht passieren", murmelte sie und spannte ihren Körper an, bereit Draco hinterher zu laufen. Eine Hand um ihren Unterarm hielt sie jedoch zurück. 
 

"Lass ihn, er muss das alleine machen." Millicents Einmischung konnte Evelyn in diesem Moment nicht gebrauchen. Kopfschüttelnd schaute sie in die naiven Augen des Mädchens und riss sich, unsanft, aus deren Griff. Ihr Mund war völlig ausgetrocknet, daher war sie unfähig auf die Proteste des Slytherin-Tisches etwas zu erwidern. Mit eiligen Schritten verfolgte sie Draco und seine zwei Schränke, die bereits den Gryffindor-Tisch erreicht hatten. Der größte Teil der Schülerschaft befand sich mitten im Essen, weshalb die Gänge leer und gut zu durchlaufen waren. Allerdings sowohl für sie, als auch für Draco. 
 

"Draco!", rief sie heiser. "Draco, warte!" Er hatte sie beim ersten Mal nicht gehört, blieb nun aber zu ihrer Erleichterung stehen. Sie versuchte ihre Lippen zu befeuchten, ehe sie sprach, was ihr kaum gelang. 
 

Sie standen bereits nahe an den Gryffindor, was einigen älteren Semestlern nicht entging. "Hey, habt ihr euch verlaufen? Schlangen sitzen am anderen Ende der Halle." Die unfreundliche Bemerkung von der Seite gab Evelyn wenigstens Zeit ihre Stimme wiederzufinden. Doch es war Draco, der die Gryffindor anfuhr. 
 

"Gut zu wissen, dass eure Augen funktionieren. Stellt sich nur die Frage, wie ihr eure Fratzen gegenseitig ertragen könnt?"
 

Er war sauer, das war deutlich zu hören. Ein Fakt, den Evelyn nur allzu gerne annahm. Wut war genau die Emotion, die sie in Draco benötigte. Sie nahm ihn am Ärmel und zog ihn einige Schritte beiseite, weg von den Gryffindor, die bereits eine Antwort auf den Lippen hatten. Flüchtig schaute sie nach oben zum Lehrertisch, wo noch immer sowohl Professor Snape, als auch Professor Dumbledore fehlten. Einige Augen waren in ihre Richtung gerichtet, was Evelyn nicht störte. Sie würde nur reden.
 

"Du willst dich doch nicht wirklich entschuldigen, oder?", sagte sie schließlich, als sie ihrer Stimme traute. Wirklich glauben, dass Draco sich entschuldigte, konnte sie nicht. Klein bei zu geben, vor Harry, wollte in ihren Augen nicht zu ihm passen.
 

Draco schnalzte mit der Zunge und zuckte die Schultern. "Wenn es das Beste für meine Familie ist, dann werde ich es tun."
 

Verdammt.
 

Sie nickte langsam und begann sich vorzustellen, was es bedeuten würde, wenn Draco und Harry, nicht gerade Freunde, aber auf neutraler Basis wären; und diese Vision gefiel ihr gar nicht. 
 

"Ist es denn das Beste?"
 

Draco runzelte die Stirn. "Was geht dich das überhaupt an?"
 

"Er ist ein Gryffindor." Kein gutes Argument, aber immerhin konnte sie damit seine Frage umgehen. Es geht mich sehr wohl etwas an, wenn du meine Timeline versaust! Der Gedanke in wie weit es ihre Schuld sein könnte, dass sie diese Konversation führen musste, kam ihr nicht. 
 

"Das Haus spielt in diesem Fall keine Rolle." Evelyn spürte, dass Draco wenig Lust auf diese Konversation hatte und stattdessen lieber die Sache mit Harry schnell hinter sich bringen wollte. Sie brauchte ein überzeugendes Argument. Schnell.
 

Denk nach, denk nach!
 

Ihr Mund öffnete und schloss sich, ohne dass sie etwas sagte. Draco wartete irritiert, doch schließlich drehte er sich um. Dann sprach sie ihren Trumpf aus. 
 

"Er ist Sucher!"
 

Prompt hielt er inne. Crabbe und Goyle schauten erst sie, dann Draco verwirrt an, dessen Gesicht vor ihr verborgen war. Sie wischte ihre vor Nervosität feuchten Handflächen an ihrem Umhang ab, als sich Draco zu ihr umwandte. Seine Miene war völlig neutral. 
 

"Wer ist Sucher?"
 

Triumphierend ihn endlich bei seinem Stolz gepackt zu haben, atmete sie erleichtert aus, ehe sie mit etwas ruhigerem Ton als bisher antwortete. "Harry er ... Potter. McGonagall hat ihn zum neuen Sucher der Gryffindor Mannschaft gemacht. Deshalb sitzt er noch hier." Dracos Blick wanderte zu Harry, der von ihrem Gespräch nichts mitbekam und sich stattdessen mit den rothaarigen Zwillingen unterhielt, dann wieder zu ihr. 
 

"Erstklässler dürfen nicht in die Mannschaft. Mein Vater hat versucht mich ... Er hat Dumbl-." Er stockte und schluckte, bemüht seine Fassung zu wahren. "Woher weißt du das; dass er Sucher ist?"
 

Unruhig trat Evelyn von einem Bein aufs andere. "Ich habe mir Gedanken gemacht. Du sagtest doch, wir sollten uns Gedanken machen, weshalb Snape mit Flint reden wollte."
 

"Und du sagtest, du willst nicht spekulieren." So etwas wie Hoffnung schien in Dracos Augen aufzublitzen als er erkannte, dass Evelyn womöglich nur eine Vermutung angestellt hatte. Eine Vermutung, mit der sie genauso gut auch falsch liegen könnte. 
 

Ein sanftes Lächeln erschien um Evelyns Lippen. "Ich spekuliere nicht. Ich schlussfolgere. McGonagall hat ihn fliegen sehen und wie er das Erinnermich knapp über dem Boden aufgefangen hat – eine Meisterleistung, wenn du mich fragst." Dracos Augenbraue hob sich. Die letzte Bemerkung hätte nicht sein müssen, jedoch brodelte es dadurch nur noch mehr in ihm. Ein Fakt, der Evelyn nur zugutekam. Sie fuhr fort:
 

"Snape ist deshalb natürlich fürchterlich schlecht gelaunt, weil die Regeln ausgerechnet für Harry Potter verbogen werden, nicht aber für einen seiner Schüler." Weit hergeholt, aber das machte es für Draco noch persönlicher. 
 

"Flint ist Kapitän unserer Quidditch-Mannschaft", kam es schließlich leise aus Dracos Mund, der resigniert zugeben musste, dass Evelyns Überlegungen, die gar keine Überlegungen sondern einfaches Wissen waren, stimmen mussten. 
 

Evelyn nickte und wartete auf seine Reaktion. Mit einem Wedler seiner Hand rief er Crabbe und Goyle zu sich und lief das letzte Stück, hin zu Harry. Evelyn blieb stehen, griff mit der rechten Hand an ihren anderen Oberarm und atmete durch. 
 

Sie war sich sicher, dass sie eine Entschuldigung verhindert hatte, Restzweifel waren jedoch noch immer vorhanden. Ein schlechtes Gewissen Harry ihm gegenüber als Sucher verpfiffen zu haben, hatte sie nicht. Sie redete sich ein alles zum größeren Wohl getan zu haben und war damit sogar erfolgreich. 
 

Fred und George liefen an ihr vorbei ohne sie zu beachten und auch sie schaute sich nicht um, wie die beiden als eine der ersten die Halle verließen. Sie entschied, dass sie genauso gut am Tisch bei den anderen warten konnte. 
 

"Was sollte das? Was hast du ihm gesagt?", wollte Zabini sofort wissen, als sie zurück gekehrt war. 
 

Pansy schüttelte empört über ihr plötzliches Aufbrechen nur den Kopf, während Millicent ihr auf der Bank Platz machte, damit sie sich setzen konnte. 
 

"Mir ist etwas eingefallen, das er wissen sollte."
 

"Was wissen sollte? Wer? Draco?" Daphne lehnte sich nach vorne, wurde aber von Zabini weg geschoben, der ebenfalls seinen Kopf interessiert vor streckte. 
 

"Wovon redest du?"
 

Sie konnte die Neugier der anderen nachvollziehen, im Moment interessierte sie aber eher Draco, der sich ihnen mit Crabbe und Goyle näherte. Das Gespräch schien kurz gewesen zu sein, bemerkte Evelyn. Gut
 

"Das kann er dir selbst sagen", wich Evelyn aus und lenkte die Aufmerksamkeit der anderen mit einem Nicken auf Draco. 
 

Sofort wurde Draco von den Anwesenden mit Fragen bombardiert. Vor allem Zabini machte sich bemerkbar.
 

"Wie ist es gelaufen, hast du dich entschuldigt?"
 

Dracos Hand, die er auf den Tisch gelegt hatte, ballte sich zur Faust. "Und wenn Potter Großmeister des Zaubergamot persönlich wäre, würde ich mich nicht derart erniedrigen." Einige Sekunden wirkten seine Worte, ehe Daphne nachfragte.
 

"Du hast dich nicht entschuldigt?"
 

Sein Schweigen war bereits mehr als eine Antwort, doch Crabbe glaubte für ihn sprechen zu müssen. "Nein, hat er nicht. Er hat ihn zu einem Zaubererduell aufgefordert."
 

Evelyns Augen schlossen sich und sie musste sich zusammenreißen nicht zu grinsen.
 

"Er hat was!", kam es empört von Zabini. "Du hast was?!"
 

Millicent bedeckte geschockt ihren Mund, während Daphne und Pansy sich still schweigend anschauten. 
 

"Was hast du ihm gesagt?", wurde sie erneut von Zabini gefragt, der von Draco abgelassen hatte und nun von Evelyn Antworten verlangte.
 

"Fawley hat ihren Kopf benutzt, im Gegensatz zu euch!", zischte Draco leise, in dem es noch immer brodelte.
 

Fawley? Ach ja, ich. Kurz war Evelyn von seiner Erwiderung irritiert gewesen. Benutz doch Harris und nicht den Namen meiner falschen Familie. Scheinbar war der Name ihrer vermeintlichen Reinblut-Verwandten gerade gut genug für ein Lob.
 

"Sie ist dahinter gekommen, was heute los war. Mit Snape und Flint und ... Potter." 
 

"Er ist Gryffindor-Sucher", verkürzte Evelyn die Sache, die sich den kleinen Triumph endlich von ihrem Wissen profitieren zu können nicht verkneifen konnte. Die Euphorie darüber Dracos vermeintliche Entschuldigung aufgehalten zu haben trug auch einen Teil zu ihrer Leichtköpfigkeit bei. 
 

Daphne runzelte die Stirn. "Harry? Gryffindor-Sucher? D-das macht-"
 

"-erstaunlich viel Sinn", vervollständigte Zabini Daphnes Satz, der die Zusammenhänge schneller als manch anderer am Tisch begriffen hatte. Dabei machte jedoch ein gequältes Gesicht. "Und das musstest du ihm jetzt sagen? Konnte das nicht bis später warten?"
 

"Später? Wieviel später? Nachdem ich mich bereits lächerlich gemacht hatte und vor Potter gebuckelt hätte wie jeder andere auch?" 
 

Es schien, als hätte Zabini nicht mit einem derartigen Gefühlsausbruch von Draco gerechnet. Sie hielt es für richtig einzuschreiten und sich zu erklären. "Ich wollte nicht, dass er Potter heute auch noch die Genugtuung geben würde, vor ihm zu kriechen. Potter wurde schon zum Sucher befördert statt von der Schule zu fliegen." Das entsprach natürlich nicht ganz der Wahrheit, würde ihr aber weitere Fragen ersparen, so hoffte sie. 
 

Ihr Blick wanderte zu Draco, der den Kopf in ihre Richtung neigte, was scheinbar ein "Danke schön" andeuten sollte. Sie erwiderte die Geste. Ob er ihr deshalb danken sollte, stellte sie in Frage. Auf lange Sicht gesehen wäre sein Leben wohl anders, besser verlaufen, aber sie konnte keine Rücksicht auf einen einzelnen nehmen.
 

Blaise schien zu resigniere. "Schön, fein."
 

"Was wirst du wegen des Zaubererduells machen, Draco?" Pansy wagte nun wieder etwas zu sagen.
 

"Was werde ich schon machen? Jemand muss Potter sein Maul stopfen."
 

Evelyn wurde hellhörig. "Warte, du hast vor hinzugehen?"
 

Mehrere Augenpaare schauten sie fragend an, ehe Draco sie ansprach. "Das hatte ich eigentlich vor, ja."
 

"Ein Duell ist ein Duell. Wer ist eigentlich dein Sekundant?", fragte Daphne, woraufhin Draco auf Crabbe zu seiner rechten zeigte, was Zabini grantig zur Kenntnis nahm.
 

"Vinc?", sein Blick viel auf den plumpen Jungen. "Na, du machst das, Kumpel."
 

Eine Diskussion entbrannte unter den Herren, wer denn nun als Sekundant geeignet wäre, was Evelyn nur mit einem Ohr verfolgte. Es war offensichtlich, dass keiner der Anwesenden daran zweifelte das Duell stattfinden zu lassen, was in Evelyn erneut die Galle aufstoßen ließ. Für heute hatte sie genug Aufregung gehabt, weshalb sie kurzerhand entschied das eher kleine Problem direkt anzusprechen. 
 

"Blaise hat Nachsitzen bei Filch", rief sie in die Runde, wobei sie den Namen des Hausmeisters betonte in der Hoffnung damit etwas in den Kindern zu regen. "Der kann kein Sekundant sein. Überhaupt, wieso willst du da überhaupt hin?"
 

"Spuck's aus, Harris, du hast doch was zu sagen." Daphne wurde ungeduldig. 
 

Die Hilfestellung schien nichts gebracht zu haben. Dann eben gerade heraus, dachte sie. "Wieso das Risiko eingehen sich nachts hinauszuschleichen zu ... weiß Merlin wohin? Snape ist sowieso schon mies gelaunt und egal wo das Duell stattfindet, du musst an seinen Räumen vorbei. Keine gute Idee, wenn du mich fragst."
 

Betretenes Schweigen machte sich breit, ehe Millicent das Wort ergriff. "Du klingst, als hättest du bereits eine Lösung, was schlägst du vor, Evelyn?"
 

Die überkreuzte die Arme vor der Brust. "Ganz einfach. Geh nicht hin."
 

"Ausgeschlossen", unterbrach Draco sie barsch.
 

"Lass mich ausreden. Geh nicht hin und lass Potter auflaufen. Blaise hier muss gleich zu Filch oder nicht?" Sie wartete einige Herzschläge bevor sie weitersprach um ihnen Zeit zu geben doch noch selbst auf die Lösung zu kommen; und tatsächlich Daphne grinste plötzlich breit.
 

"Blaise soll sie verpfeifen, bei Filch."
 

"Damit er sie suchen geht und erwischt", spann Millicent den Gedanken weiter.
 

"Während wir gemütlich in unserem Gemeinschaftsraum sitzen, in Sicherheit", beendete Draco. "Brillant."
 

Evelyn schnippte mit dem Finger und deutete auf Draco, der anerkennend den Mund spitze.
 

"Nicht schlecht, Fawley, mir gefällt wie du denkst. Du magst kein Talent fürs Zaubern haben, aber du weißt deinen Verstand zu benutzen."
 

Augenrunzelnd nahm sie die in Lob gepackte Beleidigung zur Kenntnis. Im Grunde stammte die Idee, hoffentlich, sowieso von Draco, daher wollte sie sich sowieso nicht mit fremden Federn schmücken. "Danke, Draco. Aber mein Name ist immer noch Harris."
 

"Bist du sicher, Harris ist so ... gewöhnlich."
 

"Bin ganz glücklich damit."
 

Er zuckte nur die Schultern. "Wenn du meinst. Harris hatte einen guten Vorschlag, so wird es gemacht."
 

Alle waren dem Plan gefolgt, bis auf Crabbe. "Aber wenn Filch Potter erwischt, dann kannst du doch gar nicht gegen ihn kämpfen."
 

"Es wird kein Duell geben, du Spatzenhirn!"
 

"Ich erkläre es dir nochmal, Vince." Evelyn bewunderte Zabini für seine Geduld, die sie wohl auf Dauer nicht aufbringen könnte, wobei sie Dracos Worte ein wenig zu harsch empfunden hatte. 
 

Etwa während der dritten Wiederholung und gegen Ende des Essens öffnete sich das Tor zur Großen Halle. Den Blick streng nach vorne gerichtet, auf den Lehrertisch fixierte, rauschte Professor Snape an ihnen vorbei und wirbelte einigen Wind mit seinem Umhang auf. Ihm auf den Fersen war ein blass aussehender Marcus Flint, der sich stöhnend auf den nächst besten Platz fallen ließ. Von allen Seiten redeten die Schüler auf ihn ein. Es hatte sich inzwischen überall in ihrem Haus herumgesprochen, dass ihr Hauslehrer ihnen einen Besuch abgestattet hatte, mit Laune auf dem Tiefpunkt, und Flint mitgenommen hatte. 
 

Wie bei der Flüsterpost wurden seine Nachrichten von Schüler zu Schüler gereicht. Gleichzeitig teilten Daphne und Pansy die Neuigkeiten um Harrys neuen Sucherstatus, bis der ganze Tisch informiert war. Unter vorgehaltener Hand diskutierte bald jeder Slytherin über den Skandal um Gryffindor. Evelyn hingegen lehnte sich zurück und beobachtete stattdessen den Lehrertisch, wo Snape nun angekommen war. Es schien, als interessierte er sich nicht am Essen, sondern als hätte er ganz andere Gründe hier in der Halle zu sein. Ohne auch nur zu versuchen sich auf Professor McGonagalls Augenhöhe zu setzen, blieb er neben ihrem Stuhl stehen und redete wütend auf sie ein. Diese erwiderte nicht minder wütend etwas zurück. Flitwick, der den Schlagaustausch aus nächster Nähe mitbekam, trank genüsslich aus seinem Kelch, als hätte er eine ähnliche Szene bereits einige Male erlebt und wäre es deshalb müde geworden, darauf zu reagieren. Auch keine der anderen anwesenden Lehrer schienen sich um den Streit der Hauslehrer zu kümmern und der einzige, der vielleicht etwas hätte ausrichten wollen und können, war nicht anwesend. 
 

"Du meine Güte, die haben sich ganz schön was zu sagen", meinte Millicent in Evelyn Ohr, als sie Evelyns Blick verfolgt hatte und die wütenden Lehrer sah. 
 

"Potter wird offensichtlich bevorzugt. Ich verstehe, dass ihm das nicht gefällt." Snape gestikulierte wild und deutete auf McGonagall, die seine Hand beiläufig weg schlug, um nun ihrerseits auf ihn einzureden. Beide standen mittlerweile, und keiften sich im Schutz des hohen Stuhl des Schulleiters an. Sie waren nicht zu hören, doch wer hinsah, konnte sie trotz Stuhls deutlich sehen. 
 

"Schon", gab Millicent ihr recht, "aber hast du gesehen, wie er den Ball gefangen hat?"
 

"Das Erinnermich."
 

"Ja, das war wahnsinnig gut. Ich schaffe es nicht einmal den Besen hochzurufen und er legt einen Sturzflug hin und zieht wenige Zauberstablängen über dem Boden nach oben." 
 

Daphne, die lieber ihnen als den Jungs zugehört hatte, wie sie Pläne für das nicht stattfindende Duell schmiedeten, nickte hinter Millicent. "Das war ziemlich nahe an einem perfekten Wronski-Bluff, nur ohne Schnatz. Bezweifle, dass Draco das gekonnt hätte", flüsterte sie, bekam aber von Pansy einen leichten Schlag auf den Hinterkopf. 
 

Die Lobpreisungen über Harrys Leistungen aus dem Mund ihrer Slytherin-Kameraden zu hören, verblüffte Evelyn, machte sie gleichzeitig aber auch stolz. 
 

Während Daphne Millicent erklärte, was ein Wronski-Bluff war, spürte Evelyn erneut einen Windstoß und sah nur noch den Rücken ihres Hauslehrers, wie er ohne etwas gegessen zu haben auf dem Weg war die Halle zu verlassen. 
 

"Verzeihen Sie, Professor!", rief Draco laut und deutlich, während er beinahe vor Aufregung hüpfte und sich groß machte. Er stand mitten unter ihnen und Evelyn war nicht die einzige die sich wünschte, er hätte an diesem Abend nicht erneut die Aufmerksamkeit von Snape auf sich gezogen. Schon gar nicht, während sie nur wenige Arm breit von ihm weg saßen und damit im Gefahrenbereich. Kollektives Aufstöhnen war zu hören, während Blaise das Gesicht in die Hand legte, unfähig sich die Szene anzuschauen. Pansy, hinter der Snape stehen geblieben war, lehnte sich unbehaglich zur Seite, bis sie beinahe auf dem Schoß von Daphne saß. 
 

Nur Draco mit Goyle und Crabbe zu beiden Seiten hielten Snapes Blick unbeirrt stand. Währenddessen runzelte Evelyn eher die Stirn über Snapes ungewöhnliche Blässe und eingefallenen Wangen. Hätte nicht geschadet, wenn Sie wenigstens ein bisschen gegessen hätten. Fürchterlich dürr, wenn das Molly sehen würde ...
 

Da es jedoch keine gute Idee wäre ihm Pudding anzubieten, blieb sie lieber still und ließ Draco sich um Kopf und Kragen reden. 
 

"Sir, stimmt es, was man sagt? Ist Potter tatsächlich Sucher?"
 

Direkter Angriff, keine gute Wahl, wie Evelyn fand, was sie mit einem scharfen Einatmen zeigte. "Ich wüsste nicht, woher Sie glauben solche Informationen zu haben, Mr Malfoy, oder weshalb Sie annehmen, dass ich diese Gerüchte auch noch bestätige."
 

"Sir, die Schule verbietet es Erstklässler in die Mannschaft aufzunehmen. Sicher wird Dumbledore noch nicht das letzte Wort in dieser Sache gesagt haben, oder?"
 

"Die Regeln dieser Schule sind mir durchaus vertraut, ich bin schließlich einige Wochen länger hier, als Sie. Desweiteren denke ich, dass Professor Dumbledore Ihnen gerne jede Ihrer Fragen beantwortet, vorausgesetzt, Sie finden ihn." Seine Augen glitten nach links hinauf zum Lehrerpult mit dem leeren Stuhl in der Mitte. 
 

Draco weigerte sich Ruhe zu geben und reckte sein Kinn nach oben, die Hände starr nach unten gedrückt. 
 

"Bei allem Respekt, Sir, Potter als Spieler zuzulassen ist-"
 

"Ihre Meinung ist mir völlig egal, Mr Malfoy." Er faltete seinen Umhang vor sich und wickelte sich damit ein. Oh nein, der Todesstoß. "An Ihrer Stelle würde ich mich eher fragen, was Sie anders hätten machen können, um diese ganze Sache zu verhindern. Und falls – ich sage falls – Potter wirklich Gryffindors neuer Wundersucher ist, dann sollten Sie Merlin danken, dass Sie nicht in diesem Moment mit ihm zusammen nach Hause fahren. Das wäre nämlich die Alternative und glauben Sie mir, ich wäre mit dieser Alternative mehr als einverstanden." Der hat gesessen. 
 

Das realisierte auch Draco, der sich langsam zurück auf seinen Platz gleiten ließ, den Kopf gesenkt. Millicent drehte sich zu Evelyn, weg von Snape, und formte ein tonloses "o". Der Schock stand auf ihrem Gesicht geschrieben. 
 

Mit einer Handbewegung befreite er sich aus seinem eigenen Umhang und wandte sich zum gehen, hielt dann noch einmal inne. "Wenn Sie also Beschwerde oder Verbesserungsvorschläge zur Situation haben, wenden Sie sich an den Schulleiter." Sein Blick schoss auf Zabini, der unweigerlich zusammenzuckte. "Ich glaube Filch wartet bereits auf sie, Mr Zabini." Ohne auf eine Reaktion zu warten, verschwand er so schnell, wie er aufgetaucht war. 
 

"Nun", begann Evelyn die seltsame Stille zu durchbrechen. "Das werte ich jetzt mal als ein Ja seinerseits."
 

Dracos Haut wirkte grau und farblos, was ihn beinahe wie ein Albino aussehen ließ. Die Worte Snapes mussten ihn mehr getroffen haben, als er zugeben wollte. Vermutlich realisierte er gerade, dass auch er nicht unantastbar und sogar knapp einem Rausschmiss entgangen war. Seine Zuversicht sein Name würde ihn schützen, hatte Snape, sein eigener Hauslehrer, gerade zunichte gemacht. 
 

"Ich denke", meinte Zabini langsam, während er sich erhob, "ich sollte gehen. Will nicht zu spät kommen."
 

"Wa-", Dracos Stimme war heiser und einige Oktaven zu hoch. Er räusperte sich und kämpfte damit seine Beherrschung nicht vor allen Augen zu verlieren. "Warte." Evelyn empfand regelrecht Mitleid mit dem Jungen, dem man nun ansah, dass er weitaus jünger war, als er sich gab. Auch Pansy versuchte die Hand nach ihm auszustrecken, doch er wies sie ab.
 

"Erinnerst du dich noch daran, was ich dir gesagt habe?" Man hörte deutlich Trauer und Enttäuschung, doch trotzallem wollte er die Sache mit Filch durchziehen. 
 

"Pokalzimmer, Mitternacht, Schüler aus den Betten, ich werde es nicht vergessen." Zabini nickte um schenkte Draco ein Lächeln, während er ihm auf die Schulter klopfte. "Mach dir nichts draus, Kumpel." Mit letztem Wink in die Runde, verschwand er zum Nachsitzen.
 

"Genau, lass uns in den Gemeinschaftsraum gehen. Blaise regelt das."
 

"Ich glaube ich habe einen Plattenspieler gesehen", meinte Millicent. "Wir könnten Musik hören und auf Blaise warten."
 

Daphne nickte. "Ja, im Schrank war einer, wir können es uns gemütlich machen. Die andern gehen bestimmt bald in ihre Schlafsäle."
 

Eifrig wurden Pläne ausgetauscht, wie sie die kommenden Stunden gestalten könnten. Jeder einzelne von ihnen versuchte Draco abzulenken, ihn aufzumuntern und versuchte ihn auf andere Gedanken zu bringen. Was für ein Bild. Sogar Goyle klopfte Draco immer wieder auf die Schulter und ermutigte ihn, bis auch er ein Lächeln zustande brachte.
 

"Plattenspieler?", beteiligte sich Evelyn nun mit heiterer Stimmung. "Den würde ich gerne sehen. Haben wir überhaupt Platten?"
 

"Ja sicher, müssten direkt daneben stehen", meinte Millicent. 
 

Evelyn schaute auf Draco, der wieder ein wenig Farbe ins Gesicht bekommen hatte. "Na dann los, was sitzen wir hier noch rum?"



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