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Boody Memories

Die Geschichte eines Auftragsmörders
von

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Kapitel 1

Es machte mir nichts aus, Existenzen auszulöschen. Im Gegenteil. All meine Opfer sollten sterben und für jemanden wie mich war es nicht wichtig, warum.

Zu Hause angekommen ging ich ins Schlafzimmer, warf meine Sachen in die nächste Ecke und ließ mich ins Bett fallen. An Schlafen war jedoch nicht zu denken, denn dafür war mein Körper nicht erschöpft genug. Ohnehin war es egal, ob Traumwelt oder Realität, denn überall spielten Blut, Tränen und Verzweiflung eine Rolle. In meinen Gedanken versunken stellte ich fest, dass mir eigentlich noch nie etwas Wunderbares passierte.

Wieder aufgestanden, sah mein Antlitz in den großen Spiegel neben dem Bett. Überall waren Narben und tiefe Kratzer zu sehen. Eine Narbe aber war der Beginn meines verdorbenen Lebens. Diese begann an der linken Schläfe, fand ihren Verlauf über der Wange und endete in der Mitte meiner Oberlippe. Zu diesem Zeitpunkt war ich sieben Jahre alt.
 

Meine Familie gehörte zur Kategorie 'wohlhabend', was bedeutete, dass es zum Mittag Sushi und zum Abendessen Kaviar gab. Unser Hausmädchen musste natürlich all unseren Dreck wegräumen und mein Kindermädchen gehörte bereits zum Inventar. Vater und Mutter waren beide tüchtige Geschäftsleute. Und obwohl sie kaum da waren, hatte ich sie trotzdem irgendwie gern.

Erfolg war eine Art Philosophie meiner Familie, woraufhin meine Mutter der Meinung war, dass ihr einziger Sohn ein Musikinstrument spielen lernen sollte. Sie sagte außerdem, das Muse der Schlüssel zum Glück sei, also wurde ein Klavier gekauft. Kaum zu glauben, aber mir gefiel dieses Instrument sogar. Der Klang der Töne strahlte eine unbeschreibliche Ruhe aus und lud zum Träumen ein. Eine Zeit lang wurden mir Stücke berühmter Pianisten nahe gebracht. Auch nach meiner Einschulung mit sechs Jahren blieb die klassische Musik ein Hobby und gleichsam ein Ventil, wenn es schlechtere Tage gab. Es war ein doch recht bequemes Leben, welches ich dank meiner Eltern führen durfte.
 

Eines Tages jedoch kam mein Vater nach Hause und befahl mir, arbeiten zu gehen. Seine Begründung war, dass der eigentliche Erfolg nur durch harte Arbeit erzielt werden konnte.

Meine Arbeit bestand schließlich darin, Steinkohle von Kellerräumen in Lkws zu schleppen. Jeden Tag nach der Schule musste ich zum Dienst antreten. Mein Körper war durch den Feinstaub immer total verrußt und dreckig. Das alles zerrte jedoch zum einen extrem an meinen Nerven, weil keine Zeit für Hausaufgaben blieb und zum anderen an den eigenen Kräften, weil die Tätigkeit derb in die Knochen ging. Mein Vater beobachtete die ganze Zeit, wie ich mich anstellte und sah, wie meine Kräfte nachließen.

Das Spiel ging so lange, bis mein Körper schließlich so schlapp war, dass nicht einmal mehr Aufstehen möglich war. Und während die Schmerzen in meinen Gliedern immer stärker wurden, fiel mir doch etwas Wesentliches auf. Mein Vater, welcher ein so starker, zielstrebiger und erfolgreicher Mann war, ließ sich immer mehr gehen. Deshalb drillte dieser Kerl mich also. Wenn das Familienoberhaupt kein Geld rein brachte, musste es jemand anderes tun. Und dieser Jemand war ich.

An Arbeit war jedoch nicht zu denken in meinem Zustand. Auch der Arzt meinte, dass das nie wieder passieren durfte, wenn ich gesund bleiben sollte. Mein Vater wurde daraufhin so wütend, sodass er nach mir griff, mich gegen einen Schrank warf und schließlich auf mich einschlug.

„Wegen deinem Versagen werden wir alle zu Grunde gehen! Weil du es nicht einmal schaffst, ein bisschen Kohle zu tragen. Sieh dich doch an... Du bist ein Versager. Wir wären ohne dich viel besser dran!“, schrie er mir ins Gesicht. Dieser Übergriff sollte allerdings nicht der letzte sein...
 

Um nicht mehr Ärger zu machen, und aus Angst vor ihm, ging ich weiter arbeiten, obwohl alle Reserven ausgeschöpft waren. Immer wieder brach mein Körper zusammen, und genau dann vergriff sich mein Vater an mir. Ein Jahr lang hörte dieser Kreislauf nicht auf.

Eines Tages war ich allein zu Hause. Meine Mutter war arbeiten und er war... eben nicht da. Die Übergriffe wurden heftiger, weshalb meine Verbände fast permanent nach kurzer Zeit wieder blutig waren. Er wurde wütend, wenn sein Antlitz das sah. Plötzlich hörte ich die Tür klinken und eine Stimme ertönte.

„So ein Saftladen! Da geht man hin, um dann gesagt zu bekommen, dass ich genug Kohle hab?! Die haben doch keine Ahnung. Wo wir grade dabei sind...“

Verdammt! Er hatte die Absicht zu prüfen, ob ich zu Hause war. Es lag auf der Hand, was dann passierte. Ich schleppte mich zum Fenster, öffnete es und stieg schließlich herab. Das war nicht allzu gefährlich, da sich mein Zimmer im Erdgeschoss befand. Aber schon das war eine Hürde, denn mein Körper war übersät von blutigen Verletzungen, die mich zunehmend schwächten. Ich schaffte es, zu verschwinden, bevor er in meinem Zimmer stand. Es war gut möglich, dass mein Vater vor Wut herumschrie, aber ich war schon weit genug weg, sodass es um mich herum stumm war.

Die Panik, dass mein Vater mich schnappen könnte, trieb mich weit weg. Meine Beine trugen mich die Straßen entlang, obwohl dafür keine Energie mehr da war. Meine Glieder schmerzten so sehr, dass mir das Atmen extrem schwer fiel. Doch bevor ich überhaupt die Möglichkeit hatte, mich in Sicherheit zu bringen, wurde es schwarz um mich herum...
 

Im Unterbewusstsein nahmen meine Ohren das Klinken einer Tür wahr. Hatte ich nur geträumt, dass ich vor meinem Vater floh oder war ich wirklich weg? Vielleicht aber war es auch das Tor im Himmel, weshalb sich mir die Frage stellte, ob dies vielleicht die letzte Tür war, welche sich öffnete. Doch der Schmerz, welcher mit voller Wucht durch meinen Körper zog, war ein klarer Beweis dafür, dass ich noch nicht tot war.

„Oh Gott“, flüsterte eine männliche Stimme, welche von Erschrecken belegt war. Dann sagte der Unbekannte erst mal nichts. Trotz, dass meine Augen geschlossen waren, konnte ich erkennen, dass sich sein Schatten über mich legte. „Hey, kannst du mich hören?“, fragte der Mann. Mein Kopf nickte sehr geschwächt. Ihm fielen Atemzüge sehr schwacher Natur bei mir auf. Nachdem er seine Antwort bekam, hörte ich ihn sagen: „Okay, mein Name ist Elias und ich bin Arzt. Du bist sehr schwer verletzt, aber keine Angst. Meine Frau und ich kümmern uns um dich“. Elias erwartete keine Antworten mehr. Stattdessen hoben seine Arme mich empor...
 

Drinnen angekommen säuberte der Mann meine blutigen Verletzungen, und sofern der stark spürbare Schmerz mir nicht den Verstand raubte desinfizierte er diese, bevor sich der neue Verband um meine schwachen Glieder legte. Mit der Zeit verheilten diese, ohne Spuren zu hinterlassen, bis auf diese Narbe an der Wange. Während Monate vergingen, lernten wir einander gut kennen. Seine Frau hieß Emilia, war Lehrerin und die zwei gemeinsamen Kinder, Josh und Alicia, gingen auf dieselbe Schule wie sie. Diese Familie konnte nicht verstehen, wie man einem achtjährigen Jungen so etwas antun konnte, urteilten jedoch nicht über meine Eltern. Doch in mir brodelte nichts anderes als Wut gegenüber meines Vaters, schließlich war er für meinen Zustand verantwortlich. Das Schlimmste war, dass meine Mutter nichts dagegen tat, obwohl sie sah, dass ich immer mehr unter seiner Gewalt litt. Das alles interessierte Elias jedoch nicht, zumindest jetzt, und kümmerte sich stattdessen um meine Genesung. Er sagte immer „Ich zwinge dich zu nichts. Du kannst so lange bleiben wie du möchtest. Und wenn du dich irgendwann bereit fühlst, sollst du wissen, habe ich immer ein offenes Ohr“...
 

So lernte ich ihn kennen. Elias war Vater, Ehemann, Arzt und irgendwie auch mein Schutzengel. Es vergingen bis heute zwar ein paar Jahre, doch es kam mir vor, als wäre es erst ein paar Monate her. Ihm verdankte ich mein Leben oder zumindest das, was davon übrig blieb. Außerdem war es die einzige Freundschaft, die ich mit ihm und seiner Familie pflegte, denn sie mochten mich so sehr wie ein vollwertiges Familienmitglied.



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