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Winter Glück

von

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Das einzige, was mich hier noch hält, ist die Schwerkraft!

Die Stille in der Küche wirkte ziemlich bedrückend.

Oliver hatte sich ein Bier aufgemacht und in drei großen Schlucken geleert.

Schluck eins, um die Wut auf sich selbst und seine Schwester zu kompensieren. Schluck zwei, um zu verdauen das seine Liebschaft einfach wieder verschwunden war. Und Schluck drei, um damit klar zu kommen, dass ich der einzige war, der ihm an seinem Geburtstag Gesellschaft leisten würde.

Beeindruckend, wie schnell er einen halben Liter von dieser bitteren Brühe verdrücken konnte, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.

Beschämt zog ich den Kopf ein und schaute noch angestrengter auf mein Handy.

Ich biss mir auf die Unterlippe und überlegte fieberhaft, wie ich den Abend eventuell noch retten könnte.

Doch als ich gerade die rettende Idee kundtun wollte, knurrte mein Magen so lautstark, dass selbst Oliver vom Etikett seiner Bierflasche aufsah und mich fragend ansah.

»Klingt so, als hättest du heute noch nichts gegessen?!«, stellte er geistreich fest.

Ich schluckte meine aufkommenden Widerworte entschieden hinunter.

Ich hatte etwas gegessen … Eine Schüssel Müsli – heute Morgen um kurz vor 7 Uhr. Keine sehr ausgewogene Mahlzeit. Und hätte ich nicht vergessen, dass diese „Feier“ heute stattfinden soll, hätte ich mit Sicherheit auch etwas ausgewogener gegessen.

Skeptisch warf ich einen Blick auf die Uhr über der Tür. Mittlerweile war es kurz vor halb neun.

Schließlich machte ich nur »Ähm«, weil mir nichts Besseres einfiel.

Doch das schien die Laune von Oliver schon anzuheben. Denn er begann zu grinsen, stellte sein – mittlerweile -drittes Bier bei Seite und steckte sein Handy weg.

»Also eine 5-Sterne-Mahlzeit werde ich dir jetzt nicht zaubern können, aber für Nudeln mit Tomatensoße sollten meine Kochkünste eigentlich ausreichen!«, sagte er lachend, während er bereits in seinen Hängeschränken herumkramte.

»Du … Also … Ähm … Du brauchst mir nichts zu kochen! Immerhin hast du Geburtstag und da solltest du feiern«, versuchte ich ihn halbherzig davon abzuhalten.

Zum einen, weil mir die Situation unendlich peinlich war. Und zum anderen, weil ein Geburtstagskind keine ungebetenen Gäste zu bekochen hatte.

»Also erstens: Was wäre ich denn für ein Gastgeber, wenn ich dich verhungern lassen würde? Und zweitens wollte ich dich auch ungerne tot von meinem Sofa kratzen müssen!«, entgegnete er und bemühte sich um ein strahlendes Lächeln.

Doch selbst jeder Blinde würde sehen, dass es seine Augen nicht erreichte.

»Also wenn du kein Meisterkoch bist, dann ich hoffe ich doch, dass du dafür Qualitäten auf anderen Gebieten hast!«, sagte ich beiläufig, ohne mir wirklich Gedanken über meine Worte zu machen.

Dass ich dies allerdings hätte mal besser tun sollen, verriet mit Olivers geschockter Blick, mit dem er mich sofort betrachtete.

Hätte mir eigentlich von vorneherein klar sein sollen, dass meinen Mund nur Schwachsinn verließ, wenn ich einmal nicht über meine Worte nachdachte. Und da ich solche Sachen auch nicht so betont cool überspielen konnte wie mein Zwillingsbruder, blieben meine Worte einfach offen im Raum stehen.

Oliver schien zwar auf weitere Worte von mir zu warten. Doch als ich nach drei weiteren Minuten der peinlichen Stille immer noch nichts gesagt hatte, schwang er seine Packung Spaghetti in die Luft.

»Ich fang dann mal an!«

»Soll ich dir zur Hand gehen?«

Sein geschockter Gesichtsausdruck sollte dann wohl „Nein“ bedeuten. Also machte ich mich ganz klein auf meinem Stuhl und spielte eine Runde Online Schach. So ließ ich mich vielleicht davon abhalten noch irgendetwas Dummes zu sagen. Ich wollte ja nicht, dass er mich am Ende doch noch rauswirft!

Während ich spielte, erreichte mich eine Nachricht meines Bruders. Er schrieb, dass ich unseren Eltern unbedingt noch Bescheid geben sollte, dass ich heute nicht nach Hause kommen würde.

Ich schluckte und schloss das Spiel, um die SMS Konversation von meiner Mutter und mir zu öffnen. Doch dann starrte ich das Display nur reglos an, weil ich nicht wusste was ich schreiben sollte. Welch triftigen Grund hatte ich auch schon, bei Tanjas 27-jährigem Bruder zu übernachten?

Richtig: Gar keinen!

Ich tippte schließlich irgendetwas von aufräumen und Bahn verpasst. Meine Mutter würde das schon verstehen.

Als ich den Kopf wieder hob, hatte Oliver die Nudeln schon in den Topf geschmissen und war fleißig am umrühren. Sowohl im Nudeltopf, als auch in dem mit der Tomatensoße. Er sah ein wenig überfordert aus.

Ich überlegte einen kurzen Moment, ob ich ihm zur Hilfe gehen sollte und stand schließlich auf. Wenn er kein schlechter Gastgeber sein wollte, dann wollte ich auch kein schlechter Gast sein.

Ich stellte mich neben ihn und beäugte die beiden Töpfe kritisch.

»Kann ich dir irgendwie helfen?«, fragte ich skeptisch.

»Nein, noch habe ich alles im Griff!«, kam prompt die Antwort.

Nur leider sah, dass nicht so aus, wie er es meinte. Vor allem als er so hektisch im Nudeltopf herumrührte, dass die ersten Spaghetti beinahe herausfielen.

»Bist du nervös?«, fragte ich intuitiv.

Nicht, um ihn zu provozieren, sondern weil mir die Frage gerade auf der Zunge lag und ich mein Gehirn nicht mehr daran hindern konnte, sie zu stellen.

»N-Nein … W-wie kommst du denn darauf?«, stammelte er und rührte in dem Topf noch immer umher wie ein Verrückter.

»Ich wollte die Nudeln eigentlich essen, wenn du schon kochst«, sagte ich und befreite den Kochlöffel aus seinem festen Griff. »Das ich sie vorher noch vom Boden auflesen muss, gehörte irgendwie nicht zum Plan!«

Unsere Hände berührten sich unbeabsichtigter weise und unsere Blicke trafen sich.

Plötzlich fühlte es sich an, als würde jemand die Zeit anhalten. Als hätte die Erde aufgehört sich zu drehen.

Eine Gänsehaut wanderte von meinen Fingern hoch zu meiner Schulter, schickte elektrisierende Impulse durch meinen Arm.

Ich schaffte es das allererste Mal seine Augenfarbe wirklich zu erkennen. Es war ein helles bernsteinbraun mit dunklen Sprenkeln. Ich versank in ihnen und fragte mich, ob es irgendetwas Schöneres auf dieser Erde geben konnte, als diese Augen.

Doch dieser magische Moment dauerte nicht ewig.

Oliver zuckte zurück. Wir bekamen gleichzeitig rote Wangen.

Aber ich hatte mein Ziel erreicht; er überließ mir widerstandslos die beiden Kochlöffel.

»Ich geh … Ähm … Schon mal den Tisch decken«, murmelte er vor sich hin.

Dann schnappte er sich zwei Teller aus einem seiner Hängeschränke und verschwand so schnell er konnte.

Ich atmete schwer aus.

Was war das gerade eben gewesen?

Glücklicherweise brauchten die Nudeln nicht mehr lange und als sie fertig waren, goss ich das Salzwasser in die Spüle und machte den Herd aus.

Passenderweise kam Oliver im selben Moment in die Küche zurück.

»Die Nudeln sind schon fertig, die kannst du mitnehmen!«, informierte ich ihn lächelnd und kostete anschließend einen kleinen Tropfen der Soße. »Die kann noch ein wenig Salz vertragen, ich bringe sie gleich.«

Aus dem Augenwinkel sah ich nur, wie Oliver nickte und wortlos das tat, was ich ihm aufgetragen hatte.

Ich verfeinerte die Soße mit einer kleinen Prise Salz und schaltete auch die zweite Herdplatte aus, ehe ich ins Wohnzimmer ging.

Oliver hatte bereits am Esstisch Platz genommen und mir den Platz quer gegenüber gedeckt. Ich stutzte. Der Tisch – er war mir vorhin gar nicht aufgefallen – schien für eine Person mit seinen sechs Plätzen ziemlich groß. Aber Oliver schien ihn, den Unterlagen auf dem Tisch und auf den leeren Stühlen nach zu urteilen zwischenzeitlich als Schreibtisch Zweck zu entfremden.

Ich setzte mich und hatte kurze Zeit später bereits einen Teller voller Nudeln vor meiner Nase.

Wir wünschten uns einen guten Appetit und aßen schließlich schweigend vor uns hin.

Während ich Nudel für Nudel auf meine Gabel drehte, überlegte ich fieberhaft was ich Oliver Fragen könnte, um ein Gespräch aufzubauen. Denn diese Stille machte mich völlig verrückt.

Als mein Blick auf das Gesetzbuch, welches auf dem Stuhl zu meiner linken lag, fiel, kam mir auch eine Idee welche Frage ich ihm stellen konnte.

»Was studierst du eigentlich?«

Oliver, der sich gerade seine volle Gabel in den Mund schieben wollte, ließ sie wieder sinken und sah mich über den Tisch hinweg ein.

»Jura.«

»Und mit welchem Ziel? Möchtest du mal Richter oder so werden?«

Ich kam mir vor wie ein kleiner, unwissender Junge aus dem Kindergarten, der ein wenig mehr über die Erwachsenenwelt wissen wollte, um vor seinen Freunden damit angeben zu können.

»Nein – Anwalt für Jugendstrafrecht.«

Hatte er ausversehen seine Stimme verschluckt? So wortkarg war er ja in den letzten zwei Stunden nicht gewesen!

Weil ich nicht wusste, was ich ihn zu diesem Thema noch fragen sollte, senkte ich den Blick wieder und begann erneut Nudeln auf meiner Gabel aufzudrehen. Ich könnte ihn natürlich noch fragen, was er für Hobbies hatte oder gerne in seiner Freizeit machte, aber schien sich nicht mit mir unterhalten zu wollen, also hielt ich lieber auch meine Klappe.

Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, bis mein Teller endlich leer war. Ich konnte mir ein schweres Seufzen gerade so verkneifen.

Gesättigt schob ich den Teller von mir weg und schielte kurz zu Oliver hinüber.

Er schien schon etwas länger fertig zu sein wie ich, denn er blickte mich aus seinen wunderschönen Augen aufmerksam an.

»Vielen Dank fürs kochen, war lecker!«, bedankte ich mich höflich.

»Du hast da noch was«, antwortete er zusammenhangslos und tippte sich an den linken Mundwinkel.

Ich riss die Augen ein Stück auf. Man war das peinlich. Was würde er denn jetzt von mir halten? Ich konnte ja nicht mal wie ein erwachsener Mensch essen.

Nervös und mit roten Wangen wischte ich mir einmal über den Mund. »Ist es weg?«

Oliver schüttelte lächelnd den Kopf und beugte sich im nächsten Moment über den Tisch.

Unsere Blicke trafen sich wieder, nur war seiner dieses Mal wesentlich intensiver.

Vorsichtig wischte er mit seinem Daumen über meinen Mundwinkel, streifte dabei meine Unterlippe.

Dieses Mal zuckte er allerdings nicht zurück und wir hielten den Blickkontakt noch ein paar Sekunden, ehe er sich doch wieder in seinen Stuhl fallen ließ und den Nudeltopf mit dem Deckel zudeckte.

Ein wenig enttäuscht, ohne zu wissen warum, verzog ich das Gesicht ein wenig und senkte schnell den Blick, damit Oliver das gar nicht auffallen würde.

Ich stapelte die Teller und er nahm die beiden Töpfe. Dann brachten wir alles in die Küche und stellten es in die Spüle. Oliver stellte klar, dass er den Abwasch morgen erledigen würde. Ich hielt es für schlau ihm nicht zu wiedersprechen.

Und dann standen wir wieder sinnlos in der Küche herum, bis ich irgendwann vorschlug noch eine DVD zu schauen. Begeistert sah Oliver nicht aus, doch er willigte schließlich ein.

Bevor ich ihn fragen konnte, ob er ein paar Filme besaß, klingelte jedoch sein Handy.

Er zog es aus der Hosentasche und warf einen Blick aufs Display.

»Ist meine Mutter, da muss ich rangehen!«, sagte er grimmig. »Aber such dir doch schon mal was heraus. Die Filme stehen direkt neben dem Fernseher im Schrank!«

Ich ging zurück ins Wohnzimmer und begann sein Filmschränkchen zu durchstöbern. Dabei kam ich mir vor wie in einer Videothek. Alles war chronologisch, nach Genre und alphabetisch sortiert und die Menge an Filmen war unglaublich. Er könnte seine ganz eigene Videothek aufmachen!

Akribisch ging ich Reihe für Reihe durch und entdeckte tatsächlich ein paar Filme die mich ansprachen. Doch schlussendlich blieben meine Augen an einem alten Klassiker hängen und ich zog die Hülle aus dem Regal.

In diesem Moment kam auch Oliver wieder ins Wohnzimmer. Er sah jetzt noch unglücklicher aus, als zuvor.

Ich biss mir auf die Lippe. Sollte ich ihn auf sein Telefonat ansprechen und fragen, ob alles in Ordnung war? Ich wusste es nicht, denn ich kannte Oliver nicht. Bei Freunden machte man so etwas, aber Oliver war nicht mein Freund.

Am Ende fragte ich ihn doch, weil es sich anfühlte, als müsste ich das tun.

Doch Oliver wollte mir keine ehrliche Antwort geben, denn er bemühte sich um ein Lächeln und winkte ab.

»Ist nicht so wichtig«, sagte er und griff gleichzeitig nach der DVD in meiner Hand, um vom Thema abzulenken. »Welchen Film hast du dir da überhaupt rausgesucht? Oh … Ähm … Also wollen wir Final Destination schauen?«

Er sah mich an, als wollte er mich dazu bringen, dass ich mir meine Wahl noch mal überlegte. Doch mein Entschluss stand fest, also zuckte ich nur mit den Schultern. »Ich mag den Film! Mit meinem Bruder kann ich so ‘was nicht schauen, weil er ein ziemlicher Angsthase ist.«

Ich angelte mir schnell die Disc zurück, bevor er sie zurück in den Schrank stellen konnte.

»N-na gut, ich w-werd‘ dann noch ‘was zu trinken holen«, stammelte der Student.

»Mach das!«, antwortete ich und ließ mich vor dem DVD-Player nieder um die Scheibe einzulegen.

Ich hoffte er würde nur in die Küche gehen und nicht gleich aus Wohnung stürmen – den Eindruck machte er nämlich.

Ich begann zu grinsen. Wenn er solche Filme nicht mochte, warum hatte er sie dann in seinem Schrank zu stehen!
 

Oliver kam nicht nur mit etwas zu trinken zurück, sondern auch mit einer Schüssel Salzbretzeln.

Als er sich zu mir aufs Sofa setzte, lief bereits das Menü der DVD und ich wartete nur darauf, endlich Play drücken zu können.

»Was hat denn solange gedauert?«, neckte ich ihn.

Oliver zog eine Augenbraue hoch.

Ich riss die Augen auf und stopfte mir schnell mit ein paar Bretzeln selbst den Mund, bevor ich noch etwas Doofes sagen konnte. Das schien ich heute Abend besonders gut drauf zu haben. Wo kam bloß dieses Selbstvertrauen auf einmal her?

Der Student lächelte, griff ebenfalls nach den Salzbrezeln. Dann nahm er mir die Fernbedienung aus der Hand, streifte dabei - vermutlich - unbeabsichtigt meine Finger.

»Sonst kommen wir ja nie voran«, hauchte er anschließend, sah mir tief in die Augen.

Schockiert davon atmete ich aus und wusste auf die Schnelle gar nicht genau, was ich dazu sagen sollte.

Mein Puls beschleunigte sich, mein Herz pochte laut gegen meine Rippen. Olivers bernsteinbraune Augen gaben mir das Gefühl, die Zeit würde wieder stehen bleiben.

Und dann wandte er den Blick einfach ab, drückte den >Start< Button und tat so als würde ich nicht neben ihm auf dem Sofa sitzen.

Erschrocken starrte ich ihn noch eine ganze Weile an, während mein Herz überhaupt nicht daran dachte sich zu beruhigen und mein Puls nur noch mehr in Luft ging.

Erst als die erste fiktive Person im Fernseher schrie, drehte ich meinen Kopf von ihm weg, heftete meine Augen auf den Bildschirm und zwang mich förmlich dazu, sie auch dort zu lassen.

Der Gedanke, der sich nämlich grade in meinem Kopf breit machte, gehörte zu den verwerflichsten, die ich jemals gedacht hatte! Und das gefiel mir überhaupt nicht!
 

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Der Abspann des Films hatte noch nicht einmal richtig eingesetzt, da schaltete Oliver den Fernseher auch schon aus und hatte auf den Lichtschalter zu seiner linken.

Ich lächelte zurückhaltend. Er mochte also wirklich keine Horrorfilme – interessant. Ich sollte ihn bei Gelegenheit fragen, ob der die in seinem Schrank selbst gekauft oder geschenkt bekommen hatte.

Einen kurzen Moment herrschte Schweigen im Raum, dann sprang Oliver wie von der Tarantel gestochen.

»Dann werde ich dir mal Bettzeug holen … Und Klamotten, du hast ja sicherlich keine dabei!«, sagte er hastig und rauschte dann schneller ab, als das ich >A-B-C< hätte sagen können.

Mein Lächeln wurde bereiter. Ich fühlte mich in seiner Gesellschaft zunehmend wohler, obwohl er nicht gerade viel redet. Aber ich bereute es nicht heute hier geblieben zu sein.

Denn Tanja würde ihren Frust an den anderen auslassen und da musste ich nicht unbedingt dabei sein!
 

Plötzlich stand Oliver wieder im Wohnzimmer, allerdings ohne Bettzeug und ohne Klamotten.

Fragend legte ich den Kopf schief.

»Ähm … Ich hatte völlig vergessen das meine Wechselgarnitur Bettzeug gerade in der Reinigung ist«, erklärter er nervös und kratzte sich dabei mit verlegenem Gesichtsausdruck am Nacken. »Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten: Erstens, ich fahre dich doch noch nach Hause - was mir lieber wäre weil du ja morgen zur Schule musst - oder du schläfst mit in meinem Bett - was ich dir eigentlich ersparen will, weil ich fürchterlich schnarche und um mich trete und schlage. Also was willst du machen?«

Mir klappte die Kinnlade hinunter.

Ich hatte mir in meinem ganzen Leben nur mit einer einzigen Person das Bett geteilt. Und Maximilian hatte nach der einen Nacht gesagt, dass das nie wieder vorkommen würde, solange er lebte. Ich hätte ihm die Bettdecke gestohlen, ich würde im Schlaf reden und ich benehme mich angeblich wie ein Hooligan - das und noch viel mehr hatte er mir am Tag danach vorgeworfen.

Es wäre also schlau, mich von Oliver doch noch nach Hause fahren zu lassen. Allerdings wollte ich nicht riskieren das er einen Unfall baute, denn er sah nicht gerade topfit aus ... Und außerdem musste er morgen mit Sicherheit in die Uni und dann wollte ich bestimmt nicht schuld daran sein, dass er verschlief oder sich nicht richtig konzentrieren konnte. Also entschied ich mich für Option zwei: Hier bleiben!

»Ich würde sagen, dann entsteht heute Nacht ein Kampf um die Bettdecke«, grinste ich und biss mir im nächsten Moment dieses Mal wirklich auf die Zunge. Was redete ich hier schon wieder für einen Unsinn?

Gott wie bescheuert bin ich denn, DER wird sowieso nie etwas von mir wollen! Und ob ich was von ihm wollte, stand auch in den Sternen!
 

Wir schalteten das Licht überall aus und gingen dann ins Schlafzimmer. Oliver drückte mir ein paar Klamotten in die Hand. Er selbst zog sich anschließend, direkt vor mir bis auf die Unterhose aus.

»Ich hoffe es stört dich nicht wenn ich so schlafe?! Mir wird nachts immer so schrecklich warm!«

»N-Nein … Ähm .. D-das ist k-kein Problem!«, stammelte ich und wandte beschämt den Blick von seinem nackten Oberkörper ab.

Warum starrte ich da überhaupt so auffällig hin? Um Himmels Willen, ich drehte gerade durch!

Oliver kuschelte sich unter seine Bettdecke, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und starrte mich abwartend an.

»Ich werd‘ dann nochmal … Öhm … Kurz ins Bad verschwinden!«, antwortete ich nervös und verzog mich aus dem Zimmer, bevor er mir auf meine völlig bescheuerte Aussage eine Antwort geben konnte.

Nachdem ich mich umgezogen hatte und mir etwas von seinem Mundwasser geklaut hatte, schnappte ich mir meine Klamotten und ging zurück ins Schlafzimmer.

Mein Herz klopfte wie verrückt. Ich war schrecklich nervös und wusste nicht warum. Verdammt, was ist nur mit mir los?
 

Als ich die Tür öffnete, lag Oliver begraben unter seinem Laptop und einem Gesetzbuch auf der linken Seite des Bettes und tippte wie ein Irrer auf seiner Tastatur herum.

Wortlos packte ich meine Kleidung neben das Bett, hob dann die Decke an und legte mich ebenfalls hin. Es war kalt im Zimmer und die Decke war weder besonders dick, noch besonders breit. Kuscheln war also über kurz oder lang unvermeidbar.

Auf der Suche nach Wärme rutschte ich so nahe an ihn heran wie möglich, ohne dass ich ihn berührte, und dann versuchte ich einzuschlafen. Das Licht seiner Nachttischlampe machte das allerdings unmöglich, also angelte ich mir mein Handy vom Boden und spielte eine Runde Online-Schach.

Mein Gegner war wirklich gut, plante seine Züge und ließ keine Möglichkeit unbeachtet. Ich musste mich wirklich konzentrieren, um mich gegen ihn durchzusetzen.

Einen Zug noch. Ich musste nur noch meinen Springer bewegen und er stand Schach-Matt. Doch gerade als ich meinen Finger auf das Display aufsetzen wollte, lachte Oliver neben mir auf. Erschrocken bewegte ich den Finger in die entgegengesetzte Richtung. Der Springer sprang statt nach links, nach rechts und ich hatte mich damit selbst Schach-Matt gesetzt.

Böse sah ich die Person neben mir daraufhin an. Tanjas großer Bruder grinste nur weiter.

»Du spielst Schach?«, erfragte er das offensichtliche.

»Ja und die Partie habe ich wegen dir verloren!«

»Geht es um einen Pokal oder wie?«, grinste der Student.

»Nein«, brummte ich, sperrte mein Handy und legte es wieder zurück auf den Boden. »Aber hättest du mich nicht erschrocken, hätte ich gewonnen!«

»Tut mir Leid«, entschuldigte er sich halbherzig. »Spiel ruhig noch eine Runde, ich brauche hier noch ein bisschen!«

»Jetzt ist mir die Lust vergangen«, knurrte ich und drehte mich auf die andere Seite um.
 

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Ich wusste gar nicht, wie schwer es sein kann in einem Bett, mit einer Person zu liegen, die den eigenen Herzschlag beschleunigte, und dann einschlafen zu können.

Oliver hatte mir nach einem kurzen >Gute Nacht< den Rücken zugekehrt und schien auch kurz danach ins Reich der Träume geschlittert zu sein. Ich lag zeitgleich daneben und betrachtete in völliger Dunkelheit einen nackten Oberkörper, den ich nicht mal richtig erkennen konnte. Und das schlimmste an der Sache: Mich juckte es in den Fingern, weil sich in meinem Gehirn die Idee breit gemacht hatte, wie sich Olivers Haut wohl unter meinen Fingern anfühlen würde. Zum Mäuse melken der Mist!

Seufzend drehte ich mich also auf die andere Seite und versuchte endlich ein Auge zu zubekommen. Wenn ich nicht bald Schlaf bekam, kam mein Hirn vielleicht noch auf ganz andere Ideen!


Nachwort zu diesem Kapitel:
© 2018 by YukiKano
2. Überarbeitung von "Neujahrs Glück" Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Onlyknow3
2018-12-04T07:22:52+00:00 04.12.2018 08:22
Super Kapitel, gefällt mir. Was wohl in Oliver vor geht, mit einem Fremden Jungen in seinem Bett?
Wo er doch die Nacht mit jemand anderem verbringen wollte. Ob sie sich wieder sehen?
Weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3


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