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Wiedersehen im Frühling

FW 2018 für _Natsumi_Ann_
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Wiedersehen im Frühling

Kapitel o7
 

Ihr Interesse hatte, trotz der kleinen Unterbrechung, nichts an Intensität verloren. Kate ergab sich dem Kribbeln, das seine Lippen auf ihrem Mund zurückließen, ehe Nick sich von ihr löste. Es gelang ihnen, etwaige Laute einzudämmen. Dennoch war es ihm nicht möglich, die Aufregung länger verbergen zu wollen, denn diese ragte mehr als deutlich zwischen seinen Beinen auf. Kate schluckte sein gieriges Stöhnen, sobald ihre Hand in jene Gefilde abzugleiten drohte.

»Warte, warte!«, knurrte er gehetzt. Kate hielt inne und betrachtete ihn mit schief gelegtem Kopf.

»Ich, ähm, hast du - hier irgendwo …?« Sein Blick huschte von ihr einmal quer durchs Zimmer.

»Nein«, gab Kate zurück und erntete ein frustriertes Schnaufen. »Wieso sollte ich?«

»Na ja, ich dachte ...«, begann Nick und durchforstete sein Hirn nach einem Ausweg, ehe die Situation eskalierte.

»Nick«, lachte Kate leise auf. »Das ist mein Elternhaus. Um Kondome hier zu lagern, bin ich erstens zu alt und zweitens zu selten hier ...«

»Ja, ja, schon klar«, knurrte er und mühte sich um einen klaren Kopf, der jedoch in einem Dunstkreis ihres Duftes, ihres Körpers und seinen unzüchtigen Gedanken, was er mit dieser Frau alles anstellen würde, wenn man ihn denn ließe, gefangen schien. »Ich hab welche ...«, schoss es ihm ein und Nick setzte sich auf. »Fang ja nicht ohne mich an!«

Kates Lippen öffneten sich und im Schein der kleinen Lampe, leuchteten ihre Wangen schamhaft rot. Hastig kam er auf die Beine, holperte und stolperte durch den Raum. Ihr mahnendes Zischen hielt ihn jedoch nicht davon ab, frustriert und zugleich bis in die Haarwurzeln erregt das Zimmer zu verlassen.

Wie es Nick gelingen wollte, unbemerkt wieder nach unten zu gelangen, wusste sie nicht. Kopfschütteln ließ sie sich, leise kichernd, ins Kissen zurücksinken. »Das ist doch verrückt!«, knurrte Kate und holte tief Luft.

Das ganze Haus lag vermeintlich still und ruhig da, bis sie unfeine Flüche nicht weitab vernahm. Sie grub die Zähne in die Unterlippe, presste die Schenkel zusammen, um das schmerzliche, verlangende Pochen einzudämmen, das zwischen ihren Schenkeln aufbegehrte. Kate zählte all die Schimpfworte auf, die sie mit Nick in Zusammenhang bringen konnte. Einige harmlos, andere weniger erfreulich. Was fiel ihm überhaupt ein, sie jetzt, in diesem Zustand der völligen Unzurechnungsfähigkeit, alleinzulassen?

Kate horchte auf und begab sich in eine sitzende Position. Ihr Unterleib schien sein Kommen bereits zu erwarten. Sie zwang sich das Gefühl der Jämmerlichkeit zu unterdrücken, denn alles, was in den letzten Stunden geschehen war, war falsch. Mehr als das! Sie musste zur Vernunft kommen! Musste sich besinnen.

»Diese verfi ...«, zischte Nick und machte seiner Wut Luft, sobald er wieder ins Zimmer trat. Kates Miene schwankte zwischen Schrecken und Zorn. Wenn er sich nicht zügelte … Nick verstummte, als er ihren Blick bemerkte. »Ich glaube, Bertram und Sarah sind noch wach ...«

Kate schmälerte die Augen. »Ach ja?«

Nick hielt auf sie zu und ließ ein Zucken der Schultern erkennen. »Ich habe Stimmen gehört ...«

»Du nennst sie Bertram und Sarah?«, hakte sie nach und fing das Päckchen auf, das ihm scheinbar mühelos aus der Hand glitt und in ihre Finger fiel.

Nick schenkte ihr ein schiefes Grinsen. »Du doch auch ...«

Kate brummte missgestimmt.

»Also, wo waren wir?« Seine Stimme schien in direkter Verbindung zu ihrem Körper zu stehen. Alles war ihr plötzlich zu heiß, zu flirrend, zu verschwommen, als Nick ihr wieder entgegenkam.

»Nick«, warnte Kate, doch er wiegelte ihren jämmerlichen Versuch ab.

»Wenn du mich loswerden willst, musst du energischer sein«, grinste er und zog sie wieder in einen verzehrenden Kuss, der jegliche Widerworte schmelzen ließ.

Plötzlich löste Nick sich von ihr. »Hörst du das?«

Da Kate nur das Rauschen ihres Blutes in den Ohren vernahm, musste sie seine Frage erst einmal ordnen. Bis eben war alles noch so schön dumpf, warm und kribbelig. Kate spitzte die Ohren. »Oh mein Gott!«

»Was?« Nicks Blick huschte von ihr zur Tür.

»Oh mein Gott«, kicherte sie abermals und versuchte das Lachen mittels vorgehaltener Hand einzudämmen. »Ich glaube, ich habe Bert noch nie vö-«

»Sag's nicht!«, beschwor Nick sie, warf den Kopf ins Kissen und drückte sich jenes auf die Ohren.

Die Töne waren zwar gedämpft und drangen nur minder über den Flur, dennoch schien das Gehör seltsam konditioniert für diese Art der Lärmbelästigung.

Kate schüttelte den Kopf und rappelte sich auf.

»Hey!«, protestierte Nick.

Sie schnaubte noch immer lachend. »Ich glaube, wir sollten es für heute gut sein lassen.« Mit jenen Worten begab sie sich wieder ins Bett.

»Wir könnten ihnen entgegenwirken!«, schlug Nick vor und wusste ihre abrupte Aktion nicht zu deuten.

Kate schüttelte den Kopf. »Willst du das wirklich? Denk' noch mal drüber nach!«

Seine Lippen teilten sich, doch da sein Blut nun wieder in Richtung Gehirn strömte, ergaben ihre Worte plötzlich mehr Sinn, als seine nach Aufmerksamkeit gierende Körpermitte.

Sie rückte wieder an die Wand, sodass Nick, verloren dreinblickend und sichtlich geschockt und frustriert, den leeren Platz belegen konnte.

»Kriegen die das nicht mit? Himmel, noch eins! So was sollte verboten werden!« Er starrte zur Decke hinauf, während Kate neben ihm protestierte und dann leise lachte.

»Meine Eltern hören etwas schlecht und vermutlich … haben sie angenommen, dass der Rest von uns friedlich in seinen Betten liegt und schläft«, erklärte Kate, doch zufrieden gab sich Nick damit nicht.

»He, mein Angebot, sie zu überstöhnen, steht … so wie bis eben noch etwas anderes, etwa einen Meter tiefer«, murrte er.

Kate lachte auf, vergrub ihr Gesicht an seiner Brust und schnaufte. »Überstöhnen? Los, denk' an etwas anderes!«

»Und wie soll das gehen, wenn du dich so an mich drängst und mein Blut dadurch wieder in Richtung … du weißt schon wohin, wandert?« Kate ließ ihn brummen, blieb ihm eine Antwort schuldig, während sich ihre Lungen mit seinem Duft füllten und driftete davon.
 

Kate verspürte eine innere Unruhe. An Schlaf war nicht zu denken, nicht, wenn das Haus einem Minenfeld glich und jeder falsche Schritt das Ende bedeutete. Sie spürte den Schmerz hinter den geschlossenen Lidern. Die Nacht war eindeutig zu kurz. Irgendwann waren auch die letzten Laute verstummt, und nur noch Nicks Atemzüge zu hören. Nun verweilte sein Kopf zwischen ihren Brüsten und Kate sah sich mit der kalten Realität konfrontiert, ihn loszuwerden. Sie hob den Kopf aus den Kissen und versuchte die Uhrzeit auf dem kleinen, quietschgrünen Wecker auszumachen, der neben der Lampe auf dem Nachttisch verweilte. Kate lauschte, ob schon jemand auf den Beinen war. Erleichtert seufzte sie auf und zuckte zusammen, als Nicks Griff um ihre Taille zunahm.

Sie presste die Lippen zusammen, als sie sich seinem verschlafenen, aber dennoch intensiven Blick ausgesetzt sah, da Nick zu ihr auflinste. Kate fluchte. Warum gelang es ihm so leicht, ihr die Schamesröte ins Gesicht zu treiben? Leise murrend vergrub er sich wieder in der Weichheit ihrer Kissen. Kate jedoch protestierte leise. »Nick, du musst runter …!«

»Nur noch fünf Minuten, bitte Mum.« Seine Worte ließen sie entrüstet nach Luft schnappen, Nicks Körper jedoch bebte belustigt. »Sorry, Kate … hab dich verwechselt!«

Ihr Körper versteifte sich. »Kate, das war ein Scherz«, krächzte Nick und warf den Kopf in den Nacken, um Atem zu schöpfen.

»Du gehst jetzt! Sofort!«, knurrte sie drohend und würde nicht zögern, handgreiflich zu werden. Seine Mundwinkel zuckten, dennoch wühlte er sich aus dem Bett. »Wie spät?« Nick suchte nach einem Zeitmesser und schnaubte, als er einen entdeckte. »Kate, es ist gerade mal sechs Uhr!«

»Richtig, und nun sieh' zu, dass du wieder nach unten kommst!«, zischte sie. »Dad wird gleich aufstehen, wenn er nicht schon auf den Beinen ist, und wenn er es nicht ist, dann ist es deine liebe Großmutter, die es nicht abwarten kann, den Tag zu beginnen!«

Nick kratzte sich am Hinterkopf, erstarrte jedoch, als er das Klappen einer Tür, sowie Schritte vernahm, die geradewegs auf sie zuhielten. Als die Klinke neben an verkündete, dass sich jemand im Bad befand, scheuchte Kate ihn aus dem Zimmer.

Hastig und bemüht unauffällig machte sich Nick daran, die Treppe zu erreichen. Kate verweilte im Türrahmen, lauschte den Geräuschen von nebenan und machte Gesten, er solle sich beeilen. Sowie er außer Sichtweite war, schloss Kate leise die Tür, tapste zum Bett und löschte das Licht.

Im Wohnzimmer angekommen, versuchte sich Nick zu orientieren und schlich auf seinen Schlafbereich zu.

»Hey«, klagte David, der sich in seiner Ruhe gestört sah. »Was zum …? Wo kommst du denn her?«

»Ich war pinkeln!«, zischte Nick und ließ ein protestierendes Quieken der Luftmatratze hören.
 

Wenn einer von ihnen etwas mitbekommen hatte, dann ließen es sich die Jungs nicht anmerken. Entweder verlangte es die englische Diskretion, oder Nick hatte ihnen eingeschärft, den Mund zuhalten. Sicher war Kate sich nicht, als sie die Treppe hinabstieg, das Brodeln der Kaffeemaschine und das Pfeifen des Teekessels vernahm und in die Gesichter ihrer Neffen, sowie ihres Vaters blickte.

Wie am Abend zuvor, würde man Frühstück und Mittagessen im Esszimmer zu sich nehmen. Die Gäste wirkten noch immer ein wenig erschöpft vom Jetlag und einer offensichtlich zu kurzen Nacht. Entsprechend Wortkarg verlief das morgendliche Essen.

»Der Flug ist bereits gebucht, immerhin wollen die Jungs New York von oben bis unten erkunden«, verkündete Albert. »Und Kitty können wir dann auch gleich besuchen und uns auch ansehen, wo Nickleby untergekommen ist.«

Kate verschluckte sich beinahe an dem Milchkaffee. »Oh, ich wusste gar nicht, dass ihr vorhattet ...«

Doch den zustimmenden Worten, die in Jubelschreie und Begeisterung mündeten, stand Kate machtlos gegenüber.

»Und wie lang wollt ihr bleiben?« Ihr Blick huschte zwischen Bertram und den Eltern hin und her.

»Albert!«, warf Irmaline ein und wirkte sichtlich enttäuscht. »Das sollte doch eine Überraschung sein!«

»Überraschung?«, echote Kate halb belustigt, halb schockiert.

»Dein Vater und ich haben schon seit langem den Plan, dich zu besuchen, denn dir scheint ja immer etwas dazwischen zu kommen, so selten, wie du hier bist!«, gab Irmaline zurück.

»Mom, ich muss arbeiten!«, hilflos suchte Kate den Blick ihres Vaters, doch dieser schrumpfte hinter der Tageszeitung zusammen. Kates Schultern sanken herab. »Okay, und wann - wann soll das alles passieren? Wie lange wollen Bert, Sarah und die Jungs bleiben? Mein Flug geht morgen Mittag.«

»Bleib ruhig, Kate!«, beschwor Irmaline mahnend. »Wir haben schon alles geregelt. Es wird etwas stressig, aber wir wissen, dass du am Montag wieder zur Arbeit musst.«

»Wir fliegen am Mittwoch wieder nach Hause«, sagte Bertram, dem dieser Augenblick nicht weniger unangenehm war. Sarah nickte beschwichtigend.

»Wir landen Montag Nachmittag erst einmal in New York«, sagte sie.

Kate schob die Augenbrauen zusammen. »Und wo übernachtet ihr?«

»Im Gansevoort Meatpacking«, erklärte Sarah. »Laut den Bewertungsportalen soll es zu den besten in Greenwich Village gehören.«

Schwach nickte Kate. Sie kannte die Mietpreise New Yorks und auch die Hotels ließen es sich nicht nehmen, für Luxus ordentlich in die Tasche zu langen. Doch Bertram und Familie konnten es sich offensichtlich leisten, nobel zu nächtigen.

»Mach dir bitte keine Gedanken, Kate. Wir werden uns schon zurecht finden und vielleicht findet sich ja ein kleines Zeitfenster, das es dir ermöglicht, uns dennoch dein Zuhause zu zeigen?« Sarahs Lippen waren zu einem freundschaftlichen Lächeln gebogen und Kate blieb nichts anderes übrig, als ihren Worten mit einer zustimmenden Geste zu begegnen.

»Dann wollt ihr bestimmt ins Whitney Museum?«, hakte sie nach.

Sarah, ihr gegenüber sitzend, beugte sich vor, und meinte zwinkernd: »Das war einer Gründe, warum wir uns überhaupt für dieses Hotel entschieden haben. Bert ist ziemlich knauserig, ich musste ihm versprechen, dass sich die Jungs benehmen werden.«

Bertram, der sich brummend abwandte, ließ Kate schnaubend lachen, während die Jungs die Augen verdrehten.
 

Den Vormittag verbrachte die Familie damit, die Gegend zu erkunden und sich jene Orte anzusehen, wo Vater und Tante aufgewachsen waren und die Großeltern noch immer lebten.

»Sag mal, wie bist du eigentlich hier her gekommen?«, fragte Kate, als Nick und sie sich zurückfallen ließen. Tief sog sie die frühlingshafte, aber kühle Luft in ihre Lungen.

»Mit dem Bus«, gab er murrend zurück.

Kates Augenbraue schnellte empor. »Sie haben dich nicht ins Flugzeug gelassen, hm?«

»Hey, verspottest du mich etwa?« Ein leises Kichern entkam ihm.

»Aber du fliegst doch am Montag mit ihnen zurück?«, hakte Kate nach.

»Wieso? Soll ich mit dir zurück nach New York?« Sie wusste nicht, ob es seine Absicht war, aber Nick wirkte nicht sonderlich erfreut über ihre Frage.

Kate schmälerte die Augen. Dann hob er abwehrend die Hände. »Tut mir leid, ich … ich wusste wirklich nicht, dass sie vorhatten, nach New York zu fliegen. Die ganze Familie, meine ich.«

Sie zuckte die Schultern und seufzte. »Ändern können wir daran sowieso nichts.«

Nick schwieg und besah sich das Gebäude, vor dem die Traube hielt.

»Und hier sind euer Vater und eure Tante zur Schule gegangen«, bemerkte Albert.

Nicks Lippen zierte ein Grinsen, als er Kates Reaktion bemerkte, da diese die Augen verdrehte.

»Dad, bitte ...«, doch Albert ging nicht weiter auf die Worte seiner Tochter ein und lotste die Gruppe weiter.

»Dad spielt gern den Stadtführer«, nuschelte Kate und schenkte ihrer Mutter einen ausdruckslosen Blick, als Irmaline sie kopfschüttelnd und mit verkniffener Miene rügte. Sarah hingegen schien begeistert und interessiert an der Vergangenheit ihres Mannes, lauschte den Erklärungen Alberts und sah mit leuchtenden Augen zu Bertram auf.

Auch wenn das Mittagessen im Hause Wallace' hätte stattfinden sollen, entschied man sich dazu, ins Diamond D's Diner, einem typisch-amerikanischen Restaurant, einzukehren. Sarah wirkte ein wenig geschockt über die Art und Weise, wie man hier verfuhr, ebenso hatte sie Mühe, sich mit den Essgewohnheiten und Speisen anzufreunden. Doch sie schlug sich tapfer und warf dann und wann ihren Kindern einen Blick zu. Diese versicherten ihr, dass alles in bester Ordnung sei. Allen voran hatte sich Nick bereits gut in die Gesellschaft integriert. Auch wenn sie dies mit Sorge und Skepsis betrachtete.

Den Nachmittag verbrachte man im Poelking Lanes, einem der vier Bowlingcenter Daytons. Natürlich ließen es sich Irmaline und Albert nicht nehmen, ihren Enkelkindern die schönen Ecken der Stadt zu zeigen und versuchten ihnen den staubigen Rundgang mit Spiel und Spaß ein wenig lustiger zu gestalten. Und die Jungs begriffen schnell, was den Spielverlauf anbelangte, und auch Sarah, anfänglich noch etwas gehemmt, mauserte sich zum Ende zu einer ernstzunehmenden Gegnerin.

»Kein Wunder, dass wir verloren haben, Nick ist immerhin trainiert!« Dieser überging den Einwurf der Verlierer, als sie das Bowlingcenter verließen.

Kate lachte verhalten und hakte sich Albert unter. »Alles in Ordnung, Dad?«

Albert schenkte ihr Lächeln und wirkte dennoch ein wenig erschöpft. »Alles in Ordnung, Kitty, ich bin nur ein wenig außer Puste.« Lachend klopfte er sich auf den großen, runden Bauch.

»Al-Albert!«, hob Irmaline an. »Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du darauf achten sollst, was du isst ...«

Kate wandte sich zu ihr um und bedachte ihre Mutter mit wütender Miene.

»Ich weiß, Irmchen«, gab Albert zurück, als könnten ihn die Worte seiner Gattin nicht weniger interessieren. Dann wandte er sich seiner Tochter zu. »Und du, Kitty?«

Kate legte den Kopf schräg und wartete, als Albert jedoch nicht weitersprach, sah sie sich gezwungen, etwas auf die vage Frage zu antworten.

»Dad, was … was meinst du? Mir geht's gut. Ich habe einen tollen Job, eine schicke Wohnung und mich gut in New York eingelebt«, erklärte sie.

»Das weiß ich doch, Kitty. Das erzählst du uns jedes Mal«, gab er lachend zurück, doch das Lächeln erreichte seine Augen nicht.

»Dad, geht das schon wieder los?«, seufzte Kate und schüttelte den Kopf.

»Wir machen uns Sorgen«, sagte Albert.

»Du meinst Mom, weil sie Enkelkinder will ...« Kate musste sich zügeln, ihren Vater nicht anzuknurren. Albert schwieg.

»Lasst mich doch erst einmal ankommen, Fuß fassen, alles Weitere wird sich dann schon ergeben«, erklärte sie.

»Ich habe dich beobachtet, Kitty. Du wirkst trotzdem ein wenig verändert. Und das meine ich nicht kritisch«, abwehrend hob Albert die Hände. »Wir wissen doch, dass du deinen Weg gehen wirst und wir stehen hinter dir, auch wenn es deine Mutter vielleicht nicht immer zeigt.«

Kate drückte ihm einen Kuss auf die Wange und kam dennoch nicht umhin, den Blick nach hinten zur anderen Gruppe zuwerfen, von der sie sich abgekapselt hatten. Auch Irmaline schien in reger Diskussion mit ihrem Sohn. Sarah hatte die Hand Bertrams ergriffen und schien mit jedem Wort, das fiel, wütender zu werden, besaß jedoch so viel Respekt und Anstand, ihren Gefühlen keinerlei Ausdruck zu verleihen. Die Jungs hingegen redeten noch immer über die verlorene Bowling-Partie. Einzig Nick behielt Tante und Großvater stets im Auge.
 

In dieser Nacht würde kein Besuch ihre Ruhe stören. Nick wälzte sich auf der Luftmatratze hin und her, ungeachtet der quietschenden Laute, die er verursachte. Er würde am Montag wieder in New York sein. Kate bereits einen Tag früher.

»Nick!«, vernahm er Dorians drohendes Knurren über sich. »Pack' das scheiß Handy weg!«

Nick hob den Kopf und schnaubte.

»Kauf dir mal ein vernünftiges Teil, mit dieser Telefonzelle kannst du keine Weiber abschleppen«, gebot ihm sein ältester Bruder.

»Und wenn mich gerade das so anziehend macht?«, verlangte Nick zu wissen.

»Jetzt haltet doch endlich die Klappe!«, zischte David.

»Oh, unser Bubi will Heiaheia machen!«, feixte Dorian.

»Jetzt ist Schluss!« Die Jungs fuhren zusammen, als Sarahs Stimme unmittelbar über ihnen erklang. »Ihr seid schlimmer, als ein Sack Flöhe!«

Verdutzt blinzelten die Drei gegen die Worte ihrer Mutter an. Erst, als Sarah gegangen war, war ein unisones Seufzen zu hören. Ein letztes Mal noch flogen seine Finger über die Tasten des Telefons, ehe Nick es unter das Kissen stopfte.

Das Surren brachte den kleinen Nachttisch zum Beben. Irritiert hob den Kate den Kopf, tastete nach ihrem Handy und kniff die Augen zusammen, um sich erst einmal an das Licht zu gewöhnen. Ihr Blick wanderte die eingegangene Nachricht ab, viel gab es jedoch nicht zu sehen, bis auf ein einziges Wort: Sorry

Die aufgezeigte Nummer war ihr völlig unbekannt, dennoch riet ihr ein leises Stimmchen dazu, die Zahlenfolge abzuspeichern.

Viel Zeit, um sich mit ihrem Bruder auszutauschen, war Kate nicht geblieben. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge entschied sie jedoch, dass an diesem Umstand nichts Schlechtes war.

Auch wenn es sie schmerzte, musste sich Kate eingestehen, dass die Jahre und Kilometer, die sie trennten, nicht unerheblich waren. Bert hatte sich sein Leben in Europa aufgebaut. Neidisch durfte sie nicht sein. Sie hätte es ihm gleichtun können, doch ihr Weg war ein anderer. Vielleicht würde der Kontakt, nun, da sie Sarah kannte und sich gut mit ihr verstand, ein wenig enger, doch daran glauben konnte und wollte Kate nicht. Ebenso schluckte sie bei dem Gedanken daran, was geschehen würde, käme die Familie ihrem Geheimnis auf die Schliche.

Die Verabschiedung am späten Vormittag war herzlich, aber knapp. So, wie Kate es von ihrer Mutter gewohnt war.

»Wir sehen uns, Kitty, und melden uns, wenn wir angekommen sind. Dann hast du noch ein bisschen Zeit, um zu verschnaufen und aufzuräumen«, lachte Albert.

»Danke, Dad«, gab Kate zähneknirschend zurück und drückte den alten Herren an sich.

»Bis Morgen«, sagte Sarah und zog sie in eine feste Umarmung. Bertram tat es seiner Frau gleich und herzte seine jüngere Schwester.

»Bis dann, Tante Kate«, grinste Dorian und kam nicht umhin, diese länger als üblich an sich zu pressen.

»Lass' uns auch noch was übrig!«, knurrte Nick, während David nur wenig Interesse am Abflug seiner Tante zeigte. Das Spiel auf seinem Handy hatte ihn voll und ganz für sich eingenommen.

Kate war sehr darum bemüht, des Geste des Abschieds in Nicks Fall, distanziert, aber so familiär wie möglich erscheinen zu lassen, ehe sie ins Taxi stieg und sich zum Dayton International Airport bringen ließ.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  JO89
2018-07-07T07:55:23+00:00 07.07.2018 09:55
Ach, das Kapitel war klasse ♥
Immer wenn ich die Geschichte lese, denke ich, ich steh daneben und das macht deine Geschichte noch viel schöner

glg jo
Antwort von: irish_shamrock
07.07.2018 11:32
❤ danke dir 😍
Von:  _Natsumi_Ann_
2018-07-01T22:29:17+00:00 02.07.2018 00:29
„Ihr seid schlimmer, als ein Sack Flöhe!“

So alte Sprüche lassen einen immer lächeln xDD

„Bis dann, Tante Kate“, grinste Dorian und kam nicht umhin, diese länger als üblich an sich zu pressen.

„Lass uns auch noch was übrig“, knurrte Nick


Irgendwie scheint Nick ja etwas auf sein Bruder neidisch zu sein XDD so leicht unterschwellig xDD
Diese kindische Eifersucht gefällt mir richtig gut :3




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