Zum Inhalt der Seite

Lamiak

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Tobsucht

Das erste große Event des Internats nahte heran. Das jährliche Septemberfest. Es fand seinen Ursprung in der Verabschiedung des Sommers und des Willkommen Heißens der kälteren, nassen Jahreszeit. Es stand ganz im Zeichen der fallenden Blätter die der nahende Herbst mit sich brachte. Es war noch warm aber die Bäume im großen Garten des Gebäudes begannen sich bereits zu verwandeln. Das grün wich aus ihnen und machte Platz für gelbe und rote Töne. Der Schulhof sah wie durch Zauber verwandelt aus. Arantxa schlich sich nachts immer öfter in das Musikzimmer. Niemand wusste davon, außer einem. Alexis freute sich auf das Fest. Es erinnerte sie an die Schulbälle in ihrer Heimat. Die Mädchen machten einen Ausflug in die nächstgelegene Stadt um sich Kleider zu besorgen.

„Und hat dich Colin schon gefragt ob du ihn begleiten wirst?“ wollte Arantxa wissen.

„Nein, noch nicht. Aber ich hoffe er wird es bald tun.“ Sie freute sich bereits auf diesen Moment.

„Mit wem wirst du gehen Ara?“

„Hm…“ sie überlegte kurz und schaute in die Luft. „Ich weiß noch nicht, vielleicht frage ich Nestor.“

„Den? Warum gehst du nicht mit Luken?“ Ihre Freundin stichelte und lachte.

„Ew, spinnst du?! Doch nicht dieser Tollpatsch! Da lacht mich doch jeder aus!“ entgegnete Arantxa bestürzt. Sie hob ihre Nase hoch und verkündete sie finde definitiv jemand besseren und widmete sich wieder der Kleiderwahl. Lexi rollte mit den Augen und tat es ihr gleich.

„Perfektua!“ freute sich die Baskin als sie ihr Kleid endlich fand.

„Lexi, ist Colin jetzt also dein Freund?“ Ibarra war neugierig.

„Ich weiß nicht…wir haben das nicht so genau besprochen.“ Antwortete sie verlegen.

„Dann ist das Fest die ideale Gelegenheit das herauszufinden!“ lachte Arantxa.

Den Jungs fiel die Wahl ihrer Kleidung deutlich einfacher. Nael hatte seinen Anzug vom bereits vergangenen Jahr wieder hervorgeholt. Er stand ihm noch genauso gut. Er half seinen Freunden ebenfalls welche auszusuchen, was schnell erledigt war.

„Colin, du und Alexis also…?“ Wollte Nael wissen. Colin schaute verlegen und stolz auf seine dunkelblaue Krawatte in der er versuchte einen Knoten zu bekommen.

„Ja. Ich werde sie später bitten mich zu begleiten. Was ist mit euch?“

„Ich habe Irati gefragt, wir verstehen uns ziemlich gut seit einer Weile.“ Gibt Nael freudig zurück. „Sie ist ein tolles Mädchen, und wenn ich Glück habe bemerkt sie nicht einmal, dass ich nicht tanzen kann!“ Die Jungs lachten.

„Ich werde Arantxa fragen.“ Die Jungs schauten Luken mit angehaltener Luft an.

„Ist das dein Ernst?“ wollte Nael ungläubig wissen. Luken schluckte.

„Du kannst es versuchen…“ meinte Colin ungewiss. „Wenn du sichergehen willst, frag Jente. Ich glaube die hat ein Auge auf dich geworfen.“ Jente war ein blondes Mädchen ihrer Klassenstufe. Sie saß im Unterricht hinter Luken und fand immer eine Ausrede um ihn anzusprechen. Sie war hübsch und hatte ein ausgeglichenes, freundliches Wesen. Luken verunsicherte der Gedanke Arantxa würde ihn ablehnen.

Am nächsten Tag fasste er sich ein Herz. Er hatte sich sogar rausgeputzt. Er trug ein olivgrünes Leinenhemd, welches er an den Ärmeln hochgekrempelt hatte. Er war groß und schlank und es stand im ausgezeichnet. Nach den ersten Unterrichtsstunden nahm er seinen Mut zusammen und suchte Arantxa. Er fand sie schnell, umgeben von einer Traube ihrer ebenso beliebten Anhänger. Aufgeblasene Leute die ihn nur schräg anschauten und Arantxa anstießen als er bei ihnen stand.

„Kaixo. Arantxa hast du mal einen Moment?“ die anderen Mädchen in der Runde begannen zu tuscheln und zu kichern.

„Was willst du Arriola?“ sie bewegte sich keinen Schritt und sah ihn mit überheblicher Miene an. Luken wartete kurz ab, aber niemand schien sich vom Fleck zu bewegen.

„Ich eh…“ begann er zu stottern. Die gehässigen Mädchen unterbrachen ihn.

„Der bringt ja kaum ein Wort raus.“ Sie fingen an zu lachen.

„Ibarra…w-würdest du…“ er pausierte kurz und holte tief Luft. „Ich möchte, dass du mich zum Fest begleitest.“ Er hielt die Luft an und lächelte gequält. Die hochnäsigen Mädchen blickten sich gegenseitig an. Arantxa sagte gar nichts. Er atmete aus. Sie schaute sich um und wirkte wie eine vollkommen andere Person, als die die er am Klavier entdeckt hatte.

„Das glaubst du doch nicht im Ernst, dass ich mit einem peinlichen Tölpel wie dir dort aufkreuze.“ Die Mädchen lachten und gingen langsam beiseite. Ein herber Schlag für den Lockenkopf. Er senkte seine Schultern und überlegte kurz wie er die Schmach gekonnt übergehen konnte. Er rümpfte die Nase, nickte selbstironisch und machte Witze.

„Natürlich nicht.“ Unbehaglich stand er da und versuchte seine Enttäuschung zu überspielen, als die Mädchen und Arantxa sich umdrehten und gingen.

„Vielleicht habe ich nur Fieber und rede ungewollt dummes Zeug vor mir her…“ murmelte er und steckte die Hände in die Hosentaschen. Keiner hörte mehr was er sagte.

Aus der Ferne hatte Lexi das Ganze mitbekommen. Luken tat ihr leid. Ja, er ist ungeschickt und zynisch, manchmal auch ein neurotischer Spinner. Aber das machte ihn doch so sympathisch.

Die Zeit bis zum Fest verging schnell. Arantxa und ihre Gruppe von Schäfchen beteiligten sich an der Organisation des Events. Es fand im Garten hinter dem Gebäude statt. Es war ein lauer Septemberabend und die Sonne begann schon zu sinken als die ersten eintrafen. Runde Tische waren aufgebaut. Die Band auf der im hinteren Teil stehenden Bühne sorgte für die richtige Musik an dem Abend. Die Tische waren halbkreisförmig um eine Fläche vor der Bühne verteilt und herrlich verziert. Rote Beeren und buntes Laub verschönerten sie, Lichterketten hingen in den Bäumen und Fackeln erleuchteten den Weg zurück ins Internat. Weiße Girlanden hangelten sich von Baum zu Baum. Ein Büffet mit köstlichen Tapas und ausreichend Getränken fand man ebenfalls auf der linken Seite. Es sah wundervoll aus. Der Direktor hielt eine kleine Ansprache und eröffnete das Fest. Nael und Irati, Colin und Alexis und Arantxa mit ihrem Begleiter Nestor erreichten das Fest gemeinsam. Nestor war ein muskulöser, gutaussehender Mitschüler der Mädchen. Er kam aus Barcelona. Er behandelte Arantxa gut und schien von ihr und ihrer Beliebtheit angetan. Diese genoss die Aufmerksamkeit von dem ebenfalls beliebten jungen Mann. Nachdem die Freunde schon ihr erstes Getränk hinter sich hatten, tauchte nun auch Luken auf. Aber nicht allein, wie von Arantxa vermutet. Sondern in Begleitung der hübschen Jente.

„Hey Leute, das ist Jente.“ Stellte er sie vor. Jente begrüßte alle freundlich. Arantxa gefiel die Situation nicht.

„Gut seht ihr alle aus.“ Bemerkte Luken.

„Ja, du siehst umwerfend aus Arantxa!“ komplimentierte Jente die Baskin. Ein langes dunkelgrünes Kleid fiel über Arantxas schlanke Beine bis zum Boden. Ihren Rücken zierte ein großer mit Spitze überdeckter Ausschnitt, welche sich auch teilweise über ihre Schultern erstreckte. Ihr Haar hatte sie hochgesteckt mit einem Kamm. Strähnen ihres langen Haares die er nicht mehr fassen konnte, fielen ihr über die Schultern und ins Gesicht. Ihr schmales Handgelenk zierten einige goldene Armreifen, und Ringe ihre Ohren.

„Du auch.“ Gab sie kühl gespielt zurück. Luken schaute sie aufmerksam an.

„Lass uns was zu essen holen, Luken. Bis später Leute!“ Bat die blonde Schönheit und zog ihn freundlich von der Gruppe weg. Arantxa folgte ihnen mit düsteren Blicken.

„Komm Nestor, ich will tanzen. “ Diesem gefiel die plötzlich stürmische Art mit der sie ihm zur Fläche zerrte und ließ sich dies grinsend gefallen. Die anderen sahen sich das kleine Theaterstück mit an. Alle genossen das Fest, es wurde viel gegessen, erzählt und getanzt. Die Gruppe, bis auf ein paar Ausnahmen, verstanden sich blendend. Der Abend war harmonisch und das Fest ein voller Erfolg. Die Musik war geschmackvoll ausgewählt und lud die Paare zum Tanzen ein.

„Wollen wir?“ lud Colin seine Freundin erneut nach einer kleinen Pause ein auf die Tanzfläche zurück zu kehren. Sie willigte ein und ergriff seine Hand die er ihr hinhielt. Alexis legte ihren linken Arm auf seine Schulter. Er legte seine freie an ihren Rücken und zog sie sanft etwas dichter an sich heran. Sie lächelte ihn daraufhin an.

Arantxa stand am Buffet und schenkte sich ein neues Getränk ein. Sie beobachtete von ihrem Posten aus Luken und Jente wie sie tanzten. Wenn er lächelte zeichneten sich niedliche Grübchen an seinen Wangen ab. Selbst der schwarze Anzug mit der schmalen schwarzen Krawatte stand ihm. Sie drehte der Fläche den Rücken zu und goss sich erneut ein Getränk ein. Bevor sie es bemerken konnte kam Jente auf sie zu um ihren Durst zu stillen.

„Ein toller Abend!“ schnaubte sie freudig los. „Und Luken ist so ein Gentleman!“

Arantxa rollte mit ihren dunklen Augen und äffte Jente hinter ihrem Rücken nach.

„Wow, das ist aber eine tolle Spange die du da im Haar trägst.“ Sie starrte auf den glänzenden Kamm der Arantxa’s Frisur zusammenhielt.

„Danke.“ Gab sie nüchtern zurück und kippte ihr Getränk runter. Luken stieß zu ihnen.

„Na unterhaltet ihr euch nett?“ Arantxa ignorierte ihn. Jente nickte überschwänglich.

„Ich geh dann mal wieder.“ Sagte die Baskin nüchtern und suchte ihren muskulösen Begleiter um sich auf der Tanzfläche mit ihm abzulenken.

„Ich glaube sie mag mich nicht sonderlich.“ Befürchtete Jente. Luken schaute ihr nach und wandte sich wieder seiner Begleiterin zu.

„Mach dir keinen Kopf, die hat sicher nur einen schlechten Tag.“

Es wurde lange gefeiert. Der Abend wandelte sich zur Nacht und einige verließen das Fest bereits. Unter ihnen waren Lexi und Colin die ersten. Arantxa ließ Nestor nicht los solange sie noch Arriola und Jente auf dem Fest erblickte. Sie beobachtete wie sie sich am Rand unterhielten und einige Male auf das Internatsgebäude deuteten und dann einvernehmlich nickten. Sie wollten wohl bald gehen. Arantxa teilte Nestor mit sie wolle gehen. Er akzeptierte und verabschiedete sich von allen. Arantxa nahm energisch seine Hand und stiefelte an Luken und Jente vorbei.

„Wir gehen dann mal!“ sagte sie absichtlich laut. Luken bat seine Begleiterin um einen kurzen Moment und ging Arantxa und Nestor nach.

„Arantxa, kann ich kurz mit dir reden?“ Diese blieb stehen.

„Was willst du, Arriola?“ sie wirkte genervt.

„Entschuldige uns einen Moment Nestor.“ Der Spanier nickte und ging vor.

„Es wäre toll, wenn du etwas netter zu Jente wärst. Sie hat sich den ganzen Abend bemüht. Was hast du denn gegen sie?“ Stellte er sie ruhig zur Rede. Arantxa wich seinem Blick aus und schnaubte verärgert.

„Ich kann sie einfach nicht leiden mit ihrer dämlichen `ich bin so nett und mag alle Menschen´ Attitüde.“ Wieder äffte sie sie nach und verzog das Gesicht dabei.

„Oh, als ob dein hirnloses Muskelpaket ein besserer Gesprächspartner ist!“ Er wurde etwas wütend.

„Ich wette der Typ weiß nicht mal was für Töne du einem Klavier entlocken kannst, geschweige denn, dass du nachts nie durchschläfst und durch die Gänge wanderst, welche Schokoriegel du magst und…“ er stoppte kurz „Er kennt doch nicht mal die Hälfte deiner Persönlichkeit!“ er stand dicht vor ihr und versuchte sich wieder zu beruhigen. Arantxa lehnte mit dem Rücken an einer Wand im hinteren Eingangsbereich des alten Gemäuers. Sie konnte ihre Wut über seine Worte nun nicht mehr zurückhalten und stieß ihn von sich weg und begann auf seine Arme zu hauen die er schützend vor sich hielt.

„Du Idiot!“ beschimpfte sie ihn. „Was weißt du schon?!“

„Aua! Hey, lass das!“ doch sie hörte nicht auf. „Arantxa, ay…! Schon gut, genug, ich entschuldige mich. Hör auf oder ich bekomme noch blaue Flecken!“ Sie ließ von ihm ab und rannte die große Treppe hinauf. Er verschnaufte einmal. Jente stieß wieder zu ihm.

„Alles okay bei euch?“

„Ja, mach dir keine Gedanken.“ Zum Glück hatte sie nichts von alldem mitbekommen.

„Luken, schau mal.“ Sie deutete auf eine dunkle Ecke am Fliesenboden.

„Ist das nicht Arantxa’s Spange die sie vorhin im Haar trug? Sie muss sie verloren haben. Ich werde sie ihr morgen zurückgeben. Vielleicht haben wir dann einen besseren Start.“ Lächelte die Blonde zuversichtlich.

„Ja, du kannst es versuchen. Lass uns gehen, ich bin müde.“ Luken geleitete Jente noch bis zu ihrem Zimmer und verabschiedete sich höflich von ihr. Sie gab ihm einen kleinen Kuss auf die Wange zum Dank für den schönen Abend. Sie spürte, dass er niedergeschlagen war und mit den Gedanken woanders.

„Vielleicht bis zum nächsten Mal.“ Sagte sie lächelnd und schloss die Tür hinter sich.
 

Alexis wurde von eigenartigen Geräuschen geweckt. Sie war noch sehr verschlafen und hatte Probleme ihre Augen zu öffnen.

„Ara… weißt du eigentlich wie spät es ist?“ schmollte sie verträumt. Sie zog ihre Decke über den Kopf und drehte sich zur Wand. Weiteres kramen und panisches Fluchen kam ihr zu Ohren.

„Was tust du denn??“ Alexis setzte sich auf und öffnete krampfhaft ihre Augen und versuchte sie an das eindringende Tageslicht zu gewöhnen.

„Er ist weg!“ gab Arantxa hektisch von sich und entleerte eine Schublade auf ihrem Bett.

„Was ist weg?“

„Mein Kamm. Den ich gestern im Haar trug.“ Sie durchwühlte das ausgeschüttete Gut.

„Du meinst die goldene Spange? Hattest du sie nicht als du das Fest verlassen hast?“ Alexis wurde langsam munterer.

„Ich dachte es, ich muss sie irgendwo verloren haben. Dieser dämliche Arriola hat mich ganz durcheinander gebracht!“

„Beruhige dich erstmal Ara. Wir finden ihn schon, ich helfe dir suchen.“ Beide durchkämmten das Zimmer. Mit jeder Minute wurde Arantxa ungehaltener. Als sie fertig waren, glich das Zimmer einer Müllhalde. Sachen lagen quer im Zimmer verstreut.

„Ich muss ihn einfach finden. Ich kann ihn nicht verlieren!“ sie räumte hektisch ihre Schränke wieder ein.

„Beruhige dich wieder Ara, ich gehe nachher die Anderen fragen und dann suchen wir den Garten und die Flure ab. Er wird schon auftauchen.“ Arantxa setzte sich verzweifelt auf ihr Bett und legte die Hände vors Gesicht.

„Mutter gab ihn mir.“ Sie war vollkommen aufgelöst. Lexi verstand. Es war sicher das einzige was ihr von ihren Eltern geblieben war. Sie legte ihre Hand auf die Schulter ihrer Freundin und verschwand im Badezimmer.

Als sie herauskam war Arantxa verschwunden. Vermutlich suchte sie bereits die Gänge ab. Alexis machte sich auf den Weg zum Zimmer der drei jungen Männer. Sie klopfte an und musste nicht lange warten bevor Nael ihr die Tür öffnete.

„Ist für dich, Colin.“ Grinste er und schob die Tür weiter auf. Colin strich sich soeben ein graues Shirt über den nackten Oberkörper. Lexi errötete leicht.

„Ähm… e-eigentlich…“ Sie musste sich kurz sammeln. „Arantxa ist ganz aufgelöst. Sie hat ihren goldenen Kamm verloren. Sie ist völlig außer sich deswegen.“ Nael verstand.

„Ja, unsere Mutter gab ihr dieses Ding.“ Er machte eine ernste Miene.

„Wo ist sie jetzt?“ erkundigte sich Colin aus dem Hintergrund des Zimmers.

„Im Garten vermute ich.“

„Ich werde ihr beim Suchen helfen.“ Damit verließ Nael das Zimmer.

Aus der linken hinteren Ecke drang ein verschlafenes Knurren unter einem Deckenberg hervor.

„Was ist denn hier los?“ Ein lockiger Kopf mit noch halb geschlossenen Augen kam unter einem Berg aus Kissen hervor.

„Bei dem Lärm kann doch keiner in Ruhe schlafen“ Er ließ den Kopf wieder in die Kissen sinken.

„Arantxa hat den Kamm ihrer Mutter verloren, den sie gestern im Haar trug.“ Klärte Colin und trat dichter zur Tür.

„Hey.“ Sagte er leise lächelnd und gab Lexi einen Kuss. „Wir werden sie bei der Suche unterstützen. Steh auf und hilf uns.“ Colin warf ein auf dem Boden liegendes Hemd nach ihm und verließ mit Lexi den Raum. Der schläfrige junge Mann stöhnte erschöpft und streckte ein Bein aus seiner Decke.

„Aber Jente wollte ihr doch den Kamm bringen heute…“ murmelte er im Halbschlaf in eins seiner Kissen, doch niemand war mehr dort um es zu hören.

Arantxa wurde immer ungehaltener auf der Suche nach ihrem Schmuckstück. Trotz der Geschichte hinter dem Kamm, dachten die Freunde Arantxa würde übertreiben. Sie selber merkte wie eigenartig sie sich verhielt, konnte das Verlangen nach dem Accessoire jedoch nicht unterdrücken. Sie spürte ein heißes Brennen in ihrer Brust, das stärker wurde je länger er verschwunden war. Die Ungewissheit machte sie rasend. Ihr Körper glühte beinahe und ihr ihr Bewusstsein trübte sich. Als stände sie unter Adrenalin. Ihr Herz bebte und ihre Stimme nahm einen seltsam grellen Ton an. Lexi bemerkte, dass sie sich eigenartig verhielt, sagte jedoch nichts zu ihr. Als Luken sich endlich erfolgreich aus den Federn geschält hatte und dabei war sich anzuziehen, klopfte es an seiner Tür.

„Einen Moment!“ rief er zu Tür. Er knöpfte sich das alte Hemd halb zu und öffnete. Es war Jente.

„Hey!“ gab er freundlich von sich. „Hast du Arantxa gefunden?“

„Nein, noch nicht. In ihrem Zimmer war niemand, da dachte ich, ich schaue bei dir vorbei. Weißt du wo sie sein könnte? Obwohl ich zugeben muss, dass dieses Ding sehr hübsch ist, ich hätte gerne selbst so etwas.“ Sie schaute sehnsüchtig auf den goldigen Kamm in ihren Händen.

„Du musst ihn zurückgeben, Arantxa wird uns sonst allesamt ins Grab mitnehmen.“ Scherzte er etwas unsicher. Vielleicht entsprach das sogar eher der Wahrheit in diesem Moment.

„Ich glaube die anderen sagten, sie wollte im Garten suchen. Komm schon.“ Darauf verließen beide den Gang und schlenderten in Richtung Hinterausgang.

„Er ist nicht hier.“ Sagte die Baskin düster. Ihre Muskeln begannen sich zu verkrampfen und ihre Sicht verschwamm zunehmend. Die Gruppe beschloss im Gebäude weiter zu suchen.

„Hey, geht’s dir gut Ara? Dur wirkst etwas…“ Lexi berührte den Arm ihrer Freundin und erschrak. Ihr Arm war glühend heiß.

„Oh! Du wirst doch kein Fieber haben?!“ fragte sie besorgt. Arantxa log.

„Es ist nichts. Ich will nur den Kamm finden.“ Lexi beunruhigte das Ganze immer mehr. Sie ging zu Colin. „Etwas stimmt nicht mit ihr. Sie benimmt sich eigenartig.“ Flüsterte sie ihm zu.

Plötzlich blieb Arantxa auf dem Weg in das Gebäude stehen. Ein dumpfer Impuls durchfloss ihren Körper. Von weitem rief Luken ihnen zu.

„Hey, wir haben ihn, ihr könnt aufhören zu suchen!“ Arantxas Blick fokussierte sich wieder, und das auf eine einzige Person. Jente hielt ihren Kamm in den Händen. Dunkle Schatten zeichneten sich unter Arantxas Augen ab, ihre Pupillen weiteten sich. Sie ballte die Fäuste und stieß sich die eigenen spitzen Fingernägel in das Fleisch ihrer Handflächen. All ihre Sinne schienen überstimuliert. Ihr Herz klopfte gegen ihren Rippenbogen als wollte es zerbersten. Sie stieß ein ohrenbetäubendes, grelles Kreischen von sich und raste auf Jente zu. Diese sah ihr Unglück nicht früh genug herannahen. Arantxa stieß sie mit beiden ausgefahrenen Krallen voran von sich weg. Jente wurde auf den Rücken geschleudert und ließ den Kamm fallen. Keiner konnte so schnell reagieren und alle waren nicht sicher was gerade geschah. Was war nur in sie gefahren?

„Jente, alles okay?“ fragte Luken besorgt und kniete sich zu ihr nieder. Jente rieb sich die Ellenbogen und nickte. Immer noch stand die tobsüchtige Arantxa direkt vor ihnen. Luken erschrak bei dem Anblick der sich ihm bot. Heftig atmend und glühend stand sie da, dunkle Schleier umrahmten ihre sonst so wundervollen braunen Augen. Sie riss den Kamm an sich und schrie Jente mit heiserer Stimme an.

„Verschwinde oder du wirst es büßen müssen!“ Alle trauten ihren Augen nicht. Das war nicht Arantxa wie sie sie kannten. Sie war wie besessen. Die junge Frau beruhigte sich nun langsam. Sie stand weiterhin vor Jente und Luken. Ihre Augen teuflisch entstellt aber ihr Atem ging normal und ihre Körpertemperatur schien sich zu normalisieren. Sie blickte herrisch auf die beiden hinab, ging an ihnen vorbei und verschwand in der alten Internatsvilla. Die Freunde standen wie versteinert da. Keiner wusste was er sagen oder tun sollte. Luken half Jente auf und entschuldigte sich aufrichtig bei ihr für Arantxas Verhalten.

„So ist sie sonst nicht, es tut mir wirklich leid. Vielleicht hätte ich ihre Spange an mich nehmen sollen.“ Er klang schuldbewusst.

„Du hast doch nichts verkehrt gemacht, Jaso!“ warf Nael ein. „Ich habe keine Ahnung was gerade mit meiner Schwester vor sich geht. So habe ich sie noch nie gesehen.“ Besorgt ging er um nach ihr zu sehen.

Nael ging zu dem Mädchenzimmer im Obergeschoss und klopfte vorsichtig an die nur angelehnte, offene Tür. Keine Reaktion.

„Ari…?“ Wieder nichts. „Ich komme rein!“ kündigte er sich an. Alles was er vorfand war ein großes Durcheinander im Zimmer und seine Schwester, schlafend auf dem Bett. Er vermutete die Anstrengung und emotionale Belastung haben sie wohl überanstrengt. Er legte sie vernünftig in ihr Bett und deckte sie liebevoll zu. Dann begann er das Zimmer, möglichst leise, etwas zu ordnen. Er legte den Kamm auf den kleinen Hocker neben dem Kopfteil ihres Bettes.

„Was hast du nur angestellt…? Kein Wunder, dass sie dich von der Schule geworfen haben. Vielleicht ist es besser Großvater um Rat zu fragen.“ gestand er sich ein.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück