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Ich wette, du liebst mich!

von

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Kapitel 6: Angelplatz

Kapitel 6
 

Es waren tatsächlich bloß noch Überreste von unseren Sachen vorhanden.

Nachdem wir sicher waren, dass die Wildschweine weitergezogen waren, haben wir uns umgesehen. Die Zelte waren zerrissen, ebenso wie die Schlafsäcke. Auch die Isomatten, auf denen wir gelegen hatten, hatten etwas abbekommen, wenn auch nicht so viel, wie die anderen Sachen. Wie sich herausgestellt hatte, so hatte ich mein Smartphone im Zelt liegen gehabt. Etwas, woran ich erst gar nicht gedacht hatte. Doch dieses hatte Glück gehabt. Keines der Schweine war darauf getreten oder ähnliches und so hatte nur die Hülle ein paar Schrammen abbekommen und das konnte ich durchaus verkraften. Zusätzlich war es ein wenig ärgerlich, dass wir einen kleinen Korb voll Lebensmittel neben unserem Grill hatten stehen lassen. Offenbar haben wir durch die Dunkelheit am vergangenen Abend diesen übersehen und deswegen nicht zurück ins Auto gestellt. Somit wunderte es uns auch nicht mehr, dass die Wildschweine durch so etwas angelockt worden sind. Auch an dem Platz, an dem die Jugendlichen gewesen waren, konnte man ein paar leere Tüten von Knabbereien herumliegen sehen. Somit war das Durchwühlen des Platzes für die Wildschweine zumindest ein Erfolg gewesen.
 

Schweigsam sammelten wir alles, so gut es ging auf. Während ich mich bereits mit der Situation abgefunden hatte, immerhin hätte uns bewusster sein müssen, dass so etwas passieren könnte, hörte ich Chris hin und wieder mal fluchen. Es konnte jedoch auch sein, dass es daran lag, dass er auf dem feuchten Rasen immer mal wieder ausrutschte, weil er wohl nicht wirklich darauf achtete, wo genau er hintrat.

Letzten Endes räumten wir auch noch den Müll der anderen weg und entsorgten sämtliche Verpackungen in dem Mülleimer, welcher für die Gäste hier zur Verfügung stand. Die Überreste unserer Schlafgelegenheiten verstauten wir im Wagen.
 

„Und nun?“, fragte ich schließlich, als wir es uns wieder im Campingbus gemütlich gemacht hatten, wie schon zuvor bei unserem Frühstück. Schließlich hatten wir nun kein Plätzchen mehr zum Schlafen oder zumindest nicht mehr das, welches wir dafür geplant hatten.

Kurz sah Chris sich im Wagen um. „Entweder, wir ziehen los und kaufen uns neue Sachen oder aber wir machen es uns ab sofort hier drin bequem und klappen den Tisch zusammen. Das wird dann allerdings um einiges enger, als es die Zelte waren“, schlug er vor und klopfte mit den Fingerknöcheln auf der Tischplatte herum, um zu symbolisieren, dass daraus dann das Bett werden würde. „Oder wir fahren wieder nach Hause, wenn du jetzt keine Lust mehr hast“, fügte er noch hinzu, jedoch deutlich leiser, was mich ein wenig schmunzeln ließ. Es war wohl offensichtlich, dass er von dem Vorschlag am wenigsten hielt und es genau genommen wohl nicht wirklich sagen wollte. Doch ich rechnete es ihm an, dass er mir da die Wahl lassen wollte. Mehr oder weniger wollte.
 

„Ich möchte ehrlich gesagt gar nicht wissen, wie teuer Zelte jetzt im Sommer sind. Die wird man im Sale sicherlich günstiger bekommen“, dachte ich laut nach und lehnte damit im Prinzip seinen ersten Vorschlag ab. „Und nur, weil ein paar Schweine uns besuchen kommen, ist meine Laune noch nicht im Keller“, schloss ich auch die letzte Möglichkeit aus. Wir hatten zwar nicht wirklich besprochen, wie lange wir nun unterwegs sein wollten, sondern nur eine Art Zeitfenster festgelegt, doch die knappe Woche, die wir nun unterwegs waren, würde ich gerne noch verlängern.

„Das heißt, wir wollen zusammenrücken?“, fragte Chris nach, auch wenn wohl von seinen Vorschlägen nur dieser eine übrig blieb. Sicherlich hätte ich auch noch Vorschläge mit einbringen können, doch im Grunde hatte ich keine weiteren.

„Vorausgesetzt, du trittst mich Nachts nicht aus dem Bett oder verprügelst mich heimtückisch“, scherzte ich, woraufhin mein Gegenüber sein Gesicht ein wenig nachdenklich verzog.

„Ich glaube, das ist mir bisher noch nie passiert“, sprach er langsam.

„Du glaubst?“, fragte ich ihn daraufhin mit einem leichten Lachen in der Stimme.

„Na ja, bisher hat sich niemand beschwert, soweit ich weiß“, scherzte er weiter.

„Dann hoffe ich mal, nicht der erste zu sein.“
 

Kurz legte Chris den Kopf schief und verzog die Mundwinkel, als wolle er die Situation abschätzen wollen, doch letztendlich brachte ihn das nur zum Lachen. Damit hatten wir seine schlechte Laune wohl beseitigt.

„Ich fürchte nur, dass wir ein kleines Problem haben“, fügte er schließlich doch noch hinzu. „Wir haben nur noch zwei dünne Wolldecken.“ Damit deutete er mit einem leichten nicken zu den Decken, in denen wir uns eine Weile zuvor eingewickelt hatten. „Das hier ist letztendlich nur eine Blechdose. Die Wände haben mein Onkel und ich nicht besonders dick gedämmt. Sollten wir noch eine Nacht wie die letzte haben, dann wird es hier mit Sicherheit frisch drin werden.“

„Wir müssen eh noch etwas zu Essen kaufen. Vielleicht finden wir ein Geschäft, welches auch noch ein paar Decken verkauft“, sagte ich nachdenklich.

„Ansonsten müssen wir eben zusammenrücken“, fügte ich noch scherzend hinzu, stand dabei aber bereits von meinem Sitzplatz auf und machte mich auf den Weg, den Campingbus zu verlassen.
 

*~*~*~*
 

Wir hatten beschlossen in der nächstgelegenen Kleinstadt nach einem entsprechenden Geschäft zu suchen und während es kein Problem war an Lebensmittel heranzukommen, so wurde der Deckenkauf schon regelrecht zu einer Herausforderung. Offenbar kaufte die gerade jeder, denn in zwei Geschäften, die eigentlich welche im Sortiment führten, waren sie ausverkauft. Fündig wurden wir im dritten, welches zum Glück sogar eine recht gute Auswahl hatte und nicht nur diese kleinen Fleecedecken anboten, die man wohl in jedem Baumarkt finden konnte und bestenfalls als Schlafdecke für ein Haustier reichten.
 

Schließlich hatten wir jedoch alles bekommen, was wir haben wollten und machten uns wieder auf den Weg, auf der Suche nach einem neuen idyllischen Platz. Vorher schauten wir noch auf Googlemaps, ob es im Umkreis einen weiteren See oder vergleichbares gab. Wir hatten festgestellt, dass wir beide diese Art von Orten gerne mochten, warum dann also nicht auch nach blauen Flecken auf der Map Ausschau halten und sie aufsuchen. Und auch, wenn uns der letzte Platz grundsätzlich gut gefallen hatte, so wollten wir es nicht riskieren, doch nochmal von der Wildschweinrotte Besuch zu bekommen. Wahrscheinlich fuhren wir dafür nun zur nächsten. Ich würde sie jetzt wohl für den Rest unserer kleinen Reise erwarten.
 

Nach gut einer Stunde Fahrt erreichten wir schließlich auch unser neues Ziel. Es war bereits wieder später Nachmittag, weil wir für unsere Einkäufe so lange gebraucht hatten und zusätzlich hatten wir uns den Luxus gegönnt, in einem Schnellimbiss zu Mittag zu essen.

Wir näherten uns dem See nur langsam über einen schon recht stark bewachsenen Forstweg. Als wir diesen gesehen hatten, waren wir uns zunächst nicht sicher, ob wir wirklich dort hineinfahren sollten. Nachher gab es keine Wendemöglichkeit und wir mussten den Weg rückwärts zurück und Chris würde womöglich durch die teilweise tiefhängenden Äste die eine oder andere Schramme in den Lack fahren, weil er sie so nicht richtig sah. Trotzdem versuchten wir es und wurden dafür auch belohnt.

Das Unterholz war an manchen Stellen bereits Platt gefahren, scheinbar war dieser Ort beliebt. Auch zeigte sich schnell, dass wir hier wohl nicht alleine sein würden, dann neben dem Weg tauchte ein abgestellter Wagen auf, in dem sich jedoch niemand befand. Wir fuhren ein Stück weiter und fanden auch tatsächlich einen Platz, recht nahe am Wasser, der auch ein wenig weitläufiger war. Vielleicht standen hier öfters mehrere Autos oder eben größere als wir eines fuhren.
 

Nachdem Chris den Motor ausgemacht hatte verließen wir auch schon den Wagen, um uns nach der Fahrt erst einmal ein wenig zu bewegen. Unser Weg führte uns die letzten paar Meter bis zum Ufer, des Sees und erstaunt stellten wir fest, dass dieser doch größer war, als wir uns zunächst gedacht hatten. Es war wirklich schön hier, vor allem auch deswegen, weil die Pflanzen an vielen Stellen des Ufers bis zum Wasser wuchsen.
 

„Hey!“, rief plötzlich eine Stimme in strengen Ton aus der Richtung, aus der wir gekommen waren und ließ mich etwas erschrocken zusammenzucken. Dort stand ein Angler am Ufer, welcher uns nun ansah. „Seid bloß leise und verscheucht mir nicht die Fische.“

Ich konnte nicht anders, als darüber die Stirn zu runzeln. Kurzerhand drängte ich mich an Chris vorbei, der noch zwischen dem Angler und mir stand und ging langsam auf letzteren zu, denn hier war das Unterholz kaum vorhanden. Natürlich hätte man dem Mann auch rufender Weise antworten oder aber ihn völlig ignorieren können, doch ich wollte sowohl seinen Wunsch nach Ruhe respektieren, als auch nicht unhöflich sein.
 

Schließlich blieb ich neben ihm stehen und sah mich nach seiner Pose um, die friedlich auf der leicht welligen Wasseroberfläche, weiter Richtung Mitte des Sees trieb.

„Sie wissen, dass Ihr rufen die Tiere wohl mehr verschreckt haben dürfte, als unsere kurze Anwesenheit?“, fragte ich ihn schließlich.
 

Gut, vielleicht war ich nicht gewillt ganz so freundlich zu sein, jedoch erinnerte ich mich nur zu gut an die paar Male, bei denen mein Vater mich mit zum Angeln genommen hatte, als ich noch klein war. Nicht reden, nicht auf dem Boden herumstampfen und am besten auch nicht laufen. So waren die Regeln gewesen, denn schließlich übertrugen sich die leichten Erschütterungen auch in das Wasser und konnten somit Fische erschrecken. Die Fische hier in Ufernähe dürften ohnehin schon weg sein, alleine durch unsere Ankunft mit dem Wagen.
 

Wenn ihn das jedoch tatsächlich stören würde, dann hätte er auch einen Angelplatz aussuchen können, der weiter vom Weg entfernt wäre. Somit schloss ich daraus, dass der Mann ohnehin nur hier war, um seine Ruhe zu haben und somit nur zum Spaß zeitweise Fische aus dem Wasser zog, um sie grundsätzlich wieder schwimmen zu lassen. Dabei störten wir ihn natürlich. Das war mir jedoch recht, sollte meine Annahme denn tatsächlich stimmen. Ich habe noch nie verstanden, warum Menschen Fische aus dem Wasser zogen, sie in Panik versetzen und einfach wieder zurückwarfen, selbst wenn sie die richtige Größe zum Verzerr hatten.
 

Der Angler sah mich nun einfach nur stumm an. Ich wusste nicht, ob er tatsächlich sprachlos war oder ihm die Laune am Reden einfach nur vergangen war, doch ich wartete nicht weiter auf eine Reaktion von ihm. Stattdessen verabschiedete ich mich freundlich und ging zu Chris zurück, der noch auf mich wartete.
 

„Was hast du zu ihm gesagt?“, fragte er und sah mich sowohl ein wenig verwundert, als auch neugierig an.

„Nur, dass er lauter ist als wir“, antwortete ich trocken und verursachte bei ihm ein breites Grinsen.

„Das hätte ich dir ja gar nicht zugetraut“, meinte mein Gegenüber mit übertrieben gespieltem Erstaunen in der Stimme.

„Nicht?“, fragte ich und war nun doch ein wenig neugierig. „Wie hast du mich denn immer eingeschätzt?“

Kurz überlegte Chris. „Vor der Reise?“, fragte er und ließ kaum Zeit verstreichen bevor er direkt weitersprach. „Steifer. Eher distanzier, teilweise sogar ein wenig arrogant.“
 

Das hatte ich nicht erwartet. Hatte ich tatsächlich diese Wirkung auf andere, mit denen ich wenig bis gar keinen Kontakt hatte?

Chris schien zu merken, dass meine Gedanken gerade in diese Richtung gingen, denn er fügte noch eine Erklärung hinzu. „Ich denke, das liegt an Isabel. Ihr beide seid scheinbar unzertrennlich. Das wirkt dann manchmal so, als wenn ihr beiden niemanden dabei haben wollt.“

Nun runzelte ich doch offensichtlich fragend die Stirn. „Aber wir sind doch immer mit den anderen zusammen und eher selten zu zweit.“

„Letztendlich macht ihr aber alles zusammen. Von den anderen sind immer unterschiedliche bei euch.“

„Wir kennen uns eben gut.“

„Hey, ganz ruhig“, meinte Chris daraufhin und hob leicht abwehrend die Hände. „Das war kein Vorwurf.“
 

Scheinbar hatte sich wohl mein Ton verschärft, ohne, dass ich es bemerkt hatte. „Tut mir leid“, sagte ich daher. „Wir kennen uns schon ziemlich lange und haben vieles zusammen durchgemacht.“

„Wie lange kennt ihr euch denn schon?“, fragte er nun interessiert und schien mir meine vorherige Reaktion nicht übelzunehmen, sondern viel mehr darüber hinwegzusehen.

„Grundschule“, antwortete ich knapp, doch das schien ihm zu reichen. Seine Augen weiteten sich erstaunt.

„So lange? Na, dann ist es ja kein Wunder, dass ihr so unzertrennlich seid. Dann versteht ihr euch ja auch ohne Worte. Das wirkt auf Außenstehende immer ein wenig unheimlich“, meinte er und lächelte dabei. „Aber so seid ihr auch bestimmt immer füreinander da, wenn ihr Mal jemanden braucht.“

„Ja, das stimmt“, meinte ich und erwiderte sein Lächeln. „Man weiß eben, dass der andere da ist. So eine Freundschaft hat aber auch Nachteile.“

„Tatsächlich? Was sind denn diese Nachteile?“, fragte er weiter interessiert und lehnte sich leicht vor zu mir, weil wir bereits zum Wagen zurückgegangen waren und hinten die Türen geöffnet hatten, um uns hineinzusetzen.

„Ich kann nichts vor ihr verheimlichen“, sagte ich frustriert klingend und betonte dabei das Nichts. „Es ist, als ob man keine Privatsphäre im eigenen Kopf hat. Sie sieht mir an der Nasenspitze an, wenn etwas nicht stimmt!“ Das brachte Chris zum Lachen.

„Aber das ist doch gut. Probleme in sich hineinzufressen ist immer eine blöde Idee“, meinte er schließlich schmunzelnd.

„Das doofe ist nur, wenn eigentlich sie das Problem ist!“, sagte ich jetzt tatsächlich ein wenig frustriert, denn wie sollte man mit dem Problem sein Problem besprechen? Doch Chris lachte darüber wieder nur. Sein Lachen wirkte ansteckend auf mich und ich stimmte mit ein.
 

Ich freute mich absurderweise irgendwie darüber, dass er sich für die Freundschaft zwischen Isabel und mir interessierte. In diesem Moment war ich mir nicht sicher, ob es tatsächlich bisher niemanden interessiert hatte oder ob sein Interesse gerade einfach mehr Gewicht für mich hatte, doch es war schön einfach über etwas zu sprechen, was mir wichtig war, während mein Gegenüber offenbar ein echtes Interesse daran hatte.
 

Ende Kapitel 6



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